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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 30.11.1992
Aktenzeichen: T-36/92
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Art. 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 17


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 3 Buchst. f
EWG-Vertrag Art. 5 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 86
EWG-Vertrag Art. 90 Abs. 3
EWG-Vertrag Art. 92
EWG-Vertrag Art. 173
Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Art. 19 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 Art. 6
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine an die Kommission gerichtete Beschwerde, die eindeutig und ausschließlich auf die Artikel 92 und 93 des Vertrages und nicht auf die Artikel 85 oder 86 Bezug nimmt, kann nicht als Antrag gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 qualifiziert werden. Infolgedessen kann ° vorbehaltlich einer auf die Artikel 85 oder 86 gestützten und der Kommission zwischenzeitlich zugegangenen ergänzenden Beschwerde oder einer Entscheidung der Kommission, von Amts wegen gemäß diesen Artikeln tätig zu werden ° die Antwort auf diese Beschwerde nicht als eine Antwort der Kommission auf einen solchen Antrag ausgelegt werden.

2. Weder die vorläufigen Bemerkungen der Dienststellen der Kommission bei Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln noch die Mitteilung an den Beschwerdeführer nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 können ihrer Natur und ihren Rechtswirkungen nach als Entscheidungen im Sinne von Artikel 173 EWG-Vertrag angesehen werden, gegen die die Nichtigkeitsklage gegeben wäre. Im Rahmen des durch Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 geregelten Verwaltungsverfahrens stellen sie nicht etwa Maßnahmen dar, die die Interessen des Klägers beeinträchtigende verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, sondern sind vorbereitende Maßnahmen.

Um so weniger kann ein an einen Beschwerdeführer gerichtetes Schreiben, das weder Aussagen über die Qualifizierung des behaupteten Sachverhalts enthält noch als solches und in dem Verfahrensstadium, in dem es verfasst wird, die Beendigung der von der Kommission vorgenommenen Prüfung bewirkt, als eine Entscheidung im Sinne von Artikel 173 angesehen werden.


BESCHLUSS DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 30. NOVEMBER 1992. - SYNDICAT FRANCAIS DE L'EXPRESS INTERNATIONAL UND ANDERE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - UNZULAESSIGKEIT - WETTBEWERBSREGELN FUER UNTERNEHMEN - BEGRIFF DES ANFECHTBAREN RECHTSAKTS - WIRKUNG DER ANWENDUNG DER VERORDNUNG (EWG) NR. 4064/89 VOM 21. DEZEMBER 1989. - RECHTSSACHE T-36/92.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Am 21. Dezember 1990 erhob das Syndicat français de l' Expreß international (SFEI), ein Berufsverband französischen Rechts, in dem zehn in Frankreich auf dem Gebiet der Eilkurierdienste tätige Unternehmen zusammengefasst sind, eine Beschwerde bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Kommission), mit der es sich gegen Praktiken der Société française de messagerie internationale (im folgenden: Firma SFMI) wandte.

2 Die Firma SFMI ist eine Aktiengesellschaft französischen Rechts. Es handelt sich um ein gemeinsames Unternehmen der Firma Sofipost, die 66 %, und der Firma Transport Aérien Transrégional (TAT), die 34 % des Gesellschaftskapitals hält. Die Firma Sofipost ist Unternehmensnachfolgerin der Firma Cogecom, eines 100%igen Tochterunternehmens der französischen Post.

3 Die Beschwerde wendet sich gegen die logistische und kaufmännische Unterstützung, die die französische Post der Firma SFMI gewährt haben soll. In bezug auf die logistische Unterstützung wird insbesondere geltend gemacht, daß ihr sämtliche Postämter zur Verfügung gestellt worden seien, es ein günstigeres Zollabfertigungsverfahren gebe und ihr günstigere Finanzierungsbedingungen eingeräumt worden seien. In bezug auf die kaufmännische Unterstützung wendet sich die Beschwerde gegen die Übertragung von Teilen des Geschäftsvermögens, nämlich einer Übertragung des Abnehmer- und Kundenstamms, und gegen Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen, die von der Post zugunsten der Firma SFMI durchgeführt worden seien.

4 In Beantwortung dieser Beschwerde unterrichtete die Kommission am 10. März 1992 mit Schreiben 06873 den Beschwerdeführer zunächst gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag über die "Entscheidung der zuständigen Stellen, das Verfahren... einzustellen". Mit Klageschrift, die am 16. Mai 1992 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen wurde (Rechtssache C-222/92), erhoben der Beschwerdeführer sowie drei der zehn dem Berufsverband zugehörigen Unternehmen Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung. Mit Schreiben vom 9. Juli 1992 teilte die Kommission den Klägern die Rücknahme dieser Entscheidung mit.

