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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 07.07.2005
Aktenzeichen: T-385/03
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung Art. 8 Abs. 1 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 7. Juli 2005. - Miles Handelsgesellschaft International mbH gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Widerspruchsverfahren - Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke mit dem Wortbestandteil "Biker Miles" - Ältere Gemeinschaftswortmarke MILES - Verwechslungsgefahr - Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94. - Rechtssache T-385/03.

Parteien:

In der Rechtssache T-385/03

Miles Handelsgesellschaft International mbH mit Sitz in Norderstedt (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Deutsch,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) , vertreten durch T. Eichenberg und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Biker Miles Motorrad Handels- und Vertriebsgesellschaft mbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt G. Malchartzeck,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 9. September 2003 (Sache R 174/20022) im Widerspruchsverfahren zwischen der Biker Miles Motorrad Handels- und Vertriebsgesellschaft mbH und Miles Handelsgesellschaft International mbH

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten H. Legal sowie der Richterin P. Lindh und des Richters V. Vadapalas,

Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,

aufgrund der am 18. November 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. März 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 18. Februar 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Am 7. Juli 1999 meldete die Streithelferin nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2. Die Marke, für die die Eintragung beantragt wurde, ist das nachstehend abgebildete Bildzeichen:

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3. Die Eintragung wurde für Waren der Klassen 9, 12 und 25 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung beantragt, die für die Klasse 25 folgender Beschreibung entsprechen: Ausrüstung und Kleidungsstücke für Zweiradfahrer, nämlich Stiefel, Schuhe, Handschuhe, Schals, Regenbekleidungsstücke, Wetterbekleidungsstücke, Pullis, Sturmhauben, Nierenschutzgurte, Lederbekleidungsstücke, Kunstlederbekleidungsstücke.

4. Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 38/2000 vom 15. Mai 2000 veröffentlicht.

5. Am 15. August 2000 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für Waren der Klasse 25 und berief sich auf Verwechslungsgefahr im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94. Der Widerspruch war auf das Bestehen der Gemeinschaftswortmarke MILES gestützt, die am 28. Juli 1998 für die Waren Bekleidungsstücke, einschließlich Sportbekleidungsstücke der Klasse 25 eingetragen worden war.

6. Mit Entscheidung vom 7. Februar 2002 gab die Widerspruchsabteilung des HABM dem Widerspruch mit der Begründung statt, dass die Gefahr einer Verwechslung mit der geschützten Marke bestehe.

7. Am 18. Februar 2002 legte die Streithelferin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim HABM nach den Artikeln 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 Beschwerde ein.

8. Mit Entscheidung vom 9. September 2003 (Sache R 174/2002-2), die der Klägerin am 18. September 2003 zugestellt wurde (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), gab die Zweite Beschwerdekammer der Beschwerde statt. Sie ging im Wesentlichen davon aus, dass die fraglichen Waren identisch seien, auch wenn es sich bei den von der Markenanmeldung erfassten Waren um besondere Bekleidungsstücke handele, die über spezielle Vertriebswege einer klar definierten Verbrauchergruppe angeboten würden. Die betreffenden Verbraucher legten besonderen Wert auf die Funktionalität dieser Bekleidungsstücke und die Sicherheit, die sie verschafften, und legten daher einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad an den Tag. Hinsichtlich der Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen berücksichtigte die Beschwerdekammer die grafische Darstellung der angemeldeten Marke, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass sich die beiden Zeichen schriftbildlich, klanglich und begrifflich voneinander unterschieden. Folglich könne trotz der Warenidentität keine Verwechslungsgefahr angenommen werden.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

9. Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem HABM die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

10. Das HABM und die Streithelferin beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Zur Zulässigkeit der Anträge des HABM

11. Einleitend ist festzustellen, dass das HABM in seiner Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass der Beschwerdekammer ein Bewertungsfehler unterlaufen sei, als sie im vorliegenden Fall die Gefahr einer Verwechslung ausgeschlossen habe. Infolge des Urteils des Gerichts vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache T-110/01 (Vedial/HABM - France Distribution [HUBERT], Slg. 2002, II-5275, Randnrn. 16 bis 25) sei es jedoch gehalten, einen Antrag auf Klageabweisung zu stellen. Folglich beantragt das HABM zwar Klageabweisung, bestreitet aber nicht die Begründetheit des von der Klägerin geltend gemachten einzigen Klagegrundes.

12. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die vom Beklagten eingereichte Klagebeantwortung nach Artikel 46 § 1 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 135 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts u. a. die tatsächliche und rechtliche Begründung enthalten muss. Im vorliegenden Fall hat das HABM jedoch keine Begründung für seinen Antrag auf Klageabweisung gegeben.

13. Unter diesen Umständen ist der vom HABM eingereichte Antrag unzulässig. Da jedoch die Streithelferin die Klageabweisung beantragt hat, ist der vorliegende Rechtsstreit gemäß Artikel 134 § 4 der Verfahrensordnung einer Prüfung zu unterziehen.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Parteien

14. Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

15. Zunächst sei die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen, dass das maßgebliche Publikum eine erhöhte Aufmerksamkeit aufbringe. Da Motorradbekleidung auch von anderen Personen als Motorradfahrern gekauft werden könne, setze sich das maßgebliche Publikum aus normal informierten, aufmerksamen Durchschnittsverbrauchern zusammen. Da es sich um gängige Verbrauchswaren handele, nehme sie der Durchschnittsverbraucher mit normaler Aufmerksamkeit wahr. Im Übrigen sei - selbst wenn man davon ausginge, dass sich das maßgebliche Publikum nur aus Motorradfahrern zusammensetze - diese Verbrauchergruppe beim Kauf der fraglichen Bekleidungsstücke, die ebenso gut zum Motorradfahren wie für den Winterspaziergang verwendet werden könnten, nicht aufmerksamer als Durchschnittsverbraucher.

16. Was sodann den bildlichen und klanglichen Vergleich der fraglichen Zeichen angehe, so werde die angemeldete Marke von dem Wortbestandteil Miles dominiert, der beiden Zeichen gemeinsam sei. Entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer trügen die anderen Bestandteile der angemeldeten Marke weder für sich genommen noch miteinander kombiniert etwas zum Gesamteindruck dieser Marke bei. Die Bildbestandteile der angemeldeten Marke, mit denen darauf hingewiesen werde, dass die Bekleidungsstücke im Straßenverkehr eingesetzt werden könnten, seien bei dem Vergleich der fraglichen Zeichen aufgrund ihres rein ornamentalen oder beschreibenden Charakters zu vernachlässigen. Der Wortbestandteil Biker sei aufgrund seines beschreibenden Charakters im Hinblick auf Waren für Motorradfahrer ebenfalls zu vernachlässigen.

17. Da dieses Wort mit Motorradfahrern in Verbindung gebracht werde, nehme der Durchschnittsverbraucher die unter der Marke Biker Miles vertriebenen Bekleidungsstücke als zu einem der von der Klägerin hergestellten Bekleidungssortimente gehörend wahr, das besonders für Motorradfahrer bestimmt sei. Entsprechend würden Zusätze von Begriffen wie Beach oder Ski nicht als Hinweis auf die Herkunft der Bekleidungsstücke, sondern allein als Hinweis auf unterschiedliche Kategorien von Bekleidung, nämlich auf Strand- oder Skibekleidung, die von demselben Unternehmen stammten, verstanden.

18. Hinsichtlich des begrifflichen Vergleichs zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen rügt die Klägerin die Annahme der Beschwerdekammer, dass sich die angemeldete Marke von der Widerspruchsmarke durch ihre Anspielung auf Motorradfahrer unterscheide. Diese Anspielung sei ein Hinweis auf den angesprochenen Verbraucher und könne somit in keiner Weise zu dem von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Eindruck beitragen. In dieser Hinsicht ergebe sich aus dem Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002 in der Rechtssache T-104/01 (Oberhauser/HABM - Petit Liberto [Fifties], Slg. 2002, II-4359, Randnr. 45 ff.), dass die beschreibenden Bestandteile bei der Beurteilung des von der Marke hervorgerufenen Eindrucks zu vernachlässigen seien.

19. Somit seien die einander gegenüberstehenden Zeichen, die durch einen gemeinsamen dominierenden Bestandteil gekennzeichnet würden, in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht ähnlich. Angesichts der Identität der fraglichen Waren und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen sei der Beschwerdekammer ein Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie angenommen habe, dass zwischen den beiden Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe.

20. Die Streithelferin trägt vor, dass die Beschwerdekammer wegen der Schutzwirkung von Motorradbekleidung bei einem Unfall zutreffend von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des maßgeblichen Publikums ausgegangen sei. Sie stützt gleichfalls die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer hinsichtlich der Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen.

