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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: T-393/02
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in geänderter Fassung


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in geänderter Fassung Art. 7 Abs. 1 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 24. November 2004. - Henkel KGaA gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Dreidimensionale Marke - Form einer weißen und transparenten Flasche - Absolutes Eintragungshindernis - Unterscheidungskraft - Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94. - Rechtssache T-393/02.

Parteien:

In der Rechtssache T-393/02

Henkel KGaA mit Sitz Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Osterrieth, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch U. Pfleghar und G. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 3. Oktober 2002 (Sache R 313/2001-4) über die Anmeldung eines dreidimensionalen Zeichens in Form einer weißen und transparenten Flasche

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal sowie der Richterin V. Tiili und des Richters M. Vilaras,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund der am

27. Dezember 2002

bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am

24. April 2003

bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom

10. Juni 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Am 5. Mai 1999 meldete die Klägerin beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung eine Gemeinschaftsmarke an.

2. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes dreidimensionales Zeichen:

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3. Die im Anmeldeformular beanspruchten Farben sind transparent und weiß.

4. Die Marke wurde für folgende Waren in den Klassen 3 und 20 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

- Klasse 3: Seifen; Wasch- und Bleichmittel; Putz- und Poliermittel; Duftspüler; chemische Mittel zum Reinigen von Porzellan, Stein, Holz, Glas, Metallen und Kunststoffen;

- Klasse 20: Behälter aus Kunststoff für fluessige, gelartige und pastöse Mittel.

5. Mit Schreiben vom 28. September 2000 teilte der Prüfer der Klägerin mit, dass die Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 voraussichtlich nicht eingetragen werden könne. Eine auf dem Kopf stehende Flasche sei im Kosmetikbereich keineswegs ungewöhnlich.

6. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2000 bestritt die Klägerin das Fehlen von Unterscheidungskraft. Die Unterscheidungskraft ergebe sich aus dem Zusammenspiel von Form und Farbe.

7. Mit Entscheidung vom 23. März 2001 wies der Prüfer die Anmeldung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 zurück.

8. Am 28. März 2001 legte die Klägerin nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 gegen die Entscheidung des Prüfers beim Amt Beschwerde ein.

9. Mit Entscheidung vom 3. Oktober 2002 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des Amtes die Beschwerde zurück. Sie verneinte das Vorliegen einer der angemeldeten Marke innewohnenden Unterscheidungskraft im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94. Die Kammer vertrat im Wesentlichen die Ansicht, dass die angemeldete Marke aus der Form und der Farbe bestehe, die Behälter von Wasch- und Reinigungsmitteln im Allgemeinen hätten. Keines der Gestaltungselemente des angemeldeten Zeichens habe als solches Unterscheidungskraft. Es sei daher unwahrscheinlich, dass der Durchschnittsverbraucher, der der Form und der Farbe von Wasch- und Reinigungsmittelbehältern keine große Aufmerksamkeit schenke, diese Elemente als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrnehme.

Anträge der Parteien

10. Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem Amt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

11. Das Amt beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

12. Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend.

Vorbringen der Parteien

13. Die Klägerin wendet sich gegen die Auffassung der Beschwerdekammer, dass die Anmeldemarke keine Unterscheidungskraft habe. Konkrete Unterscheidungskraft komme einer Marke dann zu, wenn sie geeignet sei, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Unterscheidungskraft müsse gerade in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen festgestellt werden (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T163/98, Procter & Gamble/HABM, [BABYDRY], Slg. 1999, II2383, Randnr. 21).

14. Bei Waren, die dem Verbraucher in fluessigem Zustand angeboten würden, verfüge der Hersteller des Produkts bei der Gestaltung der Verpackung - hier eines flaschenförmigen Behältnisses - über einen großen Spielraum. Das sei dem Verbraucher bewusst, und ihm sei auch bekannt, dass Hersteller die Verpackungsgestaltung als Herkunftshinweis entwickelt hätten und einsetzten. Ein Beispiel dafür, dass insbesondere der Flaschenform ein Herkunftshinweis zukommen könne, sei die weltbekannte Coca-Cola-Flasche.

