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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: T-294/06
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 7 Abs. 1 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

17. April 2008

"Gemeinschaftsmarke - Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Vitality - Absolutes Eintragungshindernis - Fehlende Unterscheidungskraft - Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94"

Parteien:

In der Rechtssache T-294/06

Nordmilch eG mit Sitz in Zeven (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Schneider,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 9. August 2006 (Sache R 746/2004-4) über die Eintragung des Wortzeichens "Vitality" als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter S. Papasavvas und A. Dittrich (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 20. Oktober 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 23. Januar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Am 30. August 2002 meldete die Klägerin gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2 Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen Vitality.

3 Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen in den Klassen 29, 30, 32, 33 und 43 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 29: "Milch und Milchprodukte; Frischprodukte auf der Basis von Milch und Milchprodukten; Kondensmilch und Kaffeesahne, auch mit aromatischen Zusätzen; Buttermilch und Sauermilch, auch unter Zusatz von probiotischen Kulturen; Buttermilch-, Sauermilch- und sonstige Milchmischerzeugnisse; Kefir; Desserts, auch aus saurer Sahne; Joghurt, auch unter Zusatz von Aromen und/oder Früchten und auch solcher mit probiotischen Kulturen; Sahne und Sahneerzeugnisse, auch aus uperisierter Milch hergestellt; Crème fraîche, Schmand, saure Sahne, jeweils auch mit weiteren Zutaten; Quark und Quarkzubereitungen mit Zusätzen von Aromen, Gewürzen, Früchten, Kräutern und/oder Gemüsen sowie sonstigen Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln und auch solche mit probiotischen Kulturen; Käse, Hartkäse, Schnittkäse, Weichkäse, Frischkäse, Cottage Cheese (körniger Frischkäse), Kochkäse, Schmelzkäse sowie Zubereitungen hieraus; Butter, Butterschmalz, Speisefette; Butterzubereitungen; Milch-, Buttermilch-, Joghurt- und Molkengetränke, auch mit Fruchtzusätzen; Milchmischgetränke, auch mit Fruchtzusätzen; im Wesentlichen aus Milch hergestellte Extrakte oder Pulver zur Herstellung von Milchmischgetränken; auf Milchbasis unter Zusatz von Pflanzen-, tierischen bzw. Milchfetten hergestellte Mischungen zur Verwendung in Nahrungsmitteln; Eiweißkonzentrat für Nahrungszwecke; Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, insbesondere Vollmilch-, Magermilch- und Buttermilchpulver; Molkenpulver für Nahrungszwecke; Milchzucker; diätetische Milchgetränke und im Wesentlichen aus Milch bestehende Nahrungsmittelzusätze für Kinder und Kranke sowie Extrakte oder Pulver zur Herstellung dieser Waren; diätetische Milchprodukte, insbesondere Joghurt- und Quarkerzeugnisse für medizinische und/oder nichtmedizinische Zwecke; Käse- und Milchzubereitungen in Snack-Form; Müslizubereitungen, im Wesentlichen bestehend aus Milch, Sauerrahm, Buttermilch, Sauermilch, Joghurt, Kefir, Quark, zubereiteten Früchten und/oder Cerealien";

- Klasse 30: "Kaffee-, Tee-, Kakao- und Schokoladengetränke mit Milchzusatz sowie Extrakte oder Pulver zu deren Herstellung; Puddings; Speiseeis, Speiseeispulver, Speiseeissirup zur Herstellung von Speiseeis durch einfaches Frosten jeweils mit Fruchtzusätzen; Milchreis, Fruchtmilchreis; Grießpudding, Grießbrei; Fruchtsaucen; (Frucht-)Saucen für die Herstellung von kalten und/oder warmen Gerichten; Fertigsaucen; Salatdressings; Speisezubereitungen, im Wesentlichen enthaltend mindestens eine der vorgenannten Waren";

- Klasse 32: "Alkoholfreie Getränke";

- Klasse 33: "Alkoholische Milch- und Milchmischgetränke sowie sonstige alkoholische Getränke (soweit in Klasse 33 enthalten)";

- Klasse 43: "Verpflegung von Gästen, Catering".

4 Mit Entscheidung vom 3. August 2004 wies der Prüfer die Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c und d der Verordnung Nr. 40/94 zurück.

5 Der Prüfer stellte im Wesentlichen fest, dass eine Eintragung des Zeichens nicht möglich sei, da es keine Unterscheidungskraft besitze und ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung wichtiger Eigenschaften der Waren dienen könnten oder üblich geworden seien.

