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Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 14.12.1993
Aktenzeichen: T-29/93
Rechtsgebiete: EWG/EAG BeamtStat, VO (EWG) Nr. 571/92, EWG-Vertrag
Vorschriften:
EWG/EAG BeamtStat Art. 11 Abs. 1 Anhang VIII | |
EWG/EAG BeamtStat Art. 90 | |
EWG/EAG BeamtStat Art. 24 | |
EWG/EAG BeamtStat Art. 91 | |
VO (EWG) Nr. 571/92 Art. 2 | |
EWG-Vertrag Art. 169 | |
EWG-Vertrag Art. 173 |
1. Das Vorliegen einer mit der Anfechtungsklage nach Artikel 91 des Statuts anfechtbaren Maßnahme ist eine wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage; ihr Fehlen kann vom Gemeinschaftsrichter von Amts wegen aufgegriffen werden.
2. Mit Klage anfechtbare Maßnahmen im Sinne des Artikels 91 des Statuts sind solche Maßnahmen, die obligatorische Wirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen können, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise ändern und die Position des Organs endgültig festlegen.
Dies ist nicht der Fall, wenn die Verwaltung einem Beamten mitteilt, daß eine nationale Pensionskasse die Übertragung der im nationalen System erworbenen Versorgungsansprüche auf das System der Gemeinschaften verweigere und daß sie selbst beabsichtige, die Prüfung seines Antrags aussetzen und zu verschieben.
Da sich nämlich aus Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts ergibt, daß das Gemeinschaftsorgan nicht selbst die Übertragung der Versorgungsansprüche vornehmen kann und erst dann die Anzahl der zu berücksichtigenden Jahre anerkennen und bestimmen kann, wenn der betreffende Mitgliedstaat die Übertragungsmodalitäten festgelegt hat, bedeutet eine solche Verschiebung keine endgültige Entscheidung über die Ablehnung des Antrags des Klägers, da das Organ die Möglichkeit offengelassen hat, das Verfahren nach Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts fortzusetzen, bis der betreffende Mitgliedstaat die für die Übertragung der Versorgungsansprüche erforderlichen Modalitäten festgelegt hat.
3. Der Gemeinschaftsrichter ist nicht zuständig für eine auf die Artikel 91 des Statuts und 179 des Vertrages gestützte Klage, deren Anträge nicht darauf abzielen, die Rechtmässigkeit einer beschwerenden Maßnahme im Sinne des Artikels 91 Absatz 1 anzufechten, sondern zu erreichen, daß die Kommission verurteilt wird, von den Befugnissen Gebrauch zu machen, die sie als Organ gemäß Artikel 169 des Vertrages besitzt.
4. Nichtigkeitsklagen natürlicher oder juristischer Personen gegen eine Entscheidung der Kommission, gegen einen Mitgliedstaat kein Verfahren auf Feststellung einer Vertragsverletzung einzuleiten, sind unzulässig.
BESCHLUSS DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (FUENFTE KAMMER) VOM 14. DEZEMBER 1993. - ANTONIO CALVO ALONSO-CORTES GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - UNZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE T-29/93.
Entscheidungsgründe:
Sachverhalt und Verfahren
1 Der Kläger, Antonio Calvo Alonso-Cortés, war vom 16. Januar 1973 bis 31. August 1986 selbständiger Architekt in Madrid und auf den Kanarischen Inseln (Spanien) und in dieser Zeit der Pensionskasse der selbständigen Architekten in Spanien, der Hermandad Nacionale de Prevision Sociale de Arquitectos Superiores (im folgenden: Hermandad), angeschlossen.
2 Nach einer Probezeit von neun Monaten bei der Kommission wurde der Kläger am 1. Juni 1987 zum Beamten auf Lebenszeit in der Besoldungsgruppe A 6 ernannt und der Generaldirektion Personal und Verwaltung (GD IX) zugewiesen.
