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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 01.07.2004
Aktenzeichen: T-308/00
Rechtsgebiete: EGKSV, Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie, Entscheidung Nr. 2000/797/EGKS der Kommission vom 28. Juni 2000 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zu Gunsten von Salzgitter AG, Preussag Stahl AG und den Tochtergesellschaften der Eisen- und Stahlindustrie des Konzerns


Vorschriften:

EGKSV Art. 4
EGKSV Art. 67
EGKSV Art. 95
Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie Art. 6 Abs. 5
Entscheidung Nr. 2000/797/EGKS der Kommission vom 28. Juni 2000 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zu Gunsten von Salzgitter AG, Preussag Stahl AG und den Tochtergesellschaften der Eisen- und Stahlindustrie des Konzerns Art. 2
Entscheidung Nr. 2000/797/EGKS der Kommission vom 28. Juni 2000 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zu Gunsten von Salzgitter AG, Preussag Stahl AG und den Tochtergesellschaften der Eisen- und Stahlindustrie des Konzerns Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 1. Juli 2004. - Salzgitter AG gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - Artikel 4 Buchstabe c KS, 67 KS und 95 KS - Finanzielle Unterstützung des Unternehmens Salzgitter - Grenze zur ehemaligen DDR und zur ehemaligen Tschechoslowakischen Republik - Nicht angemeldete Beihilfen - 6. Stahlbeihilfenkodex - Rechtssicherheit. - Rechtssache T-308/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-308/00

Salzgitter AG mit Sitz in Salzgitter (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Sedemund und T. Lübbig, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch W.-D. Plessing als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt K. Schroeter,

Streithelferin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K.-D. Borchardt und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/797/EGKS der Kommission vom 28. Juni 2000 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten von Salzgitter AG, Preussag Stahl AG und den Tochtergesellschaften der Eisen- und Stahlindustrie des Konzerns, nunmehr Salzgitter AG - Stahl und Technologie (SAG), gewährt hat (ABl. L 323, S. 5),

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter J. Pirrung, P. Mengozzi, A. W. H. Meij und M. Vilaras,

Kanzler: I. Natsinas, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

16. Oktober 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1. Artikel 4 KS bestimmt:

Als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl werden innerhalb der Gemeinschaft gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags aufgehoben und untersagt:

...

c) von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen oder von ihnen auferlegte Sonderlasten, in welcher Form dies auch immer geschieht.

2. Artikel 67 KS sieht vor:

§ 1. Jede Maßnahme eines Mitgliedstaats, die eine fühlbare Auswirkung auf die Wettbewerbsbedingungen in der Kohle- und Stahlindustrie haben kann, ist der Kommission durch die beteiligte Regierung zur Kenntnis zu bringen.

§ 2. Ist eine solche Maßnahme geeignet, eine schwere Störung des Gleichgewichts hervorzurufen, indem sie die Unterschiede der Produktionskosten in anderer Weise als durch Veränderung der Produktivität wesentlich vergrößert, so kann die Kommission nach Anhörung des Beratenden Ausschusses und des Rates folgende Maßnahmen ergreifen:

- Hat die Maßnahme dieses Staates schädliche Auswirkungen auf die Kohle- oder Stahlunternehmen innerhalb der Hoheitsgewalt des betreffenden Staates, so kann die Kommission ihn ermächtigen, ihnen eine Beihilfe zu gewähren, deren Höhe, Bedingungen und Dauer im Einvernehmen mit ihr festgesetzt werden....

- Hat die Maßnahme dieses Staates schädliche Auswirkungen auf die Kohle- oder Stahlunternehmen innerhalb der Hoheitsgewalt anderer Mitgliedstaaten, so richtet die Kommission an ihn eine Empfehlung mit der Aufforderung, diese Auswirkungen durch Maßnahmen zu beseitigen, die nach seiner Ansicht am besten mit seinem eigenen wirtschaftlichen Gleichgewicht vereinbar sind.

...

3. Artikel 95 Absätze 1 und 2 KS lautet:

In allen in diesem Vertrag nicht vorgesehenen Fällen, in denen eine Entscheidung oder Empfehlung der Kommission erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2, 3 und 4 näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft auf dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß Artikel 5 zu erreichen, kann diese Entscheidung oder Empfehlung mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden Ausschusses ergehen.

Die gleiche, in derselben Form erlassene Entscheidung oder Empfehlung bestimmt gegebenenfalls die anzuwendenden Sanktionen.

4. Um den Erfordernissen der Umstrukturierung der Eisen- und Stahlindustrie gerecht zu werden, erließ die Kommission zu Beginn der achtziger Jahre auf der Grundlage des Artikels 95 KS eine gemeinschaftliche Regelung, mit der in bestimmten, abschließend aufgezählten Fällen staatliche Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie zugelassen wurden. Diese Regelung wurde später mehrfach geändert, um den konjunkturellen Schwierigkeiten der Eisen- und Stahlindustrie zu begegnen. Die verschiedenen in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden gemeinhin als Stahlbeihilfenkodizes bezeichnet.

5. Am 18. Dezember 1996 erließ die Kommission die Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 338, S. 42), die den 6. Stahlbeihilfenkodex bildet. Diese Entscheidung galt vom 1. Januar 1997 bis zum 22. Juli 2002.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

6. Die Salzgitter AG - Stahl und Technologie (im Folgenden: Klägerin) ist ein im Stahlsektor tätiger Konzern, der die Preussag Stahl AG und andere im selben Sektor tätige Unternehmen zusammenfasst.

7. Das deutsche Zonenrandförderungsgesetz (im Folgenden: ZRFG) wurde am 5. August 1971 verabschiedet und, ebenso wie die nachfolgenden Änderungen, nach Prüfung der darin vorgesehenen Maßnahmen gemäß den Artikeln 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) und 93 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG) von der Kommission gebilligt. Die letzten Änderungen des ZRFG wurden von der Kommission als mit dem EG-Vertrag vereinbare staatliche Beihilfen gebilligt (ABl. 1993, C 3, S. 3). Das ZRFG lief 1995 endgültig aus.

8. Von Anfang an sah § 3 ZRFG steuerliche Anreize, u. a. in Form von Sonderabschreibungen und der Bildung steuerfreier Rücklagen für Investitionen vor, die in Betriebsstätten eines Unternehmens getätigt wurden, die an der Grenze zur ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und zur ehemaligen Tschechoslowakischen Republik (im Folgenden: Zonenrandgebiet) gelegen waren. Bei den Sonderabschreibungen konnte das Unternehmen im ersten Jahr bzw. in den ersten Jahren höhere Abschreibungen auf zuschussfähige Investitionen vornehmen, als sie nach den allgemeinen Vorschriften möglich gewesen wären. Das hatte für das Unternehmen eine verringerte Steuerbemessungsgrundlage und damit eine erhöhte Liquidität im ersten Jahr bzw. in den ersten Jahren, also einen Liquiditätsvorteil, zur Folge. Die Bildung steuerfreier Rücklagen verschaffte dem Unternehmen einen ähnlichen Vorteil. Eine Kumulierung von Sonderabschreibungen und steuerfreien Rücklagen war jedoch nicht möglich.

9. Nachdem die Kommission im Jahresabschluss der Preussag Stahl AG, eines der Unternehmen des heutigen Konzerns Salzgitter AG, festgestellt hatte, dass dieser in den Jahren 1986 bis 1995 wiederholt Beihilfen auf der Grundlage des § 3 ZRFG gewährt worden waren, setzte sie die Bundesrepublik Deutschland mit Schreiben vom 3. März 1999 von ihrem Beschluss in Kenntnis, hinsichtlich der Beihilfen, die Deutschland der Preussag Stahl AG und den anderen Stahltochtergesellschaften des Salzgitter-Konzerns gewährt habe, das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 5 des 6. Stahlbeihilfenkodex zu eröffnen. In diesem am 24. April 1999 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Beschluss (ABl. C 113, S. 9) forderte die Kommission alle Beteiligten auf, sich zu den fraglichen Beihilfen zu äußern.

10. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erhielt die Kommission die Stellungnahme der deutschen Behörden mit Schreiben vom 10. Mai 1999 sowie die Erklärungen des einzigen am Verfahren beteiligten Dritten, der UK Steel Association, die sie an die Bundesrepublik Deutschland weiterleitete.

11. Am 28. Juni 2000 erließ die Kommission die Entscheidung Nr. 2000/797/EGKS über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten von Salzgitter AG, Preussag Stahl AG und den Tochtergesellschaften der Eisen- und Stahlindustrie des Konzerns, nunmehr Salzgitter AG - Stahl und Technologie (SAG), gewährt hat (ABl. L 323, S. 5, im Folgenden: angefochtene Entscheidung), mit der die Sonderabschreibungen und steuerfreien Rücklagen, die der Klägerin nach § 3 ZRFG für eine zuschussfähige Grundlage von 484 Mio. DM bzw. 367 Mio. DM ermöglicht worden waren, als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen qualifiziert wurden. Mit den Artikeln 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung gab die Kommission der Bundesrepublik Deutschland auf, diese Beihilfen vom Empfänger zurückzufordern und sie über die spezifischen Voraussetzungen für deren Rückforderung zu unterrichten.

Verfahren und Anträge der Parteien

12. Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 21. September 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

13. Auf den von der Klägerin in ihrer Klageschrift gestellten Antrag hat das Gericht die Beklagte mit Schreiben des Kanzlers vom 13. November 2000 aufgefordert, ihren Verpflichtungen aus Artikel 23 des Protokolls über die EGKS-Satzung des Gerichtshofes nachzukommen. Am 3. Januar 2001 hat die Beklagte eine Verwaltungsakte mit 27 Schriftstücken bei der Kanzlei eingereicht, von denen keines vertraulich war. Mit Schreiben vom 11. Januar 2001 hat der Kanzler der Klägerin mitgeteilt, dass sie die bei der Kanzlei eingegangene Akte einsehen könne.

14. Am 30. Januar 2001 hat die Bundesrepublik Deutschland beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden.

15. Die Parteien haben keine Einwände gegen den Antrag der Bundesrepublik Deutschland erhoben, und diese ist durch Beschluss des Präsidenten der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts vom 29. März 2001 als Streithelferin zugelassen worden.

16. Nach Eingang der Stellungnahmen der Klägerin und der Beklagten zum Streithilfeschriftsatz der Bundesrepublik Deutschland ist das schriftliche Verfahren am 3. September 2001 abgeschlossen worden.

17. Auf den Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) die Eröffnung der mündlichen Verhandlung beschlossen und die Parteien im Wege prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, bestimmte Unterlagen vorzulegen und bestimmte Fragen vor der mündlichen Verhandlung zu beantworten, was fristgemäß erfolgt ist.

18. Die Parteien haben in der Sitzung vom 16. Oktober 2003 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

19. Die Klägerin und die Bundesrepublik Deutschland als ihre Streithelferin beantragen,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

20. Die Beklagte beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

21. Die Klägerin stützt ihre Klage auf acht Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund macht sie geltend, die Kommission habe fehlerhafte Feststellungen zum Begriff der staatlichen Beihilfe getroffen; mit dem zweiten Klagegrund rügt sie eine fehlerhafte Auslegung des Artikels 4 Buchstabe c KS und des Artikels 67 KS; sie rügt drittens die Nichtanwendung von Artikel 95 KS und viertens einen Beurteilungsfehler aufgrund der Zuordnung bestimmter Investitionen zum Anwendungsbereich des EGKS-Vertrags; mit dem fünften Klagegrund macht sie einen Beurteilungsfehler geltend, da die Kommission bestimmte Investitionsvorhaben nicht als Umweltschutzmaßnahmen eingestuft habe, mit dem sechsten Klagegrund einen Beurteilungsfehler bei der Bestimmung des maßgeblichen Abzinsungssatzes; siebtens rügt sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und mit dem achten Klagegrund schließlich einen Verstoß gegen die Begründungspflicht.

Erster Klagegrund: Fehlerhafte Feststellungen der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe

22. Mit dem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe die in § 3 ZRFG vorgesehenen Sonderabschreibungen und steuerfreien Rücklagen zu Unrecht als staatliche Beihilfen im Sinne des EGKS-Vertrags eingestuft. Dieser Klagegrund besteht aus vier Teilen, mit denen geltend gemacht wird, dass die in § 3 ZRFG vorgesehenen Maßnahmen allgemeiner Natur seien, dass sie Nachteile ausgleichen sollten, dass anhand der Steuervorschriften der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft festgestellt werden müsse, was eine normale Steuerbelastung darstelle, und schließlich, dass die Kommission die Auswirkungen der in § 3 ZRFG vorgesehenen Maßnahmen auf den Wettbewerb hätte prüfen müssen.

Zum ersten Teil: Fehlerhafte Einstufung der steuerrechtlichen Bestimmungen des § 3 ZRFG, da sie allgemeine steuerrechtliche Vorschriften seien

- Vorbringen der Beteiligten

23. Die Klägerin trägt vor, die steuerlichen Bestimmungen des ZRFG seien allgemeine Vorschriften, die auf alle Unternehmen der Gemeinschaft mit Betriebsstätten im grenznahen Bereich der Bundesrepublik Deutschland zur ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und zur ehemaligen Tschechoslowakischen Republik anwendbar gewesen seien. Die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen könnten daher nicht als staatliche Beihilfen eingestuft werden.

24. Die Streithelferin schließt sich dieser Auffassung im Wesentlichen an.

25. Die Beklagte weist zunächst darauf hin, dass schon die Bestandskraft der früheren Entscheidungen der Kommission zum ZRFG einer Entscheidung entgegenstehe, die die in § 3 ZRFG vorgesehenen Maßnahmen nicht als Beihilfen qualifiziere, weil der Beihilfebegriff in Artikel 4 Buchstabe c KS unstreitig derselbe sei wie in Artikel 87 EG, auch wenn sich die daran anknüpfenden Regelungen grundsätzlich unterschieden.

