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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 05.09.2007
Aktenzeichen: T-295/05
Rechtsgebiete: EG


Vorschriften:

EG Art. 235
EG Art. 288 Abs. 2
EG Art. 288 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste Kammer)

5. September 2007(*)

"Währungsunion - Ausgabe von Euro-Banknoten - Behauptete Verwendung einer zur Verhinderung von Fälschungen bestimmten patentierten Erfindung - Klage wegen Verletzung eines europäischen Patents - Unzuständigkeit des Gerichts - Unzulässigkeit - Schadensersatzklage"

Parteien:

In der Rechtssache T-295/05

Document Security Systems, Inc., mit Sitz in Rochester, New York (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigte: L. Cohen, H. Sheraton und B. Uphoff, Solicitors, und C. Stanbrook, QC,

Klägerin,

gegen

Europäische Zentralbank (EZB), vertreten durch C. Zilioli und P. Machado als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte E. Garayar Gutiérrez und G. de Ulloa y Suelves,

Beklagte,

betreffend eine Patentverletzungsklage auf Feststellung, dass die EZB die durch ein europäisches Patent der Klägerin eingeräumten Rechte verletzt hat, und Klage auf Ersatz des Schadens, den die Klägerin als Folge der Patentverletzung geltend macht,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke sowie der Richter R. García-Valdecasas und V. Ciuca,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

1 Art. 235 EG bestimmt:

"Der Gerichtshof ist für Streitsachen über den in Artikel 288 Absatz 2 vorgesehenen Schadensersatz zuständig."

2 Art. 288 Abs. 2 und 3 EG bestimmt:

"Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

Absatz 2 gilt in gleicher Weise für den durch die [Europäische Zentralbank] oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden."

3 Art. 35.3 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ABl. 1992, C 191, S. 68, im Folgenden: EZB-Satzung), das dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, bestimmt in seiner revidierten und geänderten Fassung:

"Die EZB unterliegt der Haftungsregelung des Artikels 288 dieses Vertrags. ..."

Europäisches Patentübereinkommen

4 Das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente vom 5. Oktober 1973 (auch "Europäisches Patentübereinkommen" genannt, im Folgenden: EPÜ) in der Fassung der Akte zur Revision von Artikel 63 EPÜ vom 17. Dezember 1991 und der Beschlüsse des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation vom 21. Dezember 1978, vom 13. Dezember 1994, vom 20. Oktober 1995, vom 5. Dezember 1996, vom 10. Dezember 1998 und vom 27. Oktober 2005 sowie mit den vorläufig anwendbaren Bestimmungen der Akte zur Revision des EPÜ vom 29. November 2000 ist ein multilateraler völkerrechtlicher Vertrag, der nicht dem Gemeinschaftsrecht unterliegt und der für bestimmte Länder ein vereinfachtes Verfahren für die Erlangung von Patentschutz in Europa einführt. Das EPÜ ist am 7. Oktober 1977 in Kraft getreten und bislang von 32 Staaten, darunter alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ratifiziert worden.

5 Durch Art. 4 des EPÜ wird die Europäische Patentorganisation gegründet, deren Aufgabe es ist, die europäischen Patente zu erteilen. Diese Aufgabe wird von einem ihrer Organe, dem Europäischen Patentamt (im Folgenden: Patentamt), durchgeführt.

6 Art. 2 Abs. 2 des EPÜ bestimmt:

"Das europäische Patent hat in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt worden ist, dieselbe Wirkung und unterliegt denselben Vorschriften wie ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent, soweit sich aus diesem Übereinkommen nichts anderes ergibt."

7 Art. 64 des EPÜ bestimmt:

"(1) Das europäische Patent gewährt seinem Inhaber von dem Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf seine Erteilung an in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt ist, vorbehaltlich Absatz 2 dieselben Rechte, die ihm ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent gewähren würde.

(2) Ist Gegenstand des europäischen Patents ein Verfahren, so erstreckt sich der Schutz auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.

(3) Eine Verletzung des europäischen Patents wird nach nationalem Recht behandelt."

8 Einige Vorschriften des EPÜ sind in allen Vertragsstaaten anwendbar. Diese gemeinsamen Vorschriften beziehen sich auf die Voraussetzungen der Patentierbarkeit (Art. 52 bis 57 des EPÜ), die Gründe für die Nichtigkeit eines Gemeinschaftspatents (Art. 138 des EPÜ, vgl. nachstehende Ausführungen) sowie den Umfang und die Laufzeit des Patentschutzes (Art. 63, 64 Abs. 2 und Art. 69 des EPÜ).

9 Art. 138 des EPÜ führt die Fälle auf, in denen ein europäisches Patent aufgrund des Rechts eines Vertragsstaats mit Wirkung für das Hoheitsgebiet dieses Staats für nichtig erklärt werden kann.

Sachverhalt

10 Die Klägerin ist eine Gesellschaft amerikanischen Rechts, der 2004 ein europäisches Patent erteilt wurde, das sich u. a. auf Elemente zum Schutz vor Banknotenfälschung bezog und von Ralph C. Wicker erfunden worden war. Es besteht in einer Methode, wonach Dokumente so mit Hilfe von Scannern, also der Abtasttechnologie, hergestellt werden, dass sie sich als Fälschung erkennen lassen.

11 Am 18. Januar 1989 beantragte Herr Wicker in den Vereinigten Staaten ein Patent für diese Herstellungsmethode. Am 16. Januar 1990 beantragte er beim Patentamt ein europäisches Patent.