5 Weiter teilte sie mit Schreiben 000978 ° ebenfalls vom 10. März 1992 ° den Klägern mit, daß sie das Ermittlungsverfahren nach Artikel 86 EWG-Vertrag nicht fortsetzen, jedoch die Entwicklung des betreffenden Marktes genau überwachen werde.

6 Der letzte Abschnitt dieses Schreibens lautet wie folgt:

"While we do not propose to pursü enquiries under Article 86 in these circumstances, I can assure you that we shall maintain a close watch on developments in this market. In a separate letter we are informing you of the outcome of our consideration of the linked case presented under the State aids rules." ("Unter diesen Voraussetzungen beabsichtigen wir zwar nicht, die Ermittlungen aufgrund von Artikel 86 fortzusetzen, doch kann ich Ihnen versichern, daß wir die Entwicklungen auf diesem Markt genau verfolgen werden. Mit getrenntem Schreiben teilen wir Ihnen mit, zu welchem Ergebnis wir bei der Prüfung des verbundenen, nach den Bestimmungen über staatliche Beihilfen zu entscheidenden Falles gekommen sind.")

Die Anträge der Parteien und das Verfahren

7 Mit am 16. Mai 1992 eingegangener Klageschrift beantragen der Beschwerdeführer und drei dem Berufsverband zugehörige Unternehmen, die Firma DHL International, die Firma Service Crie und die Firma May Courier,

° die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

° die Entscheidung der Kommission im Schreiben 000978 vom 10. März 1992 für nichtig zu erklären;

° der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

8 Mit Schriftsatz vom 17. Juni 1992 hat die Kommission gemäß Artikel 114 der Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Sie beantragt,

° die Klage für unzulässig zu erklären;

° den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

9 In ihren am 31. Juli 1992 eingegangenen Erklärungen zur Einrede der Unzulässigkeit beantragen die Kläger,

° die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen;

° der Kommission die Kosten aufzuerlegen;

° über die Begründetheit zu entscheiden.

10 Am 1. Oktober 1992 haben die Firmen Deutsche Bundespost Postdienst, GD Net BV, PTT Post BV, Sweden Post und La Poste ihre Zulassung als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt.

11 Am 10. November 1992 haben die Kläger Erklärungen eingereicht, mit denen sie beantragten, die Anträge auf Zulassung als Streithelferinnen zurückzuweisen und den Antragstellern die Kosten "einschließlich der Rechtsanwaltshonorare der Kläger in bezug auf ihre Erklärungen zu den Anträgen auf Zulassung als Streithelfer" aufzuerlegen.

12 Die Kommission stützt ihre Einrede der Unzulässigkeit auf drei Gründe.

° Zunächst macht sie geltend, das Schreiben 000978 vom 10. März 1992 enthalte keine Beschwer, da es keine Entscheidung sei;

° ausserdem könne das angefochtene Schreiben nicht als Weigerung ausgelegt werden, unter den Voraussetzungen des Artikels 90 Absatz 3 EWG-Vertrag mittels einer Entscheidung einzugreifen;

° schließlich habe zumindest einer der Kläger, nämlich der Berufsverband, kein Rechtsschutzinteresse oder zumindest keine Klagebefugnis.

13 Das Gericht hat über das Fehlen dieser Prozeßvoraussetzungen nach Artikel 114 §§ 3 und 4 der Verfahrensordnung zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hält das Gericht zum einen die Angaben in den Akten für ausreichend und die Eröffnung der mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich; zum anderen ist zunächst darüber zu entscheiden, ob es an einer Prozeßvoraussetzung fehlt, weil die angefochtene Maßnahme keine Entscheidung ist, die die Rechtsstellung der Kläger beeinträchtigen könnte.

Fehlen einer Prozeßvoraussetzung, weil das angefochtene Schreiben keine Rechtswirkungen erzeugen kann

Vorbringen der Parteien

14 Nach Ansicht der Kommission ist die angefochtene Maßnahme eine blosse Zwischenmaßnahme. Sie sei nur eine erste Reaktion ihrer Dienststellen im Hinblick auf eine mögliche Qualifizierung des in der Beschwerde vorgetragenen Sachverhalts nach Artikel 86 und gehöre zur ersten Phase des auf eine Beschwerde folgenden Ermittlungsverfahrens, wie sie vom Gericht im Urteil Automec I (Urteil vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367) untersucht worden sei. Der Inhalt der Maßnahme, das Fehlen einer Bezugnahme auf Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268; im folgenden: Verordnung Nr. 99/63) sowie die Zuständigkeit des die Maßnahme Unterzeichnenden belegten in ausreichendem Masse die vorbereitende Natur der angefochtenen Maßnahme.

