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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: T-298/04
Rechtsgebiete: Richtlinie 2004/52/EG


Vorschriften:

Richtlinie 2004/52/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

22. Januar 2008

"Nichtigkeitsklage - Richtlinie 2004/52/EG - Interoperabilität elektronischer Mautsysteme - Keine individuelle Betroffenheit - Unzulässigkeit"

Parteien:

In der Rechtssache T-298/04

Efkon AG mit Sitz in Graz-Andritz (Österreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt G. Zanger, dann Rechtsanwalt M. Novak,

Klägerin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch U. Rösslein und A. Neergaard als Bevollmächtigte,

und

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. Lopes Sabino und M. Bauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Vidal Puig und G. Braun als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung oder, hilfsweise, teilweiser Nichtigerklärung der Richtlinie 2004/52/EG des Europäisches Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft (ABl. L 166, S. 124, berichtigt im ABl. L 200, S. 50),

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras sowie der Richter F. Dehousse und D. &brkbar;váby,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Am 29. April 2004 erließen das Parlament und der Rat die Richtlinie 2004/52/EG über die Interoperabilität elektronischer Mautsysteme in der Gemeinschaft (ABl. L 166, S. 124, berichtigt im ABl. L 200, S. 50, im Folgenden: Richtlinie). Adressaten der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten (Art. 8).

2 Ziel und Anwendungsbereich der Richtlinie sind in Art. 1 wie folgt beschrieben:

"(1) In [der] Richtlinie werden die Voraussetzungen für die Gewährleistung der Interoperabilität der elektronischen Mautsysteme in der Gemeinschaft festgelegt. Sie gilt für die elektronische Erhebung aller Arten von Straßenbenutzungsgebühren im gesamten gemeinschaftlichen Straßennetz einschließlich aller städtischen und außerstädtischen Straßen, Autobahnen, übergeordneten und nachgeordneten Straßen sowie Bauwerke wie Tunnel und Brücken sowie Fähren.

(2) [Die] Richtlinie gilt nicht für:

a) Mautsysteme ohne elektronische Einrichtungen für die Mauterhebung;

b) elektronische Mautsysteme, die einen Einbau fahrzeugseitiger Geräte nicht erforderlich machen;

c) kleine, rein lokale Mautsysteme, bei denen die Kosten für eine Anpassung an die Anforderungen [der] Richtlinie außer Verhältnis zum erzielten Nutzen stehen würden.

..."

3 Die technischen Lösungen werden in Art. 2 der Richtlinie folgendermaßen beschrieben:

"(1) Alle neuen elektronischen Mautsysteme, die ab dem 1. Januar 2007 in Betrieb genommen werden, nutzen zur Mautabwicklung eine oder mehrere der folgenden Techniken:

a) Satellitenortung;

b) Mobilfunk nach der GSM/GPRS-Norm (GSM TS 03.60/23.060);

c) Mikrowellentechnik (5,8 GHz).

...

(3) Es wird empfohlen, bei neuen elektronischen Mautsystemen, die nach Annahme [der] Richtlinie in Betrieb genommen werden, die Satellitenortungs- und die Mobilfunktechnik gemäß Absatz 1 einzusetzen. Die Kommission wird in Zusammenarbeit mit dem in Artikel 5 Absatz 1 genannten Ausschuss bis 31. Dezember 2009 einen Bericht über die mögliche Umstellung von Systemen, die andere Techniken nutzen, auf Systeme, bei denen diese Techniken eingesetzt werden, vorlegen. Dieser Bericht enthält eine Studie über die Nutzung der in Absatz 1 genannten Techniken sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse. Gegebenenfalls fügt die Kommission dem Bericht einen an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Vorschlag für eine Strategie zur Umstellung der Systeme bei.

(4) Unbeschadet des Absatzes 1 kann das fahrzeugseitige Erfassungsgerät auch für andere Techniken geeignet sein, sofern dies nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Nutzer oder zu einer Diskriminierung einzelner Nutzer führt. Gegebenenfalls kann das fahrzeugseitige Erfassungsgerät auch mit dem digitalen Fahrtenschreiber des Fahrzeugs verbunden werden.

...

(6) Durch die Arbeiten an der Interoperabilität der bestehenden elektronischen Mauterhebungstechniken, die im Rahmen des europäischen elektronischen Mautdienstes durchgeführt werden, muss gewährleistet werden, dass diese Techniken mit den in Absatz 1 genannten Techniken und den dazugehörigen Geräten vollständig kompatibel und ihre Schnittstellen aneinander angepasst sind.

..."

4 Hinsichtlich ihrer Umsetzung ist in Art. 6 der Richtlinie vorgesehen, dass "[d]ie Mitgliedstaaten ... die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft [setzen], die erforderlich sind, um [der] Richtlinie spätestens ab dem 20. November 2005 nachzukommen".

