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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 02.12.1994
Aktenzeichen: T-322/94 R
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 173
EG-Vertrag Art. 185
EG-Vertrag Art. 186
EG-Vertrag Art. 85
EG-Vertrag Art. 86
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Nach dem vom EG-Vertrag errichteten System der Zuständigkeitsverteilung obliegt es der Kommission, im Rahmen der Kontrollbefugnisse, die ihr im Bereich des Wettbewerbs namentlich durch Artikel 85 des Vertrages in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 verliehen worden sind, gegenüber den einen Zusammenschluß gemäß der Verordnung Nr. 4064/89 anmeldenden Parteien, wenn sie dies für erforderlich hält, eine einstweilige Maßnahme zu erlassen. Die Rolle des Gemeinschaftsrichters besteht in der Ausübung der gerichtlichen Kontrolle über das entsprechende Vorgehen der Kommission und nicht darin, an die Stelle der Kommission bei der Ausübung der ihr durch die genannten Bestimmungen eingeräumten Befugnisse zu treten. Daher ist in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das von einem dritten Unternehmen im Zusammenhang mit seiner Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission über eine bedingte Genehmigung eines Zusammenschlusses betrieben wird, der Antrag auf Erlaß vorläufiger Maßnahmen in Form von Anordnungen gegenüber den anmeldenden Parteien nicht zulässig.

Jedenfalls ist der in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf Erlaß einstweiliger Anordnungen gerichtete Antrag, der im Zusammenhang mit einer Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission gestellt wird, grundsätzlich nur zulässig, wenn er sich im Rahmen der Endentscheidung hält, die der Richter im Verfahren zur Hauptsache aufgrund der Artikel 173 und 176 des Vertrages erlassen kann, und wenn er die Beziehungen zwischen den Parteien des Rechtsstreits betrifft, so daß jeder Antrag auf Erlaß von Anordnungen gegenüber am Verfahren zur Hauptsache nicht beteiligten Dritten unzulässig ist.

Infolgedessen wird mit dem Antrag vom Richter der einstweiligen Anordnung der Erlaß einstweiliger Anordnungen begehrt, die nicht in dessen Zuständigkeit fallen. Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Die Dringlichkeit eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist danach zu beurteilen, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist, um zu verhindern, daß dem Antragsteller ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht. Diesem obliegt es, den Nachweis dafür zu erbringen, daß er den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht abwarten kann, ohne einen Schaden zu erleiden, der schwere und nicht wiedergutzumachende Folgen für ihn hätte.

Dieser Nachweis ist nicht erbracht, wenn ein Antragsteller, um die Aussetzung des Vollzugs einer Entscheidung über die Genehmigung eines Zusammenschlusses von Unternehmen zu erreichen, sich darauf beruft, daß seine Wettbewerbsposition durch den beabsichtigten Zusammenschluß und durch das im Fall eines solchen Zusammenschlusses zu erwartende Verhalten eines der daran beteiligten Unternehmen und dessen möglicher Kunden geschwächt werde. Zum einen kann dieses Verhalten nämlich nicht als zwangsläufige Folge des Vollzugs der Genehmigungsentscheidung angesehen werden, und zum anderen beruht der geltend gemachte Schaden auf einer blossen Annahme und auf gewagten Vorhersagen über künftige ungewisse Ereignisse.

Jedenfalls ist für eine solche Aussetzung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung, dem öffentlichen Interesse an der Durchführung der von der Kommission auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4064/89 erlassenen Entscheidungen über Zusammenschlüsse und den Interessen Dritter, die durch die Aussetzung unmittelbar betroffen sind, abzuwägen. Angesichts des Ziels der genannten Verordnung, nämlich die Wirksamkeit der Kontrolle und Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen zu gewährleisten, sowie angesichts der schwerwiegenden Folgen der Aussetzung für die an dem Zusammenschluß beteiligten Unternehmen kann diese Abwägung nicht zugunsten des Antragstellers ausfallen.

Aus diesen verschiedenen Gründen ist der Antrag auf Aussetzung des Vollzugs zurückzuweisen.


BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTS ERSTER INSTANZ VOM 2. DEZEMBER 1994. - UNION CARBIDE CORPORATION GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - KONTROLLE VON ZUSAMMENSCHLUESSEN - VERFAHREN DES VORLAEUFIGEN RECHTSSCHUTZES - AUSSETZUNG DES VOLLZUGS - EINSTWEILIGE ANORDNUNGEN. - RECHTSSACHE T-322/94 R.