21. Für nicht richtig hält die Streithelferin hingegen die von beiden Stellen des HABM vorgenommene Schlussfolgerung hinsichtlich der Identität der fraglichen Waren. Die Motorradbekleidung unterscheide sich aufgrund ihrer Funktionalität, ihres Materials, ihrer Verarbeitung und ihrer Form von allgemeiner Sportbekleidung und noch mehr von anderen Bekleidungsstücken, die von der Klägerin vertrieben würden. Zwischen den fraglichen Waren bestehe somit nur eine geringe Ähnlichkeit.

22. Da keine Zeichenidentität und keine Warenidentität bestehe, sei eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall ausgeschlossen.

Würdigung durch das Gericht

23. Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 ist eine Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt.

24. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

25. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr umfassend zu beurteilen, und zwar entsprechend der Wahrnehmung des angesprochenen Verbrauchers und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-162/01, Laboratorios RTB/HABM - Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], Slg. 2003, II-2821, Randnrn. 30 bis 33 und die zitierte Rechtsprechung).

26. Da es sich im vorliegenden Fall bei der älteren Marke um eine Gemeinschaftsmarke handelt, setzt sich das maßgebliche Publikum zum Zweck der Beurteilung der Verwechslungsgefahr aus den Durchschnittsverbrauchern der Europäischen Union zusammen.

27. Was den Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verbraucher angeht, so kann nach der Rechtsprechung die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein (Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I3819, Randnr. 26).

28. Im vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass die Streithelferin ihre Anmeldung innerhalb der zur Klasse 25 gehörenden Waren auf bestimmte Ausrüstungs- und Bekleidungsstücke beschränkt hat (siehe oben, Randnr. 3). Aus deren Aufzählung geht jedoch nicht hervor, dass die für die Klasse 25 beanspruchten Waren eine besondere Beschaffenheit hätten, wie einen erhöhten technologischen oder schützenden Charakter.

29. Folglich ist die Beschwerdekammer zu Unrecht zu dem Schluss gelangt, dass die angesprochenen Verbraucher den fraglichen Produkten einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad widmeten.

30. Sodann ist festzustellen, dass die Streithelferin die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer hinsichtlich der Identität der betreffenden Waren bestreitet.

31. Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der fraglichen Waren oder Dienstleistungen alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen, unter Einschluss insbesondere ihrer Art, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung sowie ihres Charakter als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Januar 2003 in der Rechtssache T-99/01, Mystery Drinks/HABM - Karlsberg Brauerei [MYSTERY], Slg. 2003, II-43, Randnr. 39 und die zitierte Rechtsprechung).

32. Zudem sind, wenn die von der älteren Marke erfassten Waren die von der Markenanmeldung erfassten Waren einschließen, diese Waren als identisch anzusehen (vgl. oben erwähnte Urteile Fifties, Randnrn. 32 und 33, und HUBERT, Randnrn. 43 und 44).

33. Im vorliegenden Fall ist, woran die Beschwerdekammer zu Recht erinnert (Randnr. 17 der angefochtenen Entscheidung), aufgrund der Tatsache, dass die ältere Marke nicht der Benutzungspflicht nach Artikel 43 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 unterliegt, der Vergleich zwischen den betreffenden Waren ausschließlich auf der Grundlage ihrer Bezeichnung, so wie sie aus der Eintragung hervorgeht, vorzunehmen.

34. Das Vorbringen der Streithelferin, dass die fraglichen Produkte nicht identisch seien, ist daher so zu verstehen, dass die zur Klasse 25 des Abkommens von Nizza gehörenden Bekleidungsstücke, einschließlich [der] Sportbekleidungsstücke, die von der älteren Marke erfasst werden, nicht die Ausrüstung und Kleidungsstücke für Zweiradfahrer derselben Klasse umfassen, die in der Anmeldung beansprucht werden.

35. Zwar haben alle Kleidungsstücke im Allgemeinen gemeinsame Funktionen; manche Arten von Kleidungsstücken können aber dazu bestimmt sein, eine spezifische Funktion zu erfüllen, wie den Schutz des Körpers bei einer gefährlichen Tätigkeit. Soweit die besondere Funktion dieser Kleidungsstücke durch deren weitere Merkmale verstärkt wird, die mit ihrer Beschaffenheit, ihrer Bestimmung und ihrer Verwendung verbunden sind, kann angenommen werden, dass es sich um eine Art von Waren handelt, die sich von Kleidungsstücken im Allgemeinen unterscheidet.

