Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: T-422/03 R
Rechtsgebiete: Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003, Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse


Vorschriften:

Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 Art. 2 Abs. 2
Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 Art. 3 Abs. 1
Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 Art. 28
Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 Art. 29
Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 Anhang VI Nr. 4.2.3
Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse Art. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 3. Februar 2004. - Enviro Tech Europe Ltd und Enviro Tech International Inc. gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Vorläufiger Rechtsschutz - Richtlinie 67/548/EWG - Dringlichkeit. - Rechtssache T-422/03 R.

Parteien:

In der Rechtssache T-422/03 R

Enviro Tech Europe Ltd mit Sitz in Kingston upon Thames, Surrey (Vereinigtes Königreich),

Enviro Tech International Inc. mit Sitz in Chicago, Illinois (USA), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Mereu und K. van Maldegem,

Antragstellerinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch X. Lewis und F. Simonetti als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Antragsgegnerin,

wegen Aussetzung des Vollzugs zweier Handlungen der Kommission vom 3. November 2003 und Anweisung an die Kommission, im Zuge der 29. Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABl. 1967, Nr. 196, S. 1) an den technischen Fortschritt nicht die Neueinstufung von n-Propyl-Bromid vorzuschlagen,

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

erlässt

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

Allgemeiner rechtlicher Rahmen

1. Die Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABl. 1967, Nr. 196, S. 1) in der Fassung ihrer siebten Änderung durch die Richtlinie 92/32/EWG des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 154, S. 1) regelt die Vermarktung bestimmter Stoffe, die wie folgt definiert sind: chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder hergestellt durch ein Produktionsverfahren, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung unvermeidbaren Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können.

2. Seit ihrem Erlass ist die Richtlinie 67/548 wiederholt geändert worden, zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (Einstimmigkeit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122, S. 36).

3. Nach Artikel 4 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung werden die Stoffe aufgrund ihrer Eigenschaften nach den in Artikel 2 Absatz 2 festgelegten Kategorien eingestuft. Die Einstufung eines chemischen Stoffes als gefährlich erfordert die Anbringung einer angemessenen Kennzeichnung auf der Verpackung, darunter Gefahrensymbole, Standardaufschriften zur Angabe besonderer Risiken aufgrund von Gefahren beim Umgang mit dem Stoff (R-Sätze) sowie Standardaufschriften mit den Sicherheitsratschlägen für den Umgang mit dem Stoff (S-Sätze).

4. Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung sieht vor:

Gefährlich im Sinne dieser Richtlinie sind Stoffe und Zubereitungen, die folgende Eigenschaften aufweisen:

...

c) hochentzündlich: fluessige Stoffe und Zubereitungen, die einen extrem niedrigen Flammpunkt und einen niedrigen Siedepunkt haben, sowie gasförmige Stoffe und Zubereitungen, die bei gewöhnlicher Temperatur und normalem Druck bei Luftkontakt entzündlich sind;

d) leicht entzündlich:

- Stoffe und Zubereitungen, die sich bei Umgebungstemperatur an der Luft ohne Energiezufuhr erhitzen und schließlich entzünden können, oder

- feste Stoffe und Zubereitungen, die sich durch kurzzeitige Einwirkung einer Zündquelle leicht entzünden und nach deren Entfernung weiter brennen oder weiter glimmen können, oder

- fluessige Stoffe oder Zubereitungen mit einem sehr niedrigen Flammpunkt oder

- Stoffe und Zubereitungen, die bei Berührung mit Wasser oder feuchter Luft hochentzündliche Gase in gefährlicher Menge entwickeln;

e) entzündlich: fluessige Stoffe und Zubereitungen mit einem niedrigen Flammpunkt;

...

j) reizend: Stoffe und Zubereitungen, die - ohne ätzend zu sein - durch kurzfristige, längere oder wiederholte Berührung mit der Haut oder mit Schleimhäuten eine Entzündung hervorrufen können;

...

n) fortpflanzungsgefährdend (reproduktionstoxisch): Stoffe und Zubereitungen, die bei Einatmen, Verschlucken oder Hautresorption nicht vererbbare Schäden der Nachkommenschaft hervorrufen oder die Häufigkeit solcher Schäden erhöhen oder eine Beeinträchtigung der männlichen oder weiblichen Fortpflanzungsfunktionen oder -fähigkeit zur Folge haben können.

5. Zu den Prüfungen, die für die Einstufung der Stoffe vorgenommen werden können, bestimmt Artikel 3 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung:

(1) Die im Rahmen dieser Richtlinie vorzunehmenden Prüfungen von Chemikalien erfolgen in der Regel nach den Methoden des Anhangs V. Die Bestimmung der physikalisch-chemischen Eigenschaften der Stoffe erfolgt nach den in Anhang V A vorgesehenen Methoden...

6. Anhang V Punkt A 9 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung legt die Methoden zur Bestimmung der Flammpunkte fest.

7. Nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung werden die allgemeinen Grundsätze der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen nach den Kriterien des Anhangs VI angewandt, sofern für gefährliche Zubereitungen in Einzelrichtlinien nichts anderes bestimmt ist.

8. In Anhang VI Nummer 4.2.3 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung werden die an die fortpflanzungsgefährdenden Wirkungen anzulegenden Maßstäbe festgelegt und die Stoffe, die solche Wirkungen haben, in drei Kategorien eingeteilt:

- Kategorie 1: Stoffe, die beim Menschen die Fortpflanzungsfähigkeit (Fruchtbarkeit) bekanntermaßen beeinträchtigen, und Stoffe, die beim Menschen bekanntermaßen fruchtschädigend (entwicklungsschädigend) wirken;

- Kategorie 2: Stoffe, die als beeinträchtigend für die Fortpflanzungsfähigkeit (Fruchtbarkeit) des Menschen angesehen werden sollten, und Stoffe, die als fruchtschädigend (entwicklungsschädigend) angesehen werden sollten;

- Kategorie 3: Stoffe, die wegen möglicher Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit (Fruchtbarkeit) des Menschen zu Besorgnis Anlass geben, und Stoffe, die wegen möglicher fruchtschädigender (entwicklungsschädigender) Wirkungen beim Menschen zu Besorgnis Anlass geben.

Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt

9. Artikel 28 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung bestimmt:

Die zur Anpassung der Anhänge an den technischen Fortschritt notwendigen Änderungen werden nach dem Verfahren des Artikels 29 vorgenommen.

10. Die Kommission hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass sie in der Praxis, wenn sie einen ersten Entwurf von Maßnahmen zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt erarbeite, die Arbeitsgruppe zur Einstufung und Kennzeichnung (im Folgenden: Arbeitsgruppe) konsultiere. Diese Gruppe setze sich aus von den Mitgliedstaaten entsandten Sachverständigen für Toxikologie und Einstufung, Vertretern der chemischen Industrie und Vertretern des von den jeweiligen Erzeugnissen am meisten betroffenen Industriezweigs zusammen. Nach Konsultierung der Arbeitsgruppe lege die Kommission den Maßnahmenentwurf dem durch Artikel 29 der Richtlinie 67/548 eingesetzten Ausschuss (im Folgenden: Regelungsausschuss) vor.

11. Artikel 29 der Richtlinie 67/548 in der Fassung der Verordnung Nr. 807/2003 bestimmt:

(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.

(2) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.

12. Artikel 5 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184, S. 23) sieht vor:

(1) Die Kommission wird von einem Regelungsausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem Ausschuss einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Der Ausschuss gibt seine Stellungnahme zu diesem Entwurf innerhalb einer Frist ab, die der Vorsitzende unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der betreffenden Frage festsetzen kann. Die Stellungnahme wird mit der Mehrheit abgegeben, die in Artikel 205 Absatz 2 des Vertrags für die Annahme der vom Rat auf Vorschlag der Kommission zu fassenden Beschlüsse vorgesehen ist. Bei der Abstimmung im Ausschuss werden die Stimmen der Vertreter der Mitgliedstaaten gemäß dem vorgenannten Artikel gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

(3) Die Kommission erlässt unbeschadet des Artikels 8 die beabsichtigten Maßnahmen, wenn sie mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen.

(4) Stimmen die beabsichtigten Maßnahmen mit der Stellungnahme des Ausschusses nicht überein oder liegt keine Stellungnahme vor, so unterbreitet die Kommission dem Rat unverzüglich einen Vorschlag für die zu treffenden Maßnahmen und unterrichtet das Europäische Parlament.

(5) Ist das Europäische Parlament der Auffassung, dass ein Vorschlag, den die Kommission auf der Grundlage eines gemäß Artikel 251 des Vertrags erlassenen Basisrechtsakts unterbreitet hat, über die in diesem Basisrechtsakt vorgesehenen Durchführungsbefugnisse hinausgeht, so unterrichtet es den Rat über seinen Standpunkt.

(6) Der Rat kann, gegebenenfalls in Anbetracht eines solchen etwaigen Standpunkts, innerhalb einer Frist, die in jedem Basisrechtsakt festzulegen ist, die keinesfalls aber drei Monate von der Befassung des Rates an überschreiten darf, mit qualifizierter Mehrheit über den Vorschlag befinden.

Hat sich der Rat innerhalb dieser Frist mit qualifizierter Mehrheit gegen den Vorschlag ausgesprochen, so überprüft die Kommission den Vorschlag. Die Kommission kann dem Rat einen geänderten Vorschlag vorlegen, ihren Vorschlag erneut vorlegen oder einen Vorschlag für einen Rechtsakt auf der Grundlage des Vertrags vorlegen.

Hat der Rat nach Ablauf dieser Frist weder den vorgeschlagenen Durchführungsrechtsakt erlassen noch sich gegen den Vorschlag für die Durchführungsmaßnahmen ausgesprochen, so wird der vorgeschlagene Durchführungsrechtsakt von der Kommission erlassen.