Entscheidungsgründe:

Tatbestand

1 Die Union Carbide Corporation (nachstehend: UCC) hat mit Klageschrift, die am 11. Oktober 1994 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, gemäß Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (im folgenden: EG-Vertrag) Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 8. Juni 1994 in einem Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (IV/M.269 ° Shell/Montecatini) erhoben.

2 Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, hat die UCC ausserdem gemäß den Artikeln 185 und 186 EG-Vertrag folgende Anträge gestellt:

° einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung;

° einen Antrag, den anmeldenden Parteien aufzugeben, das Vorhaben nicht durchzuführen;

° einen Antrag, der Shell Petroleum NV, der Shell Oil Company (nachstehend: Shell Oil) und den anderen zur Royal Dutch/Shell-Gruppe (nachstehend: Shell-Gruppe) gehörenden Gesellschaften aufzugeben, alle weiteren Maßnahmen zu unterlassen, die den Interessen und der Wettbewerbsfähigkeit des Gemeinschaftsunternehmens UCC/Shell Oil schaden können.

3 Die Kommission hat am 28. Oktober 1994 zu dem vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung schriftlich Stellung genommen. Die Parteien haben am 14. November 1994 mündlich verhandelt.

4 Vor der Prüfung der Begründetheit des Antrags auf einstweilige Anordnung sind der Hintergrund der vorliegenden Rechtssache und insbesondere der dem beim Gericht anhängigen Rechtsstreit zugrunde liegende wesentliche Sachverhalt darzustellen, wie er sich aus den von den Parteien eingereichten Schriftsätzen und aus den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 1994 ergibt.

5 Die Antragstellerin ist mit der zur Shell-Gruppe gehörenden Shell Oil an einem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt. Das Gemeinschaftsunternehmen UCC/Shell Oil, dessen Kapital zu jeweils 50 % von den beiden beteiligten Unternehmen gehalten wird, ist u. a. auf dem weltweiten Markt für Technologielizenzen für Hersteller von Polypropylenharz tätig. UCC/Shell Oil erteilt diesen Herstellern Lizenzen für die Nutzung eines Technologiepakets (nachstehend: Unipol-Technologie), in dem das von UCC entwickelte UNIPOL-Polymerisationsverfahren mit dem von Shell Oil entwickelten SHAC-Katalysator kombiniert ist. Aufgrund einer gesonderten Vereinbarung ist UCC mit Shell Oil und SIRM, die ebenfalls zur Shell-Gruppe gehört, noch an einem dreiseitigen Forschungs- und Entwicklungsprogramm über die in der Polypropylentechnologie eingesetzten Katalysatoren beteiligt.

6 Auf dem Markt für Polypropylentechnologie, einem weltweiten Markt, gibt es derzeit zwei führende Unternehmen, die über fortgeschrittene Technologien verfügen und bereit sind, Drittherstellern von Polypropylenharz Lizenzen für diese Technologien zu erteilen. Den ersten Platz auf diesem Markt nimmt Himont ein, eine Tochtergesellschaft von Montedison, die zur Ferruzzi-Gruppe gehört. Himont verfügt über die Spheripoltechnologie und hat als erster andere als "Slurry"-Polypropylentechnologien entwickelt. Das Gemeinschaftsunternehmen UCC/Shell Oil kommt an zweiter Stelle, und in weitem Abstand folgen die anderen Wettbewerber, von denen keiner einen nennenswerten Marktanteil hat. Nach Aussage der Antragstellerin sind die meisten anderen Unternehmen, die Polypropylentechnologien entwickelt haben, auch Hersteller von Harzen und verfolgen deshalb keine umfassende Lizenzierungspolitik, insbesondere nicht gegenüber Dritten, die auf den regionalen Produktions- und Absatzmärkten für Polypropylenharz, auf denen die anderen Unternehmen selbst tätig sind, als Konkurrenten auftreten könnten.