12 Am 13. November 1991 wurde Herrn Wickers Antrag auf ein europäisches Patent im Europäischen Patentblatt veröffentlicht. Am 18. Juli 1995 wurde der Antrag wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit in Bezug auf den Stand der Technik zurückgewiesen. Am 5. Februar 1999 wurde gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt, und eine der Technischen Beschwerdekammern des Patentamts bewilligte die Erteilung des beantragten Patents. Dieses Patent wurde schließlich am 24. November 1999 unter der Nummer 0 455 750 B1 und mit der Bezeichnung "Verfahren zur Herstellung eines fälschungssicheren Dokuments" (im Folgenden: streitiges Patent) erteilt.

13 Die Klägerin macht geltend, dass das streitige Patent in Frankreich, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Deutschland, Belgien, Spanien, Italien, Luxemburg und den Niederlanden (im Folgenden: betroffene Staaten) für gültig erklärt worden sei und fortbestehe. Denn Herr Wicker habe die betroffenen Staaten zum Zeitpunkt der Beantragung des streitigen Patents benannt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Patent auch in Liechtenstein, Dänemark, Schweden und der Schweiz fortbestehe. Diese Staaten liegen außerhalb des Gebiets, in dem der Euro die offizielle Währung ist (Eurozone). Sie haben keine Euro-Banknoten gedruckt und werden in der Klage nicht berücksichtigt.

14 Nach Ansicht der Klägerin verblieb das streitige Patent im Eigentum des 1997 verstorbenen Herrn Wicker. Aufgrund der Gesetze des Staates New York sei das Patent an seine Erben übertragen worden, bis diese es am 22. Dezember 2004 an die Klägerin abgetreten hätten. Die Abtretung erstrecke sich auf das Recht, im Hinblick auf Handlungen, die sich vor der Abtretung ereignet hätten, Klage zu erheben und Schadensersatz beizutreiben.

15 Die EZB habe drei Handlungen, die die Rechte aus dem streitigen Patent verletzten, begangen oder deren Durchführung autorisiert. Erstens habe die EZB Euro-Banknoten entworfen (oder auf ihre Rechnung entwerfen lassen), indem sie die Methode verwendet habe, die durch das streitige Patent abgedeckt werde. Zweitens habe die EZB diese Banknoten drucken lassen. Drittens habe die EZB die Ausgabe und Verwendung der Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel in der Eurozone autorisiert.

Verfahren

16 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 1. August 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

17 Mit dieser Klage beantragt die Klägerin erstens die Feststellung, dass die EZB die durch das streitige Patent eingeräumten Rechte durch Entwurf, Druck und Ausgabe von Euro-Banknoten verletzt hat. Zweitens beantragt sie den Ersatz des von ihr geltend gemachten Schadens in Form von Lizenzgebühren in einer im Hinblick auf die Patentverletzungshandlungen der EZB angemessenen Höhe.

18 Mit am 21. Oktober 2005 eingegangenem Schriftsatz hat die EZB eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Am 29. Dezember 2005 hat die Klägerin zu dieser Einrede der Unzulässigkeit Stellung genommen.

19 Mit Schreiben vom 6. April 2006 hat die EZB das Gericht informiert, dass sie am 23. März 2006 in allen betroffenen Staaten außer Italien, wo eine Nichtigkeitsklage am 27. März erhoben worden sei, und Spanien Nichtigkeitsklagen gegen das streitige Patent erhoben habe. Im Rahmen dieser Klagen mache sie die Nichtigkeit des streitigen Patents mit der Begründung geltend, dass das Patent offensichtlich über den Gegenstand des ursprünglichen Antrags hinausgehe sowie dass die Erfindung nicht neu sei und auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

20 Mit Schreiben vom 7. Juli 2006 hat die EZB das Gericht informiert, dass sie am 12. Mai 2006 in Spanien eine Nichtigkeitsklage gegen das streitige Patent erhoben habe.

21 Am 18. Oktober 2006 hat die Klägerin zu den beiden Schreiben der EZB über die Erhebung der genannten Nichtigkeitsklagen Stellung genommen. Sie ist der Auffassung, dass die Erhebung der Nichtigkeitsklagen bei den nationalen Gerichten sich nicht auf die vorliegende Klage auswirke und dass das Gericht die Unzulässigkeitseinrede der EZB zurückweisen und in der Sache entscheiden müsse.

22 Mit Schreiben vom 11. April 2007 hat die EZB das Gericht informiert, dass über die im Vereinigten Königreich und in Deutschland erhobenen Nichtigkeitsklagen im ersten Rechtszug entschieden worden sei.

23 Zu der im Vereinigten Königreich erhobenen Nichtigkeitsklage hat die EZB vorgetragen, dass der High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Patent Court) mit Urteil vom 26. März 2007 entschieden habe, dass das streitige Patent ungültig sei, weil es über den Gegenstand des ursprünglichen Antrags hinausgehe. Die EZB hat das Gericht darauf hingewiesen, dass der Klägerin das Recht eingeräumt worden sei, beim Court of Appeal (England & Wales) gegen dieses Urteil Berufung einzulegen, und dass der EZB das Recht eingeräumt worden sei, Gegenberufung einzulegen.

24 Zu der in Deutschland erhobenen Nichtigkeitsklage hat die EZB vorgetragen, dass das Bundespatentgericht mit Urteil vom 27. März 2007 entschieden habe, dass das streitige Patent gültig sei. Darüber hinaus hat die EZB das Gericht darauf hingewiesen, dass sie gegen dieses Urteil Berufung einlegen wolle.

Anträge der Parteien

25 Die Klägerin beantragt mit ihrer Klageschrift,

- festzustellen, dass die EZB die Rechte aus dem streitigen Patent verletzt hat;

- die EZB zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verletzung der Rechte aus dem streitigen Patent in Höhe eines später festzulegenden Betrags zu verurteilen;

- der EZB die Kosten aufzuerlegen.

