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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 21.06.2000
Aktenzeichen: T-429/93
Rechtsgebiete: EGV, EG-Vertrag
Vorschriften:
EGV Art. 235 | |
EG-Vertrag Art. 215 Abs. 2 (jetzt Art. 288 Abs. 2 EG) |
Die Gemeinschaft haftet nicht aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 über die Festsetzung der Referenzmenge für jeden Erzeuger auf der Grundlage der während eines Referenzjahres gelieferten Erzeugung im Rahmen der Zusatzabgabenregelung für Milch gegenüber einem Erzeuger, der nach einer im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 für einen Zeitraum von 4 Jahren eingegangenen Verpflichtung zur Umstellung seines Viehbestands seine Absicht, nach dem Ende seines Umstellungszeitraums Milch zu erzeugen, nicht nachgewiesen hat.
Zwar hat dieser Erzeuger eine solche Absicht mehrere Jahre nach diesem Zeitraum bekundet, er durfte jedoch nicht darauf vertrauen, diese Erzeugung irgendwann in der Zukunft wiederaufnehmen zu können. Die Marktbürger dürfen nämlich auf dem Gebiet der gemeinsamen Marktorganisationen, deren Zweck eine ständige Anpassung an die Veränderung der wirtschaftlichen Lage mit sich bringt, nicht darauf vertrauen, daß sie nicht Beschränkungen unterworfen werden, die sich aus markt- oder strukturpolitischen Bestimmungen ergeben. (vgl. Randnrn. 46, 49-50)
Urteil des Gerichts erster Instanz (Einzelrichter) vom 21. Juni 2000. - Madeleine Amélie Le Goff und andere gegen Rat der Europäischen Union. - Schadensersatzklage - Außervertragliche Haftung - Milch - Zusatzabgabe - Referenzmenge - Erzeuger, der eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen ist - Veräußerung des Betriebes. - Rechtssache T-429/93.
Parteien:
In der Rechtssache T-429/93
Madeleine Amélie Le Goff, wohnhaft in Plounevezel (Frankreich), Liliane Ropars, wohnhaft in Rouziers-de-Touraine (Frankreich), Jacqueline Ropars, wohnhaft in Gleize (Frankreich), Marie-Christine Ropars, wohnhaft in Guerlesquin (Frankreich), Gisèle Ropars, wohnhaft in Morlaix (Frankreich), Madeleine Ropars, wohnhaft in Glomel (Frankreich),
Louise Ropars, wohnhaft in Saint Laurent-du-Maroni (Französisch-Guyana),
Joseph Ropars, wohnhaft in Laniscat (Frankreich),
in ihrer Eigenschaft als Erben von Edmond Ropars, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Larzul und F. Buffet, danach Rechtsanwalt A. Delanoé, Rennes, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts A. May, 398, route d'Esch, Luxemburg,
Kläger,
gegen
Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. M. Colaert, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: A. Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,
Beklagte,
wegen Ersatzes des Schadens gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG und 288 Absatz 2 EG), der Edmond Ropars dadurch entstanden ist, daß er aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung an der Vermarktung von Milch gehindert war,
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
(Einzelrichter)
Richter: R. M. Moura Ramos
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Rechtlicher Rahmen
1 Angesichts eines Überschusses bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft erließ der Rat 1977 die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1). In dieser Verordnung wurde den Erzeugern die Möglichkeit geboten, gegen Erhalt einer Prämie für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Verpflichtung zur Nichtvermarktung oder Umstellung der Bestände einzugehen.
2 Obwohl viele Erzeuger solche Verpflichtungen eingingen, kam es 1983 erneut zu einer Überproduktion. Der Rat erließ daher die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13). Durch den neuen Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wurde eine "Zusatzabgabe" auf die von den Erzeugern gelieferten Milchmengen eingeführt, die über eine "Referenzmenge" hinausgehen.
3 In der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) wurde für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr - und zwar dem Kalenderjahr 1981, wobei die Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, statt dessen das Kalenderjahr 1982 oder das Kalenderjahr 1983 zu wählen - gelieferten Erzeugung die Referenzmenge festgesetzt. Die Französische Republik wählte das Kalenderjahr 1983 als Referenzjahr.