7 Am 4. Januar 1994 meldeten die Shell Petroleum NV, eine Holdinggesellschaft innerhalb der Shell-Gruppe, und die Montedison Nederland NV bei der Kommission gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (überarbeitete Fassung veröffentlicht im ABl. 1990, L 257, S. 13) ein geplantes Gemeinschaftsunternehmen an, das "Sophia" heissen und die Interessen und Aktiva der beiden Parteien im Polyolefinsektor vereinen sollte. Mit diesem Zusammenschluß sollten u. a. fast ihre sämtlichen Vermögenswerte im Bereich der Produktion und des Absatzes von Polypropylenharz zusammengefasst werden und ein Grossteil der Rechte an geistigem Eigentum sowie die Einrichtungen für die Technologieforschung auf das Gemeinschaftsunternehmen übergehen. Die Vermögenswerte von Shell Oil waren von den angemeldeten Vereinbarungen ausdrücklich ausgenommen.

8 Mit Schreiben vom 21. Januar 1994 antwortete UCC auf eine am 12. Januar 1994 veröffentlichte Mitteilung der Kommission, in der diese die betroffenen Dritten zur Übermittlung ihrer Stellungnahmen zu dem angemeldeten Vorhaben aufgefordert hatte (ABl. C 8, S. 4). Die Antragstellerin wies die Kommission auf die derzeitige Struktur des Marktes für Polypropylentechnologie und auf die negativen Auswirkungen hin, die ein Zusammenschluß von Shell und Montedison, von denen jede eine der beiden grundlegenden Technologiequellen kontrolliere, auf den Wettbewerb haben könne. Ausserdem nahm UCC zu den Wirkungen des angemeldeten Vorhabens auf den Markt für Polypropylenharz und auf das Verhältnis zwischen diesem Markt und dem Markt für vorgelagerte Technologien Stellung.

9 Die Kommission stellte nach einer vorläufigen Prüfung gemäß der Verordnung Nr. 4064/89 fest, daß das angemeldete Vorhaben Anlaß zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gebe. Sie leitete deshalb am 8. Februar 1994 das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 ein.

10 Am 28. März richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die anmeldenden Parteien, in der sie feststellte, daß durch den geplanten Zusammenschluß die Gefahr einer beherrschenden Stellung auf dem westeuropäischen Markt für Produktion und Absatz von Polypropylenharz und auf dem weltweiten Markt für die Erteilung von Polypropylentechnologielizenzen an Dritte bestehe. Die Kommission berücksichtigte dabei namentlich die Beteiligung von Montedison und Shell an anderen auf dem Markt für Polypropylenharz tätigen Gemeinschaftsunternehmen und die Stärkung der Stellung von Sophia auf diesem Markt durch die Kontrolle, die Shell über die beiden auf dem Lizenzierungsmarkt konkurrierenden Haupttechnologien ausüben könnte.

11 Am 30. und 31. Mai erklärten sich die anmeldenden Parteien gegenüber der Kommission zu Zusagen bereit, um die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte geäusserten Bedenken auszuräumen. Im wesentlichen wurde zugesagt, daß Montedison ihre Beteiligung an Montefina, einem europäischen Hersteller von Polypropylenharz, verkaufen werde und daß das Spheripoltechnologiegeschäft durch die Übertragung der erforderlichen Aktiva auf eine Gesellschaft unter der Firma "Technipol", an der Shell finanziell nicht beteiligt sein werde, unter alleiniger Kontrolle von Montedison bleibe.

12 Da die Kommission der Ansicht war, daß die Zusagen der Parteien geeignet waren, die Gefahr einer beherrschenden Stellung sowohl auf dem Markt für Polypropylenharz als auch auf dem für Technologielizenzierung auszuschließen, erklärte sie mit Entscheidung vom 8. Juni 1994 das angemeldete Vorhaben vorbehaltlich der Einhaltung dieser Zusagen und einiger Auflagen über die regelmässige Erstellung und Übermittlung von Berichten als mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar. Diese Entscheidung ist Gegenstand der Klage, die die Antragstellerin beim Gericht eingereicht hat.

Entscheidungsgründe

13 Gemäß den Artikeln 185 und 186 des Vertrages in Verbindung mit Artikel 4 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in der Fassung des Beschlusses 93/350/Euratom, EKGS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 21) kann das Gericht, wenn es dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

14 Nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts müssen Anträge auf einstweilige Anordnungen im Sinne der Artikel 185 und 186 des Vertrages die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen. Die beantragten Maßnahmen müssen eine einstweilige Regelung in dem Sinne darstellen, daß sie der Entscheidung zur Hauptsache nicht vorgreifen (vgl. Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 10. Mai 1994, Société commerciale des potasses et de l' azote und Entreprise minière et chimique/Kommission, Rechtssache T-88/94 R, Slg. 1994, II-263).

