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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 26.10.2000
Aktenzeichen: T-360/99
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind "Marken, die keine Unterscheidungskraft haben," von der Eintragung ausgeschlossen. Das Wort "Investorworld", dessen Eintragung für die Dienstleistungen "Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen" beantragt worden ist, ist hiernach nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig, da es keine Unterscheidungskraft hat. Das Wort "investor" lässt erkennen, dass die bezeichneten Dienstleistungen für Anleger bestimmt sind. Die Verbindung dieses Wortes mit dem Wort "world" weist kein zusätzliches Merkmal auf, das das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. In dieser Wortbildung verweist nämlich das fragliche Zeichen nur auf den Begriff "Welt des Investors", der bedeutet, dass die fraglichen Dienstleistungen all das betreffen, was für den Anleger von Interesse sein kann.
(vgl. Randnrn. 21-22, 24-25)
Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 26. Oktober 2000. - Community Concepts AG gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Wort Investorworld - Absolutes Eintragungshindernis - Fehlende Unterscheidungskraft. - Rechtssache T-360/99.
Parteien:
In der Rechtssache T-360/99
Community Concepts AG, ehemals Touchdown Gesellschaft für erfolgsorientiertes Marketing mbH, München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen F. Bahr und F. Cordt-Terzi, München, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts N. Decker, 16, avenue Marie-Thérèse, Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. von Mühlendahl, Vizepräsident für Rechtsangelegenheiten, D. Schennen, Dienststellenleiter in der Hauptabteilung Recht, und E. Joly, Verwaltungsrat in dieser Hauptabteilung, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst der Kommission, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagter,
wegen Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 15. Oktober 1999 (Sache R 204/1999-3), mit der die Eintragung des Wortes Investorworld als Gemeinschaftsmarke abgelehnt wurde,
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
(Vierte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter R. M. Moura Ramos und P. Mengozzi,
Kanzler: G. Herzig, Verwaltungsrat
aufgrund der am 24. Dezember 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 6. April 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Die Direkt Anlage Bank AG reichte am 8. September 1998 die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) ein.
2 Als Marke eingetragen werden sollte das Wort "Investorworld".
3 Die Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wurde, gehören zu Klasse 36 "Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen" des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung. Die Eintragung des Wortes Investorworld wurde außerdem für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38 und 41 dieses Abkommens begehrt.
4 Mit am 23. Februar 1999 zugestellter Entscheidung vom 22. Februar 1999 wies die mit der Anmeldung befasste Prüferin diese gemäß Artikel 38 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung mit der Begründung zurück, dass dem Wort Investorworld die Unterscheidungskraft fehle.
5 Am 23. April 1999 legte die Anmelderin gemäß Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin beim Amt ein. Die Beschwerde wurde der Beschwerdekammer vorgelegt.
6 Mit Schreiben vom 3. September 1999 beantragte die Touchdown Gesellschaft für erfolgsorientiertes Marketing mbH, die Rechtsvorgängerin der Klägerin, beim Amt, den Rechtsübergang der fraglichen Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke auf sie in das Register einzutragen.
7 Die Beschwerde wurde durch Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer vom 15. Oktober 1999 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) zurückgewiesen, soweit sich das Eintragungsbegehren auf Dienstleistungen der Klasse 36 des Abkommens von Nizza bezieht. Die Entscheidung der Prüferin vom 22. Februar 1999 wurde aufgehoben, soweit sie Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38 und 41 dieses Abkommens betrifft.
8 Nach der angefochtenen Entscheidung ist das Wort Investorworld im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 36 nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 und rein beschreibend im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung. Das englische Wort "investor" sei im Sinne von "Investor, Geld-, Kapitalanleger" und das Wort "world" im Sinne von "Welt, Erde, Weltall" oder - im übertragenen Sinne - "die Menschen, die Leute" zu verstehen. In diesem übertragenen Sinne werde das Wort "Welt" zum Beispiel in den Begriffen "Geschäftswelt", "Modewelt", "Handelswelt" und "Wissenschaftswelt" verwendet. Die Kombination der Wörter "investor" und "world" führe somit jedenfalls im englischen Sprachraum der Europäischen Gemeinschaft zu einer klaren, unzweideutigen und unmittelbar erkennbaren Angabe von Art und Bestimmung der in der Anmeldung bezeichneten Dienstleistungen der Klasse 36 im Sinne einer "Welt des Investors, Welt für den Investor, Investorenwelt". Daher fehle es dem Wort Investorworld an jeglichem Fantasieüberschuss und damit an der Unterscheidungskraft.
9 Die angefochtene Entscheidung wurde am 25. Oktober 1999 zugestellt.
10 Der Rechtsübergang der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke auf die Klägerin wurde vom Amt am 4. Januar 2000 in das Register eingetragen.
Anträge der Parteien
11 Die Klägerin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit mit ihr die beim Amt eingelegte Beschwerde zurückgewiesen wurde;
- dem Beklagten die Kosten einschließlich der vor der Beschwerdekammer entstandenen aufzuerlegen.
12 Das Amt beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Zum Aufhebungsantrag
13 Die Klägerin macht im Wesentlichen zwei Gründe für ihre Klage geltend: einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 und einen Verstoß gegen deren Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c.
14 Das Amt räumt ein, dass der zweite Klagegrund stichhaltig sei. Es meint jedoch, die vorliegende Klage müsse gleichwohl abgewiesen werden, da nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 die fehlende Unterscheidungskraft des Wortes Investorworld seiner Eintragung entgegenstehe.
