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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 14.02.1990
Aktenzeichen: T-38/89
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 25
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Bewerber, der zu einem Einstellungsverfahren zugelassen worden ist, hat schon deshalb ein Interesse daran, wie die Anstellungsbehörde den Fortgang dieses Verfahrens bestimmt. Bei diesem Bewerber ist daher gegenüber den von der Verwaltung im Anschluß an ein Urteil, mit dem die Ernennung eines Mitbewerbers auf die streitige Stelle aufgehoben wurde, getroffenen Entscheidungen, eine erste Stellenausschreibung zurückzuziehen und ein neues Einstellungsverfahren durchzuführen, ein Rechtsschutzinteresse selbst dann gegeben, wenn er sich zu denselben Bedingungen erneut hat bewerben können, sofern das neue Verfahren die objektiven Bedingungen für eine Abwägung der verschiedenen Bewerbungen insoweit verändert, als es zum einen die Teilnahme neuer Bewerber und zum anderen gegebenenfalls die Berücksichtigung von Berufserfahrung und Abschlüssen ermöglicht, die die Bewerber in dem Zeitraum zwischen den beiden Stellenausschreibungen erworben haben.

Ausserdem werden die Adressaten eines Urteils, mit dem eine von einem Organ erlassene Rechtshandlung aufgehoben wird, zweifellos durch die Art, in der das Organ dieses Urteil ausführt, unmittelbar betroffen. Sie sind somit befugt, einen etwaigen Verstoß des Organs gegen die Pflichten aus den anwendbaren Vorschriften durch den Gerichtshof feststellen zu lassen.

2. Die Anstellungsbehörde ist nicht verpflichtet, ein gemäß Artikel 29 des Statuts eingeleitetes Einstellungsverfahren abzuschließen. Dieser Grundsatz gilt gerade auch dann, wenn das Einstellungsverfahren durch ein Urteil des Gemeinschaftsgerichts teilweise aufgehoben wird.

Folglich kann ein solches Urteil keinesfalls Auswirkungen auf das Ermessen der Anstellungsbehörde haben, ihre Auswahlmöglichkeiten im dienstlichen Interesse zu erweitern, indem sie die ursprüngliche Stellenausschreibung aufhebt und dementsprechend ein neues Einstellungsverfahren eröffnet. Da die Anstellungsbehörde nicht dazu verpflichtet ist, das eingeleitete Verfahren fortzusetzen, kann sie mit vollem Recht ein neues Einstellungsverfahren eröffnen, ohne daß sie bei der Durchführung des Urteils das Verfahren in der Lage fortführen müsste, in der es sich vor dem Erlaß der rechtswidrigen Maßnahme befand.

3. Die im Anschluß an ein Aufhebungsurteil erfolgte Aufhebung einer Stellenausschreibung und Eröffnung eines neuen Einstellungsverfahrens fallen in das Ermessen der Verwaltung bei der Organisation ihrer Dienststellen. Der Begründungspflicht nach Artikel 25 des Statuts ist mit der Bekanntgabe der neuen Stellenausschreibung Genüge getan, wenn diese in einem dem betroffenen Beamten bekannten Rahmen erfolgt und er deshalb die Bedeutung der angefochtenen Maßnahmen erkennen kann.

4. Von einem Ermessensmißbrauch kann nur dann ausgegangen werden, wenn nachgewiesen ist, daß die Anstellungsbehörde mit dem Erlaß der streitigen Verfügung einen anderen Zweck als den der betreffenden Regelung verfolgt hat.

5. Die Anstellungsbehörde verfügt bei der Abwägung der jeweiligen Verdienste der Beamten, die eine Anwartschaft auf Beförderung haben, über ein weites Ermessen, und das Gemeinschaftsgericht hat seine Kontrolle auf die Frage zu beschränken, ob die Behörde ihr Ermessen offensichtlich fehlerhaft ausgeuebt hat.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 14. FEBRUAR 1990. - INGFRIED HOCHBAUM GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - DURCHFUEHRUNG EINES URTEILS DES GERICHTSHOFES, MIT DEM EINE ERNENNUNGSENTSCHEIDUNG AUFGEHOBEN WIRD - AUFHEBUNG DER STELLENAUSSCHREIBUNG DURCH DAS ORGAN UND EROEFFNUNG EINES NEUEN EINSTELLUNGSVERFAHRENS. - RECHTSSACHE T-38/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt, Verfahren und Anträge der Parteien

1 Der Kläger, Beamter bei der Generaldirektion Wettbewerb ( GD IV ) der Kommission, bewarb sich auf die im Jahre 1984 erfolgte Bekanntgabe der Stellenausschreibung KOM/902/84 hin mit fünfzehn anderen Beamten um die Stelle des Leiters der Abteilung "Staatsmonopole und öffentliche Unternehmen ". Die Kommission ernannte einen anderen Bewerber, Herrn Waterschoot, auf die genannte Stelle. Dagegen erhob der Kläger Anfechtungsklage beim Gerichtshof.

