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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 19.10.2005
Aktenzeichen: T-318/00
Rechtsgebiete: EG, Verordnung Nr. 659/1999


Vorschriften:

EG Art. 87
EG Art. 88 Abs. 2
Verordnung Nr. 659/1999 Art. 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache T-318/00

Freistaat Thüringen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt M. Schütte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

unterstützt durch

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch W.-D. Plessing und T. Jürgensen als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt R. Bierwagen,

Streithelferin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K.-D. Borchardt und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte im Beistand von C. Koenig, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

ODS Optical Disc Service GmbH mit Sitz in Hamburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. Brinker und U. Soltész, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/796/EG der Kommission vom 21. Juni 2000 über Beihilfen Deutschlands zugunsten der CDA Compact Disc Albrechts GmbH, Thüringen (ABl. L 318, S. 62)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richter R. García-Valdecasas, J. D. Cooke, M. Jaeger und F. Dehousse,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2004

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1. Artikel 87 EG bestimmt:

"(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen ..."

2. Artikel 88 EG sieht vor:

"(1) Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern.

(2) Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 87 unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, dass der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat ..."

3. Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) lautet:

"(1) Vertritt die Kommission die Auffassung, dass die von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Informationen ... unvollständig sind, so fordert sie alle sachdienlichen ergänzenden Auskünfte an. Hat ein Mitgliedstaat auf ein derartiges Ersuchen geantwortet, so unterrichtet die Kommission den Mitgliedstaat vom Eingang der Antwort.

(2) Wird eine von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangte Auskunft innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so übermittelt die Kommission ein Erinnerungsschreiben, in dem sie eine zusätzliche Frist für die Auskunftserteilung festsetzt.

..."

4. Artikel 6 der Verordnung Nr. 659/1999 sieht vor:

"(1) Die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in dieser Entscheidung zu einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist verlängern.

..."

5. Artikel 10 der Verordnung Nr. 659/1999 lautet:

"(1) Befindet sich die Kommission im Besitz von Informationen gleich welcher Herkunft über angebliche rechtswidrige Beihilfen, so prüft sie diese Informationen unverzüglich.

(2) Gegebenenfalls verlangt die Kommission von dem betreffenden Mitgliedstaat Auskünfte. In diesem Fall [gilt] Artikel 5 Absätze 1 und 2 entsprechend.

(3) Werden von dem betreffenden Mitgliedstaat trotz eines Erinnerungsschreibens nach Artikel 5 Absatz 2 die verlangten Auskünfte innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskünfte durch Entscheidung an (nachstehend 'Anordnung zur Auskunftserteilung' genannt). Die Entscheidung bezeichnet die angeforderten Auskünfte und legt eine angemessene Frist zur Erteilung dieser Auskünfte fest."

6. Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 sieht vor:

"Nach Prüfung einer etwaigen rechtswidrigen Beihilfe ergeht eine Entscheidung nach Artikel 4 Absätze 2, 3 oder 4. Bei Entscheidungen zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens wird das Verfahren durch eine Entscheidung nach Artikel 7 abgeschlossen. Bei Nichtbefolgung der Anordnung zur Auskunftserteilung wird die Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen."

7. Artikel 14 der Verordnung Nr. 659/1999 bestimmt:

"(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend 'Rückforderungsentscheidung' genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.

(2) Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

(3) Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel [242 EG] erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Gemeinschaftsrechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen."

8. Ferner bestimmt Artikel 16 der Verordnung Nr. 659/1999, der die Überschrift "Missbräuchliche Anwendung von Beihilfen" trägt:

"Unbeschadet des Artikels 23 kann die Kommission bei missbräuchlicher Anwendung von Beihilfen das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 4 Absatz 4 eröffnen, wobei die Artikel 6, 7, 9 und 10 sowie Artikel 11 Absatz 1 und die Artikel 12, 13, 14 und 15 entsprechend gelten."

9. 1994 erließ die Kommission Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 368, S. 12), die 1997 geändert wurden (ABl. C 283, S. 2) (im Folgenden: Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen).

Sachverhalt

10. Mit der Entscheidung 2000/796/EG vom 21. Juni 2000 über Beihilfen Deutschlands zugunsten der CDA Compact Disc Albrechts GmbH, Thüringen (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), hat sich die Kommission zur Rechtmäßigkeit der Finanzhilfen geäußert, die verschiedene deutsche öffentliche Stellen in den Jahren 1991 bis 1995 zugunsten eines Werkes zur Herstellung von CDs und CD-Zubehör in Albrechts in Thüringen (im Folgenden: CD-Werk in Albrechts) gewährten.

A - Allgemeiner Rahmen

11. Die Kommission hat in der angefochtenen Entscheidung zwischen drei Phasen unterschieden, der Phase der Gründung des Unternehmens, der Phase der Umstrukturierung des Unternehmens und schließlich der Übernahme bestimmter Vermögenswerte des Unternehmens durch die MediaTec Datenträger GmbH (im Folgenden: MTDA).

1. Die Phase der Unternehmensgründung (1990 bis 1992)

12. Der angefochtenen Entscheidung zufolge wurde das CD-Werk in Albrechts aufgrund eines Joint-Venture-Vertrags errichtet, der am 20. Februar 1990 zwischen dem VEB Kombinat Robotron mit Sitz in Dresden/Sachsen (im Folgenden: Robotron) und der R. E. Pilz GmbH Co. Beteiligungs KG (im Folgenden: PBK), einer Gesellschaft der in Kranzberg/Bayern ansässigen Pilz-Unternehmensgruppe (im Folgenden: Pilz-Gruppe), geschlossen wurde. An diesem damals "Pilz Robotron GmbH Co. Beteiligungs KG" genannten Joint Venture (im Folgenden: Joint Venture) waren die Robotron zu zwei Dritteln und die PBK zu einem Drittel beteiligt. Zweck des Joint Ventures war die Herstellung von CDs, CD-Boxen und Zubehör. Reiner Pilz, der Geschäftsführer der Pilz-Gruppe, führte auch die Geschäfte des Joint Ventures (11. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

13. Um seinen vertraglichen Zweck zu erfüllen, schloss das Joint Venture am 29. August 1990 mit der Pilz GmbH Co. Construction KG (im Folgenden: Pilz Construction), einer Gesellschaft der Pilz-Gruppe, einen Generalunternehmervertrag über die Errichtung eines schlüsselfertigen Werkes für die Herstellung von CDs zu einem Pauschalpreis von 235,525 Mio. DM. Hinzu kamen die Erschließungskosten in geschätzter Höhe von ungefähr 7,5 Mio. DM (12. und 20. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

14. Ferner vereinbarten die beiden Joint-Venture-Partner mit Zusatzvertrag vom 26. Mai 1992 einen Vertrag zur Erweiterung der Kapazität für die Herstellung von CDs und von CD-Boxen. Für die dafür notwendigen Leistungen und Lieferungen wurde ein Betrag von insgesamt 39 Mio. DM vereinbart (22. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

15. Zur Finanzierung dieser Investitionen nahmen die Robotron und die PBK Kredite über die notwendigen Beträge bei einem Bankenkonsortium auf. Diese Bankkredite waren entweder zum Teil oder in voller Höhe durch Bürgschaften der Treuhandanstalt, der für die Finanzierung der Privatisierung der Unternehmen in der früheren Deutschen Demokratischen Republik zuständigen öffentlichen Einrichtung (im Folgenden: THA), und des Freistaats Bayern gedeckt. Außerdem gewährten der Freistaat Thüringen und der Freistaat Bayern, Letzterer durch die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, eine Einrichtung des Freistaats Bayern für die Finanzierung von Infrastrukturen (im Folgenden: LfA), dem Joint Venture Investitionszuschüsse und -zulagen.

16. Im Übrigen wurden die Anteile am Joint Venture während der Phase der Errichtung des CD-Werks in Albrechts wiederholt übertragen. Zunächst wurden die Anteile der Robotron am Joint Venture nach deren Liquidation durch die THA im Jahr 1992 an die PBK verkauft. Anschließend übertrug die PBK fast alle ihre Anteile am Joint Venture auf die Pilz GmbH Co. Compact Disc KG (im Folgenden: Pilz Compact Disc), eine weitere zur Pilz-Gruppe gehörende Gesellschaft, deren Tochtergesellschaft das Joint Venture damit wurde. Schließlich wurde das Joint Venture nach dieser Übertragung und der Verlegung des Firmensitzes nach Albrechts am 24. November 1992 in Pilz Albrechts GmbH (im Folgenden: PA) umfirmiert. Die PA wurde sofort nach der Übertragung in das zentrale Cash-Management der Pilz-Gruppe integriert (13. und 14. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

2. Die Umstrukturierungsphase (1993 bis 1998)

17. Das CD-Werk nahm 1993 seine Tätigkeit auf. Bereits mit der Aufnahme des Betriebes geriet es in große Schwierigkeiten und verschuldete sich hoch (15. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

18. Zur Verbesserung der Situation wurde am 7. März 1994 zwischen der Pilz-Gruppe (einschließlich der PA), den Banken und den öffentlichen Stellen (der THA, der LfA, der Thüringer Industriebeteiligungsgesellschaft [im Folgenden: TIB] und der Thüringer Aufbaubank [im Folgenden: TAB]), die an der Finanzierung der Errichtung des CD-Werks in Albrechts beteiligt gewesen waren, eine Sanierungsvereinbarung getroffen. Im Rahmen dieser Vereinbarung wurde ein Großteil der Bankkredite, die für die Errichtung des CD-Werks gewährt worden waren, ganz oder zum Teil zurückgezahlt. Außerdem wurden auf der Grundlage der Sanierungsvereinbarung die Gesellschaftsanteile an der PA rückwirkend zum 1. Januar 1994 von der TIB - zu 98 % - und der TAB - zu 2 % - erworben; die PA schied dadurch aus der Pilz-Gruppe aus. Im Oktober 1994 wurde sie in CDA Compact Disc Albrechts GmbH (im Folgenden: CD Albrechts) umfirmiert (15. und 17. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). Die TAB und die LfA gewährten der CD Albrechts 1994 und 1995 mehrere Darlehen.

19. Ebenfalls im Jahr 1994 stellten die deutschen Behörden fest, dass ein Großteil der für die Finanzierung der Errichtung des CD-Werks in Albrechts gewährten Finanzhilfen insbesondere im Rahmen des zentralen Cash-Managements der Pilz-Gruppe zugunsten anderer Unternehmen der Gruppe fehlgeleitet worden war. Am 25. Juli 1995 wurde über das Vermögen sämtlicher Unternehmen der Pilz-Gruppe das Konkursverfahren eröffnet. Reiner Pilz wurde wegen betrügerischen Konkurses und anderer Straftaten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (16. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

3. Übernahme bestimmter Vermögenswerte durch die MTDA

20. Mit Wirkung zum 1. Januar 1998 erwarb die MTDA, eine 100%ige Tochtergesellschaft der TIB, die hauptsächlich im Bereich der Produktion von Hochleistungsdatenträgern - insbesondere beschreibbare CDs (CD-ROM) und DVDs - tätig ist, einen Teil der Vermögenswerte der CD Albrechts, und zwar Anlage- und Umlaufvermögen, technisches Know-how und Vertrieb (18. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

21. Gleichzeitig wurde die CD Albrechts in LCA Logistik Center Albrechts GmbH (im Folgenden: LCA) und die MTDA in CDA Datenträger Albrechts GmbH (im Folgenden: CDA) umfirmiert. Die LCA blieb jedoch Eigentümerin des betriebsnotwendigen Grundstücks, der darauf stehenden Gebäude, der technischen Infrastruktur sowie der Logistikeinrichtungen. Außerdem wurde zwischen der LCA und der CDA ein Leistungsaustauschvertrag geschlossen, der einen Pachtvertrag mit einer jährlichen Pacht von 800 000 DM und einen Dienstleistungsvertrag über ein vom Geschäftsumfang abhängiges Volumen von etwa 3 Mio. DM pro Jahr vorsieht (19. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

22. Schließlich beantragte die LCA am 22. September 2000 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

B - Das Verwaltungsverfahren

23. Nachdem die Kommission durch Presseberichte erfahren hatte, dass die deutschen Behörden Beihilfen für die Errichtung des CD-Werks in Albrechts gewährt hatten, ersuchte sie die Bundesrepublik Deutschland im Oktober 1994 um Auskünfte über diese Beihilfen. Dies führte zu einer intensiven Korrespondenz und mehreren Treffen zwischen den deutschen Behörden und der Kommission (1. bis 3. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

24. Mit Schreiben vom 17. Juli 1998 (im Folgenden: Eröffnungsentscheidung) setzte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland über ihre Entscheidung in Kenntnis, wegen dieser Beihilfen das förmliche Prüfverfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG zu eröffnen. In der Anlage zu diesem Schreiben wurde den deutschen Behörden ein Fragenkatalog übermittelt. Die Eröffnungsentscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Dezember 1998 veröffentlicht (Mitteilung der Kommission gemäß Artikel [88] Absatz 2 [EG] an die übrigen Mitgliedstaaten und andere[n] Beteiligten über die Beihilfe für die Errichtung der CD Albrechts GmbH, Thüringen, ehemals Pilz-Gruppe, Bayern [ABl. C 390, S. 7]).

25. Die deutschen Behörden reagierten auf die Eröffnungsentscheidung mit verschiedenen Schreiben, die ergänzende Informationen enthielten. Zwischen diesen Behörden und Vertretern der Kommission fanden noch weitere Treffen statt.

26. Da die Kommission jedoch der Auffassung war, dass ihre Fragen durch die von den deutschen Behörden übermittelten Informationen nicht hinreichend beantwortet seien, verlangte sie mit Schreiben vom 22. Juli 1999 die Beantwortung der Fragen bis zum 31. August 1999. Nach einer mit Schreiben vom 28. Juli 1999 erbetenen Verlängerung dieser Frist und einem nochmaligen Gespräch mit Vertretern der Kommission am 23. September 1999 in Brüssel übersandten die deutschen Behörden weitere Informationen.

27. Außerdem meldeten sich nach Ablauf der in der Eröffnungsentscheidung gesetzten Frist die CDA und die Point Group Ltd, eine Konkurrentin der CDA, als Beteiligte und reichten Stellungnahmen bei der Kommission ein.

28. Die Kommission schloss das Verfahren schließlich am 21. Juni 2000 mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung ab.

C - Feststellung des Sachverhalts und rechtliche Würdigung

29. Die Kommission prüfte getrennt die Finanzhilfen, die die Bundesrepublik Deutschland in der Gründungsphase, der Umstrukturierungsphase und im Rahmen der Übernahme bestimmter Vermögenswerte der CD Albrechts durch die MTDA gewährte.

1. Von der Bundesrepublik Deutschland in der Gründungsphase gewährte Finanzhilfen

30. Die Kommission wies in der angefochtenen Entscheidung fünf Finanzhilfen aus, die in der Gründungsphase gewährt worden waren. In einer Tabelle in der 32. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung beschrieb sie diese Finanzhilfen wie folgt:

31. Aus dieser Tabelle geht erstens hervor, dass die THA 1992 eine 100%ige Bürgschaft über 190 Mio. DM gewährte, die den größten Teil der Bankkredite für die Robotron und das Joint Venture abdeckte. Nach Auffassung der Kommission ist diese Bürgschaft als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe anzusehen, da sie nicht gemäß den Bedingungen der Beihilferegelungen gewährt worden sei, die die Kommission mit Schreiben SG(91) D/17825 vom 26. September 1991 (im Folgenden: erstes Treuhandregime) und mit Schreiben SG(92) D/17613 vom 8. Dezember 1992 (im Folgenden: zweites Treuhandregime) genehmigt habe. Von dem ursprünglichen Bürgschaftsbetrag von 190 Mio. DM sei aber nur der von der THA im Rahmen der Bürgschaft tatsächlich gezahlte Betrag von 120 Mio. DM zurückzufordern.

32. Zweitens stellte die Kommission fest, dass der Freistaat Thüringen dem Joint Venture und dann der PA bis zum 31. Dezember 1993 auf der Grundlage des Investitionszulagengesetzes sowie des 20. und des 21. Rahmenplans der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (für die Jahre 1992 und 1993 auf der Grundlage des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. Oktober 1969 erlassene Pläne, im Folgenden: GA-Regelung) Investitionszuschüsse und -zulagen in Höhe von insgesamt 63,45 Mio. DM gewährt habe. Diese Regionalbeihilfe sei auf der Grundlage der Gemeinschaftsaufgabe und des Investitionszulagengesetzes zu Unrecht gewährt worden und somit als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zurückzufordern. Da der Freistaat Thüringen mit Bescheid die Rückzahlung von 32,5 Mio. DM verlangt habe, seien noch 30,95 Mio. DM zurückzufordern.

33. Drittens stellte die Kommission fest, dass der Freistaat Bayern dem Joint Venture 1991 und 1992 über die LfA Investitionszuschüsse und -zulagen in Höhe von insgesamt 19,42 Mio. DM gewährt habe. Da diese Zuschüsse und Zulagen zugunsten der Unternehmen der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden seien, seien sie auf der Grundlage der GA-Regelung und des Investitionszulagengesetzes zu Unrecht gewährt worden. Es handele sich daher um mit dem EG-Vertrag unvereinbare Beihilfen.

34. Viertens stellte die Kommission fest, dass der Freistaat Bayern gemäß den Richtlinien für die Übernahme von Staatsbürgschaften im Bereich der gewerblichen Wirtschaft (bekannt gemacht am 7. August 1973 unter der Nr. L 6811-1/7-43358 durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, im Folgenden: Regelung über die Übernahme von Bürgschaften durch den Freistaat Bayern) eine zunächst 80%ige und dann 100%ige Bürgschaft für die der PBK schließlich bewilligten Bankkredite in Höhe von insgesamt 54,7 Mio. DM gewährt habe. Die deutschen Behörden hätten es trotz der Informationsanordnung in der Eröffnungsentscheidung unterlassen, hinreichend detaillierte Informationen zu übersenden, um Zweifel der Kommission hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Vorgänge im Zusammenhang mit der vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Bürgschaft auszuräumen. Da die fragliche Beihilfe nicht der Finanzierung der Investition gedient habe, sondern fehlverwendet worden sei, sei diese Bürgschaft als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe anzusehen.

35. Fünftens vertrat die Kommission die Auffassung, dass der Verzicht der LfA auf die gegen die PBK gerichtete Forderung in Höhe von 3 Mio. DM, die durch die Zahlung dieses Betrages an die Banken aufgrund der vorstehend in Randnummer 34 genannten Bürgschaft auf die LfA übergegangen sei, eine staatliche Beihilfe darstelle. Diese Beihilfe sei mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie ohne Rechtsgrundlage gewährt worden sei.

36. Aufgrund dieser Feststellungen gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Bundesrepublik Deutschland in der Phase der Errichtung des CD-Werks in Albrechts staatliche Beihilfen in Höhe von insgesamt 260,57 Mio. DM unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG gewährt habe. Diese Beihilfen bestünden aus Maßnahmen des Freistaats Thüringen in Höhe von 63,45 Mio. DM, der LfA in Höhe von 77,12 Mio. DM (54,7 Mio. DM in Form einer Bürgschaft, 19,42 Mio. DM in Form von Investitionszulagen und 3 Mio. DM durch Forderungsverzicht) und der THA über einen Betrag von 120 Mio. DM.

37. Diese Beihilfen seien vor allem deswegen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, weil sie Unternehmen der Pilz-Gruppe begünstigt hätten und insoweit missbräuchlich im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG angewandt worden seien.

2. Finanzhilfen in der Umstrukturierungsphase

38. In der angefochtenen Entscheidung wies die Kommission zwölf in der Phase der Umstrukturierung des Unternehmens gewährte Finanzhilfen aus und stufte sie als Beihilfen ein. In einer Tabelle in der 39. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung sind diese Finanzhilfen wie folgt dargestellt:

39. Erstens stellte die Kommission fest, dass die TAB der PA im Oktober 1993 ein Darlehen von 25 Mio. DM zur Schließung von Liquiditätslücken dieses Unternehmens gewährt habe, dass jedoch diese Mittel über das zentrale Cash-Management der Pilz-Gruppe direkt von den anderen Unternehmen der Gruppe vereinnahmt worden seien.

40. Zweitens stellte sie fest, dass die TAB der PA im März 1994 ein Darlehen von 20 Mio. DM zur Rückzahlung der von der THA verbürgten Bankkredite gewährt habe, dass jedoch auch diese Mittel über das zentrale Cash-Management direkt von den Unternehmen der Pilz-Gruppe vereinnahmt worden seien.

41. Drittens stellte die Kommission fest, dass die TIB der PBK im März 1994 einen Betrag von 3 Mio. DM als Kaufpreis für die Unternehmensanteile der PBK an der PA gezahlt habe.

42. Viertens stellte sie fest, dass die TIB im März 1994 insgesamt 12 Mio. DM als Zuschuss in die Kapitalrücklage der PA geleistet habe.

43. Fünftens stellte sie fest, dass die TIB und die TAB im März 1994 98 % bzw. 2 % der Gesellschaftsanteile an der PA im Wert von 33 Mio. DM erworben hätten.

44. Sechstens stellte die Kommission fest, dass der Freistaat Bayern der PA im März 1994 über die LfA ein Darlehen von 2 Mio. DM gewährt habe.

45. Siebtens stellte sie fest, dass die TIB der PA im April 1994 ein Gesellschafterdarlehen von 3,5 Mio. DM gewährt habe.

46. Achtens stellte sie fest, dass die LfA der Pilz-Gruppe im Juni 1994 einen Betriebsmittelkredit von 15 Mio. DM gewährt habe, der als Überbrückung gedacht gewesen sei, bis ein kaufwilliger Investor für das CD-Werk in Albrechts gefunden würde.

47. Neuntens stellte die Kommission fest, dass die TAB der CD Albrechts im Oktober 1994 ein Darlehen von 15 Mio. DM gewährt habe. Dieses Darlehen sei zwar an die CD Albrechts ausbezahlt worden, habe aber dazu gedient, Dienstleistungen für die Unternehmen der Pilz-Gruppe zu erbringen, die von diesen nicht bezahlt worden seien, so dass nur diese Unternehmen begünstigt worden seien.

48. Zehntens stellte sie fest, dass der Freistaat Bayern der CD Albrechts im Dezember 1994 über die LfA ein weiteres Darlehen von 7 Mio. DM gewährt habe.

49. Elftens stellte sie fest, dass die TAB der CD Albrechts im Januar 1995 ein Darlehen von 9,5 Mio. DM gewährt habe.

50. Zwölftens stellte sie fest, dass die PA und die CD Albrechts nach den Angaben der deutschen Behörden von Ende 1993 bis 1998 Zinsvorteile im Gesamtumfang von 21,3 Mio. DM erlangt hätten.

51. Nach Auffassung der Kommission sind die vorstehend beschriebenen zwölf Finanzhilfen in einer Höhe von insgesamt 166,3 Mio. DM als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare, rechtswidrige staatliche Beihilfen einzustufen. Soweit diese Finanzhilfen der TIB und der TAB gedient hätten, nachdem diese die wirtschaftliche Verantwortung für das CD-Werk in Albrechts übernommen hätten, hätten sie von der Kommission nämlich nur auf der Grundlage des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c EG und gemäß den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen genehmigt werden können. Die fraglichen Finanzhilfen entsprächen aber eindeutig nicht den Leitlinien, weil die der Kommission vorliegenden Informationen nicht darauf schließen ließen, dass diese Hilfen im Rahmen eines tragfähigen und konkrete betriebliche Maßnahmen umfassenden Umstrukturierungsplans gewährt worden seien, der es der Kommission ermöglichen würde, festzustellen, dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums die langfristige Rentabilität und Lebensfähigkeit des Unternehmens wiederhergestellt werden könne. Überdies habe es keinen zur Übernahme der heutigen LCA und der heutigen CDA bereiten privaten Investor gegeben, so dass es mangels eines privaten Beitrags nicht möglich sei, festzustellen, ob die gewährte Beihilfe in einem Verhältnis zu dem Umstrukturierungsaufwand stehe.

3. Zur Rückforderung der Beihilfen

52. Die Kommission entschied in Anwendung von Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999, dass die Bundesrepublik Deutschland die rechtswidrigen und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen, die in den Phasen der Gründung und der Umstrukturierung des CD-Werks in Albrechts gezahlt worden seien, zurückfordern müsse.

53. Außerdem sei die Kommission, um sicherzustellen, dass ihre Entscheidung beachtet und jegliche Wettbewerbsverfälschung ausgeräumt werde, erforderlichenfalls verpflichtet, zu verlangen, dass ein Beitreibungsverfahren nicht auf den ursprünglichen Beihilfeempfänger beschränkt, sondern auch auf das Unternehmen auszudehnen sei, das die Geschäftstätigkeit des ursprünglichen Unternehmens mit Hilfe der übertragenen Produktionsmittel fortführe. Um festzustellen, ob ein Unternehmen die Geschäftstätigkeit des ursprünglichen Beihilfeempfängers tatsächlich fortführe, berücksichtige sie eine Reihe von Umständen, zu denen der Übertragungsgegenstand, der Kaufpreis, die Identität der Anteilseigner und Eigentümer des ursprünglichen Unternehmens und des Erwerbers, der Zeitpunkt, zu dem die Übertragung erfolgt sei, und deren kommerzieller Charakter gehörten. Im vorliegenden Fall zögen die LCA und die CDA zweifellos Nutzen aus der Beihilfe, die zuvor der PBK, dem Joint Venture und der PA gewährt worden sei, indem sie die Vermögensgegenstände und die Infrastruktur dieser Unternehmen nutzten, um deren Geschäftstätigkeiten fortzuführen. Die Kommission entschied daher, dass diese Beihilfen von der LCA, der CDA und allen anderen Unternehmen zurückzufordern seien, auf die Vermögensgegenstände des Joint Ventures, der PA oder der PBK übertragen worden seien oder übertragen würden, da sie ebenfalls als "Empfänger" der Beihilfen anzusehen seien.

4. Verfügender Teil der angefochtenen Entscheidung

54. Aufgrund dieser Erwägungen entschied die Kommission im verfügenden Teil:

"Artikel 1

(1) Die von [der Bundesrepublik] Deutschland der [PBK], [dem Joint Venture] und der [PA] zum Zweck der Errichtung, des Betriebs und der Konsolidierung der CD-Fabrik in Albrechts (Thüringen) gewährten Beihilfen wurden in Höhe von 260,57 Mio. D[M] in anderen Bereichen der Pilz-Gruppe verwendet.

Die Beihilfen betreffen im Einzelnen die Maßnahmen des Freistaats Thüringen in Höhe von 63,45 Mio. D[M], der [LfA] in Höhe von insgesamt 77,12 Mio. D[M] und der [THA] über einen Betrag von 120 Mio. D[M].