Zum Klagegrund des Verstoßes gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
Vorbringen der Parteien
15 Die Klägerin führt aus, das Wort "Investorworld" sei entgegen den Regeln der englischen Grammatik gebildet und werde weder im geschriebenen noch im gesprochenen Englisch verwendet. So sei es entgegen den Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung keineswegs mit Ausdrücken wie "business world", "fashion world" oder "scientific world" vergleichbar. Es gehe hier nämlich nicht um "investment world" oder "investor's world", was sprachlich korrekt wäre, sondern um das Wort "Investorworld". Wegen seiner Sprachwidrigkeit sei dieses Wort unterscheidungskräftig.
16 Die Sprachwidrigkeit, die das Wort "Investorworld" kennzeichne, bestehe außerdem in einer gewollten doppelten Bezugnahme auf Personen. Dabei werde der Bezug auf Menschen durch die Wahl des Wortes "investor" (Anleger) statt des Wortes "investment" (Anlage) und durch das zusätzliche "world" überbetont.
17 Infolgedessen sei das Wort Investorworld gewissermaßen phantasievoll und damit unterscheidungskräftig. Daher treffe das absolute Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94, das sich auf den Fall beziehe, dass dem Zeichen jede Unterscheidungskraft fehle, nicht auf den fraglichen Eintragungsantrag zu.
18 Das Amt räumt ein, dass bereits ein geringer Grad an Unterscheidungskraft ausreiche, um ein Wort eintragen zu können; diesen geringen Grad weise das Wort Investorworld jedoch nicht auf. Das Fehlen des Apostrophs und des "s", die im Ausdruck "Investor's World" stehen müssten, genüge nicht, um dem Wort Investorworld Unterscheidungskraft zu verleihen. Es handele sich nämlich um eine kaum wahrnehmbare Abwandlung der Schreibweise. Das Amt lehne in ständiger Praxis die Eintragung eines Zeichens ab, das nur aus zwei zusammengeschriebenen Wörtern bestehe, von denen keines für sich genommen schutzfähig sei und die nach den Grammatikregeln getrennt zu schreiben seien.
19 Das Wort Investorworld sei im übertragenen Sinne als "Welt des Investors" und damit als Hinweis darauf zu verstehen, dass die bezeichneten Dienstleistungen alles beträfen, was für Investoren von Interesse sein könnte. Diesem Wort fehle daher die Unterscheidungskraft, da es nicht ermögliche, das Dienstleistungen anbietende Unternehmen zu identifizieren. Ein Zeichen besitze aber eben nur dann Unterscheidungskraft, wenn es geeignet sei, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang habe das Amt die Praxis entwickelt, jeden Ausdruck zurückzuweisen, der das Wort "world" und ein weiteres Wort enthalte, das den Gegenstand oder die Zielgruppe der Ware oder Dienstleistung beschreibe, wie etwa "World of music" für Schallplatten und "The world of wine" für Waren, die einen Bezug zu Wein hätten.
Würdigung durch das Gericht
20 Nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 kann ein Zeichen, das sich graphisch darstellen lässt, eine Gemeinschaftsmarke sein, soweit es geeignet ist, Waren eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-163/98, Procter & Gamble/HABM, "Baby-dry", Slg. 1999, II-2383, Randnr. 20, und vom 12. Januar 2000 in der Rechtssache T-19/99, DKV/HABM, "Companyline", Slg. 2000, II-1, Randnr. 23).
21 Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sind "Marken, die keine Unterscheidungskraft haben," von der Eintragung ausgeschlossen. Die Unterscheidungskraft ist für die Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen, für die die Eintragung des Zeichens beantragt wurde (Urteil Companyline, Randnr. 24).
22 Im vorliegenden Fall besteht das Zeichen ausschließlich aus den beiden in englischsprachigen Ländern üblichen Wörtern "investor" und "world". Das Wort "investor" lässt erkennen, dass die bezeichneten Dienstleistungen für Anleger bestimmt sind und zur Klasse 36 (siehe oben, Randnr. 3) gehören. Die Verbindung dieses Wortes mit dem Wort "world" weist kein zusätzliches Merkmal auf, das das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Dienstleistungen der Klägerin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile Baby-dry, Randnr. 27, und Companyline, Randnr. 26). In dieser Wortbildung verweist nämlich das fragliche Zeichen nur auf den Begriff "Welt des Investors", der, wie das Amt zu Recht ausgeführt hat, bedeutet, dass die fraglichen Dienstleistungen all das betreffen, was für den Anleger von Interesse sein kann.
23 Dass das Wort Investorworld grammatisch nicht korrekt gebildet ist und daher in der englischen Sprache nicht existiert, ändert an dieser Beurteilung nichts (Urteil Companyline, Randnr. 26).
24 Das Zeichen Investorworld hat daher hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 36 des Abkommens von Nizza keine Unterscheidungskraft.
25 Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht entschieden, dass das Wort Investorworld nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 nicht als Gemeinschaftsmarke für diese Dienstleistungen eintragungsfähig ist.
26 Nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ist das Zeichen schon dann nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig, wenn eines der aufgezählten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (vgl. Urteile Baby-dry, Randnr. 29, und Companyline, Randnr. 30). Mithin ist die Klage abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
27 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT
(Vierte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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