4 Die von einigen Erzeugern im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtungen galten auch während der gewählten Referenzjahre. Da sie während dieser Jahre keine Milch erzeugt hatten, konnten sie keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten.
5 Mit Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321; im folgenden: Urteil Mulder I) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für ungültig.
6 Um den genannten Urteilen nachzukommen, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 764/89 vom 20. März 1989 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 84, S. 2). Nach dieser Änderungsverordnung erhielten die Erzeuger, die Nichtvermarktungsverpflichtungen eingegangen waren, eine (auch "Quote" genannte) "spezifische" Referenzmenge.
7 Die Zuteilung dieser spezifischen Referenzmenge war von mehreren Voraussetzungen abhängig. Einige dieser Voraussetzungen, die sich insbesondere auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nichtvermarktungsverpflichtung bezogen, wurden vom Gerichtshof mit Urteilen vom 11. Dezember 1990 in den Rechtssachen C-189/89 (Spagl, Slg. 1990, I-4539) und C-217/89 (Pastätter, Slg. 1990, I-4585) für ungültig erklärt.
8 Im Anschluß an diese Urteile erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 vom 13. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 150, S. 35), nach der den betroffenen Erzeugern durch Abschaffung der für ungültig erklärten Voraussetzungen eine spezifische Referenzmenge zugeteilt werden konnte.
9 Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061; im folgenden: Urteil Mulder II) entschied der Gerichtshof, daß die Gemeinschaft für die Schäden haftet, die bestimmte Milcherzeuger, die durch die Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 an der Vermarktung von Milch gehindert waren, erlitten hatten, weil sie Verpflichtungen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangen waren.
10 Im Anschluß an dieses Urteil veröffentlichten der Rat und die Kommission am 5. August 1992 die Mitteilung 92/C 198/04 (ABl. C 198, S. 4). Unter Hinweis auf die Auswirkungen des Urteils Mulder II und um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten, brachten die Organe ihren Willen zum Ausdruck, die praktischen Modalitäten für die Entschädigung der betroffenen Erzeuger zu erlassen. Sie verpflichteten sich, bis zum Erlaß dieser Modalitäten gegenüber allen entschädigungsberechtigten Erzeugern von der Geltendmachung der Verjährung gemäß Artikel 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes abzusehen, soweit der Entschädigungsanspruch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Erzeuger an eines der Organe wandte, noch nicht verjährt war.
11 Später erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6). Mit dieser Verordnung wird den Erzeugern, denen unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund der Anwendung der im Urteil Mulder II genannten Regelung ein Schaden entstanden ist, eine pauschale Entschädigung angeboten.
Sachverhalt
12 Edmond Ropars, der Landwirt in Kervézec (Frankreich) war, ging eine Verpflichtung zur Umstellung seiner Milchviehbestände auf die Fleischerzeugung im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 ein, mit der er auf die Milcherzeugung für einen am 1. Februar 1980 beginnenden Zeitraum von vier Jahren verzichtete.
13 Er trat am 31. Dezember 1983 in den Ruhestand. Seine Ehefrau, die diese Verpflichtung mitunterzeichnet hatte, übernahm an seiner Stelle die Bewirtschaftung des Betriebes bis zum 11. Juni 1986. Zu diesem Zeitpunkt übernahm ihr Schwiegersohn, Herr Carmes, die Bewirtschaftung des Betriebes; am 29. September 1987 übernahm dann Edmond Ropars den Betrieb wieder aufgrund eines nationalen Gesetzes, wonach er seine Rente mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit kumulieren durfte.
14 Am 17. November 1987 stellte Edmond Ropars beim Präfekten des Departements Finistère einen Antrag auf Zuteilung einer Referenzmenge. Dieser Antrag wurde mit Entscheidung des Präfekten vom 27. November 1987 mit der Begründung abgelehnt, daß Edmond Ropars 1983 keine Milch erzeugt habe.
15 Auf die von Edmond Ropars erhobene Klage wurde die ablehnende Entscheidung am 2. März 1989 durch Urteil des Tribunal administratif Rennes (Frankreich) mit der Begründung aufgehoben, daß die Gemeinschaftsverordnung, auf die sie sich gestützt habe, vom Gerichtshof für ungültig erklärt worden sei.