15. Was die angemeldete Form anbelange, so weise das Behältnis eine Vielzahl charakteristischer Besonderheiten auf, die es deutlich von anderen Behältnissen, die für gleichartige Waren verwendet würden, unterschieden. Bei der Marke handele es sich um eine besonders flach ausgebildete Flasche, die in der Vorderansicht an die geometrische Grundform eines Drachens (d. h. einer Grundform, bei der zwei Dreiecke unterschiedlicher Ausprägung über eine gemeinsame Basis verbunden seien) erinnere, wobei die untere und die obere Spitze abgeflacht seien. Das obere Dreieck - ohne die Abflachung - bilde ein annähernd gleichseitiges Dreieck, während das untere Dreieck ein spitzes Dreieck darstelle. Die Flasche besitze eine Verschlusskappe.

16. Diese Verschlusskappe aus nichttransparentem weißem Kunststoffmaterial bilde einen im Wesentlichen quaderförmigen Grundkörper, dessen Vorder- und Seitenkantenlängen ungefähr im Verhältnis 2:1 stuenden. Die Verschlusskappe, deren Höhe etwa 20 % der Gesamthöhe der Flasche ausmache, weise auf der vorderen und der hinteren Breitseite ein V-förmiges, nach vorn abstehendes Profil auf, das den Verlauf der Seitenkanten des Behälters aufnehme. Oberhalb der Verschlusskappe schließe sich der schmale Behälter aus transparentem, milchigem Kunststoffmaterial an. Er weise eine Abflachung in der oberen Spitze auf, wodurch eine rechteckige Fläche gebildet werde, und auf Vorder- und Rückseite nur leicht gewölbte Oberflächen. Seine maximale Tiefe entspreche im Wesentlichen der Länge der Seitenkanten der Verschlusskappe.

17. Das Behältnis setze bewusst einen Kontrast zum traditionellen Formenschatz für Behältnisse dieser Art. Es sei durch eine Vielzahl von Winkeln, Kanten und Oberflächen gekennzeichnet, die ihm den Charakter eines Kristalls gäben, was durch die milchig weiße Farbgebung noch verdeutlicht werde. Das Behältnis setze bewusst auf eine gewisse Schärfe und Aggressivität; damit solle sein beabsichtigter Verwendungszweck als Nachfuellpackung für einen WCReiniger unterstrichen werden. Anders als bei anderen Behältnissen sei der Verschluss in das Gesamterscheinungsbild integriert, wodurch die Verpackung einen monolithischen Eindruck hervorrufe. Schließlich zeichne sich das Behältnis gegenüber den bisher bekannten Formen dadurch aus, dass es besonders flach ausgestaltet sei.

18. Die Klägerin weist darauf hin, dass ihre Marke nach dem am 27. Juni 1989 in Madrid unterzeichneten Protokoll zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken als internationale Marke eingetragen worden sei. Elf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, nämlich das Königreich Belgien, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Finnland, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik und das Königreich Spanien, hätten die Eintragung nicht verweigert. In Dänemark habe zunächst eine Schutzrechtsverweigerung vorgelegen, jedoch habe das dänische Markenamt die Eintragung letztlich mit der Begründung zugelassen, dass es hinsichtlich dreidimensionaler Marken der Praxis des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt folge. Die Klägerin weist schließlich darauf hin, dass die Marke auch als nationale Marke in der Schweiz eingetragen worden sei.

19. Nach Auffassung des Amtes hat die Beschwerdekammer zu Recht angenommen, dass das fragliche dreidimensionale Zeichen keine Unterscheidungskraft habe.

20. Die Verpackung einer Ware könne nur dann eine Marke sein, wenn sie geeignet sei, beim Verbraucher herkunftsidentifizierende Vorstellungen auszulösen und über die Erinnerung dessen Kaufentscheidung zu beeinflussen, denn nur dann könne die Verpackung der Ware die Ursprungsidentität der Ware garantieren, d. h. die Gewähr geben, dass alle Waren und Dienstleistungen, die mit ihr versehen seien, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt worden seien (Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1998 in der Rechtssache C39/97, Canon, Slg. 1998, I5507, Randnr. 28).