Die Fehlverwendung stellt eine missbräuchliche Anwendung von Beihilfen im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 [EG] dar; die Beihilfen sind daher mit dem EG-Vertrag unvereinbar.

(2) Die Beihilfe im Gesamtumfang von 166,3 Mio. D[M] für die Umstrukturierung der [CD Albrechts] ist nach Artikel 87 Absatz 1 [EG] mit den Bestimmungen des EG-Vertrags unvereinbar.

Artikel 2

(1) [Die Bundesrepublik] Deutschland ergreift die notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannten, rechtswidrig gewährten Beihilfen von den jeweiligen Empfängern zurückzufordern.

(2) Die Beitreibung erfolgt nach den Verfahren des innerstaatlichen Rechts. Die beizutreibenden Beträge erhöhen sich um die Zinsen, die ab dem Tag der Auszahlung der Beihilfe an den/die Empfänger bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung auf der Grundlage des für die Berechnung des Nettosubventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Bezugssatzes berechnet werden.

(3) Im Sinne dieses Artikels sind 'Empfänger' die [CDA] und die [LCA] sowie alle anderen Unternehmen, auf die Vermögensgegenstände und/oder Infrastruktur von der [PBK], [dem Joint Venture] oder der [PA] übertragen worden sind oder so übertragen werden, dass die Folgen dieser Entscheidung umgangen werden ..."

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

55. Der Freistaat Thüringen hat mit Klageschrift, die am 10. Oktober 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben. Diese Klage ist unter der Nummer T-318/00 eingetragen worden.

56. Mit Beschluss des Präsidenten der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts vom 28. Mai 2001 sind die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Freistaats Thüringen und die ODS Optical Disc Service GmbH (im Folgenden: ODS), eine Konkurrentin der CDA, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

57. Die ODS und die Bundesrepublik Deutschland haben ihre Streithilfeschriftsätze am 29. August und 3. September 2001 eingereicht. Am 24. Oktober 2001 haben der Freistaat Thüringen und die Kommission zu den Streithilfeschriftsätzen der ODS und der Bundesrepublik Deutschland Stellung genommen.

58. Das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) hat das Verfahren mit Beschluss vom 30. September 2002 bis zur abschließenden Entscheidung des Gerichtshofes in den Rechtssachen C-328/99 (Italien/Kommission) und C-399/00 (SIM 2 Multimedia/Kommission) ausgesetzt. In Anbetracht des Urteils, das am 8. Mai 2003 in diesen verbundenen Rechtssachen ergangen ist, hat das Gericht die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, sich zum Fortgang des Verfahrens zu äußern. Ihre Stellungnahmen sind am 23. und 24. Juni 2003 eingegangen.

59. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht die Verfahrensbeteiligten aufgefordert, sich zur Zweckmäßigkeit einer Verbindung der vorliegenden Klage mit der von der CDA erhobenen Klage zu äußern, die bei der Kanzlei des Gerichts unter der Nummer T-324/00 eingetragen worden ist und den gleichen Gegenstand betrifft. Nach Eingang der Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten sind die Rechtssachen mit Beschluss vom 8. März 2004 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

60. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat im Rahmen der in Artikel 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Verfahrensbeteiligten zur Vorlage bestimmter Dokumente aufgefordert und ihnen schriftlich Fragen gestellt.

61. Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 5. Mai 2004 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

62. Mit Beschluss vom 23. Juli 2004 ist die Verbindung der Rechtssachen T-318/00 und T-324/00 für die Verkündung der Urteile aufgehoben worden.

63. Der Freistaat Thüringen beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, Artikel 1 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit dadurch Beihilfen zugunsten des Joint Ventures und der PA für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden, sowie die Artikel 1 Absatz 2 und 2 Absatz 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

64. Die Streithelferin Bundesrepublik Deutschland beantragt,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

65. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- dem Freistaat Thüringen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

I - Vorbemerkungen

66. Der Freistaat Thüringen stützt seine Klage auf mehrere Klagegründe, mit denen er die Verletzung des Grundsatzes der Wahrung des rechtlichen Gehörs, die fehlerhafte Feststellung bestimmter Tatsachen, die Verletzung der Begründungspflicht, einen Verstoß gegen die Artikel 87 EG und 88 EG sowie ihre Durchführungsvorschriften, die Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und schließlich die Verletzung des Grundsatzes der Rechtssicherheit und eines "Grundsatzes der Bestimmtheit" rügt.

67. Das Gericht wird zunächst die Klagegründe prüfen, die zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung vorgebracht werden. Anschließend wird das Gericht die Klagegründe bezüglich der Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung prüfen.

II - Zur Rechtmäßigkeit des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung

68. Der Freistaat Thüringen macht im Wesentlichen geltend, dass Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung rechtswidrig sei, weil die Beurteilung der im Rahmen des Vorhabens des CD-Werks in Albrechts gewährten verschiedenen Finanzhilfen durch die Kommission auf fehlerhaften Sachverhaltsfeststellungen beruhe, gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 2 EG verstoße und der Begründungspflicht nicht genüge.

69. Somit sind der Reihe nach für jede der Finanzhilfen, die in den Tabellen oben in den Randnummern 30 und 38 angeführt sind, die vom Freistaat Thüringen vorgebrachten Klagegründe zu prüfen.

70. Das Gericht hält es jedoch für erforderlich, zunächst das Vorbringen des Freistaats Thüringen zu prüfen, dass sich die Kommission nicht auf die Informationen hätte stützen dürfen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorgelegen hätten.

A - Zur Befugnis, die angefochtene Entscheidung auf die verfügbaren Informationen zu stützen

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

71. Der Freistaat Thüringen ist der Ansicht, dass die Kommission die angefochtene Entscheidung nicht auf die Informationen hätte stützen dürfen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung vorgelegen hätten. Zunächst könne die Kommission, wie aus Artikel 13 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 und einer ständigen Rechtsprechung hervorgehe, eine Entscheidung nur dann auf die verfügbaren Informationen stützen, wenn der Mitgliedstaat eine Informationsanordnung, die die Kommission insoweit an ihn gerichtet habe, nicht oder nur unvollständig beantwortet habe (Urteile des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission [Boussac], Slg. 1990, I-307, Randnrn. 19 und 22, sowie vom 13. April 1994 in den Rechtssachen C-324/90 und C-342/90, Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, Slg. 1994, I-1173, Randnr. 26). Zudem sei die Kommission, auch wenn die nationalen Behörden ihr alle erheblichen Informationen übermitteln müssten, damit sie ihrer Aufgabe der Kontrolle staatlicher Beihilfen nachkommen könne, im Rahmen des Möglichen zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Sie müsse daher den nationalen Behörden klar und genau mitteilen, welche Angaben sie im Rahmen ihre Aufgabe benötige, und dürfe eine Entscheidung nur in Ausnahmefällen auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen, wenn es ihr trotz ihrer Aufforderungen nicht gelinge, die notwendigen Auskünfte zu erhalten. Im vorliegenden Fall hätten aber die deutschen Behörden die verschiedenen Auskunftsersuchen der Kommission und insbesondere die der Eröffnungsentscheidung beigefügten Fragen beantwortet. Mit einer Ausnahme hätten nämlich die Fragen im Mahnschreiben vom 22. Juli 1999 nicht den der Eröffnungsentscheidung beigefügten Fragen entsprochen, was zeige, dass das Verfahren in der Zwischenzeit fortgeschritten sei. Falls die Kommission gemeint habe, dass die Antworten auf die der Eröffnungsentscheidung beigefügten Fragen unzureichend gewesen seien, hätte sie in ihrem Schreiben vom 22. Juli 1999 darauf hinweisen müssen. Da die Kommission die deutschen Behörden nicht zu derartigen Erläuterungen aufgefordert habe, hätte sie die angefochtene Entscheidung somit nicht auf die verfügbaren Informationen stützen dürfen.

72. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, weist das Vorbringen des Freistaats Thüringen zurück.

2. Würdigung durch das Gericht

73. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, darf die Kommission eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen, wenn sie sich einem Mitgliedstaat gegenübersieht, der seiner Mitwirkungspflicht nicht genügt und ihr die Informationen, die sie von ihm verlangt hat, um die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen, nicht vorlegt (Urteile Boussac, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 22, sowie Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 26). Bevor die Kommission eine solche Entscheidung trifft, muss sie jedoch bestimmte Verfahrenserfordernisse beachten. Insbesondere muss sie dem Mitgliedstaat aufgeben, ihr innerhalb der von ihr gesetzten Frist alle Unterlagen, Informationen und Daten vorzulegen, die notwendig sind, um die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen. Nur wenn der Mitgliedstaat trotz der Anordnung der Kommission die verlangten Auskünfte nicht erteilt, ist die Kommission befugt, das Verfahren abzuschließen und die Entscheidung, mit der die Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen zu erlassen (Urteil Boussac, zitiert oben in Randnr. 71, Randnrn. 19 und 22). Diese Erfordernisse sind in die Artikel 5 Absatz 2, 10 Absatz 3 und 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 übernommen und dort konkretisiert worden.

74. Anhand dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall befugt war, beim Erlass der angefochtenen Entscheidung nur diejenigen Informationen zu berücksichtigen, die ihr im Juni 2000 vorlagen.

75. Zunächst ist an den Ablauf des Verwaltungsverfahrens in der vorliegenden Rechtssache zu erinnern.

76. Dieses Verfahren begann im Oktober 1994 mit einem an die deutschen Behörden gerichteten Schreiben. In diesem Schreiben ersuchte die Kommission die deutschen Behörden um Auskünfte über die für die Errichtung eines CD-Werks in Albrechts gewährte staatliche Beihilfe. Daraufhin meldeten die deutschen Behörden mit Schreiben vom 9. November 1994 eine Beihilfe des Freistaats Thüringen und des Freistaats Bayern zugunsten des Joint Ventures und der Pilz-Gruppe an. Mit Schreiben vom 15. November 1994 bat die Kommission um erläuternde Auskünfte über diese Beihilfe. Die deutschen Behörden antworteten darauf mit Schreiben vom 3. März 1995, indem sie die Anmeldung durch Mitteilung weiterer Beihilfen der THA sowie des Freistaats Thüringen und des Freistaats Bayern ergänzten. Soweit diese Beihilfen bereits gewährt worden waren, wurden sie von der Kommission unter der Nummer NN 54/95 registriert (2. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). Mit Schreiben vom 1. August 1995, 16. Oktober 1995 und 25. November 1996 stellte die Kommission ergänzende Fragen, die die deutschen Behörden mit Schreiben vom 22. August 1995, 25. August 1995, 18. Januar 1996 und 17. April 1997 beantworteten. Am 3. Februar sowie am 22. und 23. September 1997 fanden in Brüssel und Erfurt Treffen zwischen Vertretern der Kommission und den deutschen Behörden statt. Mit Schreiben vom 20. Januar 1998 nahmen Letztere auf der Grundlage des Treffens mit den Vertretern der Kommission zusammenfassend zu dem Vorgang Stellung (3. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

77. Da die Kommission nach einer Voruntersuchung der von den deutschen Behörden übermittelten Auskünfte die Auffassung vertrat, dass ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt bestünden, erließ sie am 17. Juli 1998 die Eröffnungsentscheidung.

78. In dieser Entscheidung gab sie der Bundesrepublik Deutschland außerdem auf, "ihr innerhalb eines Monats nach Erhalt [dieser Entscheidung] alle zur Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfen mit Artikel [87 EG] erforderlichen Unterlagen, Informationen und Daten ... vorzulegen". Der Eröffnungsentscheidung war ein Anhang mit sieben Fragen beigefügt.

79. Mit Schreiben vom 26. August 1998 reagierte die Bundesrepublik Deutschland auf die Eröffnungsentscheidung. Am 15. Oktober 1998 fand in Brüssel ein weiteres Treffen zwischen Vertretern der Kommission und den deutschen Behörden statt. Mit Schreiben vom 11. November 1998 übermittelten diese ergänzende Informationen.

80. Da die Kommission die übermittelten Auskünfte nach wie vor für unzureichend hielt, gab sie den deutschen Behörden mit Schreiben vom 4. März 1999 erneut auf, die erforderlichen Informationen vorzulegen und insbesondere die der Eröffnungsentscheidung beigefügten Fragen zu beantworten.

81. Auf diese erneute Aufforderung hin übersandten die deutschen Behörden mit Schreiben vom 30. März, 1. April und 16. April 1999 ergänzende Auskünfte.

82. Die Kommission war jedoch der Auffassung, dass die Fragen im Anhang der Eröffnungsentscheidung (insbesondere die Fragen Nrn. 3 bis 7) auch durch diese Informationen nicht hinreichend beantwortet seien. Sie verlangte daher mit Schreiben vom 22. Juli 1999 die Beantwortung der Fragen bis zum 31. August 1999. Außerdem verlangte sie von der Bundesrepublik Deutschland, ihr zusätzliche Informationen und Dokumente vorzulegen.

83. Nachdem die deutschen Behörden mit Schreiben vom 28. Juli 1999 um eine Verlängerung der von der Kommission gesetzten Frist gebeten und sich am 23. September 1999 in Brüssel erneut mit Vertretern der Kommission getroffen hatten, übersandten sie am 28. September und 19. Oktober 1999 weitere Informationen.

84. Die Kommission erließ schließlich am 21. Juni 2000 die angefochtene Entscheidung.

85. Was das Vorbringen des Freistaats Thüringen angeht, die deutschen Behörden hätten alle verlangten Informationen übermittelt und die Kommission hätte sich deshalb nicht auf die verfügbaren Informationen stützen dürfen, so ist zunächst festzustellen, dass aus dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens deutlich wird, dass die Kommission die in der Rechtsprechung aufgestellten und in der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehenen Verfahrenserfordernisse beachtet hat. Sie hat der Bundesrepublik Deutschland nämlich dreimal förmlich aufgegeben, ihr die Informationen vorzulegen, die notwendig waren, um die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt zu beurteilen.

86. Sodann geht entgegen der Auffassung des Freistaats Thüringen aus dem Schreiben der Kommission vom 22. Juli 1999 nicht hervor, dass die deutschen Behörden mit Ausnahme einer einzigen Frage alle Fragen beantwortet hätten. In diesem Schreiben forderte die Kommission die deutschen Behörden im Gegenteil nachdrücklich auf, die Fragen Nummern 3 bis 7 im Anhang der Eröffnungsentscheidung zu beantworten.

87. Der Freistaat Thüringen hat zudem nicht nachgewiesen, dass die deutschen Behörden alle von der Kommission im Anhang der Eröffnungsentscheidung gestellten Fragen erschöpfend beantworteten. Insbesondere hat er nicht dargetan, dass die Behörden eine genaue Auflistung der seit 1991 gewährten Beihilfen vorlegten, obwohl die Kommission eine solche wiederholt angefordert hatte. Er hat auch nicht den Beweis erbracht, dass die Behörden die Frage nach etwaigen Umstrukturierungsplänen beantworteten. Darüber hinaus ergibt sich aus den Verfahrensakten, dass die Behörden der Aufforderung zur Beschreibung der Transaktionen im Zusammenhang mit der Übernahme des Joint Ventures durch die TAB und die TIB und zur Erläuterung der Umstände und Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Kreditverzicht der Privatbanken im Jahr 1994 nur vage nachkamen.

88. Insoweit ist ferner daran zu erinnern, dass gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 "[d]ie Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens ... eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt [enthält]". Durch diese Entscheidung und ihre Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union werden die Mitgliedstaaten und die übrigen Beteiligten über die Tatsachen unterrichtet, auf welche die Kommission ihre Entscheidung zu stützen beabsichtigt. Halten die Beteiligten bestimmte Tatsachen in der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens für unzutreffend, so müssen sie dies daher der Kommission im Verwaltungsverfahren mitteilen, da sie die betreffenden Tatsachen andernfalls nicht mehr im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens angreifen können (vgl. in diesem Sinne bezüglich des Mitgliedstaats Urteil des Gerichtshofes vom 14. September 1994 in den Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I-4103, Randnr. 31). Nach den oben in Randnummer 73 dargestellten, sich aus der Rechtsprechung und der Verordnung ergebenden Grundsätzen darf sich die Kommission jedoch, wenn die betreffenden Beteiligten keine gegenteiligen Informationen vorlegen, auf die - auch unzutreffenden - Tatsachen stützen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der abschließenden Entscheidung vorliegen, sofern die fraglichen Tatsachen Gegenstand einer an den Mitgliedstat gerichteten Anordnung der Kommission waren, ihr die erforderlichen Informationen vorzulegen. Gibt die Kommission dem Mitgliedstaat dagegen nicht auf, ihr Informationen zu den Tatsachen, die sie zu berücksichtigen beabsichtigt, zu übermitteln, so kann sie anschließend etwaige fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen nicht damit rechtfertigen, dass sie befugt gewesen sei, bei Erlass der das förmliche Prüfverfahren abschließenden Entscheidung nur jene Informationen zu berücksichtigen, die ihr zu diesem Zeitpunkt vorlagen.

89. Anders als der Freistaat Thüringen vorträgt, ist die Kommission jedoch nicht jeder gerichtlichen Kontrolle der Sachverhaltsfeststellung entzogen. Ist der Mitgliedstaat nämlich seiner Verpflichtung, alle von der Kommission verlangten Informationen zu übermitteln, in vollem Umfang nachgekommen, so wird es ihm besonders leicht fallen, mit Hilfe der von ihm im Verfahren übermittelten Informationen nachzuweisen, dass etwaige fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen in der angefochtenen Entscheidung nicht ihm zuzurechnen sind. Zudem kann das Gericht, wenn die Kommission eine Entscheidung hinsichtlich bestimmter Tatsachen auf die verfügbaren Informationen stützt, ohne dabei die von der Rechtsprechung aufgestellten und in die Verordnung Nr. 659/999 übernommenen Verfahrenserfordernisse zu beachten, die Frage prüfen, ob die Berücksichtigung dieser Tatsachen geeignet war, zu einem Beurteilungsfehler zu führen, der die angefochtene Entscheidung rechtswidrig macht.

90. In Anbetracht der oben in den Randnummern 85 bis 88 dargestellten Umstände und insbesondere der drei Anordnungen, welche die Kommission im Verwaltungsverfahren an den Freistaat Thüringen richtete, hat dieser nicht dargetan, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Tatsachen berücksichtigte, ohne die entsprechenden Verfahrenserfordernisse zu beachten. Die Kommission durfte sich daher beim Erlass der angefochtenen Entscheidung auf die ihr vorliegenden Informationen stützen.

91. Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

B - Zur Bürgschaft des Freistaats Bayern (LfA) zugunsten der PBK

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

92. Der Freistaat Thüringen macht erstens geltend, dass die Kommission hinsichtlich dieser Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen habe. Entgegen der Feststellung der Kommission in der 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung sei die Bürgschaft des Freistaats Bayern, die ursprünglich 80 % der der PBK gewährten Bankkredite gedeckt habe, nicht in eine Bürgschaft umgewandelt worden, die die Kredite in Höhe von insgesamt 54,7 Mio. DM zu 100 % gedeckt habe. Der Betrag von 54,7 Mio. DM, auf den sich die Kommission beziehe, gebe die Höhe der tatsächlichen Valutierung der Kredite (ohne Zinsen) an, die bei Abschluss der Sanierungsvereinbarung im März 1994 vom Freistaat Bayern zu 80 % verbürgt worden seien. Entgegen den Feststellungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung habe sich der Freistaat Bayern nicht bereit erklärt, diesen Betrag zu 100 % zu verbürgen. Vielmehr sei im Rahmen der Sanierungsvereinbarung der Gesamtbetrag der vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite dadurch reduziert worden, dass die Banken in Höhe von 12 Mio. DM auf die Rückzahlung der verbürgten Kredite verzichtet hätten und dass der Freistaat Bayern wiederholt eingetreten sei. Nur den Restbetrag von 41,4 Mio. DM habe der Freistaat Bayern (die LfA) im Rahmen der Sanierungsvereinbarung zu 100 % verbürgt; diesen Betrag habe die LfA im Jahr 1995 durch Zahlung eines entsprechenden Betrages an die Banken in voller Höhe ablösen müssen. Die aus dieser Zahlung resultierende Forderung des Freistaats Bayern gegen das Joint Venture in Höhe von 41,4 Mio. DM und weitere Forderungen des Freistaats Bayern gegen diese Gesellschaft in Höhe von 9 Mio. DM seien schließlich am 7. November 1995 für 15 Mio. DM von der TAB erworben worden. Diese Forderung der TAB gegen das Joint Venture sei vollständig von der CDA getilgt worden, nachdem diese die Vermögensgegenstände der LCA erworben habe.

93. Diese Informationen hätten die deutschen Behörden der Kommission im Verwaltungsverfahren mitgeteilt. Aus den Schreiben vom 18. Januar 1996 und 30. März 1999 gehe klar hervor, dass die Bürgschaft des Freistaats Bayern, die ursprünglich 80 % der der PBK gewährten Bankkredite gedeckt habe, nicht in eine Bürgschaft umgewandelt worden sei, die 100 % der Kredite in Höhe von insgesamt 54,7 Mio. DM gedeckt habe. Die Gewährung dieser angeblichen 100%igen Bürgschaft sei in Wirklichkeit nur ein Eintritt in die ursprüngliche Bürgschaft gewesen und habe zudem nur einen Restbetrag von 41,4 Mio. DM erfasst. Die Kommission habe zu Unrecht Feststellungen hierzu unterlassen, obwohl es auf diesen Umstand entscheidend angekommen sei, weil er belegt habe, dass die Gewährung der 100%igen Bürgschaft durch den Freistaat Bayern im Rahmen der Sanierungsvereinbarung keine neue Beihilfe dargestellt habe, sondern eine Maßnahme im Rahmen einer bestehenden Beihilfe, die im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung gewährt worden sei.

94. Aus diesen Informationen ergebe sich weiter, dass die LfA entgegen den Feststellungen der Kommission in der 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung im Rahmen ihres Eintritts in die Bürgschaft nicht einen Betrag von 54,7 Mio. DM zuzüglich 7 Mio. DM geleistet habe. Die LfA habe allenfalls einen Betrag von 48,4 Mio. DM geleistet, weil sie im März 1994 den Banken 3 Mio. DM gezahlt und der PA zwei Darlehen von jeweils 2 Mio. DM gewährt habe - das eine für die Rückführung der verbürgten Kredite und das andere als Sicherheit für die Zahlung der künftigen Zinsen auf diese Kredite - und im Jahr 1995 den Banken 41,4 Mio. DM gezahlt habe. Die Differenz zwischen diesem Betrag von 48,4 Mio. DM und dem Betrag von 54,7 Mio. DM, der in der 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung genannt werde, erkläre sich insbesondere dadurch, dass die Kommission bestimmte Beträge zweimal berücksichtigt habe, einmal als vom Freistaat Bayern verbürgten Betrag und ein zweites Mal als von der LfA im Rahmen dieser Bürgschaft gezahlten Betrag.

95. Zweitens macht der Freistaat Thüringen geltend, dass die Kommission gegen Artikel 87 Absatz 1 EG verstoßen habe, weil sie in der 89. bis 93. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass die streitige Bürgschaft aufgrund ihrer Umwandlung in eine 100%ige Bürgschaft nicht mehr die Voraussetzungen der Regelung über die Übernahme von Bürgschaften durch den Freistaat Bayern erfülle.

96. Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie keine Gründe für ihre Feststellung angegeben habe, dass die Bürgschaft des Freistaats Bayern mit der geltenden Regelung nicht vereinbar sei.

97. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das gesamte Vorbringen des Freistaats Thüringen zur Bürgschaft des Freistaats Bayern als unbegründet zurückzuweisen sei.

98. Sie weist den Vorwurf zurück, dass sie bei der Sachverhaltsfeststellung bezüglich dieser Bürgschaft einen Fehler begangen habe. Zunächst hätten die deutschen Behörden es trotz der Informationsanordnung unterlassen, den Sachverhalt im Hinblick auf diese Finanzhilfe aufzuklären. Im Schreiben vom 30. März 1999 hätten sich die deutschen Behörden nämlich darauf beschränkt, die Erhöhung der Bürgschaft von 80 % auf 100 % als folgerichtig zu qualifizieren, hätten dies aber nicht erläutert. Sie sei daher nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C-47/91 (Italien/Kommission [Italgrani], Slg. 1992, I-4145) berechtigt gewesen, auf der Basis der verfügbaren Informationen zu entscheiden. Aus diesen Informationen habe sich aber ergeben, dass die tatsächliche Gewährung der Bürgschaft aufgrund von deren Umwandlung nicht den ursprünglichen, in der Regelung über die Übernahme von Bürgschaften durch den Freistaat Bayern vorgesehenen Parametern entsprochen habe. Da nach dieser von der Kommission zuvor genehmigten Beihilferegelung eine Bürgschaftsübernahme nur bis zur Höhe von 80 % der Kredite möglich gewesen sei, hätte die Bürgschaft des Freistaats Bayern nach dem Verzicht der Banken auf die Rückzahlung der Kredite in Höhe von 12 Mio. DM entsprechend verringert werden müssen. Zudem seien weder die deutschen Behörden noch der Freistaat Thüringen imstande gewesen, die Erhöhung des verbürgten Betrages von 52,72 Mio. DM auf 54,72 Mio. DM zu erklären. Selbst wenn schließlich der Vortrag des Freistaats Thüringen zutreffend sein sollte, dass zum Zeitpunkt der 100%igen Verbürgung des Restbetrags durch den Freistaat Bayern der Bürgschaftsfall bereits eingetreten gewesen sei, ändere dies nichts daran, dass der nunmehr geschuldete Betrag wiederum nur zu 80 % vom Freistaat Bayern hätte verbürgt werden dürfen.

99. Außerdem werfe ihr der Freistaat Thüringen zu Unrecht vor, dass sie bei der rechtlichen Beurteilung der Bürgschaft des Freistaats Bayern Artikel 87 Absatz 1 EG und die Begründungspflicht verletzt habe.

2. Würdigung durch das Gericht

100. Der Freistaat Thüringen stellt die Rechtmäßigkeit des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung in Frage, soweit darin eine von der LfA in Form einer Kreditbürgschaft in Höhe von 54,7 Mio. DM gewährte Finanzhilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe eingestuft wird, und begründet dies mit einer fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung, einem Verstoß gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und der Verletzung der Begründungspflicht.

101. Insoweit ist zunächst zu prüfen, ob die Kommission den Sachverhalt fehlerhaft festgestellt hat, als sie in der 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung feststellte, dass "[i]nfolge der Gewährung derartig umfangreicher Regionalbeihilfen ... der Kredit des Bankenkonsortiums über 65,85 Mio. D[M] schließlich nur mit 54,7 Mio. D[M] valutiert [wurde]" und dass "[d]afür ... die LfA statt der ursprünglich geplanten 80%igen eine nunmehr 100%ige Ausfallbürgschaft über diesen Betrag [gewährte]".