6 Am 24. August 2004 legte die Klägerin beim HABM Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

7 Mit Entscheidung vom 9. August 2006 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 mit der Begründung zurück, dass dem angemeldeten Zeichen das für die Eintragung notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehle. Die Beschwerdekammer war daher der Auffassung, dass sie nicht weiter zu prüfen brauche, ob auch die Eintragungshindernisse des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c oder d der Verordnung Nr. 40/94 der Eintragung der angemeldeten Marke entgegenstünden.

8 In der angefochtenen Entscheidung präzisierte die Beschwerdekammer jedoch die Auffassung des Prüfers. Die Anmeldung der Klägerin sei von ihm nur hinsichtlich der "beanstandeten" Waren, d. h. für alle Waren der Klassen 29 (Milchprodukte) und 32 (alkoholfreie Getränke) sowie für einen Teil der Waren der Klasse 30 (Teegetränke mit Milchzusatz sowie Extrakte oder Pulver zu deren Herstellung), und nicht hinsichtlich aller beanspruchten Waren zurückgewiesen worden. Demgemäß ordnete die Beschwerdekammer an, das Eintragungsverfahren für diejenigen Waren und Dienstleistungen, für die der Prüfer die Anmeldung nicht zurückgewiesen hatte, fortzuführen, d. h. für alkoholische Milch- und Milchmischgetränke sowie sonstige alkoholische Getränke (Klasse 33), für die Verpflegung von Gästen, Catering (Klasse 43) und für Waren der Klasse 30, soweit sie nicht die oben genannten Teegetränke betreffen.

Anträge der Parteien

9 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit hierdurch ihre Beschwerde zurückgewiesen worden ist;

- dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

10 Das HABM beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Gründe

11 Die Klägerin stützt ihre Anträge im Wesentlichen auf den einzigen Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94.

Vorbringen der Parteien

12 Die Klägerin beruft sich erstens auf das Urteil vom 31. Januar 2001, Sunrider/HABM (VITALITE) (T-24/00, Slg. 2001, II-449), in dem das Gericht anerkannt habe, dass der Ausdruck "Vitalite" für bestimmte Waren geschützt werden könne, obwohl es die Wortmarke VITALITE mit dem französischen Begriff "vitalité" gleichgesetzt habe. Dieses französische Wort habe wiederum die gleiche Bedeutung wie das vorliegende Anmeldewort "Vitality".

13 Die Klägerin leitet daraus ab, dass sowohl der Prüfer als auch die Beschwerdekammer von der Rechtsprechung des Gerichts in einer vergleichbaren Rechtssache abgewichen seien. Nach dem Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002, Streamserve/HABM (STREAMSERVE) (T-106/00, Slg. 2002, II-723, Randnrn. 66 und 69), sei aber die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des HABM ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung Nr. 40/94 in der Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter zu überprüfen. Das HABM hätte daher der Begründung des Urteils VITALITE folgen müssen.

14 Zweitens trägt die Klägerin vor, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 jedenfalls nicht der Eintragung der Marke hinsichtlich der versagten Waren der Klassen 29, 30 und 32 entgegenstehe. Die Anmeldemarke ermögliche es den maßgeblichen Verkehrskreisen ohne Weiteres, die Herkunft der durch diese Marke geschützten Waren zu erkennen und diese von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Deshalb könne ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

15 Das Gericht habe zum Wort "Vitalite" festgestellt, dass es nicht um die Bezeichnung eines Merkmals einer Ware gehe, sondern um eine bloße Suggestion eines dieser Ware zu Werbezwecken zugeschriebenen Images (Urteil VITALITE, oben in Randnr. 12 angeführt, Randnr. 23). Diese Feststellung gelte in gleicher Weise auch für das gleichbedeutende Wort "Vitality". Wenn jedoch ein Wort Raum für eine suggestive Wirkung des Zeichens schaffe, reiche dies zur Begründung von Unterscheidungskraft aus (Urteil des Gerichts vom 5. April 2001, Bank für Arbeit und Wirtschaft/HABM [EASYBANK], T-87/00, Slg. 2001, II-1259).

16 Auch der Gerichtshof habe bereits entschieden, dass die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben bestehe, die als Werbeslogan, Qualitätshinweis oder andere Aufforderung zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke beziehe, verwendet werden könnten, nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen sei (Urteile vom 4. Oktober 2001, Merz & Krell, C-517/99, Slg. 2001, I-6959, Randnr. 40, und vom 21. Oktober 2004, HABM/Erpo Möbelwerk, C-64/02 P, Slg. 2004, I-10031).

