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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 12.12.2002
Aktenzeichen: T-39/01
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94, Verordnung (EG) Nr. 2868/95


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 43 Abs. 2
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 43 Abs. 3
Verordnung (EG) Nr. 2868/95 Regel 22
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die ernsthafte Benutzung einer älteren Gemeinschaftsmarke im Sinne von Artikel 43 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke setzt eine wirkliche Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt zur Identifizierung von Waren oder Dienstleistungen voraus. Eine ernsthafte Benutzung bildet einen Gegensatz zu einer nur geringfügigen Benutzung, die nicht für die Annahme genügt, dass eine Marke auf einem bestimmten Markt wirklich und tatsächlich benutzt wurde. Selbst wenn der Inhaber die Absicht hat, seine Marke wirklich zu benutzen, liegt dennoch keine ernsthafte Benutzung der Marke vor, solange diese objektiv nicht tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild des Zeichens benutzt wird und die Verbraucher sie deshalb auch nicht als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen können.

Die ernsthafte Benutzung einer Marke bildet damit nicht nur einen Gegensatz zur künstlichen, der Aufrechterhaltung der Eintragung dienenden Benutzung; sie setzt auch voraus, dass die Marke in einem wesentlichen Teil ihres Schutzgebiets in der Weise präsent ist, dass sie insbesondere ihre wesentliche Funktion erfuellt, auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, damit der Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt oder in Anspruch nimmt, bei einem späteren Erwerb oder einer späteren Inanspruchnahme, wenn die Erfahrung positiv war, die gleiche Wahl oder, wenn sie negativ war, eine andere Wahl treffen kann.

( vgl. Randnrn. 36-37 )

2. Für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung einer Gemeinschaftsmarke im Sinne von Artikel 43 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind angesichts des Wortlauts der Regel 22 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94, wonach sich die für den Benutzungsnachweis bestimmten Angaben und Beweismittel auf den Ort, die Zeit, den Umfang und die Art der Benutzung beziehen müssen, alle Gegebenheiten und Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die ernsthafte Benutzung einer Marke lässt sich jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern sie muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen.

( vgl. Randnrn. 38, 47 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 12. Dezember 2002. - Kabushiki Kaisha Fernandes gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Widerspruchsverfahren - Ältere Wortmarke HIWATT - Anmeldung des Wortzeichens HIWATT als Gemeinschaftsmarke - Nachweis derernsthaften Benutzung der älteren Marke - Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 und Regel 22 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95. - Rechtssache T-39/01.

Parteien:

In der Rechtssache T-39/01

Kabushiki Kaisha Fernandes mit Sitz in Tokyo (Japan), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Hacon, N. Phillips und I. Wood,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch S. Laitinen als Bevollmächtigte,

eklagter,

Streithelfer im Verfahren vor dem Gericht:

Richard John Harrison, wohnhaft in Doncaster, South Yorkshire (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Barrister M. Edenborough und Solicitor S. Pilling,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Moedelle) vom 4. Dezember 2000 (Sache R 116/2000-1)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras, der Richterin V. Tiili und des Richters P. Mengozzi,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat

aufgrund der am 20. Februar 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 15. Juni 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung bestimmt:

(2) Auf Verlangen des Anmelders hat der Inhaber einer älteren Gemeinschaftsmarke, der Widerspruch erhoben hat, den Nachweis zu erbringen, dass er innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke die ältere Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die er sich zur Begründung seines Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat, oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zu diesem Zeitpunkt die ältere Gemeinschaftsmarke seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, so wird der Widerspruch zurückgewiesen. Ist die ältere Gemeinschaftsmarke nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, benutzt worden, so gilt sie zum Zwecke der Prüfung des Widerspruchs nur für diese Waren oder Dienstleistungen als eingetragen.

(3) Absatz 2 ist auf ältere nationale Marken... mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle der Benutzung in der Gemeinschaft die Benutzung in dem Mitgliedstaat tritt, in dem die ältere Marke geschützt ist."