102. Wie oben in Randnummer 88 festgestellt worden ist, kann dies nur der Fall sein, wenn der Freistaat Thüringen imstande ist, nachzuweisen, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren die Informationen erhalten hat, die sie benötigte, um eine etwaige Unrichtigkeit der in der Eröffnungsentscheidung zusammengefassten Tatsachen zu korrigieren.

103. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Punkt 2.2.1 Absatz 3 der Eröffnungsentscheidung erklärt hat, dass "[f]ür diesen Kredit ... der Freistaat Bayern auf der Grundlage eines genehmigten Beihilfeplans eine 80%ige Ausfallbürgschaft (52,72 Mio. DM) [übernahm]". In Punkt 2.2.1 Absatz 5 heißt es:

"Da die an die [PBK] tatsächlich geflossenen Investitionszuschüsse und -zulagen höher ausfielen als erwartet, wurde der Kredit des Bankenkonsortiums über 65,85 Mio. DM nur mit 54,7 Mio. DM valutiert. Infolgedessen änderte der Freistaat Bayern 1994 seine ursprüngliche 80%ige Ausfallbürgschaft (52,72 Mio. DM) in eine 100%ige Ausfallbürgschaft (54,7 Mio. DM) ..."

104. Schließlich heißt es im Rahmen der vorläufigen Beurteilung der Beihilfen in der Eröffnungsentscheidung, dass "[d]ie Kommission ... außerdem starke Zweifel daran [hegt], ob die Maßnahmen im Zusammenhang mit dieser Bürgschaft, d. h. ihre Änderung in eine 100%ige Ausfallbürgschaft und die Erweiterung des verbürgten Betrages von 52,72 Mio. DM auf 54,7 Mio. DM unter [eine genehmigte Beihilferegelung] fielen" (Punkt 3.1.1 Absatz 1 der Eröffnungsentscheidung).

105. Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass die Kommission im Stadium der Eröffnung des Verfahrens aus den ihr vorliegenden Informationen geschlossen hatte, dass im Jahr 1994 die Bürgschaft des Freistaats Bayern, die ursprünglich 80 % der Kredite gedeckt hatte, in eine 100%ige Bürgschaft umgewandelt worden war und dass der verbürgte Betrag von 52,72 auf 54,7 Mio. DM erhöht worden war.

106. Es ist jedoch hervorzuheben, dass sich die deutschen Behörden im Schreiben vom 30. März 1999 zu dieser Darstellung des Sachverhalts in Bezug auf die Bürgschaft des Freistaats Bayern äußerten. Sie wiesen darauf hin, dass die Banken im Rahmen der Sanierungsvereinbarung auf 12 Mio. DM aus den durch diese Bürgschaft gesicherten Krediten verzichtet hätten und dass dieser Verzicht ihr Eigenrisiko hinsichtlich dieser Kredite vollständig abgedeckt habe, so dass "[d]er Rest des Kredites folgerichtig zu 100 % durch den Freistaat Bayern verbürgt [blieb]". Die deutschen Behörden erläuterten außerdem die Entwicklung der durch diese Bürgschaft gesicherten Kredite. Nach dieser Beschreibung beliefen sich die durch die Bürgschaft des Freistaats Bayern gesicherten Kredite, bevor die Banken im Rahmen der Sanierungsvereinbarung ihren Verzicht erklärten, auf insgesamt 58,4 Mio. DM. Nachdem die Banken auf einen Betrag von 12 Mio. DM verzichtet hätten, der Freistaat Bayern in Höhe von 3 Mio. DM in seine Bürgschaft eingetreten sei und die LfA der PA ein Darlehen von 2 Mio. DM für die Rückzahlung der Kredite gewährt habe, sei der Bürgschaftsbetrag auf 41,4 Mio. DM gesunken.

107. Aus diesen Informationen, denen die Kommission nicht substanziiert widersprochen hat und die durch nichts in den Verfahrensakten widerlegt werden, ist zu schließen, dass die Kommission in der 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt hat, dass der verbürgte Betrag von 52,72 auf 54,7 Mio. DM erhöht worden sei.

108. Was die Folgen dieser fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission auf der Grundlage der Feststellung in der 30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertrat, dass sich der im Zusammenhang mit der Bürgschaft des Freistaats Bayern zurückzufordernde Beihilfebetrag auf 54,7 Mio. DM belaufe (89. bis 93. und 123. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat somit den zurückzufordernden Beihilfebetrag aufgrund der fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung falsch festgesetzt.

109. Insoweit ist das Gericht zudem der Auffassung, dass es nicht über alle Angaben verfügt, die es benötigt, um die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung zu überprüfen. Daher hält es das Gericht für erforderlich, die Frage eines Begründungsmangels der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen aufzugreifen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C-166/95 P, Kommission/Daffix, Slg. 1997, I-983, Randnr. 24; Urteile des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 129, und vom 8. Juli 2004 in der Rechtssache T-44/00, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 210). Die in der 30., der 32. und der 89. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung angeführten Gründe hindern nämlich das Gericht an der Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe, weil dort nicht genau und kohärent erläutert wird, wie die Kommission den Zusammenhang zwischen erstens dem Betrag der Bankkredite, der von 65,58 auf 54,7 Mio. DM zurückgeführt wurde (30. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung), zweitens dem Umfang der von der LfA gewährten Bürgschaft, der von 80 % der Kredite auf 100 % der Kredite erweitert wurde (30. und 32. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung), und drittens dem Betrag der Bürgschaft, der von 52,72 auf 54,7 Mio. DM erhöht wurde (30. und 89. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung), hergestellt hat, um ihre Berechnung des jeweiligen Wertes der fraglichen Beihilfen zu rechtfertigen und zu ihrem oben in Randnummer 108 genannten falschen Schluss zu gelangen. Darüber hinaus ist die Kommission in der angefochtenen Entscheidung weder auf das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland in den Schreiben der deutschen Behörden vom 18. Januar 1996 und 30. März 1999 eingegangen, dass die Forderungen des Freistaats Bayern schließlich für 15 Mio. DM von der TAB erworben worden seien, noch hat sie ihre Beurteilung der möglichen Auswirkungen dieses Geschäftes auf den Wert und die Rückzahlung der fraglichen Beihilfen begründet. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass sie aus den vorgenannten Gründen auch die Begründungspflicht gemäß Artikel 253 EG verletzt hat.

110. Sodann ist zu prüfen, ob die Kommission im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung dieser Finanzhilfe auch gegen Artikel 87 Absätze 1 und 2 EG verstoßen hat. Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Freistaat Thüringen geltend macht, die Kommission habe zu Unrecht festgestellt, dass die in der Regelung über die Übernahme von Bürgschaften durch den Freistaat Bayern aufgestellten Voraussetzungen nicht beachtet worden seien, weil die ursprüngliche Bürgschaft in eine 100%ige Bürgschaft umgewandelt worden sei und weil die durch diese Bürgschaft gesicherten Kredite zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden seien. Die Kommission sei zu Unrecht zu dem Schluss gelangt, dass die Bürgschaft des Freistaats Bayern bereits von Anfang an mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar gewesen sei.

111. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der 89. bis 93. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung die Gründe erläuterte, aus denen sie die Rückforderung des aus der Bürgschaft des Freistaats Bayern bestehenden Beihilfebetrags verlangte. Nachdem sie in der 89. Begründungserwägung erklärt hatte, dass die unvollständigen Informationen der deutschen Behörden es nicht ermöglicht hätten, die Zweifel hinsichtlich der Umwandlung der ursprünglichen Bürgschaft auszuräumen, stellte sie fest, dass entgegen den Erfordernissen der Regelung über die Übernahme von Bürgschaften durch den Freistaat Bayern "[d]ie genannte Maßnahme ... weder der Finanzierung der dem Förderantrag zugrunde liegenden Investition [diente], noch ... sich der Investor in angemessenem Maß durch eigene Mittel an den Kosten der Finanzierung der Investition beteiligt [hat]" (90. und 91. Begründungserwägung). Weiter führte sie aus, dass die Darstellungen der deutschen Behörden, wonach diese verbürgten Kredite im Wesentlichen lediglich die Unternehmen der Pilz-Gruppe wirtschaftlich begünstigt hätten, auf einen Missbrauch der Beihilfen schließen ließen (92. Begründungserwägung). Sie gelangte deshalb zu dem Schluss, dass "diese Beihilfen nicht dem Investitionsvorhaben zur Errichtung einer CD-Fabrik zugute gekommen sind, sondern dem Erhalt der gesamten Pilz-Gruppe dienten und daher missbräuchlich, im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag, angewendet worden sind" und dass sie "[d]emgemäß ... nicht mit den Bestimmungen des EG-Vertrags zu vereinbaren, aufzuheben und durch die deutschen Behörden zurückzufordern [sind]" (93. Begründungserwägung).

112. Erstens geht aus dieser Begründung klar hervor, dass die Ansicht der Kommission, die im Rahmen der Bürgschaft des Freistaats Bayern gewährte Beihilfe sei zurückzufordern, auf der missbräuchlichen Anwendung dieser Beihilfe beruhte. Wie die Kommission zu Recht betont, wurde die Frage der Umwandlung der ursprünglichen Bürgschaft in eine 100%ige Bürgschaft nur zusätzlich angesprochen und bildet keinesfalls die Grundlage der von ihr in diesem Zusammenhang vorgenommenen Beurteilung.

113. Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass sich der Begriff der missbräuchlichen Anwendung unmittelbar aus Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG ergibt, der wie folgt lautet: "Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe ... missbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, dass der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat." Artikel 1 Buchstabe g der Verordnung Nr. 659/1999 definiert den Begriff "missbräuchliche Anwendung von Beihilfen" als "Beihilfen, die der Empfänger unter Verstoß gegen eine Entscheidung nach Artikel 4 Absatz 3 oder Artikel 7 Absätze 3 oder 4 dieser Verordnung verwendet".

114. Aus diesen Bestimmungen folgt, dass die Kommission, um nachzuweisen, dass eine aufgrund einer genehmigten Beihilferegelung gewährte Beihilfe missbräuchlich angewandt wurde, dartun muss, dass die Beihilfe unter Verstoß gegen diese Regelung, so wie die Kommission sie genehmigt hat, verwendet wurde, d. h. unter Verstoß gegen die nationalen Bestimmungen dieser Regelung oder die zusätzlichen Bedingungen, die der Mitgliedstaat im Rahmen der Genehmigung der Regelung durch die Kommission akzeptiert hat.

115. Die Kommission hat im vorliegenden Fall eindeutig dargetan, dass die Bürgschaft des Freistaats Bayern unter Verstoß gegen die Regelung über die Übernahme von Bürgschaften durch den Freistaat Bayern verwendet wurde. Sie erinnerte zunächst in der 90. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung daran, dass der Freistaat Bayern nach dieser Regelung Bürgschaften für Kredite zur Finanzierung von Investitionen (Errichtung, Erweiterung usw.) gewähre und dass sich der Antragsberechtigte, um in den Genuss einer solchen Bürgschaft zu kommen, an der Finanzierung des Vorhabens in angemessenem Umfang mit Eigenmitteln beteiligen und durch Sicherung der Gesamtfinanzierung des Vorhabens für eine Verzinsung und Tilgung der Kredite innerhalb einer angemessenen Frist sorgen müsse. Weiter stellte die Kommission fest, dass "[d]ie genannte Maßnahme ... offensichtlich im Wesentlichen weder der Finanzierung der dem Förderantrag zugrunde liegenden Investition [diente], noch ... sich der Investor in angemessenem Maß durch eigene Mittel an den Kosten der Finanzierung der Investition beteiligt [hat]" (91. Begründungserwägung) und dass "[diese] öffentlich besicherten Kredite ... im Wesentlichen lediglich die Unternehmen der Pilz-Gruppe wirtschaftlich begünstigten" (92. Begründungserwägung).

116. Der Umstand, dass die Bürgschaft ursprünglich im Einklang mit der Beihilferegelung gewährt wurde, ist demnach irrelevant. Wie die Kommission zu Recht hervorhebt, stellt nämlich nicht die ursprüngliche Gewährung der Beihilfe, sondern deren spätere Verwendung unter Verstoß gegen die Bestimmungen einer genehmigten Beihilferegelung eine missbräuchliche Anwendung der Beihilfe dar. Außerdem geht aus Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG klar hervor, dass die Feststellung der missbräuchlichen Anwendung ein vom Kriterium der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt getrenntes und unabhängiges Kriterium ist, das daher bereits als solches eine Entscheidung der Kommission rechtfertigt, mit der die Aufhebung oder Umgestaltung einer Beihilfe angeordnet wird. Entgegen der Auffassung des Freistaats Thüringen hat die Kommission deshalb in der angefochtenen Entscheidung zu Recht keine Gründe angeführt, die die Unvereinbarkeit der Bürgschaft des Freistaats Bayern mit dem Gemeinsamen Markt belegen sollten. Die Kommission ist daher insoweit auch ihrer Begründungspflicht gemäß Artikel 253 EG nachgekommen.

117. Das Vorbringen des Freistaats Thüringen zum angeblichen Verstoß gegen Artikel 87 EG ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

118. Nach alledem ist Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin festgestellt hat, dass die im Rahmen der Errichtung des CD-Werks in Albrechts gewährten staatlichen Beihilfen einen Betrag von 54,7 Mio. DM in Form der Bürgschaft des Freistaats Bayern umfassten.

C - Zu dem der PBK vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Forderungsverzicht in Höhe von 3 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

119. Der Freistaat Thüringen macht geltend, die Kommission habe in der 96. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt, dass die PBK dadurch, dass die LfA auf ihre Forderung in Höhe von 3 Mio. DM gegen dieses Unternehmen verzichtet habe, eine Beihilfe erhalten habe. Die Kommission lasse dabei nämlich außer Acht, dass sie diesen Betrag bereits bei der Bewertung der vom Freistaat Bayern gewährten Bürgschaft, d. h. des Betrages von 54,72 Mio. DM, als Beihilfe berücksichtigt habe. Wie die deutschen Behörden der Kommission im Verfahren mit Schreiben vom 3. März 1995 und 30. März 1999 mitgeteilt hätten, sei diese Forderung gegen die PBK aber gerade dadurch entstanden, dass zur Verringerung des Betrages der durch die ursprüngliche Bürgschaft gesicherten Kredite eine entsprechende Summe an die Banken gezahlt worden sei.

120. Sodann habe die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie den Verzicht der LfA auf die Forderung in Höhe von 3 Mio. DM in der angefochtenen Entscheidung als neue Beihilfe angesehen habe. Wie in der vorstehenden Randnummer dargelegt, habe diese Finanzhilfe nämlich der Rückzahlung der Bankkredite gedient, die für die Errichtung des CD-Werks in Albrechts gewährt und durch die Bürgschaft des Freistaats Bayern gesichert worden seien. Jedenfalls habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie den Verzicht der LfA auf die Forderung in Höhe von 3 Mio. DM zugunsten der PBK für eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe halte.

121. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, weist das gesamte Vorbringen des Freistaats Thüringen zum Forderungsverzicht in Höhe von 3 Mio. DM zurück. Zunächst habe sie hinsichtlich dieser Finanzhilfe weder den Sachverhalt fehlerhaft festgestellt noch einen Rechtsfehler begangen, weil nicht der Eintritt in die Bürgschaft als zusätzliche Beihilfe bewertet worden sei, sondern der nachfolgende Verzicht auf die durch den Eintritt übergegangene Forderung. Dieser Verzicht sei im Übrigen bereits bei der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens als Beihilfe qualifiziert worden, insbesondere in der Tabelle auf Seite 9 der Eröffnungsentscheidung, ohne dass sich die deutschen Behörden in der Folge dagegen gewehrt hätten. Sie sei auch ihrer Begründungspflicht hinsichtlich dieser Beihilfe nachgekommen. In der 96. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung habe sie nämlich auf der Grundlage der lückenhaften Auskünfte der deutschen Behörden festgestellt, dass es sich um eine Beihilfe gehandelt habe, die ohne Rechtsgrundlage gewährt worden sei und daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei.

2. Würdigung durch das Gericht

122. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich des Verzichts der LfA auf ihre Forderung in Höhe von 3 Mio. DM gegen die PBK eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

123. Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der 96. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass "[a]uch der ... Verzicht auf die Rückzahlung eines Kredits von 3 Mio. D[M] ... als nichtvereinbare Beihilfe anzusehen [ist,] die zurückzufordern ist, da er ohne Rechtsgrundlage vorgenommen wurde".

124. Nach Ansicht des Freistaats Thüringen beruht diese Feststellung auf einer fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung und einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung, weil die Kommission durch Einbeziehung sowohl des Gesamtbetrags der Bürgschaft des Freistaats Bayern (54,7 Mio. DM) als auch des Forderungsbetrags, auf den der Freistaat Bayern gegenüber der PBK verzichtet habe (3 Mio. DM), dieselbe Beihilfe zweimal berücksichtigt habe. Jedenfalls habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe dargelegt habe, aus denen sie den Forderungsverzicht als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe ansehe.

125. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sowohl das Bestehen als auch der Umfang einer Beihilfe unter Berücksichtigung der Lage zum Zeitpunkt ihrer Gewährung beurteilt werden müssen. Dass eine staatliche Bürgschaft bei Ausfall des begünstigten Unternehmens in Anspruch genommen wird, ändert daher nichts am Wesen dieser Bürgschaft im Hinblick auf Artikel 87 EG und führt nicht zu einer neuen Beihilfe.

126. Zwar kann in bestimmten Fällen der einseitige Verzicht eines staatlichen Bürgen auf die Ansprüche, die er nach der Inanspruchnahme der Bürgschaft gegen den Begünstigten hat, eine Beihilfe darstellen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der staatliche Bürge nicht wie ein rationaler Wirtschaftsteilnehmer verhält, indem er alle Schritte, die möglich sind, unternimmt, um den Betrag, den er aufgrund der Bürgschaft zahlen musste, zurückzuerhalten. Außerdem kann, wenn sich der Verzicht auf eine ursprünglich durch eine Kreditbürgschaft gesicherte Forderung nach Eintritt in die Bürgschaft als endgültig erweist und damit zu einer direkten Verringerung der Verschuldung des Begünstigten führt, dieser Verzicht grundsätzlich eine gesonderte Beihilfe darstellen, soweit er im Verhältnis zur Kreditbürgschaft und zum Eintritt in diese Bürgschaft einen zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil verschafft.

127. Die Kommission hat aber erst im Verfahren vor dem Gericht erklärt, dass sie nicht den Eintritt in die Bürgschaft als zusätzliche Beihilfe bewertet habe, sondern den nachfolgenden Verzicht auf die durch den Eintritt übergegangene Forderung. Die 31. und die 96. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung machen jedoch weder den Verfahrensbeteiligten noch dem Gericht die insoweit vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend verständlich und ermöglichen dem Gericht daher keine Prüfung der Gründe, aus denen die Kommission den Forderungsverzicht beim Erlass der Entscheidung als neue Beihilfe angesehen hat, die sich von der Beihilfe unterscheidet, die aus der Bürgschaft des Freistaats Bayern oder dem Eintritt in diese Bürgschaft bestehen soll. Nach ständiger Rechtsprechung können die Erklärungen, die die Kommission im streitigen Verfahren vor dem Gericht abgibt, den Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich auch nicht heilen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1996 in den Rechtssachen C-329/93, C-62/95 und C-63/95, Deutschland u. a./Kommission, Slg. 1996, I-5151, Randnrn. 47 und 48; Urteile des Gerichts vom 25. Juni 1998 in den Rechtssachen T-371/94 und T-394/94, British Airways u. a. und British Midland Airways/Kommission, Slg. 1998, II-2405, Randnrn. 116 bis 119, und vom 18. Januar 2005 in der Rechtssache T-93/02, Confédération nationale du Crédit mutuel/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 123 bis 126).

128. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob die Kommission dieselbe Beihilfe tatsächlich zweimal berücksichtigt hat; sie durfte sich jedenfalls nicht damit begnügen, in der 96. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass der Verzicht auf die Rückzahlung des Kredits eine mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbare Beihilfe darstelle, da er "ohne Rechtsgrundlage vorgenommen" worden sei.

129. Der Freistaat Thüringen macht daher zu Recht geltend, dass die Kommission hinsichtlich der Einstufung des der PBK von der LfA gewährten Verzichts auf die Forderung in Höhe von 3 Mio. DM ihre Begründungspflicht gemäß Artikel 253 EG verletzt habe; die weiteren Rügen, die er in diesem Zusammenhang erhebt, brauchen somit nicht geprüft zu werden.

130. Demnach ist Artikel 1 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin festgestellt hat, dass die zum Zweck der Errichtung, des Betriebs und der Konsolidierung der CD-Fabrik in Albrechts gewährten staatlichen Beihilfen einen Betrag von 3 Mio. DM in Form des Forderungsverzichts zugunsten der PBK umfassten.

D - Zu den dem Joint Venture und der PA vom Freistaat Thüringen und vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Investitionszuschüssen und -zulagen in Höhe von 63,45 Mio. DM und 19,42 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

131. Der Freistaat Thüringen macht geltend, dass die Kommission hinsichtlich der vom Freistaat Thüringen und vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen verschiedene fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen und Beurteilungsfehler begangen sowie die Begründungspflicht verletzt habe.

132. Zunächst habe die Kommission, da sie in der 88. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass aufgrund der vom Freistaat Thüringen gewährten Finanzzuschüsse gegen die CD Albrechts ein Rückforderungsbescheid in Höhe von 32,45 Mio. DM ergangen sei, in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht die Rückzahlung des Gesamtbetrags dieser Zuschüsse, nämlich 63,45 Mio. DM, verlangt.

133. Sodann seien die im Rahmen der Errichtung des CD-Werks in Albrechts gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen entgegen den Feststellungen der Kommission in der 87. und der 88. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung bestehende Beihilfen, die mit den von der Kommission zuvor genehmigten Beihilferegelungen vereinbar seien, und keine neuen Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, weil sie unter Verstoß gegen ein angebliches Verbot der Förderung von Investitionsgütern innerhalb verbundener Unternehmen gewährt worden seien. Weder das Investitionszulagengesetz noch die GA-Regelung, noch das Gemeinschaftsrecht enthielten nämlich ein generelles Verbot dieses Inhalts. Im Übrigen sei, selbst wenn die GA-Regelung ein Verbot der Förderung von Investitionsgütern innerhalb verbundener Unternehmen enthalten sollte, dieses Verbot im vorliegenden Fall beachtet worden, weil der Freistaat Thüringen vor Auszahlung der Zuschüsse jedes Mal die Bestätigung seitens des Joint Ventures verlangt habe, dass die Zuschüsse nicht der Förderung von Investitionsgütern innerhalb verbundener Unternehmen dienen würden. Diese Umstände gingen klar aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Mühlhausen vom 9. April 1998 hervor, die der Kommission in der Anlage zum Schreiben vom 28. September 1999 übermittelt worden sei. Außerdem könne man das Verhältnis zwischen dem Joint Venture und der Pilz Construction zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages über die Errichtung des CD-Werks in Albrechts nicht als Verhältnis zwischen "verbundenen Unternehmen" ansehen, weil die Pilz-Gruppe zu diesem Zeitpunkt nur Minderheitsgesellschafter des Joint Ventures gewesen sei. Die Gewährung der Zuschüsse habe daher im Einklang mit den Voraussetzungen der GA-Regelung gestanden, und sie sei damit unter eine genehmigte Beihilferegelung gefallen und folglich mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen. Erst die Fehlverwendung eines Teils der Investitionszuschüsse zugunsten der Pilz-Gruppe habe zur teilweisen Unvereinbarkeit der Zuschüsse mit den Voraussetzungen der GA-Regelung und damit zur Unvereinbarkeit dieses Teils der Zuschüsse mit dem Gemeinsamen Markt geführt. Der Freistaat Thüringen weist in diesem Zusammenhang ferner die Behauptung der Kommission zurück, die deutschen Behörden hätten im förmlichen Prüfverfahren nicht den Nachweis dafür erbracht, dass ein Teil der Investitionszuschüsse ordnungsgemäß verwendet worden sei. Diese Information habe sich vielmehr in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mühlhausen vom 9. April 1998 befunden (S. 10 bis 12).

134. Was sodann die Gewährung der Investitionszulagen betreffe, so habe die Kommission Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung unterlassen und sei deswegen fehlerhaft zu dem Schluss gelangt, dass die Investitionszulagen wegen des angeblichen Verbotes der Förderung zwischen verbundenen Unternehmen nicht hätten gewährt werden dürfen. Ein solches Verbot bestehe nach dem Investitionszulagengesetz nicht, vielmehr bestehe danach ein Anspruch des Investors auf Auszahlung der Investitionszulage unabhängig davon, wer Lieferant des Investitionsguts sei. Ferner habe die Kommission außer Acht gelassen, dass ein Teilbetrag der Investitionszulagen, nämlich ein Betrag von 6,137 Mio. DM, zurückgefordert worden sei und dass für den Restbetrag die im Investitionszulagengesetz vorgesehenen Voraussetzungen unzweifelhaft vorgelegen hätten.

135. Schließlich widerspricht der Freistaat Thüringen der Auffassung der ODS, dass die Investitionszuschüsse und -zulagen deswegen nicht hätten gewährt werden dürfen, weil das Investitionsvorhaben bereits am 29. August 1989 und damit vor der Wiedervereinigung begonnen worden sei. Abgesehen davon, dass dies unzutreffend sei, sei nach dem Beschluss des Planungsausschusses vom 25. Januar 1991, der die Detailregelungen für eine Förderung nach der GA-Regelung treffe, eine Förderung auch für Vorhaben möglich, die nach dem 1. Juli 1990 und damit vor dem 3. Oktober 1990 begonnen worden seien (Bundestagsdrucksache 12/895, Anhang 4). Für Investitionszulagen sei darüber hinaus anzumerken, dass die einschlägige Regelung im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik bereits vor der Wiedervereinigung gegolten habe und aufgrund des am 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik geschlossenen Vertrages über die Herstellung der Einheit Deutschlands (BGBl. 1990 II S. 889) nach der Wiedervereinigung zunächst fortgegolten habe.

136. Die Kommission bestreitet, dass sie hinsichtlich der Investitionszuschüsse und -zulagen den Sachverhalt fehlerhaft gewürdigt und einen Beurteilungsfehler begangen habe.