Sachverhalt und Verfahren

13. Der Stoff n-Propyl-Bromid (im Folgenden: nPB) ist ein fluechtiges organisches Lösungsmittel, das u. a. in der industriellen Reinigung verwendet wird.

14. Die Enviro Tech Europe Ltd und die Enviro Tech International Inc. (im Folgenden: Antragstellerinnen) befassen sich nur mit der Produktion und dem Verkauf eines auf der Grundlage von nPB hergestellten Erzeugnisses namens Ensolv. Enviro Tech Europe ist die europäische Tochtergesellschaft der Enviro Tech International und Inhaberin einer Exklusivlizenz für den Verkauf von Ensolv in Europa.

15. Mit dem Erlass der Richtlinie 91/325/EWG der Kommission vom 1. März 1991 zur zwölften Anpassung an den technischen Fortschritt der Richtlinie 67/548 (ABl. L 180, S. 1) wurde nPB im Anhang I der Richtlinie 67/548 als reizender und entzündlicher Stoff eingestuft.

16. In der Sitzung der Arbeitsgruppe vom 16. bis 18. Januar 2002 schlug der Direktor des Health & Safety Executive (Amt für Gesundheit und Sicherheit, im Folgenden: HSE) vor, nPB als fortpflanzungsgefährdenden Stoff der Kategorie 2 einzustufen.

17. Später, im April 2002, schlug das HSE unter Berufung auf die Ergebnisse eines neuen wissenschaftlichen Versuches vor, nPB als leicht entzündlichen Stoff einzustufen.

18. Seitdem protestierten die Antragstellerinnen wiederholt beim HSE, beim Europäischen Büro für chemische Stoffe und bei der Arbeitsgruppe gegen dieses Einstufungsvorhaben und legten diesen Stellen wissenschaftliche Daten und Argumente zur Stützung ihrer Auffassung vor.

19. In ihrer Sitzung vom Januar 2003 beschloss die Arbeitsgruppe, die Einstufung von nPB als eines leicht entzündlichen und fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2 vorzuschlagen. Nach Erlass dieses Beschlusses versuchten die Antragstellerinnen vergeblich, die Arbeitsgruppe dazu zu bewegen, die Debatte über nPB wieder aufzunehmen.

20. Am 29. August und 29. September 2003 sandten die Antragstellerinnen zwei Schreiben an die Kommission, mit denen sie u. a. baten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die den Empfehlungen der Arbeitsgruppe zu nPB zugrunde liegenden Irrtümer zu korrigieren.

21. Mit zwei Schreiben vom 3. November 2003 teilte die Kommission den Antragstellerinnen mit, dass die Ausführungen in deren Schreiben vom 29. August und 29. September 2003 keine Änderung der von der Arbeitsgruppe empfohlenen Einstufung von nPB rechtfertigten (im Folgenden: angefochtene Handlungen).

22. Mit am 23. Dezember 2003 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragener Klageschrift haben die Antragstellerinnen Klage beim Gericht erster Instanz erhoben und beantragt,

- die angefochtenen Handlungen für nichtig zu erklären;

- die Haftung der Kommission für den den Antragstellerinnen durch ihr rechtswidriges Verhalten entstandenen Schaden festzustellen;

- die Haftung der Kommission für einen unmittelbar drohenden, voraussehbaren und hinreichend sicheren Schaden festzustellen, auch wenn dieser nicht genau beziffert werden kann.

23. Kurz nach Erhebung der Klage erfuhren die Antragstellerinnen, dass am 15. Januar 2004 eine Sitzung des Regelungsausschusses zur Genehmigung der 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt stattfinden werde.

24. Mit am 30. Dezember 2003 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragenem besonderem Schriftsatz haben die Antragstellerinnen nach den Artikeln 242 EG und 243 EG beim Richter der einstweiligen Anordnung beantragt,

- ihren Antrag für zulässig und begründet zu erklären;

- die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Handlungen anzuordnen;

- der Kommission bis zur Entscheidung zur Hauptsache aufzugeben, im Rahmen der 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt bei der nächsten Sitzung des Regelungsausschusses, die auf den 15. Januar 2004 angesetzt ist, nicht die Neueinstufung von nPB vorzuschlagen;

- jede andere vorläufige Maßnahme zu treffen, die geeignet ist, die Position der Antragstellerinnen bis zur Entscheidung zur Hauptsache zu schützen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

25. Die Antragstellerinnen haben außerdem nach Artikel 105 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts beim Richter der einstweiligen Anordnung beantragt, ihrem Antrag, weil er äußerst dringlich sei, stattzugeben, bevor die Stellungnahme der Kommission eingeht.

