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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 07.03.1995
Aktenzeichen: T-432/93
Rechtsgebiete: VO 2950/83, EWG, EG
Vorschriften:
VO 2950/83 Art. 5 Abs. 1 | |
VO 2950/83 Art. 6 | |
VO 2950/83 Art. 7 Abs. 2 | |
EWG Art. 173 Abs. 3 | |
EG Art. 230 |
1. Die Frist, über die ein Unternehmen verfügt, um eine Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission zu erheben, die nur in einem Schreiben an die zuständigen nationalen Behörden Gestalt angenommen hat und von der das Unternehmen selbst aufgrund eines Schreibens dieser Behörden Kenntnis erlangt hat, durch das ihm der Anspruch auf Zahlung des restlichen finanziellen Beitrags des Europäischen Sozialfonds zu einer Maßnahme der beruflichen Bildung abgesprochen und von ihm die Rückzahlung der insoweit zuviel erhaltenen Beträge verlangt wurde, kann, wenn die Gemeinschaftsentscheidung nur mit einer abstrakten und allgemeinen Begründung versehen ist, erst zu laufen beginnen, nachdem das Unternehmen, das binnen angemessener Frist nähere Angaben zu der für die Ausübung seines Klagerechts benötigten Begründung angefordert hat, diese Angaben erhalten hat.
2. Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gestellte Anträge auf Verurteilung eines Organs zur Zahlung eines Geldbetrages, die mit der angefochtenen Entscheidung rechtswidrig abgelehnt worden sei, sind unzulässig. Der Gemeinschaftsrichter ist nämlich nicht befugt, im Rahmen der von ihm ausgeuebten Rechtmässigkeitskontrolle gegenüber den Organen Anordnungen zu treffen oder sich an deren Stelle zu setzen; es ist Sache der betreffenden Verwaltung, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteil ergeben.
3. Die dem betroffenen Mitgliedstaat eröffnete Möglichkeit, vor Erlaß einer endgültigen Entscheidung der Kommission über die Kürzung eines Zuschusses des Europäischen Sozialfonds zu einer Maßnahme der beruflichen Bildung sowohl zum Grunde als auch zur genauen Höhe der Kürzung Stellung zu nehmen, stellt ein wesentliches Formerfordernis dar. Die Nichtbeachtung dieses Formerfordernisses, an deren Geltendmachung vor dem Gemeinschaftsrichter der Bürger ein legitimes Interesse hat, führt zur Nichtigkeit der betreffenden Entscheidung.
Da es um ein wesentliches Formerfordernis geht, muß die Stellungnahme des betroffenen Mitgliedstaats dem Erlaß der Entscheidung vorausgehen, und ihre Abgabe muß sicher und mit hinreichender Eindeutigkeit nachgewiesen sein; ein auf eine Vermutung gestützter Beweis genügt insoweit nicht.
URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE KAMMER) VOM 7. MAERZ 1995. - SOCURTE - SOCIEDADE DE CURTUMES A SUL DO TEJO LDA, QUAVI - REVESTIMENTOS DE CORTICA LDA UND STEC - SOCIEDADE TRANSFORMADORA DE CARNES LDA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - EUROPAEISCHER SOZIALFONDS - ENTSCHEIDUNG UEBER DIE KUERZUNG EINES ZUSCHUSSES - NICHTIGKEITSKLAGE - INEXISTENZ - ZULAESSIGKEIT - VERLETZUNG WESENTLICHER FORMVORSCHRIFTEN. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN T-432/93, T-433/93 UND T-434/93.
Entscheidungsgründe:
Rechtlicher Rahmen, Sachverhalt und Verfahren
1 Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses 83/516/EWG des Rates vom 17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 38) kann sich der Europäische Sozialfonds (im folgenden: ESF) an der Finanzierung von Maßnahmen der beruflichen Bildung und Berufsberatung beteiligen, die im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik der Mitgliedstaaten verwirklicht werden.
2 Nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG (ABl. L 289, S. 1) hat die Genehmigung eines Finanzierungsantrags nach Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses 83/516 zur Folge, daß ein Vorschuß in Höhe von 50 v. H. des Zuschusses des ESF zu dem Zeitpunkt gezahlt wird, für den der Beginn der Bildungsmaßnahme vorgesehen ist.
3 Nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 kann die Kommission einen Zuschuß des ESF, der nicht unter den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung des Finanzierungsantrags verwandt wird, aussetzen, kürzen oder streichen, nachdem sie dem betroffenen Mitgliedsstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
4 1986 beantragte das dem portugiesischen Ministerium für Beschäftigung und soziale Sicherheit unterstellte Departamento para os Assuntos do Fundo Social Europeu (Abteilung für Angelegenheiten des ESF, im folgenden: DAFSE) einen Zuschuß des ESF für eine Gesamtheit von Vorhaben der beruflichen Bildung, die von mehreren Unternehmen, darunter den Klägerinnen, vorgelegt worden waren, die in den Bereichen Gerberei, Herstellung von Preßkork und Dekorteilen aus Kork, Vorbereitung und Vermarktung von Korkplatten sowie Herstellung und Vermarktung von Schweinefleisch tätig sind. Der Aktenvorgang mit der Nr. 860012/P1, unter dem diese verschiedenen Vorhaben zusammengefasst wurden, wurde durch die Entscheidung C(86)0736 der Kommission vom 7. Mai 1986 genehmigt, wonach sich der ESF mit einem Betrag von 874 905 836 ESC an dem Vorhaben im Gesamtumfang von 1 905 322 299 ESC finanziell beteiligen sollte.
5 Am 16. Juni 1986 unterrichtete das DAFSE die beteiligten Unternehmen, darunter die Klägerinnen, über die Genehmigungsentscheidung der Kommission, indem es ihnen die Höhe der jeweiligen Beteiligung des ESF an dem von ihnen vorgelegten Bildungsvorhaben mitteilte (39 954 074 ESC für die Klägerin Socurte, 61 955 645 ESC für die Klägerin Quavi und 202 073 029 ESC für die Klägerin Stec). Ausserdem teilte das DAFSE den Klägerinnen die Höhe des Beitrags des portugiesischen Staates zu den von ihnen geplanten Bildungsmaßnahmen mit (29 416 970 ESC für Socurte, 50 690 990 ESC für Quavi und 165 332 478 ESC für Stec).
6 Auf der Grundlage der für ihre Maßnahmen vorgesehenen Beträge erhielten die Klägerinnen Socurte und Quavi gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 einen Vorschuß in Höhe von 50 % des vom ESF genehmigten Zuschusses, während die Klägerin Stec wegen einer Verzögerung des Beginns der Ausbildungsmaßnahme zwei Vorschüsse erhielt. Ausserdem erhielt jede Klägerin mehrere Zahlungen von den nationalen Behörden als Beitrag aus portugiesischen öffentlichen Mitteln.