15 Zum Inhalt der Maßnahme macht die Kommission geltend, es lasse sich daraus, wie sich der Sachverhalt vom 21. Dezember 1990, dem Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde, bis zum 10. März 1992, dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der angefochtenen Maßnahme, entwickelt habe, folgern, daß das Schreiben vom 10. März 1992 in dem Zusammenhang, in dem es ergangen sei, keine rechtliche Qualifizierung des Sachverhalts nach Artikel 86 EWG-Vertrag enthalte.

16 Die Beschwerde vom 21. Dezember 1990 habe sich ausschließlich auf einen Verstoß gegen Artikel 92 EWG-Vertrag gestützt und die Möglichkeit, die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund von Artikel 86 zu befassen, gerade offengelassen; der in der Beschwerde unterbreitete Sachverhalt sei im Verlauf eines Treffens mit dem Beschwerdeführer am 18. März 1991 im Hinblick auf Artikel 86 geprüft worden. Die meisten der bei diesem Treffen behandelten Probleme, die im übrigen bereits zur Sprache gekommen seien, als der französische Wettbewerbsrat am 21. Dezember 1990 mit der Sache befasst worden sei, seien jedoch auch in der Anmeldung behandelt worden, die am 28. Oktober 1991 gemäß Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, berichtigt in ABl. 1990, L 257, S. 13) erfolgt sei. Die damals bei der Kommission angemeldete Transaktion habe sich auf die Schaffung eines gemeinsamen Unternehmens auf dem Gebiet der Eilkurierdienste bezogen, an dem die deutsche, kanadische, französische, niederländische und schwedische Post zum einen und das australische Unternehmen TNT Ltd zum anderen beteiligt gewesen seien. Mit Entscheidung vom 2. Dezember 1991 habe die Kommission erklärt, daß sie sich der Durchführung dieser Transaktion, an deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt keine "ernsthaften Zweifel" bestuenden, nicht entgegenstelle. Diese Entscheidung sei aufgrund von Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 4064/89 ergangen.

17 Die Kommission bestreite nicht, am 9. Januar 1992 auf ein erneutes Schreiben des Beschwerdeführers vom 15. November 1991 geantwortet zu haben; mit eben dieser Anwort werde eine vorläufige Stellungnahme der Kommission nach Artikel 86 EWG-Vertrag angekündigt. Die angefochtene Maßnahme vom 10. März 1992 stelle also diese vorläufige Stellungnahme dar.

18 Mit dem Schreiben vom 10. März 1992 werde dem Beschwerdeführer die von der Kommission aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 getroffene Vereinbarkeitsentscheidung nur verdeutlicht. Mit ihm würde an die Verpflichtungen erinnert, die von den am gemeinsamen Unternehmen beteiligten Postunternehmen eingegangen worden seien, und die Beziehungen zwischen den Problemen aufgezeigt, die zum einen im Verlauf des aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 geführten Ermittlungsverfahrens aufgetreten und zum anderen in der Beschwerde angeführt worden seien. Der vorstehend angeführte abschließende Abschnitt des angefochtenen Schreibens sei als die am 9. Januar 1992 bekanntgegebene vorläufige Stellungnahme anzusehen, nicht aber als eine Entscheidung der Kommission, mit der der Sachverhalt endgültig im Hinblick auf Artikel 86 qualifiziert worden sei. Gegenstand des Schreibens vom 10. März 1992 sei nur gewesen, nach der Errichtung des gemeinsamen Unternehmens den Beschwerdeführer über die neue Marktlage sowie die Bedingungen zu unterrichten, unter denen sich das Verhältnis von La Poste zu den Privatunternehmen in Zukunft gestalten werde.

19 Zur Form der Maßnahme macht die Kommission geltend, daß das streitige Schreiben keiner der in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 ° in dem die Verpflichtungen der Kommission bei Zurückweisung einer Beschwerde niedergelegt seien ° genannten Formvoraussetzungen genüge. Das beanstandete Schreiben nehme in keiner Weise auf Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 Bezug, es setze dem Beschwerdeführer keine Frist zur Einreichung seiner Erklärungen und erwähne nicht, daß die Kommission die Absicht habe, die Beschwerde zurückzuweisen.

20 Zur Zuständigkeit des die Maßnahme Unterzeichnenden führt die Kommission schließlich aus, daß ihre Entscheidung vom 21. Februar 1990, mit der allein das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied der Kommission ermächtigt worden sei, Entscheidungen über die Zurückweisung von Beschwerden zu erlassen, keine Möglichkeit der Übertragung der Zeichnungsberechtigung vorsehe. Daraus ergebe sich, daß Entscheidungen über die Zurückweisung einer Beschwerde unabdingbar von dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissar erlassen und unterzeichnet sein müssten. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall, da die angefochtene Maßnahme von einem Direktor unterzeichnet worden sei.