26. Am 12. Januar 2004 hat die Kommission ihre Stellungnahme zum Antrag auf einstweilige Anordnung eingereicht. Sie beantragt,

- den Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen;

- den Antragstellerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

27. In ihrer Stellungnahme führt die Kommission aus, dass die Sitzung des Regelungsausschusses nie auf den 15. Januar 2004 angesetzt gewesen sei und dass sich das Verfahren der Konsultation ihrer verschiedenen Dienststellen zu den im Hinblick auf die 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt vorgesehenen Maßnahmen verzögert habe. Infolgedessen sei die ursprünglich auf den 23. Januar 2004 angesetzte Sitzung des Regelungsausschusses auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Rechtliche Würdigung

28. Nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung müssen die Anträge auf einstweilige Anordnung den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (Fumus boni iuris). Diese Voraussetzungen haben kumulativen Charakter, so dass der Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen ist, sofern eine von ihnen nicht erfuellt ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C-268/96 P[R], SCK und FNK/Kommission, Slg. 1996, I-4971, Randnr. 30). Der Richter der einstweiligen Anordnung nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vor (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. Februar 2001 in der Rechtssache C445/00 R, Österreich/Rat, Slg. 2001, I-1461, Randnr. 73).

29. Darüber hinaus verfügt der Richter der einstweiligen Anordnung im Rahmen dieser Gesamtprüfung über ein weites Ermessen, und er kann im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ihm ein feststehendes Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 19. Juli 1995 in der Rechtssache C-149/95 P[R], Kommission/Atlantic Container Line u. a., Slg. 1995, I-2165, Randnr. 23).

30. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu prüfen.

Vorbringen der Parteien

Vorbringen der Antragstellerinnen

- Zur Zulässigkeit

31. Die Antragstellerinnen machen geltend, sie seien nach Artikel 230 Absatz 4 EG klagebefugt, da es sich bei den angefochtenen Handlungen um Entscheidungen der Kommission handele, die von einem Direktor unterzeichnet und unmittelbar an sie gerichtet seien, so dass sie nicht darzulegen brauchten, dass sie von diesen Entscheidungen unmittelbar und individuell betroffen seien, weil dieses Kriterium nur für Entscheidungen gelte, die an Dritte gerichtet seien.

32. Außerdem hätten die angefochtenen Handlungen endgültige Wirkungen, die die Rechtsstellung der Antragstellerinnen beeinträchtigten, da sie den Standpunkt der Kommission zur Neueinstufung von nPB definitiv festlegten.

33. Zum einen prüfe der Regelungsausschuss, wenn er sich zu dem Entwurf der Kommission zu äußern habe, nicht die für eine Neueinstufung des nPB sprechenden wissenschaftlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, da diese Prüfung bereits von seinen Vertretern in der Arbeitsgruppe und schließlich von der Kommission vorgenommen worden sei, und zum anderen nähmen einige Mitglieder des Regelungsausschusses auch an den Sitzungen der Arbeitsgruppe teil. Daraus sei zu schließen, dass die angefochtenen Handlungen nicht nur den endgültigen Standpunkt der Kommission festlegten, womit das administrative Prüfungsverfahren für nPB abgeschlossen sei, sondern eigentlich auch eine Entscheidung über die Einstufung des nPB darstellten.

34. Die Antragstellerinnen tragen schließlich vor, dass, auch wenn die angefochtenen Handlungen als vorbereitende Maßnahmen anzusehen wären, eine Klage dennoch zulässig bliebe, berücksichtige man die Ausführungen des Gerichtshofes in den beiden Urteilen vom 30. Juni 1992 in den Rechtssachen C312/90 (Spanien/Kommission, Slg. 1992, I4117) und C47/91 (Italien/Kommission, Slg. 1992, I4145), in denen Klagen gegen vorbereitende Maßnahmen, nämlich Schreiben zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG, für zulässig erklärt worden seien.

- Zum Fumus boni iuris

35. Die Antragstellerinnen tragen vor, die gegen die angefochtenen Handlungen gerichtete Klage, die sich auf fünf Gründe stütze, sei nicht unbegründet.

36. Erstens bestätigten die angefochtenen Handlungen die Entscheidung der Arbeitsgruppe, die Einstufungen von nPB als eines leicht entzündlichen Stoffes zu empfehlen, die auf den Ergebnissen eines einzigen wissenschaftlichen Versuches beruhe, der objektiv, offenkundig und unwiderlegbar der in Anhang V Punkt A 9 der Richtlinie 67/548 vorgesehenen Versuchsmethode widerspreche.

37. Zweitens bestätigten die angefochtenen Handlungen die Entscheidung der Arbeitsgruppe, die Einstufung von nPB als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2 zu empfehlen, die im Wesentlichen auf den vom HSE vorgelegten Ergebnissen eines wissenschaftlichen Versuches beruhe. Die Schlussfolgerungen, zu denen das HSE gelangt sei, seien im Hinblick auf die Einstufungskriterien des Anhangs VI Nummer 4.2.3 der Richtlinie 67/548 wissenschaftlich ungenau und inkohärent.

