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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 09.08.1999
Aktenzeichen: T-38/99 R (1)
Rechtsgebiete: EGV, Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom, Entscheidung 98/653/EG


Vorschriften:

EGV Art. 185 (jetzt EGV Art. 242)
EGV Art. 186 (jetzt EGV Art. 243)
Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom Art. 4
Entscheidung 98/653/EG Art. 2 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS

9. August 1999 (1)

"Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - Keine Dringlichkeit"

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen T-38/99 R, T-39/99 R, T-40/99 R, T-41/99 R, T-42/99 R, T-45/99 R und T-48/99 R

Sociedade Agrícola dos Arinhos Ld.a, Gesellschaft portugiesischen Rechts mit Sitz in Lissabon,

Sociedade Agrícola do Monte da Aldeia Ld.a, Gesellschaft portugiesischen Rechts mit Sitz in Lissabon,

António José da Veiga Teixeira, Landwirt mit Wohnsitz in Coruche (Portugal),

Sociedade Agrícola do Monte da Senhora do Carmo SA, Gesellschaft portugiesischen Rechts mit Sitz in Almeirim (Portugal),

Sociedade Agrícola de Perescuma SA, Gesellschaft portugiesischen Rechts mit Sitz in Almeirim (Portugal),

José de Barahona Núncio, Unternehmer mit Wohnsitz in Evora (Portugal), und

Francisco Luís Pinheiro Caldeira, Landwirt und Unternehmer mit Wohnsitz in Campo Maior (Portugal),

vertreten durch die Rechtsanwälte Carlos Botelho Moniz und Júlia Rôla Roque, Lissabon, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Aloyse May, 31, Grand-rue, Luxemburg,

Antragsteller,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Ana Maria Alves Vieira und Gérard Berscheid, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Beistand: Rechtsanwalt Vasco Airão, Porto, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Goméz de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Antragsgegnerin,

wegen Aussetzung des Vollzugs des Artikels 2 Buchstabe a der Entscheidung 98/653/EG der Kommission vom 18. November 1998 mit durch das Auftreten der bovinen spongiformen Enzephalopathie in Portugal notwendig gewordenen Dringlichkeitsmaßnahmen (ABl. L 311, S. 23), soweit darin der Versand von Kampfstieren aus Portugal nach Spanien und Frankreich für Kultur- oder Sportveranstaltungen in diesen beiden Mitgliedstaaten untersagt wird, gemäß Artikel 185 EG-Vertrag (jetzt Artikel 242 EG) und wegen bedingter Genehmigung des Versands solcher Tiere von Portugal nach Spanien und Frankreich gemäß Artikel 186 EG-Vertrag (jetzt Artikel 243 EG),

erläßt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluß

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1. Die Antragsteller sind portugiesische Züchter von Kampfstieren. Diese Stiere sind für Kultur- oder Sportveranstaltungen bestimmt, die nur in Portugal, Spanien und Frankreich stattfinden; ihre Rasse ist darum nur in diesen drei Mitgliedstaaten zu finden.

2. Am 18. November 1998 erließ die Kommission die Entscheidung 98/653/EG mit durch das Auftreten der bovinen spongiformen Enzephalopathie in Portugal notwendig gewordenen Dringlichkeitsmaßnahmen (ABl. L 311, S. 23; im folgenden: angefochtene Entscheidung).

3. In der dritten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, mehrere 1996 in Portugal durchgeführte Kontrollen im Zusammenhang mit der bovinen spongiformen Enzephalopathie (im folgenden: BSE) hätten ergeben, daß bestimmte Unzulänglichkeiten im Management der Risikofaktoren fortbestünden. Eine Nachkontrolle des Lebensmittel- und Veterinäramtes vor Ort in der Zeit vom 28. September bis 2. Oktober 1998 habe bestätigt, daß es bei der Durchführung der Maßnahmen zur Überwachung der Risikofaktoren nach wie vor Mängel gebe. Der deutliche Anstieg der BSE-Inzidenz, vor allem seit Juni 1998, lasse befürchten, daß sich die Seuche in naher Zukunft weiterentwickeln werde. Aus diesen Feststellungen müsse der Schluß gezogen werden, daß infolge der ermittelten Mängel bei der Durchführung der Gemeinschaftsvorschriften über die Vorbeugung, Überwachung und Ausrottung der Krankheit keine angemessenen Garantien hinsichtlich der BSE-Geschichte der Herkunfts- und Transitbestände und der Mütter von Rindern geboten werden könnten.