Sachverhalt und Verfahren

5 Die Klägerin stellt Zahlungsapplikationen im Transportbereich und insbesondere elektronische Mautsysteme her. Wesentlicher Bestandteil ihrer Unternehmenstätigkeit ist die Entwicklung und Herstellung eines elektronischen Mautsystems, bei dem die aktive bidirektionale Hochgeschwindigkeits-Infrarotkommunikationstechnologie (im Folgenden: HIK-Technologie) eingesetzt wird, für die die Klägerin Patente innehat.

6 Mit am 21. Juli 2004 in der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift hat die Klägerin eine Klage nach Art. 230 Abs. 4 EG auf Nichtigerklärung der Richtlinie erhoben.

7 Mit besonderen Schriftsätzen haben das Europäische Parlament und der Rat am 16. September bzw. 21. Oktober 2004 jeweils eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

8 Die Kommission hat mit Schriftsatz, der am 8. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Art. 115 der Verfahrensordnung beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Parlaments und des Rates zugelassen zu werden.

9 Die Klägerin hat zu den Einreden der Unzulässigkeit am 13. Dezember 2004 Stellung genommen.

10 Mit Beschluss vom 26. Januar 2005 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung des Parlaments und des Rates zugelassen.

11 Am 15. März 2005 hat die Kommission ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht. Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 17. Mai 2005 Stellung genommen.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

12 In ihrer Klageschrift beantragt die Klägerin,

- die Richtlinie als nichtig aufzuheben;

- in eventu, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a bis c sowie Abs. 3 und 6 der Richtlinie als nichtig aufzuheben und die Verwendung ihrer aktiven Infrarottechnologie in elektronischen Mautsystemen zuzulassen;

- das Parlament und den Rat zum Kostenersatz zu verpflichten.

13 In seiner Einrede der Unzulässigkeit beantragt das Parlament,

- die Klage als unzulässig zurückzuweisen;

- der Klägerin entsprechend den geltenden Bestimmungen die Kosten aufzuerlegen.

14 In seiner Einrede der Unzulässigkeit beantragt der Rat,

- die Klage als unzulässig zurückzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

15 In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Klägerin,

- die Einreden der Unzulässigkeit zurückzuweisen und die Richtlinie als nichtig aufzuheben;

- in eventu, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a bis c sowie Abs. 3 und 6 der Richtlinie als nichtig aufzuheben;

- das Parlament und den Rat zum Kostenersatz zu verpflichten.

16 In ihrem Streithilfeschriftsatz beantragt die Kommission,

- die Klage als unzulässig zurückzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

17 Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorab über die Unzulässigkeit entscheiden. Nach Art. 114 § 3 wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall ist das Gericht in der Lage, anhand des Akteninhalts ohne mündliche Verhandlung über die Anträge des Parlaments und des Rates zu entscheiden.

18 Das Gericht hält es für zweckdienlich, zunächst das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur individuellen Betroffenheit der Klägerin zu prüfen.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

19 Nach Ansicht des Parlaments und des Rates ist die vorliegende Klage als unzulässig zurückzuweisen, da die Klägerin von der Richtlinie weder unmittelbar noch individuell im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG betroffen sei.

20 Das Parlament weist zunächst darauf hin, dass es sich bei der Richtlinie um einen umsetzungsbedürftigen Rechtsakt handele, der im Sinne von Art. 249 Abs. 3 EG allein für den Mitgliedstaat, an den er gerichtet sei, verbindlich sei. Im vorliegenden Fall sei die Richtlinie nach ihrem Art. 8 an alle Mitgliedstaaten gerichtet.

21 Die Klägerin sei von der Richtlinie nicht individuell betroffen, da nach ständiger Rechtsprechung natürliche oder juristische Personen von einer Handlung allgemeiner Geltung nur dann individuell betroffen sein könnten, wenn diese sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berühre und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiere wie einen Adressaten (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, und vom 22. November 2001, Nederlandse Antillen/Rat, C-452/98, Slg. 2001, I-8973).

22 Die Klägerin sei entgegen ihrem Vorbringen nicht dadurch individualisiert, dass sie durch die Richtlinie um die Früchte ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit bezüglich der Infrarottechnologie gebracht werde, da dieses Argument lediglich die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Richtlinie beschreibe. Auch wenn die wirtschaftlichen Folgen bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klagen Einzelner berücksichtigt würden, seien bestimmte Marktbeteiligte nicht bereits deshalb von einem Rechtsakt individuell betroffen, weil dieser sie wirtschaftlich stärker berühre als ihre Konkurrenten (Beschluss des Gerichts vom 15. September 1999, Van Parys u. a./Kommission, T-11/99, Slg. 1999, II-2653, Randnr. 50).