38. Drittens beruhten die angefochtenen Handlungen auf einer eingeschränkten und unvollständigen Prüfung des nPB, da die Kommission Daten, die den Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe und somit auch ihren eigenen widersprochen hätten, entweder ignoriert oder nur überflogen habe. Die Kommission habe daher gegen Artikel 95 Absatz 3 EG und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

39. Viertens beruhe die Einstufung von nPB als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2 auf einer falschen Anwendung des Vorsorgeprinzips. Dieses Prinzip könne nicht auf die Einstufung von nPB nach der Richtlinie 67/548 angewandt werden. Auch wenn das Prinzip anwendbar wäre, wäre es mit einer Einstufung in Kategorie 2 nicht vereinbar, weil die Richtlinie 67/548 eindeutige Nachweise verlange, wenn keine anderen toxischen Wirkungen vorlägen.

40. Schließlich machen die Antragstellerinnen geltend, dass die Kommission für die Vornahme der angefochtenen Handlungen nicht zuständig gewesen sei und dass diese gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes, der Qualität und Unabhängigkeit wissenschaftlicher Gutachten, der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung, gegen das Verbot des Ermessensmissbrauchs und gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstießen.

- Zur Dringlichkeit

41. Die Antragstellerinnen führen aus, dass die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Handlungen - sowie des sich daraus ergebenden Vorschlags der Kommission gegenüber dem Regelungsausschuss - wegen der Dringlichkeit erforderlich sei, mit der die Annahme der 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt am 15. Januar 2004 verhindert werden müsse. Eine solche Maßnahme sei unerlässlich, um die nicht wieder gutzumachenden Folgen zu vermeiden, denen sich die Antragstellerinnen in wirtschaftlicher, finanzieller und rechtlicher Hinsicht ausgesetzt sähen und die bis zur Gefährdung ihrer Existenz reichten.

42. Insbesondere hätten der Erlass und die Durchführung der Entscheidung der Kommission über die Neueinstufung von nPB, die diese Neueinstufung im Zuge der 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt sicherstelle, drei nachteilige Folgen, die bei den Antragstellerinnen zu einem schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden führen könnten, der zudem hinreichend sicher bestimmbar sei.

43. Erstens entwerte die Neueinstufung von nPB als eines leicht entzündlichen und fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2 ihr Patent auf Ensolv, da dieses auf der Nichtentzündlichkeit und Ungefährlichkeit von nPB beruhe.

44. Zweitens habe die Neueinstufung von nPB als eines leicht entzündlichen Stoffes nicht wieder gutzumachende Folgen in wirtschaftlicher, finanzieller und rechtlicher Hinsicht, die die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der Antragstellerinnen gefährdeten. Die Dampfentfettungsgeräte der Antragstellerinnen könnten aus rechtlichen Gründen nämlich nicht mehr mit als leicht entzündlich eingestuften Stoffen verwendet werden, so dass alle Verwender von nPB einschließlich aller Kunden der Antragstellerinnen gezwungen wären, ihre Geräte auszutauschen. Die Einstufung als eines leicht entzündlichen Stoffes erfordere insbesondere, dass alle diese Geräte feuerfest seien und in abgetrennten Bereichen benutzt würden. Die Lagerung und der Einsatz solcher Stoffe erforderten daher Spezialgeräte und besondere Vorkehrungen, die hohe und im Allgemeinen prohibitive Investitionen seitens der Verwender verlangten.

45. Drittens seien die Antragstellerinnen aufgrund der Neueinstufung von nPB als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2 nach der Richtlinie 1999/13/EG des Rates vom 11. März 1999 über die Begrenzung von Emissionen fluechtiger organischer Verbindungen, die bei bestimmten Tätigkeiten und in bestimmten Anlagen bei der Verwendung organischer Lösungsmittel entstehen (ABl. L 85, S. 1), verpflichtet, für nPB sicherere Alternativen anzubieten und es so schnell wie möglich zu ersetzen. Die Neueinstufung von nPB gefährde daher ihre Existenz, da ihre Geschäftstätigkeit allein in der Produktion und im Verkauf von Ensolv bestehe, das auf der Grundlage von nPB hergestellt werde. Würde nPB nach und nach zurückgezogen oder wegen bestimmter rechtlicher und finanzieller Anforderungen nicht mehr gekauft, würden die Antragstellerinnen ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Der künftige Schaden sei daher weder bezifferbar noch wieder gutzumachen, da er ihre Existenz betreffe.

- Zur Interessenabwägung

46. Zur Interessenabwägung tragen die Antragstellerinnen vor, die beantragten einstweiligen Anordnungen bewahrten lediglich den Status quo bis zur Entscheidung in der Hauptsache.

47. Sie weisen die Prämisse zurück, dass nPB als entzündlicher Stoff eingestuft werden könne, ohne dass dies durch die Ergebnisse geeigneter Versuche gestützt werde, und machen geltend, die derzeitige Einstufung warne die Personen, die mit nPB umgingen und es verwendeten, hinreichend vor dessen angeblicher Entzündlichkeit. Eine Einstufung als leichtentzündlich würde hingegen keinen weiter gehenden Zweck erreichen, die Antragstellerinnen aber zur Geschäftsaufgabe zwingen, bevor in der Hauptsache entschieden sei. Darüber hinaus sei seit der Einführung von nPB in Europa und im Rest der Welt kein einziger Vorfall im Zusammenhang mit der angeblichen Entzündlichkeit dieses Stoffes gemeldet worden.