26. Die in § 3 ZRFG vorgesehenen Steuererleichterungen seien regionalspezifisch. Denn selbst wenn diese Maßnahmen allen Unternehmen zugute kämen, so gewährten sie Wettbewerbsvorteile nur für Investitionen im begünstigten Gebiet, nicht aber für Investitionen in Betriebsstätten außerhalb dieses Gebietes. Diese Maßnahmen seien zur Begünstigung eines bestimmten Gebietes erlassen worden und daher als staatliche Beihilfen anzusehen.

- Würdigung durch das Gericht

27. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe nach ständiger Rechtsprechung weiter ist als der Begriff der Subvention, denn er umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (Urteile des Gerichtshofes vom 23. Februar 1961 in der Rechtssache 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Slg. 1961, 3, 43, vom 15. März 1994 in der Rechtssache C-387/92, Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-877, Randnr. 13, und vom 1. Dezember 1998 in der Rechtssache C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I7907, Randnr. 34).

28. In der Gemeinschaftsrechtsprechung sind ferner die in den Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen enthaltenen Begriffe näher bestimmt worden. Diese Begriffsbestimmungen sind für die Anwendung der entsprechenden Vorschriften des EGKS-Vertrags relevant, soweit sie nicht mit diesem unvereinbar sind. Insoweit ist es daher gerechtfertigt, bei der Überprüfung von Entscheidungen, die Beihilfen nach Artikel 4 Buchstabe c KS betreffen, auf die Rechtsprechung zu den staatlichen Beihilfen Bezug zu nehmen, die unter den EG-Vertrag fallen. Dies gilt insbesondere für die Rechtsprechung zum Beihilfebegriff (Urteile des Gerichts vom 21. Januar 1999 in den Rechtssachen T-129/95, T-2/96 und T-97/96, Neue Maxhütte Stahlwerke und Lech-Stahlwerke/Kommission, Slg. 1999, II-17, Randnr. 100, und vom 29. Juni 2000 in der Rechtssache T234/95, DSG/Kommission, Slg. 2000, II2603, Randnr. 115).

29. Nach gefestigter Rechtsprechung stellt die Spezifität oder Selektivität einer staatlichen Maßnahme eines der Merkmale des Beihilfebegriffs dar, und zwar sowohl im Rahmen des EG-Vertrags (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 26. September 1996 in der Rechtssache C241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I4551, Randnr. 24, und vom 19. Mai 1999 in der Rechtssache C6/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I2981, Randnr. 17) als auch im Rahmen des EGKS-Vertrags (Urteil Ecotrade, zitiert in Randnr. 27, Randnr. 40), obwohl dieses Kriterium in Artikel 4 Buchstabe c KS nicht ausdrücklich genannt ist. Es ist daher zu prüfen, ob die fragliche Maßnahme ausschließlich bestimmte Unternehmen oder bestimmte Wirtschaftszweige begünstigt (in diesem Sinne Urteil Ecotrade, zitiert in Randnr. 27, Randnrn. 40 und 41).

30. Schließlich ist festzustellen, dass der Beihilfebegriff, wie er im EG-Vertrag definiert ist, als Rechtsbegriff anhand objektiver Kriterien auszulegen ist. Deshalb hat der Gemeinschaftsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Artikel 87 Absatz 1 EG fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Mai 2000 in der Rechtssache C-83/98 P, Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission, Slg. 2000, I3271, Randnr. 25; Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 2000 in der Rechtssache T-296/97, Alitalia/Kommission, Slg. 2000, II3871, Randnr. 95, und vom 17. Oktober 2002 in der Rechtssache T98/00, Linde/Kommission, Slg. 2002, II3961, Randnr. 40).

31. Dasselbe muss für die Frage gelten, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich des Artikels 4 Buchstabe c KS fällt, da die Ausübung einer solchen richterlichen Kontrolle mit dem EGKSVertrag nicht unvereinbar ist.

32. Im vorliegenden Fall legt die Klägerin der Kommission im Wesentlichen zur Last, dass diese davon ausgegangen sei, dass die steuerrechtlichen Bestimmungen des § 3 ZRFG selektiv seien.

33. Nach der in Randnummer 29 zitierten Rechtsprechung ist daher zu prüfen, ob die fraglichen Maßnahmen ausschließlich bestimmte Unternehmen oder bestimmte Wirtschaftszweige begünstigen.

34. Nach § 3 ZRFG kann bei Steuerpflichtigen, die in einer Betriebsstätte im Zonenrandgebiet Investitionen vornehmen, im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus den besonderen Verhältnissen dieses Gebietes ergeben, auf Antrag zugelassen werden, dass bei den Steuern vom Einkommen einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuern mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. Die Sonderabschreibungen und Rücklagen sind nach § 3 ZRFG bei beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens zulässig. Die Sonderabschreibungen in Höhe von 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren zusätzlich zu den Absetzungen für Abnutzung nach dem Einkommensteuergesetz in Anspruch genommen werden. Die steuerfreien Rücklagen (in Höhe von 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens) können bis zu zwei Jahre vor dem Abschluss der Investition gebildet werden.

35. Es steht fest, dass § 3 ZRFG für alle Wirtschaftszweige, für alle Arten von Investitionen, ob in bewegliche oder unbewegliche Güter, und für alle Unternehmen gilt, ohne nach deren Größe, Tätigkeit oder Sitz zu unterscheiden.

36. Es steht jedoch gleichermaßen fest, dass die in § 3 ZRFG vorgesehenen Maßnahmen zwingend voraussetzen, dass die Betriebsstätten, in denen die Investitionen getätigt werden, im Zonenrandgebiet gelegen sind. Ferner ist unbestritten, dass die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen den im Zonenrandgebiet gelegenen Betriebsstätten der Klägerin in Peine und Salzgitter zugute kamen.

37. Aus der Tatsache, dass - wie hier - die Inanspruchnahme einer in einem Bundesgesetz enthaltenen steuerlichen Maßnahme davon abhängt, dass die Investitionen in einem geografisch begrenzten Gebiet eines Mitgliedstaats getätigt werden, kann grundsätzlich schon geschlossen werden, dass die fragliche Maßnahme eine genau bestimmte Gruppe von Unternehmen betrifft.

38. Eine als staatliche Beihilfe zu qualifizierende steuerliche Maßnahme unterscheidet sich nämlich von einer allgemeinen steuerlichen Maßnahme grundsätzlich durch die rechtliche oder tatsächliche Begrenzung der Zahl ihrer Begünstigten. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob sich die Selektivität der Maßnahme aus einem sektoriellen Kriterium oder, wie im vorliegenden Fall, einem Kriterium der geografischen Lage in einem bestimmten Teil des Gebietes eines Mitgliedstaats ergibt. Für die Einordnung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe kommt es vielmehr darauf an, dass die durch sie begünstigten Unternehmen aufgrund der rechtlichen oder tatsächlichen Anwendung des in dieser Maßnahme aufgestellten Kriteriums zu einer genau bestimmten Gruppe von Unternehmen gehören (in diesem Sinne Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 20. Mai 1999 in der Rechtssache E6/98, Norway/EFTA Surveillance Authority, EFTA Court Reports 1999, S. 74, Randnr. 37).

39. Im vorliegenden Fall besteht der Zweck der fraglichen steuerlichen Maßnahmen gerade darin, Investitionen in Betriebsstätten in einem geografisch fest umrissenen Gebiet Deutschlands zu fördern, nämlich im Grenzgebiet zur ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und zur ehemaligen Tschechoslowakischen Republik. Weder die Klägerin noch die Streithelferin bestreiten, dass die fraglichen steuerlichen Vorteile für die Investitionen nur dann gewährt werden, wenn sie in Betriebsstätten getätigt werden, die in einem geografisch fest umrissenen Gebiet Deutschlands gelegen sind.

40. In Deutschland ansässige Unternehmen konnten also in Bezug auf Investitionen, die in Betriebsstätten getätigt wurden, die nicht im Zonenrandgebiet gelegen waren, nicht in den Genuss der Sonderabschreibungen und der Bildung steuerfreier Rücklagen nach § 3 ZRFG kommen. Diese Maßnahmen begünstigten daher nicht alle in Deutschland ansässigen Unternehmen gleichermaßen.

41. Dem steht nicht entgegen, dass die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen nur Betriebsstätten im Zonenrandgebiet betrafen und nicht Unternehmen. Den selektiven Charakter dieser Maßnahmen mit der Begründung zu verneinen, dass diese nicht unmittelbar die Unternehmen, sondern nur ihre im Zonenrandgebiet gelegenen Betriebsstätten begünstigten, würde nämlich die Umgehung der gemeinschaftlichen Beihilfevorschriften fördern. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin jedenfalls angegeben, dass sie das einzige im Zonenrandgebiet tätige Stahlunternehmen sei.

42. Schließlich hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass die Differenzierung durch die fraglichen steuerlichen Maßnahmen durch das Wesen und den Aufbau des allgemeinen Systems, zu dem sie gehörten, gerechtfertigt sei (entsprechend Urteile des Gerichtshofes vom 2. Juli 1974 in der Rechtssache 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709, Randnr. 33, vom 9. Dezember 1997 in der Rechtssache C353/95 P, Tiercé Ladbroke/Kommission, Slg. 1997, I7007, Randnrn. 32 bis 37, und vom 13. Februar 2003 in der Rechtssache C409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I1487, Randnr. 52; Urteil des Gerichts vom 18. September 1995 in der Rechtssache T471/93, Tiercé Ladbroke/Kommission, Slg. 1995, II2537, Randnr. 62).

43. Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil: Die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen als Nachteilsausgleich

- Vorbringen der Beteiligten

44. Die Klägerin trägt vor, dass die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen den sonderabschreibungs- oder rücklageberechtigten Unternehmen keinen besonderen finanziellen Vorteil zugeführt, sondern lediglich diejenigen besonderen Nachteile (jedenfalls teilweise) ausgeglichen hätten, die die wirtschaftliche Tätigkeit in einem Gebiet mit sich gebracht habe, das durch die Teilung Europas künstlich von seinem gewachsenen wirtschaftlichen Hinterland abgeschnitten gewesen sei. Bei den Steuervorschriften des § 3 ZRFG handele es sich somit nicht um eine Regionalfördermaßnahme, die natürliche Standortnachteile bestimmter Regionen ausgleichen solle. Ihr Ziel sei allein der Ausgleich eines wirtschaftlichen Nachteils, der auf der rein politisch bedingten artifiziellen Isolierung des deutschen Zonenrandgebiets beruhe.

45. Aus der Regelung des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG, wonach Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, ergebe sich, dass im Zonenrandgebiet zur ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik keine normalen Verhältnisse geherrscht hätten. Daran zeige sich, dass die Zonenrandmaßnahmen nicht zu den typischen Regionalprogrammen gezählt hätten, sondern Regelungen sui generis gewesen seien. Was im Bereich des EG-Vertrags gelte, gelte schließlich gleichermaßen für den EGKS-Vertrag.

46. Die Streithelferin macht geltend, dass Artikel 87 EG zwischen Maßnahmen nach Absatz 2 Buchstabe c, die dem Ausgleich von Schäden dienten, und den normalen Regionalbeihilfen nach Absatz 3 Buchstaben a und c unterscheide, so dass die ausgleichenden Maßnahmen und die fraglichen Beihilfen hinsichtlich der anwendbaren Beurteilungskriterien nicht gleichgesetzt werden dürften. Charakteristisch für die Regionalbeihilfen sei, dass den in der benachteiligten Region ansässigen Unternehmen durch die staatliche Beihilfe ein Vorteil gegenüber ihren natürlichen wirtschaftlichen Bedingungen und ihren normalen Wettbewerbsbedingungen verschafft werde. Demgegenüber dienten Beihilfen nach Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG dem Ausgleich von Schäden, die gerade nicht aus den natürlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten des betroffenen Unternehmens resultierten, sondern aus der politischen Force majeure der Teilung Europas. Die Schadensausgleichsbeihilfe nähere den Empfänger lediglich den Bedingungen an, in denen er sich ohne das schädigende Ereignis befände.

47. Der Grund dafür, dass der Situation des deutschen Zonenrandgebiets im EGKS-Vertrag nicht Rechnung getragen werde, sei historischer Natur: Der EGKS-Vertrag sei am 18. April 1951 geschlossen worden, also zu einer Zeit, zu der man noch davon ausgegangen sei, dass die Teilung Deutschlands vorübergehend sei und durch einen allgemeinen Friedensvertrag überwunden werden könne.

48. Soweit das ZRFG, insbesondere dessen § 3, Maßnahmen vorgesehen habe, die nicht stahlspezifisch seien, stehe der EGKS-Vertrag der subsidiären Anwendung des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG auf den Stahlsektor und der Möglichkeit der Stahlunternehmen, solche allgemeinen Regelungen in Anspruch zu nehmen, nicht entgegen. Da die Kommission das ZRFG, wie auch seine späteren Änderungen, im Rahmen des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG geprüft habe und dabei zu dem Ergebnis gelangt sei, dass die im ZRFG vorgesehenen Maßnahmen erforderlich seien, um die durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, habe sie den Kausalzusammenhang zwischen der Teilung Deutschlands und der Notwendigkeit der durch das ZRFG vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen anerkannt. Aufgrund dieser Prüfung durch die Kommission sei Deutschland schon nach dem EG-Vertrag selbst berechtigt gewesen, Maßnahmen wie § 3 ZRFG im Stahlbereich durchzuführen, ohne dass es dazu einer Genehmigung durch die Kommission bedurft habe. Der Kommission stehe im Anwendungsbereich des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG, der eine Legalausnahme sei, keine Genehmigungskompetenz zu. Die Kommission sei daher nicht befugt gewesen, die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 3 ZRFG durch Stahlunternehmen als für mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl unvereinbar zu erklären.

49. Die Beklagte entgegnet, dass die selektive Gewährung von Begünstigungen, wie sie in § 3 ZRFG vorgesehen sei, auch dann eine staatliche Beihilfe sei, wenn sie dem Ausgleich eines wirtschaftlichen Nachteils diene. Die Beihilfen seien nämlich anhand ihrer Wirkungen und nicht anhand der verfolgten Zielsetzungen zu beurteilen. § 3 ZRFG könne daher nicht schon deshalb als eine allgemeine steuerrechtliche Maßnahme ohne Beihilfeneigenschaft angesehen werden, weil seine behauptete Zielsetzung im Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile eines Gebietes bestehe.