3 Aufgrund des Urteils vom 14. Juni 1990 in der Rechtssache C-37/89 (Weiser, Slg. 1990, I-2395), in dem der Gerichtshof entschieden hat, daß es dem Grundsatz der Gleichbehandlung widerspricht, nur diejenigen Beamten in den Genuß des Artikels 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) kommen zu lassen, die Versorgungsansprüche aus einer unselbständigen Tätigkeit erworben haben, erließ der Rat am 2. März 1992 die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 571/92 zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 62, S. 1).
4 Artikel 11 Absatz 1 des Anhangs VIII des Statuts erhielt folgenden Wortlaut:
"Scheidet ein Beamter aus dem Dienst aus, um
° in den Dienst einer Verwaltung oder einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung zu treten, die mit den Gemeinschaften ein Abkommen getroffen hat,
° eine unselbständige oder selbständige Tätigkeit auszuüben, für die er Ruhegehaltsansprüche in einem System geltend machen kann, dessen Verwaltungsorgane ein Abkommen mit den Gemeinschaften getroffen haben,
so ist er berechtigt, den versicherungsmathematischen Gegenwert seines bei den Gemeinschaften erworbenen Ruhegehaltsanspruchs auf die Pensionskasse dieser Verwaltung oder Einrichtung oder auf die Pensionskasse zu übertragen, bei der der Beamte aufgrund seiner unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit Ruhegehaltsansprüche geltend machen kann."
5 Absatz 2 Unterabsatz 1 erhielt folgenden Wortlaut:
"Ein Beamter, der in den Dienst der Gemeinschaft tritt
° nach Ausscheiden aus dem Dienst bei einer Verwaltung, einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung oder
° nach dem Ausüben einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit,
kann bei seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit entweder den versicherungsmathematischen Gegenwert oder den pauschalen Rückkaufwert der Ruhegehaltsansprüche, die er aufgrund der genannten Tätigkeiten erworben hat, an die Gemeinschaften zahlen lassen."
6 Artikel 2 der Verordnung Nr. 571/92 hat folgenden Wortlaut:
"Ein Beamter, dessen Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung ausgesprochen wurde, kann bei seinem Organ die Übertragung gemäß Artikel 1 Absatz 2 im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit beantragen.
Dieser Antrag muß binnen zwölf Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung gestellt werden."
7 Der Kläger richtete am 8. Mai 1992 nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 571/92 einen Antrag gemäß Artikel 90 des Statuts an den Generaldirektor für Personal und Verwaltung der Kommission, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um an die Pensionskasse der Gemeinschaften den höchstmöglichen Betrag zahlen zu lassen, nämlich den versicherungsmathematischen Gegenwert oder den pauschalen Rückkaufwert der Versorgungsansprüche, die er bei der Hermandad erworben hatte.
8 Am 9. September 1992 reichte der Kläger folgende Beschwerde gegen die stillschweigende Ablehnung seines Antrags auf Übertragung seiner Versorgungsansprüche ein:
"Ich fechte hiermit die stillschweigende Ablehnung meines Antrags auf Übertragung der Versorgungsansprüche an, die ich zur Zeit meiner Ernennung zum Lebenszeitbeamten der Kommission bei der Pensionskasse der Hermandad Nacional de Arquitectos Superiores in Spanien erworben hatte.
Hierzu beantrage ich die Zuerkennung von zehn zusätzlichen Beitragsjahren bei der Pensionskasse der Gemeinschaft, wodurch der virtülle Zeitpunkt meines Dienstantritts für den Ruhegehaltsanspruch auf den 1. September 1976 zurückverlegt wird.
Ich stehe der Kommission, insbesondere dem Referat 'Ruhegehälter und Beziehungen zu den ehemaligen Beamten und Bediensteten' selbstverständlich zur Verfügung, um die zu berücksichtigende mathematische Berechnung zu erörtern.
Ich hoffe sehr, daß eine positive Entscheidung innerhalb der im Statut vorgeschriebenen Frist von vier Monaten getroffen werden kann."
9 Am 24. September 1992 trat die dienstübergreifende Gruppe zusammen, um die Beschwerde des Klägers zu prüfen, und stellte fest, daß der Antrag des Klägers nie bei der zuständigen Dienststelle angekommen war. Die Gruppe beschloß in dieser Sitzung, daß die notwendigen Kontakte mit der spanischen Pensionskasse aufgenommen würden, um die Versorgungsansprüche des Klägers übertragen zu lassen.