23 Zudem sei die Klägerin von den Bestimmungen der Richtlinie allein in ihrer objektiven Eigenschaft als im Bereich der Datenübertragungstechnik tätiges Unternehmen und damit ebenso wie jeder andere Wirtschaftsteilnehmer betroffen, der sich in der gleichen Lage befinde (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Mai 1991, Extramet Industrie/Rat, C-358/89, Slg. 1991, I-2501, und vom 18. Mai 1994, Codorníu/Rat, C-309/89, Slg. 1994, I-1853).

24 Es sei auch nicht ersichtlich, dass dem Gemeinschaftsgesetzgeber für den Erlass der Richtlinie durch eine gemeinschaftsrechtliche Bestimmung die Anwendung eines Verfahrens vorgeschrieben sei, in dessen Rahmen die Klägerin Rechte wie das Anhörungsrecht hätte geltend machen können (Urteil des Gerichtshofs vom 1. April 2004, Kommission/Jégo-Quéré, C-263/02 P, Slg. 2004, I-3425, Randnr. 47).

25 Der Rat trägt vor, bei der betreffenden Richtlinie handele es sich um einen allgemeinen Gesetzgebungsakt, der integraler Bestandteil der gemeinsamen Verkehrspolitik sei, d. h., um einen Rechtsakt von allgemeiner Geltung (Urteil des Gerichtshofs vom 13. März 1968, Beus, 5/67, Slg. 1968, 127).

26 Aus Art. 230 Abs. 4 EG und der Rechtsprechung des Gerichtshofs gehe eindeutig hervor, dass von Einzelpersonen nur Rechtsakte angefochten werden könnten, die - unabhängig von ihrer Form oder Bezeichnung - die rechtlichen Merkmale einer Entscheidung aufwiesen.

27 Im vorliegenden Fall handele es sich bei der angefochtenen Richtlinie um einen Rechtsakt von allgemeiner Geltung, der für einen objektiv bestimmten Sachverhalt gelte, da sie an alle Mitgliedstaaten gerichtet sei und einen europäischen elektronischen Mautdienst einführe, der sich auf allgemein und abstrakt festgelegte Merkmale und Normen stütze.

28 Die Klägerin sei von der Richtlinie auch nicht individuell betroffen.

29 Die Tatsache, dass es möglich sei, mit mehr oder weniger großer Präzision die Anzahl und sogar die Identität der Personen zu bestimmen, auf die eine Maßnahme anwendbar sei, bedeute in keiner Weise, dass davon auszugehen sei, dass diese Maßnahme die jeweiligen Personen individuell betreffe. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verliere eine Maßnahme nämlich auch nicht etwa dadurch ihre allgemeine Geltung und damit ihren normativen Charakter, dass sich die Personen, für die sie in einem gegebenen Zeitpunkt gelte, der Zahl nach oder sogar namentlich mehr oder weniger genau bestimmen ließen, sofern die Maßnahme nach ihrer Zweckbestimmung aufgrund eines durch sie festgelegten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar sei (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 1993, Gibraltar/Rat, C-298/89, Slg. 1993, I-3605, Randnr. 17, und die dort angeführte Rechtsprechung).

30 Im Übrigen gehe es noch nicht einmal um die Bestimmung der Anzahl oder der Identität der Rechtssubjekte, für die die Richtlinie gelte, da die Klägerin weder behaupte, das einzige Unternehmen auf dem Markt für elektronische Mautsysteme zu sein, noch, das einzige Unternehmen zu sein, das eine Technik entwickelt habe, die nicht in Art. 2 der Richtlinie genannt sei. Als Unternehmen, das eine in elektronischen Mautsystemen verwendete Technik entwickele, sei sie von der Richtlinie nicht mehr und nicht weniger betroffen als jede andere juristische oder natürliche Person, die die gleiche oder andere Techniken mit dem gleichen Ziel produziere.

31 Auch könne sich die Klägerin nicht auf die Existenz eines spezifischen Rechts oder auf besondere Umstände berufen, die ein individuelles Interesse rechtfertigen könnten, d. h. ein eigenes Interesse, das sich von dem Interesse aller anderen natürlichen oder juristischen Personen wie z. B. Unternehmen, die elektronische Mautsysteme entwickelten, konzessionierte Unternehmen, die mautpflichtige Straßen bewirtschafteten, Betreiber und Emittenten unterscheide (Beschluss des Gerichtshofs vom 23. November 1995, Asocarne/Rat, C-10/95 P, Slg. 1995, I-4149, Randnr. 43, und Beschluss des Gerichts vom 26. März 1999, Biscuiterie-confiserie LOR und Confiserie du Tech/Kommission, T-114/96, Slg. 1999, II-913, Randnr. 32).