4. Laut der sechsten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung wird das Risiko der Verschleppung oder Übertragung der Seuche durch lebende Rinder auf nichtinfizierte Tierpopulationen als hoch eingeschätzt.

5. Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung bestimmt:

"Portugal stellt sicher, daß folgendes nicht aus seinem Hoheitsgebiet in andere Mitgliedstaaten oder Drittländer versendet wird:

a) lebende Rinder und Rinderembryonen;

..."

6. Artikel 16 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung lautet:

"Diese Entscheidung wird bis zu einer umfassenden Prüfung der Lage, insbesondere mit Blick auf die Seuchenentwicklung und die ordnungsgemäßeDurchsetzung der einschlägigen Maßnahmen sowie unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Kenntnisse, innerhalb von 18 Monaten überprüft."

7. Mit Klageschriften, die am 12. Februar 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben dreizehn Parteien beim Gericht Klagen auf Nichtigerklärung des Artikels 2 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung erhoben, soweit darin untersagt wird, von Portugal aus Kampfstiere zu versenden, die für Kultur- oder Sportveranstaltungen in Spanien und Frankreich bestimmt sind.

8. Diese Klagen wurden bei ihrer Eintragung in das Register zu einer einzigen Rechtssache zusammengefaßt, der das Aktenzeichen T-38/99 bis T-50/99 zugeteilt wurde.

9. Mit gesondertem Schriftsatz, der am 19. April 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurde, beantragten sieben der Kläger gemäß den Artikeln 185 und 186 EG-Vertrag (jetzt Artikel 242 EG und 243 EG) und Artikel 104 ff. der Verfahrensordnung des Gerichts den Erlaß einstweiliger Anordnungen. Sie beantragten,

- den Vollzug des Artikels 2 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung auszusetzen, soweit darin untersagt wird, von Portugal nach Spanien und Frankreich Kampfstiere zu versenden, die für Kultur- oder Sportveranstaltungen in den beiden letztgenannten Mitgliedstaaten bestimmt sind;

- alle sonstigen einstweiligen Anordnungen zu erlassen, die dem Gericht sachdienlich erscheinen;

- der Kommission alle Kosten aufzuerlegen.

10. Die Kommission hat am 6. Mai 1999 eine schriftliche Stellungnahme zu dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz eingereicht. Sie beantragt,

- den Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;

- den Antragstellern die Kosten aufzuerlegen.

11. Mit Schreiben vom 31. Mai 1999 beantragten die Antragsteller, in die Verfahrensakte den Entwurf des Berichts aufzunehmen, den die Inspektoren der Generaldirektion Verbraucherpolitik und Gesundheitsschutz (GD XXIV) der Kommission unter dem Titel "Report of a veterinary mission to Portugal with regard to certain prospective measures against BSE, in particular, implementation of Commission Decision 98/653/EC (22 February-03 March 1999)" über ihre Inspektionsreise nach Portugal vom 22. Februar bis 3. März 1999 angefertigt hatten.

12. Über das Kontrollsystem für Kampfstiere heißt es in dem Berichtsentwurf (S. 19):

"Was Kampfstiere angeht, so besteht nach den erhaltenen Auskünften über Aufzucht und Ernährung nur ein geringes Risiko, daß diese Tiere nennenswerten Mengen kontaminierten [Mehls aus Säugetierfleisch und -knochen] ausgesetzt waren, auch wenn die Stiere zumindest in den Monaten vor dem Kampf meistens Mischfutter erhalten ... Bei der Inspektion wurde deshalb grundsätzlich befürwortend geprüft, ob Kampfstiere nicht vom Exportverbot ausgenommen werden können."

13. Am 3. Juni 1999 gab das Gericht dem Antrag der Antragsteller vom 31. Mai 1999 statt. Der Berichtsentwurf wurde unverzüglich der Kommission zugeleitet, der Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

14. In ihrer am 4. Juni 1999 beim Gericht eingereichten Stellungnahme hat die Kommission beantragt, dieses Schriftstück aus der Verfahrensakte zu entfernen. Hilfsweise hat sie die Feststellung beantragt, daß es nicht entscheidungserheblich ist.