2 Mit Urteil vom 9. Juli 1987 hob der Gerichtshof die angefochtene Ernennung und zugleich die Entscheidung der Kommission, mit der diese die Bewerbung des Klägers abgelehnt hatte, insbesondere aus dem Grund auf, daß der beratende Ausschuß für Ernennungen in den Besoldungsgruppen A 2 und A 3 ( Ausschuß Noël, nach seinem damaligen Vorsitzenden ) nicht auf der Grundlage der vollständigen Bewerbungsunterlagen angehört worden war ( Verbundenen Rechtssachen 44/85, 77/85, 294/85 und 295/85, Hochbaum und Rawes, Slg. 1987, 3259 ).

3 Die Kommision nahm im Anschluß an dieses Urteil das Einstellungsverfahren wieder auf, das drei Jahre zuvor eingeleitet worden war, und holte erneut die Stellungnahme des Ausschusses Noël zu allen im Jahre 1984 aufgrund der Stellenausschreibung KOM/902/84 eingereichten Bewerbungen ein. Entsprechend der Stellungnahme des Ausschusses, der eine erneute Veröffentlichung der Stellenausschreibung vorschlug, die "es erlaubt, das Ernennungsverfahren mit der vom Gerichtshof gewollten grösstmöglichen Transparenz durchzuführen", entschied die Kommission sodann, die genannte Stellenausschreibung aufzuheben und mit der am 7. August 1987 erfolgten Bekanntgabe der Stellenausschreibung KOM/83/87 ein neues Verfahren zur Besetzung der fraglichen Stelle zu eröffnen. Die in den beiden Stellenausschreibungen verlangten Fähigkeiten waren identisch. Im Rahmen der neuen Stellenausschreibung reichten der Kläger sowie zehn andere Beamte ihre Bewerbung ein; die Kommission ernannte am 15. Oktober 1987 nach Anhörung des Ausschusses Noël Herrn Waterschoot zum Abteilungsleiter.

4 Zwischenzeitlich hatte der Kläger am 18. September 1987 gegen die - in der vorstehenden Randnummer erwähnten - Entscheidungen der Kommission, die Stellenausschreibung KOM/902/84 auf das genannte Urteil des Gerichtshofes hin aufzuheben und das Verfahren KOM/83/87 zur Besetzung der fraglichen Stelle auszuschreiben, Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Beamtenstatuts ( Statut ) erhoben. Sechs Monate später wies die Verwaltung diese Beschwerde mit Entscheidung vom 17. März 1988, die dem Kläger am 15. April mitgeteilt wurde, zurück.

5 Daraufhin hat der Kläger mit Klageschrift, die am 6. Juli 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, innerhalb der Frist des Artikels 91 Absatz 3 Unterabsatz 2 des Statuts die vorliegende Klage erhoben. Das schriftliche Verfahren ist vollständig vor dem Gerichtshof durchgeführt worden. Nach Abschluß des schriftlichen Verfahrens hat der Gerichtshof diese Rechtssache mit Beschluß vom 15. November 1989 gemäß der Entscheidung des Rates vom 24. Oktober 1988 an das Gericht verwiesen. Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

6 Die Parteien haben die folgenden Anträge gestellt.

Der Kläger hat beantragt,

- für nichtig zu erklären :

a ) die Entscheidung der Kommission, die Stellenausschreibung KOM/902/84 aufzuheben;

b ) soweit erforderlich, die stillschweigende Ablehnung der Bewerbung des Klägers für die Stelle des Leiters der Abteilung "Öffentliche Unternehmen und Staatsmonopole", die unter der Nr. KOM/902/84 ausgeschrieben worden war;

c ) die Anordnung der Stellenausschreibung KOM/83/87 betreffend die Planstelle der Besoldungsgruppe A 3 eines Leiters der Abteilung "Öffentliche Unternehmen und Staatsmonopole, Durchführung von Artikel 101 und 102" in der Generaldirektion Wettbewerb ( GD IV ) durch die Kommission und ihre am 31. Juli 1987 erfolgte Bekanntgabe sowie alle von der Kommission im Anschluß an dieses rechtswidrige Verfahren vorgenommenen Handlungen einschließlich der "neuen" ( dritten ) Ernennung des Herrn Waterschoot;

d ) soweit erforderlich, die ausdrückliche Zurückweisung der Beschwerde des Klägers vom 16. September 1987, die unter der Nr. 3194/87 im Generalsekretariat eingetragen wurde, durch die Kommission;