7 Nach Beendigung ihrer Maßnahmen der beruflichen Bildung beantragten die Klägerinnen die Zahlung des Restbetrags des ESF-Zuschusses, nachdem sie den Abschlußbericht über die Beurteilung ihrer Maßnahmen nach Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83 übermittelt hatten, aus dem hervorging, daß die Kosten ihrer Maßnahmen unterhalb des genehmigten Kostenentwurfs lagen, und zwar um 14 962 107 ESC bei der Klägerin Socurte (20,6 %), um 7 864 023 ESC bei der Klägerin Quavi (6,3 %) und um 130 377 456 ESC bei der Klägerin Stec (45,2 %).
8 Bis zur Entscheidung der Kommission über den Antrag der Klägerinnen auf Restzahlung nahm das DAFSE in den Jahren 1988 und 1990 weitere Zahlungen an die Klägerinnen vor, sei es als Beitrag aus portugiesischen öffentlichen Mitteln, sei es als Zuschuß des ESF.
9 Am 18. März 1991 richtete das DAFSE ein Schreiben an die Klägerinnen, in dem es ihnen mitteilte, daß "die Kommission der Europäischen Gemeinschaften... den Antrag auf Restzahlung für den obengenannten Vorgang [860012/P1] genehmigt" habe und daß sich "nach der vorstehend genannten Entscheidung der Kommission" die Beteiligung des ESF an den den von den Klägerinnen durchgeführten Maßnahmen auf 17 977 037 ESC (Socurte), 30 977 827 ESC (Quavi) und 49 500 000 ESC (Stec) belaufe. Demgemäß sei der Beitrag aus portugiesischen öffentlichen Mitteln auf 14 708 485 ESC für die Klägerin Socurte, auf 24 345 495 ESC für die Klägerin Quavi und auf 40 500 000 ESC für die Klägerin Stec festzusetzen. Das DAFSE forderte daher die Klägerinnen auf, ihm unter Berücksichtigung der ihnen bereits gezahlten Beträge 17 105 465 ESC (Socurte), 22 160 566 ESC (Quavi) bzw. 46 354 557 ESC (Stec) zurückzuzahlen. Schließlich wies das DAFSE die Klägerinnen im gleichen Schreiben darauf hin, daß eine Abschrift dieses Schreibens und eine Abschrift der Entscheidung der Kommission an das Unternehmen Area Critica gesandt worden sei, das der aus dem Aktenvorgang Nr. 860012/P1 Berechtigte sei.
10 Mit Schreiben vom 15. April 1991 ersuchte der Anwalt der Klägerinnen das DAFSE, ihm die Gründe für die Aufforderung zur Rückzahlung der obengenannten Beträge mitzuteilen und ihm eine Abschrift der Entscheidung der Kommission zu übermitteln, auf die sich das Schreiben des DAFSE vom 18. März 1991 bezogen habe.
11 Mit Schreiben vom 24. April 1991 teilte das DAFSE den Klägerinnen mit, daß die Beträge, die sie ihm hätten zurückzahlen sollen, letztlich niedriger seien als die in seinem Schreiben vom 18. März 1991 genannten und daß sie sich auf 12 904 116 ESC für die Klägerin Socurte, auf 11 395 613 ESC für die Klägerin Quavi und auf 34 969 210 ESC für die Klägerin Stec beliefen. Diese Herabsetzung der von den Klägerinnen zurückzuzahlenden Beträge sei darauf zurückzuführen, daß die Dienststellen des DAFSE die Entscheidung der Kommission ursprünglich dahin ausgelegt hätten, daß der ESF statt der tatsächlich bewilligten 437 452 918 ESC nur 379 373 605 ESC bewilligt habe.
12 Die im Schreiben des DAFSE vom 24. April 1991 genannte Entscheidung der Kommission, die diesem Schreiben beigefügt war und die den Klägerinnen mit Schreiben des DAFSE vom 26. April 1991 ein weiteres Mal übermittelt wurde, bestand in einem Schreiben der Dienststellen der Kommission an das DAFSE vom 14. Februar 1991, das folgenden Wortlaut hatte:
"Betrifft: Vorgang Nr. 860012P1 ° 'Area Critica'
In Beantwortung Ihres Schreibens Nr. 9055 vom 24. April 1989 teilen wir Ihnen mit, daß der Antrag auf Restzahlung für den obengenannten Vorgang von den Dienststellen der Kommission rechtzeitig geprüft wurde, was dazu geführt hat, daß die Gewährung eines Zuschusses des ESF in Höhe von insgesamt 437 452 918 ESC beschlossen wurde, der bereits als erster Vorschuß ausgezahlt wurde, so daß ein Restbetrag nicht ausgezahlt worden ist.
Wir teilen Ihnen weiter mit, daß folgende Umstände berücksichtigt wurden, die zu diesem Ergebnis geführt haben:
° Vorlage verschiedener Dienstleistungsverträge,
° Kontrollinspektionen, die bei dem Berechtigten aus dem Vorgang sowie bei dessen Empfängerstellen durchgeführt wurden."
13 Mit ihren Schreiben vom 14. Mai 1991 an das DAFSE und vom 17. Mai 1991 an die Kommission erbaten die Klägerinnen die Übermittlung beglaubigter Abschriften der ursprünglichen Entscheidung der Kommission über die Gewährung des ESF-Zuschusses für die Bildungsmaßnahmen zum Aktenvorgang Nr. 860012/P1 sowie der in den vorgenannten Schreiben des DAFSE vom 18. März und 24. April 1991 angeführten Entscheidung der Kommission über ihren Antrag auf Restzahlung des Beitrags des ESF zu ihren Bildungsmaßnahmen.
14 Nachdem sie die Klägerinnen mündlich davon in Kenntnis gesetzt hatten, daß sie über die angeforderten Texte nicht verfügten, übermittelten die Dienststellen des DAFSE den Klägerinnen mit Schreiben vom 5. Juni 1991 die Abschrift eines von ihnen an den ESF gerichteten Schreibens, in dem sie um Zusendung einer Abschrift der Entscheidung der Kommission über den Vorgang Nr. 860012/P1 nachgesucht hatten.
15 Mit Schreiben vom 20. Juni 1991 teilten die Dienststellen der Generaldirektion "Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und soziale Angelegenheiten" (GD V) der Kommission ihrerseits den Klägerinnen mit, daß sie sich an die Dienststellen des DAFSE zu wenden hätten, um die gewünschten Unterlagen zu erhalten.
16 Am 26. Juni 1991 nahm der Anwalt der Klägerinnen Einsicht in die bei den Dienststellen des DAFSE geführte Verwaltungsakte über das Vorhaben Nr. 860012/P1.
17 Mit Schreiben vom 30. Juli 1991 sandten die Dienststellen des DAFSE den Klägerinnen "eine beglaubigte Abschrift der Mitteilung... über die Genehmigungsentscheidung der Kommission" betreffend den Vorgang Nr. 860012/P1.
18 Dieses den Klägerinnen übermittelte Schriftstück bestand in einem von einem Referatsleiter unterzeichneten, an das DAFSE gerichteten Schreiben der Kommission vom 10. Juli 1991, mit dem diese das DAFSE darüber unterrichtete, daß die Dienststellen des ESF hinsichtlich der Anträge auf Restzahlung betreffend den Vorgang Nr. 860012/P1 auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren, die dieses Ergebnis rechtfertigten, festgestellt hätten, daß Ausgaben in Höhe von 423 853 516 ESC für einen Zuschuß nicht berücksichtigt werden könnten.