15. Die Parteien wurden am 14. Juni 1999 mündlich angehört. Am Ende der Anhörung gewährte das Gericht ihnen eine dreiwöchige Frist, um die Einrichtung eines Kontrollsystems auszuhandeln, das die tatsächliche und vollständige Beseitigung der fraglichen Tiere nach den Kultur- oder Sportveranstaltungen gewährleistet.

16. Am 30. Juni 1999 teilte die Kommission mit, daß keine Vereinbarung mit den Antragstellern erzielt werden konnte.

17. Am 5. Juli 1999 reichten die Antragsteller schriftliche Erklärungen über die Verhandlungen mit der Kommission ein. Sie beantragen, den Vollzug des Artikels 2 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung in bezug auf Kampfstiere auszusetzen und daneben den Versand dieser Tiere von Portugal nach Spanien und Frankreich unter den strengen Voraussetzungen zu gestatten, die in einem ihren Erklärungen beigefügten Papier mit dem Titel "Garantien für den Versand von Kampfstieren von Portugal nach Spanien und Frankreich" beschrieben sind.

18. Dieses von den Antragstellern verfaßte Papier enthält bestimmte Regeln, deren Beachtung nach ihrer Auffassung jedes Risiko für die öffentliche Gesundheit durch den Versand dieser Tiere ausschließt.

19. Am 13. Juli 1999 haben die Antragsteller bei der Kanzlei des Gerichts ergänzend ein weiteres Papier eingereicht.

20. Mit Entscheidung des Gerichts vom 21. Juli 1999 wurde die Vorlage dieses neuen Papiers für unstatthaft erklärt; es wurde weder zu den Akten genommen noch der Antragsgegnerin zugestellt.

Rechtliche Würdigung

21. Das Gericht kann gemäß den Artikeln 185 und 186 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 4 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in der Fassung des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 21) die Aussetzung der Durchführung der angefochtenen Handlung verfügen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen, wenn es dies den Umständen nach für erforderlich hält.

22. Gemäß Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung müssen Anträge auf einstweilige Anordnung die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt, und die Notwendigkeit der beantragten Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft machen. Diese Voraussetzungen sind kumulativ zu erfüllen, so daß der Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen nicht erfüllt ist (Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juli 1998 in der Rechtssache T-73/98 R, Prayon-Rupel/Kommission, Slg. 1998, II-2769, Randnr. 25).

Vorbringen der Parteien

Zur Zulässigkeit

23. Nach Auffassung der Kommission haben die Antragsteller nicht belegt, daß sie durch die angefochtene Entscheidung im Sinne von Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) individuell betroffen seien. Da die Zulässigkeit der Klage in der Hauptsache damit an der fehlenden Klagebefugnis der Antragsteller scheitere, sei der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach ständiger Rechtsprechung gleichfalls unzulässig.

Zur Notwendigkeit der beantragten Anordnungen

24. Nach Ansicht der Antragsteller ist das Verbot, lebende Rinder von Portugal nach Spanien und Frankreich zu versenden, in bezug auf Kampfstiere rechtswidrig. Die Antragsteller machen gegen die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung vier Klagegründe geltend: Sie rügen erstens, die Kommission habe die angefochtene Entscheidung auf unzutreffende Voraussetzungen gestützt, zweitens einen Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG), drittens einen Verstoß gegen die Artikel 30, 34 und 36 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG, 29 EG und 30 EG) und viertens eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

25. Im Rahmen des ersten Klagegrunds führen die Antragsteller aus, bei Kampfstieren aus Portugal sei noch nie ein Fall von BSE festgestellt worden. Die Kommission habe sich auf ihren Inspektionsreisen nach Portugal vor dem Erlaß derangefochtenen Entscheidung auch nie mit diesen Tieren und dem für sie geltenden speziellen Kontrollsystem befaßt. Schließlich seien die in Spanien und Frankreich angewendeten Kontrollsysteme ante und post mortem absolut zuverlässig und gewährleisteten die tatsächliche Beseitigung der Tierkörper, wenn sie aus medizinischen Gründen geboten sei.