48. Das Gleiche gelte für die Einstufung von nPB als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2, da die Antragstellerinnen bei Fehlen einer einstweiligen Anordnung unverzüglich ein Auslaufprogramm für nPB nach der Richtlinie 1999/13 vorlegen und durchführen müssten. Die Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit könne nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die Verwender von nPB geschützt werden müssten, weil dieses Erzeugnis weder in den europäischen Prioritätslisten für Besorgnis erregende Stoffe aufgeführt sei noch in großen Mengen vertrieben werde.

49. Die Interessenabwägung falle folglich zugunsten der Aufhebung der Wirkungen der angefochtenen Handlungen und des Vorschlags der Neueinstufung als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes aus. Unter Zurückweisung der Prämisse, dass die von der Kommission falsch interpretierten Versuchsergebnisse eine Neueinstufung von nPB als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 2 rechtfertigen könnten, erklären sich die Antragstellerinnen hilfsweise bereit, bis zur Entscheidung zur Hauptsache einer zeitweiligen Einstufung als eines fortpflanzungsgefährdenden Stoffes der Kategorie 3 zuzustimmen. Eine solche freiwillige Einstufung ermögliche es zum einen, die nicht wieder gutzumachenden Folgen einer Einstellung der Geschäftstätigkeit durch die Antragstellerinnen abzuwenden, und zum anderen, die Personen, die mit nPB umgingen und es verwendeten, hinreichend vor dessen angeblichen fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften zu warnen und damit etwaige Bedenken im Hinblick auf diese Eigenschaften zu zerstreuen.

50. Schließlich sei der Erlass einer einstweiligen Anordnung im vorliegenden Fall umso wichtiger, als auch klarzustellen sei, dass die Kommission Stoffe nicht einstufen dürfe, ohne auf die in der Richtlinie 67/548 speziell dafür vorgesehenen Versuchsmethoden und Einstufungskriterien zurückzugreifen, dass das Vorsorgeprinzip bei der Einstufung aufgrund der Gefährlichkeit nicht anwendbar sei und schließlich welche Rolle und welche Kompetenzen der Arbeitsgruppe im Rahmen des Erlasses politischer Entscheidungen zukämen.

Vorbringen der Kommission

51. Die Kommission macht erstens vorab geltend, dass der Antrag der Antragstellerinnen, ihr aufzugeben, die Neueinstufung von nPB nicht vorzuschlagen, darauf hinauslaufe, dem Klageantrag stattzugeben, und der Klage damit jede Berechtigung nehme.

52. Zur Zulässigkeit trägt die Kommission zweitens vor, dass die Klage offensichtlich unzulässig sei, da die Antragstellerinnen Handlungen in Frage stellen wollten, die ihre Rechtsstellung nicht beeinträchtigten.

53. Zur Dringlichkeit führt die Kommission drittens aus, dass die Antragstellerinnen hinsichtlich des Schadens, der ihnen durch die Neueinstufung von nPB entstehen könne, übertrieben hätten, insbesondere was seine Unausweichlichkeit angehe. Die Schlussfolgerungen der Antragstellerinnen zu den möglichen Auswirkungen der Einstufung von nPB auf ihr Patent auf Ensolv seien zu bezweifeln. Die Behauptung der Antragstellerinnen, die Verwender von nPB müssten ihre Entfettungsgeräte ersetzen, sei vage, und Artikel 5 Absatz 6 der Richtlinie 1999/13 führe nicht zwangsläufig zur Rücknahme des nPB oder der Beendigung seiner Verwendung. Dass die Antragstellerinnen im Rahmen ihrer Klage auch einen Antrag auf Schadensersatz auf der Grundlage des Artikels 288 EG gestellt hätten, zeige außerdem, dass sie selbst davon ausgingen, dass ihr Schaden ersatzfähig sei. Darüber hinaus hätten die Antragstellerinnen nicht nachgewiesen, dass Hindernisse struktureller oder rechtlicher Art es ihnen erschwerten, einen beträchtlichen Teil ihrer Marktanteile zurückzugewinnen.

54. Schließlich sei die ursprünglich auf den 23. Januar 2004 angesetzte Sitzung des Regelungsausschusses zur 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung

55. Da die schriftlichen Erklärungen der Parteien alle Informationen enthalten, die für die Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung erforderlich sind, besteht kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

56. Ohne dass festzustellen wäre, ob die angefochtenen Handlungen auf den ersten Blick Rechtswirkungen erzeugen, die die Rechtsstellung der Antragstellerinnen beeinträchtigen, ist im vorliegenden Fall zunächst zu prüfen, ob der Richter der einstweiligen Anordnung die erste beantragte einstweilige Anordnung, nämlich die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Handlungen, erlassen kann, und sodann, ob die Antragstellerinnen nachgewiesen haben, dass der Erlass der beiden anderen beantragten Anordnungen dringlich ist.