10 Mit Schreiben vom 29. September 1992 beantragte der Leiter des Sektors "Übertragung" des Referats "Ruhegehälter und Beziehungen zu den ehemaligen Beamten und Bediensteten" (im folgenden: Sektor Versorgungsübertragung) bei der Hermandad die Übertragung der Versorgungsansprüche des Klägers gemäß Artikel 11 des Anhangs VIII des Statuts. Mit Note vom selben Tag teilte er dies dem Kläger mit.
11 Mit Note vom 30. September 1992 teilte der Leiter des Sektors Versorgungsübertragung dem Kläger mit, daß seine Dienststelle die Akte des Klägers bearbeite und er über die weitere Entwicklung der Angelegenheit informiert werde.
12 Am 26. Februar 1993 antwortete die Hermandad, daß ihre Satzung und ihre Vorschriften die beantragte Übertragung nicht zuließen.
13 Mit Note vom 16. März 1993 teilte der Leiter des Sektors Versorgungsübertragung dem Kläger mit, daß die Hermandad zur Zeit die Übertragung der Versorgungsansprüche verweigere und er die Angelegenheit ruhen lasse, bis die Übertragung der erworbenen Ansprüche aus dem ergänzenden spanischen Versorgungssystem möglich werde.
14 Unter diesen Umständen hat der Kläger mit Klageschrift, die am 7. April 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
15 Mit Schriftsatz, der am 16. Juni 1993 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung erhoben.
16 Der Kläger hat eine Stellungnahme abgegeben, die am 19. August 1993 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist und die auf die Zurückweisung der Unzulässigkeitseinrede abzielt.
Anträge der Parteien
17 In seiner Klageschrift beantragt der Kläger,
1) die stillschweigende Entscheidung der Kommission über die Ablehnung seines Antrags vom 8. Mai 1992 auf Übertragung der Versorgungsansprüche, die er in Spanien erworben hat, und erforderlichenfalls die stillschweigende Entscheidung über die Zurückweisung der von ihm am 9. September 1992 eingereichten Beschwerde aufzuheben;
2) ihm einen Anspruch auf 6,56 oder 5,77 zusätzliche Beitragsjahre bei der Pensionskasse der Gemeinschaften zuzuerkennen;
3) die Beklagte jedenfalls zur Zahlung der gesamten Kosten zu verurteilen.
18 Die Beklagte beantragt,
1) über ihre Einrede der Unzulässigkeit vorab zu entscheiden;
2) die Klage für unzulässig zu erklären;
3) den Kläger gemäß den Artikeln 87 § 2 und 88 der Verfahrensordnung zur Tragung seiner eigenen Kosten zu verurteilen.
19 In seiner Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragt der Kläger,
1) die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Klage dem Endurteil vorzubehalten;
2) jedenfalls die Unzulässigkeitseinrede der Beklagten zurückzuweisen und ihn zur Verhandlung über die Begründetheit der Klage zuzulassen;
3) die Beklagte jedenfalls zur Tragung der gesamten Kosten zu verurteilen.
Zur Zulässigkeit
Vorbringen der Parteien
20 In ihrer Einrede der Unzulässigkeit trägt die Kommission vor, daß die Klage auf Aufhebung ihrer stillschweigenden Entscheidung über die Ablehnung des Antrags auf Übertragung der in Spanien erworbenen Versorgungsansprüche des Klägers und auf Anerkennung seines Anspruchs auf 6,56 oder 5,77 zusätzliche Beitragsjahre bei der Pensionskasse der Europäischen Gemeinschaften unzulässig sei, da hiermit ein Zweck verfolgt werde, für dessen Erreichung die Kommission nicht zuständig sei (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Mai 1970 in der Rechtssache 18/69, Fournier/Kommission, Slg. 1970, 249).
21 Hierzu macht die Kommission geltend, daß es ausschließlich dem Mitgliedstaat und der zuständigen Pensionskasse dieses Staates obliege, die Versorgungsansprüche zu übertragen, und sie hierzu in keiner Weise befugt sei.