Vorbringen der Parteien

15 Nach Ansicht der UCC sind die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlaß der beantragten einstweiligen Anordnungen im vorliegenden Fall erfuellt. Die streitige Entscheidung sei rechtswidrig und ihr unmittelbar bevorstehender Vollzug würde zu einem schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden der Antragstellerin führen.

16 Zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung trägt UCC vor, daß die angefochtene Entscheidung mit mehreren tatsächlichen und rechtlichen Fehlern behaftet und unter Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften erlassen worden sei. Erstens habe die Kommission einen Rechtsfehler begangen, da sie das betreffende Vorhaben als einen Zusammenschluß eingestuft habe, das damit unter die Verordnung Nr. 4064/89 falle, obwohl die Voraussetzung für die Anwendung der Verordnung gemäß deren Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 nicht erfuellt sei. Angesichts der Interessen, die die Gründerparteien weiterhin auf den Märkten verfolgten, auf denen das Gemeinschaftsunternehmen tatsächlich oder potentiell als Wettbewerber auftreten werde, sei das Vorhaben offenkundig für eine Zusammenarbeit bestimmt, so daß die Kommission es anhand von Artikel 85 EG-Vertrag hätte prüfen müssen. Die Gefahr der Abstimmung des Wettbewerbsverhaltens zwischen den Parteien untereinander sowie zwischen ihnen und dem Gemeinschaftsunternehmen sei durch die Zusagen nicht ausgeräumt, denen zufolge Shell und Montedison auf dem Technologielizenzierungsmarkt weiterhin unabhängige Wettbewerber blieben. Zum einen bestehe die Möglichkeit, daß Sophia aufgrund der Entwicklung der neuen Catalloytechnologie, die ihr von Montedison übertragen werde, zu einem späteren Zeitpunkt in den Polypropylentechnologiemarkt eintrete; zum anderen sei, wenn ein Gemeinschaftsunternehmen auf einem Markt tätig werde, der dem Markt der Gründerunternehmen nachgelagert sei, der Bekanntmachung der Kommission über Konzentrations- und Kooperationstatbestände nach der Verordnung Nr. 4064/89 (ABl. 1990, C 203, S. 10) zufolge eine Koordinierung ihrer Absatzpolitik wahrscheinlich.

17 Zweitens habe die Kommission zahlreiche Fehler rechtlicher Art und bei der Beurteilung der Tatsachen gemacht, da sie die Zusagen der Parteien für geeignet gehalten habe, die Gefahr einer beherrschenden Stellung auf dem Markt für Polypropylenharz und insbesondere auf dem Polypropylentechnologiemarkt auszuschließen. Die im Rahmen von Sophia vereinigten Produktionstätigkeiten im Polypropylenharzbereich seien nämlich von einer wirtschaftlichen Bedeutung, die weit über die des Technologielizenzierungsgeschäfts mit Dritten hinausgehe. Ein solches Mißverhältnis in bezug auf die Bedeutung der Tätigkeiten bilde für die Gründerunternehmen einen starken wirtschaftlichen Anreiz, ihre Tätigkeit auf dem Technologiemarkt selbst auf Kosten der Rentabilität zu koordinieren und einzuschränken, um die Stellung des Gemeinschaftsunternehmens Sophia auf dem nachgeordneten Markt zu stärken.

18 Schließlich habe die Kommission wesentliche Formvorschriften bei Erlaß der streitigen Entscheidung verletzt. Zum einen habe sie keine schlüssigen und überzeugenden Beweise für ihre Behauptungen hinsichtlich der Wirkungen der Zusagen der Parteien beigebracht und damit ihre Entscheidung, daß das Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, nicht hinreichend begründet. Zum andern habe sie die Entscheidung erlassen, ohne sich die Zeit zu nehmen, die erforderlich sei, um die Folgen dieser Zusagen richtig zu beurteilen, den in der Verordnung Nr. 4064/89 vorgesehenen Beratenden Ausschuß wirksam damit befassen zu können und das Recht von UCC und der anderen betroffenen Dritten auf Anhörung in diesem Verfahrensabschnitt zu beachten. Zu dem letztgenannten Punkt trägt UCC vor, daß die Kommission ihr eine Frist von weniger als 24 Stunden eingeräumt habe, was für die Abgabe einer Stellungnahme zu der überarbeiteten Fassung der betreffenden Zusagen offenkundig unzureichend sei.