2 In Regel 22 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) heißt es:

(1) Hat der Widersprechende gemäß Artikel 43 Absatz 2 oder 3 der Verordnung den Nachweis der Benutzung... zu erbringen, so fordert das Amt ihn auf, die angeforderten Beweismittel innerhalb einer vom Amt festgesetzten Frist vorzulegen. Legt der Widersprechende diese Beweismittel nicht fristgemäß vor, so weist das Amt den Widerspruch zurück.

(2) Die Angaben und Beweismittel, die zum Nachweis der Benutzung vorgelegt werden, bestehen gemäß Absatz 3 aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf denen der Widerspruch beruht, sowie aus Beweisen für diese Angaben.

(3) Die Beweismittel beschränken sich nach Möglichkeit auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken, wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Kataloge, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe f) der Verordnung genannten schriftlichen Erklärungen.

(4) Werden die gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 vorgelegten Beweismittel nicht in der Sprache des Widerspruchsverfahrens vorgelegt, so kann das Amt den Widersprechenden auffordern, eine Übersetzung dieser Beweismittel in dieser Sprache innerhalb einer vom Amt festgesetzten Frist vorzulegen."

Sachverhalt

3 Am 29. Oktober 1996 meldete Richard John Harrison gemäß der Verordnung Nr. 40/94 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

4 Dabei handelte es sich um das Wortzeichen HIWATT.

5 Es wurde für die Waren Tonverstärker und Lautsprecherboxen; elektrische Soundeffektgeräte; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren" in Klasse 9 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

6 Die Anmeldung wurde am 16. März 1998 im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 18/98 veröffentlicht.

7 Am 27. April 1998 legte die Klägerin gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung Widerspruch ein. Die älteren Marken, auf die der Widerspruch gestützt wurde, sind die Eintragungen der Wortmarke HIWATT in Deutschland (Nr. 1129761), Frankreich (Nr. 1674997) und Italien (Nr. 18651 C/89) für Waren der Klasse 9 des Abkommens von Nizza und die notorisch bekannten Marken HIWATT in diesen drei Ländern. Die ältere deutsche Marke Nr. 1129761 ist für folgende Waren der Klasse 9 des Abkommens von Nizza eingetragen: elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Lautsprecher, Verstärker, Mikrofone". Der Widerspruch wurde auf Artikel 8 Absätze 1 Buchstabe b und 5 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt.

8 Auf Antrag des Anmelders der Gemeinschaftsmarke wurde die Klägerin aufgefordert, die ernsthafte Benutzung der älteren Marken im Sinne von Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 22 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2868/95 nachzuweisen.

9 Innerhalb der ihr hierfür vom Amt gesetzten Frist legte die Klägerin verschiedene Schriftstücke vor, nämlich eine Rechnung vom 2. Dezember 1998, die sich auf die Versendung von HIWATT"-Waren von Korea nach Italien bezieht, Auszüge aus dem englischsprachigen Gesamtkatalog von Fernandes Guitars", in denen ein HIWATT"-Verstärker angeboten und eine Anschrift in Japan genannt wird, verschiedene Auszüge aus einer Broschüre der Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt am Main von 1999 und 2000, das Deckblatt und Innenseiten des offiziellen Katalogs der Musikmesse/ProLight & Sound von 1997, in dem die Klägerin und das Unternehmen HIWATT Amplification International als Aussteller auf dieser Messe aufgeführt sind, und ein englischsprachiger HIWATT"-Katalog von 1997, in dem HIWATT"-Verstärker angeboten und eine Anschrift in den Vereinigten Staaten von Amerika angegeben werden.

10 Mit Entscheidung vom 23. November 1999 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch nach Artikel 43 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 mit der Begründung zurück, es sei weder das Bestehen notorisch bekannter Marken noch eine ernsthafte Benutzung der eingetragenen Marken nachgewiesen worden.

11 Gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung erhob die Klägerin am 19. Januar 2000 nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 bei den Beschwerdekammern des Amtes eine Beschwerde.