17 Mithin sei die angemeldete Marke geeignet, die betreffenden Waren nach ihrer betrieblichen Herkunft und nicht nach ihren Eigenschaften oder Merkmalen unterscheidbar zu machen. In diesem Zusammenhang sei das in der angefochtenen Entscheidung angeführte Argument zurückzuweisen, wonach die angemeldete Marke keine Bestandteile enthalte, die es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglichten, sich die Marke ohne Weiteres und unmittelbar für die bezeichneten Waren einzuprägen. Dieses Argument für die Zurückweisung der Anmeldung sei gleichbedeutend mit dem in früheren Entscheidungen des HABM oft bemängelten "fehlenden Phantasieüberschuss". Derartige Forderungen habe der Gerichtshof in Randnr. 50 des Urteils HABM/Erpo Möbelwerk (oben in Randnr. 16 angeführt) jedoch zurückgewiesen.

18 Drittens trägt die Klägerin vor, dass die Schutzfähigkeit der Marke Vitality auch dadurch bestätigt werde, dass die Bezeichnung "Vitality" in zwei englischsprachigen Ländern der Gemeinschaft (Irland und Vereinigtes Königreich) als Wortmarke für Milchprodukte zugelassen worden sei.

19 Das HABM widerspricht dem Vorbringen der Klägerin. Erstens habe sich das Gericht im oben in Randnr. 12 angeführten Urteil VITALITE nicht mit der Frage der Unterscheidungskraft des Zeichens auseinandergesetzt. Zweitens stellt das HABM im Hinblick auf die Unterscheidungskraft fest, dass ein Zeichen, das andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinne erfülle, nur dann unterscheidungskräftig sei, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden könne, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden könnten (Urteil des Gerichts vom 3. Juli 2003, Best Buy Concepts/HABM [BEST BUY], T-122/01, Slg. 2003, II-2235, Randnr. 21). Drittens rechtfertige die Tatsache, dass das irische Markenamt und das Markenamt des Vereinigten Königreichs das angemeldete Zeichen eingetragen hätten, keine Abweichung von der vorstehenden rechtlichen Beurteilung.

Würdigung durch das Gericht

20 Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Die durch diese Vorschrift erfassten Zeichen gelten als ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002, Rewe-Zentral/HABM [LITE], T-79/00, Slg. 2002, II-705, Randnr. 26).

21 Die Unterscheidungskraft eines Zeichens kann nur in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und in Bezug darauf, wie die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen wahrnehmen, beurteilt werden. Im vorliegenden Fall sind die Milchprodukte und die anderen beanspruchten Waren für den allgemeinen Verbrauch und damit für solche Verbraucher bestimmt, deren Aufmerksamkeitsgrad keine Besonderheit aufweist, die ihre Wahrnehmung des Zeichens beeinflussen könnte. Als maßgebliche Verkehrskreise sind deshalb normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2005, Sunrider/HABM [TOP], T-242/02, Slg. 2005, II-2793, Randnrn. 89 und 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22 Ferner bedeutet gegebenenfalls der Umstand, dass das angemeldete Zeichen nicht beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 ist, nicht automatisch, dass es unterscheidungskräftig im Sinne von Buchst. b derselben Vorschrift wäre. Denn dem Zeichen kann die Unterscheidungskraft auch dann fehlen, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise darin keinen Hinweis auf die gewerbliche Herkunft der Waren erkennen können (Urteil des Gerichts vom 9. Oktober 2002, Dart Industries/HABM [UltraPlus], T-360/00, Slg. 2002, II-3867, Randnr. 30).

23 Dies ist insbesondere bei Zeichen der Fall, die allgemein für die Vermarktung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann nämlich bereits festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt des fraglichen Wortzeichens den Verbraucher auf ein Merkmal der Ware hinweist, das deren Verkehrswert betrifft und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde oder eine Werbebotschaft enthält, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrgenommen werden wird (Urteil BEST BUY, oben in Randnr. 19 angeführt, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auch erlangt das angemeldete Wortzeichen nicht schon dadurch Unterscheidungskraft, dass sein semantischer Gehalt keine Informationen über die Art der bezeichneten Waren enthält (Urteil des Gerichts vom 30. Juni 2004, Norma Lebensmittelfilialbetrieb/HABM [Mehr für Ihr Geld], T-281/02, Slg. 2004, II-1915, Randnr. 31).