21 Aus all diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, daß die angefochtene Maßnahme nicht als eine Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde angesehen werden könne.

22 Die Kläger führen zunächst aus, die Einrede der Unzulässigkeit, die von der Kommission unter Verstoß gegen ihre Verpflichtungen aufgrund ihrer Erläuterungen zur sogenannten Automec-I-Entscheidung (vgl. XX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1991, S. 138) erhoben worden sei, werfe wichtige Grundsatzfragen auf; sodann entgegnen sie auf die Einwände der Kommission, daß die Beschwerde vom 21. Dezember 1990 ausdrücklich auf Artikel 86 gestützt worden sei, wie dies die Kommission im Verlauf des Verfahrens auch anerkannt habe.

23 Die Feststellung, ob gegen die Maßnahme eines Gemeinschaftsorgans die Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EWG-Vertrag gegeben sei, richte sich grundsätzlich danach, ob die Maßnahme geeignet sei, Rechtswirkungen zu erzeugen (Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263), worunter "verbindliche Rechtswirkungen..., welche die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen" (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9), zu verstehen seien. Bei Anwendung dieses Grundsatzes stelle sich das Schreiben vom 10. März 1992 als beschwerende Maßnahme dar.

24 In dieser Hinsicht berufe sich die Kommission zu Unrecht auf die sogenannte Automec-I-Entscheidung des Gerichts. Die beiden Fälle stuenden nämlich zumindest in dreifacher Hinsicht in unterschiedlichem Zusammenhang. Erstens habe das Gericht im Urteil vom 10. Juli 1990 das Fehlen der Mitwirkung des Generaldirektors für Wettbewerb im Rahmen des Ermittlungsverfahrens festgestellt, während dieser im vorliegenden Fall als Unterzeichner des an die Kläger gerichteten Schreibens vom 9. Januar 1992 mitgewirkt habe. Die angefochtene Maßnahme vom 10. März 1992 sei im übrigen nur die im Schreiben der Kommission vom 9. Januar 1992 angekündigte Anwort.

25 Dazu führen die Kläger aus, aufgrund des Schweigens der Kommission auf die bei ihr erhobene Beschwerde habe der Beschwerdeführer am 15. November 1991 eine Aufforderung, tätig zu werden, im Sinne des Artikels 175 EWG-Vertrag an sie richten müssen, auf die der Generaldirektor für Wettbewerb am 9. Januar 1992 eine vorläufige Antwort gegeben habe. Aufgrund dieser vorläufigen Antwort, die innerhalb der von Artikel 175 EWG-Vertrag vorgesehenen Zweimonatsfrist erfolgt sei, könne das angefochtene Schreiben vom 10. März 1992 als endgültige Antwort der Kommission auf das an sie gerichtete Aufforderungsschreiben gewertet werden.

26 Zweitens enthalte das angefochtene Schreiben im Unterschied zu dem an die Firma Automec gerichteten Schreiben nicht nur nicht gleichzeitig endgültige und vorläufige Teile, sondern gar keine vorläufigen Teile und zeige im Gegenteil, daß die Kommission den Sachverhalt endgültig im Hinblick auf Artikel 86 geprüft habe.

27 Drittens sei das angefochtene Schreiben später als die Entscheidung ergangen, mit der die Kommission sich verpflichtet habe, die Folgen aus der sogenannten Automec-I-Entscheidung zu ziehen. In ihrem XX. Bericht über die Wettbewerbspolitik habe die Kommission nämlich Erläuterungen zum Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990 (Automec/Kommission, a. a. O.) veröffentlicht. Der abschließende Absatz dieser Erläuterungen laute wie folgt:

"Die Mitteilungen vorbereitender Bemerkungen werden deshalb so abgefasst werden, daß sie von ihrem Empfänger als eine erste Reaktion der Dienststelle der Kommission auf die ihr vorliegenden Informationen erkannt werden können. Auf jeden Fall werden die Empfänger aufgefordert werden, ihre zusätzlichen Stellungnahmen der Kommission innerhalb einer in dem Schreiben festzusetzenden, angemessenen Frist zu unterbreiten, bei deren Nichteinhaltung der Antrag als zu den Akten gelegt angesehen werde."