12 Mit Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer vom 4. Dezember 2000, der Klägerin zugestellt am 14. Dezember 2000 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

13 Die Beschwerdekammer hielt die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel für ungenügend, um eine ernsthafte Benutzung der älteren Marken HIWATT in Frankreich, Deutschland oder Italien zu belegen.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

14 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem Amt aufzugeben, die Anmeldung zurückzuweisen;

- dem Amt die Kosten aufzuerlegen.

15 Das Amt beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

16 Der Streithelfer beantragt,

- die Entscheidungen des Amtes zu bestätigen;

- dem Amt aufzugeben, das Eintragungsverfahren fortzusetzen;

- über die Kosten zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

Zu den von der Klägerin und dem Streithelfer gestellten Anträgen, dem Amt bestimmte Handlungen aufzugeben

17 Mit ihrem zweiten Antrag begehrt die Klägerin, dem Amt die Zurückweisung der Anmeldung aufzugeben. Der Streithelfer begehrt mit seinem zweiten Antrag, dem Amt die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens aufzugeben.

18 Nach Artikel 63 Absatz 6 der Verordnung Nr. 40/94 hat das Amt die sich aus dem Urteil des Gemeinschaftsrichters ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Daher kann das Gericht dem Amt keine Anweisung erteilen, sondern es obliegt dem Amt, die Konsequenzen aus dem Tenor und den Gründen des vorliegenden Urteils zu ziehen. Der zweite Antrag der Klägerin und der zweite Antrag des Streithelfers sind somit unzulässig (Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T-331/99, Mitsubishi HiTec Paper Bielefeld/HABM [Giroform], Slg. 2001, II-433, Randnr. 33, und vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-34/00, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], Slg. 2002, II-683, Randnr. 12).

Zum Aufhebungsantrag

19 Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie die angefochtene Entscheidung nur rüge, soweit darin eine ernsthafte Benutzung der älteren deutschen Marke HIWATT (Nr. 1129761) nicht anerkannt werde. Als einzigen Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

20 Die Klägerin trägt vor, dass die Beschwerdekammer den Begriff der ernsthaften Benutzung einer Marke (in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung) zwar fehlerfrei definiert habe, aber diese Definition im vorliegenden Fall nicht richtig angewandt habe.

21 In Randnummer 27 der angefochtenen Entscheidung habe die Beschwerdekammer eine Berücksichtigung des Katalogs von HIWATT"-Verstärkern, den sie von 1993 bis 1997 auf den Frankfurter Messen verwendet habe, mit der überraschenden Begründung abgelehnt, dass der Katalog in Englisch abgefasst sei. Die Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt, auf der die Kataloge verteilt worden seien, sei eine internationale Messe, und es erscheine nur folgerichtig, dass die meisten, wenn nicht alle Aussteller ihre Kataloge in Englisch anböten. Dass der Name der Musikmesse/ProLight & Sound auf den Katalogen nicht abgedruckt sei, könne ebenfalls nicht erstaunen, denn es gebe keine Verpflichtung, Prospekte mit dem Namen der Messe zu versehen, auf der sie verteilt würden.

22 Folglich habe die Beschwerdekammer zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass die normale Benutzung der Kataloge auf den Frankfurter Messen von 1993 bis 1997 durch die Widersprechende mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke für den Vertrieb der Verstärker belege.

23 Den vorgelegten Beweismitteln lasse sich klar entnehmen, dass das Unternehmen HIWATT Amplification International auf der Frankfurter Messe im Jahr 1997 einen eigenen Stand gehabt habe und dass es mit der Klägerin eng verbunden sei; beide Unternehmen hätten dieselbe Anschrift und Telefax-Nummer. Es sei mehr als wahrscheinlich, dass das Unternehmen HIWATT Amplification International die Marke HIWATT auf dieser gewerblichen Messe für Verstärker benutzt habe, und zwar mit Zustimmung der Klägerin. Es wäre verwunderlich, nähme man an, dass es sich um eine künstliche Benutzung der Marke gehandelt habe, die nur dazu gedient habe, die Eintragung der Marke aufrechtzuerhalten.