32 Zum der Klägerin angeblich aufgrund der Richtlinie entstandenen Schaden erinnert der Rat außerdem daran, dass ein solcher für sich alleine nicht ausreiche, um eine Klagebefugnis zu verleihen, da er generell und abstrakt einer großen Zahl von Bürgern entstehen könne, die nicht von vornherein so bestimmt werden könnten, dass sie in ähnlicher Weise wie der Adressat des betreffenden Rechtsakts individualisiert würden (Beschluss des Gerichts vom 9. August 1995, Greenpeace u. a./Kommission, T-585/93, Slg. 1995, II-2205, Randnr. 51).

33 Die Kommission unterstützt das Vorbringen des Parlaments und des Rates zur fehlenden unmittelbaren und individuellen Betroffenheit der Klägerin.

34 Zur individuellen Betroffenheit der Klägerin führt die Kommission aus, dass diese von der Richtlinie nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer betroffen sei, der auf dem Gebiet des road pricing tätig sei und diese Eigenschaft mit zahllosen Wirtschaftsteilnehmern teile, die die von der Richtlinie zur Auswahl gestellten technischen Lösungen nicht anböten oder sich an diesen Lösungen nur teilweise beteiligen könnten. Eine Individualisierung der Klägerin lasse sich daraus aber nicht ableiten.

35 Auch werde durch die Richtlinie nicht in die Patentrechte der Klägerin eingegriffen. Selbst wenn die Klägerin der Auffassung sei, dass sie als Inhaberin von Patenten von der Richtlinie stärker wirtschaftlich berührt sei als andere Marktbeteiligte, weil die wirtschaftliche Verwertung ihrer Patente nicht ihren Erwartungen entspreche, bedeute dies nicht, dass sie deshalb von der Richtlinie individuell betroffen sei. Einzelne Marktbeteiligte seien nach der Rechtsprechung nämlich nicht deshalb von einem Rechtsakt individuell betroffen, weil dieser sie wirtschaftlich stärker berühre als ihre Konkurrenten (Beschlüsse des Gerichts Van Parys u. a./Kommission, Randnrn. 50 und 51, und vom 28. Februar 2005, Von Pezold/Kommission, T-108/03, Slg. 2005, II-655, Randnr. 45).

36 Aus dem Umstand, dass die Zahl der Anbieter von Technologien in diesem Bereich möglicherweise überschaubar sei, lasse sich ebenso wenig auf die Individualisierung der Klägerin schließen, da die Richtlinie - wie im vorliegenden Fall - aufgrund eines in ihr bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar sei (Beschlüsse des Gerichts vom 30. April 2003, Villiger Söhne/Rat, T-154/02, Slg. 2003, II-1921, Randnr. 49, und Von Pezold/Kommission, Randnr. 46).

37 Zudem sei das Vorbringen der Klägerin, dass ihr keine Rechtsschutzalternative zur Verfügung stehe bzw. deren Verfolgung nicht zumutbar sei, angesichts der ständigen Rechtsprechung des Gerichts nicht stichhaltig (Beschluss Von Pezold/Kommission, Randnrn. 51 bis 53).

38 Die Klägerin macht zunächst geltend, dass die Richtlinie die aktive bidirektionale HIK-Technologie für elektronische Mautsysteme der Klägerin vom Markt der Gemeinschaft und von der europäischen Normierung ausschließe, weil in ihrem Art. 2 Abs. 1 nur drei Techniken für die Mautabwicklung vorgesehen seien, nämlich die Satellitenortung, der Mobilfunk nach der GSM/GPRS-Norm und die Mikrowellentechnik (5,8 GHz). Dieser Ausschluss beeinträchtige die Geschäftstätigkeit der Klägerin auf dem Weltmarkt wesentlich. Sie sei ferner das einzige Unternehmen auf dem Weltmarkt, das die patentrechtlich geschützte aktive bidirektionale Hochgeschwindigkeits-Infrarottechnologie verwende.

39 Als Einzelne müsse sie die Möglichkeit haben, einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch zu nehmen, die sie aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleite. Dies folge aus den Art. 6 und 13 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und aus dem Vertrag über eine Verfassung für Europa. Sie verweist insoweit auf die jüngere Rechtsprechung des Gerichts (Urteil des Gerichts vom 3. Mai 2002, Jégo-Quéré/Kommission, T-177/01, Slg. 2002, II-2365), dessen Auffassung vom Kriterium der individuellen Betroffenheit zum Erlass der Bestimmungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa geführt habe. Sie sei daher angesichts dieser Bestimmungen klagslegitimiert, weil sie von der Richtlinie unmittelbar betroffen sei. Zwar sei der Vertrag über eine Verfassung für Europa noch nicht in Kraft, doch müsse man eine funktionale Sicht der Dinge einnehmen und den Vertrag deshalb bei der Interpretation von bereits bestehenden Bestimmungen heranziehen.