19 Erstens hätten die Erkenntnisse, die bei einer in der Woche vom 26. bis 29. Juli 1988 bei der Klägerin Stec durchgeführten Kontrollinspektion gewonnen worden seien, den Schluß zugelassen, daß ein erheblicher Teil der Ausgaben, die auf mit Dritten geschlossene Dienstleistungsverträge entfielen, hinsichtlich der Buchungsnachweise für diese Ausgaben (Fehlen jeglicher Rechnung oder Quittung bei einem Grossteil dieser Verträge) oder hinsichtlich der Art dieser Ausgaben (dieselben Dienstleistungen seien mehrfach Gegenstand von Verträgen gewesen) unzureichend belegt worden sei.
20 Zweitens seien die Rohstoffe, die im Rahmen der Berufsbildungsprogramme eingesetzt und auf der Grundlage eines Satzes von 12 % des Wertes des Gesamtverbrauchs an Rohstoffen im normalen Produktionszyklus der Klägerin Stec berechnet worden seien, als Totalverlust ausgewiesen worden; es sei jedoch nicht hinnehmbar, daß bei einer Bildungsmaßnahme auf dem Gebiet der Fertigungstechniken keine Entsprechung auf der Einnahmenseite vorhanden sei.
21 Wegen des Fehlens von Transparenz und von Buchungsbelegen für die wichtigsten Ausgaben sei daher beschlossen worden, eine Analyse der angemessenen Kosten auf der Grundlage der nationalen Kriterien durchzuführen, die von den portugiesischen Behörden nach dem Jahr 1986 aufgestellt worden seien. Diese Analyse habe zu dem Ergebnis geführt, daß ein Betrag in Höhe von 56 % der ausgewiesenen Gesamtausgaben zuschußfähig sei.
22 In diesem Schreiben hieß es weiter, daß dieses Ergebnis gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2950/83 proportional auf die gesamten Ausgaben angewandt worden sei, für die die Zahlung im Rahmen des Aktenvorgangs beantragt worden sei, und daß sich hieraus eine Rückforderung in Höhe von 71 454 000 ESC, bezogen auf die Beteiligung des ESF, ergebe.
23 Ausserdem habe die Kommission bereits folgende, dem Antrag auf Restzahlung beigefügte Unterlagen geprüft:
° die Abschriften der Dienstleistungsverträge zwischen dem Unternehmen Partex und den einzelnen Unternehmen, auf die sich der Aktenvorgang beziehe;
° die Berichte über die Kontrollinspektionen der Gemeinschaft, die bei den Unternehmen Area Critica, Stec (Woche vom 27. Oktober bis 3. November 1986) und Granicentro (Woche vom 28. September bis 2. Oktober 1987) durchgeführt worden seien;
° den Abschlußbericht über die quantitative Bewertung der Maßnahmen jedes der am Aktenvorgang beteiligten Unternehmen.
24 Schließlich führte die Kommission in diesem Schreiben aus, daß die nationalen Verantwortlichen auf einer Sitzung beim DAFSE, auf der die Schlußfolgerungen zu dem Aktenvorgang vorgestellt und erörtert worden seien, ihre Stellungnahme abgegeben hätten, in deren Rahmen sie auf die "Schwierigkeiten des Anlaufjahres für die vom ESF bezuschussten Maßnahmen" hingewiesen hätten.
25 Da das in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 vorgesehene Verfahren eingehalten worden sei, sei daher der Zuschuß des ESF auf 437 452 918 ESC festgesetzt worden; dieser Betrag sei bereits als erster Vorschuß ausgezahlt worden.
26 Unter diesen Umständen haben die Klägerinnen die vorliegenden Klagen eingereicht, die am 10. Oktober 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen und unter den Aktenzeichen C-252/91, C-253/91 und C-254/91 eingetragen worden sind.
27 Mit am 13. November 1991 eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission nach den Artikeln 91 ff. der Verfahrensordnung des Gerichtshofes eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben, zu der die Klägerinnen am 16. Januar 1992 Stellung genommen haben.
28 Der Gerichtshof hat am 9. November 1992 beschlossen, die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorzubehalten.
29 Mit Beschluß vom 12. Januar 1993 hat der Präsident des Gerichtshofes die Rechtssachen zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
30 Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen und mit dem Eingang der Gegenerwiderung am 2. Juli 1993 abgeschlossen worden.
31 Mit Beschluß vom 27. September 1993 gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) hat der Gerichtshof die Rechtssachen an das Gericht verwiesen, bei dem sie unter den Aktenzeichen T-432/93, T-433/93 und T-434/93 eingetragen worden sind.
32 Durch Beschluß des Gerichts vom 7. Juli 1994 sind die Rechtssachen nach Anhörung der Parteien an die mit drei Richtern besetzte Erste Kammer verwiesen worden.
33 Das Gericht (Erste Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Kommission und das DAFSE zur Beantwortung von vier bzw. zwei schriftlichen Fragen aufgefordert. Die Parteien haben in der Sitzung vom 30. November 1994 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Parteien
34 Die Klägerinnen beantragen,
° zu Beweiszwecken:
° die Vorlage der bei den Dienststellen der Kommission und des DAFSE geführten Verwaltungsakten betreffend die Klägerinnen (Aktenvorgang Nr. 860012/P1-FSE) anzuordnen;
° zur Hauptsache:
° die Klagen für zulässig zu erklären;
° die rechtliche Inexistenz der Entscheidung der Kommission festzustellen, auf die sich die Schreiben des DAFSE vom 18. März und 24. April 1991 beziehen;
° die im Schreibender GD V der Kommission vom 10. Juli 1991 enthaltene Handlung für nichtig zu erklären;
° die Beklagte zur Restzahlung zu verurteilen;
° der Beklagten die Kosten aufzuerlegen.
35 Die Kommission beantragt,
° die Klagen für unzulässig zu erklären;
° die Klagen als unbegründet abzuweisen;
° hilfsweise, den Antrag auf Verurteilung der Kommission zur Restzahlung für unzulässig zu erklären;
° den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.
Zur Zulässigkeit der Nichtigkeitsanträge
Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien
36 Die Kommission macht erstens geltend, soweit die Klagen gegen die Entscheidung gerichtet seien, die den Klägerinnen mit den Schreiben des DAFSE vom 18. März und 24. April 1991 mitgeteilt worden sei, seien sie unzulässig, da sie am 10. Oktober 1991, d. h. nach Ablauf der gesetzlichen Frist des Artikels 173 Absatz 3 EWG-Vertrag erhoben worden seien (Beschluß des Gerichtshofes vom 27. April 1988 in der Rechtssache 352/87, Farzoo und Kortmann/Kommission, Slg. 1988, 2281).