26. Mit dem zweiten Klagegrund machen die Antragsteller geltend, die in der angefochtenen Entscheidung gegebene Begründung dafür, daß das Versandverbot für Rinder aus Portugal auch für Kampfstiere gelten müsse, sei in sich unstimmig und sachlich verfehlt. Die Kommission habe verkannt, daß hinsichtlich dieser Stierrasse eine besondere Situation gegeben sei.

27. Mit ihrem dritten und ihrem vierten Klagegrund rügen die Antragsteller, das Verbot des Versands von Kampfstieren aus Portugal sei als BSE-Prophylaxe ungeeignet und unverhältnismäßig. Im speziellen Fall der Kampfstiere gebiete das Ziel des öffentlichen Gesundheitsschutzes keine so strenge Maßnahme wie ein absolutes Versandverbot solcher Tiere von Portugal.

28. Eine wirksame BSE-Prophylaxe sei schon durch die Beseitigung der Kadaver der aus Portugal stammenden Kampfstiere völlig gewährleistet. Bereits die Einhaltung der Regeln, die die Antragsteller in dem mit ihren Erklärungen eingereichten Papier "Garantien für den Versand von Kampfstieren aus Portugal nach Spanien und Frankreich" beschrieben hätten, schließe jedes Risiko für die öffentliche Gesundheit durch den Versand solcher Tiere aus.

29. Nach Auffassung der Kommission greift keiner der Klagegründe in der Hauptsache durch.

30. Erstens habe es Anfang Mai 1999 nach den der Kommission vorliegenden Angaben in Portugal 212 BSE-Fälle gegeben. Hinzu komme, daß die Regelungen für die veterinärmedizinische Überwachung und den Transport ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Stierkampfes konzipiert seien, aber keineswegs ausschlössen, daß ein Tier mit BSE infiziert sei. Die Gefahr der Verbreitung der Krankheit sei bei dieser Art von Rindern zudem besonders hoch, da sie nach dem Kampf zur Aufnahme in die Nahrungskette bestimmt seien.

31. Dem Vorbringen der Antragsteller, bei Kampfstieren aus Portugal sei noch nie ein BSE-Fall festgestellt worden, hält die Kommission entgegen, daß mit dem Auftreten von Krankheitssymptomen erst nach etwa fünf Jahren zu rechnen sei (vgl. dazu Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1998 in der Rechtssache C-180/96, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1998, I-2265). Da die Stiere aber im Alter von drei bis vier Jahren in den Arenen getötet würden, sei dieses Vorbringen nicht beweiskräftig.

32. Zweitens sei die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Antragsteller auch ordnungsgemäß begründet.

33. Drittens diene die angefochtene Entscheidung dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, dem die Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als zwingendem Gebot des Allgemeininteresses Rechnung zu tragen habe. Eine Ausnahme für Kampfstiere widerspräche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn die Umstände, die zum Erlaß der angefochtenen Entscheidung geführt hätten, träfen auf Kampfstiere genauso zu.

Zur Dringlichkeit

34. Die Antragsteller machen geltend, schon bei Einreichung des vorliegenden Antrags seien alle vereinbarten und/oder geplanten Verkäufe für die Stierkampfsaison 1999 in Frankreich und Spanien gefährdet gewesen. Würde der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht ausgesetzt, so gälte das gleiche auch für ihre Verkäufe der Saison 2000.

35. Die Höhe des durch die angefochtene Entscheidung verursachten Schadens berechnet jeder der Antragsteller wie folgt:

"Betrag der von der Entscheidung betroffenen Verkäufe im Jahr 1999 (X) + Schaden durch Verlust von Marktanteilen (Y) (Dabei wurde berücksichtigt, daß es erforderlich sein wird, in den ersten drei Jahren nach Aufhebung des Ausfuhrverbots zu einem Preis von 20 % unter dem Marktpreis zu verkaufen, um die in Spanien und Frankreich verlorenen Marktanteile zurückzugewinnen.) - Restwert durch Verkauf des Fleisches der nicht exportierten Tiere in Portugal (Z) (Dieser Wert beläuft sich auf 250 ESC pro Kilogramm Fleisch bei einem durchschnittlichen Fleischgewicht der Stiere von 260 kg, also auf einen Betrag von 65 000 ESC, der für jeden Antragsteller mit der Zahl der vom Versandverbot nach Spanien und Frankreich betroffenen Stiere zu multiplizieren ist) = unmittelbarer Gesamtschaden (W)."