40 Mit den Art. 230 EG, 234 EG und 235 EG sei ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen worden, das die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe gewährleisten solle. Im vorliegenden Fall sei es ihr nicht möglich, andere Rechtsbehelfe als die Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie zu erheben. Sie könne in einem nationalen Verfahren nämlich keine Vorlagefrage anregen, weil die inzidente Normenkontrolle im Rahmen des Art. 234 EG kein Recht auf Einleitung des Verfahrens durch den Einzelnen beinhalte. Ihr sei ebenfalls nicht zuzumuten, eine Schadensersatzklage nach Art. 288 EG zu erheben, weil es schwierig sei, alle für die Erhebung einer solchen Klage erforderlichen Kriterien zu erfüllen. Schließlich könne sie auch keine Schadensersatzklage gegen einen Mitgliedstaat erheben, da dieser rechtmäßig handele, wenn er die Bestimmungen einer Richtlinie umsetze.

41 Die Voraussetzungen des Art. 230 Abs. 4 EG seien im vorliegenden Fall erfüllt.

42 Nach ständiger Rechtsprechung seien unter besonderen Umständen auch Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, zu denen auch Richtlinien gehörten, mit der Nichtigkeitsklage anfechtbar, wenn sie die Wirtschaftsteilnehmer unmittelbar und individuell beträfen (Urteil des Gerichts vom 27. Juni 2000, Salamander u. a./Parlament und Rat, T-172/98, T-175/98, T-177/98, Slg. 2000, II-2487).

43 Zum Kriterium der individuellen Betroffenheit trägt die Klägerin vor, dass sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände, die sie in gleicher Weise wie einen Adressaten der Richtlinie individualisierten, von der Richtlinie berührt sei.

44 Erstens sei sie am Markt für elektronische Mautsysteme präsent, insbesondere in der Forschung und Entwicklung der aktiven bidirektionalen Hochgeschwindigkeits-Infrarottechnologie, und die Früchte ihrer Tätigkeiten würden durch die Richtlinie vernichtet. Sie habe ein relevantes Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung der Richtlinie, denn sie sei unmittelbar und spürbar in ihren Rechten beeinträchtigt. So seien die für die Forschung verwendeten Ausgaben vernichtet und ihre Existenz auf dem Markt sei bedroht, weil der Ausschluss ihrer Technologie Konsequenzen sowohl für den europäischen als auch für den Weltmarkt habe.

45 Zweitens werde ihr das Recht auf Beteiligung an nationalen Vergabeverfahren vorenthalten, weil die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, die von der Richtlinie vorgeschriebenen Technologien zu verwenden und nur diese in die Ausschreibungen für Systeme der Mauterfassung aufzunehmen.

46 Drittens sei sie als Inhaberin von Patenten, die nur für Erfindungen erteilt worden seien, die ausschließlich bei der Mautabwicklung verwendet würden, von der Richtlinie individuell betroffen. Die Richtlinie führe u. a. dazu, dass ihre Patente nicht mehr gewerblich anwendbar seien. Die gewerbliche Anwendbarkeit einer patentierten Technologie sei aber eine Voraussetzung für ihre Patentierbarkeit. Sie werde außerdem durch die Richtlinie in ihrer Rechtsposition dadurch eingeschränkt, dass sie das ihr eingeräumte zeitliche Monopol für die Verwertung ihrer Patente nicht mehr ausnützen könne. Ferner werde sie durch die Richtlinie daran gehindert, Lizenzen für die von ihr verwendete Technologie zu vergeben, und verliere so jenes Kapital, das sie für Forschung und Entwicklung der von ihr als Patente angemeldeten Erfindungen aufgewendet habe.

47 Viertens sei sie in ihrem Recht auf Anhörung verletzt. Die Beachtung der Beteiligungsrechte von Unternehmen in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen könnten, sei ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der auch dann sichergestellt werden müsse, wenn es an einer Regelung für das betreffende Verfahren fehle (Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 1996, Kommission/Lisrestal u. a., C-32/95 P, Slg. 1996, I-5373).

Würdigung durch das Gericht

48 Nach Art. 230 Abs. 4 EG kann "[j]ede natürliche oder juristische Person ... gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen".