26 Die EZB beantragt mit ihrer Unzulässigkeitseinrede,

- die Klage für unzulässig zu erklären;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

27 Mit ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede beantragt die Klägerin,

- die Unzulässigkeitseinrede zurückzuweisen;

- die Klage für zulässig zu erklären;

- das mit der Klageschrift beantragte Feststellungsurteil zu erlassen.

Zur Patentverletzungsklage

Zur Zulässigkeit

28 Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorab über die Unzulässigkeit entscheiden. Nach Art. 114 § 3 wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall ist das Gericht in der Lage, auf der Grundlage des Akteninhalts ohne mündliche Verhandlung über den Antrag zu entscheiden.

29 Die Unzulässigkeitseinrede der EZB stützt sich auf drei Gründe, und zwar auf fehlende Klagebefugnis der Klägerin, fehlende Zuständigkeit des Gerichts, über die vorliegende Rechtssache zu entscheiden, und Nichteinhaltung der Formerfordernisse in der Klageschrift.

30 Zunächst ist die Rüge der Unzuständigkeit des Gerichts zu prüfen.

Vorbringen der Parteien

31 Die EZB macht geltend, dass die Klägerin, obwohl sich die Klage auf die Art. 235 EG und 288 EG stütze, nicht nur Schadensersatz beantrage, sondern vor allem die Feststellung erreichen möchte, dass die EZB das streitige Patent verletzt habe, und die Klägerin erst anschließend den Ersatz des Schadens beantrage.

32 Nach Auffassung der EZB ist das Gericht nicht zuständig, über die Patentverletzungsklage zu entscheiden. Nur die nationalen Gerichte seien befugt, eine Verletzung des streitigen Patents festzustellen.

33 Um die Klage für zuständig zu erklären, müsse das Gericht die ausschließliche Zuständigkeit, die den nationalen Gerichten aufgrund ihrer nationalen Rechtsordnungen im Bereich Patentverletzungen zukomme, für sich in Anspruch nehmen, was gegen das EPÜ verstoßen würde, dem zufolge Streitigkeiten im Bereich europäischer Patente den nationalen Gerichten der Vertragsstaaten unterlägen.

34 Zur Stützung dieser Behauptung trägt die EZB vor, nachdem ein europäisches Patent in jedem der benannten Staaten erteilt und für gültig erklärt worden sei, entstehe ein Bündel unabhängiger und nationaler Patente. Folglich richteten sich sowohl die Wirkungen der Patente in den einzelnen Staaten als auch die im Fall von Rechtsstreitigkeiten anwendbaren Verfahrensregeln nach dem Recht des jeweiligen Staats. Da die Frage der Patentverletzung ausschließlich durch nationales Recht geregelt werde, sei das Gericht nicht zuständig, darüber zu entscheiden.

35 Die EZB macht geltend, dass die Gesetze jedes Mitgliedstaats im Bereich der Patente

- unterschiedliche Voraussetzungen für den nationalen Patentschutz festlegten;

- bestimmten, häufig spezialisierten, Gerichten die ausschließliche Zuständigkeit für die Beurteilung von Fragen der Verletzung und der Nichtigkeit von Patenten übertrügen;

- unterschiedliche Verfahrensvorschriften enthielten, u. a. auch hinsichtlich der Beschränkungen der Klagebefugnis;

- unterschiedliche Voraussetzungen für die Anerkennung von Schadensersatzansprüchen festlegten;

- unterschiedliche Verjährungsfristen für Schadensersatzansprüche und für Patentverletzungsklagen vorsähen.

36 Nichts hindere die Klägerin daran, bei den zuständigen nationalen Gerichten Klage zu erheben, um diese über die behaupteten Patentverletzungen entscheiden zu lassen. Gemäß Art. 35.2 der EZB-Satzung entschieden die zuständigen Gerichte der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof zuerkannt worden seien, über Rechtsstreitigkeiten zwischen der EZB einerseits und dritten Personen andererseits.

37 Die Klägerin macht zunächst geltend, dass das Gericht gemäß Art. 235 EG in Verbindung mit Art. 288 Abs. 2 EG zuständig sei, über die Klage zu entscheiden, da diese Bestimmungen dem Gemeinschaftsrichter die Zuständigkeit übertrügen, über Streitsachen, die den Ersatz von Schäden durch die Gemeinschaft beträfen, die von den Gemeinschaftsorganen im Bereich der außervertraglichen Haftung verursacht worden seien, nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, zu entscheiden. Die EZB sei ein Gemeinschaftsorgan, und Art. 288 Abs. 3 EG bestimme ausdrücklich, dass die Gemeinschaft den durch die EZB oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden ersetzen müsse.

38 Die Zuständigkeit des Gerichts werde ausschließlich durch den Vertrag geregelt und werde nicht durch nationales Recht oder abgeleitetes Gemeinschaftsrecht berührt. Insbesondere unterliege die Zuständigkeit des Gerichts nicht der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) (Verordnung zur Bestimmung der Zuständigkeit nationaler Gerichte in Zivil- und Handelssachen).

39 Die Klägerin führt insbesondere aus, dass Art. 67 der Verordnung Nr. 44/2001 die Anwendung der Verordnung auf die durch gemeinschaftliche Rechtsakte, z. B. den Vertrag, übertragene gerichtliche Zuständigkeit ausschließe.

40 Vielmehr werde die Zuständigkeit der nationalen Gerichte im Bereich der Patentverletzungen durch die Verordnung Nr. 44/2001 geregelt. Grundsätzlich seien die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebiet der Beklagte seinen Sitz habe, selbst wenn die Verletzungshandlung im Gebiet eines anderen Staates begangen worden sei.