36. Im vorliegenden Fall lässt sich jedoch aus der Bezeichnung der Waren in dem Antrag auf Eintragung nicht ableiten, dass die von der Anmeldung erfassten Waren außer ihrer Funktion Merkmale aufweisen, die dazu angetan sind, sie von Bekleidungsstücken im Allgemeinen zu unterscheiden.

37. Folglich ist der Feststellung der Beschwerdekammer, dass die fraglichen Waren identisch sind, zuzustimmen. Denn die in der Klasse 25 beanspruchten Waren sind in der Warengruppe enthalten, die von der älteren Marke erfasst wird.

38. Was den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen betrifft, so ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in der Rechtssache C251/95, Sabèl, Slg. 1997, I6191, Randnr. 23).

39. Zudem können eine zusammengesetzte Marke und eine andere Marke, die mit einem der Bestandteile der zusammengesetzten Marke identisch ist, nur dann als ähnlich angesehen werden, wenn dieser Bestandteil das dominierende Element in dem von der zusammengesetzten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck ist. Das ist dann der Fall, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das das angesprochene Publikum im Gedächtnis behält, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM - Hukla Germany [MATRATZEN], Slg. 2002, II-4335, Randnr. 33).

40. Eine solche Beurteilung bedeutet nicht, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Das schließt jedoch nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter oder mehrere bestimmte Bestandteile einer zusammengesetzten Marke dominierend sind, sind die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile insbesondere in der Weise zu berücksichtigen, dass sie mit den Eigenschaften der anderen Bestandteile verglichen werden (Urteil MATRATZEN, Randnrn. 34 und 35).

41. Im vorliegenden Fall setzt sich die Marke aus zwei Wörtern in Fettschrift, Biker und Miles, sowie Bildbestandteilen, darunter insbesondere die Abbildung einer von einem Kreis eingerahmten Straße, zusammen.

42. Hinsichtlich der Bildbestandteile der angemeldeten Marke ist zunächst darauf hinzuweisen, wie es die Beschwerdekammer zutreffend in Randnummer 20 der angefochtenen Entscheidung getan hat, dass diesen in optischer Hinsicht nicht der gleiche Rang zukommt wie den Wortbestandteilen. Zudem stellt die von einem Kreis eingerahmte Straße - abgesehen davon, dass sie für Waren, die für den Straßenverkehr bestimmt sind, wenig unterscheidungskräftig ist - kein Differenzierungsmerkmal hinsichtlich der durch den Begriff Miles hervorgerufenen Vorstellung dar, einen Begriff, der zumindest vom englischsprachigen Teil des maßgeblichen Publikums als Maßeinheit für die Entfernung verstanden werden kann.

43. Was sodann die Wortbestandteile angeht, so vertritt die Klägerin, zutreffend und ohne dass ihr die Streithelferin widersprochen hätte, die Ansicht, dass das Wort Biker in Bezug auf Waren für Motorradfahrer beschreibend sei, während das Wort Miles keinen beschreibenden Charakter habe.

44. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Publikum einen beschreibenden Bestandteil einer komplexen Marke im Allgemeinen nicht als unterscheidungskräftiges und dominierendes Merkmal des Gesamteindrucks dieser Marke ansehen wird (Urteile des Gerichts vom 3. Juli 2003 in der Rechtssache T-129/01, José Alejandro/HABM - Anheuser-Busch [BUDMEN], Slg. 2003, II-2251, Randnr. 53, und vom 6. Oktober 2004 in den verbundenen Rechtssachen T-117/03 bis T-119/03 und T-171/03, New Look/HABM - Naulover [NLSPORT, NLJEANS, NLACTIVE und NLCollection], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34).

45. Somit ist im vorliegenden Fall der Wortbestandteil Miles, der mit der älteren Marke identisch ist, als das dominierende Element der angemeldeten Marke anzusehen.

46. Hieraus ergibt sich, dass die Beschwerdekammer in Randnummer 21 der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die anderen Bestandteile der angemeldeten Marke, nämlich die grafische Gestaltung und der Wortbestandteil Biker, für den von dieser hervorgerufenen Gesamteindruck von Bedeutung seien.