37 Nach Ansicht der Kommission hatten die Klägerinnen zum Zeitpunkt des Eingangs dieser beiden Schreiben, also am 21. März und am 30. April 1991, Kenntnis sowohl von der Entscheidung der Kommission, den Beitrag des ESF zum Vorhaben Nr. 860012/P1 auf insgesamt 437 452 918 ESC zu begrenzen und ihnen einen Anspruch auf Restzahlung abzusprechen, als auch von den Gründen dieser Entscheidung.
38 Daher hätten die Klägerinnen spätestens am 30. April 1991 von der Entscheidung der Kommission Kenntnis erlangt, die zwar möglicherweise mit verschiedenen Fehlern behaftet sei, deren Gegenstand jedoch völlig verständlich und klar gewesen sei, so daß sie mit einer Nichtigkeitsklage habe angefochten werden können.
39 Die Kommission hält die Klage zweitens insoweit für unzulässig, als sie gegen das den Klägerinnen mit Schreiben des DAFSE vom 30. Juli 1991 mitgeteilte Schreiben der Kommission vom 10. Juli 1991 gerichtet sei.
40 Zum einen enthalte dieses Schreiben keine anfechtbare Entscheidung über den Antrag der Klägerinnen auf Restzahlung, da es nur die Gründe für die Festsetzung der Höhe des Gemeinschaftsbeitrags zum Vorhaben Nr. 860012/P1 angebe, ohne den bereits festgesetzten Betrag zu ändern.
41 Zum anderen sei das Schreiben vom 10. Juli 1991, selbst wenn man annähme, daß es eine Entscheidung enthalte, doch nur eine Entscheidung, die die vorangegangene Entscheidung der Kommission lediglich bestätige, mit der der Gemeinschaftsbeitrag zu dem Vorhaben herabgesetzt und die, nachdem sie dem DAFSE mit Schreiben der Kommission vom 14. Februar 1991 mitgeteilt worden sei, den Klägerinnen mit den Schreiben des DAFSE vom 18. März und 24. April 1991 zur Kenntnis gebracht worden sei. Diese Entscheidung sei, da sie nicht fristgemäß mit einer Klage angefochten worden sei, nunmehr gegenüber den Klägerinnen bestandskräftig geworden, so daß die vorliegende Klage jetzt gegen eine nur bestätigende Entscheidung gerichtet und mithin unzulässig sei (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Mai 1989 in den verbundenen Rechtssachen 193/87 und 194/87, Maurissen u. a./Rechnungshof, Slg. 1989, 1045, Randnr. 26; Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 21. November 1990 in der Rechtssache C-12/90, Infortec/Kommission, Slg. 1990, I-4265).
42 Die Klägerinnen, die der Auffassung sind, daß die mit ihren Klagen angefochtenen Entscheidungen sie unmittelbar und individuell beträfen, auch wenn sie an das DAFSE gerichtet seien (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-304/89, Oliveira/Kommission, Slg. 1991, I-2283), betonen, daß sie nicht beantragten, die Entscheidung, auf die sich die Schreiben des DAFSE vom 18. März und 24. April 1991 bezögen, für nichtig zu erklären, sondern, ihre Inexistenz festzustellen, und daß die Erhebung einer derartigen Klage vor dem Gemeinschaftsrichter an keine Frist gebunden sei.
43 Hierzu tragen die Klägerinnen vor, zum einen habe das DAFSE ihnen mit den Schreiben vom 18. März und 24. April 1991 keinerlei Abschrift eines Rechtsaktes übermittelt, der als Entscheidung der Kommission angesehen werden könne, und zum anderen enthielten diese Schreiben keine Angaben, die es ihnen ermöglichten, vom Inhalt der Entscheidung, auf die sie sich bezögen, mit einem Mindestmaß an Genauigkeit Kenntnis zu nehmen. Da diese Mitteilungen des DAFSE keine Entscheidungen der Kommission im Sinne der Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofes vom 5. Dezember 1963 in den verbundenen Rechtssachen 23/63, 24/63 und 52/63, Usines Emile Henricot u. a./Hohe Behörde, Slg. 1963, 467, und vom 16. Juni 1966 in der Rechtssache 54/65, Compagnie des forges de Châtillon, Cemmentry et Neuves Maisons/Hohe Behörde, Slg. 1966, 529) seien und auch keine Einzelheiten enthielten, die die Feststellung einer solchen Entscheidung und ihres genauen Inhalts zuließen, hätten sie es den Klägerinnen nicht ermöglicht, ihr Klagerecht auszuüben (Urteil des Gerichtshofes vom 5. März 1980 in der Rechtssache 76/79, Könecke/Kommission, Slg. 1980, 665). Daher habe die Frist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage für sie nicht am 30. April 1991, dem Tag, an dem sie vom zweiten Schreiben des DAFSE vom 24. April 1991 Kenntnis erlangt hätten, beginnen können.
44 Infolgedessen gehen die Klägerinnen davon aus, daß allein das Schreiben der Kommission vom 10. Juli 1991, das ihnen am 30. Juli 1991 übermittelt worden sei, als Entscheidung im Rechtssinne anzusehen sei. Nur in diesem Schreiben habe die Kommission nämlich erklärt, daß sie Ausgaben in Höhe von 423 853 516 ESC als nicht zuschußfähig ansehe, und habe zur Stützung dieses Ergebnisses ihre Gründe (Nrn. 1 und 2) unter Hinweis auf die bei der Klägerin Stec durchgeführte Prüfung und deren Ergebnisse sowie auf die Besprechung mit den nationalen Behörden und die von diesen abgegebenen Stellungnahmen (Nr. 3) dargelegt, bevor sie ihren Beschluß mitgeteilt habe, die Höhe des Zuschusses des ESF auf 437 452 918 ESC festzusetzen (Nr. 4). Die Klägerinnen meinen schließlich, das Schreiben vom 10. Juli 1991 könne, weil es sich dabei um eine Handlung mit Entscheidungscharakter handele, keinen bestätigenden Charakter haben, da eine bestätigende Maßnahme das Bestehen einer früheren Entscheidung voraussetze, die es im vorliegenden Fall nicht gebe.
45 Daher seien die vorliegenden, am 10. Oktober 1991 eingereichten Klagen fristgemäß erhoben worden, da sie gegen die einzige im vorliegenden Fall anfechtbare Handlung gerichtet seien.
Würdigung durch das Gericht
46 Das Gericht stellt fest, daß die Klägerinnen aufgrund der an sie gerichteten Schreiben des DAFSE vom 18. März und 24. April 1991 am 30. April 1991, dem Tag des Eingangs des Schreibens des DAFSE vom 24. April 1991, im Besitz des Schreibens der Kommission vom 14. Februar 1991 waren und damit zum einen von einer Entscheidung der Kommission über die Kürzung des Zuschusses des ESF und über die Ablehnung einer Restzahlung und zum anderen von den Folgen dieser Entscheidung für sie Kenntnis erlangt hatten, die die zuständige nationale Einrichtung in ihren Schreiben vom 18. März und 24. April 1991 angeführt hatte.