41 Gemäß Art. 27 der Verordnung Nr. 44/2001 verfüge das Gericht, das als Erstes angerufen worden sei, um einen Patentverletzungsrechtsstreit zwischen zwei Parteien zu regeln, über die ausschließliche Zuständigkeit zur Regelung aller Patentverletzungsrechtsstreitigkeiten, die dieselben Parteien und dasselbe Patent beträfen.

42 Außerdem gelte nach der Rechtsprechung die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dessen Hoheitsgebiet ein Patent registriert worden sei, nur in Bezug auf Rechtsstreitigkeiten über die Gültigkeit des Patents selbst oder über das Bestehen seiner Hinterlegung oder Registrierung (Urteil des Gerichtshofs vom 15. November 1983, Duijnstee, 288/82, Slg. 1983, 3663, Randnr. 22). Das Vorbringen der EZB, dass die Gerichte jedes betroffenen Staates aufgrund ihrer jeweiligen nationalen Gesetze über die ausschließliche Zuständigkeit verfügten, über die Verletzung des streitigen Patents in ihrem Gebiet zu entscheiden, sei daher fehlerhaft.

43 Im Übrigen ergebe sich aus zahlreichen internationalen Übereinkommen, dass eine Patentverletzung eine zivilrechtliche Pflichtverletzung darstelle, für die Schadensersatz zu zahlen sei; dieser Grundsatz sei von den wichtigsten Handelsnationen angenommen worden und Gegenstand der Aktivitäten der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, im Folgenden: WTO) gewesen. Es handle sich somit um einen fundamentalen Grundsatz sowohl des Gemeinschaftsrechts als auch der nationalen Rechtsordnungen. Die Gemeinschaft sei seit dem 1. Januar 1995 Mitglied der WTO und daher verpflichtet, die Bestimmungen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, im Folgenden: TRIPs-Übereinkommen) einzuhalten. Die Bestimmungen von der Europäischen Union eingegangener internationaler Übereinkünfte, z. B. des TRIPs-Übereinkommens, bildeten nach ständiger Rechtsprechung einen integrierenden Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung (Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 1974, Haegeman, 181/73, Slg. 1974, 449). Jedenfalls seien auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union Mitglieder der WTO und an das TRIPs-Übereinkommen gebunden. Die dort aufgeführten Grundsätze seien daher Bestandteil des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten.

44 Das Vorbringen der EZB, es sei für das Gericht schwierig, bei der Prüfung, ob die EZB das streitige Patent verletzt habe, verschiedene nationale Gesetze anzuwenden, ist nach Auffassung der Klägerin in der vorliegenden Rechtssache nicht von Belang. Der Umstand, dass das Gericht nationale Gesetze prüfen und anwenden müsse, berühre seine Zuständigkeit nicht. Denn nach der Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofs vom 8. Oktober 1986, Leussink u. a./Kommission, 169/83 und 136/84, Slg. 1986, 2801, und vom 27. März 1990, Grifoni/Kommission, C-308/87, Slg. 1990, I-1203) begründeten Verletzungen von Pflichten, die auf nationalem Recht beruhten, die Haftung der Gemeinschaftsorgane für Schäden, die Privatpersonen verursacht würden, und das Gericht sei für Entscheidungen hierüber zuständig.

45 Im Übrigen sei gemäß Art. 288 EG auf Klagen, die von Gemeinschaftsorganen verursachte Schäden beträfen, das Recht anzuwenden, das sich aus den Rechtsgrundsätzen ergebe, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien. Folglich seien die Erklärungen der EZB zu den Unterschieden, die die nationalen Rechtsordnungen bei der Berechnung des Schadensersatzes im Fall von Patentverletzungen aufwiesen, fehl am Platz.

46 Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie nicht verpflichtet sei, vor der Erhebung der vorliegenden Klage die nationalen Verfahren auszuschöpfen. Die von der EZB zur Stützung der gegenteiligen Ansicht angeführte Rechtsprechung betreffe Rechtssachen, in denen die Mitgliedstaaten Gemeinschaftsrecht fehlerhaft angewandt oder umgesetzt hätten. Nur unter diesen Umständen stelle sich die Frage, ob ein Kläger gegenüber dem Mitgliedstaat die nationalen Rechtsbehelfe ausschöpfen müsse, bevor er eine Schadensersatzklage gegen die Gemeinschaft erhebe. In der vorliegenden Rechtssache sei jedoch nicht vorgetragen worden, dass ein Mitgliedstaat eine Pflichtverletzung begangen habe, denn für die fragliche Patentverletzung hafte allein die EZB.

47 Die von der EZB vertretene Ansicht, dass gleichzeitig bei den Gerichten mehrerer Mitgliedstaaten Verfahren einzuleiten seien, könnte wegen der Schwierigkeiten, die sich aus der Verordnung Nr. 44/2001 in Bezug auf die Ausübung konkurrierender gerichtlicher Zuständigkeiten ergäben, zu Komplikationen, überflüssigen Kosten und ungerechtfertigten Verzögerungen führen. Dadurch würde die Gemeinschaft gegen ihre Verpflichtungen gemäß Art. 41 des TRIPs-Übereinkommens verstoßen, nach dem die Verfahren zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums gerecht sein müssten und weder unnötig kompliziert sein noch ungerechtfertigte Verzögerungen mit sich bringen dürften.

48 Im Übrigen bestehe die Gefahr, dass die Schadensersatzklage beim Gericht verjähre, wenn die Klägerin gleichzeitige Verfahren bei den nationalen Gerichten einleiten müsse.