21. Die Verpackung von Produkten, die nicht ohne Verpackung auf den Markt gelangen könnten, werde vom Verbraucher lediglich als eine das Produkt schützende Verpackung aufgefasst. Bei den hier betroffenen Massenartikeln bringe der Verbraucher die Form oder die Verpackung der Ware üblicherweise nicht mit ihrer Herkunft in Verbindung. Damit der Verbraucher die Verpackung der Ware selbst als herkunftskennzeichnend wahrnehmen könne, müsse sie so gestaltet sein, dass sie die Aufmerksamkeit des Verbrauchers errege, z. B. dadurch, dass sie sich aus vergleichbaren Verpackungen für die betreffenden Waren erkennbar hervorhebe. Das Amt verweist auf das Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2002 in der Rechtssache T88/00 (Mag Instrument/HABM [Form von Taschenlampen], Slg. 2002, S. II467, Randnr. 37), wonach davon auszugehen sei, dass der angesprochene Verbraucher, wenn er an den Anblick von Verpackungen gewöhnt sei, die der angemeldeten Verpackung entsprächen und eine große Designvielfalt aufwiesen, solche Formen als Varianten einer der gewöhnlichen Verpackungsformen der entsprechenden Ware auffasse und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis.

22. Es sei zu prüfen, welchen Eindruck die Verpackung bei dem angesprochenen Verbraucher hervorrufe. Dafür sei auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C210/96, Gut Springenheide und Tusky, Slg. 1998, S. I4657, Randnr. 31).

23. Die Beschwerdekammer habe die Wahrnehmung des Zeichens durch die Verbraucher fehlerfrei beurteilt. Es sei zwar zutreffend, dass sich der angemeldete Behälter durch einige Gestaltungsmerkmale, wie seine Form- und Farbgebung, auszeichne, die ihn von anderen auf dem Markt anzutreffenden Behältern für die gleiche Art von Produkten unterschieden. Doch habe dies für sich allein noch nicht zur Folge, dass der Behälter auch unterscheidungskräftig sei, d. h. vom Verbraucher als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen werde.

24. Was die angebliche Besonderheit der Farbgebung betreffe, so sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung gerade die Wahl einer weißen Verschlusskappe oder eines durchsichtigen Behälters im betroffenen Bereich weit verbreitet und damit branchenüblich. Die gewählte Farbgebung sei nicht als unüblich anzusehen. Die Wahl eines transparenten Behälters sei damit keine Farbwahl im eigentlichen Sinn. Vielmehr werde der Behälter gerade dadurch in den Hintergrund gedrängt, dass die Verbraucher die darin enthaltene Substanz und deren Farbe unmittelbar wahrnehmen könnten.

25. Zum Vorbringen der Klägerin, wonach sich die Formgebung des Behälters von der Form anderer Behälter für WCReiniger stark unterscheide, weist das Amt darauf hin, dass die Anmeldung der Klägerin verschiedene Waren der Klassen 3 und 20 betreffe. Die Liste sei sehr weit gefasst und enthalte auch Behälter für Zahnpasta, Kosmetikprodukte (wie z. B. Duschgels) oder Spülmittel, bei denen die genannte Form weit verbreitet sei. Dass die Klägerin beabsichtige, die angemeldete Form allein im Bereich der WCReiniger zu benutzen, ändere nichts daran, dass das Amt ihre Unterscheidungskraft im Hinblick auf sämtliche im Warenverzeichnis genannten Produkte zu prüfen habe.

26. Zwar wiesen möglicherweise viele der auf dem Markt anzutreffenden Behälter eine andere Form als die angemeldete auf. Dieser Umstand allein bedeute aber nicht, dass der angemeldete Behälter per se unterscheidungskräftig sei. Die gewählte Form müsse eine wie auch immer geartete Besonderheit aufweisen, die die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf sich ziehen könne, d. h. sich vom üblichen Formenschatz erkennbar unterscheiden. Die Tatsache, dass ein Behältnis für Wasch- und Reinigungsmittel auf dem Kopf stehen könne, stelle im Übrigen keine Besonderheit dar, die die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich ziehen könne. Vielmehr handele es sich um eine weit verbreitete Art der Präsentation, so z. B. bei Zahnpastatuben. Im vorliegenden Fall würden die Verbraucher bei der Einführung der gewählten Verpackungsform für Wasch- und Reinigungsmittel nicht davon ausgehen, dass es sich um einen betrieblichen Herkunftshinweis handele. Denn auch die Kombination der Merkmale des Behältnisses werde nicht dazu führen, dass die Verbraucher in der angemeldeten Form mehr als eine Verpackung sähen. Im Ergebnis sei daher für die Verbraucher ein betrieblicher Herkunftshinweis nicht erkennbar.