47 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist die Frage der rechtlichen Existenz einer Entscheidung unter Berücksichtigung ihres Inhalts und der von ihr erzeugten Wirkungen zu beurteilen (Beschluß des Gerichts vom 30. November 1992 in der Rechtssache T-36/92, SFEI, u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2479, Randnr. 23; Urteil des Gerichtshofes vom 16. Juni 1994 in der Rechtssache C-39/93 P, SFEI u. a./Kommission, Slg. 1994, I-2681, Randnrn. 26 ff.; Urteil des Gerichts vom 24. März 1994 in der Rechtssache T-3/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II-121, Randnrn. 57 bis 59) und können auf dem speziellen Gebiet der Aufgaben des ESF die Entscheidungen über die Kürzung des Zuschusses des ESF durch einfaches Schreiben der GD V der Kommission mitgeteilt werden (Beschluß des Gerichts vom 20. Juni 1994 in der Rechtssache T-446/93, Frinil/Kommission, Randnrn. 29 und 32, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). Daher kann die rechtliche Existenz der streitigen Entscheidung nicht dadurch in Frage gestellt werden, daß diese Entscheidung nur in den Mitteilungen, deren Gegenstand sie war (Schreiben eines Referatsleiters der GD V an das DAFSE vom 14. Februar 1991 und Schreiben des DAFSE an die Klägerinnen vom 24. April 1991, dem das erstgenannte Schreiben als Anlage beigefügt war), Gestalt angenommen hat. Die Klägerinnen, deren Rechtsstellung dadurch berührt wurde, daß ihnen am 30. April 1991 der Anspruch auf Zahlung des restlichen finanziellen Beitrags des ESF zu ihren Vorhaben abgesprochen und von ihnen die Rückzahlung der insoweit zuviel erhaltenen Beträge verlangt wurde, konnten somit, um diese Wirkungen zu beseitigen, nicht geltend machen, daß eine Entscheidung mit solchen Wirkungen überhaupt nicht existiere, sondern nur, daß diese Entscheidung rechtswidrig sei.
48 Daher ist zu prüfen, ob die Entscheidung der Kommission, wie sie den Klägerinnen am 30. April 1991 zur Kenntnis gebracht wurde, es diesen ermöglichte, sachgerecht Klage zu erheben.
49 Wie der Gerichtshof zu Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag entschieden hat (Urteil vom 6. Juli 1988 in der Rechtssache 236/86, Dillinger/Kommission, Slg. 1988, 3761, Randnr. 14; vgl. auch Urteil Könecke/Kommission, a. a. O., und Urteil vom 5. März 1986 in der Rechtssache 59/86, Tezi/Kommission, Slg. 1986, 887, sowie Urteil des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-465/93, Consorzio gruppo di azione locale "Murgia Messapica"/Kommission, Slg. 1994, II-361, Randnr. 29), muß, falls eine Bekanntgabe oder Mitteilung nicht vorliegt, derjenige, der Kenntnis vom Bestehen eines ihn betreffenden Rechtsakts hat, dessen vollständigen Wortlaut binnen angemessener Frist anfordern, doch läuft unter dieser Voraussetzung die Klagefrist erst von dem Zeitpunkt an, zu dem der betroffene Dritte genaue Kenntnis von Inhalt und Begründung des fraglichen Rechtsakts erlangt, so daß er sein Klagerecht ausüben kann.
50 Im vorliegenden Fall steht fest, daß das Schreiben vom 14. Februar 1991 zwar Angaben, die die Feststellung des Bestehens einer Entscheidung zuließen, sowie eine abstrakte und allgemeine Begründung ("Vorliegen verschiedener Dienstleistungsverträge", "durchgeführte Kontrollinspektionen") enthielt, daß in ihm jedoch nicht die genauen Gründe für den Erlaß dieser Entscheidung gegenüber den Klägerinnen dargelegt waren. Unmittelbar nach Eingang des Schreibens des DAFSE vom 24. April 1991 am 30. April 1991 baten die Klägerinnen jedoch mit Schreiben vom 14. Mai 1991 an das DAFSE und mit Schreiben vom 17. Mai 1991 an die Kommission um Mitteilung der genauen Gründe für die Entscheidung über die Ablehnung der Restzahlung. Diese Gründe wurden ihnen erst am 30. Juli 1991 mitgeteilt, dem Tag, an dem das DAFSE ihnen das Schreiben der Kommission vom 10. Juli 1991 übermittelte. In diesem Schreiben wurde im einzelnen dargelegt, welche Prüfungen von den Dienststellen des ESF durchgeführt worden waren, und insbesondere erwähnt, daß mit diesen Prüfungen bei der Klägerin Stec begonnen worden sei, bei der sie das Vorliegen unzureichend belegter Dienstleistungsverträge sowie eine Überbewertung der entstandenen Verluste ergeben hätten, was zur Ausweitung der Prüfungen auf alle im streitigen Aktenvorgang ausgewiesenen Ausgaben geführt habe. Dieses Schreiben gelangte schließlich für die Beteiligung des ESF zu dem Ergebnis, daß ein Betrag in der Grössenordnung von 71 454 000 ESC zurückzuzahlen sei. Daraus folgt, daß die Klägerinnen durch dieses Schreiben vom 10. Juli 1991 am 30. Juli 1991 hinreichende Kenntnis von den Gründen für die Entscheidung der Kommission über die Ablehnung der Restzahlung erlangt hatten und diese Entscheidung von diesem Zeitpunkt an sachgerecht mit einer Klage anfechten konnten.
51 Daher ist festzustellen, daß die Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission, wie sie sich aus dem Schreiben vom 10. Juli 1991 ergibt, innerhalb von zwei Monaten nach dem Tag, an dem die Klägerinnen von dieser Entscheidung Kenntnis erlangt hatten, erhoben worden ist. Die Klage ist daher für zulässig zu erklären.
Zur Zulässigkeit der Anträge auf Verurteilung der Kommission zur Zahlung des Restbetrags
Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien
52 Die Kommission hält die Klage für unzulässig, da diese darauf gerichtet sei, sie zur Zahlung des Restbetrags des finanziellen Beitrags des ESF zu verurteilen. Ihre Verurteilung zur Zahlung eines bestimmten Betrags sei im Rahmen einer Nichtigkeitsklage aber nur gerechtfertigt, wenn damit ein Verlust oder ein Schaden ersetzt werden solle. Da die Klägerinnen keinen solchen Anspruch geltend gemacht hätten, bedeute ihr Antrag, daß der Gemeinschaftsrichter sich an die Stelle der Kommission setzen und sie zur Zahlung dieses Restbetrags anweisen solle; diese Zuständigkeit habe der Gemeinschaftsrichter jedoch im Rahmen des Artikels 173 EWG-Vertrag nicht, dessen Anwendung nur zur Nichtigerklärung einer Entscheidung führen könne.
53 Die Klägerinnen stellen es in das Ermessen des Gerichts, über den Umfang seiner Zuständigkeit für eine ihrem Antrag entsprechende Verurteilung der Kommission zur Zahlung des Restbetrags des Zuschusses des ESF zu dem streitigen Vorhaben zu entscheiden.