28 Indem sie somit gegen ihre im Rahmen des XX. Berichts über die Wettbewerbspolitik eingegangenen Verpflichtungen verstossen habe, habe die Kommission den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt und gegen Treu und Glauben verstossen. Indem sie nämlich eine eindeutige Verhaltensleitlinie geschaffen habe, habe die Kommission zumindest den Anschein erweckt, der Antrag werde, wenn sie die Beteiligten nicht auffordere, ihre Stellungnahmen zu unterbreiten, als zu den Akten gelegt angesehen. Unter Bezugnahme auf das Rechtssprichwort Tu patere legem quam fecisti und das Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-7/89 (Hercules/Kommission, Slg. 1991, II-1711) machen die Kläger geltend, daß sich die Kommission an einer solchen Verpflichtung festhalten lassen müsse. Da die angefochtene Maßnahme nicht den aus diesen Bindungen hervorgehenden Voraussetzungen entspreche, stelle sie eine endgültige Zurückweisung des Antrags dar.

29 Von den Umständen seines Erlasses abgesehen, sei das angefochtene Schreiben ausserdem eine beschwerende Entscheidung im Sinne der vorstehend angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofes. Es schließe nämlich die eingeleitete Untersuchung ab, umfasse eine Beurteilung der im Antrag dargelegten Praktiken und hindere die Kläger ° deren rechtliche Stellung es ändere ° daran, die Wiederaufnahme der Untersuchung zu verlangen, sofern sie kein neues Beweismaterial beibrächten (Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in der Rechtssache 142/84 und 156/84, BAT/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 12; Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1990 in der Rechtssache T-116/89, Prodifarma/Kommission, Slg. 1990, II-843, Randnr. 70).

30 Schließlich seien die formellen Umstände des Erlasses einer Maßnahme oder die Zuständigkeit des Unterzeichners für die Beurteilung der Frage unerheblich, ob die angefochtene Maßnahme eine beschwerende Maßnahme sei. Wenn nämlich die Zulässigkeit einer Klage auf Nichtigerklärung einer Gemeinschaftsmaßnahme von den formellen Umständen ihres Erlasses abhinge, unterliege diese damit einer reinen Potestativbedingung, die im Belieben der Kommission stehe. Bei der Zuständigkeit des Unterzeichners der Maßnahme handele es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine Frage der Rechtmässigkeit der Maßnahme, nicht der Zulässigkeit der gegen sie gerichteten Klage.

Rechtliche Würdigung

31 Um die Erheblichkeit der von der Kommission erhobenen Einrede der Unzulässigkeit festzustellen, die sich darauf stützt, daß das angefochtene Schreiben keine Entscheidung sei, ist zunächst zu prüfen, ob die Beschwerde vom 21. Dezember 1990 ° wie die Kläger vorgetragen haben ° nicht nur auf Artikel 92 EWG-Vertrag, sondern auch auf Artikel 86 beruhte; weiter hat das Gericht festzustellen, ob die angefochtene Maßnahme ihrem Inhalt nach eine Entscheidung und geeignet ist, Rechtswirkungen zu erzeugen, unabhängig davon, ob sie im Rahmen des von den Verordnungen Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) und Nr. 99/63 vorgesehenen Verfahrens zur Prüfung von Beschwerden erlassen wurde.

Zur Bedeutung der Beschwerde vom 21. Dezember 1990

32 Aus den Akten ergibt sich, daß die Beschwerde der Unternehmensvereinigung aus drei Teilen besteht: aus einem an den Generaldirektor für Wettbewerb gerichteten "Begleitbrief", einer "Zusammenfassung" der Beschwerde und der eigentlichen Beschwerde, deren Text wiederum eine vierseitige detaillierte Inhaltsübersicht vorangeht.

33 Im ersten Absatz des "Begleitbriefs" bittet der Beschwerdeführer den Generaldirektor der GD IV, "eine Untersuchung einzuleiten, um festzustellen, daß bestimmte vom französischen Staat geleistete Beihilfen gemäß den Grundsätzen der Artikel 3 Buchstabe f, 5 Absatz 2 sowie 92 ff. EWG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar anzusehen sind...". Der Begleitbrief schließt mit einer ausschließlichen Bezugnahme auf Artikel 92.

34 Nach der Zusammenfassung der Beschwerde besteht "das Ziel der... Beschwerde darin, die Aufmerksamkeit... auf eine Gesamtheit von Beihilfen zu lenken". In der Zusammenfassung werden die gesamten angeblich wettbewerbswidrigen Handelspraktiken aufgeführt, die als nur den Gemeinschaftsregeln auf dem Gebiet der öffentlichen Beihilfen zuwiderlaufend erachtet werden. Die Zusammenfassung enthält eine einzige Bezugnahme auf die Artikel 85, 86 und 90 EWG-Vertrag, die jedoch der Erläuterung dient, daß eine der fraglichen Praktiken Gegenstand einer früheren und von der Beschwerde vom 21. Dezember 1990 zu unterscheidenden Beschwerde gewesen sei. Im Schlussteil der Zusammenfassung meint der Beschwerdeführer, die geeignetste Lösung, die beanstandeten Praktiken abzustellen, liege in der Rückforderung der Beihilfen.