27. Der angemeldeten Marke fehle somit in jeder Hinsicht das für eine Eintragung erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

28. Zu den nationalen Voreintragungen stellt das Amt fest, es sei zwar durchaus wünschenswert, dass die Entscheidungspraxis der Mitgliedstaaten und die vom Amt befolgte Entscheidungspraxis übereinstimmten, jedoch seien weder die nationalen Behörden an Entscheidungen des Amtes gebunden noch umgekehrt. Voreintragungen stellten zwar zu berücksichtigende Umstände dar, entfalteten aber rechtlich keine Bindungswirkung (Urteil des Gerichts vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T331/99, Mitsubishi HiTec Paper Bielefeld/HABM [Giroform], Slg. 2001, II433, Randnr. 26).

Würdigung durch das Gericht

29. Nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 kann die Form oder die Aufmachung der Ware eine Gemeinschaftsmarke sein, soweit sie geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Weiterhin sind nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

30. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b insbesondere solche Marken erfasst, die aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise im geschäftlichen Verkehr gewöhnlich für die Präsentation der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet werden oder bei denen zumindest aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie in dieser Weise verwendet werden können (Urteile des Gerichts vom 20. November 2002 in den Rechtssache T79/01 und T86/01, Bosch/HABM [Kit Pro und Kit Super Pro], Slg. 2002, II4881, Randnr. 19, und vom 3. Dezember 2003 in der Rechtssache T305/02, Nestlé Waters France/HABM [Form einer Flasche], Slg. 2003, II0000, Randnr. 28). Die von dieser Bestimmung erfassten Zeichen sind im Übrigen ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfuellen, nämlich auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, um den Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, in die Lage zu versetzen, bei einem späteren Erwerb die gleiche Wahl zu treffen, wenn sich die Erfahrung als positiv erweist, oder sich anders zu entscheiden, wenn sie negativ war (Urteile des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T79/00, ReweZentral/HABM [LITE], Slg. 2002, II705, Randnr. 26, in der Rechtssache Kit Pro und Kit Super Pro, Randnr. 19, vom 30. April 2003 in den Rechtssachen T324/01 und T110/02, Axions und Belce/HABM [Form einer braunen Zigarre und Form eines Goldbarrens], Slg. 2003, II1897, Randnr. 29, und in der Rechtssache Form einer Flasche, Randnr. 28).

31. Was dreidimensionale Marken anbelangt, so ist es, je mehr sich die angemeldete Form der Form annähert, in der die betreffende Ware am wahrscheinlichsten in Erscheinung tritt, umso eher zu erwarten, dass dieser Form die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 fehlt. Eine Marke hingegen, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfuellt, besitzt auch Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (Urteile des Gerichtshofes vom 12. Februar 2004 in der Rechtssache C218/01, Henkel, Slg. 2004, I0000, Randnr. 49, und vom 29. April 2004 in den Rechtssachen C456/01 P und C457/01 P, Henkel/HABM, Slg. 2004, I0000, Randnr. 39).

32. Die Unterscheidungskraft einer Marke kann nur im Hinblick auf die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen und auf die Wahrnehmung der Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise beurteilt werden (Urteile LITE, Randnr. 27, und Kit Pro und Kit Super Pro, Randnr. 20).

33. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den für die Anmeldemarke beanspruchten Waren um gängige Konsumartikel handelt, die für alle Verbraucher bestimmt sind. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ist daher auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten und ausreichend aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I3819, Randnr. 26).

34. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass die Wahrnehmung von Marken durch die maßgeblichen Verkehrskreise vom Grad ihrer Aufmerksamkeit beeinflusst wird, der je nach Art der fraglichen Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich sein kann (vgl. analog Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnr. 26). Es ist allgemein bekannt, dass die Wirtschaftsteilnehmer, die auf dem durch starken Wettbewerb gekennzeichneten Markt für Wasch und Reinigungsmittel tätig sind, alle bei der Vermarktung dieser Waren mit den technischen Zwängen der Verpackung konfrontiert sind und die notwendige Etikettierung beachten müssen. Darin liegt für diese Wirtschaftsteilnehmer ein beträchtlicher Anreiz, ihre Waren insbesondere durch das Erscheinungsbild und die Konzeption ihrer Verpackung von denen der Konkurrenz zu unterscheiden, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erregen. Demgemäß ist davon auszugehen, dass der Durchschnittsverbraucher vollauf in der Lage ist, die Form der Verpackung dieser Produkte als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft wahrzunehmen, sofern diese Form hinreichende Merkmale aufweist, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken (in diesem Sinne Urteil Form einer Flasche, Randnr. 34).