137. Zunächst sei das Vorbringen des Freistaats Thüringen, die Kommission habe die Voraussetzung, von der er die Gewährung von Investitionszuschüssen gemäß der GA-Regelung ausdrücklich abhängig gemacht habe, unberücksichtigt gelassen, nicht verständlich, weil ihre beihilferechtliche Würdigung gerade auf der Berücksichtigung dieser Voraussetzung fuße (87. und 88. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). Die Ergänzung durch eine solche Voraussetzung sei auch folgerichtig gewesen, weil, auch wenn ein pauschales Verbot der Förderung verbundener Unternehmen nicht bestehe, die Gewährung öffentlicher Mittel untersagt werden müsse, wenn diese Mittel im Rahmen eines Cash-Concentration-Systems automatisch zweckentfremdet würden und dadurch anderen Verbundunternehmen zuflössen, bei denen die Fördertatbestände nicht erfüllt seien (im vorliegenden Fall die Gesellschaften der Pilz-Gruppe). Würden eigentlich nach Artikel 87 Absatz 3 EG genehmigte Zuwendungen an ein Unternehmen geleistet, das an einem Cash-Concentration-System beteiligt sei, so seien diese Zuwendungen ausnahmsweise als von Anfang an rechtswidrig zu bewerten und deshalb zurückzufordern. Ein solches System verhindere nämlich von vornherein, dass die Fördermittel zweckentsprechend verwendet würden. Dass der Freistaat Thüringen Investitionszuschüsse zurückgefordert habe, stelle überdies ein Anerkenntnis der Tatsache dar, dass das Joint Venture diese Beihilfen fehlverwendet habe. Soweit der Freistaat Thüringen geltend machen wolle, dass der restliche Teil der Zuschüsse zweckentsprechend verwendet worden sei, habe er zudem den Nachweis dafür zu erbringen. Im Verwaltungsverfahren hätten jedoch weder die deutschen Behörden noch der Freistaat Thüringen, noch sonstige Beteiligte zu beweisen vermocht, dass zumindest ein Teil der Zuschüsse der Errichtung, dem Ausbau, der Umstellung oder der Rationalisierung des Unternehmens gedient habe.

138. Da die deutschen Behörden ihr den Rückforderungsbescheid des Freistaats Thüringen nicht übermittelt hätten, habe sie auch keine andere Wahl gehabt, als auf der Grundlage der Informationen zu entscheiden, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorgelegen hätten, d. h. auf der Grundlage der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mühlhausen vom 9. April 1998. Aus dieser gehe hervor, dass die Thüringer Behörden bei der Berechnung des von ihnen zurückzufordernden Beihilfebetrags zu Unrecht davon ausgegangen seien, dass der missbräuchlich verwendete Betrag niedriger sei, da ihnen bei der Ermittlung des zurückzufordernden Betrages noch nicht bekannt gewesen sei, dass das ganze Projekt gegen das Verbot der Förderung verbundener Unternehmen verstoßen habe und deshalb keinerlei Zuschüsse hätten gewährt werden dürfen. Sie habe in der angefochtenen Entscheidung daher zu Recht die Auffassung vertreten, dass alle gewährten Zuschüsse als rechtswidrig einzustufen und daher zurückzufordern seien. Diese Schlussfolgerung sei vor allem deswegen zwingend gewesen, weil ihr bei Erlass der angefochtenen Entscheidung keine Informationen vorgelegen hätten, aus denen hervorgegangen wäre, dass der vom Freistaat Thüringen zurückgeforderte Betrag von 32,45 Mio. DM tatsächlich zurückgezahlt worden sei.

139. Auf das Vorbringen des Freistaats Thüringen, sie habe unbeachtet gelassen, dass das CD-Werk in Albrechts im Rahmen der Regelung über die Regionalförderung hätte gefördert werden können, entgegnet die Kommission, dass sie die Investitionszuschüsse und -zulagen am Maßstab ihrer Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (Mitteilung der Kommission über die Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung [ABl. 1998, C 74, S. 9], zuletzt geändert durch die Mitteilung über die Änderung der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung [ABl. 2000, C 258, S. 5], im Folgenden: Leitlinien für Regionalbeihilfen) geprüft habe, so dass diese Frage nicht erörtert zu werden brauche.

140. Da die Investitionszulagen unbestritten im Rahmen des Cash-Concentration-Systems fehlgeleitet worden seien und der Nachweis, dass ein Teil der Zulagen zweckentsprechend verwendet worden sei, nicht erbracht worden sei, sei schließlich der volle Betrag der Zulagen zurückzufordern, weil diese als bereits bei ihrer Gewährung unzulässig einzustufen seien. Zwar sei ein Betrag von 6,4 Mio. DM zuzüglich 2,2 Mio. DM bereits zurückgefordert worden (79. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung), doch lägen ihr keine Informationen vor, dass dieser Betrag tatsächlich gezahlt worden sei, so dass sie die Zahlung des gesamten Betrages in Höhe von 19,42 Mio. DM verlangt habe. Sodann treffe die Behauptung des Freistaats Thüringen, dass sie zu den Investitionszulagen nicht Stellung genommen habe, nicht zu. Tatsächlich habe sie sich nämlich zu dieser Frage geäußert, da sie in der 94. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf die vorhergehenden Begründungserwägungen die Unvereinbarkeit dieser Zulagen mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt habe. Dabei habe sie sich auf die Ausführungen der deutschen Behörden gestützt, die den Schluss zugelassen hätten, dass die Mittel nicht dem Investitionsvorhaben zugute gekommen seien, sondern dem Erhalt der gesamten Pilz-Gruppe gedient hätten und daher missbräuchlich eingesetzt worden seien.

141. Die ODS schließt sich den Ausführungen der Kommission zu den Investitionszuschüssen und -zulagen an. Daneben macht sie geltend, dass noch ein weiterer Grund für den Standpunkt der Kommission spreche, dass die dem Joint Venture und später der PA gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen nicht mit der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung des Investitionszulagengesetzes und der GA-Regelung im Einklang gestanden hätten. Der Freistaat Thüringen habe nämlich selbst vorgetragen, dass diese Beihilfen vor der Wiedervereinigung gewährt worden seien, d. h. zu einem Zeitpunkt, als diese Beihilferegelungen für das Gebiet Thüringens noch nicht in Kraft getreten seien (Nrn. 1.2, 3.2 und 2.9.2 der GA-Regelung und Nr. 4.2 der Leitlinien für Regionalbeihilfen).

2. Würdigung durch das Gericht

142. Im Rahmen der vorliegenden Rüge sind das Vorbringen des Freistaats Thüringen zu den von ihm gewährten Investitionszuschüssen und -zulagen und sein Vorbringen zu den vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Investitionszuschüssen und -zulagen getrennt zu prüfen. Die Kommission hat nämlich in der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf diese beiden Finanzhilfen unterschiedliche Begründungen gegeben.

a) Zu den vom Freistaat Thüringen gewährten Investitionszuschüssen und -zulagen

143. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung sind die vom Freistaat Thüringen gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen mit dem EG-Vertrag unvereinbar, weil sie im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG missbräuchlich angewandt worden seien.

144. Der Begriff der missbräuchlichen Anwendung ergibt sich ummittelbar aus Artikel 88 Absatz 2 EG, der wie folgt lautet: "Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe ... missbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, dass der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat." Gemäß Artikel 1 Buchstabe g der Verordnung Nr. 659/1999 wird eine Beihilfe missbräuchlich angewandt, wenn sie "der Empfänger unter Verstoß gegen eine Entscheidung nach Artikel 4 Absatz 3 oder Artikel 7 Absätze 3 oder 4 dieser Verordnung verwendet".

145. Aus diesen Bestimmungen folgt, dass die Kommission, um nachzuweisen, dass eine im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung gewährte Beihilfe missbräuchlich angewandt wurde, dartun muss, dass die Beihilfe unter Verstoß gegen die nationalen Bestimmungen dieser Regelung oder die zusätzlichen Bedingungen, die der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Genehmigung der Regelung durch die Kommission akzeptiert hat, verwendet wurde.

146. Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der 87. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ihre Beurteilung der missbräuchlichen Anwendung der vom Freistaat Thüringen gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen wie folgt begründet:

"Nach den Ermittlungen der deutschen Strafverfolgungsbehörden hat ein konzerninterner Waren-Dienstleistungsaustausch zwischen den beteiligten Unternehmen der Pilz-Gruppe in einer Größenordnung von 109 Mio. D[M] stattgefunden. Damit hätte das gesamte Investitionsvorhaben nicht gefördert werden dürfen, da gegen das Verbot der Förderung von Investitionsgütern innerhalb verbundener Unternehmen verstoßen worden ist. Mithin ist dieser Investitionszuschuss, der auf der Basis der [GA-Regelung] und des Investitionszulagengesetzes für 1991 und 1992 zu Unrecht gewährt wurde, in Höhe von 63,45 Mio. D[M] nicht programmkonform und damit als [durch die genehmigten Regelungen] nicht gedeckt zu betrachten."

Die Kommission ist daher zu dem Schluss gelangt, dass diese in das Cash-Concentration-System der Pilz-Gruppe geflossenen Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen einzustufen und zurückzufordern seien. Weiter hat sie festgestellt, dass der Freistaat Thüringen mit Bescheid vom 27. Juli 1995 die Rückzahlung eines Betrages von lediglich 32,5 Mio. DM verlangt habe und daher ein Rückforderungsbetrag von 30,95 Mio. DM verblieben sei (88. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

147. Aus dieser Begründung ergibt sich, dass die Existenz eines Waren-Dienstleistungsaustauschs innerhalb der Pilz-Gruppe und die über das zentrale Cash-Management erfolgte Fehlleitung der Mittel die Gründe dafür waren, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertrat, es liege ein Verstoß gegen das Verbot der Förderung von Investitionsgütern innerhalb verbundener Unternehmen und damit eine missbräuchliche Anwendung im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG vor.

148. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Freistaat Thüringen, ohne dass die Kommission in diesem Punkt widersprochen hätte, in seinen Schriftsätzen geltend gemacht hat, dass weder die GA-Regelung noch das Investitionszulagengesetz, die von der Kommission als Beihilferegelungen genehmigt worden seien, dieses Verbot enthielten, sondern dass es sich um eine zusätzliche Bedingung handele, von der er im vorliegenden Fall die Auszahlung jeder Tranche der Investitionszuschüsse und -zulagen abhängig gemacht habe, um zu verhindern, dass sie zur Förderung anderer Unternehmen der Pilz-Gruppe verwendet würden. Auch der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mühlhausen, die der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelt wurde, konnte ein dahin gehender Hinweis entnommen werden.

149. Da weder die betreffenden Beihilferegelungen noch die Entscheidungen über die Genehmigung dieser Regelungen das Förderungsverbot enthielten, konnte die Kommission ihre Feststellung, dass eine missbräuchliche Verwendung vorliege, nicht auf den bloßen Verstoß gegen ein solches Verbot stützen. Wie oben in Randnummer 145 festgestellt worden ist, muss sie nämlich, um nachzuweisen, dass eine gemäß einer genehmigten Beihilferegelung gewährte Beihilfe missbräuchlich angewandt wurde, dartun, dass die Beihilfe unter Verstoß gegen die nationalen Bestimmungen dieser Regelung oder die zusätzlichen Bedingungen, die der Mitgliedstaat zum Zeitpunkt der Genehmigung der Regelung akzeptiert hat, verwendet wurde. Der Verstoß gegen eine einfache zusätzliche Bedingung, die der Beihilfegeber einseitig aufgestellt hat, ohne dass diese Bedingung ausdrücklich in solchen von der Kommission genehmigten nationalen Bestimmungen vorgesehen wäre, genügt jedoch nicht, um den Tatbestand einer missbräuchlichen Verwendung der Beihilfe im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG zu erfüllen.

150. Zwar kann es sich allgemein als nützlich erweisen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Beihilfeempfänger in eine Unternehmensgruppe integriert ist, in der ein zentrales Cash-Management eingeführt worden ist, die Gewährung von Zuschüssen und anderen Beihilfen einem strengen Verbot unterliegt, die Beihilfen zur Unterstützung der übrigen Unternehmen der Gruppe, zu der der Empfänger gehört, zu verwenden. Aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mühlhausen ergibt sich im Übrigen, dass der Freistaat Thüringen die Gewährung der Zuschüsse genau aus diesem Grund mit einem derartigen Verbot verknüpft hat. Der bloße Umstand, dass die Aufnahme einer bestimmten Klausel in eine Beihilferegelung wünschenswert gewesen wäre, kann jedoch nicht die Tatsache verdecken, dass im vorliegenden Fall eine solche Vorschrift weder in den fraglichen Regelungen noch in der Entscheidung der Kommission vorgesehen war, so dass ihre Nichtbeachtung keine missbräuchliche Anwendung im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG darstellen kann, da andernfalls die Vorhersehbarkeit der von der Kommission auf der Grundlage dieser Bestimmung durchgeführten Kontrolle beeinträchtigt würde.

151. Der Freistaat Thüringen macht somit zu Recht geltend, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Auffassung vertreten habe, dass die von ihm gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen bereits aufgrund des Verstoßes gegen das bei ihrer Gewährung vorgesehene Verbot im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG missbräuchlich angewandt worden seien.

152. Demnach ist, ohne dass die übrigen Rügen, die der Freistaat Thüringen in dieser Hinsicht erhoben hat, geprüft werden müssten, Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin festgestellt hat, dass die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten staatlichen Beihilfen einen Betrag von 63,45 Mio. DM in Form von Investitionszuschüssen und -zulagen des Freistaats Thüringen umfassten.

b) Zu den vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Investitionszuschüssen und -zulagen

153. In der 93. bis 95. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung traf die Kommission zu den vom Freistaat Bayern (der LfA) gewährten Investitionszuschüssen und -zulagen folgende Feststellungen:

"[D]iese Beihilfen [sind] nicht dem Investitionsvorhaben zur Errichtung einer CD-Fabrik zugute gekommen ..., sondern [dienten] dem Erhalt der gesamten Pilz-Gruppe ... und [sind] daher missbräuchlich, im Sinne von Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag, angewendet worden ...

Dies gilt auch für die insgesamt 19,42 Mio. D[M], die auf der Grundlage des Investitionszulagengesetzes bzw. der Bestimmungen über GA-Mittel [vergeben] wurden.

Die deutschen Behörden haben der Kommission mitgeteilt, die nach deutschem Recht gebotenen Schritte zur Rückforderung der Beihilfen im Rahmen der Konkursverfahren der Pilz-Unternehmensgruppe unternommen zu haben."

154. Der Freistaat Thüringen macht insoweit zu Recht geltend, dass diese vage und wenig ausführliche Begründung gegen Artikel 253 EG verstoße, weil sie keine Angabe der Gründe enthalte, aus denen die Kommission der Auffassung gewesen sei, dass die vom Freistaat Bayern gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen unter Verstoß gegen die GA-Regelung und das Investitionszulagengesetz verwendet worden seien.

155. Es genügt nämlich nicht, wie in der 95. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung geschehen, festzustellen, dass die deutschen Behörden der Kommission mitgeteilt hätten, sie hätten die nach deutschem Recht gebotenen Schritte zur Rückforderung dieser Beihilfen unternommen. Unabhängig davon, ob eine derartige Rückforderung von der Kommission als Anerkenntnis der Behörden ausgelegt werden konnte, dass die fraglichen Beihilfen rechtswidrig verwendet worden seien, kann dies die Kommission nicht von ihrer Pflicht gemäß Artikel 253 EG befreien, den von ihr erhobenen Vorwurf der Unvereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu begründen.

156. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr zur Wahrung ihrer Rechte die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das Gemeinschaftsgericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15 und die dort zitierte Rechtsprechung). Was den Begriff der Betroffenen im Sinne der vorstehenden Rechtsprechung angeht, so hat der Gerichtshof entschieden, dass das Begründungserfordernis insbesondere nach dem Interesse zu beurteilen ist, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell im Sinne von Artikel 230 EG betroffene Personen an Erläuterungen haben können (Urteil des Gerichtshofes vom 13. März 1985 in den Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809, Randnr. 19; Urteil Confédération nationale du Crédit mutuel/Kommission, zitiert oben in Randnr. 127, Randnr. 68). Es zeigt sich also, dass das Erfordernis, eine Entscheidung über staatliche Beihilfen zu begründen, nicht nur nach dem Interesse an Informationen bestimmt werden kann, das der Mitgliedstaat hat, an den diese Entscheidung gerichtet ist, da dieses Interesse aus besonderen Gründen, je nachdem, ob er im Verwaltungsverfahren bestimmte rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte angegriffen hat oder nicht, gering sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil British Airways u. a. und British Midland Airways/Kommission, zitiert oben in Randnr. 127, Randnr. 92). Betrifft die angefochtene Entscheidung den Kläger unmittelbar und individuell im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG, wie es hier beim Freistaat Thüringen der Fall ist, so kann dieser folglich verlangen, dass die Begründung der Entscheidung, um den Erfordernissen des Artikels 253 EG zu genügen, sämtliche tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen zum Ausdruck bringt, die die Grundlage der Entscheidung bilden.

157. Die Kommission hat somit ihre Begründungspflicht aus Artikel 253 EG verletzt, da sie nicht die Gründe angegeben hat, aus denen sie der Auffassung war, dass die vom Freistaat Bayern gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen unter Verstoß gegen die GA-Regelung und das Investitionszulagengesetz verwendet worden seien.

158. Demnach ist, ohne dass die übrigen Rügen, die der Freistaat Thüringen in diesem Zusammenhang erhoben hat, geprüft werden müssten, Artikel 1 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung bezüglich der vom Freistaat Bayern gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen für nichtig zu erklären.

E - Zu der der Robotron/dem Joint Venture von der THA gewährten Bürgschaft

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

159. Der Freistaat Thüringen macht geltend, dass die Kommission in der 97. bis 99. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht die Auffassung vertreten habe, dass die Gewährung der Bürgschaft durch die THA und der spätere Eintritt in diese Bürgschaft keine bestehende Beihilfe seien, die mit einer von der Kommission zuvor genehmigten Beihilferegelung im Einklang stehe, sondern eine neue Beihilfe, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei. Erstens sei die Bürgschaft, weil die THA sie zugunsten des Joint Ventures übernommen habe, um dessen Privatisierung zu erleichtern, sehr wohl gemäß dem ersten und dem zweiten Treuhandregime (genehmigt durch Schreiben der Kommission vom 26. September 1991 und 8. Dezember 1992) gewährt worden und stelle daher eine bestehende und keine neue Beihilfe dar. Gemäß dem klaren Wortlaut des ersten Treuhandregimes habe nämlich die THA Bürgschaften für Verbindlichkeiten der von ihr gehaltenen Unternehmen übernehmen können, wobei unter "Unternehmen" auch Anteile an Tochterunternehmen oder an Joint Ventures zu verstehen seien. Genau dieser Fall habe hier aber vorgelegen, weil die Übernahme einer Bürgschaft zugunsten der Robotron und des Joint Ventures die Übertragung der mehrheitlich von der Robotron - einem öffentlichen Unternehmen - gehaltenen Anteile auf die PBK - ein Privatunternehmen - ermöglicht habe und dabei etwaige Schadensersatzansprüche gegenüber der Robotron abgewendet worden seien. Die Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Robotron, auf die sich die Kommission in der 98. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung beziehe, um darzutun, dass Ziel der THA von Anfang an die Liquidation und nicht die Privatisierung der Robotron gewesen sei, seien unbeachtlich, weil sie nicht zum Zeitpunkt der Gewährung der Bürgschaft erfolgt seien, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, als eine Liquidation der Robotron ins Auge gefasst worden sei. Die Verträge über die Gründung des Joint Ventures seien aber alle vor der Wiedervereinigung geschlossen und die Bürgschaft sei vor der Wiedervereinigung gewährt worden, mithin zu einem Zeitpunkt, als die Robotron noch gehofft habe, tatsächlich - über das Joint Venture - an der Marktwirtschaft teilnehmen zu können und ein führender CD-Hersteller in der früheren Deutschen Demokratischen Republik zu werden, und als eine Liquidation noch nicht angestanden habe.

160. Zweitens weist der Freistaat Thüringen die Ansicht der Kommission zurück, dass die Treuhandregime einschließlich der Voraussetzungen für die Gewährung der einzelnen dort genannten Beihilfemaßnahmen eng auszulegen seien. Abgesehen davon, dass, wie er bereits dargelegt habe, die Gewährung der Bürgschaft an die Robotron und an das Joint Venture selbst bei engster Auslegung der Treuhandregime zweifellos deren Gewährungsvoraussetzungen erfülle, verkenne die Kommission dabei die Tatsache, dass sich zu dem Zeitpunkt, als sie diese Regelungen genehmigt habe, alle Beteiligten - einschließlich der Kommission - darin einig gewesen seien, dass die beispiellose Aufgabe der THA eine großzügige Handhabung der Gemeinschaftsregelung über die Beihilfekontrolle erfordere (vgl. K. Van Miert, Markt, Macht, Wettbewerb. Meine Erfahrungen als Kommissar in Brüssel , Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart/München 2000, S. 243 ff.). Die Kommission könne dieses Einvernehmen nicht einseitig aufheben.

161. Drittens sei die Bürgschaft vor der Wiedervereinigung gewährt worden, so dass sie entweder gar nicht als staatliche Beihilfe anzusehen sei oder aber als eine staatliche Beihilfe, die bereits vor der Wiedervereinigung - mit der die Geltung der Bestimmungen des Vertrages auf das Gebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik erstreckt worden sei - bestanden habe.

162. Was viertens den Eintritt in die Bürgschaft angehe, so stelle die Zahlung eines Betrages von 120 Mio. DM durch die THA im Rahmen der Sanierungsvereinbarung keine staatliche Beihilfe dar, weil sich die THA auf diese Weise wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Investor in vergleichbarer Lage verhalten habe. Durch diese Zahlung sei sie nämlich endgültig von ihrer Bürgschaftspflicht in Höhe von mehr als 160 Mio. DM frei geworden und habe 40 Mio. DM eingespart.

163. Fünftens habe die Fehlleitung der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite zugunsten der Pilz-Gruppe nichts an der ursprünglichen Vereinbarkeit dieser Bürgschaft mit dem Gemeinsamen Markt geändert. Nur soweit diese Mittel von der Pilz-Gruppe nicht für den Bau des CD-Werks in Albrechts verwendet worden seien, seien sie nämlich missbräuchlich angewandt worden und deshalb mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar geworden. Zudem sei dieser Teil der Mittel nicht dem Joint Venture, sondern der Pilz-Gruppe zugute gekommen und deshalb ausschließlich von dieser zurückzufordern.

164. Sechstens habe die Kommission in ihrer Pressemitteilung vom 18. September 1991 entgegen der Behauptung der ODS nicht erklärt, dass Joint Ventures vom Anwendungsbereich des Treuhandregimes ausgeschlossen seien und dass sie die Regeln des Treuhandregimes eng auslegen werde. Auch der von Herrn Schütte verfasste Artikel, auf den sich die ODS beziehe, belege nicht, dass von einer engen Auslegung dieser Regelung auszugehen sei; der Verfasser habe lediglich erklärt, dass die THA für Unternehmen, die in ihrem Eigentum stünden - was beim Joint Venture der Fall gewesen sei -, Bürgschaften übernehmen könne. Das bedeute, dass die THA auch für den Teil der Tätigkeiten, der auf ihren Anteil entfallen sei, Bürgschaften habe übernehmen können.

165. Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie die Leistung der THA auf die Bürgschaft für eine staatliche Beihilfe halte. Einer solchen Begründung hätte es umso mehr bedurft, als die THA marktwirtschaftlich gehandelt habe. Die Entscheidung verletze auch insoweit die Begründungspflicht, als nicht erläutet werde, weshalb die Bürgschaft nach Auffassung der Kommission nicht mit dem Treuhandregime vereinbar gewesen sei und aus welchen Gründen die Gemeinschaftsregelung über die Kontrolle staatlicher Beihilfen auf die Bürgschaft anwendbar sein solle, obwohl diese Verbindlichkeit vor Inkrafttreten der betreffenden Regelung im Gebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik eingegangen worden sei.

166. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, weist den Vorwurf zurück, dass sie einen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt habe, indem sie in der 97. bis 99. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung die Bürgschaft der THA als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar angesehen habe.

167. Erstens halte der Freistaat Thüringen die Bürgschaft zugunsten des Joint Ventures zu Unrecht für mit den Treuhandregimen vereinbar. Die Treuhandregime seien nämlich Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz, dass staatliche Zuschüsse zur Ermöglichung der Privatisierung eines Unternehmens staatliche Beihilfen darstellten, die grundsätzlich nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien.

168. Dieser restriktiven Auslegung des Begriffes "Privatisierung" werde der Freistaat Thüringen aber nicht gerecht, wenn er die Auffassung vertrete, dass auch Maßnahmen zugunsten eines Joint Ventures, das auf die Privatisierung des beteiligten öffentlichen Unternehmens gerichtet sei, vom Treuhandregime erfasst seien. Die Treuhandregime sähen nämlich Ausnahmeregelungen für eine Privatisierung im Rahmen eines Joint Ventures überhaupt nicht vor (Punkt 3.1.1 der Eröffnungsentscheidung). Dies liege daran, dass sich die Situation eines Joint Ventures deutlich von der eines Staatsbetriebs unterscheide, der ohne staatliche Verbürgung keinen Zugang zu den privaten Kapitalmärkten erhalten könne, denn die Kreditwürdigkeit eines Joint Ventures hänge nicht allein von dem beteiligten Staatsbetrieb ab, sondern auch von den privaten Anteilseignern. Der den Beihilferegelungen der THA zugrunde liegende Tatbestand sei daher im Fall der Privatisierung über ein Joint Venture nicht erfüllt, da die Bezuschussung eines solchen Unternehmens auch die privaten Anteilseigner begünstige, obwohl sich diese nicht in der besonderen Situation der im Eigentum der THA stehenden Betriebe befänden. Diese Schlussfolgerung gelte erst recht, wenn - wie im vorliegenden Fall - durch ein Cash-Concentration-System innerhalb des Joint Ventures die Gefahr vergrößert werde, dass staatliche Zuwendungen zugunsten privater Anteilseigner fehlverwendet würden.

169. Zweitens seien die Ausführungen des Freistaats Thüringen, dass die Gründung des Joint Ventures aus marktwirtschaftlicher Sicht geboten erschienen sei, irrelevant. Selbst wenn der Zusammenschluss der beiden Unternehmen wirtschaftlicher Logik entsprochen haben sollte, sei dies unerheblich für die Frage, ob die Maßnahmen zugunsten des Joint Ventures dem Treuhandregime unterfielen. Gleiches gelte in Bezug auf die Behauptung des Freistaats Thüringen, dass die Robotron noch vor der Wiedervereinigung die Verpflichtung zur Gründung des Joint Ventures eingegangen sei. Maßgeblich sei allein die Situation des begünstigten Unternehmens zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Beihilfen.

170. Drittens weist die Kommission die Behauptung des Freistaats Thüringen zurück, die Bürgschaft der THA sei vor der Wiedervereinigung gewährt worden, so dass ihr entweder der Beihilfecharakter fehle oder aber sie als bestehende Beihilfe einzustufen sei. Die Bürgschaft sei nämlich im Jahr 1992 gewährt worden, d. h. nach der Wiedervereinigung.