36. Aus zwei Gründen wäre der drohende Schaden nicht wiedergutzumachen: Erstens sei ein Stierkampf ein einmaliges Ereignis, das definitiv versäumt sei, wenn die Kampfstiere der Antragsteller von ihm ausgeschlossen seien. Zweitens seien die Antragsteller für die Schäden aus der Durchführung der angefochtenen Entscheidung nicht finanziell entschädigt worden, noch sei eine solche Entschädigung vorgesehen.

37. Nach Ansicht der Kommission ist der behauptete Schaden ausschließlich finanzieller Art. Ein solcher könne aber nicht als schwerer und nicht wiedergutzumachender Schaden gelten, denn er könne bei Erfolg der Klage jederzeit leicht ausgeglichen werden.

38. Die Antragsteller könnten außerdem auf Absatzmöglichkeiten im Inland ausweichen. Manche der beantragten Sicherungsmaßnahmen seien überdies gegenstandslos, da die von den Antragstellern genannten Stierkampfveranstaltungen schon stattgefunden hätten.

Interessenabwägung

39. Nach Auffassung der Antragsteller ließen die beantragten Anordnungen keine Beeinträchtigung des geltenden strengen Kontrollsystems für Portugal, Spanien und Frankreich besorgen, da sie jedes Gesundheitsrisiko wirksam ausschlössen. Ihr Erlaß beeinträchtige deshalb nicht das öffentliche Interesse.

40. Die Kommission betont, daß den Interessen der Antragsteller kein Vorrang vor dem Ziel des öffentlichen Gesundheitsschutzes zukommen könne.

Rechtliche Würdigung

41. Zunächst ist zu prüfen, ob die erforderliche Dringlichkeit gegeben ist.

42. Nach ständiger Rechtsprechung bemißt sich die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung nach der Notwendigkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, damit der Antragsteller keinen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleidet. Der Antragsteller trägt daher die Beweislast dafür, daß er die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht abwarten kann, ohne einen solchen Schaden zu erleiden (Beschluß Prayon-Rupel/Kommission, Randnr. 36).

43. Ein rein finanzieller Schaden kann nur unter besonderen Umständen als ein nicht oder auch nur schwer wiedergutzumachender Schaden angesehen werden, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1991 in der Rechtssache C-213/91 R, Abertal u. a./Kommission, Slg. 1991, I-5109, Randnr. 24, und des Präsidenten des Gerichts vom 7. November 1995 in der Rechtssache T-168/95 R, Eridania u. a./Rat, Slg. 1995, II-2817, Randnr. 42).

44. Nach den Zahlenangaben der Antragsteller zur Kampfstierzucht in Portugal wurden 1998 75 % der Zucht für Sport- oder Kulturveranstaltungen im Inland veräußert. Damit ist nicht glaubhaft gemacht, daß die Antragsteller als portugiesische Kampfstierzüchter nicht den größeren Teil ihrer im Inland absetzen können.

45. Aus dem Vorbringen der Parteien läßt sich außerdem schließen, daß gegebenenfalls das Fleisch der nicht ins Ausland exportierten Kampfstiere in Portugal verkauft werden kann, auch wenn dies weniger Gewinn bringt.

46. Schließlich läßt sich der von allen Antragstellern geltend gemachte Schaden nach der in ihrer Antragsschrift erläuterten Berechnungsmethode in Geld beziffern; diese Methode setzt zudem offenkundig voraus, daß ihr wirtschaftliches Überleben nicht gefährdet ist und sie die in Frankreich und Spanien verlorenen Marktanteile zurückgewinnen können. Es droht damit kein Schaden, der nicht wiedergutzumachen wäre.

47. Die Antragsteller haben somit die Dringlichkeit nicht glaubhaft gemacht.

48. Der Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen ist demnach zurückzuweisen, ohne daß seine Zulässigkeit oder die weiteren Begründetheitsvoraussetzungen geprüft zu werden brauchen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag auf Erlaß einstweiliger Anordnungen wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 9. August 1999

Ende der Entscheidung

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