35. Im Übrigen unterscheidet Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 nicht zwischen verschiedenen Arten von Marken. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken, die aus der Form der Ware selbst oder aus der Form ihrer Verpackung bestehen, sind daher keine strengeren Kriterien zugrunde zu legen als für andere Arten von Marken (in diesem Sinne Urteil Form einer Flasche, Randnr. 35).

36. In der angefochtenen Entscheidung begründete die Beschwerdekammer ihre Auffassung, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe, damit, dass das Zeichen im Wesentlichen aus einem Behälter besteht, dessen Form einer auf den Kopf gestellten Birne ähnelt (an einem Ende breiter und zum Ende hin sich verjüngend), deren Seiten im Großen und Ganzen flach sind. Weiter stellte die Beschwerdekammer fest: Keines dieser Merkmale scheint einzeln oder in Verbindung miteinander Unterscheidungskraft zu besitzen. Diese Form kann daher per se nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden... Die flachen Seiten sowie die flache Unter und Oberseite des Behälters ändern den Gesamteindruck, der durch die Form hervorgerufen wird, im Wesentlichen nicht. Es ist unwahrscheinlich, dass die betreffenden Verbraucher ihre Aufmerksamkeit auf diese Merkmale richten und als Hinweis auf die Herkunft von einem bestimmten Hersteller verstehen werden. Nach Ansicht der Beschwerdekammer wird die Unterscheidungskraft der Marke auch nicht durch die zusammen mit der Form beanspruchte Farbkombination erhöht. Im Ergebnis hat es die Beschwerdekammer daher verneint, dass die Kombination aus solchen nicht unterscheidungskräftigen dreidimensionalen und Farbmerkmalen ein Zeichen mit einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft ergibt.

37. Insoweit ist daran zu erinnern, dass für die Beurteilung der Frage, ob die fragliche Flaschenform vom Publikum als Hinweis auf die Herkunft des Produkts wahrgenommen werden kann, der Gesamteindruck zu prüfen ist, den das Erscheinungsbild dieser Flasche hervorruft (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in der Rechtssache C251/95, Sabèl, Slg. 1997, I6191, Randnr. 23; Urteil Form einer Flasche, Randnr. 39).

38. Die angemeldete Marke besteht im vorliegenden Fall aus der Form einer weißen und transparenten Flasche. Es handelt sich um einen Kunststoffbehälter, dessen Körper transparent und dessen Verschlusskappe weiß ist. Der Verschluss weist auf der vorderen und der hinteren Breitseite ein Vförmiges, nach vorn abstehendes Profil auf, das den Verlauf der Seitenkanten des Behälters aufnimmt. In seiner bildlichen Wiedergabe steht der Behälter senkrecht auf der Verschlusskappe.

39. Zur Beurteilung dieser verschiedenen Merkmale ist darauf hinzuweisen, dass ein Zeichen, das aus einer Kombination von Elementen besteht, denen jeweils die Unterscheidungskraft fehlt, gleichwohl Unterscheidungskraft haben kann, sofern konkrete Anhaltspunkte - wie die Art und Weise, in der die verschiedenen Elemente miteinander kombiniert sind - darauf hindeuten, dass das Zeichen insgesamt mehr darstellt als die bloße Summe seiner einzelnen Bestandteile (in diesem Sinne Urteil Kit Pro und Kit Super Pro, Randnr. 29, und Urteil Form einer Flasche, Randnr. 40).

40. Was die hier fragliche Form angeht, so ergibt eine Prüfung aller von den Parteien in diesem Verfahren vorgelegten Schriftstücke, dass die Kombination der genannten Gestaltungsmerkmale wirklich spezifisch ist und nicht als für alle betroffenen Waren üblich angesehen werden kann. So ist zunächst zu berücksichtigen, dass der als Marke angemeldete Behälter bestimmte besondere Merkmale hat, die ihn von handelsüblichen Behältern für Wasch und Reinigungsmittel abheben. So hat der Behälter, wie die Klägerin ausführt, eine besondere Winkelgestaltung und wegen seiner Winkel, Kanten und Oberflächen Ähnlichkeit mit einem Kristall. Er erweckt außerdem einen monolithischen Eindruck, da sein Verschluss in sein Gesamterscheinungsbild integriert ist. Schließlich ist der Behälter besonders flach. Diese Kombination verleiht der Flasche ein besonderes und ungewöhnliches Erscheinungsbild, das dazu angetan ist, die Aufmerksamkeit der betreffenden Verkehrskreise auf sich zu ziehen und es ihnen, die für die Verpackungsform der fraglichen Produkte sensibilisiert sind, zu ermöglichen, die in der Anmeldung bezeichneten Waren von den Waren einer anderen betrieblichen Herkunft zu unterscheiden (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. März 2003 in der Rechtssache T128/01, DaimlerChrysler/HABM [Calandre], Slg. 2003, II701, Randnrn. 46 und 48, und Urteil Form einer Flasche, Randnr. 41).