24 Im vorliegenden Fall belegen die Ergebnisse der vom Prüfer und von der Beschwerdekammer durchgeführten Internetrecherchen, die insoweit von der Klägerin nicht bestritten werden, dass der englische Begriff "vitality" häufig in der Lebensmittelwerbung verwendet wird. Laut der angefochtenen Entscheidung wirbt beispielsweise ein großer Lebensmittelkonzern mit dem Slogan "Unilever's Mission is to add vitality to life" und veranstaltet "vitality days and events". In Bezug auf Mineralwasser werbe der Nestlé-Konzern für "Vittel. Vitality" mit der Aussage: "Vittel is the mineral water brand which re-generates your vitality every day to go and get the most out of your life". Im Bereich der Milchprodukte bewerbe das Unternehmen Loacker sein Warenangebot mit dem Slogan: "A burst of vitality. Milk and cereal snacks for everyone".

25 Aus diesen Beispielen geht hervor, dass der Werbeausdruck "vitality" in der Werbung für Milch und Milchprodukte sowie für alkoholfreie Getränke häufig verwendet wird.

26 Zwar ist die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeschlagworte, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen (Urteile Merz & Krell, oben in Randnr. 16 angeführt, Randnr. 40, und HABM/Erpo Möbelwerk, oben in Randnr. 16 angeführt, Randnr. 41).

27 Jedoch ist ein Zeichen, das andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinne erfüllt, nur dann unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (Urteil BEST BUY, oben in Randnr. 19 angeführt, Randnr. 21). Der Durchschnittsverbraucher wird das angemeldete Zeichen aber nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen, sondern als Hinweis auf eine Eigenschaft der Ware, nämlich darauf, dass sie Lebenskraft verspricht.

28 Die von der Klägerin vorgenommene Einstufung des Zeichens als "imageträchtige Bezeichnung" oder "Suggestion eines der Ware zu Werbezwecken zugeschriebenen Images" kann diese Erwägung nicht entkräften. Es ist vielmehr festzustellen, wie dies zutreffend auch die Beschwerdekammer getan hat, dass der Verbraucher, wenn der englische Begriff "vitality" mit den streitigen Waren in Verbindung gebracht wird, nur annehmen wird, die Waren trügen dazu bei, seine Lebenskraft positiv zu beeinflussen und ihm neue Kraft und Energie zu geben, ließen ihn also seine Lebenskraft wiedergewinnen.

29 Die angefochtene Entscheidung stützt sich insoweit auf die Bedeutung des englischen Wortes "vitality". Diesem komme ein anpreisender Charakter zu, und es weise auf eine Verbindung zwischen Lebenskraft und Energie einerseits und den mit dem Wort gekennzeichneten Waren andererseits hin. Die Beschwerdekammer hat aus diesem Grund zu Recht angenommen, dass ein sinnvoller und positiver Bezug zwischen dem Begriff "vitality" und Lebensmitteln besteht, was durch die vom Prüfer zitierten Internetquellen illustriert und durch eine von der Beschwerdekammer durchgeführte Recherche bestätigt wird.

30 Aus alledem ergibt sich, dass das angemeldete Zeichen keine Unterscheidungskraft hat. Dieser Schluss wird durch die Argumente, die die Klägerin auf das oben in Randnr. 12 angeführte Urteil VITALITE oder die Eintragung des Anmeldezeichens in zwei englischsprachigen Ländern der Gemeinschaft stützt, nicht widerlegt.

31 Hinsichtlich des Vorbringens zum oben in Randnr. 12 angeführten Urteil VITALITE ist daran zu erinnern, dass die Eintragung der Marke VITALITE in dieser Rechtssache für Waren der Klassen 5 (insbesondere Arzneimittel, pharmazeutische Zubereitungen und Babykost), 29 (insbesondere Milchprodukte) und 32 (insbesondere Mineralwässer, auch mit Kohlensäure) beantragt worden war. Der Prüfer hatte die Anmeldung zurückgewiesen, jedoch war diese Entscheidung von der Beschwerdekammer teilweise, insbesondere in Bezug auf Milchprodukte, aufgehoben worden.