19 Hinsichtlich der Gefahr eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens trägt die Antragstellerin vor, daß die Genehmigung der Kommission zur Errichtung des Gemeinschaftsunternehmens von Shell und Montedison zur Folge habe, daß es für UCC/Shell Oil unmöglich sei, an der derzeitigen von 1994 bis 1998 laufenden Verhandlungsrunde für Polypropylentechnologielizenzen erfolgreich teilzunehmen. Einige mögliche Lizenznehmer, die glaubten, daß die wirtschaftlichen Interessen von Shell von jetzt an hauptsächlich auf dem Markt für die Produktion von Harzen lägen, hätten UCC bereits ihre Bedenken mitgeteilt, ob Shell bereit sei, die Unipoltechnologie langfristig weiter zu unterstützen. Dieser Eindruck der Wirtschaftsteilnehmer habe einen entscheidenden Einfluß darauf, welche Technologie die Lizenznehmer wählten, da sie wegen der Intensität des Wettbewerbs auf dem Markt für die Harzproduktion und der mit dem Bau einer Polypropylenfabrik verbundenen erheblichen Investitionen sicher sein müssten, daß ein Lizenzgeber eine beständige und langfristige Forschungs- und Entwicklungspolitik verfolge, die ihnen den Zugang zu den letzten technologischen Verbesserungen garantiere. Der Schaden, der auf diese Weise durch den Nichtabschluß mehrerer Lizenzverträge entstehe, sei nicht nur schwer, sondern auch nicht wiedergutzumachen, da die Antragstellerin selbst dann, wenn die Kommissionsentscheidung vom Gericht am Ende des Verfahrens zur Hauptsache für nichtig erklärt werde, ihre Wettbewerbsposition auf dem Markt für Polypropylentechnologie nach Beendigung der derzeitigen Verhandlungsrunde nicht wiederherstellen könne, denn die meisten der 25 neuen Technologielizenzen, die für die Erhöhung der weltweiten Produktionskapazität bei Polypropylen notwendig seien, würden dann in erster Linie bereits zugunsten der Spheripoltechnologie vergeben sein.

20 Bei der Anhörung hat die Antragstellerin ausserdem darauf hingewiesen, daß das Gemeinschaftsunternehmen UCC/Shell Oil für die Erteilung der Lizenzen stets geringere Gebühren als die in dem Vertrag über die Errichtung des Unternehmens festgelegten Mindestgebühren verlangt habe. Shell Oil habe bisher dieser Praxis zugestimmt, die notwendig sei, um mit Himont zu konkurrieren. Jedoch sei zu befürchten, daß Shell in Zukunft die Einhaltung der Regelung über die Mindestgebühren verlangen werde, was dazu führen könnte, daß UCC/Shell Oil vom Markt für die Erteilung neuer Lizenzen verdrängt werde.

21 Der Erlaß der beantragten einstweiligen Anordnungen beeinträchtige nicht die Rechte der anmeldenden Parteien. Das angemeldete Vorhaben sei noch nicht durchgeführt worden, da das Anmeldeverfahren bei den für Unternehmenszusammenschlüsse zuständigen amerikanischen Bundesbehörden noch nicht abgeschlossen sei. Deshalb stellten die beantragten einstweiligen Anordnungen keinen schweren Eingriff in die Interessen der Gründerunternehmen dar, die lediglich von der Durchführung des Vorhabens und einer Veränderung der derzeitigen Marktbedingungen bis zum Erlaß des Endurteils des Gerichts im Verfahren zur Hauptsache absehen müssten.

22 Die Kommission hält die Anträge von UCC auf Erlaß von Anordnungen gegenüber den anmeldenden Parteien und allen Gesellschaften der Shell-Gruppe für unzulässig. Das Gericht könne keine Anordnungen gegenüber Privatpersonen erlassen, die an einem Verfahren gegen ein Gemeinschaftsorgan nicht beteiligt seien; ganz allgemein seien für den Erlaß von Anordnungen gegenüber einer Privatperson auf Antrag anderer Privatpersonen die nationalen Gerichte zuständig.