22 Der Kläger, so führt die Kommission weiter aus, verwechsle vollständig die entsprechenden Verpflichtungen des Organs einerseits und der Behörden sowie der spanischen Pensionskasse andererseits. Der Kläger irre sich, wenn er glaube, daß die Kommission seine Versorgungsansprüche übertragen müsse. Der Wortlaut des Artikels 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts bringe dies klar zum Ausdruck, indem dort vorgeschrieben werde, daß es Sache der Pensionskasse des betreffenden Staates sei, die Versorgungsansprüche zu übertragen, da diese Bestimmung sich darauf beziehe, daß der Beamte entweder den versicherungsmathematischen Gegenwert oder den pauschalen Rückkaufwert der Versorgungsansprüche "an die Gemeinschaften zahlen lassen" könne.
23 Die Kommission erklärt, daß ihre einzige Verpflichtung gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 571/92 darin liege, daß sie bei der zuständigen Pensionskasse des betreffenden Staates die Übertragung der Versorgungsansprüche beantrage. Sie habe dies im vorliegenden Fall getan, so daß ihr nicht vorgeworfen werden könne, die Vorschriften der genannten Verordnung nicht beachtet zu haben.
24 Wenn die Übertragung der Versorgungsansprüche nicht habe erfolgen können, so sei dies nur darauf zurückzuführen, daß der spanische Staat bisher nicht die konkreten Maßnahmen ergriffen habe, um diese Übertragung zu ermöglichen. Sie habe, so bemerkt die Kommission, dem Königreich Spanien ein Schreiben geschickt, in dem sie die geeigneten innerstaatlichen Maßnahmen zur Durchführung des Artikels 11 des Anhangs VIII des Statuts angemahnt habe. Nach ständiger Rechtsprechung sei Artikel 11 nämlich verbindlich und gelte unmittelbar, so daß die Mitgliedstaaten "verpflichtet sind, die geeigneten allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zur Durchführung dieser Vorschrift zu ergreifen" (Urteile des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 129/87, Fingruth, Slg. 1988, 6121, und vom 18. April 1989 in der Rechtssache 130/87, Retter, Slg. 1989, 865).
25 Die Kommission fügt hinzu, es könne ihr nicht vorgeworfen werden, kein Vertragsverletzungsverfahren gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag gegen das Königreich Spanien wegen unterbliebenen Erlasses der Durchführungsmaßnahmen zu Artikel 11 des Anhangs VIII des Statuts eingeleitet zu haben, da jede Klage, die darauf abziele, die Kommission zu verpflichten, ein Verfahren gemäß Artikel 169 einzuleiten, unzulässig wäre, weil sie über ein Ermessen auf diesem Gebiet verfüge. Ausserdem begehre der Kläger mit seiner Klage in Wirklichkeit die Vornahme von Handlungen, die ihn nicht unmittelbar und individuell im Sinne des Artikels 173 Absatz 2 EWG-Vertrag beträfen und die er jedenfalls nicht mit einer Nichtigkeitsklage angreifen könne (Urteile des Gerichtshofes vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 247/87, Star Fruit Company/Kommission, Slg. 1989, 291, und vom 1. März 1966 in der Rechtssache 48/65, Lütticke u. a./Kommission, Slg. 1966, 27).
26 In seiner Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit bestreitet der Kläger die Richtigkeit der Behauptung der Kommission, er verwechsle die Verpflichtungen, die gemäß Artikel 11 des Anhangs VIII des Statuts einerseits auf das Organ, nämlich die Kommission, und andererseits auf die nationalen Behörden entfielen.
27 Der Kläger räumt ein, daß der betreffende Mitgliedstaat allein zuständig sei, um effektiv auf ein Gemeinschaftsorgan die Versorgungsansprüche zu übertragen, die ein neuer Beamter dieses Organs bei einer Versorgungskasse des betreffenden Mitgliedstaats erworben habe; er erklärt aber, daß das Organ gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 571/92 verpflichtet sei, den Übertragungsantrag seines Beamten zu registrieren, den Anspruch dieses Beamten auf die Übertragung seiner Versorgungsansprüche anzuerkennen und, soweit dieser Anspruch begründet sei, dafür zu sorgen, daß die Übertragung der Versorgungsansprüche des Beamten tatsächlich stattfinde.