171. Viertens mache der Freistaat Thüringen zu Unrecht geltend, dass die Zahlung von 120 Mio. DM an die Banken keine Beihilfe darstelle, weil es sich um ein Verhalten handele, das dem eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors entspreche. Da die Gewährung der Bürgschaft eine staatliche Beihilfe sei, spiele es nämlich keine Rolle, ob sich der Beihilfegeber zu einem späteren Zeitpunkt marktwirtschaftlich verhalte (Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2000 in der Rechtssache T-234/95, DSG/Kommission, Slg. 2000, II-2603, Randnr. 162). Außerdem habe sie in der 99. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich berücksichtigt, dass die THA nur 120 Mio. DM gezahlt habe, indem sie die Rückforderung lediglich in Höhe dieses Betrages angeordnet habe.

2. Würdigung durch das Gericht

172. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der Bürgschaft der THA einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

173. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der 97. bis 99. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt hat, aus denen sie die Auffassung vertritt, dass die Bürgschaft der THA über 190 Mio. DM als eine mit dem EG-Vertrag unvereinbare Beihilfe anzusehen sei.

174. Sie hat zunächst daran erinnert, dass sie in der Eröffnungsentscheidung Bedenken dahin gehend geäußert habe, dass die Bürgschaft der THA über 190 Mio. DM, die in Höhe von 120 Mio. DM in Anspruch genommen worden sei, möglicherweise nicht von der ersten und der zweiten Treuhandregelung gedeckt sein könnte (97. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). In der 98. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung führt sie aus:

"Diese Zweifel wurden im Verlauf des Verfahrens vor allem durch die Stellungnahme des durch die THA eingesetzten seinerzeitigen Vorstandsvorsitzenden der Robotron ..., Henzler, gegenüber den deutschen Justizbehörden bestärkt. Dieser äußerte sich dahin gehend, dass es von Anfang an seine Zielrichtung gewesen sei, Robotron abzuwickeln, d. h., in kleine Unternehmen aufzusplitten und diese zu privatisieren. Eine Investition in dieser Größenordnung habe nicht in diese Aufgabe gepasst. Die Robotron ... sei gezwungen gewesen, zum Einbezahlen der Eigenmittel über 20 Mio. D[M] Kredite aufzunehmen, was kaufmännischen Grundsätzen widerspreche. Als Hauptgesellschafter sei für ihn bei der Robotron die Kompetenz im CD-Bereich nicht gegeben gewesen. Daher habe Robotron die Verträge nur unter dem Vorbehalt geschlossen, dass Pilz die Anteile von Robotron zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Werkes zum nominellen Wert einschließlich der anfallenden Bankzinsen zurückkaufe."

175. Zunächst ist das Vorbringen des Freistaats Thüringen als unbegründet zurückzuweisen, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie die Auffassung vertreten habe, dass die streitige Bürgschaft nicht gemäß dem ersten und dem zweiten Treuhandregime gewährt worden sei.

176. Wie nämlich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-277/00 (Deutschland/Kommission, Slg. 2004, I-3925, Randnrn. 22 bis 24) hervorgeht, besteht der von der Kommission geschaffene rechtliche Rahmen für die Tätigkeit der THA in einer Reihe von Ausnahmen von dem in Artikel 87 Absatz 1 EG niedergelegten allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt. Mit diesen Ausnahmen wollte die Kommission die Aufgabe der THA - einer ihrem Wesen nach einzigartigen Einrichtung - erleichtern, die darin bestand, die Unternehmen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik umzustrukturieren und für ihren Übergang von einer Planwirtschaft zu einer Marktwirtschaft zu sorgen. Folglich ist der Begriff Privatisierung als Voraussetzung für die Anwendung einer Regelung, die von dem in Artikel 87 Absatz 1 EG niedergelegten allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt abweicht, im Rahmen der Beihilferegelungen der THA eng auszulegen. Im Rahmen einer solchen Auslegung kann vom Vorliegen einer Privatisierung im Sinne dieser Regelungen grundsätzlich nur ausgegangen werden, wenn ein privater Investor einen Kapitalanteil an einem bereits existierenden öffentlichen Unternehmen erwirbt, der ihm die Kontrolle über dieses Unternehmen verschaffen kann. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass im Schreiben der Kommission vom 26. September 1991, in dem das erste Treuhandregime genehmigt wird, als Voraussetzung für die Genehmigung der im Rahmen einer Privatisierung gewährten Beihilfen klar genannt wird, dass diese Beihilfen dem betreffenden Unternehmen die Fortführung seiner bisherigen Tätigkeit ermöglichen sollen.

177. Die Bürgschaft der THA wurde jedoch zum Zweck der Errichtung eines neuen Unternehmens im Freistaat Thüringen mit einer neuen Geschäftstätigkeit, nämlich der Herstellung von CDs, und zwar in der Form eines Joint Ventures zwischen einem Unternehmen der früheren Deutschen Demokratischen Republik und einem Unternehmen der Bundesrepublik Deutschland gewährt. Ein solcher Vorgang kann eindeutig nicht als Privatisierung im Sinne der genannten Treuhandregime eingestuft werden. Anders als die Privatisierung im Sinne dieser Regelungen, bei der es um den Übergang eines Unternehmens von einer Planwirtschaft zu einer Marktwirtschaft geht, ermöglicht die Gründung eines neuen Unternehmens nämlich, ein Unternehmensvorhaben mit neuen Mitteln und einer neuen Geschäftstätigkeit neu zu entwickeln.

178. Sodann ist die Behauptung des Freistaats Thüringen zurückzuweisen, dass die Bürgschaft vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen des Vertrages in den neuen Bundesländern gewährt worden sei, d. h. vor dem 3. Oktober 1990. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht belegt wird, geht nämlich aus dem Schreiben der deutschen Behörden vom 3. März 1995 hervor, dass die Bürgschaft im Jahr 1992 gewährt wurde.

179. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass die Bürgschaft der THA nicht gemäß dem ersten und dem zweiten Treuhandregime gewährt worden sei und deshalb nicht als bestehende Beihilfe angesehen werden könne. Der Klagegrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

180. Ferner ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen des Freistaats Thüringen die angefochtene Entscheidung insoweit hinreichend begründet hat. Wie aus den Verfahrensunterlagen hervorgeht, haben nämlich im Verlauf des Verwaltungsverfahrens und insbesondere im Anschluss an die vorläufige Beurteilung der Kommission in Punkt 3.1.1 der Eröffnungsentscheidung weder die Bundesrepublik Deutschland noch der Freistaat Thüringen neben dem Vorbringen, dass die gewährte Bürgschaft durch das erste und das zweite Treuhandregime, die von der Kommission genehmigt worden waren, gedeckt sei, Umstände vorgetragen, die geeignet wären, zu belegen, dass es sich nicht um eine Beihilfe handelte oder dass diese Beihilfe jedenfalls mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar war und nicht missbräuchlich angewandt worden war. Erst im gerichtlichen Verfahren hat der Freistaat Thüringen zudem weitere Umstände angeführt, die beweisen sollen, dass die Gewährung der fraglichen Finanzhilfe dem Verhalten eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors entsprochen hatte. Da im Verwaltungsverfahren aber keine derartigen - von der Bundesrepublik Deutschland zu beweisenden - Angaben gemacht wurden, durfte die Kommission ihre Begründung in der angefochtenen Entscheidung darauf beschränken, dass die Beihilfe nicht den in ihren Schreiben über die Genehmigung der Treuhandregime aufgestellten Bedingungen entsprochen habe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 3. Oktober 1991 in der Rechtssache C-261/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-4437, Randnrn. 20 ff.).

181. Der Klagegrund der Verletzung der Begründungspflicht ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

182. Demnach sind die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

F - Zu dem der PA von der TAB gewährten Darlehen von 25 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

183. Der Freistaat Thüringen trägt vor, dass die Kommission in der 33. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt habe, dass die TAB der PA ein Darlehen von 25 Mio. DM zur Schließung von Liquiditätslücken der PA gewährt habe. Wie aus den Schreiben der deutschen Behörden vom 3. März 1995 und 18. Januar 1996 hervorgehe, sei dieses Darlehen nämlich vollständig dazu verwendet worden, im Rahmen der Sanierungsvereinbarung einen Teil der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Bankkredite zurückzuführen. Es handele sich bei diesem Darlehen auch nicht um eine staatliche Beihilfe und erst recht nicht um eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare neue Beihilfe. Da das Darlehen zur Ablösung eines Teils der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite gewährt worden sei und die Gewährung dieser Bürgschaft nach Ansicht der Kommission eine staatliche Beihilfe darstelle, habe die Kommission die im Rahmen des Eintritts in die Bürgschaft gezahlten Beträge zu Unrecht ebenfalls als staatliche Beihilfen angesehen, denn dadurch würden im Ergebnis dieselben Beträge zweimal als staatliche Beihilfe berücksichtigt. Außerdem sei, wie er bereits dargelegt habe, die Gewährung der Bürgschaft als bestehende Beihilfe anzusehen, die mit dem Vertrag vereinbar sei; dasselbe müsse auch für die vorliegende Finanzhilfe gelten, die in Erfüllung der Verpflichtungen aus der Bürgschaft geleistet worden sei. Diese Schlussfolgerung sei jedoch offenkundig nur insoweit zwingend, als die durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite tatsächlich zur Errichtung des CD-Werks in Albrechts verwendet worden seien. Ferner könne das Darlehen von 25 Mio. DM nicht als Umstrukturierungsbeihilfe eingestuft werden, weil sich die PA zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Beihilfe nicht in Schwierigkeiten befunden habe. Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie der Ansicht sei, dass das Darlehen von 25 Mio. DM eine staatliche Beihilfe zugunsten der PA und der CD Albrechts sei, obwohl es nur dazu gedient habe, für die Errichtung des CD-Werks in Albrechts bestimmte Bankkredite abzulösen, die allein an die Pilz Construction ausgezahlt worden seien.

184. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei. Zunächst sei zwar im Schreiben der deutschen Behörden vom 3. März 1995 der fragliche Kredit in der Tat als zur Ablösung von Verbindlichkeiten gedacht bezeichnet worden, doch sei der entsprechende Betrag in einer Tabelle im Schreiben vom 17. April 1997 unter dem Begriff "Betriebsmittel" aufgeführt worden. Außerdem sei nach ständiger Rechtsprechung die Zweckrichtung einer staatlichen Finanzzuführung für deren Qualifizierung als Beihilfe unbeachtlich, da es allein auf die Begünstigungswirkung der Maßnahme ankomme. Auch der Umstand, dass neben der THA weitere öffentliche Beihilfegeber (die TIB und die LfA) eingetreten seien, um die Verpflichtungen aus der Bürgschaft zu erfüllen, könne keine Auswirkungen auf die Qualifizierung der Bürgschaft der THA als staatliche Beihilfe und ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt haben. Diese Leistungen hätten nämlich nur dazu geführt, dass die THA nur 120 Mio. DM statt 156 Mio. DM habe zahlen müssen.

185. Schließlich weist die Kommission den Vorwurf zurück, dass sie hinsichtlich dieser Finanzhilfe die Begründungspflicht verletzt habe. Da diese Zuwendung bereits in der Eröffnungsentscheidung als unzulässige Umstrukturierungsbeihilfe eingestuft worden sei und ihr keine gegenteiligen Informationen übermittelt worden seien, habe für sie nämlich kein Anlass bestanden, in der angefochtenen Entscheidung zu einer anderen Bewertung zu gelangen. Insbesondere habe sie, da die PA nach den Informationen der deutschen Behörden ein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sei (vgl. die Schreiben vom 18. Januar 1996 und 17. April 1997), diese Finanzhilfe anhand der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen bewertet und festgestellt, dass es sich mangels eines Planes zur Wiederherstellung der Lebensfähigkeit und Rentabilität des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums um eine unzulässige Umstrukturierungsbeihilfe gehandelt habe (104. bis 111. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

2. Würdigung durch das Gericht

186. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

187. In der 33. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt: "Bereits im Oktober 1993 gewährte die TAB der PA ein verzinsliches Darlehen über 25 Mio. D[M] zur Schließung von Liquiditätslücken sowie im März 1994 ein Darlehen über 20 Mio. D[M] zur Rückzahlung des von der THA verbürgten Darlehens." In der 104. bis 111. Begründungserwägung hat sie die Gründe dargelegt, aus denen sie der Auffassung war, dass diese Finanzhilfe als unter Verstoß gegen die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gewährte Umstrukturierungsbeihilfe und daher als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe anzusehen sei.

188. Nach Ansicht des Freistaats Thüringen beruht diese Beurteilung auf einer fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung, weil das von der TAB gewährte Darlehen von 25 Mio. DM nicht zur Schließung von Liquiditätslücken, sondern vollständig dazu verwendet worden sei, im Rahmen der Sanierungsvereinbarung einen Teil der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Bankkredite zurückzuführen.

189. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission in Punkt 2.2.2 Absatz 1 der Eröffnungsentscheidung festgestellt hat: "Bereits am 29. September 1993 gewährte die TAB dem Joint Venture ein verzinsliches Darlehen über 20 Mio. DM (7 %, Rückzahlung bis 21. März 1996) zur Schließung von Liquiditätslücken sowie ein Darlehen über 25 Mio. DM (7 %, Rückzahlung bis 31. März 1996) zur Rückzahlung des von der THA verbürgten Darlehens." Diese Sachverhaltsfeststellung, die sich von jener in der 33. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung unterscheidet, wird durch die Verfahrensakten bestätigt. Aus den Schreiben der deutschen Behörden vom 3. März 1995 und 18. Januar 1996 ergibt sich nämlich, dass das Darlehen von 25 Mio. DM im März 1994 gewährt wurde, um einen Teil der Kredite der THA zurückzuzahlen. Außerdem geht aus den nach der Eröffnung des förmlichen Verfahrens eingereichten Stellungnahmen der Beteiligten nicht hervor, dass sie beantragt hätten, die Darstellung dieses Punktes des Sachverhalts in der Eröffnungsentscheidung zu berichtigen.

190. Die Kommission musste daher angesichts der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorlagen, wissen, dass das Darlehen von 25 Mio. DM nicht zur Schließung von Liquiditätslücken im Oktober 1993 verwendet worden war, sondern im März 1994 gewährt worden war, um einen Teil der von der THA verbürgten Kredite zurückzuzahlen. Die Kommission hat somit hinsichtlich dieser Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen.

191. Nach ständiger Rechtsprechung kann jedoch auch dann, wenn eine Begründungserwägung der streitigen Handlung einen tatsächlichen Fehler enthält, dieser Fehler nicht zur Nichtigerklärung dieser Handlung führen, wenn die übrigen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung Gründe enthalten, die geeignet sind, die Begründetheit der Entscheidung zu belegen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 21. Januar 1999 in den Rechtssachen T-129/95, T-2/96 und T-97/96, Neue Maxhütte Stahlwerke und Lech-Stahlwerke/Kommission, Slg. 1999, II-17, Randnr. 160, und vom 28. Oktober 2004 in der Rechtssache T-35/01, Shanghai Teraoka Electronic/Rat, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 167 ff.). Im vorliegenden Fall ist die Vertauschung des Betrages der im September 1993 und März 1994 von der TAB gewährten Darlehen ohne Folgen für die Beurteilung dieser Finanzhilfen durch die Kommission geblieben. Die Gründe, die die Kommission im Rahmen der Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt anführt, sind nämlich identisch, und zwar, dass diese Beihilfen nach den Informationen der Kommission unter Verstoß gegen die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gewährt worden seien. Die oben dargelegte fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung bezüglich des Darlehens von 20 Mio. DM und des Darlehens von 25 Mio. DM rechtfertigt es daher nicht, die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für nichtig zu erklären.

192. Ferner macht der Freistaat Thüringen geltend, dass es sich bei dem Darlehen von 25 Mio. DM nicht um eine staatliche Beihilfe und erst recht nicht um eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare neue Beihilfe handele. Da dieses Darlehen zur Ablösung eines Teils der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite gewährt worden sei und die Gewährung dieser Bürgschaft nach Ansicht der Kommission eine staatliche Beihilfe darstelle, habe die Kommission die im Rahmen des Eintritts in die Bürgschaft gezahlten Beträge zu Unrecht ebenfalls als staatliche Beihilfen angesehen, denn dadurch würden im Ergebnis dieselben Beträge zweimal als staatliche Beihilfe berücksichtigt.

193. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

194. Zum einen ist, wie sich aus der 99. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ergibt, vom Gesamtbetrag der von der THA gewährten Bürgschaft, 190 Mio. DM, lediglich "der in Anspruch genommene Betrag in Höhe von 120 Mio. D[M] zurückzufordern, da nur dieser zur Auszahlung gekommen ist". Die Einstufung des Darlehens von 25 Mio. DM als staatliche Beihilfe bedeutet daher keine Doppelzählung mit der aufgrund der Bürgschaft berücksichtigten Beihilfe.

195. Zum anderen wurde, wie oben aus den Randnummern 175 bis 179 hervorgeht, die Bürgschaft der THA nicht gemäß dem ersten und dem zweiten Treuhandregime gewährt, so dass sie nicht als bestehende Beihilfe angesehen werden kann. Selbst wenn jedoch die Bürgschaft der THA als bestehende Beihilfe angesehen werden könnte, ließe diese Einstufung als solche nicht den Schluss zu, dass ein Darlehen, das der PA von einem anderen öffentlichen Unternehmen zur Rückzahlung eines Teils der durch die Bürgschaft gesicherten Kredite gewährt wurde, als bestehende Beihilfe anzusehen ist.

196. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen des Freistaats Thüringen, dass das Darlehen von 25 Mio. DM nicht als Umstrukturierungsbeihilfe eingestuft werden könne, weil sich die PA zum Zeitpunkt der Gewährung der fraglichen Beihilfe nicht in Schwierigkeiten befunden habe.

197. Zunächst bestreiten die Verfahrensbeteiligten nicht, dass die wirtschaftliche und finanzielle Lage der PA vor dem Abschluss der Sanierungsvereinbarung im März 1994 katastrophal war. Wie sich aus dem Schreiben der deutschen Behörden vom 3. März 1995 ergibt, hatten Absatzschwierigkeiten des Unternehmens und eine niedrige Auslastung seiner Produktionskapazitäten zu hohen Verlusten und zu einer dramatischen Verschlechterung der Liquidität geführt. Diese Situation wird auch dadurch bestätigt, dass die TAB im Oktober 1993 eine Finanzhilfe zur Schließung der Liquiditätslücken gewährte.

198. Sodann unterzeichneten, wie aus den Schriftsätzen des Freistaats Thüringen hervorgeht, die privaten und die öffentlichen Beteiligten gerade zur Verbesserung dieser Situation am 7. März 1994 die Sanierungsvereinbarung. Diese Vereinbarung sollte nämlich zu einer umfangreichen Entschuldigung der PA führen, um deren Überleben sicherzustellen. Die bei weitem wichtigste Maßnahme, die in diesem Zusammenhang getroffen wurde, ist der Eintritt der THA in ihre Bürgschaft in Höhe von 120 Mio. DM. Dieser Betrag und andere Darlehen, die der PA von der TIB und der TAB gewährt wurden, ermöglichten es, einen Großteil der dem Joint Venture gewährten Bankkredite zurückzuzahlen. Die TAB, die TIB und die LfA beschlossen ferner verschiedene Maßnahmen, um zum einen den Restbetrag der der PBK gewährten Bankkredite zurückzuzahlen und zum anderen die Liquidität der PA zu konsolidieren.

199. Die Kommission durfte deshalb auf der Grundlage all dieser Umstände in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gelangen, dass bei der PA zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens von 25 Mio. DM Liquiditätslücken bestanden hätten. Dies wird auch nicht durch das Vorbringen des Freistaats Thüringen widerlegt, dass sich die finanzielle Lage des Unternehmens nach diesen verschiedenen Interventionen im Rahmen der Sanierungsvereinbarung durchaus positiv dargestellt habe. Angesichts der Umstände, die zur Sanierung der PA geführt hatten, konnte die Kommission nämlich zu Recht annehmen, dass dieser Gesichtspunkt allein nicht den Schluss zulasse, dass sich die PA nicht mehr in Schwierigkeiten befinde. Diese Schlussfolgerung war umso zwingender, als sich in der Folge herausstellte, dass der Wert der Aktiva, der in der Bilanz der Gesellschaft angegeben war, ganz erheblich überschätzt worden war. Abgesehen davon hatte die PA, wie sich aus der 36. und der 37. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ergibt, weniger als sechs Monate nach Abschluss der Sanierungsvereinbarung erneut Liquiditätsprobleme, die die TAB und die LfA zwangen, ihr weitere Darlehen zu gewähren. Wie der Freistaat Thüringen selbst in den Nummern 356 und 360 der Klageschrift vorträgt, war die PA außerdem durch den unmittelbar bevorstehenden Konkurs der Pilz-Gruppe und den Umstand, dass ihre Forderungen gegen die Gesellschaften der Pilz-Gruppe als uneinbringlich anzusehen waren, mitbedroht.

200. Im Übrigen waren zwar den eingeschalteten öffentlichen Stellen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierungsvereinbarung die verschiedenen Buchmanipulationen und die Fehlverwendung der Beihilfen durch die Pilz-Gruppe noch nicht bekannt. Diese Unkenntnis lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass diese Stellen, als sie die verschiedenen Finanzhilfen gewährten, davon ausgehen konnten, dass sich die PA aufgrund dieser Interventionen nicht mehr in Schwierigkeiten befinde. Angesichts der katastrophalen Lage, in der sich die PA bei Abschluss der Sanierungsvereinbarung befand, hätte nämlich jeder hinreichend sorgfältige marktwirtschaftlich handelnde Investor zunächst eingehend die wirtschaftliche Lage des Unternehmens untersucht und die Erstellung eines tragbaren Umstrukturierungsplans verlangt, bevor er ihm derart hohe Kredite bewilligt und insbesondere bevor er es gekauft hätte. Trotz verschiedener Aufforderungen der Kommission machten die deutschen Behörden jedoch keine Angaben zur Erstellung irgendeines Umstrukturierungsplans (108. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). Der Freistaat Thüringen kann sich daher nicht auf die Unkenntnis dieser öffentlichen Stellen berufen, um sein Vorbringen zu stützen, wonach diese Stellen aufgrund der ihnen im März 1994 vorliegenden Informationen annehmen konnten, dass die PA kein in Schwierigkeiten befindliches Unternehmen sei.

201. Die Kommission hat unter diesen Umständen zu Recht angenommen, dass die PA zum Zeitpunkt der Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfen als Unternehmen in Schwierigkeiten anzusehen gewesen sei und dass sie damit das Darlehen von 25 Mio. DM am Maßstab ihrer Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen prüfen müsse.

202. Schließlich rügt der Freistaat Thüringen zu Unrecht die Verletzung der Begründungspflicht. Zwar enthält die angefochtene Entscheidung nur wenige Angaben zu den Gründen, aus denen die PA als Unternehmen in Schwierigkeiten einzustufen sei. In der Eröffnungsentscheidung hatte die Kommission jedoch deutlich gemacht, dass das "Ziel der Beihilfen ... nicht die Förderung der regionalen Entwicklung, sondern die Sanierung und Umstrukturierung von in Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen zu sein [scheint]", so dass diese Beihilfen, damit sie mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, die in den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen müssten. Die Beteiligten haben auf diese Einschätzung aber nicht reagiert. Die Kommission war deshalb nicht verpflichtet, diesen Punkt in der angefochtenen Entscheidung näher auszuführen. Das gilt umso mehr, als nach ständiger Rechtsprechung in der Begründung nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden brauchen, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, insbesondere anhand des Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63). Aus den gleichen Gründen war die Kommission entgegen dem Vorbringen des Freistaats Thüringen nicht verpflichtet, in der angefochtenen Entscheidung die genauen Gründe anzugeben, aus denen sie das Darlehen von 25 Mio. DM als Beihilfe u. a. zugunsten der CD Albrechts ansah.

203. Nach alledem sind die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

G - Zu dem der PA von der TAB gewährten Darlehen von 20 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

204. Der Freistaat Thüringen macht zunächst geltend, dass die TAB der PA das Darlehen von 20 Mio. DM entgegen der Feststellung der Kommission in der 33. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung im Oktober 1993 und nicht im März 1994 gewährt habe. Außerdem sei dieses Darlehen zur Sicherung der Liquidität der PA verwendet worden und nicht dazu, einen Teil der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Bankkredite zurückzuführen. Sodann verstoße die angefochtene Entscheidung gegen Artikel 87 Absatz 1 EG, soweit darin festgestellt werde, dass das Darlehen eine staatliche Beihilfe zugunsten der PA darstelle, die von dieser zurückzufordern sei. Entgegen den Feststellungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung dürfe dieses Darlehen nämlich nicht am Maßstab der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen geprüft werden, weil sich die PA nicht in einer entsprechenden Lage befunden habe. Darüber hinaus habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie keine Gründe zur Stützung der Feststellung angegeben habe, dass die CD Albrechts durch diese Finanzhilfe begünstigt worden sei und dass es sich bei der Finanzhilfe um einen Vorteil aus staatlichen Mitteln handele, der am Maßstab der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zu prüfen sei.

205. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei.

2. Würdigung durch das Gericht

206. Das Vorbringen des Freistaats Thüringen zu dem von der TIB gewährten Darlehen von 20 Mio. DM entspricht weitgehend dem Vorbringen zu dem Darlehen von 25 Mio. DM.

207. Aus den oben in den Randnummern 186 bis 205 dargestellten Gründen, die auf die vorliegende Finanzhilfe zu übertragen sind, sind folglich die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen in diesem Punkt vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

H - Zu dem von der TIB an die PBK gezahlten Kaufpreis von 3 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

208. Der Freistaat Thüringen trägt vor, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung nicht berücksichtigt habe, dass diese Finanzhilfe geleistet worden sei, nachdem in Bezug auf einen Großteil der Verbindlichkeiten der PA eine Entschuldung erfolgt sei, was zu Aktiva in Höhe von 250 Mio. DM und Verbindlichkeiten in Höhe von ungefähr 100 Mio. DM geführt habe. Die Kommission hätte aus diesem Umstand, den ihr die deutschen Behörden im Schreiben vom 30. März 1999 ausdrücklich mitgeteilt hätten, schließen müssen, dass die Gewährung dieser Finanzhilfe dem marktwirtschaftlichen Handeln eines privaten Investors entsprochen habe und deshalb keine Beihilfe darstelle. Zudem sei der Kaufpreis nur von den Unternehmen der Pilz-Gruppe zurückzufordern, weil er an eine Gesellschaft dieser Gruppe gezahlt worden und damit der PA in keiner Weise zugute gekommen sei. Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe erläutert habe, aus denen sie der Auffassung sei, dass der von der TIB und der TAB gezahlte Kaufpreis von 3 Mio. DM eine staatliche Beihilfe zugunsten der PA und der CD Albrechts darstelle.

209. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, weist das Vorbringen des Freistaats Thüringen zurück, dass sie fälschlicherweise vom Vorliegen einer staatlichen Beihilfe ausgegangen sei. Obwohl nämlich ihre Fragen an die deutschen Behörden im Schreiben vom 25. November 1996 direkt darauf abgezielt hätten, festzustellen, ob bei der Übernahme marktwirtschaftlich gehandelt worden sei, hätten die deutschen Behörden weder hierzu etwas vorgetragen noch eine Kopie der Sanierungsvereinbarung übermittelt, sondern lediglich behauptet, dass der Kaufpreis das Ergebnis von Verhandlungen gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei es ihr nicht möglich gewesen, die Richtigkeit positiver Rentabilitätsprognosen für das Unternehmen zu prüfen. Ferner sei für ihre Einschätzung, dass ein privater Investor die PA nicht übernommen hätte und dass mithin der Kaufpreis als staatliche Beihilfe zu bewerten sei, der Umstand entscheidend gewesen, dass die PA zu diesem Zeitpunkt als ein Unternehmen in Schwierigkeiten einzustufen gewesen sei. Aus den ihr vorliegenden Informationen sei nicht hervorgegangen, dass die Beihilfen im Rahmen eines Umstrukturierungsplans gewährt worden seien, der es ermögliche, innerhalb eines angemessenen Zeitraums die langfristige Rentabilität und Lebensfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Aus diesen Informationen sei im Gegenteil hervorgegangen, dass die Ansprüche der Banken insbesondere aufgrund der Zahlung eines Betrages von 120 Mio. DM durch die THA weitestgehend befriedigt worden seien und dass die Maßnahmen, die der Stützung oder Rettung der PA gedient hätten, beinahe ausschließlich aus staatlichen Mitteln bewältigt worden seien. Außerdem habe sie den Kaufpreis bereits in der Eröffnungsentscheidung auf der Grundlage der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen als unzulässige Umstrukturierungsbeihilfe bewertet. Schließlich sei diese Einstufung von den deutschen Behörden bestätigt worden, denn diese hätten erklärt, dass die Liquiditätsbeihilfen unbedingt erforderlich gewesen seien (Schreiben vom 18. Januar 1996) und dass die PA ohne die Leistung der fraglichen Sanierungsbeiträge nicht mehr lebensfähig gewesen wäre (Schreiben vom 14. Juli 1997).

210. Ferner weist die Kommission, unterstützt durch die ODS, das Vorbringen zurück, dass sie insoweit die Begründungspflicht verletzt habe. Da diese Finanzhilfe bereits in der Eröffnungsentscheidung als unzulässige Umstrukturierungsbeihilfe eines Unternehmens in Schwierigkeiten eingestuft worden sei und die deutschen Behörden ihr keine gegenteiligen Informationen übermittelt hätten (Schreiben vom 18. Januar 1996 und 17. April 1997), habe für sie nämlich kein Anlass bestanden, in der angefochtenen Entscheidung (104. bis 111. Begründungserwägung) zu einer anderen Bewertung zu gelangen.

211. Die ODS macht darüber hinaus geltend, dass der Freistaat Thüringen die Anforderungen an die Begründungspflicht mit der Frage zu vermengen scheine, ob die Kommission den Sachverhalt zutreffend ermittelt habe. Eine etwaige Unrichtigkeit des von der Kommission festgestellten Sachverhalts habe nämlich nichts mit der Begründungspflicht zu tun, denn die Kommission habe von der Richtigkeit dieses Sachverhalts ausgehen dürfen, weil sich dieser aus den von der Bundesrepublik Deutschland übermittelten Informationen ergeben habe. Da evident gewesen sei, dass die fraglichen Maßnahmen diesen Auskünften zufolge staatliche Beihilfe gewesen seien, sei die Kommission nicht verpflichtet gewesen, jedes Tatbestandsmerkmal des Artikels 87 Absatz 1 EG ausführlich und ausdrücklich abzuhandeln, sondern habe sich auf eine summarische Begründung beschränken dürfen.

2. Würdigung durch das Gericht

212. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

213. Was die Rüge einer fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung und eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers angeht, so macht der Freistaat Thüringen im Wesentlichen geltend, dass die Kommission angesichts der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorlagen, hätte feststellen müssen, dass der Kaufpreis von 3 Mio. DM, den die TIB für den Erwerb der Anteile an der PA gezahlt hatte, marktüblich gewesen sei.

214. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der Eröffnungsentscheidung ausgeführt hat: "Im Rahmen der im März 1994 erfolgten Übernahme [der PA] durch TAB/TIB zahlten diese insgesamt 15 Mio. DM. TIB zahlte 3 Mio. DM als Kaufpreis für ihre Anteile an die [PBK]" (Punkt 2.2.2 Absatz 2 der Eröffnungsentscheidung). Sodann hat sie in ihrer vorläufigen Beurteilung der Finanzhilfen unterstrichen, dass der Kaufpreis von 3 Mio. DM zweifellos wie die übrigen Zuwendungen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG darstelle (Punkt 3 Absatz 1 der Eröffnungsentscheidung). Außerdem hat sie die Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich aufgefordert, ihr detailliert zu beschreiben, wie der Kaufpreis berechnet wurde (Frage 4 des Anhangs der Eröffnungsentscheidung).

215. Im Schreiben vom 30. März 1999 nahmen die deutschen Behörden hierzu Stellung. Sie führten aus, der Kaufpreis sei nicht rechnerisch ermittelt worden, sondern vielmehr Ergebnis von Verhandlungen gewesen, und diese Finanzhilfe sei nicht der PA, sondern der Pilz-Gruppe zugute gekommen. Angesichts der hohen Buchwerte und der maßgeblichen Entschuldung im Zuge der Sanierungsvereinbarung habe der TIB und der TAB zum damaligen Zeitpunkt ein Engagement in dieser Größenordnung vertretbar erscheinen können, da die Substanzwerte des Unternehmens eine erhebliche Überdeckung im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten ausgewiesen hätten. Dieser Schluss sei umso zwingender gewesen, als den betreffenden Stellen die Buchmanipulationen von Herrn Pilz damals unbekannt gewesen seien.

216. Die Kommission hat zu Recht die Auffassung vertreten, dass diese Informationen nicht genügten, um ihre Schlussfolgerung zu entkräften, dass der Kaufpreis als staatliche Beihilfe einzustufen sei.

217. Die deutschen Behörden haben nämlich keine Angaben gemacht, anhand deren sich feststellten lässt, wie der Preis von 3 Mio. DM berechnet wurde. Dass der Preis zwischen den Parteien ausgehandelt wurde, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Aus den oben in Randnummer 199 genannten Gründen haben sich die deutschen Behörden auch zu Unrecht auf den Wert der Aktiva des Joint Ventures nach Abschluss der Sanierungsvereinbarung und die Unkenntnis der TIB und der TAB von den Manipulationen an diesen Aktiva berufen, um den Kaufpreis zu rechtfertigen. Das gilt umso mehr, als die Kommission angesichts der Informationen, die ihr bei Erlass der angefochtenen Entscheidung vorlagen, zu dem Schluss gelangen durfte, dass ein hinreichend sorgfältiger marktwirtschaftlich handelnder Investor zum Zeitpunkt des Erwerbs im März 1994 hätte feststellen müssen, dass sich die PA in Schwierigkeiten befand (siehe oben, Randnrn. 196 bis 202) .

218. Dagegen macht der Freistaat Thüringen zu Recht geltend, dass die Kommission versäumt habe, zu berücksichtigen, dass diese Finanzhilfe direkt an die PBK gezahlt worden sei. Die Kommission hat nämlich keine Umstände angeführt, aus denen hervorginge, dass diese Finanzhilfe für die Umstrukturierung der PA oder der CD Albrechts bestimmt war. Sie hat somit diese Beihilfe in Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht als Beihilfe "für die Umstrukturierung der [CD Albrechts]" bezeichnet. Schließlich hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung keine Gründe dafür genannt, dass die PA aufgrund dieser Finanzhilfe einen Vorteil erhalten habe, der es rechtfertige, dass diese Beihilfe von ihr zurückgefordert werde.

219. Aufgrund dieser fehlerhaften Sachverhaltsfeststellung bezüglich der Identität des Beihilfebegünstigten und der in diesem Punkt unter Verstoß gegen Artikel 253 EG fehlenden Begründung ist Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin feststellt, dass der Kaufpreis von 3 Mio. DM eine Beihilfe "für die Umstrukturierung der [CD Albrechts]" darstellt.

I - Zu dem der PA von der TIB gewährten Zuschuss von 12 Mio. DM in die Kapitalrücklage

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

220. Der Freistaat Thüringen macht zunächst geltend, dass die Kommission hinsichtlich dieser Finanzhilfe verschiedene fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe. Sie habe nämlich versäumt, festzustellen, dass, wie aus den Schreiben der deutschen Behörden vom 18. Januar 1996 und 30. März 1999 hervorgehe, ein Betrag von 7,6 Mio. DM aus dem Kapitalzuschuss von 12 Mio. DM dazu gedient habe, einen Teil der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Bankkredite abzulösen, die unmittelbar an die Pilz Construction ausgezahlt worden seien. Der verbleibende Betrag des Zuschusses in Höhe von 4,4 Mio. DM sei im Rahmen des Betriebsführungs- und Liefervertrags, den die PA mit der Pilz-Gruppe geschlossen habe, in Form von nicht erstatteten Kosten und nicht erfolgten Zahlungen zugunsten dieser Gruppe fehlgeleitet worden.

221. Aufgrund dieser fehlerhaften Sachverhaltsfeststellungen habe die Kommission hinsichtlich dieser Finanzhilfe auch Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt. Da 7,6 Mio. DM von diesem Zuschuss nämlich dazu gedient hätten, einen Teil der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Bankkredite abzulösen, handele es sich nicht um eine staatliche Beihilfe und erst recht nicht um eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare neue Beihilfe. Da dieser Teil des Zuschusses zur Ablösung eines Teils der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite gewährt worden sei und die Gewährung dieser Bürgschaft nach Ansicht der Kommission eine staatliche Beihilfe darstelle, habe die Kommission die im Rahmen des Eintritts in die Bürgschaft gezahlten Beträge zu Unrecht ebenfalls als staatliche Beihilfen angesehen, denn dadurch würden im Ergebnis dieselben Beträge zweimal als staatliche Beihilfe berücksichtigt. Außerdem sei, wie er bereits dargelegt habe, die Gewährung der Bürgschaft als bestehende Beihilfe anzusehen, die mit dem Vertrag vereinbar sei; dasselbe müsse auch für die vorliegende Finanzhilfe gelten, die in Erfüllung der Verpflichtungen aus der Bürgschaft geleistet worden sei. Diese Schlussfolgerung sei jedoch nur insoweit zwingend, als die durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite tatsächlich zur Errichtung des CD-Werks in Albrechts verwendet worden seien.

222. Auch hinsichtlich der restlichen 4,4 Mio. DM habe die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt, weil in der angefochtenen Entscheidung festgestellt werde, dass dieser Betrag eine staatliche Beihilfe zugunsten der PA darstelle. Entgegen den Feststellungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung habe diese Finanzhilfe nämlich nicht am Maßstab der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen geprüft werden können, weil sich die PA nicht in einer entsprechenden Lage befunden habe. Außerdem sei diese Finanzhilfe der PA niemals zugute gekommen, weil sie der Herstellung von Erzeugnissen gedient habe, die im Rahmen des Betriebsführungs- und Liefervertrags an die Pilz-Gruppe geliefert worden seien, jedoch niemals bezahlt worden seien. Sehe man diese Finanzhilfe als staatliche Beihilfe an, so sei sie daher nur von den Unternehmen der Pilz-Gruppe zurückzufordern.

223. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das gesamte Vorbringen zum Kapitalzuschuss von 12 Mio. DM als unbegründet zurückzuweisen sei.

2. Würdigung durch das Gericht

224. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe verschiedene fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

225. Zunächst sind die Argumente zurückzuweisen, die der Freistaat Thüringen vorträgt, um darzutun, dass die Kommission hinsichtlich des der PA von der TIP gewährten Kapitalzuschusses von 12 Mio. DM eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen habe, indem sie versäumt habe, festzustellen, dass 7,6 Mio. DM von dieser Finanzhilfe dazu gedient hätten, die von der THA verbürgten Kredite abzulösen, und dass der Restbetrag von 4,4 Mio. DM zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden sei.

226. In der Eröffnungsentscheidung hat die Kommission nämlich ausgeführt, dass von den 15 Mio. DM, die im Rahmen der Übernahme des Joint Ventures durch die TIB und die TAB gezahlt worden seien, 3 Mio. DM als Kaufpreis für die Anteile gezahlt worden seien "und 12 Mio. DM ... als Kapitalzuschuss an das Joint Venture geleistet [wurden]. Davon dienten 7,6 Mio. DM zur Rückzahlung des von der THA verbürgten Darlehens und die verbleibenden 4,4 Mio. DM als Betriebsmittel" (Punkt 2.2.2 Absatz 2 der Eröffnungsentscheidung).

227. Im Schreiben vom 30. März 1999 haben die deutschen Behörden diese Darstellung des Sachverhalts bestätigt. Aus den Verfahrensakten geht auch nicht hervor, dass sie von anderen Beteiligten bestritten worden wäre.

228. Die Kommission hat demnach angesichts der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorlagen, in der 34. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die TIB und die TAB im Rahmen der Übernahme des Joint Ventures insgesamt 15 Mio. DM gezahlt hätten, von denen 3 Mio. DM von der TIB als Kaufpreis für die Unternehmensanteile an die PBK geflossen seien und weitere 12 Mio. DM von der TIB als Zuschuss in die Kapitalrücklage der PA geleistet worden seien.

229. Sodann macht der Freistaat Thüringen zu Unrecht geltend, dass die Kommission versäumt habe, zu berücksichtigen, dass 7,6 Mio. DM von dieser Finanzhilfe dazu gedient hätten, die von der THA verbürgten Bankkredite abzulösen. Es braucht nicht geprüft zu werden, ob die Kommission tatsächlich vergessen hat, dies zu berücksichtigen, da die Feststellung genügt, dass dieses Versäumnis, falls es tatsächlich vorliegen sollte, keine Folgen für die Richtigkeit der Beurteilung dieses Punktes durch die Kommission hätte. Wie oben in Randnummer 194 festgestellt worden ist, ist nämlich ausgeschlossen, dass die Finanzhilfen, die für die Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite gewährt wurden, doppelt berücksichtigt wurden, da nur die tatsächlich von der THA auf ihre Bürgschaft geleisteten Beträge in der angefochtenen Entscheidung als staatliche Beihilfen eingestuft wurden.

230. Soweit schließlich der Freistaat Thüringen geltend macht, dass die Kommission versäumt habe, zu berücksichtigen, dass 4,4 Mio. DM von dieser Finanzhilfe zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden seien, ist auf die Prüfung dieser Rüge im Rahmen des Vorbringens des Freistaats Thüringen zur Rechtmäßigkeit der Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (siehe unten, Randnrn. 307 bis 348).

231. Nachdem feststeht, dass die Kommission hinsichtlich dieser Zuwendung keine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen hat, sind sodann die verschiedenen Argumente zu prüfen, die der Freistaat Thüringen vorträgt, um in Bezug auf die vorliegende Finanzhilfe offensichtliche Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht darzutun.

232. Der Freistaat Thüringen macht insoweit zu Unrecht geltend, die Kommission habe einen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt, als sie diese Finanzhilfe als neue Beihilfe eingestuft habe, weil 7,6 Mio. DM von diesem Zuschuss dazu gedient hätten, die von der THA verbürgten Kredite abzulösen. Die bloße Tatsache, dass diese Finanzhilfe, die der Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite diente, von der TIB gezahlt wurde, lässt nämlich den Schluss zu, dass es sich nicht um einen Eintritt in diese Bürgschaft handelt. Daraus folgt, dass es sich sehr wohl um eine neue Beihilfe handelt.

233. Jedenfalls hat die Kommission die vorliegende Finanzhilfe zu Recht als Beihilfe zur Umstrukturierung eines Unternehmens in Schwierigkeiten eingestuft. Wie oben in den Randnummern 196 bis 202 festgestellt worden ist, konnte die PA nämlich zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Finanzhilfe als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden. Es kann aber in der Tat angenommen werden, dass ein Privatunternehmen in der Lage der TIB einem sich in Schwierigkeiten befindenden Unternehmen wie der PA keinen Kapitalzuschuss gewährt hätte, ohne zumindest eine detaillierte Untersuchung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens durchzuführen und einen Umstrukturierungsplan zu erstellen. Zudem haben die deutschen Behörden, obwohl diese Finanzhilfe in der Eröffnungsentscheidung als staatliche Beihilfe eingestuft worden war, dieser Einordnung im Verwaltungsverfahren nicht widersprochen. Schließlich hat die Kommission, wie oben in Randnummer 202 festgestellt, entsprechend den Erfordernissen des Artikels 253 EG die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hinreichend begründet.

234. Demnach sind die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

J - Zum Erwerb der Gesellschaftsanteile an der PA durch die TIB und die TAB

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

235. Der Freistaat Thüringen macht geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt habe, dass der in der 35. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung erwähnte Betrag von 33 Mio. DM eine Finanzhilfe sei. Dieser Betrag entspreche nämlich in Wirklichkeit dem Nominalkapital der PA. Außerdem habe die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt.

236. In der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2004 hat die Kommission eingeräumt, dass sie in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht festgestellt habe, dass der Erwerb der Anteile an der PA durch die TIB und die TAB im Wert von 33 Mio. DM eine staatliche Beihilfe darstelle. Sie hat deshalb akzeptiert, dass die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt für nichtig erklärt wird.

2. Würdigung durch das Gericht

237. In Anbetracht der Erklärungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2004, die in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden sind, ist, ohne dass die übrigen in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen geprüft werden müssten, festzustellen, dass die Kommission eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen hat, als sie den Erwerb der Anteile an der PA durch die TIB und die TAB im Wert von 33 Mio. DM als staatliche Beihilfe einstufte.

238. Demnach ist Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin festgestellt hat, dass die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe für die Umstrukturierung der CD Albrechts einen Betrag von 33 Mio. DM aufgrund des Erwerbs der Anteile an der PA umfasst.

K - Zu dem der PA von der LfA gewährten Darlehen von 2 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

239. Der Freistaat Thüringen macht geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht weder berücksichtigt noch hinreichend begründet habe, dass das der PA von der LfA gewährte Darlehen von 2 Mio. DM nicht der PA zugeflossen sei, sondern ausschließlich der Rückführung der der PBK gewährten Bankkredite gedient habe, die durch die Bürgschaft des Freistaats Bayern gesichert gewesen seien. Da aber der Gesamtbetrag der Bürgschaft (54,7 Mio. DM) von der Kommission bereits als staatliche Beihilfe angerechnet worden sei, komme es, wenn dieses Darlehen ebenfalls als staatliche Beihilfe angesehen werde, zu einer Doppelzählung desselben Betrages als Beihilfe. Außerdem habe die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen, indem sie das von der LfA gewährte Darlehen von 2 Mio. DM in der angefochtenen Entscheidung ohne jede Begründung als neue Beihilfe angesehen habe. Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie das der PA von der LfA gewährte Darlehen von 2 Mio. DM als eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe ansehe.

240. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zu dieser Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei.

2. Würdigung durch das Gericht

241. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

242. Erstens ist insoweit zu prüfen, ob, wie der Freistaat Thüringen geltend macht, die Kommission eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen hat, indem sie nicht berücksichtigt hat, dass das der PA von der LfA gewährte Darlehen von 2 Mio. DM der Rückzahlung eines Teils der durch die Bürgschaft des Freistaats Bayern gesicherten Kredite gedient habe.

243. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Kommission in Punkt 2.2.2 Absatz 3 der Eröffnungsentscheidung Folgendes festgestellt hat:

"Mit Vertrag vom 8. März 1994 gewährte [der Freistaat] Bayern über die LfA ... dem Joint Venture ein Darlehen über 2 Mio. DM und eines über 7 Mio. DM (beide verzinst mit 7 % und rückzahlbar bis 31. März 1996 bzw. 30. März 1996). Das erste Darlehen wurde zur Rückzahlung ... des vo[m Freistaat] Bayern verbürgten Kredits [eingesetzt]."

244. Aus diesem Abschnitt geht klar hervor, dass die Kommission darüber informiert war, dass das von der LfA gewährte Darlehen von 2 Mio. DM der Rückzahlung der verbürgten Kredite diente.

245. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass im Verwaltungsverfahren weder die deutschen Behörden noch die übrigen Beteiligten Stellungnahmen einreichten, um diese Information zu berichtigen. Im Schreiben vom 30. März 1999 bestätigten die deutschen Behörden vielmehr die Richtigkeit dessen, was zu diesem Punkt in der Eröffnungsentscheidung festgestellt worden war.

246. Die Kommission musste daher auf der Grundlage der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorlagen, wissen, dass das Darlehen von 2 Mio. DM der Rückzahlung eines Teils der vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite gedient hatte.

247. Anders als für den Forderungsverzicht in Höhe von 3 Mio. DM festgestellt worden ist (siehe oben, Randnrn. 123 bis 130), wirkt sich dieser Fehler jedoch nicht auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidung aus, da im vorliegenden Fall auf jeden Fall ausgeschlossen ist, dass es sich um eine doppelte Berücksichtigung desselben Vorteils handelt. Die bloße Tatsache, dass diese Finanzhilfe der Rückzahlung der vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite diente, lässt nämlich nicht den Schluss zu, dass es sich um einen Eintritt in diese Bürgschaft handelt. Insbesondere wurde dieses Darlehen der PA ausgezahlt, um ihr die Rückzahlung eines Teils der durch die Bürgschaft gesicherten Kredite zu ermöglichen. Obwohl die Gewährung des Darlehens die Rückzahlung der verbürgten Kredite ermöglichen soll, handelt es sich deshalb nicht um einen Eintritt in eine bestehende Bürgschaft, sondern um eine neue Beihilfe.

248. Zweitens macht der Freistaat Thüringen zu Unrecht geltend, dass die Kommission eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen und die Begründungspflicht verletzt habe, indem sie die Auffassung vertreten habe, dass dieses Darlehen einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt worden sei, und es als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe eingestuft habe. Zum Zeitpunkt der Gewährung dieses Darlehens konnte die PA nämlich als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden (siehe hierzu oben, Randnrn. 196 bis 202). Es kann aber in der Tat angenommen werden, dass ein Privatunternehmen in der Lage der LfA einem sich in Schwierigkeiten befindenden Unternehmen wie der PA kein weiteres Darlehen gewährt hätte, zumindest nicht ohne Überprüfung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und ohne Umstrukturierungsplan. Zudem haben die deutschen Behörden, obwohl dieses Darlehen in der Eröffnungsentscheidung als staatliche Beihilfe eingestuft worden war, dieser Einordnung in der Folge nicht widersprochen. Schließlich hat die Kommission, wie oben in Randnummer 202 festgestellt worden ist, die Einstufung der PA als Unternehmen in Schwierigkeiten und damit die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hinreichend begründet.

249. Demnach sind die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

L - Zu dem der PA von der TIB gewährten Gesellschafterdarlehen von 3,5 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

250. Der Freistaat Thüringen macht geltend, dass die angefochtene Entscheidung gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und die Begründungspflicht verstoße, soweit darin das Gesellschafterdarlehen von 3,5 Mio. DM als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe zugunsten der PA eingestuft werde. Entgegen den Feststellungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung hätte dieses Darlehen nämlich nicht am Maßstab der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen geprüft werden dürfen, weil sich die PA nicht in einer entsprechenden Lage befunden habe. Außerdem sei, wie aus dem Schreiben der deutschen Behörden vom 30. März 1999 hervorgehe, das der PA von der TIB gewährte Gesellschafterdarlehen von 3,5 Mio. DM über das zentrale Cash-Management zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden.

251. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei.

2. Würdigung durch das Gericht

252. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

253. Zunächst ist zu beachten, dass der Freistaat Thüringen die Feststellung in der 35. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung, dass die TIB der PA im April 1994 ein Gesellschafterdarlehen von 3,5 Mio. DM gewährt habe, nicht bestreitet.

254. Sodann macht der Freistaat Thüringen zu Unrecht geltend, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt habe, indem sie die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen angewandt und dieses Darlehen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe eingestuft habe. Wie oben in den Randnummern 196 bis 202 festgestellt worden ist, konnte die PA nämlich zum Zeitpunkt der Gewährung dieses Darlehens als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden. Es kann aber in der Tat angenommen werden, dass ein Privatunternehmen in der Lage der TIB einem sich in Schwierigkeiten befindenden Unternehmen wie der PA kein Darlehen gewährt hätte, ohne zumindest eine detaillierte Untersuchung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens durchzuführen und einen Umstrukturierungsplan zu erstellen. Zudem haben die deutschen Behörden, obwohl diese Finanzhilfe in der Eröffnungsentscheidung als staatliche Beihilfe eingestuft worden war, dieser Einordnung in der Folge nicht widersprochen. Schließlich hat die Kommission, wie oben in Randnummer 202 festgestellt worden ist, die Einstufung der PA als Unternehmen in Schwierigkeiten und damit die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hinreichend begründet.

255. Soweit schließlich der Freistaat Thüringen geltend macht, dass die Kommission versäumt habe, zu berücksichtigen, dass diese Finanzhilfe zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden sei, ist auf die Prüfung dieser Rüge im Rahmen des Vorbringens des Freistaats Thüringen zur Rechtmäßigkeit der Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (siehe unten, Randnrn. 307 bis 347).

256. Demnach sind die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

M - Zu dem der Pilz-Gruppe von der LfA gewährten Darlehen von 15 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

257. Der Freistaat Thüringen ist der Auffassung, dass die Kommission hinsichtlich des Darlehens der LfA von 15 Mio. DM einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, weil dieses Darlehen direkt der Pilz-Gruppe gewährt worden sei und daher auch nicht vom Joint Venture und seinen Nachfolgern zurückgefordert werden könne. Außerdem habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie dieses Darlehen als eine Beihilfe zugunsten der PA oder der CD Albrechts ansehe.

258. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Ansicht, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei. Es sei unbeachtlich, dass das Darlehen von 15 Mio. DM für die Pilz-Gruppe bestimmt gewesen sei, denn da es sich um einen Betriebsmittelkredit handele, der als Überbrückung gedacht gewesen sei, bis ein kaufwilliger Investor für das Joint Venture gefunden würde, sei es auch dem Joint Venture und der PA zugute gekommen.