Würdigung durch das Gericht
54 Nach ständiger Rechtssprechung ist der Gemeinschaftsrichter nicht befugt, im Rahmen der von ihm ausgeuebten Rechtmässigkeitskontrolle gegenüber den Organen Anordnungen zu treffen oder sich an deren Stelle zu setzen (vgl. Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1991 in der Rechtssache T-19/90, Von Hößle/Rechnungshof, Slg. 1991, II-615, Randnr. 30); es ist Sache der betreffenden Verwaltung, die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem auf eine Nichtigkeitsklage ergangenen Urteil ergeben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, AKZO Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, und Urteil des Gerichts vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache T-43/92, Dunlop/Kommission, Slg. 1994, II-441 Randnr. 181).
55 Daraus folgt, daß die Anträge der Klägerinnen auf Verurteilung der Kommission zu der ihnen mit der angefochtenen Entscheidung nach ihrer Ansicht rechtswidrig verwehrten Restzahlung als unzulässig abzuweisen sind.
Zur Begründetheit
56 Die Klägerinnen machen vier Klagegründe geltend, mit denen sie die Rechtmässigkeit der Entscheidung der Kommission, wie sie sich aus dem Schreiben vom 10. Juli 1991 ergibt, in Abrede stellen, und zwar einen Verstoß gegen die Grundsätze des Gebots rechtmässigen Handelns und des Vertrauensschutzes, eine Verletzung der wesentlichen Formvorschriften und der Verfahrensvorschriften der Artikel 6 Absatz 1 und 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2950/83 sowie einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Verwaltung des ESF, insbesondere gegen die Artikel 1 und 5 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2950/83.
57 Das Gericht hält es im vorliegenden Fall für angebracht, zunächst den Klagegrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften zu prüfen, die hier im wesentlichen in der Nichtbeachtung der genannten Verfahrensvorschriften der Verordnung Nr. 2950/83 und insbesondere ihres Artikels 6 Absatz 1 bestehen soll.
Zur Verletzung der Verfahrensvorschrift des Artikels 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83
Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien
58 Nach Auffassung der Klägerinnen ist die angefochtene Entscheidung, wie sie sich aus dem Schreiben vom 10. Juli 1991 ergibt, wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften für nichtig zu erklären, weil das in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 vorgesehene Verfahren nicht eingehalten worden sei, wonach die Kommission, bevor sie eine Entscheidung über die Aussetzung, die Streichung oder die Kürzung des Zuschusses des ESF erlasse, dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme geben müsse.
59 Die Klägerinnen machen geltend, diese konkrete Stellungnahme der nationalen Behörden dürfe nicht verwechselt werden mit etwaigen Bemerkungen der nationalen Behörden des betroffenen Mitgliedstaats im Rahmen anderer Kontakte zwischen der Kommission und den nationalen Stellen im Zusammenhang mit den von der Kommission durchgeführten Prüfungen. Der Aktenvorgang Nr. 860012/P1, wie er in den Archiven des DAFSE geführt werde, enthalte kein Schriftstück über eine von der Kommission an diese innerstaatliche Einrichtung gerichtete Aufforderung zur Stellungnahme zu den Gründen für die Kürzung des Zuschusses des ESF für das fragliche Vorhaben oder über eine Besprechung zwischen den Dienststellen der Kommission und den nationalen Behörden, auf die sich aber das Schreiben vom 10. Juli 1991 beziehe.
60 Auf diesen Verfahrensfehler könnten sich die Klägerinnen schließlich nach der einschlägigen Rechtssprechung des Gerichtshofes berufen (Urteil vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-291/89, Interhotel/Kommission, Slg. 1991, I-2257, und Urteil Oliveira/Kommission, a. a. O.).
61 Die Kommission führt aus, Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 sehe keine besondere Form für die Anhörung des betroffenen Mitgliedstaats, sondern lediglich die Verpflichtung vor, diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Auch wenn im vorliegenden Fall die Archive des DAFSE keinen Hinweis auf die im Juni 1988 abgehaltenen Besprechungen enthielten, wofür die Kommission nicht verantwortlich gemacht werden könne, so habe sie doch dem betroffenen Mitgliedstaat mehrmals Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, insbesondere während der Kontrollinspektionen, bei denen ihre Beamten stets von verantwortlichen Mitarbeitern des DAFSE begleitet worden seien, wie auch bei den zahlreichen Besprechungen, die in Lissabon stattgefunden hätten, um die Ergebnisse dieser Inspektionen zu erörtern, und schließlich im Rahmen der Kontakte auf hoher Ebene zwischen dem Vizepräsidenten der Kommission und dem portugiesischen Minister für Beschäftigung und soziale Sicherheit. Die Kommission verweist hierzu auf die Kontrollinspektionen, die vom 27. Oktober bis zum 3. November 1986, vom 28. September bis zum 2. Oktober 1987 und vom 26. bis zum 29. Juli 1988 in Lissabon durchgeführt worden seien und zu denen sie Berichte erstellt habe, die ihrer Klagebeantwortung als Anlagen 3, 6, 12 und 13 beigefügt seien, sowie auf zwei Besprechungen, die im Juni 1988 unter Beteiligung des portugiesischen Ministers für Beschäftigung und soziale Sicherheit und des Vizepräsidenten der Kommission in Brüssel und am 26. Juni 1988 unter Beteiligung der Vertreter der Kommission und der portugiesischen Behörden in Lissabon stattgefunden hätten und auf die sich die Unterlagen in den Anlagen 12 und 14 zu ihrer Klagebeantwortung bezögen.
62 Abschließend hält die Kommission es jedenfalls für unzulässig, daß sich die Klägerinnen auf einen derartigen Verfahrensfehler beriefen, der nur vom betroffenen Mitgliedstaat geltend gemacht werden könne, worauf dieser jedoch verzichtet habe, indem er die Entscheidung über die Kürzung des Zuschusses des ESF akzeptiert habe.
Würdigung durch das Gericht
63 Was die von der Kommission in Abrede gestellte Zulässigkeit dieses Klagegrundes angeht, hält das Gericht das Interesse der Klägerinnen an seiner Geltendmachung für unbestreitbar. Nach der Rechtsprechung (vgl. Urteil Oliveira/Kommission, a. a. O., Randnrn. 17 und 18, und Urteil Interhotel/Kommission, a. a. O., Randnr. 14) hat nämlich der Bürger ein legitimes Interesse daran, die etwaige Nichtbeachtung des in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 vorgeschriebenen Formerfordernisses vor dem Gemeinschaftsrichter zu rügen, weil sich ein solcher Verstoß auf die Rechtmässigkeit der ihn betreffenden angefochtenen Entscheidungen auswirken kann. Zudem ist der Gemeinschaftsrichter nach dieser Rechtsprechung jedenfalls befugt, die Verletzung wesentlicher Formvorschriften von Amts wegen zu prüfen.
64 Was die Begründetheit dieses Klagegrundes betrifft, so ist daran zu erinnern, daß die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 den Zuschuß des ESF dann, wenn er nicht unter den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwandt wird, kürzen kann, nachdem sie dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat.