23 Nach Ansicht der Kommission sind die Argumente der Antragstellerin für die angebliche Rechtswidrigkeit der streitigen Entscheidung widersprüchlich und beruhen nur auf Vermutungen, soweit es sich um das künftige Verhalten der Gründerunternehmen, des Gemeinschaftsunternehmens Sophia und Dritter handele. Ausserdem fehle der Antragstellerin das Rechtschutzinteresse. Wenn, wie die Antragstellerin behaupte, Shell und Montedison ihre Tätigkeiten auf dem Polypropylentechnologiemarkt einschränken müssten, um die Stellung von Sophia auf dem Markt für die Produktion von Polypropylenharz zu stärken, wäre UCC Nutznießerin der allgemeinen aufgrund dieser Absprache eintretenden Erhöhung des Gebührenniveaus; zu den Auswirkungen des Vorhabens auf den westeuropäischen Markt für Polypropylenharz führt die Kommission aus, daß UCC, die kein Produzent sei, nicht näher dargetan habe, wie Änderungen in der Struktur dieses Marktes sie berühren könnten. Im übrigen sei die Argumentation der Antragstellerin widersprüchlich, wenn sie behaupte, Shell strebe zusammen mit Montedison eine beherrschende Stellung auf dem Markt für Polypropylentechnologie an und bereite gleichzeitig ihren Rückzug von diesem Markt vor, um sich auf den Markt für die Harzproduktion zu konzentrieren. Schließlich weist die Kommission auf die Befugnis hin, die sie habe, um gegebenenfalls gegen eventuelle abgestimmte Verhaltensweisen, die auf dem Technologiemarkt praktiziert werden könnten, ein Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag einzuleiten.

24 Hinsichtlich der Dringlichkeit habe UCC nicht dargetan, daß ihr ein bestimmter, schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entstehe, wenn der Vollzug der streitigen Entscheidung nicht ausgesetzt werde. Zunächst gebe es keine kausale Verknüpfung zwischen der Entscheidung und dem angeblichen Schaden. Sodann seien die Vorbehalte hinsichtlich der langfristigen Verfügbarkeit der Unipoltechnologie, die sich auf die Annahme gründeten, daß Shell seine Unterstützung einschränke, für die Entscheidung der möglichen Lizenznehmer für eine der beiden konkurrierenden Technologien nicht bestimmend. Ausserdem seien zu der Zeit, als einige Lizenznehmer in diesem Zusammenhang ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht hätten, die Zusagen der Gründerunternehmen von Sophia noch nicht bekannt gewesen. UCC könne gegenüber Shell auch auf Zusammenarbeit bestehen, um den möglichen Lizenznehmern die Sicherheit zu geben, daß sie ihre Verpflichtungen als Mitlizenzgeber im Technologiebereich erfuelle. Selbst wenn der noch unbestimmte Schaden, den die Antragstellerin geltend mache, eintreten sollte, sei es kein nicht wiedergutzumachender Schaden. Soweit dieser Schaden Shell anzulasten sei, könne UCC mit einer Zivilklage vor den zuständigen amerikanischen Gerichten Schadensersatz verlangen.

25 Zu der Interessenabwägung trägt die Kommission vor, daß der angebliche Schaden der Klägerin jedenfalls nicht deren Existenz bedrohen könne, während die Aussetzung der Entscheidung, wodurch die Existenzfähigkeit des geplanten Gemeinschaftsunternehmens mit Shell in Frage gestellt würde, schwerwiegende Konsequenzen für Montedison hätte, deren finanzielle Schwierigkeiten bekannt seien. Maßnahmen, die die Interessen Dritter, die an dem Rechtsstreit nicht beteiligt seien, und nicht angehört worden seien, so schwer beeinträchtigten, seien im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt. Im übrigen verlange das öffentliche Interesse bei der Aussetzung des Vollzugs der im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 ergangenen Entscheidungen besondere Vorsicht, da diese Verordnung die wirtschaftliche Freiheit der ihr unterliegenden Unternehmen bereits beschränke.

Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung

26 Zunächst ist zu den Anträgen auf Erlaß einstweiliger Anordnungen gegenüber den an dem Gemeinschaftsunternehmen Beteiligten und den zur Shell-Gruppe gehörenden Gesellschaften festzustellen, daß damit vom erkennenden Gericht einstweilige Maßnahmen begehrt werden, die nicht in dessen Zuständigkeit fallen; diese Anträge sind deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

27 Nach dem vom EG-Vertrag errichteten System der Zuständigkeitsverteilung obliegt es nämlich der Kommission, im Rahmen der Kontrollbefugnisse, die ihr im Bereich des Wettbewerbs namentlich durch Artikel 85 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, S. 204), verliehen worden sind, gegenüber den anmeldenden Parteien, wenn sie dies für erforderlich hält, eine einstweilige Maßnahme zu erlassen. Die Rolle des Gerichts besteht in der Ausübung der gerichtlichen Kontrolle über das entsprechende Vorgehen der Kommission und nicht darin, an die Stelle der Kommission bei der Ausübung der ihr durch die genannten Bestimmungen eingeräumten Befugnisse zu treten (siehe Beschluß des Gerichtshofes vom 17. Januar 1980 in der Rechtssache 792/79 R, Camera Care/Kommission, Slg. 1980, 119). Die gleichen Erwägungen gelten für den Antrag auf einstweilige Anordnungen gegenüber den Gesellschaften der Shell-Gruppe, für die gegebenenfalls ebenso die nationalen Gerichte zuständig sind.

28 Jedenfalls ist auch darauf hinzuweisen, daß das vorliegende Verfahren der einstweiligen Anordnung im Rahmen einer Klage nach Artikel 173 EG-Vertrag wegen Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung der Kommission durchgeführt wird. Somit sind die beantragten einstweiligen Maßnahmen grundsätzlich nur zulässig, wenn sie sich im Rahmen der Endentscheidung halten, die das Gericht aufgrund der Artikel 173 und 176 EG-Vertrag erlassen kann, und wenn sie die Beziehungen zwischen den Parteien, im vorliegenden Fall der Antragstellerin und der Kommission, betreffen. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfuellt (Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 14. Dezember 1993 in der Rechtssache C-543/93 R, Gestevisión Telecinco/Kommission, Slg. 1993, II-1409, Randnrn. 24 bis 26).

29 Zu der beantragten anderen einstweiligen Anordnung, nämlich der Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung, ist festzustellen, daß das erkennende Gericht zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen kann, daß die von der Antragstellerin zur Stützung ihrer Klage im Hauptsacheverfahren angeführten tatsächlichen und rechtlichen Angriffsmittel begründet sind.

30 Somit ist zu prüfen, ob die weitere Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Maßnahme, die Dringlichkeit, erfuellt ist. Nach ständiger Rechtsprechung (siehe u. a. Beschluß Gestevisión Telecinco/Kommission, a. a. O., Randnr. 27) ist die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung danach zu beurteilen, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist, um zu verhindern, daß dem Antragsteller ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht. Es obliegt der Partei, die die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung begehrt, den Nachweis dafür zu erbringen, daß sie den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht abwarten könne, ohne einen Schaden zu erleiden, der schwere und nicht wiedergutzumachende Folgen für sie hätte.

31 Den Ausführungen der Antragstellerin zufolge wäre die von ihr behauptete Schwächung ihrer Wettbewerbsposition während der Verhandlungsrunde nur die Folge der eventuellen Reaktionen der möglichen Lizenznehmer aufgrund ihrer Eindrücke hinsichtlich des künftigen Verhaltens von Shell auf dem Markt für Polypropylentechnologie. Dieses Verhalten kann aber nicht als zwangsläufige Folge des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung angesehen werden; der dadurch für die Antragstellerin möglicherweise entstehende Schaden beruht auf einer blossen Annahme und auf gewagten Vorhersagen über künftige ungewisse Ereignisse (vgl. Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juli 1994 in der Rechtssache T-239/94 R, EISA/Kommission, Slg. 1994, II-0000). Somit ist festzustellen, daß der Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Entscheidung und dem angeblichen Schaden der Antragstellerin auf den ersten Blick nicht erbracht ist.