57. Wäre davon auszugehen, dass die angefochtenen Handlungen förmliche Entscheidungen darstellten, so würde es sich unbestreitbar um negative Entscheidungen handeln.

58. Insoweit ist festzustellen, dass ein Antrag auf Aussetzung des Vollzugs grundsätzlich nicht gegen eine negative Verwaltungsentscheidung gegeben ist, weil die Anordnung einer solchen Aussetzung keine Änderung der Lage des Antragstellers herbeiführen könnte (Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichtshofes vom 31. Juli 1989 in der Rechtssache 206/89 R, S./Kommission, Slg. 1989, 2841, Randnr. 14, und Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 30. April 1997 in der Rechtssache C-89/97 P[R], Moccia Irme/Kommission, Slg. 1997, I-2327, Randnr. 45).

59. Im vorliegenden Fall hat die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Handlungen keinen praktischen Nutzen für die Antragstellerinnen, da sie eine positive Entscheidung, mit der der Kommission aufgegeben würde, die Neueinstufung von nPB im Rahmen der Richtlinie 67/548 nicht vorzuschlagen, nicht ersetzen könnte.

60. Dieser Antrag ist daher zurückzuweisen.

61. Was den Antrag der Antragstellerinnen darauf angeht, dass der Richter der einstweiligen Anordnung erstens der Kommission aufgibt, die von der Arbeitsgruppe empfohlene Einstufung von nPB nicht vorzuschlagen, und zweitens jede andere Maßnahme... [trifft], die geeignet ist, die Position der Antragstellerinnen bis zur Entscheidung zur Hauptsache zu schützen, so ist zu prüfen, ob die Antragstellerinnen nachgewiesen haben, dass der Erlass dieser einstweiligen Anordnungen dringlich ist.

62. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Dringlichkeit einer beantragten Aussetzung danach zu beurteilen, ob eine Aussetzung notwendig ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1991 in der Rechtssache C-213/91 R, Abertal u. a./Kommission, Slg. 1991, I-5109, Randnr. 18, und Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 8. Dezember 2000 in der Rechtssache T237/99 R, BP Nederland u. a./Kommission, Slg. 2000, II3849, Randnr. 48).

63. Die Partei, die einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden geltend macht, muss ihn nachweisen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. Oktober 2000 in der Rechtssache C278/00 R, Griechenland/Kommission, Slg. 2000, I8787, Randnr. 14).

64. Das unmittelbare Bevorstehen des Schadens braucht nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden. Es genügt, insbesondere wenn die Entstehung des Schadens vom Eintritt einer Reihe von Faktoren abhängt, dass es mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist (Beschluss Kommission/Atlantic Container Line u. a., Randnr. 38).

65. Nach ständiger Rechtsprechung kann jedoch ein rein hypothetischer Schaden, der vom Eintritt künftiger ungewisser Ereignisse abhängt, die beantragte einstweilige Anordnung nicht begründen (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 15. Juli 1998 in der Rechtssache T73/98 R, Prayon-Rupel/Kommission, Slg. 1998, II2769, Randnrn. 22, 26 und 38; BP Nederland u. a./Kommission, Randnrn. 57 und 66, und vom 15. Januar 2001 in der Rechtssache T-241/00 R, Le Canne/Kommission, Slg. 2001, II-37, Randnr. 37).

66. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob der von den Antragstellerinnen geltend gemachte Schaden mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist.

67. Die von den Antragstellerinnen geltend gemachten drei Schäden, die oben in den Randnummern 43 bis 45 beschrieben sind, sollen auf die Vornahme der von der Arbeitsgruppe empfohlenen Neueinstufung von nPB zurückzuführen sein. Die von den Antragstellerinnen behauptete Dringlichkeit setzt daher voraus, dass diese Maßnahme am Ende des in Artikel 29 der Richtlinie 67/548 vorgesehenen Rechtsetzungsverfahrens unverändert erlassen wird. Die Schlussfolgerungen der Antragstellerinnen beruhen somit im Wesentlichen auf drei Prämissen, nämlich erstens, dass die Sitzung zur 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt in Kürze stattfindet, zweitens, dass die Kommission in dieser Sitzung die von der Arbeitsgruppe empfohlene Einstufung von nPB vorschlagen wird, und drittens, dass dieser Vorschlag vom Regelungsausschuss unverändert angenommen wird.

68. Diese drei Prämissen sind nacheinander zu prüfen.

69. Was zunächst den Termin für die nächste Sitzung des Regelungsausschusses zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass die ursprünglich auf den 23. Januar 2004 anberaumte Sitzung, wie die Kommission in ihrer Stellungnahme ausgeführt hat, verschoben wurde und kein neuer Termin für die Sitzung festgelegt worden ist. Wann diese Sitzung stattfindet, ist daher bis heute höchst ungewiss. Daher kann der Richter der einstweiligen Anordnung nicht einmal mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorhersehen, ob sie stattfindet, bevor das Gericht zur Hauptsache entscheidet.