49 Schließlich sei das Gericht zuständig, die Verletzung des streitigen Patents durch die EZB festzustellen, da eine solche Feststellung im Hinblick auf die Zahlung von Schadensersatz dieselbe Wirkung habe wie die Feststellung, dass die Haftung der Gemeinschaft begründet sei. Die Möglichkeit, eine solche Feststellung zu treffen, werde dem Gericht durch Art. 288 EG zugewiesen. Im Übrigen sei durch die Rechtsprechung dem Gericht ausdrücklich gestattet worden, in Bezug auf Schadensersatzklagen Feststellungsurteile zu erlassen, wenn der Schadensersatz noch nicht berechnet werden könne oder wenn potenzielle Schadensersatzansprüche erst künftig entstehen würden (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juni 1976, Kampffmeyer/Rat und Kommission, 56/74 bis 60/74, Slg. 1976, 711). Schließlich sei die Gemeinschaft aufgrund des TRIPs-Übereinkommens verpflichtet, im Fall von Patentverletzungen "Feststellungsurteile" und eine "angemessene Entschädigung" vorzusehen.

Würdigung durch das Gericht

50 Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht nur die Zuständigkeiten ausüben darf, die ihm durch das Gemeinschaftsrecht übertragen worden sind. Dieser Grundsatz ergibt sich aus Art. 7 EG, nach dem der Gemeinschaftsrichter nach Maßgabe der ihm im Vertrag zugewiesenen Befugnisse handelt. Nach Art. 220 EG sichern der Gerichtshof und das Gericht im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Vertrags.

51 Ist dem Gericht keine solche Zuständigkeit übertragen worden, kann es nicht über eine Klage entscheiden, ohne seine gerichtliche Zuständigkeit auf Rechtsstreitigkeiten auszudehnen, bei denen die Gemeinschaft Partei ist und für die die nationalen Gerichte gemäß Art. 240 EG zuständig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. Mai 1987, Rau u. a., 133/85 bis 136/85, Slg. 1987, 2289, Randnr. 10, Beschlüsse des Gerichts vom 3. Oktober 1997, Mutual Aid Administration Services/Kommission, T-186/96, Slg. 1997, II-1633, Randnr. 47, vom 12. Dezember 2005, Natexis Banques Populaires/RoboBAT, T-360/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 12, und vom 26. Januar 2007, Theofilopoulos/Kommission, T-91/06, Slg. 2007, II-0000, Randnr. 16). Gemäß Art. 35.2 der EZB-Satzung entscheiden die zuständigen Gerichte der einzelnen Staaten vorbehaltlich der Zuständigkeiten, die dem Gerichtshof zuerkannt worden sind, über Rechtsstreitigkeiten zwischen der EZB einerseits und dritten Personen andererseits.

52 In der vorliegenden Rechtssache beantragt die Klägerin, dass das Gericht selbst feststellen möge, dass die EZB die verschiedenen nationalen Patente der Klägerin verletzt hat.

53 Wie die EZB vorgetragen hat, ist ein europäisches Patent tatsächlich nichts anderes als ein Bündel gleicher nationaler Patente, die von den einzelnen Staaten, die der Antragsteller des Patents in seinem Antrag benennt, erteilt werden. Art. 2 und Art. 64 Abs. 1 des EPÜ bestimmen in diesem Zusammenhang, dass das europäische Patent in jedem Staat, den der Antragsteller benennt, dieselbe Rechtswirkung hat wie ein nationales Patent und dass es denselben Vorschriften unterliegt wie ein nationales Patent. Gemäß Art. 64 Abs. 3 des EPÜ wird eine Verletzung des europäischen Patents nach nationalem Recht behandelt.

54 Da die Klägerin der EZB vorwirft, das streitige Patent in neun der Staaten, für die es erteilt wurde, verletzt zu haben, wird somit gegen die EZB der Vorwurf erhoben, sie habe neun nationale Patente verletzt.

55 In allen neun betroffenen Staaten untersagt die Rechtsordnung Dritten, ohne Einwilligung des Patentinhabers Erfindungen zu verwerten, die Gegenstand eines Patents sind, und der Patentinhaber ist dort berechtigt, gerichtlich gegen eine solche Nutzung vorzugehen. Die EZB bestreitet nicht, dass sie verpflichtet ist, die patentrechtlichen Vorschriften der betroffenen Staaten einzuhalten, und sie erkennt an, dass die Klägerin bei den nationalen Gerichten gegen sie eine Patentverletzungsklage erheben könnte.

56 Es gibt jedoch keine gemeinschaftsrechtliche Bestimmung, die dem Gericht die Zuständigkeit für Entscheidungen im Bereich der Patentverletzungen zuteilt. Die Patentverletzungsklage zählt nicht zu den Rechtsbehelfen, für die den Gemeinschaftsgerichten gemäß den Art. 220 EG bis 241 EG die Zuständigkeit zugewiesen wird.

57 Darüber hinaus ist das nationale Patentrecht im Gegensatz zu den sonstigen Rechten des geistigen Eigentums, z. B. dem nationalen Markenrecht, nicht gemeinschaftsrechtlich harmonisiert worden. Da es sich um einen Bereich handelt, in dem die Gemeinschaft noch keine Rechtsvorschriften erlassen hat und der somit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, unterliegen der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und die von den Gerichten hierzu getroffenen Maßnahmen nicht dem Gemeinschaftsrecht (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2000, Dior u. a., C-300/98 und C-392/98, Slg. 2000, I-11307, Randnr. 48).