16 Am 9. Januar 1990 beantragte Edmond Ropars beim französischen Landwirtschaftsminister erneut die Zuteilung einer Referenzmenge sowie Schadensersatz. Dieser Antrag wurde stillschweigend abgelehnt. Die dagegen erhobenen Klagen wurden abgewiesen, zunächst durch das Tribunal administratif Rennes am 28. April 1993 mit der Begründung, daß Edmond Ropars Rentner sei und demzufolge keine Quote beanspruchen könne, dann durch den französischen Conseil d'État am 30. April 1997 mit der Begründung, daß weder der Präfekt noch der Landwirtschaftsminister für die Zuteilung der Quote zuständig seien. Die einzige nach französischem Recht zuständige Stelle war das Office national interprofessionnel du lait et de produits laitiers (im folgenden: Onilait).
17 Am 31. Dezember 1991 stellte Edmond Ropars seine Tätigkeit als Landwirt ein.
18 Am 26. Januar 1995 lehnte das Onilait seinen Antrag auf eine Entschädigung im Rahmen der Verordnung Nr. 2187/93 ab.
19 Nach dem in Randnummer 16 genannten Urteil des Conseil d'État stellte Edmond Ropars am 10. Mai 1997 beim Onilait einen Antrag auf Zuteilung einer Quote.
20 Mit Entscheidung vom 11. September 1997 wurde dieser Antrag mit der Begründung abgelehnt, daß der Anspruch auf die Quote erloschen sei, als Herr Carmes den Betrieb 1987 aufgegeben habe. Edmond Ropars erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Tribunal administratif Rennes; dieses hat noch nicht entschieden.
Verfahren und Anträge der Parteien
21 Edmond Ropars hat mit Klageschrift, die am 27. Juni 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. Die Rechtssache ist unter der Nr. C-167/91 in das Register eingetragen worden.
22 Mit Beschluß vom 14. September 1993 hat der Gerichtshof das Verfahren bis zur Verkündung des Endurteils in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 (Mulder u. a./Rat und Kommission) und C-37/90 (Heinemann/Rat und Kommission) ausgesetzt.
23 Mit Beschluß vom 27. September 1993 hat der Gerichtshof die Rechtssache gemäß Artikel 3 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in der Fassung des Beschlusses 93/350/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht verwiesen.
24 Mit Beschluß vom 10. Februar 1999 hat der Präsident der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien in der informellen Sitzung vom 30. September 1998 die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet.
25 Durch Beschluß vom 6. Juli 1999 ist die Rechtssache an eine mit drei Richtern besetzte Kammer verwiesen worden.
26 Edmond Ropars ist am 29. November 1998 verstorben. Seine Ehefrau und sieben seiner Kinder haben ordnungsgemäß erklärt, das Verfahren als Erben fortführen zu wollen.
27 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen und die Kläger aufgefordert, einige Fragen schriftlich zu beantworten.
28 Gemäß Artikel 14 § 2 und 51 der Verfahrensordnung hat die Vierte Kammer die Rechtssache dem Richter Moura Ramos als Einzelrichter zugewiesen.
29 Die Parteien haben in der Sitzung vom 28. Januar 2000 mündlich verhandelt und die vom Gericht mündlich gestellten Fragen beantwortet.
30 Die Kläger beantragen,
- die Gemeinschaft zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung in Höhe von 461 949,60 FRF zuzüglich 8 % Zinsen ab Klageerhebung und einen der Wertminderung der verkauften landwirtschaftlichen Flächen entsprechenden Betrag von 180 000 FRF zu zahlen;
- die Gemeinschaft zu verurteilen, die gesamten Verfahrenskosten zu tragen und ihnen einen Betrag von 40 000 FRF als Erstattung der erstattungsfähigen Kosten zu zahlen;
- das Verfahren auszusetzen, bis das Tribunal administratif Rennes über die gegen die Entscheidung des Onilait vom 11. September 1997 erhobene Klage entschieden hat.
31 Der Rat beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zum Antrag auf Aussetzung des Verfahrens
32 Da die Entscheidung des Tribunal administratif Rennes sich nur auf das Ausmaß des von den Klägern geltend gemachten Schadens und nicht auf die Frage der Haftung der Gemeinschaft auswirken könnte, ist der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurückzuweisen.