50. Ferner schließt die Beklagte eine analoge Anwendung des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG aus. Artikel 4 Buchstabe c EG untersage von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen in welcher Form auch immer. Jede Aufweichung dieses strengen Verbots sei undenkbar. Darüber hinaus käme eine analoge Anwendung nur dann in Betracht, wenn im EGKS-Vertrag eine Lücke bestuende, was jedoch nicht der Fall sei. Das Fehlen einer Sonderregelung für das Zonenrandgebiet im EGKS-Bereich folge aus der in diesem Bereich geltenden strengeren Beihilfedisziplin und zeige, dass eine Bevorzugung von den Verfassern des Vertrages nicht gewollt gewesen sei. Jedenfalls schließe Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG nicht jedes Ermessen der Kommission aus, da diese prüfen müsse, ob die Beihilfe tatsächlich zum Ausgleich der durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sei.

- Würdigung durch das Gericht

51. Mit dem zweiten Teil des ersten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass die Kommission das zweite Merkmal einer staatlichen Beihilfe, nämlich den sich aus den fraglichen Maßnahmen ergebenden Vorteil, nicht dargetan habe.

52. Es ist daher zu prüfen, ob die steuerlichen Maßnahmen des § 3 ZRFG, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, der Klägerin einen Vorteil verschafft haben.

53. Nach der in Randnummer 27 zitierten Rechtsprechung umfasst der Beihilfebegriff staatliche Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat.

54. Aus § 3 ZRFG ergibt sich, dass die Bundesrepublik Deutschland darauf verzichtet hat, auf Investitionen in das Anlagevermögen in Betriebsstätten im Zonenrandgebiet die allgemeinen deutschen Steuervorschriften über Abschreibungen und die Bildung von Rücklagen anzuwenden.

55. Wie in Randnummer 36 bereits ausgeführt, kamen die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen den im Zonenrandgebiet gelegenen Betriebsstätten der Klägerin in Peine und Salzgitter zugute.

56. Nach § 3 ZRFG konnten diese Maßnahmen eine Verminderung der Belastungen der Klägerin herbeiführen, die ihr nach dem allgemeinen deutschen Steuerrecht nicht zugute gekommen wäre, und zwar zumindest in zweierlei Hinsicht.

57. Erstens konnte die Klägerin aufgrund dieser Maßnahmen in den ersten Jahren nach dem Wirtschaftsjahr, in dem die Investitionen getätigt wurden, zusätzlich zu den Absetzungen für Abnutzung weitere Abschreibungen vornehmen; da diese Beträge vom Bruttogewinn abgezogen wurden, minderten sie das für diese Jahre zu versteuernde Einkommen des Unternehmens erheblich. Wie die Kommission in Randnummer 60 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, stellte dies für die Klägerin einen Unternehmenserfolg dar, den sie nicht erlangt hätte, wenn ihre Betriebsstätten nicht im Zonenrandgebiet gelegen wären. In ihren Schriftsätzen hat die Klägerin außerdem eingeräumt, dass es aufgrund der in § 3 ZRFG vorgesehenen Maßnahmen zu einer Überliquidität gekommen sei, was die Kommission in Randnummer 100 der angefochtenen Entscheidung auch festgestellt hat.

58. Zweitens ergibt sich aus § 3 ZRFG, dass die Sonderabschreibung nicht nur in dem Wirtschaftsjahr in Anspruch genommen werden konnte, in dem die Investition getätigt wurde, sondern auch in den vier folgenden Wirtschaftsjahren; dadurch konnte das begünstigte Unternehmen seine steuerliche Bemessungsgrundlage zeitlich strecken oder mindern. Wie die Kommission in Randnummer 61 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, erweist sich [d]iese Steuerstundung... als ein Null-Zins-Darlehen für den gestundeten Steuerbetrag und die Dauer der Steuerstundung. Denn obwohl die Steuer mit Ablauf des Stundungszeitraums fällig war, erwuchs dem Unternehmen für die Dauer der Stundung ein Vorteil, der dem Unterschied zwischen dem am Ende des Stundungszeitraums unter Berücksichtigung der jeweiligen Zinssätze abgezinsten Steuerbetrag und dem Steuerbetrag, der ohne die Stundung zu entrichten gewesen wäre, entspricht.

59. Die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen stellten folglich eine Steuerstundung dar, die die Belastungen verminderte, die die Klägerin normalerweise hätte tragen müssen.

60. Dieser Schlussfolgerung steht das Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin nicht entgegen, wonach zum einen die steuerlichen Maßnahmen des § 3 ZRFG lediglich einen wirtschaftlichen Nachteil, der auf der rein politisch bedingten artifiziellen Isolierung des deutschen Zonenrandgebiets beruhe, ausgleichen sollten und sich zum anderen aus Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG ergebe, dass in den Gebieten an der innerdeutschen Grenze keine normalen Verhältnisse geherrscht hätten.

61. Erstens kann der Umstand, dass Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG, wie die Klägerin und die Streithelferin ausführen, die Vereinbarkeit von Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind, mit dem Gemeinsamen Markt anerkennt, die Einstufung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne des EGKS-Vertrags nicht berühren.

62. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der EG-Vertrag nach Artikel 305 Absatz 1 EG die Bestimmungen des EGKS-Vertrags nicht ändert, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten, der Befugnisse der Organe dieser Gemeinschaft und der Vorschriften des EGKS-Vertrags für das Funktionieren des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl. Die Bestimmungen des EGKS-Vertrags behalten damit ihren eigenen Anwendungsbereich (Urteil des Gerichts vom 25. März 1999 in der Rechtssache T37/97, Forges de Clabecq/Kommission, Slg. 1999, II859, Randnr. 132). Nur soweit eine Frage nicht Gegenstand von Bestimmungen des EGKS-Vertrags oder der auf seiner Grundlage erlassenen Regelungen ist, können der EG-Vertrag und die zu seiner Durchführung ergangenen Vorschriften auf Erzeugnisse anwendbar sein, die unter den EGKS-Vertrag fallen (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1987 in der Rechtssache 328/85, Deutsche Babcock, Slg. 1987, 5119, Randnr. 10, und vom 24. September 2002 in den Rechtssachen C74/00 P und C75/00 P, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, Slg. 2002, I7869, Randnr. 100).

63. Die Frage der Gewährung staatlicher Beihilfen ist aber, wie der Gerichtshof entschieden hat, Gegenstand von Artikel 4 Buchstabe c KS, und demnach wollten die Mitgliedstaaten für staatliche Beihilfen nicht die gleichen Regeln und den gleichen Bereich gemeinschaftlichen Tätigwerdens festlegen (Urteil Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, zitiert in Randnr. 62, Randnrn. 101 und 102).

64. Da der EGKS-Vertrag keine dem Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG gleichartige oder gleichwertige Bestimmung enthält, lässt deshalb die Anerkennung der Vereinbarkeit der für die Wirtschaft bestimmter durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland gewährten Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt im Rahmen des EG-Vertrags sowohl den Anwendungsbereich des Artikels 4 Buchstabe c KS als auch den Begriff der staatlichen Beihilfe, wie er in dieser Vorschrift bestimmt ist, unberührt.

65. Auch das Vorbringen der Streithelferin, der Grund dafür, dass im EGKS-Vertrag Bestimmungen fehlten, die dem Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG gleichartig oder gleichwertig seien, sei historischer Natur, ist zurückzuweisen.

66. Sowohl der Wortlaut des Artikels 4 Buchstabe c KS als auch der Kontext und die Zielsetzung dieser Vorschrift zeigen, dass das Verbot staatlicher Beihilfen im EGKS-Vertrag besonders strikt geregelt werden sollte. Auch wenn man 1951, wie die deutsche Regierung vorträgt, noch hatte annehmen können, dass die Teilung Deutschlands nur vorübergehend sei, hätte diese Situation, die seit der Ziehung der Trennungslinie zwischen den beiden Besatzungszonen 1948 bestand, dennoch bei der Erarbeitung des EGKS-Vertrags durchaus berücksichtigt werden und sich in seinem Wortlaut niederschlagen können.

67. Es trifft zu, dass die Kommission bis zum Auslaufen des 1. Stahlbeihilfenkodex (Entscheidung Nr. 257/80/EGKS der Kommission vom 1. Februar 1980 zur Einführung von gemeinschaftlichen Regeln über spezifische Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie [ABl. L 29, S. 5]) am 31. Dezember 1981 eine andere Auslegung als die in der vorliegenden Rechtssache vorgetragene vertrat, nach der Artikel 4 Buchstabe c KS nur auf spezifische Beihilfen zugunsten von Stahlunternehmen anwendbar war, d. h. auf Beihilfen, die besonders oder hauptsächlich diesen Unternehmen zugute kamen, während die Anwendung allgemeiner oder regionaler Beihilferegelungen auf die Stahlindustrie der Aufsicht der Kommission auf der Grundlage des Artikels 67 KS sowie der Artikel 87 EG und 88 EG unterlag.

68. Vorbehaltlich der Prüfung des zweiten Klagegrundes, bei dem es um die Auslegung des Artikels 4 Buchstabe c KS und des Artikels 67 KS geht, lässt der Umstand, dass die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis während eines bestimmten Zeitraums davon ausging, dass die allgemeinen oder regionalen Beihilferegelungen, auch soweit sie auf den Stahlsektor anwendbar waren, nicht unter Artikel 4 Buchstabe c KS fielen, den Anwendungsbereich des EGKS-Vertrags jedoch unberührt.

69. Dem EGKS-Vertrag lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass seine Verfasser den Anwendungsbereich des Artikels 4 Buchstabe c KS derart einschränken wollten und dass ihnen eine Ausnahme von dieser Vorschrift im Hinblick auf die Teilung Deutschlands daher nicht erforderlich schien.

70. Darüber hinaus wäre es falsch, eine Ausnahme von einem im EG-Vertrag verankerten Verbot automatisch und rückwirkend auf ein entsprechendes Verbot im früher abgeschlossenen EGKS-Vertrag auszudehnen. Ein solches Vorgehen liefe auf eine Änderung des EGKS-Vertrags unter Umgehung der dafür vorgesehenen Verfahren hinaus.

71. Zweitens kann, selbst wenn man - wie die Klägerin - davon ausginge, dass das bloße Bestehen der Regelung des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG die anormalen Verhältnisse im Zonenrandgebiet belege, die Anwendung des Artikels 4 Buchstabe c KS im vorliegenden Fall nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen angeblich die wirtschaftliche Benachteiligung dieses Gebietes ausgleichen sollen.

72. Wie der Gerichtshof zum EGKS-Vertrag ausgeführt hat, sind die von Artikel 4 Buchstabe c KS verfügten Aufhebungen und Verbote allgemeiner und unbedingter Art und können daher nicht durch die Einführung eines sich mit Annäherungswerten begnügenden und unbestimmten Ausgleichsverfahrens eingeschränkt werden (Urteil De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, zitiert in Randnr. 27, Randnr. 55). Die Klägerin hat aber nicht nachgewiesen, dass zwischen dem behaupteten Nachteil und den Ausgleichsmaßnahmen ein bestimmter Kausalzusammenhang besteht.

73. Darüber hinaus ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgrund der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei deren Erlass verfügte (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, 2263, Randnr. 16, und Frankreich/Kommission, zitiert in Randnr. 29, Randnr. 33).

74. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die Streithelferin im Verwaltungsverfahren vor der Kommission für ihr Vorbringen, dass die Maßnahmen des § 3 ZRFG einen durch die Teilung Deutschlands bedingten Nachteil ausglichen, lediglich auf die in Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG vorgesehene Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot staatlicher Beihilfen verwiesen hat. Das Gleiche gilt für das schriftliche Verfahren vor dem Gericht. Wie jedoch in den Randnummern 64 bis 66 ausgeführt, hat Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG keine Entsprechung im EGKS-Vertrag und ist in dessen Rahmen nicht anwendbar. Außerdem unterliegt die Prüfung des nachteilsausgleichenden Charakters solcher Maßnahmen dem Ermessen der Kommission, über das sie bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die beanspruchte Ausnahme vorliegen, verfügt (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 1999 in den Rechtssachen T132/96 und T143/96, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, Slg. 1999, II3663, Randnr. 140).

75. Der bloße Hinweis auf die in Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG vorgesehene Ausnahme kann daher nicht als Nachweis eines zwischen dem der Klägerin gewährten Vorteil und einem Nachteil, den die im Zonenrandgebiet ansässigen Unternehmen angeblich erleiden, bestehenden, bestimmten Kausalzusammenhangs im Sinne des EGKS-Vertrags angesehen werden.

76. Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum dritten Teil: Erforderlichkeit der Prüfung der Steuervorschriften der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft für die Bestimmung einer normalen Steuerbelastung

- Vorbringen der Beteiligten

77. Die Klägerin ist der Ansicht, die angefochtene Entscheidung enthalte kein tragfähiges, vom Gemeinschaftsrichter überprüfbares Kriterium für die Bestimmung der normalerweise anfallenden Steuerbelastung der Unternehmen, im Verhältnis zu der das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe gemäß Artikel 4 Buchstabe c KS beurteilt werden könnte. Bei ihrem Normalitätsvergleich hätte die Kommission nicht lediglich die Steuervorschriften der Bundesrepublik Deutschland als Vergleichsmaßstab heranziehen dürfen, wie sie das in Randnummer 60 der angefochtenen Entscheidung getan habe, wo sie die Sonderabschreibungsregelung des ZRFG den in Deutschland bei Sonderabschreibungen geltenden allgemeinen Abschreibungsvorschriften gegenübergestellt habe. Die Kommission hätte auch die jeweiligen Steuersätze sowie die Abschreibungsperioden für Investitionsgüter der Stahlindustrie im gesamten Gemeinsamen Markt oder zumindest in all denjenigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, in denen Wettbewerber der Klägerin ansässig seien, berücksichtigen müssen. Nur ein solcher Vergleich der steuerrechtlichen Vorschriften der verschiedenen Mitgliedstaaten hätte es ermöglicht, festzustellen, ob sich aus der Anwendung des § 3 ZRFG für die Klägerin ein Vorteil ergeben habe, der nach Art und Wirkung einer Subvention im strengen Wortsinn entsprochen habe.