47. Allerdings ist die Gesamtheit der Wortbestandteile einer zusammengesetzten Marke unter bestimmten Umständen getrennt von jedem ihrer einzeln betrachteten Bestandteile zu beurteilen, insbesondere wenn diese Gesamtheit eine gedankliche Einheit schafft, die einen Bedeutungsgehalt besitzt, der sich von dem ihrer Bestandteile unterscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil HUBERT, Randnrn. 57 bis 59). Das ist auch der Fall, wenn ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke für die in Frage stehenden Waren nicht nur nicht beschreibend ist, sondern auch einen wesentlichen Bedeutungsgehalt hat, der zu dem des anderen - den einander gegenüberstehenden Zeichen gemeinsamen - Bestandteils hinzutritt, und dadurch ein der Bedeutung nach verschiedenes Ganzes bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil GIORGIO BEVERLY HILLS, Randnr. 49, und Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-156/01, Laboratorios RTB/HABM - Giorgio Beverly Hills [GIORGIO AIRE], Slg. 2003, II-2789, Randnr. 80).

48. Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Zum einen weisen die Vorstellungen, die durch das Wort Miles und die Wortverbindung Biker Miles hervorgerufen werden, starke Ähnlichkeiten auf, da die Hinzufügung des Begriffes Biker weder die Bedeutung des Begriffes Miles ändert, noch mit diesem eine Einheit bildet, die sich ihrem Bedeutungsgehalt nach von ihren Bestandteilen unterscheidet. Im Zusammenhang mit Waren, die für Motorradfahrer bestimmt sind, hat der Hinweis auf Letztere einen beschreibenden Inhalt und ist nicht geeignet, die durch das Zeichen bezeichnete Bedeutung zu differenzieren. Folglich kommt dem Wortbestandteil Biker, auch wenn er eine gewisse Modifizierung hinzufügt, in begrifflicher Hinsicht kein besonderes Gewicht zu.

49. Was schließlich die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr betrifft, so ist daran zu erinnern, dass in der Bekleidungsbranche ein und dieselbe Marke je nach Art der mit ihr gekennzeichneten Waren häufig verschiedene Gestaltungen aufweist und ein Hersteller Untermarken zur Kennzeichnung seiner verschiedenen Produktserien verwendet. Es ist deshalb denkbar, dass der betreffende Verbraucher die mit den einander gegenüberstehenden Zeichen gekennzeichneten Bekleidungsstücke zwar zwei verschiedenen Produktserien, aber demselben Hersteller zuordnet (Urteile Fifties, Randnr. 49, BUDMEN, Randnr. 57, und NLSPORT, NLJEANS, NLACTIVE und NLCollection, Randnr. 51).

50. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer dieses Argument stillschweigend verworfen, als sie annahm, dass der angesprochene Verbraucher, der schon ein Motorrad der Marke Biker Miles besitze oder auf der Suche nach einem Motorrad diese Marke kennen gelernt haben könne, vielleicht keine Miles-Handschuhe kaufen wolle, sondern Biker Miles-Artikel, die mit seinem Motorrad und seiner übrigen Ausrüstung übereinstimmten.

51. Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Denn wenn sich die einander gegenüberstehenden Zeichen, denen das dominierende Element gemeinsam ist, auf identische Waren beziehen, nimmt sie der angesprochene Verbraucher möglicherweise als zu zwei verschiedenen Bekleidungsserien desselben Herstellers gehörend wahr.

52. Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen hat, dass der betreffende Verbraucher einen erhöhten Aufmerksamkeitsgrad zeige und die streitigen Zeichen aus seiner Sicht nicht ähnlich seien, da ihr gemeinsamer Wortbestandteil Miles nicht das dominierende Element darstelle.

53. Demnach ist angesichts der Identität zwischen den fraglichen Waren und der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen festzustellen, dass die Beschwerdekammer dadurch gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat, dass sie davon ausgegangen ist, dass zwischen den streitigen Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe.

54. Die angefochtene Entscheidung ist folglich aufzuheben.

Kosten

55. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Beklagte unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag der Klägerin deren Kosten aufzuerlegen. Da die Klägerin nicht beantragt hat, der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen, ist die Streithelferin zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 9. September 2003 (Sache R 174/2002-2) wird aufgehoben.

2. Das HABM trägt die Kosten der Klägerin.

3. Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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