28 Die Anstellungsbehörde sei sodann verpflichtet, den versicherungsmathematischen Gegenwert, den der Träger des nationalen Versorgungssystems festgestellt habe, in Jahreswerte umzuwandeln, die bei dem Versorgungssystem der Gemeinschaften zu berücksichtigen seien.
29 Der Kläger, nach dessen Auffassung das Organ mit der gebotenen Schnelligkeit alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, damit die Übertragung der Versorgungsansprüche durchgeführt werden kann, bemerkt, daß die in Artikel 2 der Verordnung Nr. 571/92 enthaltene Verpflichtung des Organs in den allgemeinen Rahmen des Beistands falle, den die Organe ihren Beamten gemäß Artikel 24 des Statuts schuldeten.
30 Im vorliegenden Fall sei aber die Kommission nicht ihren Verpflichtungen aus Artikel 11 des Anhangs VIII des Statuts und Artikel 2 der Verordnung Nr. 571/92 nachgekommen.
31 Dazu wirft der Kläger der Kommission erstens vor, nicht auf seinen Antrag vom 8. Mai 1992 geantwortet zu haben, so daß er gezwungen gewesen sei, eine Beschwerde einzureichen.
32 Zweitens vertritt der Kläger die Auffassung, die Dienststelle der Kommission für die Übertragung der Versorgungsansprüche hätte nach der Feststellung der dienstübergreifenden Gruppe, daß sein Antrag nicht der zuständigen Stelle zugeleitet worden sei, bei der spanischen Pensionskasse auf einer Antwort bestehen müssen.
33 Drittens wirft der Kläger der Kommission vor, ihm die Weigerung seiner nationalen Pensionskasse zu spät mitgeteilt und diese nicht darauf aufmerksam gemacht zu haben, daß sie verpflichtet sei, die Übertragung vorzunehmen, da die betreffenden Bestimmungen des Statuts verbindlich seien und unmittelbar gälten.
34 Viertens wirft der Kläger der Kommission vor, die dienstübergreifende Gruppe nicht erneut zu einer Sitzung einberufen zu haben, obwohl sie dies für den Fall einer ablehnenden Antwort der Hermandad zugesagt habe.
35 Der Kläger erklärt, daß sich aufgrund dieser Beschwerdepunkte ein Verstoß gegen Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts feststellen lasse, da sie verdeutlichten, daß es die Kommission unterlassen habe, konkrete aktive Maßnahmen zu ergreifen, um die Übertragung seiner Versorgungsansprüche zu ermöglichen; die Kommission sei aber nach der vorgenannten Bestimmung zu diesen Maßnahmen verpflichtet.
36 Der Kläger, der einräumt, daß die Kommission nicht zuständig sei, um tatsächlich die Übertragung seiner Versorgungsansprüche vorzunehmen, schließt daraus, daß seine Klage zulässig sei, da sie sich gegen die Weigerung der Kommission richte, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um bei seiner nationalen Pensionskasse, der Hermandad, die Übertragung seiner bei dieser erworbenen Versorgungsansprüche zu erreichen.
37 Dazu macht der Kläger noch geltend, daß der Wortlaut seines Antrags, seiner Beschwerde und seiner Klageschrift klar sei. Er habe niemals von der Kommission verlangt, selbst seine Versorgungsansprüche zu übertragen. Indem er die Kommission in seinem Antrag aufgefordert habe, daß "die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um an die Pensionskasse der Gemeinschaften den höchstmöglichen Betrag des versicherungsmathematischen Gegenwerts oder des pauschalen Rückkaufwerts seiner Versorgungsansprüche zahlen zu lassen", in seiner Beschwerde "die Zuerkennung von zehn zusätzlichen Beitragsjahren bei der Pensionskasse der Gemeinschaften" beantragt habe und in seiner Klageschrift ausgeführt habe, daß es der Kommission obliege, "das Recht des betroffenen Beamten auf Übertragung seiner Versorgungsansprüche auf die Pensionskasse der Gemeinschaften anzuerkennen und ° auch bei dem nationalen Sozialversicherungsträger ° alle zweckdienlichen Maßnahmen zu treffen, damit dieses Recht ausgeuebt und diese Übertragung verwirklicht wird", habe er nur die Einhaltung der Bestimmungen des Artikels 11 des Anhangs VIII des Statuts in der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 571/92 verlangt.