49 Zwar behandelt Art. 230 Abs. 4 EG nicht ausdrücklich die Zulässigkeit der von einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Richtlinie erhobenen Nichtigkeitsklage; der Rechtsprechung ist jedoch zu entnehmen, dass dies allein nicht ausreicht, um solche Klagen für unzulässig zu erklären (Urteil des Gerichts vom 17. Juni 1998, UEAPME/Rat, T-135/96, Slg. 1998, II-2335, Randnr. 63, und Beschluss des Gerichts vom 21. März 2003, Établissements Toulorge/Parlament und Rat, T-167/02, Slg. 2003, II-1111, Randnr. 24). Die Gemeinschaftsorgane können im Übrigen den gerichtlichen Rechtsschutz, den diese Vertragsbestimmung für die Einzelnen vorsieht, nicht allein durch die Wahl der Form der betreffenden Handlung ausschließen (Beschlüsse des Gerichts vom 10. September 2002, Japan Tobacco und JT International/Parlament und Rat, T-223/01, Slg. 2002, II-3259, Randnr. 28, und vom 10. Dezember 2004, EFfCI/Parlament und Rat, T-196/03, Slg. 2004, II-4263, Randnr. 34).

50 Im vorliegenden Fall ist die Richtlinie, wie die Verfahrensbeteiligten einräumen, ein Rechtsakt mit normativem Charakter.

51 Dass der angefochtene Akt aufgrund seiner Rechtsnatur normativen Charakter hat und keine Entscheidung im Sinne von Art. 249 EG ist, schließt jedoch für sich genommen nicht aus, dass die Klägerin eine Anfechtungsklage dagegen erheben kann.

52 Unter bestimmten Umständen kann nämlich selbst ein normativer Akt, der für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt, einzelne von ihnen unmittelbar und individuell betreffen (Urteil Salamander u. a./Parlament und Rat, Randnr. 30, und Beschluss des Gerichts vom 6. September 2004, SNF/Kommission, T-213/02, Slg. 2004, II-3047, Randnr. 55; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, 11/82, Slg. 1995, 207, Randnrn. 11 bis 32). Es ist deshalb zu prüfen, ob die Richtlinie die Klägerin im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell betrifft.

53 Nach ständiger Rechtsprechung ist jemand, der nicht Adressat eines Rechtsakts ist, nur dann im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG individuell betroffen, wenn der Rechtsakt ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteile Plaumann/Kommission, 238, UEAPME/Rat, Randnr. 69, und Beschluss SNF/Kommission, Randnr. 56).

54 Im vorliegenden Fall soll die Richtlinie nach ihrem Art. 1 die Voraussetzungen für die Gewährleistung der Interoperabilität der elektronischen Mautsysteme in der Gemeinschaft festlegen. In Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie ist vorgesehen, dass alle neuen elektronischen Mautsysteme, die ab dem 1. Januar 2007 in Betrieb genommen werden, zur Mautabwicklung eine oder mehrere der folgenden Techniken nutzen: Satellitenortung, Mobilfunk nach der GSM/GPRS-Norm (GSM TS 03.60/23.060) und Mikrowellentechnik (5,8 GHz).

55 Die Vorschriften der Richtlinie, insbesondere diejenigen, die die Nutzung bestimmter Techniken zur elektronischen Mautabwicklung vorsehen, sind allgemein formuliert, gelten für objektiv bestimmte Situationen und entfalten Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen, nämlich u. a. gegenüber den Anbietern elektronischer Mautsysteme, den Infrastrukturbetreibern und den Nutzern der Mautdienste.

56 Daher ist die Klägerin von der Richtlinie nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Anbieterin elektronischer Mautsysteme und ebenso wie jeder andere in diesem Segment tätige Wirtschaftsteilnehmer betroffen.

57 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie festgestellt wird, dass für elektronische Mautsysteme zunehmend verschiedene Techniken verwendet würden und sich daraus die Gefahr eines Hindernisses für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ergebe, das die mit der Richtlinie angestrebte Harmonisierung erforderlich werden lasse.

58 Zwar trägt die Klägerin vor, die einzige Anbieterin eines elektronischen Mautsystems mittels aktivem bidirektionalem Infrarot zu sein, doch behauptet sie weder, worauf der Rat und die Kommission zutreffend hinweisen, das einzige auf dem Markt für elektronische Mautsysteme präsente Unternehmen zu sein, noch, das einzige Unternehmen zu sein, das ein elektronisches Mautsystem herstelle, das in den Anwendungsbereich der Richtlinie falle, bei dem aber eine Technik verwendet werde, die nicht zu den in Art. 2 der Richtlinie favorisierten Lösungen gehöre.

