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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 27.09.2006
Aktenzeichen: T-44/02 OP
Rechtsgebiete: EG, Entscheidung 2003/25/EG


Vorschriften:

EG Art. 81
Entscheidung 2003/25/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

27. September 2006

"Wettbewerb - Artikel 81 EG - Vereinbarung über die Festlegung der Preise und der Gebührenstruktur für Dienstleistungen des Umtauschs von Bargeld - Deutschland - Nachweise für die Zuwiderhandlung - Einspruch"

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen T-44/02 OP, T-54/02 OP, T-56/02 OP, T-60/02 OP und T-61/02 OP

Dresdner Bank AG mit Sitz in Frankfurt am Main (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Hirsch und W. Bosch,

Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, vormals Vereins- und Westbank AG, mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte J. Schulte, M. Ewen und A. Neus, sodann Rechtsanwälte W. Knapp, T. Müller-Ibold und C. Feddersen,

Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG mit Sitz in München, Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte W. Knapp, T. Müller-Ibold und B. Bergmann, sodann Rechtsanwälte W. Knapp, T. Müller-Ibold und C. Feddersen,

DVB Bank AG, vormals Deutsche Verkehrsbank AG, mit Sitz in Frankfurt am Main, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Klusmann und F. Wiemer,

Commerzbank AG mit Sitz in Frankfurt am Main, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Satzky und B. Maassen,

Klägerinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch T. Christoforou, A. Nijenhuis und M. Schneider als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Einspruchs der Kommission gegen die Versäumnisurteile des Gerichts vom 14. Oktober 2004 in den Rechtssachen T-44/02 (Dresdner Bank/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), T-54/02 (Vereins- und Westbank/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), T-56/02 (Bayerische Hypo- und Vereinsbank/Kommission, Slg. 2004, II-3495), T-60/02 (Deutsche Verkehrsbank/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) und T-61/02 (Commerzbank/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal sowie der Richterin P. Lindh und des Richters V. Vadapalas,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2006

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die vorliegende Rechtssache betrifft die Entscheidung 2003/25/EG der Kommission vom 11. Dezember 2001 in einem Verfahren nach Artikel [81 EG] in der Sache COMP/E-1/37.919 (ex 37.391) - Bankgebühren für den Umtausch von Währungen des Euro-Gebiets - Deutschland (ABl. 2003, L 15, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

2 Bei den Dienstleistungen des Währungsumtauschs ist zu unterscheiden zwischen der Umrechnung von Buchgeld und dem Umtausch von Münzen und Banknoten oder "Barumtausch". Die Barumtauschdienste, die im vorliegenden Fall allein relevant sind, lassen sich weiter unterteilen in zwei Kategorien: den Sortengroßhandel, in dem die Banken erhebliche Mengen von Banknoten umtauschen können (im Folgenden: Sortenhandel zwischen Banken), und den Sorteneinzelhandel, der sich an Privatpersonen richtet und geringe Banknotenmengen betrifft.

3 Vor der Einführung des Euro wurde in Deutschland die Vergütung für Barumtauschdienste im Allgemeinen nicht gesondert ausgewiesen. Der Preis für diese Dienstleistungen war in den Wechselkursen enthalten, zu denen die Kreditinstitute und Wechselstuben die Devisen von ihren Kunden ankauften und ihnen verkauften. Beim Ankauf lag der berechnete Kurs unter dem für den Markt geltenden Referenzkurs und beim Verkauf darüber (Randnr. 38 der angefochtenen Entscheidung). Diese Spanne im Verhältnis zum Referenzkurs wird im Folgenden als "Kursspanne" bezeichnet.

4 Anfang 1999 leitete die Kommission ein Untersuchungsverfahren ein gegen rund 150 Banken in den sieben Mitgliedstaaten Belgien, Deutschland, Irland, Niederlande, Österreich, Portugal und Finnland; zu diesen Banken gehörten auch die Klägerinnen. Die Kommission verdächtigte diese Banken, sich über die Entgelte für den Barumtausch zwischen den Währungen bestimmter teilnehmender Mitgliedstaaten während der Übergangszeit abgesprochen zu haben, die vom 1. Januar 1999, dem Tag der Einführung des Euro als einheitlicher Währung, bis zum 1. Januar 2002, dem Tag, an dem auf Euro lautendes Papier- und Hartgeld in Umlauf gesetzt wurde (im Folgenden: Übergangszeit), dauerte. Obwohl die Kommission das Verfahren ursprünglich unter nur einem Aktenzeichen führte, eröffnete sie im weiteren Verlauf ihrer Untersuchung gesonderte Verfahren über das Bestehen von Absprachen in den betroffenen Mitgliedstaaten.

5 Am 8. Februar 1999 richtete die Kommission an drei deutsche Bankenvereinigungen Auskunftsersuchen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), die im Wesentlichen die Vergütung für Barumtauschdienste betrafen.

6 Am 16. und 17. Februar 1999 nahm die Kommission Nachprüfungen bei den Hauptverwaltungen der Dresdner Bank und der Deutschen Bank in Frankfurt am Main vor.

7 Am 19. Oktober 1999 versandte die Kommission an rund 240 Banken des Euro-Gebiets einen Fragebogen, mit dem sie gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 um Auskunft über erhobene Umtauschprovisionen vor und nach Einführung des Euro ersuchte. Der Fragebogen wurde an 42 deutsche Banken gerichtet, darunter die Adressatinnen der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 22 bis 24 der angefochtenen Entscheidung).

8 Am 20. und 21. Oktober 1999 führte die Kommission eine Nachprüfung in den Niederlanden bei der GWK Bank (im Folgenden: GWK) durch (Randnr. 21 der angefochtenen Entscheidung).