38 Der Kläger fügt hinzu, er habe am 30. März 1993 eine Beschwerde an das spanische Finanzministerium gerichtet, um die Verurteilung der Hermandad zu erreichen, und er habe im Rahmen dieses Verfahrens am 30. Juni 1993 um den technischen und prozessualen Beistand der Kommission gemäß Artikel 24 des Statuts gebeten.
39 Schließlich wirft der Kläger der Kommission vor, sie habe niemals im Verlauf des vorprozessualen Verfahrens die Frage der Zulässigkeit seines Antrags und seiner Beschwerde aufgeworfen. Der Kläger räumt zwar ein, daß diese Unterlassung für die Kommission nicht die Möglichkeit ausschließe, eine Einrede der Unzulässigkeit im Stadium des gerichtlichen Verfahrens zu erheben; er bringt jedoch sein Erstaunen darüber zum Ausdruck, daß die Kommission konkret auf seine Beschwerde eingegangen sei, wenn sie die Meinung vertrete, daß sein Antrag einen Zweck verfolge, für den sie nicht zuständig sei.
Würdigung durch das Gericht
40 Das Gericht stellt fest, daß es gemäß Artikel 113 seiner Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen kann, ob unverzichtbare Prozeßvoraussetzungen fehlen. Das Vorliegen einer mit der Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EG-Vertrag oder Artikel 91 des Statuts anfechtbaren Maßnahme ist eine wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzung, und ihr Fehlen ist vom Gerichtshof (Beschlüsse vom 7. Oktober 1987 in der Rechtssache 248/86, Brüggemann/WSA, Slg. 1987, 3963, und vom 4. Juni 1986 in der Rechtssache 78/85, Fraktion der Europäischen Rechten/Parlament, Slg. 1986, 1753) und vom Gericht (Urteile vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367, und vom 18. November 1992 in der Rechtssache T-16/91, Rendo u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2417) mehrfach von Amts wegen aufgegriffen worden.
41 Im vorliegenden Fall beantragt der Kläger "die Aufhebung der stillschweigenden Entscheidung der Kommission über die Ablehnung seines Antrags vom 8. Mai 1992 auf Übertragung seiner in Spanien erworbenen Versorgungsansprüche und erforderlichenfalls die Aufhebung der stillschweigenden Entscheidung über die Zurückweisung seiner Beschwerde vom 9. September 1992".
42 Es ist also zu prüfen, ob die angefochtene Maßnahme, die darin besteht, daß die Kommission dem Kläger am 16. März 1993 mitgeteilt hat, daß die nationale Pensionskasse die beantragte Übertragung der Versorgungsansprüche verweigere und die Beklagte die Angelegenheit ruhen lasse wolle, Gegenstand einer Anfechtungsklage sein kann.
43 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts ist hierbei festzustellen, ob die Mitteilung der Kommission, daß sie die Angelegenheit des Klägers ruhen lassen wolle, eine stillschweigende Ablehnung seines Antrags und somit eine Entscheidung darstellt, die Gegenstand einer Klage sein kann, da sie obligatorische Wirkungen erzeugt, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen können, indem sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise ändern und die Position des Organs endgültig festlegen (vgl. zuletzt Urteile des Gerichts vom 8. Juni 1993 in der Rechtssache T-50/92, Fiorani/Parlament, Slg. 1993, II-555, vom 24. Juni 1993 in der Rechtssache T-69/92, Seghers/Rat, Slg. 1993, II-651, vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache T-20/92, Moat/Kommission, Slg. 1993, II-799, und vom 28. September 1993 in den Rechtssachen T-57/92 und T-75/92, Graf Yorck von Wartenburg/Parlament, Slg. 1993, II-925).