59 Die Klägerin stellt im Gegenteil in ihrer Klageschrift selbst fest, dass es andere Techniken als die aktive bidirektionale HIK-Technologie gebe, die in Art. 2 der Richtlinie nicht erwähnt und mit den dort favorisierten Techniken nicht kompatibel seien. So verweist sie auf das elektronische Mautsystem in Slowenien, bei dem die passive 2,45-GHz-Mikrowellentechnologie verwendet werde, und auf das "Telepass"-System in Italien, bei dem die passive 5,8-GHz-Mikrowellentechnologie zum Einsatz komme, die jedoch nicht mit den anderen in Europa verwendeten Mikrowellensystemen kompatibel seien. Die Klägerin erwähnt auch die aktive 5,9-GHz-Mikrowellentechnologie - eine neue Generation der Mikrowellentechnologie.

60 Für den Nachweis eines individuellen Interesses macht die Klägerin mit unterschiedlichen Argumenten geltend, dass ihre wirtschaftliche Lage mehr als die aller anderen von der Richtlinie betroffenen Unternehmen sehr schwer beeinträchtigt sei. So werde durch die Richtlinie in ihre Patentrechte eingegriffen, ihre finanziellen Aufwendungen für die Forschung würden zunichte gemacht und ihr werde das Recht auf Beteiligung an nationalen Vergabeverfahren für elektronische Mautsysteme vorenthalten.

61 Es ist darauf hinzuweisen, dass allein die Existenz der Patente der Klägerin und das zeitlich begrenzte ausschließliche Verwertungsrecht an der Erfindung, die Gegenstand dieser Patente ist, die Klägerin nicht aus dem Kreis aller übrigen von der Richtlinie betroffenen Anbieter elektronischer Mautsysteme herauszuheben vermögen. Diese können einen solchen Schutz gleichermaßen für sich in Anspruch nehmen, denn die fraglichen Techniken werden häufig durch Rechte am geistigen Eigentum geschützt, so dass ihre Vermarktung unter dem Schutz dieser Rechte erfolgt.

62 Die Anbieter elektronischer Mautsysteme, die patentierte Technologien nutzen, die nicht in Art. 2 der Richtlinie genannt sind, wären gegebenenfalls in gleicher Weise betroffen wie die Klägerin, u. a. auch aufgrund von Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung.

63 Zudem bleiben die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin weiterhin bestehen, und ihre Verwertung ist nicht notwendigerweise auf die Vergabeverfahren für elektronische Mautsysteme beschränkt, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Ferner muss selbst in letzterem Fall die Verwertung dieser Rechte durch die Klägerin für die Zukunft nicht ausgeschlossen sein angesichts des Wortlauts des Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie, der vorsieht, dass unbeschadet des Abs. 1 das fahrzeugseitige Erfassungsgerät auch für andere Techniken geeignet sein kann, sofern dies nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Nutzer oder zu einer Diskriminierung einzelner Nutzer führt. Nach Ansicht der Klägerin selbst ist die aktive Infrarottechnologie eine ideale komplementäre Ergänzung zur Satellitentechnologie; diese ist in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie ausdrücklich erwähnt.

64 Selbst wenn die Richtlinie die Situation der Klägerin beeinträchtigen könnte, hätte die Klägerin keine Umstände nachgewiesen, die die Annahme zuließen, dass der behauptete Schaden sie gegenüber allen übrigen von der Richtlinie betroffenen Anbietern elektronischer Mautsysteme individualisiert.

65 Zum Vorbringen der Klägerin, sie sei besonders betroffen, da sie die einzige Anbieterin elektronischer Mautsysteme sei, bei denen die aktive Infrarottechnologie eingesetzt werde, ist festzustellen, dass der Umstand, dass sich ein normativer Akt auf die verschiedenen Normadressaten im konkreten Fall unterschiedlich auswirken kann, die Klägerin nicht aus dem Kreis aller übrigen betroffenen Wirtschaftsteilnehmer herauszuheben vermag, sofern seine Anwendung nach einem objektiv bestimmten Tatbestand erfolgt (Urteil des Gerichts vom 22. Februar 2000, ACAV u. a./Rat, T-138/98, Slg. 2000, II-341, Randnr. 66), was vorliegend der Fall ist.

66 Die Klägerin macht ferner geltend, dass sie an dem Verfahren, das zum Erlass der Richtlinie geführt habe, nicht habe teilnehmen können, wodurch sie in ihrem Recht auf Anhörung verletzt worden sei, was für die Nichtigerklärung der Richtlinie ausreiche.

67 Es ist festzustellen, dass die Klägerin die Verletzung ihres Anhörungsrechts nur zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der Richtlinie wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften angeführt hat, und nicht, um die Zulässigkeit ihrer Klage geltend zu machen. Deshalb ist ein solches Argument im Rahmen der vorliegenden Zulässigkeitsprüfung unbeachtlich.