35 Der eigentliche Text der Beschwerde enthält keine Bezugnahme auf Artikel 86 EWG-Vertrag. Der Schlussteil lautet wie folgt:

"Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß es kurzfristig zu einem völligen Verschwinden der im Bereich der Eilkurierdienste tätigen Privatunternehmen kommt, falls die vorstehend aufgeführten Beihilfen beibehalten werden. Der Firma SFMI ist deshalb aufzugeben, künftig a) entweder ihre Tarife nach Maßgabe des tatsächlichen Wertes der von La Poste geleisteten Dienste anzupassen, b) oder, falls sich eine solche Anpassung als unmöglich erweist, das Netz von La Poste nicht mehr zu benutzen..."

36 Zur Begründung ihres Vorbringens, daß die Beschwerde nicht ausschließlich auf der angeblichen Verletzung von Artikel 92 beruhe, berufen sich die Kläger hauptsächlich auf die zweite Seite des "Begleitbriefs", wo der Beschwerdeführer sich zum einen die Möglichkeit vorbehält, eine Beschwerde aufgrund der auf Unternehmen anwendbaren Wettbewerbsregeln einzureichen, und zum anderen darauf hinweist, daß die beim französischen Wettbewerbsrat erhobene Beschwerde, die er nur zum Anhang und nicht zum Bestandteil der Beschwerde bei der Kommission machen wolle, nicht nur aufgrund des nationalen Rechts, sondern auch aufgrund der auf Unternehmen anwendbaren Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts begründet sei.

37 Aus der Prüfung aller am 21. Dezember 1990 der Kommission übersandten Akten geht eindeutig hervor, daß die Kommission zu Recht der Ansicht ist, zunächst ausschließlich aufgrund von Artikel 92 befasst worden zu sein, da die Beschwerde als solche keine Bezugnahme auf Artikel 86 EWG-Vertrag enthält. Der Umstand, daß in einem nicht zur eigentlichen Beschwerde gehörenden Schriftstück, nämlich im Begleitschreiben an den Generaldirektor für Wettbewerb, ausdrücklich die Möglichkeit vorbehalten wird, die Kommission zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund dieser Vorschriften zu befassen, und daß dort auf ein Verfahren beim französischen Wettbewerbsrat Bezug genommen wird, stellt eine solche Bewertung nicht in Frage, sondern bestätigt sie nur.

Die Beurteilung der angefochtenen Maßnahme

38 Das Gericht hat sodann festzustellen, ob das angefochtene Schreiben seinem Inhalt nach eine Entscheidung ist sowie Rechtswirkungen erzeugen und demzufolge Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann, auch wenn die Kommission, wie festgestellt, mit der anfänglichen Beschwerde vom 21. Dezember 1990 nicht aufgefordert wurde, den Sachverhalt im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag zu qualifizieren. Dazu ist zum einen festzustellen, ob die angefochtene Maßnahme, wie die Kläger meinen, als eine endgültige Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde oder die Einstellung des Beschwerdeverfahrens gewertet werden kann, wenn diese Maßnahme im Rahmen der Durchführung eines Verfahrens zur Prüfung der Beschwerden nach den Verordnungen Nrn. 17 und 99/63 erfolgte, und zum anderen, ob diese Maßnahme geeignet ist, Rechtswirkungen zu erzeugen, wenn sie in einem anderen Rahmen getroffen wurde.

Zum Entscheidungscharakter und den Rechtswirkungen, die der angefochtenen Maßnahme zukommen können, wenn sie im Rahmen der Durchführung eines Verfahrens nach den Verordnungen Nrn. 17 und 99/63 erfolgte

39 Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 bestimmt:

"1. Stellt die Kommission auf Antrag oder von Amts wegen eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 oder 86 des Vertrages fest, so kann sie die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.

2. Zur Stellung eines Antrags sind berechtigt:

a) Mitgliedstaaten,

b) Personen und Personenvereinigungen, die ein berechtigtes Interesse darlegen."

40 Wenn die angefochtene Maßnahme im Rahmen einer Anwendung von Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 getroffen wurde, ergibt sich aus dieser Bestimmung, daß dem angefochtenen Schreiben entweder eine Entscheidung der Kommission, sich von Amts wegen im Hinblick auf Artikel 86 mit den in der anfänglichen Beschwerde vorgebrachten Praktiken zu befassen ° eine von keiner der Parteien vertretene Alternative °, oder ein mündlich bei dem Treffen vom 18. März 1991 vorgebrachter, die anfängliche Beschwerde vom 20. Dezember 1990 ergänzender Antrag des Beschwerdeführers vorangehen musste, wovon die Kläger und die Kommission übereinstimmend ausgehen.