70. Sodann beruht das Vorbringen der Antragstellerinnen auf der Prämisse, dass die Kommission in dieser Sitzung die von der Arbeitsgruppe empfohlene Neueinstufung von nPB vorschlagen wird.

71. Die angefochtenen Handlungen lassen in der Tat darauf schließen, dass die Kommission beabsichtigt, einen solchen Vorschlag zu unterbreiten. Auch die Prüfung einer Vorlage des HSE, die die Antragstellerinnen ihrem Antrag beigefügt haben, verstärkt diese Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Maß, da das HSE darin feststellt, dass die Kommission den Empfehlungen der Arbeitsgruppe üblicherweise folgt.

72. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Kommission an diese Empfehlungen keineswegs gebunden ist. Auch lässt sich den Akten nichts dafür entnehmen, dass die Kommission nicht ihre in den angefochtenen Handlungen zum Ausdruck gebrachte Auffassung vor der Sitzung zur 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt noch ändern könnte.

73. Darüber hinaus ist die Tragweite der angefochtenen Handlungen sehr beschränkt, da diese nur die Auffassung der Kommission zu den von den Antragstellerinnen in ihren beiden Schreiben vorgelegten Beweiselementen und außerdem auch nur zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Handlungen widerspiegeln. Infolgedessen greifen sie der Auffassung, die die Kommission in der nächsten Sitzung des Regelungsausschusses zur 29. Änderung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt vertreten wird, nicht vor, da sich diese Auffassung vor der Sitzung durchaus noch ändern kann.

74. In der Tat erscheint es umso eher möglich, dass sich die Auffassung der Kommission noch vor der Sitzung ändert, als die interne Konsultation ihrer verschiedenen Dienststellen immer noch im Gang ist, diese Sitzung vielleicht erst in fernerer Zukunft stattfindet und die Antragstellerinnen selbst Anhaltspunkte dafür vorgetragen haben, dass die Kommission kürzlich mehrere Empfehlungen der Arbeitsgruppe beanstandet hat. Insbesondere haben die Antragstellerinnen ein Schreiben der Kommission vom 25. Juni 2003 vorgelegt, in dem diese ernsthafte Bedenken gegenüber einigen neuen wissenschaftlichen Arbeiten der Arbeitsgruppe zum Ausdruck bringt. Demnach kann entgegen der Annahme der Antragstellerinnen in diesem Stadium nicht mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Kommission dem Regelungsausschuss die von der Arbeitsgruppe empfohlenen Maßnahmen vorschlagen wird.

75. Schließlich beruht das Vorbringen der Antragstellerinnen auf der Prämisse, dass der Regelungsausschuss, nachdem ihm die Kommission die von der Arbeitsgruppe empfohlenen Maßnahmen vorgeschlagen hat, diese unverändert beschließen wird.

76. Die Antragstellerinnen weisen insoweit darauf hin, dass ein Vorschlag der Kommission zu nPB praktisch eine Entscheidung über die Einstufung dieses Stoffes darstelle. Der Regelungsausschuss prüfe nicht die wissenschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, die für die Neueinstufung von nPB sprächen, da diese Prüfung bereits durch seine Vertreter in der Arbeitsgruppe und durch die Kommission erfolgt sei.

77. Der Regelungsausschuss ist jedoch nach Artikel 29 der Richtlinie 67/548 in der geänderten Fassung rechtlich nicht verpflichtet, den Vorschlag der Kommission anzunehmen. Außerdem wird das Vorbringen der Antragstellerinnen nicht durch präzise Angaben untermauert, aufgrund deren der Richter der einstweiligen Anordnung zu der Auffassung gelangen könnte, dass es nach dem Sachverhalt hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Regelungsausschuss die vorgeschlagenen Maßnahmen erlassen wird. Selbst wenn die Antragstellerinnen nachgewiesen hätten, dass einige Mitglieder des Regelungsausschusses auch in der Arbeitsgruppe tagen, so würde dies doch nicht rechtlich hinreichend belegen, dass der Regelungsausschuss den Vorschlag annehmen wird, da diese Mitglieder offenbar durch nichts daran gehindert sind, eine andere Auffassung als die vorher im Rahmen der Arbeitsgruppe geäußerte zu vertreten, und zwar insbesondere aufgrund von Daten, die die Arbeitsgruppe nicht geprüft hat.

78. Somit besteht kein Anlass, die drei von den Antragstellerinnen geltend gemachten Schäden zu prüfen, weil die Prämissen, auf denen sie beruhen, zu hypothetisch sind, um den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen.

79. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist daher zurückzuweisen, ohne dass die sonstigen Argumente der Antragstellerinnen zum Fumus boni iuris geprüft zu werden brauchen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Ende der Entscheidung

Zurück