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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 21.09.2004
Aktenzeichen: T-310/03 R
Rechtsgebiete: EG, Satzung Gerichtshof, VerfO Gerichtshof


Vorschriften:

EG Art. 242
EG Art. 225 Abs. 1
Satzung Gerichtshof Art. 40 Abs. 4
VerfO Gerichtshof Art. 116 § 3
VerfO Gerichtshof Art. 104 § 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 21. September 2004. - Kreuzer Medien GmbH gegen Europäisches Parlament et Rat der Europäischen Union. - Vorläufiger Rechtsschutz - Antrag auf Aussetzung des Vollzugs - Zulässigkeit des Antrags eines Streithelfers. - Rechtssache T-310/03 R.

Parteien:

In der Rechtssache T-310/03 R

Kreuzer Medien GmbH mit Sitz in Leipzig (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Lenz,

Klägerin,

unterstützt durch

Falstaff Verlags GmbH mit Sitz in Klosterneuburg (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt W.G. Schärf,

Streithelferin,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch E. Waldherr und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

Rat der Europäischen Union, vertreten durch E. Karlsson als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M.J. Jonczy, L. Pignataro-Nolin und F. Hoffmeister als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M.J. Jonczy, L. Pignataro-Nolin und F. Hoffmeister als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich Spanien, vertreten durch L. Fraguas Gadea als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Königreich Spanien, vertreten durch L. Fraguas Gadea als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

und

und

Republik Finnland, vertreten durch A. Guimaraes-Purokoski und T. Pynnä als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

wegen Antrags der Falstaff Verlags GmbH auf Aussetzung der Wirkungen der Richtlinie 2003/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen (ABl. L 152, S. 16) auf der Grundlage von Artikel 243 EG

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt und Verfahren

1. Die Klägerin hat mit am 11. September 2003 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragener Klageschrift Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Richtlinie 2003/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Werbung und Sponsoring zugunsten von Tabakerzeugnissen (ABl. L 152, S. 16, im Folgenden: streitige Richtlinie).

2. Mit Beschluss vom 12. März 2004 hat der Präsident der Ersten Kammer die Kommission, das Königreich Spanien und die Republik Finnland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen. Er hat außerdem die Falstaff Verlags GmbH als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen.

3. Mit am 10. Juni 2004 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragenem besonderem Schriftsatz hat die Falstaff Verlags GmbH (im Folgenden: Streithelferin) auf der Grundlage von Artikel 243 EG beantragt, die Wirkungen [der streitigen Richtlinie] auszusetzen.

4. Der Rat und das Parlament haben am 29. und 30. Juni 2004 zu dem Antrag auf einstweilige Anordnung Stellung genommen. Die Kommission hat am 1. Juli 2004 zu diesem Antrag Stellung genommen. Die Klägerin und das Königreich Spanien haben am 2. Juli 2004 Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

5. Nach den Artikeln 242 EG und 243 EG in Verbindung mit Artikel 225 Absatz 1 EG kann das Gericht, wenn es dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

6. Der Richter der einstweiligen Anordnung verfügt beim gegenwärtigen Stand der Akten über alle erforderlichen Angaben, um über den vorliegenden Antrag entscheiden zu können, ohne dass eine mündliche Anhörung der Parteien zweckdienlich wäre.

7. Zunächst ist die Zulässigkeit des Antrags zu prüfen.

Vorbringen der Parteien

8. Die Streithelferin trägt vor, dass ihr auf der Grundlage von Artikel 243 EG gestellter Antrag auf Aussetzung der Wirkungen der streitigen Richtlinie zulässig sei.

9. Sie meint, dass alle Parteien eines streitigen Verfahrens berechtigt seien, zum Schutz ihrer Interessen einen solchen Antrag zu stellen. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes vom 22. Dezember 1993 in der Rechtssache C244/91 P (Pincherle/Kommission, Slg. 1993, I-6965, Randnrn. 14 ff.) macht sie geltend, ein Streithelfer sei als Partei des Verfahrens anzusehen und folglich nach Artikel 243 EG antragslegitimiert. Da sie im Hauptsacheverfahren als Streithelferin zugelassen worden sei, könne sie auch den vorliegenden Antrag stellen.

10. Der Rat, das Parlament, die Kommission und das Königreich Spanien halten den Antrag auf einstweilige Anordnung für unzulässig.