- die Beklagte zur vorläufigen Zahlung von 1 BFR als Ersatz des später zu bewertenden Schadens zu verurteilen;

- der Beklagten die Kosten des Verfahrens sowie der Auslagen, die für das Verfahren notwendig waren, aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

- die Klage für unzulässig oder zumindest für unbegründet zu erklären;

- über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit

7 Die Beklagte erhebt gegen die Klage eine Einrede der Unzulässigkeit mit der Begründung, die angefochtene Maßnahme beschwere den Kläger nicht; dieser habe ausserdem kein Rechtschutzbedürfnis. Nach ständiger Rechtsprechung könnten als beschwerend nur solche Maßnahmen angesehen werden, die geeignet seien, unmittelbar auf die Rechtsstellung des Klägers einzuwirken ( Urteil vom 1. Juli 1964 in der Rechtssache 26/63, Pistoj, Slg. 1964, 735, und Urteil vom 11. Juli 1974 in den Rechtssachen 177/73 und 5/74, Reinarz, Slg. 1974, 819, Randnr. 13 ). Daher könnten die angefochtenen Maßnahmen nicht beschwerend sein, da der Kläger sich angesichts dessen, daß die in beiden Ausschreibungen verlangten Fähigkeiten identisch seien, im Rahmen des neuen, durch die Stellenausschreibung KOM/83/87 eröffneten Einstellungsverfahrens zu denselben Bedingungen habe bewerben können. Ausserdem sei nach den Urteilen Küster und De Roubaix eine Stellenausschreibung für die Beamten, die für eine Versetzung oder Beförderung in Betracht kämen, eine beschwerende Maßnahme, soweit ihre Bewerbung durch die in der Ausschreibung festgelegten Bewerbungsbedingungen ausgeschlossen werde ( Urteil vom 19. Juni 1975 in der Rechtssache 79/74, Slg. 1975, 725, Randnr. 6, und Urteil vom 11. Mai 1978 in der Rechtssache 25/77, Slg. 1978, 1081, Randnr. 8 ).

8 Der von der Beklagten erhobenen Einrede der Unzulässigkeit kann nicht stattgegeben werden. Wenn ein Bewerber zu einem Auswahlverfahren zugelassen worden ist, hat er schon deshalb ein Interesse daran, wie die Anstellungsbehörde den Fortgang dieses Auswahlverfahrens bestimmt. Im vorliegenden Fall haben die Aufhebung des ursprünglichen Verfahrens und die Eröffnung eines neuen Einstellungsverfahrens die objektiven Bedingungen für eine Abwägung der verschiedenen Bewerbungen verändert, da sie zum einen die Teilnahme neuer Bewerber und zum anderen gegebenenfalls die Berücksichtigung von Berufserfahrung und Abschlüssen ermöglichten, die die Bewerber in den drei Jahren zwischen den beiden Stellenausschreibungen erworben hatten. Daher ist im vorliegenden Fall ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers gegeben.

9 Ausserdem ist es für die Frage der Zulässigkeit der Klage erheblich, daß die angefochtenen Maßnahmen insoweit eine Besonderheit darstellen, als sie im Anschluß an ein Urteil des Gerichtshofes erlassen wurden. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden : "Die Adressaten eines Urteils..., mit dem eine von einem Organ erlassene Rechtshandlung aufgehoben wird, werden zweifellos durch die Art, in der das Organ dieses Urteil ausführt, unmittelbar betroffen. Sie sind somit befugt, einen etwaigen Verstoß des Organs gegen die Pflichten aus den anwendbaren Vorschriften durch den Gerichtshof feststellen zu lassen" ( Urteil vom 25. November 1976 in der Rechtssache 30/76, Küster, Slg. 1976, 1719, Randnrn. 8 und 9 ). Im vorliegenden Fall stellen aber die mit dem Erlaß der streitigen Entscheidungen erfolgte Aufhebung der ersten Stellenausschreibung und die Durchführung eines neuen Einstellungsverfahrens genau die Art und Weise dar, in der die Beklagte das Urteil des Gerichtshofes durchführen wollte, und betreffen daher unmittelbar den Kläger.