41. Berücksichtigt man zudem die für vergleichbare Produkte verwendeten Behälter, wie sie insbesondere aus den von der Klägerin angeführten Beispielen ersichtlich sind, so ist weiterhin festzustellen, dass das weiße und transparente Erscheinungsbild der Flasche die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens nicht in Frage stellt.

42. Generell ist daran zu erinnern, dass ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft genügt, um das Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 entfallen zu lassen (Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T34/00, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], Slg. 2002, II683, Randnr. 39, und im gleichen Sinne Urteil Calandre, Randnr. 49). Da die angemeldete Marke, wie vorstehend ausgeführt, aus einer charakteristischen Kombination von Gestaltungsmerkmalen besteht, die sie von anderen auf dem Markt für die fraglichen Waren vorhandenen Formen unterscheidet, ist festzustellen, dass sie insgesamt die erforderliche minimale Unterscheidungskraft aufweist.

43. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass elf der fünfzehn Mitgliedstaaten, aus denen die Europäische Gemeinschaft am Anmeldetag der Marke bestand, gegen die Eintragung einer identischen Form als internationale Marke nach dem Madrider Protokoll keine Einwände erhoben haben. In elf Mitgliedstaaten, nämlich Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Portugal und Spanien, genießt die Marke daher den gleichen Schutz wie dann, wenn sie unmittelbar durch das nationale Markenamt des jeweiligen Landes eingetragen wäre.

44. Zwar hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass das Amt in jedem Einzelfall eine eigenständige Beurteilung vorzunehmen hat.

45. Die Gemeinschaftsregelung für Marken ist nämlich ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Zielsetzungen und Vorschriften besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T32/00, Messe München/HABM [electronica], Slg. 2000, II3829, Randnr. 47). Folglich ist die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ausschließlich auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung zu prüfen. Daher sind weder das Amt noch gegebenenfalls der Gemeinschaftsrichter durch eine Entscheidung gebunden, die auf der Ebene eines Mitgliedstaats oder gar eines Drittlands ergangen ist und der zufolge das betreffende Zeichen als nationale Marke eintragungsfähig ist (Urteil Form von Taschenlampen, Randnr. 41).

46. Jedoch stellen die in den Mitgliedstaaten bereits vorliegenden Eintragungen einen Umstand dar, der für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke, ohne entscheidend zu sein, berücksichtigt werden kann (Urteile des Gerichts vom 16. Februar 2000 in der Rechtssache T122/99, Procter & Gamble/HABM [Form einer Seife], Slg. 2000, II265, Randnr. 61, vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T24/00, Sunrider/HABM [VITALITE], Slg. 2001, II449, Randnr. 33, und vom 19. September 2001 in der Rechtssache T337/99, Henkel/HABM [runde, rotweiße Tablette], Slg. 2001, II2597, Randnr. 58). In den Mitgliedstaaten bereits vorgenommene Eintragungen können demnach bei der Beurteilung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke in die Prüfung mit einbezogen werden (Urteil des Gerichts vom 26. November 2003 in der Rechtssache T222/02, HERON Robotunits/HABM [ROBOTUNITS], Slg. 2003, I0000, Randnr. 52).

47. Wie oben in Randnummer 40 ausgeführt, ist die hier angemeldete dreidimensionale Marke ungewöhnlich und ermöglicht es, die in der Anmeldung bezeichneten Waren von den Waren einer anderen betrieblichen Herkunft zu unterscheiden. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin in elf Mitgliedstaaten die Eintragung einer dreidimensionalen Marke mit identischer Form wie die Anmeldemarke erwirkt hat.

48. Nach alledem ist, ohne dass über das weitere Vorbringen der Klägerin zu entscheiden ist, festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht annahm, dass die Anmeldemarke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 habe.

49. Daher greift der Klagegrund in der Sache durch und ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Kostenentscheidung:

Kosten

50. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

51. Da das Amt unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 3. Oktober 2002 (Sache R 313/20014) wird aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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