11. Nach Auffassung des Rates und des Parlaments kann ein Streithelfer weder die Aussetzung des Vollzugs nach Artikel 242 EG noch sonstige einstweilige Anordnungen nach Artikel 243 EG beantragen. Würde einem Streithelfer dieses Recht zugestanden, so liefe dies der Regel gemäß Artikel 40 Absatz 4 der Satzung des Gerichtshofes sowie gemäß Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts zuwider, wonach Streithelfer die Sache einer Partei, zu deren Gunsten sie beiträten, lediglich unterstützen könnten. Im Übrigen wäre die Befugnis des Streithelfers, einen Antrag auf einstweilige Anordnung zu stellen, schwerlich mit anderen Bestimmungen der Verfahrensordnung in Einklang zu bringen, in denen ausdrücklich auf Streithelfer Bezug genommen werde, wenn sie betroffen seien (z. B. Artikel 87 § 4 Absatz 3, Artikel 115, Artikel 116 und Artikel 134 § 2 der Verfahrensordnung).

12. Die Kommission macht geltend, dass nach Artikel 104 § 1 der Verfahrensordnung zwischen einem Antrag auf Vollzugsaussetzung nach Artikel 242 EG, der nur vom Kläger gestellt werden könne, und einem Antrag auf sonstige einstweilige Anordnungen auf der Grundlage von Artikel 243 EG unterschieden werden müsse, den sämtliche Parteien des Hauptsacheverfahrens stellen könnten. Im vorliegenden Fall sei der auf Artikel 243 EG gestützte Aussetzungsantrag in Wirklichkeit ein Antrag auf Vollzugsaussetzung im Sinne von Artikel 242 EG. Da die Streithelferin die streitige Richtlinie nicht selbst im Hauptsacheverfahren angegriffen habe, sei ihr Antrag nach Artikel 104 § 1 Absatz 1 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen.

13. Das Königreich Spanien trägt u. a. vor, dass ein Streithelfer ebenso wenig, wie er eine Unzulässigkeitseinrede erheben könne (vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Juni 1998 in der Rechtssache T-174/95, Svenska Journalistförbundet/Rat, Slg. 1998, II-2289, Randnrn. 77 bis 79), einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs einer Maßnahme stellen könne.

14. Die Klägerin hat hinsichtlich der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags auf einstweilige Anordnung keine Einwände erhoben.

Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung

15. Artikel 104 § 1 Absatz 1 der Verfahrensordnung bestimmt, dass Anträge auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs im Sinne [von Artikel 242 EG]... nur zulässig [sind], wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat.

16. Nach Artikel 104 § 1 Absatz 2 der Verfahrensordnung sind Anträge auf sonstige einstweilige Anordnungen im Sinne [von Artikel 243 EG]... nur zulässig, wenn sie von einer Partei eines beim Gericht anhängigen Rechtsstreits gestellt werden und sich auf diesen beziehen.

17. Im vorliegenden Fall hat die Streithelferin einen Antrag auf Aussetzung gemäß Artikel 243 EG gestellt. Sie beantragt damit beim Richter der einstweiligen Anordnung die Aussetzung der Wirkungen der [streitigen] Richtlinie für sich sowie für die klagende Partei bis zur Beendigung des [beim Gericht in der Hauptsache anhängigen] Verfahrens.

18. Obgleich auf Artikel 243 EG gestützt, richtet sich dieser Antrag auf keine andere Maßnahme als die in Artikel 242 EG vorgesehene. Die geeignete Rechtsgrundlage für den Antrag ist daher Artikel 242 EG. Insoweit ist hervorzuheben, dass es einer Partei nicht erlaubt sein kann, die in einer Bestimmung der Verfahrensordnung enthaltenen Regeln dadurch zu umgehen, dass sie diese Bestimmung künstlich anderen in der Verfahrensordnung vorgesehenen Regeln unterwirft.

19. Daraus folgt, dass die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags im Licht des Artikels 104 § 1 Absatz 1 der Verfahrensordnung zu beurteilen ist.

20. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass Anträge auf Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen eines Organs nur zulässig sind, wenn der Antragsteller die betreffende Maßnahme durch Klage beim Gericht angefochten hat.

21. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Streithelferin die streitige Richtlinie nicht durch Klage beim Gericht angefochten hat. Unter diesen Umständen ist sie nicht berechtigt, ihren Antrag zu stellen.

22. Der vorliegende Antrag ist demnach als unzulässig zurückzuweisen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

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