78. Die Beklagte erwidert, dass die Rahmenbedingungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variierten und eine höhere Steuerbelastung in der Regel mit besseren Rahmenbedingungen verbunden sei. Deshalb sei für die Frage der Selektivität der fraglichen Maßnahme der jeweilige Mitgliedstaat der geeignete Referenzpunkt. Ein Vergleich der in den Mitgliedstaaten insoweit geltenden Vorschriften sei daher irrelevant.

- Würdigung durch das Gericht

79. Wie der Gerichtshof zum EG-Vertrag entschieden hat, gebietet es die Anwendung des Artikels 87 Absatz 1 EG lediglich, festzustellen, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen (Urteile des Gerichtshofes vom 8. November 2001 in der Rechtssache C143/99, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, Slg. 2001, I8365, Randnr. 41, und Spanien/Kommission, zitiert in Randnr. 42, Randnr. 47).

80. Dies muss auch für den EGKS-Vertrag gelten (in diesem Sinne Urteil Ecotrade, zitiert in Randnr. 27, Randnr. 41).

81. Um feststellen zu können, was einen Vorteil im Sinne der Rechtsprechung zum Begriff der staatlichen Beihilfe darstellt, muss daher der Bezugspunkt in einem gegebenen rechtlichen System bestimmt werden, mit dem dieser Vorteil verglichen werden soll. Im vorliegenden Fall würde im Hinblick auf die Bestimmung, was eine normale Steuerbelastung im Sinne der genannten Rechtsprechung darstellt, ein Vergleich mit den steuerrechtlichen Vorschriften aller Mitgliedstaaten oder auch nur mit einigen von ihnen den Zweck der Vorschriften über die Beihilfeaufsicht verkennen. Denn in Ermangelung einer Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Steuervorschriften auf Gemeinschaftsebene liefe dieser Vergleich darauf hinaus, aufgrund der Unterschiede in den Regelungen der Mitgliedstaaten unterschiedliche tatsächliche und rechtliche Verhältnisse miteinander zu vergleichen. Die Angaben der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Verfahrens veranschaulichen im Übrigen die Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Steuersätze bei Investitionsgütern.

82. Die Kommission hat demnach zu Recht nur geprüft, welcher Vorteil sich aus den Maßnahmen des § 3 ZRFG gegenüber dem allgemeinen deutschen Steuerrecht ergibt.

83. Anders als die Klägerin vorträgt, ist die Kommission auch nach der Gemeinschaftsrechtsprechung nicht verpflichtet, den Nachweis zu erbringen, dass die Verminderung der Belastungen, die ein Unternehmen normalerweise trägt, die gleiche Wirkung wie eine Subvention im strengen Wortsinn hat.

84. Auch wenn nämlich der Begriff der staatlichen Beihilfe nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst umfasst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen (u. a. Urteile De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, zitiert in Randnr. 27, S. 43, Banco Exterior de España, zitiert in Randnr. 27, Randnr. 13, und Ecotrade, zitiert in Randnr. 27, Randnr. 34), so will die Rechtsprechung doch keine Rangordnung zwischen dem, was eine Subvention im strengen Sinne des Wortes darstellt, und den anderen einer solchen Subvention gleichzustellenden Maßnahmen aufstellen, sondern den Begriff der Beihilfe im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c KS definieren. Ist der Nachweis erbracht, dass eine staatliche Maßnahme zu einer Verminderung der Belastungen führt, die ein Unternehmen normalerweise hätte tragen müssen, ist sie nach dieser Definition folglich als staatliche Beihilfe einzustufen und steht, gerade wegen dieser Einstufung, in ihrer Wirkung einer Subvention im strengen Sinne des Wortes gleich. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin brauchen deshalb keine weiteren Nachweise erbracht zu werden.

85. Der dritte Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

Zum vierten Teil: Verpflichtung der Kommission, nachzuweisen, dass die steuerlichen Maßnahmen des § 3 ZRFG dieselbe Wirkung auf den Wettbewerb haben wie eine klassische Subvention

- Vorbringen der Beteiligten

86. Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung keinerlei Ausführungen zu den wettbewerblichen Auswirkungen der von der Kommission beanstandeten steuerlichen Maßnahmen enthalte, obwohl sich aus Randnummer 34 des Urteils Ecotrade (zitiert in Randnr. 27) ergebe, dass die Kommission belastungsmindernde staatliche Maßnahmen nur dann als Beihilfen im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c KS qualifizieren dürfe, wenn sie zuvor nachgewiesen habe, dass diese Maßnahmen dieselbe Wirkung auf den Wettbewerb hätten wie eine klassische Subvention.

87. Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Aufgabe der Beihilfeaufsicht nur eine begrenzte sei, da sie nicht bezwecke, alle Wettbewerbsverzerrungen auf dem Gemeinsamen Markt auszuräumen, sondern nur, bestimmte Aspekte staatlicher Intervention, wie die Beihilfegewährung, zu verbieten. Auch sei der Begriff der Beihilfe weiter als der der Subvention, da er auch Maßnahmen umfasse, die nach Art und Wirkung direkten Subventionen gleichstuenden. Um Maßnahmen als Beihilfen im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c KS einstufen zu können, müsse daher nicht zuvor nachgewiesen werden, dass sie dieselbe Wirkung auf den Wettbewerb hätten wie klassische Subventionen. Darüber hinaus unterschieden die einschlägigen Beihilfebestimmungen, d. h. Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 4 Buchstabe c KS, nicht zwischen Beihilfen, die Subventionen im klassischen Wortsinn seien, und solchen, die es nicht seien. In Bezug auf das Urteil Ecotrade (zitiert in Randnr. 27) das die Unterscheidung zwischen Subventionen im engeren Sinne, d. h. direkten Geldzufluessen, und anderen Beihilfeformen, wie z. B. dem Verzicht auf Steuereinnahmen, die normalerweise erzielt worden wären, betreffe, führt die Beklagte aus, dass diese Unterscheidung für die Beurteilung der hier betroffenen Maßnahmen völlig irrelevant sei und auf die Prüfung der Selektivität keinen Einfluss habe.

- Würdigung durch das Gericht

88. Mit dem vierten Teil legt die Klägerin der Kommission zum einen zur Last, nicht geprüft zu haben, ob eine Verminderung der Belastungen, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, dieselbe Wirkung hat wie eine klassische Subvention. Zum anderen trägt die Klägerin vor, aus dem Urteil Ecotrade (zitiert in Randnr. 27) ergebe sich, dass die Kommission die Auswirkungen der Maßnahmen des § 3 ZRFG auf den Wettbewerb hätte belegen müssen.

89. Was die erste Rüge betrifft, so ist die Kommission aus den in Randnummer 84 angeführten Gründen nicht verpflichtet, zu prüfen, ob eine Verminderung der Belastungen, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, dieselbe Wirkung hat wie eine klassische Subvention. Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

90. Was die zweite Rüge bezüglich der Notwendigkeit, die Auswirkungen der Maßnahmen des § 3 ZRFG auf den Wettbewerb zu belegen, anbelangt, so gelten staatliche Beihilfen im Rahmen des Artikels 4 Buchstabe c KS nach ständiger Rechtsprechung als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt, ohne dass nachgewiesen oder auch nur geprüft werden müsste, ob tatsächlich eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsbedingungen gegeben ist oder droht (Urteile des Gerichts vom 12. Mai 1999 in den Rechtssachen T164 bis T167/96, T122/97 und T130/97, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 1999, II1477, Randnr. 82, und vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T158/96, Acciaierie di Bolzano/Kommission, Slg. 1999, II3927, Randnr. 113).

91. Um unter Artikel 4 Buchstabe c KS zu fallen, muss eine Beihilfe daher nicht unbedingt Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb haben (Urteile des Gerichtshofes vom 21. Juni 2001 in den Rechtssachen C280/99 P bis C282/99 P, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 2001, I-4717, Randnrn. 32 und 33, und Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, zitiert in Randnr. 62, Randnr. 102).

92. Darüber hinaus geht es in Randnummer 34 des Urteils Ecotrade (zitiert in Randnr. 27) entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht um die Auswirkungen, die eine möglicherweise als staatliche Beihilfe zu qualifizierende Maßnahme auf den Wettbewerb haben kann; es wird vielmehr lediglich auf die in Randnummer 84 zitierte ständige Rechtsprechung zur Definition des Begriffes der staatlichen Beihilfe hingewiesen.

93. Anders als die Klägerin vorträgt, musste die Kommission also nicht prüfen, ob sich die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen auf den Wettbewerb auswirkten, um sie als staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c KS einstufen zu können.

94. Daraus folgt, dass der vierte Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Klagegrund: Fehlerhafte Auslegung des Artikels 4 Buchstabe c KS und des Artikels 67 KS

Vorbringen der Beteiligten

95. Die Klägerin macht geltend, dass sich Artikel 4 Buchstabe c KS wegen des Teilintegrationscharakters des EGKS-Vertrags lediglich auf spezifische Beihilfen zugunsten der Kohle- und Stahlindustrie beziehe. So genannte nichtspezifische Beihilfen, d. h. Beihilferegelungen, die nicht nur für den Kohle- und Stahlsektor, sondern branchenübergreifend für alle Bereiche der Volkswirtschaft zur Verfügung stuenden, seien nicht nach Artikel 4 Buchstabe c KS verboten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und der Amtspraxis der Kommission unterlägen Regelungen der Mitgliedstaaten über nichtspezifische Beihilfen lediglich der koordinierten Beihilfeaufsicht nach den Beihilfevorschriften des EG-Vertrags und nach Artikel 67 KS.

96. Die angefochtene Entscheidung beruhe daher auf einer vertragswidrigen Erweiterung des Anwendungsbereichs des Artikels 4 Buchstabe c KS, die jedoch die Anwendungsbereiche des Artikels 4 Buchstabe c KS und des Artikels 67 KS nicht rechtswirksam habe verändern können. Diese Erweiterung sei durch den Erlass der Stahlbeihilfenkodizes erfolgt, in denen die Kommission seit 1986 von der Unterscheidung zwischen spezifischen und nichtspezifischen Beihilfen abgewichen sei.

97. Die Anwendung von Artikel 67 KS sei nicht auf Maßnahmen der Mitgliedstaaten ohne Beihilfecharakter beschränkt. Diese Bestimmung sei auf alle nichtspezifischen Fördermaßnahmen anwendbar, die die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeit für die Wirtschafts- und Steuerpolitik erlassen hätten. An dem Teilintegrationscharakter des EGKS-Vertrags habe die Kommission durch den Erlass der späteren Stahlbeihilfenkodizes und in Anbetracht insbesondere des Artikels 305 EG nichts ändern können.

98. Da die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen keine Beihilfen im Sinne des Artikels 4 Buchstabe c KS darstellten, habe die von der Kommission in den Begründungserwägungen 67 bis 76 der angefochtenen Entscheidung geltend gemachte Notifizierungspflicht nicht bestanden. Vielmehr habe es sich bei den steuerlichen Maßnahmen des § 3 ZRFG um eine Maßnahme eines Mitgliedstaats im Sinne des Artikels 67 Absatz 1 KS gehandelt, die die Bundesrepublik Deutschland der Kommission zur Kenntnis hätte bringen müssen, wenn ihre Anwendung fühlbare Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in der Stahlindustrie gehabt hätte. Ob diese Voraussetzungen hier vorlägen, sei unerheblich, da die deutsche Regierung das ZRFG der Kommission im Rahmen von Notifizierungen nach Artikel 88 Absatz 2 EG wiederholt zur Kenntnis gebracht habe. Darüber hinaus sei es unerheblich, dass Deutschland - wie die Kommission in der Begründungserwägung 66 der angefochtenen Entscheidung feststelle - Artikel 67 KS im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht habe, da es sich bei dieser Bestimmung um zwingendes, auf der teilintegrationsbezogenen Kompetenzverteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten beruhendes Recht handele.

99. Die Streithelferin schließt sich dem Vorbringen der Klägerin an.

100. Die Beklagte entgegnet, dass die Unterscheidung zwischen allgemeinen und spezifischen Beihilfen irrelevant sei, da der EGKS-Vertrag keine solche Unterscheidung treffe. Wenn Artikel 67 KS auch auf weite Teile der Steuerpolitik anwendbar sei, so gelte dies nicht für steuerrechtliche Maßnahmen, die nur unter Artikel 4 Buchstabe c KS fielen. Diese Abgrenzung mache deutlich, dass für die Bestimmung der anwendbaren Vorschrift des EGKS-Vertrags allein der Beihilfecharakter maßgeblich sei.

101. In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz macht die Beklagte ferner geltend, dass das strikte Verbot des Artikels 4 Buchstabe c KS unverständlich wäre, wenn diese Bestimmung auf eine nicht auf den Montanbereich beschränkte Beihilferegelung nicht anwendbar wäre. Mitgliedstaaten könnten diese Vorschrift leicht umgehen, indem sie eine nichtspezifische Beihilferegelung erließen, die aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung zwar nicht ausschließlich, aber doch hauptsächlich der Montanindustrie zugute käme.

102. Schließlich könnten die Eingriffe nach Artikel 67 KS nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht solche Eingriffe sein, die in Artikel 4 Buchstabe c KS ohne Rücksicht auf ihre Form für unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl erklärt und aufgehoben oder untersagt würden. Artikel 67 § 2 KS sei eine Spezialvorschrift, die unter Wahrung aller dort vorgesehenen Bedingungen zur Anwendung kommen müsse. Allein die Kommission sei ausnahmsweise befugt, in dem in Artikel 67 § 2 erster Gedankenstrich KS genannten Fall bestimmte finanzielle Hilfen zu genehmigen oder sie im strengen Rahmen der Artikel 54 bis 56 KS zu bewilligen. Jedenfalls sei Artikel 4 Buchstabe c KS, der Beihilfen verbiete, die allgemeine Regel, Artikel 67 § 2 erster Gedankenstrich KS, der in bestimmten Fällen eine Genehmigung der Beihilfen erlaube, hingegen die Ausnahme.