24 Es wäre die Pflicht der Beschwerdekammer gewesen, sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die die ernsthafte Benutzung der deutschen Marke HIWATT in den letzten fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Anmeldung belegten.

25 Das Amt hebt hervor, dass eine bloß fiktive Benutzung, also eine Benutzung, die allein der Aufrechterhaltung der Rechte aus der Marke diene, die Voraussetzung einer ernsthaften Benutzung der Marke nicht erfuelle. Ob eine ernsthafte Benutzung vorliege, hänge von der Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls ab. Der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der älteren Marke sei erbracht, wenn belegt werde, dass auf der Grundlage aller dafür eingereichten Unterlagen die Voraussetzungen nach Regel 22 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2868/95 erfuellt seien.

26 Zu den von der Klägerin eingereichten Unterlagen sei erstens darauf hinzuweisen, dass der HIWATT"-Katalog von 1997 zwar die Art der Benutzung dokumentiere, aber nicht die übrigen in Regel 22 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2868/95 niedergelegten Kriterien, insbesondere hinsichtlich der Dauer, des Ortes und des Umfangs der Benutzung, erfuelle. Dass der Katalog in Englisch abgefasst sei, habe auf die Entscheidung, den Widerspruch zurückzuweisen, nur minimalen Einfluss gehabt.

27 Zweitens lasse sich dem Katalog der Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt im Jahr 1997 nur entnehmen, dass die Klägerin und die HIWATT Amplification International auf der Messe vertreten gewesen seien. Dagegen ergebe sich aus dem Katalog nichts hinsichtlich der dort ausgestellten Erzeugnisse, der für sie verwendeten Marke sowie der Dauer oder des Umfangs der Benutzung.

28 Es sei nicht Sache des Amtes, zu ermitteln, ob die ernsthafte Benutzung einer Marke wahrscheinlich sei, sondern es habe zu prüfen, ob der Nachweis der Benutzung erbracht sei. Hätte die Klägerin ihre Marke in Deutschland ernsthaft benutzt, so wäre sie durch nichts daran gehindert gewesen, dem Amt noch weitere Unterlagen als die über ihre Präsenz auf der Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt zu übermitteln.

29 Die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel seien deshalb nicht geeignet, die Benutzung der deutschen Marke HIWATT nachzuweisen. Die angefochtene Entscheidung sei damit nach ihrer Begründung und ihrem Tenor fehlerfrei.

30 Der Streithelfer hebt hervor, dass ernsthafte Benutzung mehr bedeute als nur eine symbolische Benutzung. Die Widerspruchsabteilung und die Beschwerdekammer seien hier zu dem nach der Sachlage zwingenden Schluss gelangt, dass die Klägerin die Benutzung der älteren Marke nicht nachgewiesen habe.

31 Die Klägerin habe keine Nachweise dafür vorgelegt, dass die Marke HIWATT auf Erzeugnissen, für die sie in Deutschland geschützt sei, tatsächlich angebracht worden sei; sie habe keine einzige Rechnung eines in Deutschland verkauften Erzeugnisses vorgelegt. Damit habe die Klägerin keines der Beweismittel vorgelegt, die man für den Nachweis einer ernsthaften Benutzung normalerweise erwarte.

32 Was den Katalog für HIWATT"-Verstärker angehe, so sei das Fehlen jedes Stempels der Musikmesse/ProLight & Sound auf den Katalogen ein Anhaltspunkt dafür, dass sie auf dieser Messe in Wirklichkeit nicht verteilt worden seien.

33 Der zufällige Umstand, dass die Klägerin und die HIWATT Amplification International dieselbe Anschrift und dieselbe Telefax-Nummer hätten, könne keinesfalls beweisen, dass das letztgenannte Unternehmen die fragliche Marke mit Zustimmung der Klägerin verwendet habe oder dass beide Unternehmen miteinander verbunden seien. Jedenfalls sei für eine Benutzung der älteren Marke durch die HIWATT Amplification International keinerlei Nachweis eingereicht worden.