10 Daraus ergibt sich, daß die Klage zulässig ist.

Zur Begründetheit

11 Der Kläger stützt seine Anfechtungsklage auf drei Klagegründe : Verstoß gegen Artikel 176 EWG-Vertrag, Verstoß gegen Artikel 25 des Statuts und Ermessensmißbrauch.

12 Was den ersten Klagegrund angehe, so setze die Durchführung des Urteils vom 9. Juli 1987 voraus, daß die Kommission das durch die Bekanntgabe der Stellenausschreibung KOM/902/84 eingeleitete Einstellungsverfahren in der Lage fortführe, in der es sich vor dem Erlaß der rechtswidrigen Entscheidungen befunden habe, da sich die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Ernennung nicht auf das Verfahren als Ganzes auswirke.

13 Mit dem Urteil, auf das sich der Kläger beruft, wurde die Ernennung des Herrn Waterschoot wegen der Fehlerhaftigkeit des Verfahrens, in dem die Verdienste der verschiedenen Bewerber bewertet wurden, aufgehoben. Aus der Begründung dieses Urteils ergibt sich daher deutlich, daß es die Aufhebung der Ernennung sowie des Verfahrens zur Bewertung der Bewerbungen zur Folge hat. Die Rechtswidrigkeit, mit der das Auswahlverfahren behaftet war, hat sich jedoch nicht auf die Gültigkeit der das Verfahren einleitenden Stellenausschreibung ausgewirkt, die nie in Frage gestellt wurde.

14 Aus der Gültigkeit der Stellenausschreibung - die vom Gerichtshof nicht aufgehoben wurde - lässt sich jedoch nicht darauf schließen, daß die Kommission bei der Durchführung des Urteils das Verfahren hätte in der Lage fortführen müssen, in der es sich vor dem Erlaß der rechtswidrigen Maßnahme befand. Für die Kommission folgt aus dem Urteil nur die Verpflichtung, die Mängel zu beseitigen, mit denen das Verfahren, das zum Erlaß der aufgehobenen Maßnahme führte, behaftet war. Insbesondere bedeutet der vom Kläger angeführte Umstand, daß das Urteil ihm Schadensersatz in Höhe von 1 BFR mit der Begründung verweigert hat, daß die Aufhebung als solche einen angemessenen Ausgleich für einen etwaigen vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden darstelle, nicht, daß die Kommission dazu verpflichtet wäre, das eingeleitete Verfahren fortzusetzen.

15 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Anstellungsbehörde nämlich nicht verpflichtet, ein gemäß Artikel 29 des Statuts eingeleitetes Einstellungsverfahren abzuschließen ( siehe das Urteil vom 24. Juni 1969 in der Rechtssache 26/68, Fux, Slg. 1969, 145, Randnr. 11, und das Urteil vom 9. Februar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 316/82 und 40/83, Kohler, Slg. 1984, 641, Randnr. 22 ). Dieser Grundsatz gilt gerade auch dann, wenn das Einstellungsverfahren - wie im vorliegenden Fall - durch ein Urteil des Gemeinschaftsgerichts teilweise aufgehoben wurde ( siehe hierzu das Urteil vom 8. Juni 1988 in der Rechtssache 135/87, Vlachou, Slg. 1988, 2901, Randnrn. 23 bis 25 ). Folglich konnte das Urteil vom 9. Juli 1987 keinesfalls Auswirkungen auf das Ermessen der Kommission haben, ihre Auswahlmöglichkeiten im dienstlichen Interesse zu erweitern. Da die Kommission nicht dazu verpflichtet war, das eingeleitete Verfahren fortzusetzen, konnte sie mit vollem Recht ein neues Einstellungsverfahren eröffnen.

16 Daher hat die Beklagte dadurch, daß sie im Anschluß an die Aufhebung der Ernennung des Herrn Waterschoot durch den Gerichtshof die Stellenausschreibung KOM/902/84 aufgehoben und dementsprechend ein neues Einstellungsverfahren eröffnet hat, nicht gegen Artikel 176 EWG-Vertrag verstossen.