Würdigung durch das Gericht

103. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Artikel 80 KS nur die Unternehmen unter den EGKS-Vertrag fallen, die eine Produktionstätigkeit im Kohle- und Stahlbereich ausüben.

104. Ein Unternehmen unterliegt daher dem Verbot in Artikel 4 Buchstabe c KS nur insoweit, als es eine solche Produktionstätigkeit ausübt (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1959 in der Rechtssache 14/59, Société des fonderies de Pont-à-Mousson/Hohe Behörde, Slg. 1959, 467, 488, und vom 28. Januar 2003 in der Rechtssache C334/99, Deutschland/Kommission, Slg. 2003, I1139, Randnr. 78).

105. Im vorliegenden Fall ist die Klägerin, wie die Kommission in der Begründungserwägung 13 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, unstreitig ein Unternehmen im Sinne des Artikels 80 KS.

106. In Anbetracht der Beurteilung des ersten Klagegrundes ist im Rahmen des zweiten Klagegrundes lediglich zu prüfen, ob die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon ausgegangen ist, dass Artikel 4 Buchstabe c KS auf eine Beihilferegelung anwendbar ist, die sich nicht spezifisch auf den Kohle- und Stahlsektor bezieht.

107. Nach Artikel 4 Buchstabe c KS werden von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen, in welcher Form auch immer, gemäß den Bestimmungen des EGKS-Vertrags untersagt.

108. Mit dieser Bestimmung sollen bestimmte Maßnahmen der Mitgliedstaaten in dem vom EGKS-Vertrag der Zuständigkeit der Gemeinschaft unterstellten Bereich beseitigt oder untersagt werden (in diesem Sinne Urteil De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, zitiert in Randnr. 27, S. 51).

109. Artikel 4 Buchstabe c KS unterscheidet weder zwischen individuellen Beihilfen und Beihilferegelungen noch zwischen Beihilferegelungen, die speziell den Kohle- und Stahlsektor betreffen, und solchen, die dies nicht tun. Darüber hinaus ist das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot staatlicher Beihilfen streng formuliert (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. September 1999 in der Rechtssache T110/98, RJB Mining/Kommission, Slg. 1999, II2585, Randnr. 76).

110. Artikel 67 KS soll Beeinträchtigungen des Wettbewerbs begegnen, die sich zwangsläufig einstellen, wenn die Mitgliedstaaten von den Befugnissen Gebrauch machen, die sie sich vorbehalten haben (Urteil De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, zitiert in Randnr. 27, S. 51, und Urteil des Gerichts vom 5. Juni 2001 in der Rechtssache T6/99, ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi/Kommission, Slg. 2001, II1523, Randnr. 83). Artikel 67 KS spricht lediglich von Schutzmaßnahmen, die die Gemeinschaft dem Vorgehen eines Mitgliedstaats gegenüber ergreifen kann, das zwar eine fühlbare Auswirkung auf die Wettbewerbsbedingungen in der Kohle- und Stahlindustrie hat, aber nicht unmittelbar diesen Wirtschaftszweigen gilt (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Mai 1960 in den Rechtssachen 27/58 bis 29/58, Hauts fourneaux et fonderies de Givors/Hohe Behörde, Slg. 1960, 515, 539).

111. Der Gemeinschaftsrichter hat folglich entschieden, dass Artikel 4 Buchstabe c KS und Artikel 67 KS zwei verschiedene Sachbereiche erfassen (Urteil De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, zitiert in Randnr. 27, S. 51, und Urteil des Gerichtshofes vom 20. September 2001 in der Rechtssache C390/98, Banks, Slg. 2001, I6117, Randnr. 88) und dass Artikel 67 KS nicht das Gebiet der staatlichen Beihilfen betrifft (Urteil Forges de Clabecq/Kommission, zitiert in Randnr. 62, Randnr. 141). Artikel 67 KS ist daher kein besonderer Anwendungsfall des Artikels 4 Buchstabe c KS.

112. Zwar ging die Kommission von Anfang der siebziger Jahre bis zum Erlass der Entscheidung Nr. 2320/81/EGKS der Kommission vom 7. August 1981 zur Einführung gemeinschaftlicher Regeln für Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 228, S. 14), dem 2. Stahlbeihilfenkodex, davon aus, dass Artikel 4 Buchstabe c KS nur auf spezifische Beihilfen für Stahlunternehmen anwendbar sei, d. h. auf Beihilfen, die besonders oder hauptsächlich diesen Unternehmen zugute kämen, während die Anwendung allgemeiner und regionaler Beihilferegelungen auf die Stahlindustrie der Aufsicht der Kommission auf der Grundlage der Artikel 67 KS sowie der Artikel 87 EG und 88 EG unterliege.

113. Diese Auffassung war durch die Notwendigkeit begründet, wegen des strikten Verbotes des Artikels 4 Buchstabe c KS Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil der Montanindustrie zu verhindern, selbst wenn den anderen Industriezweigen des betreffenden Landes Beihilfen gewährt würden, und eine Lösung für die großen wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten des Stahlsektors zu finden. In Anbetracht der notwendigen Umstrukturierung des Sektors, die von fast allen Stahlunternehmen mehr Finanzmittel erforderte, als diese aufbringen konnten, und auch die Mittel überstieg, die der Gemeinschaft dafür zur Verfügung standen, führte die Kommission mit einstimmiger Zustimmung des Rates ein System der Kontrolle und der Vergemeinschaftung der mitgliedstaatlichen Beihilfen für die Stahlindustrie ein, deren gemeinschaftlicher Charakter dadurch gewahrt [wurde], dass sie den diesbezüglichen Zielvorstellungen der Gemeinschaft [entsprachen] (erste Begründungserwägung des 1. Stahlbeihilfenkodex). Der 1. Stahlbeihilfenkodex sollte sich allerdings auf die spezifischen Beihilfen beschränken, da die Anwendung von allgemeinen und regionalen Beihilferegelungen der Aufsicht der Kommission nach den Bestimmungen des Artikels 67 KS und der Artikel 87 EG und 88 EG unterlag.

114. Die Wahl einer solchen für die Stahlunternehmen günstigen Lösung bedeutet jedoch nicht, dass sich die Kommission im Rahmen ihrer Beihilfenaufsicht jeder Möglichkeit begeben hätte, festzustellen, dass dem Verbot des Artikels 4 Buchstabe c KS aufgrund der Notwendigkeit, die Stahlunternehmen umzustrukturieren und die staatlichen Beihilfen auslaufen zu lassen, grundsätzlich wieder seine volle Geltung zukomme, außer wenn sie diese Beihilfen unabhängig davon, ob sie stahlsektorspezifisch sind oder nicht, als so genannte Gemeinschaftsbeihilfen und somit als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar ansehen kann. In diesem Sinne sind der 2. Stahlbeihilfenkodex und die folgenden Kodizes, einschließlich des 6. Stahlbeihilfenkodex, auf den sich die angefochtene Entscheidung stützt, auszulegen.

115. Wenn die Kodizes ab dem 2. Stahlbeihilfenkodex also klarstellen, dass alle Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie, gleichgültig ob spezifische oder nichtspezifische Beihilfen, erfasst sind, so soll damit lediglich der ursprüngliche Anwendungsbereich des Artikels 4 Buchstabe c KS wieder hergestellt werden, da dieser nicht zwischen den verbotenen Beihilfearten unterscheidet.

116. Da die in § 3 ZRFG zugunsten der Klägerin vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen im vorliegenden Fall, wie im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt, staatliche Beihilfen darstellen, fallen sie daher in den Anwendungsbereich des Artikels 4 Buchstabe c KS.

117. Trotz der Unsicherheit, die die Änderung der Auslegung durch die Kommission hier hat hervorrufen können - und die im Rahmen der Würdigung des siebten Klagegrundes zu prüfen ist -, hat die Kommission demnach in der Begründungserwägung 66 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass im vorliegenden Fall Artikel 4 Buchstabe c KS und nicht Artikel 67 KS anwendbar ist.

118. Der zweite Klagegrund, mit dem eine fehlerhafte Auslegung des Artikels 4 Buchstabe c KS und des Artikels 67 KS gerügt worden ist, ist somit zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Nichtanwendung des Artikels 95 KS

Vorbringen der Beteiligten

119. Die Klägerin macht geltend, dass für den Fall, dass das Gericht dem Klagegrund der fehlerhaften Auslegung des Artikels 67 KS nicht stattgebe, davon auszugehen sei, dass die Kommission einen Fehler begangen habe, indem sie nicht von Amts wegen geprüft habe, ob die in § 3 ZRFG vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen im Licht sämtlicher Ziele des Vertrages (Artikel 2 KS bis 4 KS) für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könnten. In ihrer Erwiderung weist die Klägerin darauf hin, dass die Kommission in der Frage, ob sie eine Prüfung nach Artikel 95 KS durchzuführen habe, über kein Ermessen verfüge. Ihr Ermessen beschränke sich auf die Auslegung und Anwendung der in Artikel 95 KS genannten Artikel 2 KS, 3 KS und 4 KS.

120. Die Klägerin widerspricht der Rechtsauffassung der Kommission in der Begründungserwägung 123 der angefochtenen Entscheidung, dass es ihr nach dem Urteil Irish Steel des Gerichts (Urteil des Gerichts vom 7. Juli 1999 in der Rechtssache T-106/96, Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission, Slg. 1999, II-2155) verwehrt sei, Beihilfen, die den in den Stahlbeihilfenkodizes festgelegten Genehmigungsvoraussetzungen nicht entsprächen, nach Artikel 95 KS zu genehmigen. Das Gericht habe in diesem Urteil entschieden, dass das Beihilfeverbot des jeweiligen Kodex nur für diejenigen Beihilfen gelte, die in ihm aufgezählt und als mit dem EGKS-Vertrag vereinbar angesehen würden, und dass die Kommission durch den Kodex demnach nur gebunden sei, wenn sie die Vereinbarkeit von Beihilfen, für die der Kodex gelte, mit dem Vertrag beurteile. Darüber hinaus beanspruche der Stahlbeihilfenkodex keine Geltung und könne somit eine Entscheidung der Kommission nach Artikel 95 KS nicht präjudizieren. Da die Sonderabschreibungsregelungen des § 3 ZRFG nicht den Beihilfetatbeständen der Stahlbeihilfenkodizes unterfielen, sei eine Entscheidung nach Artikel 95 KS nicht ausgeschlossen gewesen.

121. Angesichts der Ziele des EGKS-Vertrags, wie sie in den Artikeln 2 KS, 3 KS und 4 KS aufgeführt seien, sei eine Genehmigung des § 3 ZRFG in der Tat erforderlich gewesen, um zu gewährleisten, dass für die Unternehmen hinreichende Anreize bestuenden, das Produktionspotenzial ihrer Betriebsstätten im Zonenrandgebiet auszubauen und zu verbessern (Artikel 3 Buchstabe d KS) und dafür zu sorgen, dass im Zonenrandgebiet kein nachhaltiger Verlust von Arbeitskräften und keine dauerhafte wirtschaftliche Verödung einträten (Artikel 2 Absatz 2 KS). Dies seien nämlich genau die politischen Gesichtspunkte, die den Vertragsgeber von Rom angesichts der artifiziellen Teilung Europas bewogen hätten, die Zonenrandförderung nach Artikel 87 Absatz 2 Buchstabe c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären. Diese Überlegungen beanspruchten auch im Bereich der Vertragsziele des EGKS-Vertrags Geltung. Diese Prüfung im Rahmen des Artikels 95 KS habe die Kommission im vorliegenden Fall nicht vorgenommen.

122. Die Streithelferin macht geltend, dass das Fehlen einer nach Artikel 95 KS erforderlichen Notifizierung durch den Mitgliedstaat nicht genüge, um die Kommission von der Verpflichtung zu befreien oder sie daran zu hindern, auf der Grundlage dieser Bestimmung tätig zu werden und eine Beihilfe gegebenenfalls für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären.

123. Die Stahlbeihilfenkodizes erfassten den Sonderfall des durch die Teilung Deutschlands bedingten Schadensausgleichs nicht. Die Nichtanwendbarkeit der Stahlbeihilfenkodizes ergebe sich aus dem Urteil Irish Steel (zitiert in Randnr. 120), wonach bei Beihilfen, die nicht zu den in den Kodizes genannten Kategorien gehörten, eine individuelle Ausnahme nach Artikel 95 KS gewährt werden könne. Da die Schadensausgleichsmaßnahmen keinesfalls mit einer Regionalbeihilfe im Sinne der Stahlbeihilfenkodizes gleichgesetzt werden könnten, seien diese Kodizes im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen und hätten somit einer Entscheidung der Kommission nach Artikel 95 KS nicht entgegengestanden.

124. Schließlich legt die Streithelferin der Kommission zur Last, bei der Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 95 KS einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen zu haben. Dieser Fehler bestehe darin, dass die Kommission die Schadensausgleichsbeihilfe im Zonenrandgebiet nicht an den spezifischen, durch die politische Force majeure der Teilung Deutschlands verursachten Nachteilen, sondern an den Maßstäben der insoweit gar nicht anwendbaren Stahlbeihilfenkodizes gemessen habe. Da es sich bei den teilungsbedingten Nachteilen um einen im EGKS-Vertrag nicht vorgesehenen Fall gehandelt habe, hätte die Kommission bei ihrer Ermessensausübung die Maßstäbe des Artikels 87 Absatz 2 Buchstabe c EG heranziehen müssen.

125. Die Beklagte entgegnet erstens, dass die Möglichkeit, eine individuelle Entscheidung nach Artikel 95 KS neben dem jeweiligen Stahlbeihilfenkodex für durch ihn nicht gedeckte Beihilfekategorien zu erlassen, durch die Gemeinschaftsrechtsprechung zwar anerkannt worden sei, der Erlass dieser Entscheidungen jedoch dem Ermessen der Kommission unterliege. Von einer Verpflichtung der Kommission könne dabei keine Rede sein und von einer Verpflichtung, von Amts wegen zu prüfen, schon gar nicht. Sie sei daher befugt, zu beurteilen, ob Umstände vorlägen, die eine punktuelle Anwendung des Artikels 95 KS rechtfertigten. Hierzu sei auf die Begründungserwägung 124 der angefochtenen Entscheidung zu verweisen, wo sie festgestellt habe, dass sie eine Prüfung nach Artikel 95 KS vorgenommen und beschlossen habe, keine Entscheidung nach diesem Artikel zu erlassen.