44 Um Sinn und Bedeutung der Antwort der Kommission auf die Beschwerde des Klägers zu bestimmen, ist der tatsächliche und rechtliche Zusammenhang zu berücksichtigen, in den sich diese Antwort einfügt.
45 Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts ein Beamter, der nach dem Ausscheiden aus dem Dienst bei einer Verwaltung, einer innerstaatlichen oder internationalen Einrichtung oder einem Unternehmen oder nach Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit in den Dienst der Gemeinschaften tritt, bei seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit entweder den versicherungsmathematischen Gegenwert der von ihm erworbenen Ruhegehaltsansprüche oder den ihm geschuldeten pauschalen Rückkaufwert an die Gemeinschaften zahlen lassen kann. In diesem Fall bestimmt das Organ, dem der betroffene Beamte angehört, unter Berücksichtigung der Besoldungsgruppe, in der die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit stattgefunden hat, die Anzahl der Jahre, der es gemäß seinem eigenen System nach Maßgabe der früheren Dienstzeit des Beamten aufgrund des Betrags des versicherungsmathematischen Gegenwerts oder des pauschalen Rückkaufwerts Rechnung trägt.
46 Daraus ergibt sich, daß das Organ nicht selbst die Übertragung der von dem Beamten in seinem Land erworbenen Versorgungsansprüche vornehmen kann und erst dann die Anzahl der gemäß seinem eigenen System nach Maßgabe der früheren Dienstzeit des Beamten zu berücksichtigenden Jahre anerkennen und bestimmen kann, wenn der betreffende Mitgliedstaat die Übertragungsmodalitäten festgelegt hat.
47 Haben also die Mitgliedstaaten die Übertragungsmodalitäten nicht festgelegt, so kann keine wirksame Übertragung der Versorgungsansprüche stattfinden, und den Anträgen kann daher nicht stattgegeben werden, die die Gemeinschaftsbeamten, die in diesen Staaten Versorgungsansprüche erworben haben, insoweit einreichen. Der Umstand, daß die Mitgliedstaaten nicht die erforderlichen Maßnahmen zur wirksamen Durchführung des Artikels 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts getroffen haben, hat im übrigen die Kommission mehrfach veranlasst, gegen die Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsklagen gemäß Artikel 169 des Vertrages zu erheben, in deren Rahmen entschieden worden ist, daß die vorgenannten Bestimmungen des Statuts in allen ihren Teilen verbindlich sind und in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gelten (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 20. Oktober 1981 in der Rechtssache 137/80, Kommission/Belgien, Slg. 1981, 2393, vom 3. Oktober 1989 in der Rechtssache 383/85, Kommission/Belgien, Slg. 1989, 3069, vom 20. März 1986 in der Rechtssache 72/85, Kommission/Niederlande, Slg. 1986, 1219, und vom 17. Dezember 1987 in der Rechtssache 315/85, Kommission/Luxemburg, Slg. 1987, 5391).
48 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, daß die Kommission am 27. Oktober 1992 ein Aufforderungsschreiben an das Königreich Spanien gerichtet hat, das die Tatsache betrifft, daß dieser Mitgliedstaat nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Übertragung der in Spanien erworbenen Versorgungsansprüche zu ermöglichen, auf die die in den Dienst der Gemeinschaften tretenden Beamten gemäß Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts Anspruch haben.
49 Das Gericht vertritt unter diesen Umständen die Auffassung, daß die Antwort der Kommission vom 16. März 1993 in dem Sinne auszulegen ist, daß sie sich stillschweigend auf das Verfahren bezieht, das gemäß Artikel 169 des Vertrages eingeleitet werden kann, um die beantragte Übertragung zu ermöglichen.
50 Die Kommission hat somit ihre Absicht zum Ausdruck gebracht, die Prüfung des Antrags des Klägers auszusetzen und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, und sich vorbehalten, gegebenenfalls gegen das Königreich Spanien nach Artikel 169 des Vertrages ein Verfahren einzuleiten, von dessen Ausgang die Behandlung des Antrags des Klägers abhängen würde.