41 Ohne daß über die Frage entschieden zu werden brauchte, ob der Beschwerdeführer bei dem informellen Treffen mit der Kommission am 18. März 1991 einen solchen ergänzenden Antrag mündlich wirksam stellen konnte, genügt die Feststellung, daß das angefochtene Schreiben seinem Inhalt nach keine Entscheidung ist, da es in einer früheren als der Schlussphase eines von Amts wegen oder auf Antrag eingeleiteten Prüfungsverfahrens erging.

42 Schon aus dem Wortlaut des angefochtenen Schreibens, in dem die Kommission den Klägern nur darlegt, daß sie keine Prüfung im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag beabsichtige, ergibt sich nämlich, daß dieses Schreiben keine Qualifizierung des geltend gemachten Sachverhalts im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag enthält. Es erläutert nur die von der Kommission am 2. Dezember 1991 aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 getroffene Vereinbarkeitsentscheidung, weist auf die von den am gemeinsamen Unternehmen beteiligten Postunternehmen eingegangenen Verpflichtungen hin und zeigt auf, welche Beziehungen zwischen den im Verlauf der aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 erfolgten Prüfung aufgetretenen und den in der Beschwerde enthaltenen Problemen bestehen. Auch wenn in dieser Entscheidung ausgeführt wird, daß das gemeinsame Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem Gemeinschaftsmarkt für Eilkurierdienste weder begründe noch verstärke, so enthält sie doch keine Aussagen über eine Qualifizierung der Handelspraktiken der am Konzentrationsvorgang beteiligten Unternehmen im Hinblick auf den Begriff der beherrschenden Stellung in Artikel 86 EWG-Vertrag und erst recht nicht über die Rechtmässigkeit der in der Beschwerde vom 21. Dezember 1990 genannten Praktiken.

43 Selbst wenn man also davon ausgeht, daß die Kläger einen ergänzenden Antrag nach Artikel 86 EWG-Vertrag gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 gestellt haben, kann das angefochtene Schreiben weder als endgültige Zurückweisung eines solchen Antrags noch als endgültige Einstellung des entsprechenden Verfahrens angesehen werden, da es keine Aussagen über die Qualifizierung des behaupteten Sachverhalts enthält und entgegen der Ansicht der Kläger als solches und in diesem Stadium des Verfahrens nicht die Beendigung der von der Kommission vorgenommenen Prüfung bewirkt. Tatsächlich ist das angefochtene Schreiben aufgrund seines Inhalts als eine Maßnahme anzusehen, die zu einem vorbereitenden Stadium der Prüfung gehört, nur eine erste Reaktion der Dienststellen der Kommission darstellt und ohne Rechtswirkungen bleibt. Selbst wenn man unterstellt, daß die angefochtene Maßnahme als eine vorläufige Mitteilung im Sinne von Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 angesehen werden kann, was weder aus ihrem Inhalt noch aus ihrer Form hervorgeht, kann das angefochtene Schreiben nicht als geeignet angesehen werden, Rechtswirkungen zu erzeugen. Wie das Gericht im Urteil Automec I entschieden hat, können nämlich weder die vorläufigen Bemerkungen der Dienststellen der Kommission bei der Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung von Verstössen gegen die Wettbewerbsregeln noch die in Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehene Mitteilung an den Beschwerdeführer aufgrund ihrer Natur und ihrer Rechtswirkungen als Entscheidungen im Sinne von Artikel 173 EWG-Vertrag angesehen werden, gegen die die Nichtigkeitsklage gegeben ist. Im Rahmen des von Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorgesehenen Verwaltungsverfahrens stellen sie keine Maßnahmen dar, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen der Kläger beeinträchtigen, sondern vorbereitende Maßnahmen.

44 Dieses Ergebnis wird nicht von der Argumentation der Kläger in Frage gestellt, mit der diese die Einrede der Unzulässigkeit begründeten und die zum einen auf einem angeblichen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und der Rechtssicherheit, zum anderen auf der angeblichen Existenz eines Aufforderungsschreibens beruht.