126. Zweitens betreffe die angefochtene Entscheidung nicht das ZRFG als solches, sondern die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen und die Rücklagenbildung durch die Klägerin, also eine individuelle Beihilfe. In Bezug auf die Frage der Notwendigkeit einer Entscheidung nach Artikel 95 KS sei es daher nicht relevant, ob das ZRFG erforderlich gewesen sei, um zu gewährleisten, dass für die Unternehmen hinreichende Anreize bestanden hätten, das Produktionspotenzial ihrer Betriebsstätten im Zonenrandgebiet auszubauen oder zu verbessern, und dafür zu sorgen, dass in diesem Gebiet kein nachhaltiger Verlust von Arbeitskräften eintrete. Nach Ansicht der Beklagten hätte nachgewiesen werden müssen, dass die Sonderabschreibungen und die steuerfreien Rücklagen für bestimmte, nach dem EGKS-Vertrag förderbare Investitionen unerlässlich gewesen seien, was die Klägerin jedoch nicht getan habe.

127. In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz weist die Beklagte ferner darauf hin, dass Artikel 95 Absatz 1 KS nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nur die Möglichkeit schaffen wolle, in besonderen Fällen vom EGKS-Vertrag abzuweichen, um die Kommission in den Stand zu versetzen, unvorhergesehenen Sachlagen zu begegnen. Sie könne die Gewährung staatlicher Beihilfen, die zur Erreichung der Ziele des EGKS-Vertrags nicht unerlässlich seien und zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnten, nicht genehmigen.

Würdigung durch das Gericht

- Vorbemerkungen

128. Nach Artikel 95 KS kann die Kommission in allen im Vertrag nicht vorgesehenen Fällen, in denen eine Entscheidung oder Empfehlung der Kommission erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2 KS, 3 KS und 4 KS näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft auf dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß Artikel 5 KS zu erreichen, diese Entscheidung oder Empfehlung mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden EGKS-Ausschusses erlassen.

129. Nach der Systematik des Vertrages steht es nicht im Widerspruch zu Artikel 4 Buchstabe c KS, wenn die Kommission auf der Grundlage des Artikels 95 Absätze 1 und 2 KS von den Mitgliedstaaten geplante Beihilfen, die mit den Zielen des Vertrages vereinbar sind, ausnahmsweise genehmigt (Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1997 in der Rechtssache T239/94, EISA/Kommission, Slg. 1997, II1839, Randnr. 63), um unvorhergesehenen Situationen zu begegnen.

130. Im Bereich der staatlichen Beihilfen hat sich die Kommission des Artikels 95 Absätze 1 und 2 KS in zweierlei Hinsicht bedient. Zum einen hat sie allgemeine Entscheidungen erlassen, nämlich die Stahlbeihilfenkodizes, die bestimmte Beihilfekategorien generell vom Verbot staatlicher Beihilfen ausnehmen. Zum anderen hat sie Entscheidungen im Einzelfall erlassen, mit denen ganz bestimmte Beihilfen ausnahmsweise genehmigt werden.

131. Artikel 4 Buchstabe c KS untersagt es der Kommission somit nicht, staatliche Beihilfen zu genehmigen, sei es für die speziell von den Stahlbeihilfenkodizes erfassten Kategorien oder, für diejenigen staatlichen Beihilfen, die nicht in diese Kategorien fallen, unmittelbar auf der Grundlage des Artikels 95 Absätze 1 und 2 KS (in diesem Sinne Urteile EISA/Kommission, zitiert in Randnr. 129, Randnrn. 70 bis 72, Forges de Clabecq/Kommission, zitiert in Randnr. 62, Randnr. 79, und DSG/Kommission, zitiert in Randnr. 28, Randnr. 204).

132. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Anwendung des Artikels 95 KS mit folgender Begründung abgelehnt:

(121) Zunächst stellt die Kommission fest, dass ihr im vorliegenden Vorgang von Deutschland kein förmlicher Antrag zur Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 95 [KS] eingereicht wurde.

(122) Das durch den EGKS-Vertrag in Bezug auf staatliche Beihilfen geschaffene System ermöglicht der Kommission unter bestimmten Voraussetzungen und unter Einhaltung des Verfahrens des Artikels 95 [KS], die Gewährung staatlicher Beihilfen in allen im Vertrag nicht vorgesehenen Fällen zu genehmigen, in denen eine derartige Entscheidung erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2, 3 und 4 näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft auf dem Gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß Artikel 5 zu erreichen.

(123) Nach dem Urteil des Gerichts erster Instanz vom 7. Juli 1999 [in der Rechtssache T106/96, Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission, Slg. 1996, II2155] ist Nichtanmeldung kein hinreichender Grund, um die Kommission davon zu entbinden bzw. sogar daran zu hindern, eine Initiative auf der Grundlage von Artikel 95 [KS] zu ergreifen und gegebenenfalls die Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären. Jedoch stellt das Gericht in Randnummer 42 dieses Urteils fest, dass die Kommission durch die mit dem [Stahlbeihilfenk]odex eingeführte umfassende Regelung gebunden ist, wenn sie die Vereinbarkeit von Beihilfen, für die der Kodex gilt, mit dem Vertrag beurteilt. Sie darf daher solche Beihilfen nicht entgegen den allgemeinen Vorschriften des Kodex durch eine Einzelfallentscheidung genehmigen. Regionale Investitionsbeihilfen werden durch die seit 1986 geltenden Stahlbeihilfenkodizes nur in genau festgelegten Gebieten genehmigt, zu denen nicht die Standorte gehören, in denen die durch Sonderabschreibungen und steuerfreie Rücklagen subventionierten Investitionen getätigt wurden. Somit kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Artikel 95 [KS] auf den vorliegenden Vorgang [nicht] anzuwenden ist.

(124) Des Weiteren ist die Kommission in Ausübung ihres diesbezüglichen Ermessens der Auffassung, dass sie es in diesem Vorgang nicht mit einem im Vertrag nicht vorgesehenen Fall zu tun hat, in dem eine konkrete Entscheidung erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2 [KS], 3 [KS] und 4 [KS] näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft zu erreichen. Beispielsweise zielten die gewährten Beihilfen nicht darauf ab, der deutschen Eisen- und Stahlindustrie eine sanierte und wirtschaftlich tragfähige Struktur zu verleihen. Desgleichen wurde von Deutschland niemals auf einen etwaigen Plan zur Kapazitätsverringerung innerhalb des betreffenden Konzerns verwiesen, der im direkten Zusammenhang mit der Gewährung von Sonderabschreibungen und steuerfreien Rücklagen steht. Die Gewährung von Beihilfen gemäß Artikel 95 [KS] wäre somit hier nicht gerechtfertigt.

(125) Darüber hinaus wurde im Zusammenhang mit der Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Lage der Eisen- und Stahlindustrie zu Beginn der 90er Jahre und der auf der Grundlage von Artikel 95 [KS] angenommenen Einzelfallentscheidungen, durch die für mehrere Unternehmen Umstrukturierungsbeihilfen genehmigt wurden, vom Rat und von der Kommission in ihrer gemeinsamen Erklärung im Protokoll des Rates vom 17. Dezember 1993 Folgendes ausgeführt. Unbeschadet des Rechts jedes Mitgliedstaats, eine Entscheidung gemäß Artikel 95 [KS] zu beantragen, und im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Februar 1993 sei der Rat fest entschlossen, jede neue Ausnahmeregelung gemäß Artikel 95 für Beihilfen zugunsten eines bestimmten Unternehmens zu vermeiden.

133. Aus diesen Begründungserwägungen ergibt sich, dass die Kommission die Anwendung des Artikels 95 KS in erster Linie unter Berufung auf die Randnummer 42 des Urteils Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission (zitiert in Randnr. 120) abgelehnt hat, wonach sie eine vom Stahlbeihilfenkodex erfasste staatliche Beihilfe nur dann nach Artikel 95 KS genehmigen könne, wenn eine solche Einzelfallentscheidung nicht gegen die in diesem Kodex aufgestellten allgemeinen Regeln verstoße (Begründungserwägung 123 der angefochtenen Entscheidung). Der Begründungserwägung 124 der angefochtenen Entscheidung lässt sich entnehmen, dass die Kommission hilfsweise davon ausging, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 95 KS im vorliegenden Fall nicht gegeben waren.

134. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat sich die Kommission also nicht geweigert, zu prüfen, ob Artikel 95 KS im vorliegenden Fall anwendbar sein könnte. Denn die Kommission hat in der Begründungserwägung 124 der angefochtenen Entscheidung, obwohl die Bundesrepublik Deutschland die Anwendung des Artikels 95 KS nicht beantragt hatte, geprüft, ob diese Vorschrift Anwendung finden könne. Sie war jedoch der Ansicht, dass deren Anwendungsvoraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Zur Rüge der Klägerin, die Kommission habe das Urteil Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission (zitiert in Randnr. 120) falsch ausgelegt, braucht unter diesen Umständen nicht Stellung genommen zu werden, da die Kommission es trotz dieser Auslegung für nötig befunden hat, in der Begründungserwägung 124 der angefochtenen Entscheidung zu prüfen, ob die Anwendungsvoraussetzungen des Artikels 95 KS im vorliegenden Fall gegeben waren.

135. Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Kommission, wie von der Klägerin vorgetragen, einen Beurteilungsfehler begangen hat, als sie es abgelehnt hat, Artikel 95 KS als Ausnahme vom Beihilfeverbot des Artikels 4 Buchstabe c KS anzuwenden.

- Zu dem Beurteilungsfehler, der darin bestehen soll, dass die Kommission Artikel 95 KS nicht angewandt hat

136. Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission bei der Prüfung, ob Beihilfen zur Erreichung der Ziele des Vertrages erforderlich sind, nach Artikel 95 KS über ein Ermessen verfügt (in diesem Sinne Urteile des Gerichts EISA/Kommission, zitiert in Randnr. 129, Randnr. 72, vom 7. Juli 1999 in der Rechtssache T89/96, British Steel/Kommission, Slg. 1999, II2089, Randnr. 47, und Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission, zitiert in Randnr. 120, Randnr. 43).

137. In diesem Bereich hat sich die Rechtmäßigkeitskontrolle demnach auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die Kommission die Grenzen ihres Ermessens nicht dadurch überschritten hat, dass sie die Tatsachen entstellt oder offensichtlich unrichtig beurteilt oder einen Ermessens- oder Verfahrensmissbrauch begangen hat (u. a. Urteil Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission, zitiert in Randnr. 120, Randnr. 63).

138. Ein die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigender offensichtlicher Irrtum der Kommission bei der Würdigung des Sachverhalts kann nur festgestellt werden, wenn die von den Klägerinnen vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in der Entscheidung als nicht plausibel erscheinen zu lassen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T380/94, AIUFFASS und AKT/Kommission, Slg. 1996, II2169, Randnr. 59).

139. Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin lediglich vorgetragen hat, dass eine Genehmigung des § 3 ZRFG angesichts der Ziele des EGKS-Vertrags, wie sie in den Artikeln 2 KS, 3 KS und 4 KS aufgeführt seien, in der Tat erforderlich gewesen sei, um zu gewährleisten, dass für die Unternehmen hinreichende Anreize bestuenden, das Produktionspotenzial ihrer Betriebsstätten im Zonenrandgebiet auszubauen und zu verbessern (Artikel 3 Buchstabe d KS) und dafür zu sorgen, dass im Zonenrandgebiet kein nachhaltiger Verlust von Arbeitskräften und keine dauerhafte wirtschaftliche Verödung einträten (Artikel 2 Absatz 2 KS). Dieses allgemeine Vorbringen kann nicht ausreichen, um die von der Kommission vorgenommene Beurteilung als nicht plausibel erscheinen zu lassen.

140. Darüber hinaus trägt die Klägerin nichts dafür vor, dass die ihr gewährten Investitionsbeihilfen in Form von Sonderabschreibungen und steuerfreien Rücklagen unerlässlich waren, um die Ziele des EGKS-Vertrags zu verwirklichen.

141. Mit dem bloßen Verweis auf ein Schreiben der Bundesrepublik Deutschland vom 14. Januar 2000, wonach offensichtlich sei, dass die nach Artikel 87 Absatz 2 EG genehmigten Beihilfen auch den Zielen des EGKS-Vertrags im Sinne der Artikel 2 KS und 3 KS dienten, kann die Klägerin die Erforderlichkeit der fraglichen Beihilfen im Sinne des Artikels 95 EG nicht nachweisen. Zum einen ist Artikel 87 Absatz 2 EG im Rahmen des EGKS-Vertrags nicht anwendbar, und zum anderen ist die Beurteilung der Erforderlichkeit der Beihilfen nach Artikel 95 KS anhand der Ziele des EGKS-Vertrags vorzunehmen, zu denen die nach Artikel 87 Absatz 2 EG genehmigten Beihilfen nicht gehören.

142. Jedenfalls hat die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie in der Begründungserwägung 124 der angefochtenen Entscheidung eine mögliche Anwendung des Artikels 95 EG abgelehnt hat, weil die Bundesrepublik Deutschland nicht auf einen etwaigen mit den gewährten Beihilfen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Plan zur Kapazitätsverringerung innerhalb des Salzgitter-Konzerns verwiesen habe.

143. Denn bei einem Sektor mit erheblichen Überkapazitäten, wie dem Stahlsektor, konnte die Verringerung der Produktionskapazität im Zusammenhang mit Beihilfen, für die eine Einzelfallgenehmigung nach Artikel 95 KS möglich ist, in der Tat als zur Verwirklichung der Ziele des Vertrages erforderlich erscheinen. So kann eine solche Verringerung dazu beitragen, dass Voraussetzungen erhalten bleiben, die einen Anreiz für die Unternehmen bieten, ihr Produktionspotenzial auszubauen und zu verbessern (Artikel 3 Buchstabe d KS), und die Modernisierung der Erzeugung fördern (Artikel 3 Buchstabe g KS). In Anbetracht der Überkapazitäten des Stahlsektors wird mit einem solchen Kriterium außerdem vermieden, die Durchführung wirtschaftlich unsicherer Initiativen zu begünstigen, die nur das Ungleichgewicht verstärken, unter dem die betroffenen Märkte leiden, und daher letztlich nicht geeignet sind, die Entwicklungsprobleme der betreffenden Gebiete und Unternehmen wirksam und dauerhaft zu lösen.