Würdigung durch das Gericht

34 Nach der neunten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 ist der Schutz älterer Marken nur berechtigt, soweit diese Marken tatsächlich benutzt werden. Im Einklang mit dieser Begründungserwägung sieht Artikel 43 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 vor, dass der Anmelder einer Gemeinschaftsmarke den Nachweis verlangen kann, dass die ältere Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegen die Widerspruch erhoben wurde, in ihrem Schutzgebiet ernsthaft benutzt wurde. Weist der Widersprechende nicht nach, dass die ältere Marke auf dem betreffenden Markt tatsächlich benutzt wurde, so kann mit dieser Marke die Zurückweisung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung nicht gerechtfertigt werden.

35 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 40/94 keine Definition des Begriffes der ernsthaften Benutzung einer Marke enthält. Die Beschwerdekammer hat in Randnummer 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass zwischen ernsthafter Benutzung und fiktiver Benutzung zu unterscheiden sei. Ernsthafte Benutzung bedeute die wirkliche Benutzung der Marke für den Vertrieb der fraglichen Erzeugnisse oder Dienstleistungen im Gegensatz zu einer künstlichen Benutzung, die ausschließlich darauf abziele, die Eintragung der Marke im Register aufrechtzuerhalten.

36 Dazu ist zunächst festzustellen, dass ernsthafte Benutzung eine wirkliche Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt zur Identifizierung von Waren oder Dienstleistungen voraussetzt. Eine ernsthafte Benutzung bildet einen Gegensatz zu einer nur geringfügigen Benutzung, die nicht für die Annahme genügt, dass eine Marke auf einem bestimmten Markt wirklich und tatsächlich benutzt wurde. Selbst wenn der Inhaber die Absicht hat, seine Marke wirklich zu benutzen, liegt dennoch keine ernsthafte Benutzung der Marke vor, solange diese objektiv nicht tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild des Zeichens benutzt wird und die Verbraucher sie deshalb auch nicht als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrnehmen können.

37 Die ernsthafte Benutzung einer Marke bildet damit nicht nur einen Gegensatz zur künstlichen, der Aufrechterhaltung der Eintragung dienenden Benutzung; sie setzt auch voraus, dass die Marke in einem wesentlichen Teil ihres Schutzgebiets in der Weise präsent ist, dass sie insbesondere ihre wesentliche Funktion erfuellt, auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, damit der Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt oder in Anspruch nimmt, bei einem späteren Erwerb oder einer späteren Inanspruchnahme, wenn die Erfahrung positiv war, die gleiche Wahl oder, wenn sie negativ war, eine andere Wahl treffen kann (Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-79/00, Rewe-Zentral/HABM [LITE], Slg. 2002, II-705, Randnr. 26).

38 Was die für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung maßgebenden Kriterien anbelangt, so sind hierfür angesichts des Wortlauts der Regel 22 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2868/95, wonach sich die für den Benutzungsnachweis bestimmten Angaben und Beweismittel auf den Ort, die Zeit, den Umfang und die Art der Benutzung beziehen müssen, alle Gegebenheiten und Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

39 Zu prüfen ist, ob die Klägerin gegenüber dem Amt den Nachweis erbracht hat, dass sie die Marke HIWATT innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung, also zwischen dem 16. März 1993 und dem 16. März 1998, für die Identifizierung der von der deutschen Eintragung Nr. 1129761 erfassten Waren (elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente [soweit in Klasse 9 enthalten]; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Lautsprecher, Verstärker, Mikrofone) in Deutschland ernsthaft benutzt hat.

40 Was die von der Klägerin als Benutzungsnachweise eingereichten Unterlagen betrifft, so hat sie sich in ihren Schriftsätzen ausdrücklich nur auf den Katalog der HIWATT"-Erzeugnisse von 1997 und auf die Dokumente zur Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt bezogen.