17 Der erste Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

18 Mit dem zweiten Klagegrund macht der Kläger die Verletzung von Artikel 25 des Statuts geltend, da die Aufhebung der Stellenausschreibung KOM/902/84 eine erneute stillschweigende Ablehnung seiner Bewerbung darstelle : Da ihn diese Entscheidung beschwere und ihm einen schweren Schaden zufüge, hätte sie ihm mit Rücksicht auf das Urteil vom 9. Juli 1987 mit einer mit Gründen versehenen Entscheidung mitgeteilt werden müssen.

19 Da aber die angefochtenen Entscheidungen in das Ermessen der Kommission bei der Organisation ihrer Dienststellen fallen, ist der Begründungspflicht nach Artikel 25 des Statuts mit der Bekanntgabe der Stellenausschreibung KOM/83/87 Genüge getan, da diese in einem dem Kläger bekannten Rahmen erfolgte und er deshalb die Bedeutung der angefochtenen Maßnahmen erkennen konnte ( siehe das Urteil vom 1. Juni 1983 in den verbundenen Rechtssachen 36/81, 37/81 und 218/81, Seton, Slg. 1983, 1789, Randnrn. 47 und 48 ).

20 Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

21 Mit dem dritten Klagegrund wird ein Ermessensmißbrauch geltend gemacht, den die Kommission dadurch begangen haben soll, daß sie mit der Bekanntgabe der Stellenausschreibung KOM/83/87 den Versuch unternommen habe, der Ernennung des Herrn Waterschoot den Anschein von Rechtmässigkeit zu verleihen. Diese Ernennung sei in Wahrheit vor der Bekanntgabe der Stellenausschreibung beschlossen worden; die förmliche Ernennung sei später ohne eine wirkliche Abwägung der Verdienste der Bewerber erfolgt.

22 Wie der Gerichtshof jedoch bereits festgestellt hat ( siehe das Urteil Vlachou, a. a. O.), kann von einem Ermessensmißbrauch nur dann ausgegangen werden, wenn nachgewiesen ist, daß die Anstellungsbehörde mit dem Erlaß der streitigen Verfügung einen anderen Zweck als den der betreffenden Regelung verfolgt hat. Das Gericht hat daher zu prüfen, ob der Kläger im vorliegenden Fall den Nachweis erbracht hat, daß die Anstellungsbehörde mit dem Erlaß der beanstandeten Entscheidungen einen anderen Zweck als das dienstliche Interesse verfolgt hat.

23 Der Kläger trägt hierzu im wesentlichen vor, die Kommission habe das eingeleitete Verfahren aufgehoben und eine neue Stellenausschreibung bekanntgemacht, um die von Herrn Waterschoot nach der Aufhebung seiner rechtswidrigen Ernennung als Abteilungsleiter erworbene Erfahrung berücksichtigen zu können. Herr Waterschoot habe nämlich im Zeitpunkt der Bekanntmachung der ersten Stellenausschreibung die für eine gültige Bewerbung verlangten Fähigkeiten nicht besessen.

24 Die Anstellungsbehörde verfügt bei Beförderungen über ein weites Ermessen; das Gemeinschaftsgericht hat seine Kontrolle auf die Frage zu beschränken, ob die Anstellungsbehörde ihr Ermessen offensichtlich fehlerhaft ausgeuebt hat ( siehe insbesondere das Urteil vom 22. Juni 1989 in der Rechtssache 104/88, Brus, Slg. 1989, 1873, Randnr. 17 ). Im vorliegenden Fall ist den Akten aber kein objektiver Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß Herr Waterschoot vor der Ausübung der Aufgaben eines Leiters der Abteilung "Staatsmonopole und öffentliche Unternehmen" die Voraussetzungen für eine Bewerbung um die umstrittene Stelle nicht erfuellt hätte.

25 Selbst wenn die Kommission die von Herrn Waterschoot im Anschluß an seine erste Ernennung erworbene Erfahrung berücksichtigt hat, bedeutet dies im übrigen nicht, daß sie in Verfolgung eines anderen Zwecks als des dienstlichen Interesses gehandelt und somit einen Ermessensmißbrauch begangen hat.

26 Der für die Feststellung eines Ermessensmißbrauchs seitens der Beklagten erforderliche Nachweis wurde somit nicht erbracht. Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

27 Aus alledem ergibt sich, daß die Klage als unbegründet abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

28 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die auch für das Verfahren vor dem Gericht gilt, ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT ( Dritte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Februar 1990.

Ende der Entscheidung

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