144. Angesichts der Verschiedenartigkeit der im Vertrag festgelegten Ziele und des Spielraums, über den die Kommission im Rahmen ihrer Aufgabe verfügt, diese unterschiedlichen Ziele ständig miteinander in Einklang zu bringen, indem sie von ihrem Ermessen Gebrauch macht, um zu einer Wahrung des gemeinsamen Interesses zu gelangen (in diesem Sinne u. a. Urteil Wirtschaftsvereinigung Stahl/Kommission, zitiert in Randnr. 120, Randnr. 65 und die zitierte Rechtsprechung), stellt die Anwendung des Kriteriums der Verringerung der Produktionskapazität durch die Kommission im vorliegenden Fall daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler im Rahmen der Prüfung der Anwendbarkeit des Artikels 95 KS dar.

145. Da die Kommission also nicht davon ausgehen konnte, dass die fraglichen Investitionsbeihilfen die Produktionskapazität der Klägerin verringerten, u. a. weil die Bundesrepublik Deutschland sie nicht über einen etwaigen Plan zur Kapazitätsverringerung informiert hatte, konnte sie nicht zu dem Schluss gelangen, dass die fragliche Beihilfe der Verwirklichung der Ziele des Vertrages diente.

146. Der dritte Klagegrund ist somit insgesamt zurückzuweisen.

147. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass die der Klägerin zugute gekommenen steuerlichen Maßnahmen des § 3 ZRFG mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen darstellten. Nunmehr ist der siebte Klagegrund zu prüfen, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit gerügt wird, soweit die Kommission die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet hat, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfen von der Klägerin zurückzufordern.

Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit

Vorbringen der Beteiligten

148. Die Klägerin macht zunächst geltend, dass sich die Kommission in der Begründungserwägung 81 der angefochtenen Entscheidung auf den Standpunkt zu stellen scheine, eine zeitliche Beschränkung der Befugnis zur Rückforderung von Beihilfen sei im Bereich des EGKS-Vertrags anders als im EG-Vertrag generell ausgeschlossen, weil sie dem fundamentalen Grundsatz des EGKS-Vertrags zuwiderlaufen würde, wonach Beihilfen absolut untersagt seien. Damit würde ein Unterschied zwischen dem EGKS- und dem EG-Beihilferecht geschaffen, der weder nach der Konzeption der Verträge noch in der Praxis der Kommission tatsächlich bestehe. Die angebliche Absolutheit eines Verbotes stehe der Achtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und der Anerkennung einer Verjährungsfrist nicht entgegen.

149. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gelte demnach auch im Bereich des EGKS-Vertrags. Im Übrigen handele es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch im Beihilferecht Geltung beanspruche und nicht zur Disposition der Kommission stehe.

150. Sodann bezwecke die Anordnung der Rückforderung staatlicher Beihilfen nach dem Gemeinschaftsrecht die Abschöpfung ungerechtfertigt erlangter Wettbewerbsvorteile, die es dem begünstigten Unternehmen erlaubt hätten, seine Konkurrenten preislich zu unterbieten. Die Kommission habe im vorliegenden Fall jedoch keine Feststellungen zu den wettbewerblichen Auswirkungen der Sonderabschreibungen nach § 3 ZRFG getroffen.

151. Auch unterliege die Befugnis der Kommission, die Rückzahlung einer Beihilfe zu fordern, jedenfalls einer Verjährungsfrist von zehn Jahren. An dieser in Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) vorgesehenen Frist hätte sich die Kommission im vorliegenden Fall orientieren müssen, da sie das Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Grundsatz der Rechtssicherheit und der gebotenen Wiederherstellung eines unverfälschten Wettbewerbs sei.

152. In ihrer Antwort auf schriftliche Fragen des Gerichts, die darauf gerichtet waren, dass die Klägerin einige ihrer Ausführungen untermauert oder präzisiert, gab diese an, seit 1980/81 regelmäßig ihre Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse der Kommission und insbesondere den Dienststellen übermittelt zu haben, die damals im Rahmen des in den achtziger Jahren eingeführten Stahlquotenbewirtschaftungssystems und der sich daran anschließenden Aktivitäten der Kommission zur Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie für die Prüfung der Beihilfen und für die Umstrukturierung im Stahlsektor zuständig gewesen seien. Dieses Vorbringen ist vor dem Gericht wiederholt worden.

153. Die Streithelferin verweist in ihren Schriftsätzen auf das Urteil Acciaierie di Bolzano/Kommission (zitiert in Randnr. 90), Randnr. 69, in dem das Gericht ausgeführt habe, dass die Kommission beim Erlass der in dieser Rechtssache streitigen Entscheidung keine Verjährungsfrist habe beachten müssen, da zu diesem Zeitpunkt keine Verjährungsfrist festgelegt gewesen sei. Aus diesem Urteil ergebe sich, dass das Gericht die Frage der Verjährung anders entschieden hätte, wenn die Verordnung Nr. 659/1999 zum Zeitpunkt des Erlasses der dort streitigen Entscheidung schon in Kraft gewesen wäre. In Anbetracht der subsidiären Anwendbarkeit des EG-Vertrags und der darauf beruhenden sekundärrechtlichen Vorschriften im EGKS-Bereich wäre eine subsidiäre Anwendung des Artikels 15 der Verordnung Nr. 659/1999 auf vom EGKS-Vertrag erfasste staatliche Beihilfen nur dann auszuschließen, wenn ihr der EGKS-Vertrag entgegenstuende, was hier nicht der Fall sei.

154. Die Beklagte verweist auf die Begründungserwägung 80 der angefochtenen Entscheidung und das Urteil des Gerichts vom 15. September 1998 in den Rechtssachen T126/96 und T127/96 (BFM und EFIM/Kommission, Slg. 1998, II3437, Randnr. 67), in dem es heiße: Eine Verjährungsfrist muss jedoch, um ihre Aufgabe, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, erfuellen zu können, vom Gemeinschaftsgesetzgeber grundsätzlich im Voraus festgelegt werden. Hier sei das nicht der Fall.

155. Zum Vorbringen bezüglich der subsidiären Anwendung der Verordnung Nr. 659/1999 trägt die Beklagte vor, dass diese Verordnung nur im Bereich des EG-Vertrags gelte und ihre Geltung nicht im Wege der Rechtsauslegung auf den Bereich des EGKS-Vertrags ausgedehnt werden könne. Dies könnte nur der Gesetzgeber. Das Urteil Acciaierie di Bolzano (zitiert in Randnr. 90) ändere daran nichts. Denn im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung sei die genannte Verordnung zwar in Kraft gewesen; im Bereich des EGKS-Vertrags sei jedoch eine Verjährungsfrist nicht vorgesehen und daher auch nicht zu beachten gewesen.

156. Auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hat die Beklagte schließlich geantwortet, dass es irrelevant sei, ob sie die von der Klägerin übermittelten Jahresabschlüsse erhalten habe, da deren Übersendung eine Anmeldung im Rahmen des beihilferechtlichen Verfahrens nicht ersetzen könne.

Würdigung durch das Gericht

157. Vorab ist festzustellen, dass die Kommission in der Begründungserwägung 81 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat:

Im Rahmen des EGKS-Vertrags ist jede nationale Beihilfe außer bei besonderer Genehmigung gemäß einem auf der Grundlage von Artikel 95 [KS] beruhenden Stahlbeihilfenkodex untersagt. Diese Lage unterscheidet sich grundlegend von der gemäß Artikel 87 Absätze 1 und 3 [EG], wonach die Kommission über einen weiten Ermessensspielraum verfügt und es nicht mit einer absoluten Untersagung der Beihilfen, sondern einer etwaigen Unvereinbarkeit zu tun hat. Zwar ist die Verjährungsvorschrift der Verordnung... Nr. 659/1999 unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit in der durch den EG-Vertrag geregelten Lage erforderlich, doch hat eine Verjährung im EGKS-Bereich keinen Sinn, da dieser weiterhin der absoluten Untersagung unterworfen bleibt. Diese Untersagung des EGKS-Vertrags gewährleistet die Rechtssicherheit, denn ohne besondere Genehmigung sind die Beihilfen rechtswidrig. Eine zeitliche Beschränkung der Prüfung der Maßnahmen würde diesem fundamentalen Grundsatz des EGKS-Vertrags zuwiderlaufen.

158. Diese Ausführungen halten einer Überprüfung nicht stand.

159. Es ist zwar richtig, dass eine Verjährungsfrist, um ihrer Funktion gerecht werden zu können, im Voraus festgelegt sein muss. Die Festlegung einer solchen Frist und der Einzelheiten ihrer Anwendung fällt in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers. Dieser hat aber auf dem Gebiet der Kontrolle von nach dem EGKS-Vertrag gewährten Beihilfen keine Verjährungsfrist vorgesehen (vgl. insbesondere Urteil Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, zitiert in Randnr. 62, Randnr. 139).

160. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit in seinen unterschiedlichen Ausformungen die Voraussehbarkeit der unter das Gemeinschaftsrecht fallenden Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten soll (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Februar 1996 in der Rechtssache C63/93, Duff u. a., Slg. 1996, I569, Randnr. 20, und Urteil des Gerichts vom 19. März 1997 in der Rechtssache T73/95, Oliveira/Kommission, Slg. 1997, II381, Randnr. 29).

161. Ein Verstoß der Kommission gegen das grundlegende Gebot der Rechtssicherheit ist im vorliegenden Fall entgegen ihrem Vorbringen vor dem Gericht weder deshalb ausgeschlossen, weil keine Verjährungsfrist besteht, noch deshalb, weil die Bundesrepublik Deutschland die fraglichen Beihilfemaßnahmen nicht dem im EGKS-Vertrag vorgesehenen Verfahren entsprechend vorher angemeldet hat.

162. In dieser Hinsicht ist zunächst zu bemerken, dass der Gerichtshof im Urteil Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission (zitiert in Randnr. 62) trotz Fehlens einer Verjährungsfrist und einer vorherigen Anmeldung der Beihilfen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen hat, im Zusammenhang mit dem Erlass einer Entscheidung, mit der die Rückforderung von Beihilfen verlangt wird, einen Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit festzustellen und gegebenenfalls zu ahnden (Urteil Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, zitiert in Randnr. 62, Randnr. 140).

163. Außerdem wird der Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit hier von der Klägerin und Empfängerin der fraglichen Beihilfen gerügt. Der durch die Bestimmungen des 6. Stahlbeihilfenkodex geschaffene Mechanismus der Kontrolle und Prüfung erlegt dem Beihilfeempfänger keine spezifische Verpflichtung auf. Zum einen gelten die Verpflichtung zur Unterrichtung und das davor bestehende Verbot der Durchführung von beabsichtigten Beihilfemaßnahmen nach Artikel 6 des 6. Stahlbeihilfenkodex nur für den Mitgliedstaat. Zum anderen ist dieser auch Adressat der Entscheidung, mit der die Kommission die Unvereinbarkeit einer Beihilfe feststellt und ihn auffordert, die Beihilfe binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben (entsprechend, im Rahmen des EG-Vertrags, Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I3547, Randnr. 73). Da der Mitgliedstaat im Rahmen der Beihilfeaufsicht nach dem EGKS-Vertrag der einzige institutionelle Gesprächspartner der Kommission ist (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 31. März 1998 in der Rechtssache T129/96, Preussag Stahl/Kommission, Slg. 1998, II609, Randnr. 80), kann die Klägerin nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die fraglichen Beihilfen nicht vorher angemeldet worden sind.

164. Der von der Kommission vertretenen Auffassung zu folgen, würde bedeuten, dass ihre Befugnis, die Rückforderung einer Beihilfe anzuordnen, allein deshalb nicht in Frage gestellt werden könnte, weil der Mitgliedstaat diese Beihilfe vorher nicht angemeldet hat, obwohl diese Unregelmäßigkeit dem Beihilfeempfänger nicht anzulasten ist.

165. Der Beihilfeempfänger darf zwar nach der Gemeinschaftsrechtsprechung außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe vertrauen, wenn diese unter Verstoß gegen die Vorschriften über das Verfahren der vorherigen Kontrolle staatlicher Beihilfen gewährt wurde. Ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer kann sich nämlich normalerweise vergewissern, dass dieses Verfahren beachtet worden ist (Urteile des Gerichtshofes vom 20. September 1990 in der Rechtssache C5/89, Kommission/Deutschland, Slg. 1990, I3437, Randnr. 14, und vom 14. Januar 1997 in der Rechtssache C169/95, Spanien/Kommission, Slg. 1997, I135, Randnr. 51; Urteile des Gerichts Preussag Stahl/Kommission, zitiert in Randnr. 163, Randnr. 77, vom 29. September 2000 in der Rechtssache T55/99, CETM/Kommission, Slg. 2000, II3207, Randnr. 121, und ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi/Kommission, zitiert in Randnr. 110, Randnr. 182).

166. Die Klägerin beruft sich jedoch nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe, sondern macht einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit geltend, so dass eine Beschränkung auf die Voraussetzungen für das Entstehen eines schutzwürdigen Vertrauens auf Seiten des Beihilfeempfängers nicht möglich ist.

167. Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall auf eine Weise tätig geworden ist, die dem Grundsatz der Rechtssicherheit widerspricht.

168. Hierbei ist von der Lage auszugehen, die durch die Entscheidung der Kommission vom 4. August 1971, keine Einwände gegen die in § 3 ZRFG vorgesehene Beihilferegelung zu erheben, geschaffen wurde.

169. Wie in Randnummer 67 ausgeführt, vertrat die Kommission bis zum Auslaufen des 1. Stahlbeihilfenkodex am 31. Dezember 1981 eine andere Auslegung als die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte, der zufolge die Anwendung allgemeiner oder regionaler Beihilferegelungen auf die Stahlindustrie der Aufsicht der Kommission auf der Grundlage des Artikels 67 KS sowie der Artikel 87 EG und 88 EG - und nicht des Artikels 4 Buchstabe c KS - unterlag.