45 Das Argument der Kläger, die Kommission habe gegen ihre Verpflichtungen verstossen, die sie mit ihren Erläuterungen zum Urteil des Gerichts Automec I (vgl. Randnr. 28) übernommen habe, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des letzten Satzes dieser Erläuterungen. Nach dieser Argumentation ist dieser Satz dahin auszulegen, daß das in Frage stehende Schreiben, da in ihm nicht auf eine dem Beschwerdeführer für die Einreichung von Bemerkungen gesetzte Frist Bezug genommen wird, als eine Entscheidung zu qualifizieren sei, mit der die Beschwerde zu den Akten gelegt worden sei. Jedoch ergibt sich aus dem Wortlaut eindeutig, daß dies nicht der Sinn des in Frage stehenden Satzes ist. Dieser hat nur die Bedeutung, daß ein aufgrund von Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 eingereichter Antrag zu den Akten gelegt wird, wenn die Bemerkungen des Beschwerdeführers bei der Kommission nicht innerhalb der Frist eingegangen sind, die in der aufgrund Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 erfolgten vorläufigen Mitteilung gesetzt wurde. Die Kläger gehen deshalb zu Unrecht davon aus, daß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und der Rechtssicherheit verstossen worden sei.

46 Dem vorstehend dargestellten (vgl. Randnr. 25) Argument der Kläger, das Schreiben vom 15. November 1991 stelle ein Aufforderungsschreiben im Sinne von Artikel 175 EWG-Vertrag dar, kann nicht gefolgt werden. Aus dem Wortlaut dieses Schreibens geht nämlich eindeutig hervor, daß es keineswegs eine aufgrund von Artikel 86 an die Kommission gerichtete Aufforderung, tätig zu werden, sondern in Wirklichkeit eine blosse Bitte um ein Treffen darstellt, die sich an den Generaldirektor der GD IV richtete und mit der die Kommission nicht verpflichtet werden sollte, gegenüber dem Urheber dieses Schreibens eine Maßnahme zu treffen. Das Argument ist also aus tatsächlichen Gründen unerheblich.

47 Nach alledem sind die Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Maßnahme unzulässig, falls diese im Rahmen der Durchführung eines in den Verordnungen Nrn. 17 und 99/63 geregelten Verfahrens erging.

Zum möglichen Entscheidungscharakter und zu den möglichen Rechtswirkungen der angefochtenen Maßnahme, falls diese nicht im Rahmen der Durchführung eines Verfahrens nach den Verordnungen Nrn. 17 und 99/63 erging

48 In diesem Fall beabsichtigte die Kommission weder, sich von Amts wegen gemäß Artikel 86 EWG-Vertrag mit der Angelegenheit zu befassen, noch war sie der Ansicht, sie sei mit einem ergänzenden, vom Beschwerdeführer im Verlauf des Treffens vom 18. März 1991 gestellten Antrag aufgrund dieses Artikels befasst worden. Dann aber hatte das angefochtene Schreiben vom 10. März 1992 bloß freiwilligen Charakter und zeitigte keine Rechtswirkungen. Es könnte also nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein.

49 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich ° ohne daß auf die Form der streitigen Maßnahme oder die Zuständigkeit des Unterzeichners abgestellt zu werden brauchte °, daß das angefochtene Schreiben vom 10. März 1992 unter keinen Umständen eine Entscheidung war und daß es deshalb keine Rechtswirkungen erzeugen konnte, die die Interessen der Kläger beeinträchtigen. Demzufolge greift der erste der drei von der Kommission vorgebrachten Unzulässigkeitsgründe durch. Die Klage ist deshalb als unzulässig abzuweisen, ohne daß die beiden anderen von der Kommission vorgebrachten Unzulässigkeitsgründe geprüft zu werden brauchten.

Zu den Anträgen auf Zulassung als Streithelfer

50 Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß über die von GD Net BV, Deutsche Bundespost Postdienst, La Poste, PTT Post BV und Sweden Post eingereichten Anträge auf Zulassung als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission nicht entschieden zu werden braucht.

Kostenentscheidung:

Kosten

51 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihren Anträgen und ihrem Vorbringen unterlegen sind und die Kommission beantragt hat, die Kosten den Klägern aufzuerlegen, sind diese zur Tragung der Kosten, einschließlich der mit ihren eigenen Erklärungen zu den Streithilfeanträgen verbundenen Kosten, zu verurteilen.

52 Artikel 87 § 6 der Verfahrensordnung lautet: "Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es über die Kosten nach freiem Ermessen." Das Gericht ist der Ansicht, daß nach den Umständen des vorliegenden Falles diejenigen, die die Zulassung als Streithelferinnen beantragt haben, ihre eigenen Kosten zu tragen haben.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

beschlossen:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Über die Streithilfeanträge braucht nicht entschieden zu werden.

3) Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten sowie die der Kommission. Diejenigen, die die Zulassung als Streithelferinnen beantragt haben, tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 30. November 1992

Ende der Entscheidung

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