68 Selbst wenn die Klägerin hätte vortragen wollen, dass sie aufgrund der Verletzung ihrer Prozessrechte individuell betroffen sei, griffe ein solches Vorbringen jedenfalls nicht durch. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass dem Parlament und dem Rat für den Erlass der Richtlinie durch eine gemeinschaftsrechtliche Bestimmung die Anwendung eines Verfahrens vorgeschrieben wäre, in dessen Rahmen die Klägerin möglicherweise Rechte wie das Anhörungsrecht hätte geltend machen können. Das Gemeinschaftsrecht hat somit im Hinblick auf den Erlass der Richtlinie keine besondere Rechtsposition zugunsten eines Wirtschaftsteilnehmers wie der Klägerin festgelegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Jégo-Quéré, Randnr. 47).

69 Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass sie von der Richtlinie oder den einzelnen Bestimmungen der Richtlinie, deren Nichtigerklärung sie hilfsweise beantragt, individuell betroffen ist.

70 Angesichts dieses Ergebnisses und da die Voraussetzungen des Art. 230 Abs. 4 EG, dass eine natürliche oder juristische Person von dem Rechtsakt, der den Klagegegenstand bildet, unmittelbar und individuell betroffen sein muss, kumulative Zulässigkeitsvoraussetzungen sind, ist die Prüfung, ob die Klägerin von der Richtlinie unmittelbar betroffen ist, entbehrlich (vgl. in diesem Sinne Beschluss EFfCI/Parlament und Rat, Randnrn. 35 und 71).

71 Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt das Ergebnis, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag auf Nichtigerklärung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind, nicht einer Rechtsverweigerung gleich.

72 Hierzu genügt der Hinweis, dass der Einzelne die Möglichkeit haben muss, einen effektiven gerichtlichen Schutz der Rechte in Anspruch zu nehmen, die er aus der Gemeinschaftsrechtsordnung herleitet (Urteil Kommission/Jégo-Quéré, Randnr. 29). Der gerichtliche Schutz natürlicher oder juristischer Personen, die wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 230 Abs. 4 EG Gemeinschaftshandlungen wie die Richtlinie nicht unmittelbar anfechten können, muss über Rechtsbehelfe vor den nationalen Gerichten wirksam gewährleistet werden. Diese haben gemäß dem in Art. 10 EG aufgestellten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die nationalen Verfahrensvorschriften über die Einlegung von Rechtsbehelfen möglichst so auszulegen und anzuwenden, dass natürliche und juristische Personen die Rechtmäßigkeit jeder nationalen Entscheidung oder anderen Maßnahme, mit der eine Gemeinschaftshandlung wie die hier streitige auf sie angewandt wird, gerichtlich anfechten können, indem sie sich auf die Ungültigkeit dieser Handlung berufen und die nationalen Gerichte dadurch veranlassen, dem Gerichtshof insoweit Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 2007, Regione Siciliana/Kommission, C-15/06 P, Slg. 2007, I-0000, Randnr. 39, und Beschluss Établissements Toulorge/Parlament und Rat, Randnrn. 65 und 66). In diesem Zusammenhang ist das auf Art. III-365 Abs. 4 des Vertrags über eine Verfassung für Europa gestützte Argument zu verwerfen, da dieser Text bis heute nicht in Kraft getreten ist.

73 Zum Hilfsantrag der Klägerin, das Gericht möge die Verwendung ihrer aktiven Infrarottechnologie in elektronischen Mautsystemen zulassen, ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Gemeinschaftsrichter im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage des Art. 230 EG nicht befugt ist, den Organen Weisungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen (Urteile des Gerichtshofs vom 22. Januar 2004, Mattila/Rat und Kommission, C-353/01 P, Slg. 2004, I-1073, Randnr. 15, und des Gerichts vom 26. September 2002, Sgaravatti Mediterranea/Kommission, T-199/99, Slg. 2002, II-3731, Randnr. 141). Daher ist dieser Antrag unzulässig.

74 Nach alledem ist die Klage als unzulässig zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

75 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates aufzuerlegen.

76 Das Parlament hat beantragt, der Klägerin entsprechend den geltenden Bestimmungen die Kosten aufzuerlegen; dieser Antrag kann nicht als Antrag auf Verurteilung der Klägerin zur Tragung der Kosten verstanden werden. Dem Parlament sind seine eigenen Kosten aufzuerlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992, Burban/Parlament, C-255/90 P, Slg. 1992, I-2253, Randnr. 26).

77 Nach Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung trägt die Kommission als Streithelferin ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

beschlossen:

1. Die Klage wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Die Efkon AG trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates.

3. Das Parlament und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 22. Januar 2008 .



Ende der Entscheidung

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