32 Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Beschwerdekammer im Wesentlichen. Speziell im Hinblick auf Waren für besondere medizinische, Ernährungs- oder Diätzwecke war das Gericht der Auffassung, die Beschwerdekammer sei zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Zeichen im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung dieser Waren dienen könne. Dagegen verneinte das Gericht einen beschreibenden Charakter der Marke VITALITE für Babykost sowie für Mineralwässer mit oder ohne Kohlensäure (Urteil VITALITE, oben in Randnr. 12 angeführt, Randnrn. 24 und 25).

33 Zwar trifft zu, dass das Gericht in Randnr. 30 des oben in Randnr. 12 angeführten Urteils VITALITE feststellte, "[d]ie Entscheidung [sei] im Hinblick auf ,Babykost' und ,Mineralwässer, auch mit Kohlensäure' auch wegen Verstoßes gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 aufzuheben".

34 Dennoch ist festzustellen, dass sich das Gericht im oben in Randnr. 12 angeführten Urteil VITALITE nicht mit der Frage befasste, ob das Zeichen VITALITE selbst Unterscheidungskraft hatte. Das Gericht beschränkte sich nämlich in Randnr. 29 dieses Urteils auf die Feststellung, dass die Beschwerdekammer hinsichtlich der "Babykost" und der "Mineralwässer, auch mit Kohlensäure" die Unvereinbarkeit des Zeichens VITALITE mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 daraus abgeleitet habe, dass es mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c unvereinbar sei. Das Gericht stellte dazu fest, dass diese Prämisse, auf die sich die Beschwerdekammer gestützt habe, unzutreffend sei, da der Begriff "Vitalite", selbst wenn man ihn wie "vitalité" lese, nur die Bestimmung der fraglichen Waren suggeriere, ohne diese Bestimmung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 zu bezeichnen. Folglich hat das Gericht die Feststellungen der Beschwerdekammer zur fehlenden Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Marke nur insoweit aufgehoben, als sie sich automatisch aus den unzutreffenden Feststellungen zu ihrem angeblich beschreibenden Charakter ergaben.

35 Hieraus folgt, dass das oben in Randnr. 12 angeführte Urteil VITALITE keine eigenständige Analyse der Unterscheidungskraft des Zeichens VITALITE enthält. Insbesondere hat das Gericht darin nicht über die Frage entschieden, ob dem Zeichen VITALITE Unterscheidungskraft in Bezug auf Milchprodukte zukommt. Hinsichtlich dieser Produkte hatte die Beschwerdekammer der Beschwerde von Sunrider nämlich bereits stattgegeben, so dass sie nicht Gegenstand der Klage vor dem Gericht in der Rechtssache VITALITE waren. Dieses Urteil steht daher der oben in Randnr. 30 getroffenen Feststellung nicht entgegen.

36 Hinsichtlich des Vorbringens, das sich auf die Eintragung des angemeldeten Zeichens in zwei englischsprachigen Ländern der Gemeinschaft stützt, genügt der Hinweis, dass in Mitgliedstaaten bereits bestehende Eintragungen nach ständiger Rechtsprechung lediglich Gesichtspunkte darstellen, die bei der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke Berücksichtigung finden können, ohne entscheidend zu sein (Urteile des Gerichts VITALITE, oben in Randnr. 12 angeführt, Randnr. 33, vom 5. März 2003, Unilever/HABM [Ovoide Tablette], T-194/01, Slg. 2003, II-383, Randnr. 68, und vom 28. Januar 2004, Deutsche SiSi-Werke/HABM [Standbeutel], T-146/02 bis T-153/02, Slg. 2004, II-447, Randnr. 56). Die Gemeinschaftsregelung für Marken ist ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind, und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Folglich ist die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ausschließlich auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung zu prüfen. Daher sind weder das HABM noch gegebenenfalls der Gemeinschaftsrichter durch eine Entscheidung gebunden, die auf der Ebene eines Mitgliedstaats ergangen ist und der zufolge das betreffende Zeichen als nationale Marke eintragungsfähig ist (Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2002, Mag Instrument/HABM [Form von Taschenlampen], T-88/00, Slg. 2002, II-467, Randnr. 41).

37 Die Beschwerdekammer ist auf dieser Grundlage fehlerfrei zu der Auffassung gelangt, dass die fraglichen nationalen Eintragungen ihr keinen Anlass gaben, eine andere Beurteilung vorzunehmen.

38 Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

39 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Nordmilch eG trägt die Kosten.

Martins Ribeiro

Papasavvas

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. April 2008.



Ende der Entscheidung

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