41 Was den HIWATT"-Katalog angeht, so enthält er nicht alle erforderlichen Angaben, um eine Benutzung der älteren Marke nachzuweisen. Denn es handelt sich dabei um einen in Englisch abgefassten Prospekt für HIWATT"-Verstärker aus dem Jahr 1997, dem zufolge diese Erzeugnisse in den Vereinigten Staaten von Amerika hergestellt werden (Made in USA") und in dem eine Anschrift in den Vereinigten Staaten angegeben ist. Dagegen enthält der Katalog keinerlei Angabe, die den Vertrieb der Erzeugnisse auf dem deutschen Markt belegen könnte. Die Klägerin trägt zwar vor, dass sie diese Kataloge auf der Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt von 1993 bis 1997 verteilt habe, sie hat aber dafür keinen Beweis vorgelegt.

42 Der fragliche Katalog beweist nur, dass es Verstärker mit der Marke HIWATT gibt. Er erbringt aber keinerlei Beweis dafür, dass die Kataloge dem deutschen Publikum zugänglich gemacht oder dass die fraglichen Verstärker in Deutschland vertrieben oder ausgestellt wurden.

43 Auch der offizielle Katalog der Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt im Jahr 1997, den die Klägerin zum Nachweis der Teilnahme des Unternehmens HIWATT Amplification International an dieser Messe vorgelegt hat, enthält keinen Nachweis dafür, dass die HIWATT"-Erzeugnisse auf dieser Messe tatsächlich ausgestellt oder zum Verkauf angeboten wurden. Dieser Katalog belegt allenfalls eine sporadische und gelegentliche Präsenz dieser Unternehmen auf dem deutschen Markt, keinesfalls aber ihr kontinuierliches Auftreten auf diesem Markt.

44 Da somit nicht nachgewiesen wurde, dass Waren der Marke HIWATT auf dieser Messe ausgestellt oder vertrieben wurden, ist der Umstand, dass die HIWATT Amplification International die deutsche Marke HIWATT der Klägerin mit deren stillschweigender oder ausdrücklicher Zustimmung benutzte, ohne Bedeutung. Ferner kann die Benutzung des Zeichens HIWATT als Unternehmensbezeichnung nicht als markenmäßige Benutzung des Zeichens zur Identifizierung der von der deutschen Eintragung erfassten Waren angesehen werden.

45 Die Teilnahme der Klägerin und der HIWATT Amplification International an der Musikmesse/ProLight & Sound in Frankfurt im Jahr 1997 kann damit nur als Anhaltspunkt für ihre mögliche Absicht gelten, auf dem deutschen Markt tätig zu werden, was aber eine stetige, stabile und tatsächliche Benutzung der Marke HIWATT durch die Klägerin, die als ernsthafte Benutzung dieser Marke angesehen werden könnte, nicht belegt.

46 Schließlich hat die Klägerin wiederholt behauptet, es sei mehr als wahrscheinlich, dass die ältere Marke entweder von ihr selbst oder von der HIWATT Amplification International mit Zustimmung der Klägerin ernsthaft benutzt worden sei. Nach Meinung der Klägerin wäre es verwunderlich, wenn angenommen würde, dass diese Benutzung der Marke künstlich und ausschließlich zur Aufrechterhaltung der Eintragung vorgenommen worden sei.

47 Die ernsthafte Benutzung einer Marke lässt sich jedoch nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern sie muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen.

48 Demnach ist festzustellen, dass die Unterlagen, die die Klägerin dem Amt zum Nachweis einer ernsthaften Benutzung der Marke HIWATT eingereicht hat, nicht die in Regel 22 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2868/95 vorgeschriebenen Angaben über den Ort, die Zeit, den Umfang und die Art der Benutzung der älteren Marke enthalten.

49 Da die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass ihre deutsche Marke HIWATT (Nr. 1129761) zwischen dem 16. März 1993 und dem 16. März 1998 für die von der Eintragung erfassten Waren auch nur in geringem Umfang in Deutschland benutzt wurde, ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Nachweis für die ernsthafte Benutzung dieser Marke nicht erbracht wurde.

50 Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

51 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Amtes dessen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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