Zur Begründetheit
Vorbringen der Parteien
33 Die Kläger machen geltend, Edmond Ropars sei durch die Nichtzuteilung einer Referenzmenge durch die Verordnung Nr. 857/84, deren Ungültigkeit vom Gerichtshof im Urteil Mulder I festgestellt worden sei, ein Schaden entstanden. Anschließend habe der Gerichtshof im Urteil Mulder II außerdem entschieden, daß diese Verordnung das berechtigte Vertrauen der Erzeuger verletzt habe, die Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen eingegangen seien und die nach dem Auslaufen dieser Verpflichtungen beabsichtigt hätten, die Milcherzeugung wiederaufzunehmen. Unter diesen Umständen habe der Rat den entstandenen Schaden zu ersetzen.
34 Nach dem Urteil Mulder II habe Edmond Ropars alle Voraussetzungen für eine Entschädigung erfuellt. Unstreitig habe er seine Umstellungsverpflichtung in vollem Umfang eingehalten und später seine Absicht, die Milcherzeugung wiederaufzunehmen, während er noch berufstätig war, ausdrücklich dadurch bekundet, daß er beim Präfekten des Departements Finistère am 17. November 1987 einen Antrag auf Zuteilung einer Quote gestellt habe.
35 Auch wenn Edmond Ropars vor dem Auslaufen der Verpflichtung in den Ruhestand getreten sei, sei seine Frau bei der Bewirtschaftung des Betriebes seine Nachfolgerin geworden und es habe bei dieser Gelegenheit kein Betriebsübergang stattgefunden, da sie ebenfalls Unterzeichnerin dieser Verpflichtung gewesen sei.
36 Edmond Ropars habe auf zwei Arten Schaden erlitten. Die erste beruhe darauf, daß er bis zum Ende seiner Tätigkeit am 31. Dezember 1991 keine Milch habe erzeugen können. Die zweite liege in der Wertminderung seiner landwirtschaftlichen Flächen, da er keine Referenzmenge habe erhalten können. Edmond Ropars habe 1985 12 ha 53 a 9 ca Flächen für 120 000 FRF verkauft, während eine Parzelle dieser Größe vorher mit 180 000 FRF bewertet worden sei.
37 Die Kläger bestreiten schließlich, daß ihr Anspruch verjährt sei, da Edmond Ropars den Lauf der Verjährung durch die Erhebung seiner Klage unterbrochen habe.
38 Bei der Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts haben die Kläger geltend gemacht, Edmond Ropars habe in Wirklichkeit niemals aufgehört, in seinem Betrieb zu arbeiten, und sei immer der eigentliche Betreiber des Bauernhofes in Kervézec gewesen.
39 Der Rat macht geltend, erstens sei die Klage nicht begründet, zweitens sei der Klageanspruch zu einem großen Teil verjährt und drittens sei der geltend gemachte Schaden zu hoch angesetzt.
Beurteilung durch das Gericht
40 Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für einen durch ihre Organe verursachten Schaden setzt nach Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 Absatz 2 EG) voraus, daß ein Tatbestand erfuellt ist, dessen Merkmale die Rechtswidrigkeit des dem Gemeinschaftsorgan zur Last gelegten Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden sind (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in den verbundenen Rechtssachen 197/80 bis 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18, und des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den verbundenen Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 80).
41 Was die Lage der Milcherzeuger angeht, die eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen waren, so haftet die Gemeinschaft gegenüber jedem Erzeuger, der dadurch einen ersetzbaren Schaden erlitten hat, daß er durch Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 an der Lieferung von Milch gehindert war (Urteil Mulder II, Randnr. 22).
42 Diese Haftung beruht auf der Verletzung des berechtigten Vertrauens, das die Erzeuger, die durch eine Handlung der Gemeinschaft dazu veranlaßt worden sind, die Vermarktung von Milch im Allgemeininteresse und gegen Zahlung einer Prämie für eine begrenzte Zeit einzustellen, in die Begrenztheit ihrer Nichtvermarktungsverpflichtung setzen durften (Urteile Mulder I, Randnr. 24, und Von Deetzen, Randnr. 13). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es jedoch nicht, einen Erzeuger nach einer Regelung wie der über die Zusatzabgabe deswegen Beschränkungen zu unterwerfen, weil er in einem bestimmten Zeitraum vor dem Inkrafttreten dieser Regelung aus Gründen, die mit seiner Nichtvermarktungsverpflichtung nichts zu tun haben, keine Milch vermarktet hat (Urteil des Gerichts vom 13. Januar 1999 in der Rechtssache T-1/96, Böcker-Lensing und Schulze-Beiering/Rat und Kommission, Slg. 1999, II-1, Randnr. 41).