65 Ausserdem stellt die dem betroffenen Mitgliedstaat eröffnete Möglichkeit, vor Erlaß einer endgültigen Kürzungsentscheidung sowohl zum Grunde als auch zur genauen Höhe der Kürzung Stellung zu nehmen, ein wesentliches Formerfordernis dar, dessen Nichtbeachtung zur Nichtigkeit der betreffenden Entscheidungen führt (vgl. Urteil des Gerichtshofes Interhotel/Kommission, a. a. O., Randnr. 17, Urteile des Gerichtshofes vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-157/90, Infortec/Kommission, Slg. 1992, I-3525, Randnr. 20, und vom 25. Mai 1993 in der Rechtssache C-199/91, Foyer culturel du Sart-Tilman/Kommission, Slg. 1993, I-2667, Randnr. 34, und zuletzt Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1994 in der Rechtssache T-450/93, Lisrestal u. a./Kommission, Randnrn. 40 und 47, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).
66 Folglich muß, da es sich hierbei um ein wesentliches Formerfordernis handelt, die Stellungnahme des betroffenen Mitgliedstaats der Entscheidung über die Kürzung des Zuschusses des ESF vorausgehen, und ihre Abgabe muß sicher und mit hinreichender Eindeutigkeit nachgewiesen sein; ein auf eine Vermutung gestützter Beweis genügt insoweit nicht.
67 Ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfuellt sind, ist anhand von Gegenstand und Inhalt der Kontrollinspektionen zu prüfen, die von der Kommission vom 27. Oktober bis zum 3. November 1986, vom 28. September bis zum 2. Oktober 1987 und vom 26. bis zum 29. Juli 1988 in Portugal durchgeführt wurden, sowie anhand von Gegenstand und Inhalt der von der Kommission angeführten Besprechungen, die im Juni 1988 zwischen dem zuständigen Mitglied der Kommission und dem portugiesischen Minister für Beschäftigung und soziale Sicherheit in Brüssel sowie zwischen den Vertretern der Kommission und den portugiesischen Behörden in Lissabon stattfanden.
68 Hierzu ist zum einen festzustellen, daß die Inspektion, die vom 27. Oktober bis zum 3. November 1986 in Lissabon stattfand, der ° gemäß der Anwort der Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichts am 31. Juli 1987 erfolgten ° Stellung des Antrags auf Zahlung des Restbetrags zum Aktenvorgang Nr. 860012/P1 vorausging; zum anderen beschränken sich die Dienststellen der Kommission in ihrem Bericht in Anlage 3 zur Klagebeantwortung auf die Feststellung, daß erstens der Vorausschätzung der betreffenden Ausgaben bisweilen zu großzuegige Annahmen zugrunde gelegen hätten, daß zweitens in den Fällen der praktischen Berufsausbildung in den Unternehmen eine offensichtliche Neigung bestanden habe, die Ausbildung der Produktion gleichzustellen, und daß der ESF auf dem Erfordernis bestehen müsse, die Eigenständigkeit der Bildungsmaßnahmen zu wahren, und daß schließlich die Zuschüsse des ESF konzentriert dort zum Einsatz kommen müssten, wo ein echter Ausbildungsbedarf bestehe. Der von den zuständigen Dienststellen der Kommission erstellte Bericht über diese Inspektion erwähnt jedoch keine Stellungnahme der portugiesischen Behörden, und zwar weder zu den Ergebnissen dieses Berichts noch zu einer etwaigen Kürzung des Finanzierungsbeitrags des ESF.
69 Was die Inspektion durch die Kommissionsdienststellen vom 28. September bis 2. Oktober 1987 in Lissabon angeht, so steht fest, daß ein Vertreter der allgemeinen Finanzinspektion Portugals die Vertreter der Kommission als Beobachter begleitet hat. Bei dieser Inspektion wurde, wie aus dem später erstellten, als Anlage 6 zur Klagebeantwortung vorgelegten Bericht hervorgeht, festgestellt, daß vor der Restzahlung noch ergänzende Angaben benötigt wurden; den nationalen Behörden wurde vorgeschlagen, bei allen Aktenvorgängen dem Muster der Vorgänge zu folgen, für die die Anträge auf Restzahlung in der geeignetsten Form gestellt worden seien. Auch hier erwähnt der Inspektionsbericht keinerlei Stellungnahme der portugiesischen Behörden zur Kürzung des Zuschusses des ESF.
70 Zu der vom 26. bis zum 29. Juli 1988 in Lissabon vorgenommenen Inspektion führten die Kommissionsstellen in ihrem als Anlage 12 zur Klagebeantwortung vorgelegten Bericht aus, daß aus Gründen, die mit der fehlenden Transparenz der Ausgaben und mit den hohen Kosten der Ausbildungsstunden pro Schüler verbunden seien, noch kein Vorschlag für eine Restzahlung ausgearbeitet worden sei und daß eine konventionelle Prüfung der Zuschußfähigkeit der Ausgaben aus Gründen, die mit dem Bestehen und der Art der Verträge zusammenhingen, nicht möglich sei; daraus zogen die Kommissionsstellen den Schluß, daß die getätigten Ausgaben weder unter dem Gesichtspunkt der Buchungsbelege noch dem des ausgeglichenen Finanzgebarens bei der Durchführung eines Schulungslehrgangs hinreichend begründet worden seien. In diesem Bericht ist auch die Rede von den bei der Klägerin Stec durchgeführten Prüfungen sowie von der geänderten Kostenaufstellung, zu der diese Kontrollen geführt hätten, was zur Folge gehabt habe, daß der Anteil der zuschußfähigen Ausgaben am beantragten Betrag auf 56 % herabgesetzt worden sei. Schließlich gelangten die Kommissionsstellen in diesem Bericht zu dem Ergebnis, daß man zwar in Betracht hätte ziehen können, von dem aus dem Aktenvorgang Nr. 860012/P1 Berechtigten 71 454 000 ESC zurückzufordern, daß es aber wegen der Verschiedenartigkeit der den einzelnen nachgeordneten Aktenvorgängen zugrunde liegenden Sachverhalte und um den Anlaufschwierigkeiten bei den Maßnahmen in Portugal Rechnung zu tragen, für angebracht gehalten worden sei, auf Rückforderungsmaßnahmen zu verzichten, den bei der Genehmigung gezahlten Vorschuß als zur Deckung der getätigten Ausgaben ausreichend anzusehen und diesen Vorgang ohne Restzahlung abzuschließen. Zwar geht aus diesen Äusserungen hervor, daß die Kommission eine etwaige Kürzung des Finanzierungsbeitrags des ESF unter den vorgenannten Bedingungen in Betracht zog, doch ergibt sich aus diesem Schriftstück nicht, daß die portugiesischen Behörden hierzu hätten Stellung nehmen können. Diese Feststellung wird durch das als Anlage 13 zur Klagebeantwortung vorgelegte Dokument Nr. XX/42/88 vom 12. August 1988 bestätigt, das dieselbe Inspektion vom 26. bis 29. Juli 1988 betrifft. In diesem Schriftstück, einem Bericht über diese vom 26. bis zum 29. Juli 1988 in Portugal durchgeführte Kontrollinspektion, führt die Kommission aus, daß dem ESF nunmehr die Buchungs-, Finanz- oder sonstigen Unterlagen vorlägen, die zum Erlaß einer Entscheidung in umfassender Kenntnis der Sachlage unerläßlich seien, und daß die Vorgänge demgemäß nach einheitlichen Kriterien neu geprüft würden in der Hoffnung, daß sie demnächst abgewickelt werden könnten; da somit keine abschließende Beurteilung durch die Kommission erfolgt war, konnten die nationalen Behörden auch zum Grunde oder zum Umfang der Kürzung des Beitrags des ESF nicht Stellung nehmen.