58 Die Klägerin ist jedoch der Ansicht, dass das Gericht aufgrund von Art. 235 EG in Verbindung mit Art. 288 Abs. 2 EG jegliche Feststellung treffen dürfe, die notwendig sei, um zu entscheiden, ob ein Gemeinschaftsorgan eine rechtswidrige Handlung begangen habe, die die Haftung der Gemeinschaft begründen könnte. Diese Befugnis des Gerichts sei nicht in Bezug auf nationale Vorschriften, deren Verletzung festgestellt werden könnte, oder hinsichtlich national-rechtlicher Beurteilungen, die zu diesem Zweck durchgeführt werden könnten, beschränkt.

59 Da die Patentverletzung die außervertragliche Haftung betreffe, müsse das Gericht auf jeden Fall darüber entscheiden können, ob eine Patentverletzung tatsächlich stattgefunden habe. So sei in den Urteilen Leussink u. a./Kommission und Grifoni/Kommission festgestellt worden, dass der Gemeinschaftsrichter dafür zuständig sei, über Haftungsklagen zu entscheiden, die den Ersatz von Schäden beträfen, die Gemeinschaftsorgane verursacht hätten, indem sie auf nationalem Recht beruhende Pflichten, z. B. die zur Achtung vorhandener Patente, verletzt hätten.

60 Dieser Auffassung der Klägerin kann jedoch nicht gefolgt werden.

61 Erstens verkennt die Klägerin die Tatsache, dass sie eine Patentverletzungsklage erhoben hat und diese sich ihrem Wesen nach von der Klage wegen außervertraglicher Haftung, die sie ebenfalls erhoben hat, unterscheidet. Das Gericht muss die Patentverletzungsklage notwendigerweise wie eine selbständige Klage behandeln und die Vorschriften anwenden, die Klagen betreffen, die der Zuständigkeit der Gemeinschaftsgerichte unterliegen.

62 Zweitens würde die Ansicht der Klägerin dazu führen, dass das Gericht über jegliche dem nationalen Recht unterliegende Fragen entscheiden müsste, vorausgesetzt, dies geschähe im Rahmen einer Schadensersatzklage zum Zweck der Beurteilung der Frage, ob ein Gemeinschaftsorgan eine rechtswidrige Handlung begangen hat. Das Gericht würde dadurch dazu gebracht, über Fragen zu entscheiden, für die es nicht zuständig ist, und so die ausschließlichen Zuständigkeiten der nationalen Gerichte für sich in Anspruch zu nehmen. Es steht dem Gericht jedoch nicht zu, den behaupteten Verstoß gegen nationale Rechtsvorschriften als eine Rechtsfrage zu behandeln, die eine uneingeschränkte rechtliche Prüfung voraussetzt, da eine solche Prüfung ausschließlich Sache der nationalen Stellen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000, AICS/Parlament, T-139/99, Slg. 2000, II-2849, Randnr. 40, bestätigt durch Beschluss des Gerichtshofs vom 21. Juni 2001, AICS/Parlament, C-330/00 P, Slg. 2001, I-4809).

63 Die Klägerin kann sich nicht auf die Rechtsprechung berufen, die sie zur Stützung ihrer Argumente angeführt hat.

64 Im Urteil Leussink u. a./Kommission, das die Schadensersatzklage eines Kommissionsbeamten betrifft, der bei einem Verkehrsunfall in Deutschland verletzt wurde, während er sich auf Dienstreise in einem Fahrzeug der Kommission befand, das von einem Fahrer der Kommission gesteuert wurde, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin an keiner Stelle festgestellt worden, dass der Gemeinschaftsrichter für die Entscheidung zuständig sei, ob ein Gemeinschaftsorgan eine Vorschrift des nationalen Rechts verletzt hat. Ganz im Gegenteil hat der Gerichtshof, der die Kommission verurteilt hat, ausdrücklich ausgeschlossen, dass die Haftung der Kommission in jener Rechtssache im Hinblick auf nationales Recht geprüft werden könnte (Randnr. 15 des Urteils).

65 Im Urteil Grifoni/Kommission, das eine Schadensersatzklage eines Unternehmers betraf, der bei der Prüfung des Dachs eines Kommissionsgebäudes in Ispra (Italien) zwecks Durchführung von Instandhaltungsarbeiten verunglückte, hat der Gerichtshof entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht geprüft, ob das Verhalten, das der Kommission vorgeworfen wurde, nämlich die unterlassene Durchführung der Sicherheitsmaßnahmen, die nach dem Recht des Staates, in dem sich das Gebäude befand, vorgeschrieben waren, mit den anwendbaren nationalen Vorschriften vereinbar war. Denn die Verletzung der nationalen Unfallverhütungsvorschriften durch die Kommission war zuvor durch die nationale Einrichtung, die für die Überwachung der Einhaltung der genannten Vorschriften zuständig war, geprüft worden, und diese Einrichtung hatte festgestellt, dass die Kommission keine Unfallverhütungsmaßnahmen getroffen hatte (Nr. 26 der Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, Urteil Grifoni/Kommission, Slg. 1990, I-1203). Unter diesen Umständen hat der Gerichtshof festgestellt, dass das nachlässige Verhalten der Kommission, die die zur Verhütung des Unfalls erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen nicht sorgfältig getroffen hatte, bewiesen war und eine rechtswidrige Handlung darstellte, die geeignet war, die Haftung der Gemeinschaft zu begründen (Randnrn. 13 und 14 des Urteils), da die übrigen notwendigen Voraussetzungen für die Haftung der Gemeinschaft erfüllt waren, nämlich das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Schaden und dem rechtswidrigen Verhalten, das dem betroffenen Organ vorgeworfen wurde. Diese Situation stand jedoch im Gegensatz zu der vorliegenden Rechtssache, da die nationalen Gerichte hier keine Verletzung der betroffenen nationalen Patente durch die EZB festgestellt haben.