43 Die Kläger machen gelten, ihnen sei vom 1. April 1984 bis zum 31. Dezember 1991 rechtswidrig eine Referenzmenge vorenthalten worden, und dies sei eine Folge der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84. Dadurch sei das Vertrauen von Edmond Ropars darauf, die Milcherzeugung nach Ende seines Nichtvermarktungszeitraums wiederaufnehmen zu können, enttäuscht worden.
44 Unter den hier gegebenen Umständen ist zunächst zu prüfen, ob die Kläger ihr Vorbringen zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere was die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Organe und das Vorliegen des behaupteten Schadens angeht, bewiesen haben.
45 Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache der Partei, die sich auf die Haftung der Gemeinschaft beruft, schlüssige Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens zu erbringen und den Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem beanstandeten Verhalten der Gemeinschaftsorgane nachzuweisen (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1998 in der Rechtssache C-401/96 P, Somaco/Kommission, Slg. 1998, I-2587, Randnr. 71).
46 Sodann ist festzustellen, daß die Kläger, selbst wenn man bejaht, daß Edmond Ropars in Wirklichkeit zu keinem Zeitpunkt seit seinem Eintritt in den Ruhestand am 31. Dezember 1983 seinen Betrieb veräußert und daß er seine Tätigkeit als Landwirt nach diesem Zeitpunkt fortgesetzt hat, immer noch verpflichtet sind, den Nachweis zu erbringen, daß er die Absicht hatte, nach dem Ablauf seines Umstellungszeitraums Milch zu erzeugen.
47 Aus den Akten geht aber hervor, daß Edmond Ropars die Milcherzeugung bei Auslaufen seiner Verpflichtung am 1. Februar 1984 nicht wiederaufgenommen hat, obwohl die Verordnung Nr. 857/84 erst am 1. April 1984 in Kraft getreten ist. Sodann ist unstreitig, daß er eine Referenzmenge erst am 17. November 1987 beantragt hat. Schließlich ist nicht nachgewiesen worden, daß Edmond Ropars Schritte unternommen hatte, die seine Absicht belegen könnten, die Milcherzeugung am Ende des Umstellungszeitraums wiederaufzunehmen.
48 Unter diesen Umständen können die Kläger nicht geltend machen, daß Edmond Ropars darauf vertrauen durfte, die Milcherzeugung wiederaufnehmen zu können, und daß dieses Vertrauen durch die streitigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften verletzt worden sei.
49 Zwar hat Edmond Ropars die Absicht, Milch zu erzeugen, 1987 bei der Stellung seines Antrags auf Zuteilung einer Referenzmenge bekundet, er durfte jedoch nicht darauf vertrauen, diese Erzeugung irgendwann in der Zukunft wiederaufnehmen zu können. Die Marktbürger dürfen nämlich auf dem Gebiet der gemeinsamen Marktorganisationen, deren Zweck eine ständige Anpassung an die Veränderung der wirtschaftlichen Lage mit sich bringt, nicht darauf vertrauen, daß sie nicht Beschränkungen unterworfen werden, die sich aus markt- oder strukturpolitischen Bestimmungen ergeben (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juni 1987 in den verbundenen Rechtssachen 424/85 und 425/85, Frico, Slg. 1987, 2755, Randnr. 33, Mulder I, Randnr. 23, und Von Deetzen, Randnr. 12, sowie das bereits genannte Urteil Böcker-Lensing und Schulze-Beiering/Rat und Kommission, Randnr. 47).
50 Nach alledem haftet die Gemeinschaft gegenüber Edmond Ropars nicht aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen einer solchen Haftung erfuellt sind.
51 Darüber hinaus ist auch die Frage der Verjährung nicht zu prüfen.
52 Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
53 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, haben sie gemäß dem Antrag des Rates die Kosten zu tragen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT
(Einzelrichter)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird zurückgewiesen.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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