71 Aus den vorstehenden Feststellungen ergibt sich, daß dem wesentlichen Formerfordernis, den betroffenen Mitgliedstaat in die Lage zu versetzen, vor der Kürzung des Zuschusses des ESF seine Stellungnahme abzugeben, während keiner der von den Dienststellen der Kommission vom 27. Oktober bis zum 3. November 1986, vom 28. September bis zum 2. Oktober 1987 und vom 26. bis zum 29. Juli 1988 in Lissabon durchgeführten Kontrollinspektionen entsprochen worden sein kann.
72 Was die beiden Besprechungen vom Juni 1988 betrifft, auf die sich die Kommission bezieht, so hat die erste von ihnen nach den Ausführungen der Kommission zwischen den Vertretern der Kommission und den portugiesischen Behörden in Lissabon stattgefunden, wie sich aus dem als Anlage 12 zur Klagebeantwortung der Kommission vorgelegten Bericht ergebe, der anläßlich der Kontrollinspektion vom 26. bis 29. Juli 1988 erstellt worden sei. Wie jedoch oben (Randnr. 70) festgestellt worden ist, geht aus diesem Schriftstück nicht hervor, daß sich die portugiesischen Behörden zum Grunde oder zum genauen Umfang der Kürzung des streitigen Beitrags des ESF äussern konnten. Zur zweiten dieser Besprechungen, an der das zuständige Mitglied der Kommission und der portugiesische Minister für Beschäftigung und soziale Sicherheit teilnahmen, ist festzustellen, daß diese Besprechung zu einer an die Ständige Vertretung Portugals gerichteten Note der Kommission vom 27. Juni 1988 geführt hat, die wie folgt lautet: "Im Anschluß an das Gespräch, das vergangene Woche zwischen Ihrem Minister und dem Vizepräsidenten der Kommission stattgefunden hat, teilen wir Ihnen nachstehend die genauen Kennummern der 9 von 54 Aktenvorgängen mit, für die die Kommission Inspektionen an Ort und Stelle und/oder die Beantwortung zusätzlicher Fragen, die die Kommission Ihnen gestellt hat oder noch stellen wird, für wünschenswert hält." Unter den aufgezählten Aktenvorgängen ist auch der die Klägerinnen betreffende Vorgang Nr. 860012/P1 aufgeführt. Nach Ansicht des Gerichts konnte die Kommission, wenn sie zu dem fraglichen Aktenvorgang Inspektionen an Ort und Stelle und/oder zusätzliche Fragen für erforderlich hielt, zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung über die Kürzung des Beitrags des ESF getroffen haben, zu der die nationalen Behörden ihre Stellungnahme hätten abgeben können.
73 Diese von der Kommission angeführte Besprechung führte ausserdem zu einem Vermerk vom 19. Oktober 1988, der vom Kabinett des Vizepräsidenten der Kommission, Herrn Marin, an den Direktor der GD V gerichtet war und wie folgt lautet:
"Betrifft: Abwicklung der Vorgänge 860012/P1, 860288/P1, 860003/P3 und 86084/P3
Nach Eingang des Inspektionsberichts für die im Betreff genannten Vorgänge und unter Berücksichtigung der Lösung, die den portugiesischen Behörden von der Kommission (Herrn Marin, GD XX und GD V) bei den Unterredungen vom Juni für gleichartige Vorgänge vorgeschlagen worden ist, kann das Kabinett nunmehr seine Zustimmung zu den in diesem Bericht enthaltenen Vorschlägen erteilen. Ich bitte sie daher, so schnell wie möglich die Freigabe- und entsprechenden Zahlungsanweisungen (860003/P3) zu veranlassen."
74 Selbst wenn man annimmt, daß die fraglichen Unterredungen eine Kürzung des Zuschusses des ESF betrafen, ergibt sich doch aus diesem Vermerk, daß sich die von der Kommission vorgeschlagene Kürzung nach dem Wortlaut des Vermerks tatsächlich nur auf gleichartige Aktenvorgänge und nicht auf den Vorgang der Klägerinnen selbst bezog, so daß sich auch insoweit nicht sagen lässt, daß der betroffene Mitgliedstaat zum Grunde oder zum Umfang der Kürzung der Finanzierung der vom Vorgang Nr. 860012/P1 betroffenen Maßnahmen Stellung nehmen konnte.
75 Ausserdem ist das Gericht der Auffassung, daß der politische Kompromiß, zu dem die Unterredungen zwischen dem portugiesischen Minister und dem Vizepräsidenten der Kommission geführt haben sollen, jedenfalls nicht das im Streit stehende konkrete Formerfordernis ersetzen kann, das in der Verordnung Nr. 2950/83, wie sie der Gerichtshof und das Gericht in den genannten Entscheidungen ausgelegt haben, vorgesehen ist.
76 Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich ° ohne daß die übrigen von den Klägerinnen angeführten Verfahrensfehler oder Nichtigkeitsgründe geprüft zu werden brauchen ° insgesamt, daß nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Kommission ihre Verpflichtung, dem betroffenen Mitgliedstaat gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2950/83 vor Erlaß der angefochtenen Entscheidung, den Zuschuß des ESF zu kürzen, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, erfuellt hat, und daß diese Entscheidung mithin für nichtig zu erklären ist.
Kostenentscheidung:
Kosten
77 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist und die Kläger beantragt haben, die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen, sind dieser sämtliche Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1) Die Entscheidung der Kommission über die Kürzung des Zuschusses des Europäischen Sozialfonds für das Vorhaben Nr. 860012/P1 betreffend ein Programm über Maßnahmen der beruflichen Bildung in Portugal im Jahr 1986 wird für nichtig erklärt.
2) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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Sofern Sie eine Entscheidung in einem bestimmten Format benötigen, können Sie sich auch per E-Mail an info@protecting.net unter Nennung des Gerichtes, des Aktenzeichens, des Entscheidungsdatums und Ihrer Rechnungsanschrift wenden. Wir erstellen Ihnen eine Rechnung über den Bruttobetrag von € 4,- mit ausgewiesener Mehrwertsteuer und übersenden diese zusammen mit der gewünschten Entscheidung im PDF- oder einem anderen Format an Ihre E-Mail Adresse. Die Bearbeitungsdauer beträgt während der üblichen Geschäftszeiten in der Regel nur wenige Stunden.