66 Denselben Ansatz hat das Gericht zugrunde gelegt, als es über die beiden Rechtssachen entschied, die zu dem oben angeführten Urteil vom 6. Juli 2000, AICS/Parlament, und zum Urteil vom 11. Juni 2002, AICS/Parlament (T-365/00, Slg. 2002, II-2719), geführt haben und die beide die Vergabe eines öffentlichen Auftrags des Parlaments zur Beförderung von mit dem Parlament verbundenen Personen in neutral aussehenden Fahrzeugen mit Fahrer nach Straßburg betrafen. Ein Bieter, dessen Angebot abgelehnt worden war, hatte eine Klage auf Nichtigerklärung der Vergabeentscheidung des Parlaments, die er für rechtswidrig hielt, und eine Schadensersatzklage gegen das genannte Organ erhoben. Im Rahmen der Nichtigkeitsklage machte der Kläger geltend, dass der schließlich zwischen dem Parlament und dem Unternehmen, dessen Angebot angenommen worden war, unterzeichnete Vertrag gegen die anwendbaren französischen Vorschriften über die Tätigkeit der Taxis verstoße. Mit Urteil vom 6. Juli 2000 wies das Gericht in der Rechtssache AICS/Parlament die Anträge auf Nichtigerklärung und Schadensersatz mit der Begründung zurück, dass der Kläger nicht dargetan hatte, dass das Parlament bei seiner Auslegung der französischen Rechtsvorschriften einen offenkundigen Fehler begangen hätte (Randnr. 43). Dagegen hat das Gericht in seinem Urteil vom 11. Juni 2002 in der Rechtssache AICS/Parlament den Umstand berücksichtigt, dass das Tribunal correctionnel de Strasbourg inzwischen mit Urteil vom 7. April 2000 festgestellt hatte, dass die französischen Rechtsvorschriften der Auffassung des Parlaments entgegenständen (Randnrn. 65 bis 71 des Urteils). Daher hat das Gericht die Entscheidung über die Vergabe des Auftrags für nichtig erklärt; den Antrag auf Schadensersatz hat es allerdings mangels nachgewiesenem Schaden zurückgewiesen (Randnr. 79).

67 Im Übrigen ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass nach Art. 138 EPÜ ein europäisches Patent aufgrund des Rechts eines Vertragsstaats mit Wirkung für das Hoheitsgebiet dieses Staats für nichtig erklärt werden kann, dass nach Art. 22 Abs. 4 der Verordnung Nr. 44/2001 den Gerichten des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Registrierung des Patents vorgenommen wurde, die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen, die die Gültigkeit von Patenten zum Gegenstand haben, übertragen wird und dass der Gerichtshof festgestellt hat, dass diese ausschließliche Zuständigkeit unabhängig davon zu gelten hat, wie der verfahrensrechtliche Rahmen beschaffen ist, in dem sich die Frage der Gültigkeit stellt, also unabhängig davon, ob dies klage- oder einredeweise geschieht (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 2006, GAT, C-4/03, Slg. 2006, I-6509, Randnr. 25).

68 Die Frage der Gültigkeit eines Patents ist in den meisten Patentverletzungsklagen entscheidend, da die Person, der die Patentverletzung vorgeworfen wird, inzident die Nichtigkeit des Patents geltend machen kann, um dem Patentinhaber rückwirkend das von ihm geltend gemachte Recht zu entziehen und auf diese Weise die Abweisung der ihr gegenüber erhobenen Patentverletzungsklage zu erreichen. So verhält es sich übrigens in der vorliegenden Rechtssache, da die EZB bereits bei den Gerichten aller betroffenen Staaten Nichtigkeitsklagen gegen das streitige Patent erhoben hat.

69 Aus diesem Umstand ergibt sich, dass die Patente, deren Verletzung der EZB vorgeworfen wird, nichtig und somit inexistent sein könnten. Dieses Risiko ist in der vorliegenden Rechtssache nicht rein hypothetisch, da der High Court of Justice mit Urteil vom 26. März 2007 festgestellt hat, dass das streitige Patent in seinem Gebiet nicht gültig sei.

70 Schließlich kann das Gericht die Rechtmäßigkeit eines nationalen Patents nicht in Frage stellen, ohne gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zu verstoßen, der für das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und den Gemeinschaftsorganen gilt und nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten, sondern auch den Gemeinschaftsorganen entsprechende Pflichten zur loyalen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auferlegt (Beschluss des Gerichtshofs vom 13. Juli 1990, Zwartveld u. a., C-2/88, Slg. 1990, I-3365, Randnr. 17, und Urteil des Gerichtshofs vom 16. Oktober 2003, Irland/Kommission, C-339/00, Slg. 2003, I-11757, Randnrn. 71 und 72).

71 Nach alledem ist festzustellen, dass die nationalen Gerichte und nicht das Gericht für die Feststellung der Verletzung eines nationalen Patents zuständig sind. Daher ist die Patentverletzungsklage wegen Unzuständigkeit des Gerichts als unzulässig abzuweisen.

72 Das Vorbringen der Klägerin, sie sei nicht verpflichtet, die nationalen Verfahren auszuschöpfen, bevor sie beim Gericht eine Schadensersatzklage erhebe, kann dieses Ergebnis nicht widerlegen, da in der vorliegenden Rechtssache nicht geltend gemacht wird, dass ein Mitgliedstaat für die Verletzung mitverantwortlich sei. Die Klägerin trägt darüber hinaus vor, dass die gleichzeitige Einleitung von Verfahren bei den Gerichten mehrerer Mitgliedstaaten zu Komplikationen und ungerechtfertigten Verzögerungen führen könnte.