2. Würdigung durch das Gericht

259. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

260. Der Freistaat Thüringen macht zu Recht geltend, dass die Kommission versäumt habe, zu berücksichtigen, dass diese Finanzhilfe direkt an die Pilz-Gruppe gezahlt worden sei. Die Kommission hat nämlich keine Umstände angeführt, aus denen hervorginge, dass diese Finanzhilfe für die Umstrukturierung der PA oder der CD Albrechts bestimmt war.

261. Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch entkräftet, dass, wie die Kommission in der 37. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, das Darlehen von 15 Mio. DM zur Unterstützung der Pilz-Gruppe gedacht war, bis ein kaufwilliger Investor für die PA gefunden würde. Abgesehen davon, dass die Kommission keine Beweise zur Stützung dieser Behauptung vorgelegt hat, steht nämlich nicht fest, dass die PA durch diese Beihilfe tatsächlich einen Vorteil erlangte. Die Kommission hat somit einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie die Auffassung vertrat, dass dieses Darlehen die PA begünstigt habe.

262. Demnach ist, ohne dass die Rüge der Verletzung der Begründungspflicht geprüft werden müsste, Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin feststellt, dass das Darlehen von 15 Mio. DM eine Beihilfe "für die Umstrukturierung der [CD Albrechts]" darstellt.

N - Zu dem der CD Albrechts von der TAB gewährten Darlehen von 15 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

263. Der Freistaat Thüringen führt aus, dass gemäß dem Schreiben der deutschen Behörden vom 30. März 1999 das der CD Albrechts von der TAB gewährte Darlehen von 15 Mio. DM zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden sei. Dieses Darlehen sei auch bereits zurückgezahlt worden. Sodann habe die Kommission gegen Artikel 87 Absatz 1 EG verstoßen, soweit sie das Darlehen von 15 Mio. DM in der angefochtenen Entscheidung als staatliche Beihilfe zugunsten der PA angesehen habe. Entgegen den Feststellungen der Kommission in der angefochtenen Entscheidung dürfe dieses Darlehen nämlich nicht am Maßstab der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen geprüft werden, weil sich die PA, später CD Albrechts, zum Zeitpunkt der Zahlung nicht in einer entsprechenden Lage befunden habe. Darüber hinaus habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie dieses Darlehen als eine Beihilfe zugunsten der PA oder der CD Albrechts ansehe.

264. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei.

2. Würdigung durch das Gericht

265. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

266. Zunächst ist festzustellen, dass der Freistaat Thüringen keine Beweise zur Stützung seiner Behauptung vorlegt, dass dieses Darlehen bereits teilweise oder vollständig zurückgezahlt worden sei. Er weist auch nicht nach, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren über eine solche Rückzahlung unterrichtet wurde.

267. Sodann macht der Freistaat Thüringen zu Unrecht geltend, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt habe, indem sie dieses Darlehen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Umstrukturierungsbeihilfe eingestuft habe. Aus den oben in den Randnummern 196 bis 202 dargelegten Gründen konnte nämlich die CD Albrechts, früher PA, zum Zeitpunkt der Gewährung dieses Darlehens als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden. Es kann aber in der Tat angenommen werden, dass ein Privatunternehmen in der Lage der TAB einem sich in Schwierigkeiten befindenden Unternehmen wie der CD Albrechts kein Darlehen gewährt hätte, ohne zumindest eine detaillierte Untersuchung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens durchzuführen und einen Umstrukturierungsplan zu erstellen. Zudem haben die deutschen Behörden, obwohl diese Finanzhilfe in der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens als staatliche Beihilfe eingestuft worden war, dieser Einordnung in der Folge nicht widersprochen. Im Übrigen hat die Kommission, wie oben in Randnummer 202 festgestellt worden ist, die Einstufung der CD Albrechts als Unternehmen in Schwierigkeiten und damit die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hinreichend begründet.

268. Soweit schließlich der Freistaat Thüringen geltend macht, dass die Kommission versäumt habe, zu berücksichtigen, dass diese Finanzhilfe zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden sei, ist auf die Prüfung dieser Rüge im Rahmen des Vorbringens des Freistaats Thüringen zur Rechtmäßigkeit der Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (siehe unten, Randnrn. 318 bis 344).

269. Demnach sind vorbehaltlich der späteren Prüfung dieser letztgenannten Rüge die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

O - Zu dem der CD Albrechts von der LfA gewährten Darlehen von 7 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

270. Der Freistaat Thüringen macht zunächst geltend, dass die Kommission hinsichtlich des Darlehens von 7 Mio. DM verschiedene fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe. Entgegen den Feststellungen der Kommission in der 36. und der 73. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung habe das der PA von der LfA gewährte Darlehen von 7 Mio. DM nicht der Stützung dieser Gesellschaft gedient. Nach Abschluss der Sanierungsvereinbarung hätten 2 Mio. DM von diesem Darlehen der Tilgung der Zinsen gedient, die auf die der PBK gewährten und durch die Bürgschaft des Freistaats Bayern gesicherten Bankkredite angefallen seien. Da der Gesamtbetrag der Bürgschaft (54,7 Mio. DM) von der Kommission bereits als staatliche Beihilfe angerechnet worden sei, komme es, wenn dieser Teil des Darlehens ebenfalls als staatliche Beihilfe angesehen werde, zu einer Doppelzählung desselben Betrages für die Berechnung der Beihilfe.

271. Sodann habe die Kommission hinsichtlich dieser Finanzhilfe verschiedene Rechtsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt. Insbesondere handele es sich bei diesem Darlehen nicht um eine staatliche Beihilfe und erst recht nicht um eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare neue Beihilfe. Da 5 Mio. DM von diesem Darlehen der Ablösung eines Teils der durch die Bürgschaft der THA gesicherten Kredite gedient hätten und die Gewährung dieser Bürgschaft nach Ansicht der Kommission eine staatliche Beihilfe darstelle, habe die Kommission die im Rahmen des Eintritts in die Bürgschaft gezahlten Beträge zu Unrecht ebenfalls als staatliche Beihilfen angesehen, denn dadurch würden im Ergebnis dieselben Beträge zweimal als staatliche Beihilfe berücksichtigt. Außerdem sei, wie er bereits dargelegt habe, die Gewährung der Bürgschaft als bestehende Beihilfe anzusehen, die mit dem Vertrag vereinbar sei; dasselbe müsse auch für die vorliegende Finanzhilfe gelten, die in Erfüllung der Verpflichtungen aus der Bürgschaft geleistet worden sei. Schließlich habe die Kommission die Begründungspflicht verletzt, weil sie nicht die Gründe angegeben habe, aus denen sie der Auffassung sei, dass das Darlehen von 7 Mio. DM eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe zugunsten der CD Albrechts sei, obwohl es in Höhe von 5 Mio. DM nur dazu gedient habe, für die Errichtung des CD-Werks in Albrechts bestimmte Bankkredite abzulösen, die nur an die Pilz Construction ausgezahlt worden seien, und in Höhe von 2 Mio. DM ermöglicht habe, die Zinsen für die durch diese Bürgschaft gesicherten Kredite zu tilgen.

272. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, ist der Auffassung, dass das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen sei.

2. Würdigung durch das Gericht

273. Der Freistaat Thüringen rügt hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe verschiedene fehlerhafte Sachverhaltsfeststellungen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und die Verletzung der Begründungspflicht.

274. Insoweit ist zunächst zu prüfen, ob, wie der Freistaat Thüringen geltend macht, die Kommission eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen hat, indem sie nicht berücksichtigt hat, dass das der PA von der LfA gewährte Darlehen von 7 Mio. DM in Höhe von 2 Mio. DM der Absicherung der künftigen Zinsen auf die durch die Bürgschaft des Freistaats Bayern gedeckten Kredite und in Höhe von 5 Mio. DM der Rückzahlung eines Teils der durch die Bürgschaft der THA gedeckten Kredite diente.

275. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der Eröffnungsentscheidung Folgendes festgestellt hat:

"Mit Vertrag vom 8. März 1994 gewährte [der Freistaat] Bayern über die LfA ... dem Joint Venture ein Darlehen über 2 Mio. DM und eines über 7 Mio. DM (beide verzinst mit 7 % und rückzahlbar bis 31. März 1996 bzw. 30. März 1996). Das erste Darlehen wurde zur Rückzahlung ... des vo[m Freistaat] Bayern verbürgten Kredits [eingesetzt]. Von dem zweiten Darlehen wurden 5 Mio. DM zur Verringerung des von der THA verbürgten Darlehens verwendet und die verbleibenden 2 Mio. DM als Betriebsmittel benötigt."

276. Aus diesem Abschnitt geht klar hervor, dass die Kommission vor der Eröffnung des förmlichen Verfahrens darüber informiert worden war, dass das von der LfA gewährte Darlehen von 7 Mio. DM in Höhe von 5 Mio. DM der Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite diente. Dagegen scheint sie in diesem Verfahrensstadium nicht darüber informiert gewesen zu sein, dass die restlichen 2 Mio. DM dieses zweiten Darlehens der LfA von 7 Mio. DM dazu dienten, die Zahlung der künftigen Zinsen auf die vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite zu sichern.

277. Die deutschen Behörden haben jedoch im Verwaltungsverfahren zur Verwendung dieses Darlehens Stellung genommen. Im Schreiben vom 30. März 1999 wiesen sie nämlich darauf hin, dass 5 Mio. DM von diesem Darlehen nicht der Rückzahlung der vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite, sondern der Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite gedient hätten. Die verbleibenden 2 Mio. DM seien den privaten Banken zur Absicherung ihrer künftigen Zinsansprüche zugewiesen worden.

278. Die Kommission musste daher aufgrund der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorlagen, wissen, dass das von der LfA gewährte Darlehen von 7 Mio. DM in Höhe von 5 Mio. DM der Rückzahlung eines Teils der von der THA verbürgten Kredite und in Höhe von 2 Mio. DM der Sicherung der Zahlung der künftigen Zinsen auf die vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite gedient hatte.

279. Dass die angefochtene Entscheidung keine derartigen Feststellungen enthält, hat sich jedoch auf ihre Rechtmäßigkeit bezüglich dieser Zuwendung nicht ausgewirkt.

280. Selbst wenn die Kommission nämlich berücksichtigt hätte, dass das Darlehen von 7 Mio. DM in Höhe von 5 Mio. DM zur Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite verwendet worden war, hätte dies nichts an ihrer Beurteilung dieser Finanzhilfe geändert, da sich aus den oben in Randnummer 194 dargelegten Gründen die Finanzhilfen, die für die Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite gewährt wurden, von den von der THA aufgrund dieser Bürgschaft gezahlten Beträgen unterscheiden.

281. Der Freistaat Thüringen macht außerdem zu Unrecht geltend, dass die Kommission, da 5 Mio. DM von diesem Darlehen der Rückzahlung eines Teils der von der THA verbürgten Kredite gedient hätten, einen Beurteilungsfehler begangen und die Begründungspflicht verletzt habe, indem sie diese Zuwendung als neue Beihilfe eingestuft habe. Die bloße Tatsache, dass diese Finanzhilfe der Rückzahlung der von der THA verbürgten Kredite diente, lässt nämlich nicht den Schluss zu, dass es sich um einen Eintritt in diese Bürgschaft handelt. Insbesondere wurde dieses Darlehen dem Joint Venture ausgezahlt, um ihm die Rückzahlung eines Teils der durch die Bürgschaft gesicherten Kredite zu ermöglichen. Obwohl die Gewährung des Darlehens die Rückzahlung der verbürgten Kredite ermöglichen soll, handelt es sich deshalb um eine neue Beihilfe und nicht um einen Eintritt in eine bestehende Bürgschaft.

282. Soweit schließlich 2 Mio. DM von der vorliegenden Finanzhilfe verwendet wurden, um die Zahlung künftiger Zinsen auf die vom Freistaat Bayern verbürgten Kredite zu sichern, weist der Freistaat Thüringen nicht nach, inwiefern diese Tatsache die Würdigung durch die Kommission, dass es sich bei dieser Finanzhilfe um eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe handele, da sie unter Verstoß gegen die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gewährt worden sei, hätte ändern können.

283. Demnach ist das gesamte Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe als unbegründet zurückzuweisen.

P - Zu dem der CD Albrechts von der TAB gewährten Darlehen von 9,5 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

284. Der Freistaat Thüringen trägt vor, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass dieses Darlehen vollständig zurückgezahlt worden sei. Dies sei im Übrigen das einzige Darlehen, das die CD Albrechts tatsächlich erhalten habe, da die Verbindung zur Pilz-Gruppe im Dezember 1994 endgültig gelöst worden sei. Außerdem hätte die Kommission dieses Darlehen am Maßstab eines marktwirtschaftlich handelnden Investors beurteilen müssen, d. h. unter Berücksichtigung der Liquiditätsschwierigkeiten, die die CD Albrechts aufgrund der rechtswidrigen Handlungen der Pilz-Gruppe gehabt habe.

285. Die Kommission macht geltend, dass ihr keine Informationen über eine Rückzahlung übermittelt worden seien, so dass sie davon habe ausgehen dürfen, dass dieses Darlehen noch zur Rückzahlung ausstehe.

2. Würdigung durch das Gericht

286. Was das Vorbringen des Freistaats Thüringen zur vorliegenden Finanzhilfe angeht, so genügt die Feststellung, dass er keine Beweise zur Stützung seiner Behauptung vorlegt, dass diese Finanzhilfe vollständig zurückgezahlt worden sei. Im Übrigen, selbst unter der Annahme, dass er in der Lage gewesen wäre, diese Rückzahlung zu beweisen, hat er es nichtsdestoweniger versäumt, diesen Beweis im Verwaltungsverfahren zu erbringen, so dass der Kommission nicht vorgeworfen werden kann, dass sie die Rückzahlung im Rahmen der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt hat. Schließlich kann das Vorbringen des Freistaats Thüringen, dass die Gewährung der Beihilfe dem rationalen Verhalten eines privaten Investors entspreche, nicht durchgreifen, da sich unter Berücksichtigung der Ausführungen oben in Randnummer 217 die Frage, ob die TAB wie ein privater Investor gehandelt hat, auf die Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nicht auswirkt und deshalb irrelevant ist.

287. Demnach sind die Klagegründe, die der Freistaat Thüringen hinsichtlich der vorliegenden Finanzhilfe vorbringt, als unbegründet zurückzuweisen.

Q - Zu den Zinsen in Höhe von insgesamt 21,3 Mio. DM

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

288. Der Freistaat Thüringen macht zunächst geltend, dass die Kommission hinsichtlich der Zinsen die Begründungspflicht verletzt habe. Die angefochtene Entscheidung enthalte nämlich an keiner Stelle Feststellungen oder Begründungen der Kommission zur Berechnung des Betrages von 21,3 Mio. DM, in Höhe dessen angeblich auf die einzelnen Finanzhilfen keine Zinsen erhoben worden seien. Dies sei umso erstaunlicher, als bereits in den im Rahmen der Sanierungsvereinbarung zur Ablösung der Bürgschaften erbrachten Beiträgen Zinsen in erheblichem Ausmaß enthalten gewesen seien. Da die angefochtene Entscheidung vorsehe, dass die zurückzufordernden Beihilfen zum Referenzzinssatz zu verzinsen seien, hätte die Kommission außerdem genau erläutern müssen, um welche Zinsen es sich handele und weshalb sie dem Joint Venture und seinen Rechtsnachfolgern zugute gekommen seien. Die Kommission hätte sich insoweit nicht mit einem Hinweis auf die vom Mitgliedstaat übermittelten Informationen begnügen dürfen.

289. Weiter bestreitet der Freistaat Thüringen das Vorbringen der Kommission, sie habe die Rückforderung der Zinsvorteile aufgrund der Angaben der deutschen Behörden in Höhe von 21,3 Mio. DM verlangen müssen. Zum einen habe die Kommission für die Behauptung, dass die deutschen Behörden Derartiges vorgetragen hätten, keinen Nachweis erbracht; zum anderen sei festzuhalten, dass, selbst wenn die Behörden Derartiges erklärt haben sollten - was er bestreite -, dies das Unterlassen von Sachverhaltsfeststellungen zur Berechnung der Zinshöhe nicht rechtfertige.

290. Darüber hinaus habe die Kommission gegen Artikel 87 Absatz 1 EG verstoßen, soweit sie in der angefochtenen Entscheidung für die angeblichen Zinsvorteile des Joint Ventures und seiner Rechtsnachfolger einen pauschalen Betrag von 21,3 Mio. DM festgelegt habe.

291. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, weist das gesamte Vorbringen des Freistaats Thüringen zu den Zinsvorteilen in Höhe von 21,3 Mio. DM zurück.

292. Sie trägt zunächst vor, dass sie gezwungen gewesen sei, anhand der ihr von den deutschen Behörden übermittelten Informationen zu entscheiden, denen zufolge die verschiedenen Zahlungen zu Zinsvorteilen im Umfang von mindestens 21,3 Mio. DM im Zeitraum von Ende 1993 bis 1998 geführt hätten (40. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung). Sodann gehe der Hinweis des Freistaats Thüringen auf die aufgrund der Rückforderungsanordnung zu zahlenden Zinsen fehl, weil es sich bei dem Betrag von 21,3 Mio. DM allein um die Zinsvorteile handele, die dem Unternehmen gewährt worden seien und damit selbst eine Beihilfe darstellten. Hiervon zu unterscheiden seien die Zinsen, die ab dem Zeitpunkt der Auszahlung der Beihilfen zurückzugewähren seien und die sich gemäß Artikel 2 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage des für die Berechnung des Nettosubventionsäquivalents der Regionalbeihilfen herangezogenen Bezugssatzes berechneten.

293. Ferner weist sie das Vorbringen des Freistaats Thüringen zurück, dass sie den Betrag des Zinsvorteils pauschal auf mindestens 21,3 Mio. DM festgesetzt habe, ohne zu beachten, dass die Zahlungen an verschiedene Unternehmen geflossen seien und dass dieser Vorteil teilweise bereits bei der Berechnung bestimmter Beträge berücksichtigt worden sei. Bei der Berechnung des Betrages der gezahlten Beihilfen komme es nämlich nicht darauf an, wem die finanziellen Hilfen letztlich innerhalb einer Unternehmensgruppe zugute kämen, sondern darauf, wer der objektiv ausgewiesene Empfänger sei, im vorliegenden Fall das Joint Venture und seine Rechtsnachfolger. Der Gesamtbetrag, der in der angefochtenen Entscheidung für die Zinsvorteile festgesetzt sei, sei auch nicht auf unrichtige Berechnungen gestützt, sondern, wie aus der 40. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, auf die Auskünfte der deutschen Behörden.

294. Schließlich weist sie den Vorwurf zurück, dass sie hinsichtlich der Zinsvorteile die Begründungspflicht verletzt habe. Mangels klarer Angaben der deutschen Behörden habe sie sich nämlich auf den Betrag von 21,3 Mio. DM verlassen müssen, der, wie aus der 40. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, von den deutschen Behörden als dem Joint Venture und seinen Rechtsnachfolgern insgesamt zugeflossener Zinsvorteil genannt worden sei. Dieser Vorteil sei anhand der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen bewertet und als unzulässige Umstrukturierungsbeihilfe eingestuft worden. Was schließlich die Behauptung des Freistaats Thüringen angehe, dass sie nicht angegeben habe, inwieweit sie bei der Feststellung des Gesamtbetrags des Zinsvorteils berücksichtigt habe, dass zwei Darlehen zur Tilgung von auf die Kredite angefallenen Zinsen verwendet worden seien, so habe sie nach ihrem Informationsstand nur von Darlehen ausgehen können, die als unzulässige Beihilfen für die Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten einzustufen gewesen seien.

2. Würdigung durch das Gericht

295. Die Bundesrepublik Deutschland hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts unterstrichen, dass ihre Dienststellen gegenüber der Kommission keine Angaben gemacht hätten, aus denen hervorginge, dass sich die im Rahmen des Vorhabens des CD-Werks in Albrechts gewährten Zinsvorteile auf mindestens 21,3 Mio. DM im Zeitraum 1993 bis 1998 belaufen hätten. Diese Zahl stehe auch im Widerspruch zu dem Zinsbetrag, der im Schreiben der deutschen Regierung vom 17. April 1997 genannt worden sei, nämlich 14,9 Mio. DM.

296. Die Kommission hat in ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts erklärt, dass sie nicht in der Lage sei, zu beweisen, dass sie von den deutschen Behörden die Angabe erhalten habe, dass sich die fragliche Beihilfe auf 21,3 Mio. DM belaufe.

297. Die Kommission hat somit eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung getroffen, als sie in der 40. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung feststellte, dass "[n]ach Angaben der deutschen Behörden ... diese Zahlungen zu erheblichen Zinsvorteilen im Umfang von mindestens 21,3 Mio. D[M] von Ende 1993 bis 1998 [führten]".

298. Demnach ist, ohne dass die übrigen Rügen, die zu diesem Punkt erhoben wurden, geprüft werden müssten, Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er einen Betrag von 21,3 Mio. DM aufgrund der im Rahmen der Umstrukturierung des CD-Werks in Albrechts gewährten Zinsvorteile einschließt.

III - Zu den Klagegründen bezüglich der Rechtmäßigkeit des Artikels 2 der angefochtenen Entscheidung

A - Vorbemerkungen

299. Der Freistaat Thüringen, unterstützt durch die Bundesrepublik Deutschland, macht geltend, dass Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung, soweit die Kommission darin die Rückforderung der Beihilfen von der LCA, der CDA sowie von "alle[n] anderen Unternehmen, auf die Vermögensgegenstände und/oder Infrastruktur von der [PBK], [dem Joint Venture] oder der [PA] übertragen worden sind oder ... übertragen werden", anordne, rechtswidrig sei, weil die Rückforderungsanordnung auf zahlreichen Fehlern bei der Sachverhaltsfeststellung beruhe, im Widerspruch zu Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 2 EG stehe, die Begründungspflicht und den Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs verletze und schließlich gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit verstoße.

300. Das Gericht wird zunächst das Vorbringen des Freistaats Thüringen prüfen, dass die Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 2 EG verstoße.

B - Zum Verstoß gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 2 EG

1. Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

301. Der Freistaat Thüringen macht zur Stützung seines Klagegrundes eines Verstoßes gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 2 EG im Wesentlichen geltend, dass die Kommission von der Bundesrepublik Deutschland nicht verlangen könne, Beihilfen von Unternehmen zurückzufordern, die durch diese Beihilfen nicht begünstigt worden seien. Erstens seien die Beihilfen weitgehend zugunsten der Unternehmen der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden, zweitens habe, wie die Kommission in der 103. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, die MTDA, später CDA, im Rahmen der Übernahme von Vermögenswerten der CD Albrechts, später LCA, keine Beihilfen erhalten, da sie einen marktüblichen Preis gezahlt habe, und drittens sei ein Teil der Beihilfen direkt an die Pilz-Gruppe gezahlt worden.

302. Die Kommission könne auch nicht mit der bloßen Behauptung, dass ein Umgehungstatbestand vorliege, die Rückforderung der Beihilfen von Dritten verlangen. Zunächst könne sie durch eine Rückforderungsanordnung nicht einen Dritten erfassen, ohne zu beweisen, dass dieser durch die Beihilfe begünstigt worden sei. Außerdem hätten die objektiven Kriterien, die sie für die Feststellung eines Umgehungstatbestands heranziehe - der Übertragungsgegenstand, der Kaufpreis, die Identität der Anteilseigner oder Eigentümer des ursprünglichen Unternehmens und des Erwerbers, der Zeitpunkt, zu dem die Übertragung erfolgt sei, und deren kommerzieller Charakter - und die in der 118. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung genannt seien, hier nicht vorgelegen.

303. Die Kommission, unterstützt durch die ODS, weist das gesamte Vorbringen des Freistaats Thüringen zurück, mit dem dargetan werden soll, dass sie gegen Artikel 87 Absatz 1 EG und Artikel 88 Absatz 2 EG verstoßen habe, indem sie von der Bundesrepublik Deutschland die Rückforderung der Beihilfe von der LCA, der CDA und jedem anderen Unternehmen verlangt habe, auf das die Vermögensgegenstände oder die Infrastruktur des Joint Ventures übertragen worden seien oder übertragen würden, um die Folgen der angefochtenen Entscheidung zu umgehen.

304. Sie erläutert zunächst in allgemeiner Form ihren Standpunkt zur Ermittlung der Personen, die im Fall der Übertragung der Anteile an der begünstigten Gesellschaft oder der Aktiva dieser Gesellschaft zur Rückzahlung der Beihilfen verpflichtet sind. Im Fall einer Übertragung der Anteile träten keine besonderen Probleme auf, da das begünstigte Unternehmen fortbestehe und nur sein Eigentümer wechsle. Nach der Rechtsprechung treffe in diesem Fall die Rückzahlungspflicht weiterhin die Gesellschaft, die die Beihilfen erhalten habe, oder ihre Nachfolger, unabhängig von den Änderungen der Eigentumsstruktur und der etwaigen Berücksichtigung der Rückzahlungspflicht bei der Festlegung der Verkaufsbedingungen. Durch die Fortführung der subventionierten Tätigkeit profitiere diese Gesellschaft nämlich weiterhin von den Beihilfen, so dass die Wettbewerbsverzerrung fortbestehe. Darüber hinausgehende Schwierigkeiten gebe es auch dann nicht, wenn die Aktiva der begünstigten Gesellschaft auf Unternehmen derselben Gruppe übertragen würden. In diesem Fall seien zur Rückzahlung der Beihilfen neben der begünstigten Gesellschaft die Unternehmen der Gruppe verpflichtet, die durch die Übertragung der Aktiva von den vorteilhaften Auswirkungen der Beihilfen hätten profitieren können, indem sie einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hätten. Beim Verkauf der Aktiva der begünstigten Gesellschaft an dritte Unternehmen sei dagegen danach zu unterscheiden, ob diese Vermögenswerte einzeln oder "en bloc" verkauft worden seien. Würden sie einzeln zum Marktpreis verkauft, so seien die Erwerber nicht zur Rückzahlung der Beihilfen verpflichtet, weil aufgrund des Einzelverkaufs der Aktiva die subventionierte Tätigkeit weggefallen sei und die vor der Übertragung der Aktiva gewährte Beihilfe die Konkurrenten der begünstigten Gesellschaft somit nicht mehr benachteiligen könne. Anders stelle sich die Situation dar, wenn die Aktiva "en bloc" verkauft würden, so dass der Erwerber die Tätigkeit der begünstigten Gesellschaft fortsetzen könne. In diesem Fall könne die Fortsetzung der subventionierten Tätigkeit die Wettbewerbsverzerrung verstetigen, so dass besondere Wachsamkeit geboten sei, um zu verhindern, dass die Übertragung der Vermögenswerte der begünstigten Gesellschaft zu einer materiellen Umgehung der Rückzahlungspflicht führen könne, indem die verkauften Werte in Sicherheit gebracht würden. Eine solche Umgehung könne nur ausgeschlossen werden, wenn die En-bloc-Übertragung der Vermögenswerte der begünstigten Gesellschaft nicht nur zum Marktpreis erfolge, sondern im Rahmen eines bedingungsfreien und allen Konkurrenten dieser Gesellschaft offen stehenden Verfahrens.

305. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe sie zu Recht die Rückforderung der Beihilfe von der LCA und der CDA verlangt, weil

- die CDA die Geschäftstätigkeiten des ursprünglichen Beihilfeempfängers mit den mit der Rückzahlungslast "infizierten" Produktionsmitteln, die sie innerhalb der über die TIB-Trägerschaft verbundenen Unternehmensgruppe übernommen habe, fortführe;

- die CDA und die LCA weiterhin aus den rechtswidrig gewährten Beihilfen, die dem Joint Venture - sowie dessen Nachfolgeunternehmen - zugeflossen seien, in dem Sinne Nutzen zögen, dass die durch die Beihilfegewährung bedingte Wettbewerbsverzerrung bei der CDA und der LCA fortwirke;

- der in Form einer Übernahme von Verbindlichkeiten geleistete Kaufpreis von insgesamt 35,3 Mio. DM (102. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung) ohnehin aufgrund der gemeinsamen TIB-Trägerschaft über die CDA und die LCA in ein und demselben Unternehmensverbund geblieben sei;

- im Fall eines Verbundes wirtschaftlich integrierter Unternehmen eine Anrechnung des Kaufpreises im Widerspruch zu ihrer Pflicht, eine Umgehung ihrer Entscheidungen zu verhindern, sowie zu der Pflicht der Mitgliedstaaten stünde, dafür Sorge zu tragen, dass die durch Kommissionsentscheidungen auferlegten Verpflichtungen erfüllt würden (118. und 119. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

306. Schließlich mache der Freistaat Thüringen zu Unrecht geltend, dass sie nicht die Rückforderung derjenigen Beihilfen von der CDA und der LCA verlangen könne, die direkt an die Pilz-Gruppe gezahlt oder zu deren Gunsten fehlgeleitet worden seien. Diese Beihilfen seien in den Verfügungsbereich des Joint Ventures oder seiner Nachfolger gelangt, auch wenn sie anschließend sofort wieder zugunsten der anderen Gesellschaften der Pilz-Gruppe abgezogen worden seien. Unbeachtlich sei insoweit, dass diese Beihilfen dem Joint Venture nicht wirklich zugute gekommen seien. In seinem Urteil vom 20. März 1997 in der Rechtssache C-24/95 (Alcan Deutschland, Slg. 1997, I-1591) habe der Gerichtshof den Entreicherungseinwand nämlich nicht als stichhaltigen Grund für die Verweigerung der Beihilferückzahlung angesehen. Dieser Gedanke des Gerichtshofes lasse sich auf einen Fall wie den vorliegenden übertragen, in dem der Wegfall der Bereicherung des ursprünglichen Beihilfeempfängers in den verbundinternen Mechanismen der Übertragung von Vermögenswerten geradezu angelegt sei. In einem solchen Fall sei die Berücksichtigung des Entreicherungseinwands ausgeschlossen; vielmehr werde der rechtswidrige Vorteil denjenigen Unternehmen innerhalb des Verbundes zugerechnet, die die Beihilfen als Adressat ursprünglich empfangen hätten. Auch die TIB und die verbundenen Unternehmen könnten diesen Einwand nicht geltend machen, denn die Fehlleitung der Beihilfen durch die Pilz-Gruppe sei auch dem Joint Venture und seinen Nachfolgern zuzurechnen.

2. Würdigung durch das Gericht

307. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass gemäß dem Gemeinschaftsrecht die Kommission, wenn sie feststellt, dass Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, dem betreffenden Mitgliedstaat aufgeben kann, diese Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnrn. 13 und 20, sowie Urteil Deutschland/Kommission, zitiert oben in Randnr. 176, Randnr. 73).

308. Die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe im Wege der Rückforderung ist die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und zielt auf die Wiederherstellung der früheren Lage ab (Urteil Deutschland/Kommission, zitiert oben in Randnr. 176, Randnr. 74).

309. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die fraglichen Beihilfen, gegebenenfalls zuzüglich Verzugszinsen, vom Empfänger oder, mit anderen Worten, von den Unternehmen, die den tatsächlichen Nutzen davon hatten, zurückgezahlt wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-1433, Randnrn. 57 und 60). Durch diese Rückzahlung verliert nämlich der Empfänger den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Konkurrenten besaß, und die vor der Zahlung der Beihilfe bestehende Lage wird wiederhergestellt (Urteil des Gerichtshofes vom 4. April 1995 in der Rechtssache C-350/93, Kommission/Italien, Slg. 1995, I-699, Randnr. 22).

310. Folglich besteht das Hauptziel der Rückerstattung einer zu Unrecht gezahlten staatlichen Beihilfe darin, die Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen, die durch den mit der rechtswidrigen Beihilfe verbundenen Wettbewerbsvorteil verursacht wurde (Urteil Deutschland/Kommission, zitiert oben in Randnr. 176, Randnr. 76).

311. Im Licht dieser allgemeinen Feststellungen ist die Rechtmäßigkeit der Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zu prüfen.

312. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung ist zwischen der Rückforderung von der LCA einerseits und der Rückforderung von der CDA andererseits zu unterscheiden. Während nämlich die LCA als unmittelbare Nachfolgerin des Joint Ventures und der PA anzusehen ist, ist dies bei der CDA unstreitig nicht der Fall. In der angefochtenen Entscheidung wird die Erstreckung der Rückforderungsanordnung auf Letztere auf das Vorliegen eines Umgehungstatbestands gestützt.

313. Was die Rückforderung der Beihilfe von der LCA betrifft, so macht der Freistaat Thüringen geltend, dass diese Anordnung rechtswidrig sei, weil sie direkt an die Pilz-Gruppe gezahlte Beihilfen sowie Beihilfen einbeziehe, die zwar an das Joint Venture und die PA gezahlt worden seien, jedoch zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden seien.

314. Hierzu ist festzustellen, dass, wie sich aus den Tabellen in der 32. und der 39. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ergibt, die in Artikel 1 der Entscheidung genannten Beihilfen tatsächlich eine Reihe von Beihilfen umfassen, die direkt an die Pilz-Gruppe und an die PBK, ein Unternehmen dieser Gruppe, gezahlt wurden. Das gilt insbesondere für die der PBK gewährten Finanzhilfen in Form der Bürgschaft des Freistaats Bayern (der LfA) über 54,7 Mio. DM, des Forderungsverzichts in Höhe von 3 Mio. DM sowie des Kaufpreises von 3 Mio. DM für die Anteile an der PA und für die der Pilz-Gruppe gewährte Finanzhilfe in Form des Darlehens von 15 Mio. DM.

315. Die ersten beiden Finanzhilfen waren, obwohl sie direkt an die PBK gezahlt wurden, unstreitig für die Finanzierung der Errichtung des CD-Werks in Albrechts bestimmt, so dass, sieht man von der Fehlleitung dieser Zuwendungen zugunsten anderer Unternehmen der Pilz-Gruppe und der Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich des Forderungsverzichts in Höhe von 3 Mio. DM ab, die Kommission grundsätzlich zu Recht die Rückforderung von der LCA angeordnet hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 3. Juli 2003 in der Rechtssache C-457/00, Belgien/Kommission, Slg. 2003, I-6931, Randnrn. 55 bis 62).

316. Was den Kaufpreis von 3 Mio. DM und das Darlehen von 15 Mio. DM angeht, so wurden diese Beihilfen, wie bereits oben in den Randnummern 218 und 260 festgestellt worden ist, direkt an die Pilz-Gruppe gezahlt und waren nicht für die Umstrukturierung des Joint Ventures und der PA bestimmt. Daher ist ausgeschlossen, dass Letztere den tatsächlichen Nutzen von diesen Beihilfen hatten. Wie bereits oben in Randnummer 261 festgestellt worden ist, wird diese Schlussfolgerung nicht dadurch entkräftet, dass, wie die Kommission in der 37. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, das Darlehen von 15 Mio. DM zur Unterstützung der Pilz-Gruppe gedacht war, bis ein kaufwilliger Investor für die PA gefunden würde. Abgesehen davon, dass die Kommission keine Beweise zur Stützung dieser Behauptung vorgelegt hat, steht nämlich nicht fest, dass die PA durch diese Beihilfe tatsächlich einen Vorteil erlangte.

317. Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung steht daher, soweit darin die Rückforderung der in Artikel 1 genannten Beihilfen von der LCA angeordnet wird und dabei die der PBK gewährte Beihilfe in Form des Kaufpreises von 3 Mio. DM sowie die der Pilz-Gruppe gewährte Beihilfe in Form des Darlehens von 15 Mio. DM einbezogen werden, nicht mit den Grundsätzen der Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen im Einklang.

318. Sodann ist das Vorbringen des Freistaats Thüringen zu prüfen, dass die Rückforderungsanordnung rechtswidrig sei, soweit sie sich auf Beihilfen beziehe, die, obwohl sie für das Joint Venture und die PA bestimmt gewesen seien, zugunsten der Unternehmen der Pilz-Gruppe fehlgeleitet worden seien.

319. Hierzu ist bemerken, dass die angefochtene Entscheidung zahlreiche Feststellungen zur Fehlleitung der in Artikel 1 der Entscheidung genannten Beihilfen zugunsten der Pilz-Gruppe enthält. Wie sich insbesondere aus der 27., der 33., der 38. und der 63. bis 75. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung ergibt, wurde ein Großteil der für die Errichtung, Konsolidierung und Umstrukturierung des CD-Werks in Albrechts gewährten Beihilfen zugunsten der Unternehmen dieser Gruppe fehlgeleitet. Aus diesen Feststellungen geht ferner hervor, dass die Fehlleitung der Beihilfen dadurch erfolgte, dass für die im Rahmen der Errichtung des Werkes erbrachten Dienstleistungen über das zentrale Cash-Management der Pilz-Gruppe überhöhte Rechnungen ausgestellt und dass vom Joint Venture und von der PA zugunsten der Pilz-Gruppe gelieferte Erzeugnisse und erbrachte Dienstleistungen nicht bezahlt wurden.

320. Darüber hinaus enthält die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Mühlhausen, die die deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren vorgelegt haben, eine Reihe von Angaben, die es ermöglichen, den Umfang der Fehlleitung der Beihilfen zugunsten der Pilz-Gruppe zumindest ungefähr zu bestimmen. Entgegen dem Vorbringen der Kommission lässt der bloße Umstand, dass die Anklageschrift rechtswidrige Handlungen im Rahmen der Gewährung der Investitionszuschüsse und -zulagen des Freistaats Thüringen betrifft, als solcher nicht den Schluss zu, dass die darin enthaltenen Angaben für die von der Kommission vorzunehmende Bewertung unbeachtlich sind. Die Anklageschrift enthält insbesondere im Rahmen der Beschreibung der verschiedenen im Zusammenhang mit dem Betrug verwendeten Mechanismen und der Bewertung des Wertes der getätigten Investitionen genaue und für die Beurteilung des Umfangs der Fehlleitung nützliche Angaben.

321. Die Kommission verfügte somit zumindest zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung über ein Bündel aussagekräftiger und übereinstimmender Hinweise, aus denen hervorging, dass das Joint Venture und die PA von einem Großteil der für die Errichtung, Konsolidierung und Umstrukturierung des CD-Werks in Albrechts bestimmten Beihilfen keinen tatsächlichen Nutzen hatten. Diese Hinweise ermöglichten es auch, den Umfang der Fehlleitung zumindest ungefähr zu bestimmen.

322. Zwar geht, wie die Kommission vorträgt, aus den Verfahrensakten nicht hervor, dass die deutschen Behörden genaue Angaben zu dem zugunsten der Pilz-Gruppe fehlgeleiteten Teil der Beihilfe gemacht hätten.

323. Obwohl aber die Kommission über die dafür erforderlichen Mittel verfügte (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutschland und Pleuger Worthington/Kommission, zitiert oben in Randnr. 71, Randnr. 29), ergibt sich aus keinem Aktenstück, dass sie die deutschen Behörden aufgefordert hätte, ihr genaue Auskünfte zu diesem Punkt zu erteilen. Wie aus der Eröffnungsentscheidung hervorgeht, hatte sie jedoch spätestens seit 1997 Kenntnis von der Fehlleitung eines Großteils der Beihilfen. Sie kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass sie aufgrund der Informationen, die ihr zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung vorgelegen hätten, die Rückforderung der in Artikel 1 genannten Beihilfen von der LCA habe anordnen dürfen, soweit es dabei um Beihilfen geht, von denen sie wusste oder hätte wissen müssen, dass sie dem Joint Venture und der PA nicht zugute gekommen waren.

324. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Kommission, dass der Umfang der Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung dadurch gerechtfertigt sei, dass das Joint Venture und seine Nachfolger einem Unternehmensverbund mit internen Mechanismen der Übertragung von Vermögenswerten angehört hätten. Abgesehen davon, dass das Joint Venture nur von Oktober 1992 bis Ende Dezember 1993 zur Pilz-Gruppe gehörte, ergibt sich nämlich aus den Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung eindeutig, dass die innerhalb dieser Gruppe bestehenden Übertragungsmechanismen nur zum Nachteil des Joint Ventures und nicht zu seinem Vorteil angewandt wurden. Daher kann nicht behauptet werden, dass das Joint Venture aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe den tatsächlichen Nutzen von Beihilfen hatte, deren Empfänger es nicht war.

325. Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung steht daher, soweit darin die Rückforderung der in Artikel 1 genannten Beihilfen von der LCA angeordnet wird und dabei die Beihilfen einbezogen werden, für die erwiesen ist, dass dieses Unternehmen sie in Wirklichkeit nicht erhalten hat, nicht mit den Grundsätzen der Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen im Einklang.

326. Soweit in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung die Rückforderung der in Artikel 1 genannten Beihilfen von der CDA angeordnet wird, geht aus der Entscheidung hervor, dass die Kommission ihre Beurteilung im Wesentlichen darauf gestützt hat, dass die Absicht bestehe, die Folgen dieser Entscheidung zu umgehen; diese Absicht ergibt sich nach Ansicht der Kommission objektiv daraus, dass die CDA Nutzen aus der zuvor der PBK, dem Joint Venture, der PA und der CD Albrechts gewährten Beihilfe ziehe, indem sie die Vermögensgegenstände dieser Unternehmen nutze und zudem ihre Geschäftstätigkeiten fortführe (118. und 120. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

327. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

328. Zwar diente, wie auch aus der Korrespondenz zwischen den deutschen Behörden und der Kommission im Verwaltungsverfahren hervorgeht, die Übertragung eines Teils der Vermögenswerte der LCA auf die CDA dazu, diesen Teil des Betriebes der LCA zu retten, indem ihm die Möglichkeit gegeben wurde, sich geschützt vor den rechtlichen und wirtschaftlichen Ungewissheiten zu entwickeln, die das Überleben der LCA gefährdeten. Außerdem lassen verschiedene Umstände, die die Kommission und die ODS im vorliegenden Rechtsstreit angeführt haben, den Schluss zu, dass die CDA seit der Übertragung der Vermögenswerte tatsächlich die Tätigkeit des Joint Ventures, der PA und der CD Albrechts fortführt.

329. Dieser Umstand beweist jedoch als solcher nicht, dass im vorliegenden Fall die Absicht bestand, die Wirkungen der Rückforderungsanordnung zu umgehen.

330. Dies gilt umso mehr, als, wie in der 103. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung festgestellt worden ist, die CDA für die Übernahme von Vermögenswerten der LCA einen marktgerechten Kaufpreis gezahlt hat, so dass dieser Vorgang nicht dazu geführt hat, dass der CDA der tatsächliche Nutzen des Wettbewerbsvorteils verblieben ist, der mit den der LCA gewährten Beihilfen verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutschland/Kommission, zitiert oben in Randnr. 176, Randnr. 92) .

331. In einem solchen Fall lässt sich nicht, wie es die Kommission in ihren Schriftsätzen tut, die Auffassung vertreten, dass die LCA aufgrund des Erwerbs der Vermögenswerte durch die CDA als "unternehmenssubstanzlose Hülle verbleibt, gegenüber der die Beihilfenrückforderung nicht wirksam durchgesetzt werden könnte".

332. In Anbetracht dessen, dass sich die LCA seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober 2000 in Liquidation befindet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung zu Beihilfeempfängern, die in Konkurs gefallen sind, die Wiederherstellung der früheren Lage und die Beseitigung der aus den rechtswidrig gezahlten Beihilfen resultierenden Wettbewerbsverzerrung grundsätzlich durch Anmeldung einer Forderung auf Rückerstattung der betreffenden Beihilfen zur Tabelle der gegen das in Liquidation befindliche Unternehmen bestehenden Forderungen erfolgen kann. Nach dieser Rechtsprechung reicht eine solche Anmeldung aus, um die Durchführung einer Entscheidung zu gewährleisten, mit der die Rückforderung von mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfen angeordnet wird (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 52/84, Kommission/Belgien, Slg. 1986, 89, Randnr. 14, und vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959, Randnrn. 60 und 62).

333. Außerdem hat die Bundesrepublik Deutschland, ohne dass die Kommission widersprochen hätte, vorgetragen, dass nur ein Teil der Vermögenswerte an die CDA verkauft worden sei, und zwar Anlage- und Umlaufvermögen, technisches Know-how und Vertrieb, und dass auf diese Weise ein höherer Betrag habe erzielt werden können als bei einer Einzelveräußerung der fraglichen Vermögenswerte.

334. Diese Schlussfolgerung wird nicht dadurch entkräftet, dass der Kaufpreis in Form einer Übernahme von Verbindlichkeiten gezahlt wurde. Diese Zahlungsart hatte nämlich keine negativen Auswirkungen auf die Lage der Gläubiger, da die Verringerung der Aktiva der Gesellschaft durch eine entsprechende Verringerung ihrer Verbindlichkeiten ausgeglichen wurde.

335. Durch den Verweis der Kommission auf die 118. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung wird diese Beurteilung nicht widerlegt. In dieser Begründungserwägung führt die Kommission nämlich allgemein und beispielhaft die Kriterien an, die sie anwendet, um festzustellen, ob ein bestimmter Vorgang einen Umgehungstatbestand erfüllt. In dem betreffenden Abschnitt werden jedoch die fraglichen Kriterien nicht auf den vorliegenden Fall angewandt.

336. Aus den Sachverhaltsfeststellungen in der angefochtenen Entscheidung allein konnte die Kommission somit nicht darauf schließen, dass im vorliegenden Fall die Absicht bestehe, die Wirkungen der Rückforderungsanordnung zu umgehen.

337. Zu den weiteren Tatsachen, die die Kommission in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, genügt die Feststellung, dass diese in der angefochtenen Entscheidung an keiner Stelle erwähnt werden und daher nicht angeführt werden können, um die Erstreckung der Rückforderungsanordnung auf die CDA zu rechtfertigen.

338. Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass sich auch durch diese verschiedenen Angaben nicht nachweisen lässt, dass im vorliegenden Fall ein Umgehungstatbestand erfüllt ist.

339. So macht die Kommission zu Unrecht geltend, dass der Erwerb der Vermögenswerte innerhalb der TIB-Gruppe, d. h. eines Unternehmensverbunds, stattgefunden habe. Abgesehen davon, dass die Existenz einer angeblichen TIB-Gruppe in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt wird, hat die Kommission nämlich keine Beweise dafür vorgelegt, dass die LCA und die CDA zu einer solchen Unternehmensgruppe gehören, und erst recht nicht dafür, dass diese Unternehmen durch interne Mechanismen der Übertragung von Vermögenswerten verbunden sind. Vielmehr geht aus den vom Freistaat Thüringen und von der CDA hierzu gemachten Angaben hervor, dass die TIB ihrer Satzung entsprechend als Beteiligungsgesellschaft handelt.

340. Zurückzuweisen ist auch das Vorbringen der Kommission, dass der Erwerb von Vermögenswerten durch die CDA keiner wirtschaftlichen Logik entspreche. Im Verwaltungsverfahren haben die deutschen Behörden nämlich wiederholt betont, dass der Erwerb eines Teils der Vermögenswerte der LCA durch die CDA wirtschaftlich logisch sei. Obwohl "der kommerzielle Charakter der Übertragung [von Vermögenswerten]" zu den Aspekten gehört, die die Kommission berücksichtigt, um festzustellen, ob eine Umgehung vorliegt (118. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung), führt sie jedoch in der angefochtenen Entscheidung keine Argumente an, die den Standpunkt der deutschen Behörden widerlegen könnten.

341. Ferner lässt der bloße Umstand, dass die LCA und die CDA zum Zeitpunkt des Erwerbs der Vermögenswerte im Januar 1998 von derselben Person geführt wurden und dass die CDA seit dieser Transaktion auf dem Markt als Nachfolger des Joint Ventures und der PA auftritt, nicht den Schluss zu, dass der Erwerb der Vermögenswerte der LCA dazu diente, die Rückforderungsanordnung in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zu umgehen. Diese Umstände genügen nämlich nicht, um nachzuweisen, dass die CDA in der Absicht handelte, die Durchführung der angefochtenen Entscheidung zu verhindern.

342. Schließlich ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, dass der En-bloc-Erwerb der Vermögenswerte der LCA nicht aufgrund eines offenen und transparenten Verfahrens erfolgt sei und dass bestimmte Konkurrenten der LCA auf diese Weise vom Erwerb der Vermögenswerte, mit denen die Gesellschaft die subventionierten Tätigkeiten ausgeübt habe, ausgeschlossen worden seien. Sowohl aus der angefochtenen Entscheidung als auch aus bestimmten Aktenstücken und den Erklärungen des Freistaats Thüringen und der CDA in der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2004 geht nämlich im Gegenteil hervor, dass der Erwerb der Vermögenswerte der LCA durch die CDA nicht sofort erfolgte, sondern erst nach fruchtlosen Versuchen, die gesamte LCA an Dritte, darunter die Muttergesellschaft der Streithelferin ODS, zu verkaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil Deutschland/Kommission, zitiert oben in Randnr. 176, Randnr. 95) .

343. Die Kommission hat demnach nicht dargetan, dass es eine Transaktion zur Umgehung der Folgen der angefochtenen Entscheidung gab, die eine Verpflichtung der CDA zur Rückzahlung der dem Joint Venture und seinen Nachfolgern gewährten rechtswidrigen Beihilfen begründen könnte.

344. Folglich steht die angefochtene Entscheidung, soweit darin angeordnet wird, Beihilfen, die der PBK, dem Joint Venture, der PA und der CD Albrechts gewährt wurden, von der CDA und der LCA zurückzufordern, nicht mit den Grundsätzen der Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen im Einklang.

345. Das Gleiche hat zu gelten, soweit in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung die Rückforderung der in Artikel 1 genannten Beihilfen von "alle[n] anderen Unternehmen, auf die Vermögensgegenstände und/oder Infrastruktur von der [PBK], [dem Joint Venture] oder der [PA] übertragen worden sind oder so übertragen werden, dass die Folgen dieser Entscheidung umgangen werden", angeordnet wird. Es genügt die Feststellung, dass die Erstreckung der Rückforderungsanordnung auf diese Unternehmen auf denselben Gründen beruht wie die Erstreckung dieser Anordnung auf die CDA.

346. Nach alledem greift der vorliegende Klagegrund durch.

347. Da das Gericht keinesfalls anstelle der Kommission oder des betreffenden Mitgliedstaats die genaue Bestimmung der Beihilfen vornehmen kann, die von Letzterem zurückzufordern sind, ist Artikel 2 der Entscheidung hinsichtlich der gesamten Rückforderungsanordnung für nichtig zu erklären, soweit er die in seinem Absatz 3 bezeichneten Unternehmen betrifft. Somit ist Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin die Rückforderung der in Artikel 1 der Entscheidung genannten Beihilfen von der CDA und der LCA sowie von allen anderen Unternehmen angeordnet wird, auf die Vermögensgegenstände oder Infrastruktur von der PBK, dem Joint Venture oder der PA übertragen worden sind oder so übertragen werden, dass die Folgen dieser Entscheidung umgangen werden.

348. Die übrigen Klagegründe des Freistaats Thüringen sind unter diesen Umständen nicht zu prüfen.

Kostenentscheidung:

Kosten

349. Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Freistaats Thüringen die Kosten aufzuerlegen.

350. Gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Bundesrepublik Deutschland trägt daher ihre eigenen Kosten.

351. Gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 3 kann das Gericht entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in Artikel 87 § 4 Absätze 1 und 2 genannten seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall trägt die ODS ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung 2000/796/EG der Kommission vom 21. Juni 2000 über Beihilfen Deutschlands zugunsten der CDA Compact Disc Albrechts GmbH, Thüringen, wird für nichtig erklärt, soweit

- Artikel 1 Absatz 1 in die Beihilfen, die der R. E. Pilz GmbH Co. Beteiligungs KG, der Pilz Robotron GmbH Co. Beteiligungs KG und der Pilz Albrechts GmbH zum Zweck der Errichtung, des Betriebes und der Konsolidierung der CD-Fabrik in Albrechts (Thüringen) gewährt wurden, einen Betrag von 54,7 Mio. DM aufgrund der Bürgschaft des Freistaats Bayern, einen Betrag von 3 Mio. DM aufgrund des Forderungsverzichts und einen Betrag von 63,45 Mio. DM aufgrund der vom Freistaat Thüringen gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen mit einbezieht;

- Artikel 1 Absatz 2 in die für die Umstrukturierung der CDA Compact Disc Albrechts GmbH gewährte Beihilfe einen Betrag von 33 Mio. DM aufgrund des Erwerbs der Anteile an der PA/CD Albrechts und einen Betrag von 21,3 Mio. DM aufgrund der Zinsvorteile mit einbezieht;

- in Artikel 1 Absatz 2 festgestellt wird, dass der Kaufpreis von 3 Mio. DM und das von der LfA gewährte Darlehen von 15 Mio. DM eine Beihilfe "für die Umstrukturierung der CDA Compact Disc Albrechts GmbH" darstellen;

- in Artikel 2 die Rückforderung der in Artikel 1 der Entscheidung genannten Beihilfen von der CDA Datenträger Albrechts GmbH und der LCA Logistik Center Albrechts GmbH sowie von allen anderen Unternehmen angeordnet wird, auf die Vermögensgegenstände und/oder Infrastruktur von der R. E. Pilz GmbH Co. Beteiligungs KG, der Pilz Robotron GmbH Co. Beteiligungs KG oder der Pilz Albrechts GmbH übertragen worden sind oder so übertragen werden, dass die Folgen dieser Entscheidung umgangen werden.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Freistaats Thüringen. Die Bundesrepublik Deutschland und die ODS Optical Disc Service GmbH tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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