51 Diese Verschiebung bedeutet keine endgültige Entscheidung über die Ablehnung des Antrags des Klägers, da die Kommission die Möglichkeit offengelassen hat, das Verfahren nach Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts fortzusetzen, wenn das Königreich Spanien die für die Übertragung der Versorgungsansprüche erforderlichen Modalitäten festgelegt hat.
52 Das Gericht stellt daher fest, daß sich die angefochtene Maßnahme nicht endgültig zu der beantragten Übertragung der Versorgungsansprüche äussert. Sie konnte demnach keine Rechtswirkungen in dieser Hinsicht erzeugen, und es fehlt bei dieser Maßnahme eine den Kläger beschwerende Entscheidung. Daraus ergibt sich, daß die Aufhebungsanträge gegen diese Maßnahme unzulässig sind.
53 In seiner Stellungnahme zu der Einrede der Unzulässigkeit hat der Kläger seine Anträge dahin gehend ausgelegt, daß diese sich nicht gegen die stillschweigende Weigerung der Kommission richten, die Übertragung seiner Versorgungsansprüche wirksam durchzuführen, sondern gegen deren Weigerung, mit der gebotenen Schnelligkeit alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit die beantragte Übertragung stattfinden kann.
54 Zum einen ist festzustellen, daß die Zuständigkeit des Gerichts für Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten nach Artikel 179 EG-Vertrag nur innerhalb der Grenzen und gemäß den Bedingungen besteht, die im Statut festgelegt sind oder sich aus den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten ergeben, und zum anderen, daß gemäß Artikel 91 Absatz 1 des Statuts das Gericht für alle Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und einer Person, auf die dieses Statut Anwendung findet, über die Rechtmässigkeit einer diese Person beschwerenden Maßnahme im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts zuständig ist (Urteil des Gerichts vom 17. Oktober 1990 in der Rechtssache T-134/89, Hettrich u. a./Kommission, Slg. 1990, II-565).
55 Es ist jedoch zu bemerken, daß die Anträge des Klägers, so wie er sie im Verfahren auslegen wollte, nicht darauf abzielen, die Rechtmässigkeit einer ihn beschwerenden Maßnahme im Sinne des Artikels 91 Absatz 1 des Statuts anzufechten, sondern zu erreichen, daß die Kommission verurteilt wird, von den Befugnissen Gebrauch zu machen, die sie als Organ gemäß Artikel 169 des Vertrages besitzt. Wie aber aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht (Urteile Lütticke/Kommission und Star Fruit Company/Kommission, a. a. O.; Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-87/89, Sonito u. a./Kommission, Slg. 1990, I-1981; Beschlüsse vom 23. Mai 1990 in der Rechtssache C-72/90, Asia Motor France/Kommission, Slg. 1990, I-2181, und vom 12. Juni 1992 in der Rechtssache C-29/92, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1992, I-3935), ist eine Klage unzulässig, mit der einzelne die Weigerung der Kommission angreifen, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.
56 Bezueglich des Antrags des Klägers auf Zuerkennung eines Anspruchs auf 6,56 oder 5,77 zusätzliche Beitragsjahre bei der Pensionskasse der Gemeinschaften genügt schließlich der Hinweis darauf, daß die endgültige Festsetzung der Ruhegehaltsansprüche nach der Gemeinschaftsregelung erst dann erfolgen kann, wenn die Kommission von der Stelle, der der Betroffene vorher angeschlossen war, eine Mitteilung über den Betrag des versicherungsmathematischen Gegenwerts oder des pauschalen Rückkaufwerts der erworbenen Versorgungsansprüche erhalten hat (Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1989 in den Rechtssachen 75/88, 146/88 und 147/88, Bonazzi-Bertottilli u. a./Kommission, Slg. 1989, 3599). Ein derartiger Antrag ist jedenfalls, ohne daß geprüft werden müsste, ob er in die Zuständigkeit des Gerichts fällt, als verfrüht anzusehen und daher als unzulässig zurückzuweisen.
57 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Klage als unzulässig abzuweisen ist.
Kostenentscheidung:
Kosten
58 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Jedoch tragen gemäß Artikel 88 der Verfahrensordnung in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
beschlossen:
1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Luxemburg, den 14. Dezember 1993
Ende der Entscheidung
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