73 Erstens beruht die Verpflichtung der Klägerin, zur Geltendmachung ihrer subjektiven Rechte gleichzeitige nationale Verfahren einzuleiten, nicht auf einer Mitverantwortung der Behörden der Mitgliedstaaten für die behauptete Patentverletzung, sondern ausschließlich auf dem Umstand, dass das Gericht für die Entscheidung, ob die EZB ein nationales Patent verletzt hat, nicht zuständig ist.

74 Zweitens beruhen die Komplikationen und Verzögerungen, die der Klägerin durch die Notwendigkeit, zur Geltendmachung ihrer Rechte Parallelverfahren einzuleiten, entstehen könnten, allein darauf, dass es kein Patent auf Gemeinschaftsebene gibt, und in dieser Lage befinden sich alle Inhaber von Erfindungen, die durch die verschiedenen nationalen Patente in der Gemeinschaft geschützt werden.

75 Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, die gegenüber der EZB beim Gericht zu erhebende Schadensersatzklage könne verjähren, während die Entscheidungen der zuständigen nationalen Gerichte abgewartet würden, ist festzustellen, dass bei einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft die Verjährungsfrist nicht beginnen kann, bevor alle Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind (Urteil des Gerichtshofs vom 27. Januar 1982, Birra Wührer u. a./Rat und Kommission, 256/80, 257/80, 265/80, 267/80 und 5/81, Slg. 1982, 85, Randnr. 10, und Beschluss des Gerichtshofs vom 18. Juli 2002, Autosalone Ispra dei Fratelli Rossi/Kommission, C-136/01 P, Slg. 2002, I-6565, Randnr. 30). In der vorliegenden Rechtssache könnte die Verjährungsfrist für eine Schadensersatzklage der Klägerin gegen die Gemeinschaft erst ab dem Zeitpunkt beginnen, an dem die Klägerin von den zuständigen nationalen Gerichten die Feststellung erlangt, dass die Patentverletzung, die sie der EZB vorwirft, gegeben ist.

Zur Schadensersatzklage

76 Das Gericht ist wie die Klägerin der Auffassung, dass es gemäß Art. 235 EG in Verbindung mit Art. 288 Abs. 2 EG dafür zuständig ist, über die Schadensersatzklage zu befinden, da diese Bestimmungen dem Gemeinschaftsrichter die Zuständigkeit zuweisen, über Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, die den Ersatz von Schäden durch die Gemeinschaft betreffen, die von den Gemeinschaftsorganen im Bereich der außervertraglichen Haftung verursacht worden sind. Gemäß Art. 288 Abs. 3 EG muss die Gemeinschaft den Schaden ersetzen, der durch die EZB verursacht worden sein sollte.

77 Die EZB hat gegen die Schadensersatzklage eine Unzulässigkeitseinrede erhoben. Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass die Einrede zurückzuweisen ist, da ihr jede rechtliche Grundlage fehlt.

78 Die EZB macht in diesem Zusammenhang geltend, dass ein Schadensersatzanspruch nach ständiger Rechtsprechung anerkannt werde, wenn die folgenden drei Voraussetzungen vorlägen: die Verletzung einer dem Einzelnen Rechte verleihenden Rechtsvorschrift durch das betroffene Organ, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Verletzungshandlung und dem entstandenen Schaden. Sei eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben, müsse das Gericht die Klage insgesamt abweisen, ohne das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zu prüfen.

79 Nach Art. 111 der Verfahrensordnung kann das Gericht, falls die Klage offensichtlich unzulässig ist oder ihr offensichtlich jede rechtliche Grundlage fehlt, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluss entscheiden, der mit Gründen zu versehen ist. Im vorliegenden Fall ist das Gericht in der Lage, auf der Grundlage des Akteninhalts in Anwendung dieses Artikels ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.

80 Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne von Art. 288 Abs. 2 EG für das rechtswidrige Verhalten ihrer Organe hängt von mehreren Voraussetzungen ab: der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens und dem Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteil des Gerichtshofs vom 29. September 1982, Oleifici Mediterranei/EWG, 26/81, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16, Urteile des Gerichts vom 11. Juli 1996, International Procurement Services/Kommission, T-175/94, Slg. 1996, II-729, Randnr. 44, und vom 16. Oktober 1996, Efisol/Kommission, T-336/94, Slg. 1996, II-1343, Randnr. 30).

81 In der vorliegenden Rechtssache ist die erste der notwendigen Voraussetzungen, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens, das der EZB vorgeworfen wird und das in der Verletzung des streitigen Patents besteht, nicht bewiesen. Denn wie bereits festgestellt worden ist, muss das Vorliegen einer Patentverletzung von den zuständigen nationalen Behörden festgestellt worden sein. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang keinen Nachweis erbracht, sondern stattdessen das Gericht ersucht, selbst diese Feststellung zu treffen. Das Gericht könnte jedoch nur auf der Grundlage der von einer zuständigen nationalen Behörde getroffenen Feststellung, dass die EZB das Patent verletzt hat, darüber entscheiden, ob diese Patentverletzung die Haftung der Gemeinschaft auslösen kann.

82 Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Schadensersatzklage offensichtlich jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und gemäß Art. 111 der Verfahrensordnung abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

83 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterliegt, sind ihr gemäß dem Antrag der EZB die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

1. Die Patentverletzungsklage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Schadensersatzklage wird abgewiesen.

3. Document Security Systems, Inc., trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Zentralbank.

Ende der Entscheidung

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