32 Wie sich im übrigen aus den Akten und den Antworten der Parteien auf die Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 1994 ergibt, hat die Antragstellerin, auch wenn sie behauptet, daß einige mögliche Lizenznehmer ihr gegenüber Bedenken geäussert hätten, ob Shell die Unipoltechnologie langfristig unterstütze, jedenfalls nicht dargetan, daß diese Bedenken für die endgültige Entscheidung eines Lizenzerwerbs ausschlaggebend sind und daß UCC/Shell Oil nicht in der Lage wären, den Lizenznehmern Garantien oder Gegenleistungen anzubieten, die ihr Interesse wecken könnten. Im übrigen ist, wie die Kommission ausgeführt hat, nicht ausgeschlossen, daß einige mögliche Kunden Zweifel an der Existenzfähigkeit einer sie interessierenden Technologie zum Ausdruck bringen ° insbesondere im Rahmen der laufenden Verhandlungsrunde °, um von den Lizenzgebern bessere Konditionen zu erhalten.

33 Wie sich weiter aus den Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung ergibt, meint UCC zwar, daß durch die jüngsten Erklärungen und Verhaltensweisen von Shell, namentlich durch das Gemeinschaftsvorhaben mit Montedison, ihr ein Schaden entstehen könne, doch hat sie nicht bewiesen und sogar nicht einmal behauptet, daß die vertraglichen Verpflichtungen, die derzeit zwischen ihr und Shell aufgrund des Vertrages über die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens UCC/Shell Oil oder in Durchführung der gesonderten Vereinbarung über die Forschung und Entwicklung der Unipoltechnologie und der dazugehörigen Katalysatoren bestehen, gegenwärtig verletzt würden. Dagegen folgt aus den Erklärungen, die UCC bei derselben Gelegenheit abgegeben hat, daß die Verletzung dieser vertraglichen Verpflichtungen im Falle eines Vertragsbruches schwere wirtschaftliche und finanzielle Konsequenzen hätte, mit denen die zuständigen Gerichte befasst werden müssten.

34 Was die Befürchtungen von UCC betrifft, daß Shell eine Anhebung der Gebühren bis zu der in dem Vertrag UCC/Shell Oil festgelegten Mindestgrenze verlangen werde, so hat die Antragstellerin ihre Behauptungen nicht schlüssig dargelegt. Aufgrund der von UCC vorgetragenen Tatsachen kann das erkennende Gericht nämlich nicht als bewiesen ansehen, daß Shell ein Interesse daran hat, die Wettbewerbsposition eines Gemeinschaftsunternehmens, an dem sie zu 50 % beteiligt ist, unmittelbar zugunsten von Technipol, an der sie finanziell überhaupt nicht beteiligt ist, zu zerstören.

35 Somit ist festzustellen, daß der Antragstellerin mit den von ihr beigebrachten Beweisen rechtlich nicht der Beweis gelungen ist, daß der von ihr geltend gemachte Schaden bestimmt oder nicht wiedergutzumachen und die unmittelbare Folge der Kommissionsentscheidung oder ihres Vollzugs ist. Das erkennende Gericht stellt weiterhin fest, daß die Antragstellerin ihre Behauptungen hinsichtlich der Dringlichkeit, daß sie nämlich den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht abwarten könne, nicht schlüssig dargelegt hat. Zum einen ist abzusehen, daß das Urteil, das das Verfahren zur Hauptsache abschließt, vor dem Ende der derzeitigen Verhandlungsrunde für Lizenzen erlassen wird. Zum anderen ist zweifelhaft, daß die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung an sich geeignet ist, die Zweifel Dritter hinsichtlich des künftigen Verhaltens von Shell zu zerstreuen.

36 Jedenfalls ist zwischen dem Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der streitigen Entscheidung und dem öffentlichen Interesse an der Durchführung der im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 ergangenen Entscheidungen sowie dem Interesse Dritter, die durch die Aussetzung der Entscheidung unmittelbar betroffen sind, abzuwägen. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, daß der Erlaß dieser Verordnung in erster Linie dazu diente, die Wirksamkeit der Kontrolle und die Rechtssicherheit für die dieser Verordnung unterliegenden Unternehmen zu gewährleisten (siehe Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 15. Dezember 1992 in der Rechtssache T-96/92 R, CCE de la Société générale des Grandes Sources u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2579). Sodann ist festzustellen, daß unter den Umständen des vorliegenden Falles die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung für die Gründerunternehmen von Sophia, insbesondere für Montedison, schwerwiegende Folgen haben könnte.

37 Aufgrund dessen ist festzustellen, daß die rechtlichen Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung nicht erfuellt sind und der Antrag daher zurückzuweisen ist.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1) Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 2. Dezember 1994

Ende der Entscheidung

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