170. In Anbetracht dieser Auslegung konnte man also bis zum 31. Dezember 1981 davon ausgehen, dass allgemeine oder regionale Beihilferegelungen, gegen die die Kommission keine Einwände nach den Artikeln 87 EG und 88 EG erhoben hatte - wie hier im Fall der Entscheidung der Kommission vom 4. August 1971 zu § 3 ZRFG -, rechtmäßig zugunsten der Stahlunternehmen angewandt werden konnten.

171. Mit dem 2. Stahlbeihilfenkodex, der am 1. Januar 1982 in Kraft trat, und den darauf folgenden Kodizes schuf die Kommission hingegen ein einheitliches System, mit dem eine gleichmäßige Behandlung der Beihilfen für die Stahlindustrie im Rahmen eines einzigen Verfahrens gewährleistet werden sollte, das sowohl die spezifischen Beihilfen (d. h. diejenigen, die aufgrund von Regelungen gewährt werden, die die Förderung von Stahlunternehmen bezwecken oder sich hauptsächlich so auswirken) als auch die nichtspezifischen Beihilfen, d. h. insbesondere die allgemeinen und regionalen Beihilferegelungen, erfasste. Dem lag das Bemühen zugrunde, durch das Auslaufenlassen der Beihilfen die unerlässliche Umstrukturierung der sich in der Krise befindlichen Stahlindustrie einzuleiten. Der 2. Stahlbeihilfenkodex traf aber keine Aussagen zu den Folgen, die aus diesem neuen System für die bereits genehmigten allgemeinen und regionalen Beihilferegelungen zu ziehen waren.

172. Im 3. Stahlbeihilfenkodex (Entscheidung Nr. 3484/85/EGKS der Kommission vom 27. November 1985 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften für die Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie [ABl. L 340, S. 1]), der vom 1. Januar 1986 bis zum 31. Dezember 1988 anwendbar war, stellte die Kommission, in Artikel 6 des Kodex, klar, dass sie von Vorhaben zur Anwendung jener Beihilferegelungen auf die Stahlindustrie, zu denen sie bereits aufgrund des EWG-Vertrags Stellung genommen habe, so rechtzeitig zu unterrichten sei, dass sie sich hierzu äußern könne. Die Anmeldungen der in Artikel 6 des Kodex genannten Beihilfevorhaben waren bis spätestens 30. Juni 1988 bei der Kommission einzureichen.

173. Der Erlass zumindest des 3. Stahlbeihilfenkodex kann als eine stillschweigende Rücknahme der in der Entscheidung der Kommission von 1971 enthaltenen Genehmigung im Hinblick auf die unter den EGKS-Vertrag fallenden Unternehmen, zu denen die Klägerin gehört, mit Wirkung vom Zeitpunkt des Erlasses dieses Kodex an gedeutet werden. Im Übrigen ist nicht klar, ob die spätere Anwendung des § 3 ZRFG zugunsten der Klägerin von der Pflicht zur Anmeldung der Vorhaben nach Artikel 6 des 3. Stahlbeihilfenkodex erfasst wurde. Nachdem die Klägerin nämlich lange vor dem Erlass des Kodex einmal zulässigerweise in den Genuss des in § 3 ZRFG vorgesehenen Vorteils gelangt war, wurde diese Vorschrift, deren Voraussetzungen sie erfuellte, in der Praxis weiterhin zu ihren Gunsten angewandt.

174. Die sich aus dem Erlass des 2. und des 3. Stahlbeihilfenkodex ergebende Lage war somit durch folgende der Kommission zuzurechnende Unsicherheiten und Unklarheiten gekennzeichnet:

- die stillschweigende Natur - und damit die fehlende Klarheit - der teilweisen Rücknahme der in der Entscheidung der Kommission von 1971 enthaltenen Genehmigung;

- Unklarheit über den Umfang der teilweisen Rücknahme dieser Genehmigung in Bezug auf die Frage, ob die künftige Anwendung des § 3 ZRFG als Vorhaben im Sinne des Artikels 6 des 3. Stahlbeihilfenkodex anzumelden war.

175. Zu dieser durch Unsicherheit und mangelnde Klarheit gekennzeichneten Lage kamen später Umstände (siehe unten, Randnrn. 179 ff.) hinzu, die in Zusammenhang mit dem nach der Feststellung der offensichtlichen Krise des Stahlsektors geschaffenen rechtlichen Rahmen (siehe unten, Randnrn. 176 bis 178) stehen.

176. In Anbetracht dieser offensichtlichen Krise führte die Kommission mit der Entscheidung Nr. 2794/80/EGKS vom 31. Oktober 1980 zur Einführung eines Systems von Erzeugungsquoten für Stahl für die Unternehmen der Stahlindustrie (ABl. L 291, S. 1) ein Quotensystem ein, um angesichts der Überkapazitäten des Produktionsapparats das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Stahlmarkt wiederherzustellen. Bei der Berechnung dieser Quoten wurde für jedes Stahlunternehmen eine Vergleichsproduktion zugrunde gelegt, wobei bestimmte Anpassungen insbesondere zur Berücksichtigung von Investitionen oder von Umstrukturierungsbemühungen der Unternehmen vorzunehmen waren. Zur Anwendung dieses Quotensystems verfügte die Kommission über regelmäßig und rasch erteilte Informationen über die Erzeugung und die Lieferung der betroffenen Unternehmen sowie über Befugnisse zur Überprüfung, auch vor Ort, der ihr übermittelten Angaben. Dieses von der Kommission verwaltete komplexe System der Festlegung von Quoten und Überwachung des Marktes wurde von ihr wiederholt verlängert, verfeinert und vervollkommnet.

177. Zur Anpassung des so geschaffenen Systems stellte die Kommission eine klare Verbindung zwischen der Gewährung nicht genehmigter Beihilfen und den Erzeugungsquoten her, um eine Kumulierung dieser Maßnahmen zu verhindern. Seit der Entscheidung Nr. 2177/83/EGKS der Kommission vom 28. Juli 1983 zur Verlängerung des Systems der Überwachung und der Erzeugungsquoten für bestimmte Erzeugnisse der Unternehmen der Stahlindustrie (ABl. L 208, S. 1) konnte die Kommission nämlich nach deren Artikel 15a die Quoten eines Unternehmens angemessen verringern, sobald sie fest[gestellt hatte], dass dem betreffenden Unternehmen Beihilfen gewährt wurden, die die Kommission im Rahmen der Entscheidung Nr. 2320/81/EGKS [2. Stahlbeihilfenkodex] nicht genehmigt hat[te] oder dass die an die Genehmigung der Beihilfen geknüpften Bedingungen nicht eingehalten worden [waren]. Dort heißt es weiter: Erfolgt eine solche Feststellung, so ist das Unternehmen von einer Anpassung [der Quoten] gemäß Artikel 14, 14a, 14b, 14c und 16 [der Entscheidung Nr. 2177/83/EGKS] ausgeschlossen. Die späteren Entscheidungen zur Verlängerung des Überwachungs- und Quotensystems enthielten im Wesentlichen gleichlautende Bestimmungen, so Artikel 15a der Entscheidung Nr. 3485/85/EGKS der Kommission vom 27. November 1985 zur Verlängerung des Systems der Überwachung und der Erzeugungsquoten für bestimmte Erzeugnisse der Unternehmen der Stahlindustrie (ABl. L 340, S. 5) und Artikel 15a der Entscheidung Nr. 194/88/EGKS der Kommission vom 6. Januar 1988 zur Verlängerung des Systems der Überwachung und der Erzeugungsquoten für bestimmte Erzeugnisse der Unternehmen der Stahlindustrie (ABl. L 25, S. 1) bis zum 30. Juni 1988. Im Übrigen hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass das Quotensystem und die Stahlbeihilfenkodizes ein zusammenhängendes Ganzes bildeten und dem gemeinsamen Zweck dienten, die zur Anpassung der Produktion und der Kapazitäten an die voraussichtliche Nachfrage notwendige Umstrukturierung zu fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Eisen- und Stahlindustrie wieder herzustellen, und dass es weder willkürlich noch diskriminierend war, dass in einer dieser Regelungen auf die Gegebenheiten verwiesen wurde, die aus der Anwendung der anderen resultierten (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Januar 1985 in der Rechtssache 250/83, Finsider/Kommission, Slg. 1985, 131, Randnr. 9, vom 15. Oktober 1985 in den Rechtssachen 211/83, 212/83, 77/84 und 78/84, Krupp und Thyssen/Kommission, Slg. 1985, 3409, Randnr. 34, und vom 7. April 1987 in der Rechtssache 226/85, Dillinger Hüttenwerke/Kommission, Slg. 1987, 1621, Randnr. 13).

178. Die Kommission hat daher zwangsläufig die Angaben über die Produktion der Stahlunternehmen geprüft, die sie von diesen erhalten hatte, insbesondere um feststellen zu können, ob die Aufrechterhaltung oder die Steigerung der Produktionskapazitäten auf nicht genehmigte Beihilfen zurückzuführen sei, die dem Zweck der Umstrukturierung des Stahlsektors hätten zuwiderlaufen können. Zweck dieser Überprüfung war u. a., zu bestimmen, ob die den Unternehmen regelmäßig und namentlich zugeteilten Erzeugungsquoten gegebenenfalls verringert werden sollten. Darüber hinaus waren der Kommission die weiter gehenden Pflichten zur Übermittlung ihrer Investitionsprogramme einschließlich deren Finanzierungsquellen bekannt, die sie den Stahlunternehmen mit der Entscheidung Nr. 3302/81/EGKS der Kommission vom 18. November 1981 über die Auskunfterteilung der Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie betreffend ihre Investitionen (ABl. L 333, S. 35) in der Fassung der Entscheidung Nr. 2093/85/EGKS der Kommission vom 26. Juli 1985 (ABl. L 197, S. 19), in Kraft bis zum 16. Oktober 1991, gleichzeitig auferlegte, um neue Entwicklungen, die die Ungleichgewichte in den Produktionskapazitäten zu verstärken drohten, rechtzeitig zu erkennen.

179. Im Zusammenhang mit diesen besonderen Pflichten der Stahlunternehmen übermittelte die Klägerin, die damals noch als Stahlwerke Peine - Salzgitter AG firmierte, der Kommission Ende 1988 ihren Geschäftsbericht und ihren Jahresabschluss für die Jahre 1987/1988, aus denen sich ergab, dass sie für Investitionen in ihren im Zonenrandgebiet gelegenen Betriebsstätten in Peine und Salzgitter nach § 3 ZRFG Sonderposten mit Rücklageanteil bildete. Entsprechende Angaben ließen sich den von der Klägerin für die folgenden Jahre übermittelten Geschäftsberichten und Jahresabschlüssen entnehmen. Auf der Grundlage dieser Angaben, deren Übermittlung die Kommission nicht bestreitet, hätte sie die fehlende Anmeldung dieser Beihilfen erkennen und feststellen sowie entsprechend tätig werden müssen. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Beihilferegelung des § 3 ZRFG 1988 erneut geprüft und in der diese Prüfung abschließenden Entscheidung vom 14. Dezember 1988 (SG [88] D/1748) keine Einwände gegen diese Regelung erhoben hat.

180. Die in Randnummer 174 beschriebene unsichere und unklare Lage in Verbindung mit dem Umstand, dass die Kommission trotz ihrer Kenntnis von den der Klägerin gewährten Beihilfen lange nicht reagiert hat, hat somit unter Verstoß gegen die der Kommission obliegende Sorgfaltsplicht eine unklare Rechtslage geschaffen, die sie hätte klären müssen, bevor sie irgendeine Maßnahme im Hinblick auf die Anordnung der Rückforderung bereits gezahlter Beihilfen ergreifen durfte (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 9. Juli 1970 in der Rechtssache 26/69, Kommission/Frankreich, Slg. 1970, 565, Randnrn. 28 bis 32).

181. Eine solche Klärung hat die Kommission jedoch nicht vorgenommen. Insbesondere hat sie in den späteren Fassungen des Stahlbeihilfenkodex den Wortlaut des Artikels 6 des 3. Stahlbeihilfenkodex einfach übernommen.

182. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles konnte die Kommission die Rückforderung der der Klägerin zwischen 1986 und 1995 gezahlten Beihilfen daher nicht verlangen, ohne gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit zu verstoßen.

183. Der Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit greift demnach durch, und die Artikel 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die Bundesrepublik Deutschland verpflichten, die fraglichen Beihilfen von der Klägerin zurückzufordern, sind folglich für nichtig zu erklären.

184. Da die Rückforderung der der Klägerin zwischen 1986 und 1995 gezahlten Beihilfen somit ausgeschlossen ist, braucht auf die Klagegründe, die im Wesentlichen die Kürzung und die Berechnung des zurückzuzahlenden Beihilfebetrags betreffen, nicht eingegangen zu werden. Was den Klagegrund des Begründungsmangels angeht, der sich auf die Feststellung der Unvereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt bezieht, so hat die Prüfung der ersten drei Klagegründe hinreichend ergeben, dass die Begründungspflicht beachtet worden ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

185. Gemäß Artikel 87 § 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin hinsichtlich eines bedeutenden Teils ihrer Anträge obsiegt.

186. Aufgrund einer angemessenen Beurteilung der Umstände des Falles entscheidet das Gericht daher, dass die Klägerin ein Drittel ihrer Kosten und die Kommission neben ihren eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten der Klägerin zu tragen hat.

187. Die Bundesrepublik Deutschland trägt nach Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Artikel 2 und 3 der Entscheidung Nr. 2000/797/EGKS über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten von Salzgitter AG, Preussag Stahl AG und den Tochtergesellschaften der Eisen- und Stahlindustrie des Konzerns, nunmehr Salzgitter AG - Stahl und Technologie (SAG), gewährt hat, werden für nichtig erklärt.

2. Die Klägerin trägt ein Drittel ihrer Kosten.

3. Die Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten zwei Drittel der Kosten der Klägerin.

4. Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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