9 Mit Schreiben vom 3. und 10. August 2000 sandte die Kommission an folgende Banken eine Mitteilung von Beschwerdepunkten:

- Commerzbank,

- Deutsche Verkehrsbank (DVB),

- Bayerische Hypo- und Vereinsbank (HVB),

- Reisebank,

- Dresdner Bank,

- Vereins- und Westbank (VUW),

- Bayerische Landesbank Girozentrale,

- SEB Bank (ehemals BfG),

- Hamburgische Landesbank Girozentrale,

- Westdeutsche Landesbank Girozentrale (West LB),

- Landesbank Hessen Thüringen Girozentrale,

- GWK und ihre Muttergesellschaften Fortis NV, Fortis Services Nederland NV und Fortis Bank Nederland NV.

10 Am 1. und 2. Februar 2001 wurden die Unternehmen, an die die Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet war, vom Anhörungsbeauftragten angehört.

11 Am 11. Dezember 2001 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

12 Darin heißt es (Randnr. 2), dass die am 15. Oktober 1997 bei der DVB in Frankfurt am Main versammelten Banken vereinbart hätten, für den An- und Verkauf von Banknoten des Euro-Gebiets während der Übergangszeit eine Provision von rund 3 % zu verlangen.

13 Die Initiative für diese Zusammenkunft (im Folgenden: Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997) sei von der GWK ausgegangen. Dazu wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die GWK die Reisebank bei einer Zusammenkunft am 29. April 1997 dazu gedrängt habe, Gespräche mit anderen deutschen Banken aufzunehmen, um diese vor allem zu bewegen, darauf hinzuwirken, dass die Deutsche Bundesbank ihren Kunden keine gebührenfreien Barumtauschdienste erbringe (Randnrn. 60 und 63 bis 68 der Entscheidung).

14 Nach der angefochtenen Entscheidung (Randnr. 62) finden sich die schriftlichen Beweise für die Zuwiderhandlung in den Berichten über Treffen und Telefonate, die bei der Nachprüfung in den Geschäftsräumen der GWK gefunden worden seien, so insbesondere in zwei Protokollen der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997, von denen eines von einem Mitarbeiter der GWK (im Folgenden: GWK-Protokoll) und das andere von einem Mitarbeiter der Commerzbank (im Folgenden: Commerzbank-Protokoll) verfasst worden sei.

15 Die Kommission stellte in der angefochtenen Entscheidung zunächst fest, dass die Teilnehmer an der Zusammenkunft übereingekommen seien, die Deutsche Bundesbank darüber zu unterrichten, dass sie vom 1. Januar 1999 an "den Umtausch von Banknoten des Euro-Gebiets zu den festen Wechselkursen vornehmen, dabei aber eine ausdrückliche Provision verlangen würden" (Randnr. 88 der angefochtenen Entscheidung).

16 Sodann führte die Kommission (in Randnr. 89 der angefochtenen Entscheidung) aus, dass sich die Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997, da sie sich nicht auf den Grundsatz einer einheitlichen Gebührenfestsetzung hätten einigen können, "das gemeinsame Ziel gesetzt [hätten], die Kursspannen durch Prozentprovisionen zu ersetzen, um ihre Einnahmen aus dem Geldwechselgeschäft zu 90 % sichern zu können. Dies würde zu einer Gesamtprovision von rund 3 % führen." Auf der Grundlage des Commerzbank-Protokolls stellte die Kommission ferner fest, es sei "Übereinstimmung zur Anwendung fester Wechselkurse für Teilnehmerwährungen (d. h. keine Ankaufs- und Verkaufskurse) mit Entgelten als Prozentprovision erzielt [worden]" (Randnr. 95 der angefochtenen Entscheidung).

17 Schließlich ergibt sich nach Ansicht der Kommission sowohl aus dem GWK-Protokoll als auch aus dem Commerzbank-Protokoll das Vorliegen einer Vereinbarung, wonach für Barumtauschdienste eine in Form eines Prozentsatzes vom Umtauschbetrag berechnete Provision verlangt werden sollte. Während die Höhe dieser Provision im Commerzbank-Protokoll nicht genannt sei, spreche das GWK-Protokoll von einer Provision in Höhe von rund 3 %. Die Kommission berücksichtigte jedoch die Erklärung der Bayerischen Landesbank Girozentrale in der Anhörung vom 1. und 2. Februar 2001, ihr Vertreter bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 habe sich daran erinnert, dass "einige Vertreter einzelner Banken einige Zahlen [genannt hätten], die irgendwo zwischen 2 und 4 % lagen", auch wenn er sich nicht an 3 % erinnern könne (Randnr. 96 der angefochtenen Entscheidung).

18 Gestützt auf diese Feststellungen ging die Kommission davon aus, dass "die an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken [vereinbart hatten], nach dem 1. Januar 1999 eine Gesamtprovision von rund 3 % einzuführen, um ihre Einnahmen in Höhe von 90 % zu sichern", und dass diese Vereinbarung "eine Beschränkung des Wettbewerbs in der Gemeinschaft [bezweckte und bewirkte]" (Randnrn. 120 und 128 der angefochtenen Entscheidung). Die Vereinbarung sei für die Dauer der Übergangszeit getroffen worden (Randnr. 173 der angefochtenen Entscheidung).

19 Nach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung haben die Commerzbank, die Dresdner Bank, die HVB, die DVB und die VUW gegen Artikel 81 EG verstoßen, "indem sie an einer Vereinbarung beteiligt waren, die während der ... Übergangszeit den Zweck verfolgte, a) die Art der Erhebung von Gebühren für den Umtausch von Banknoten der Teilnehmerwährungen (d. h. eine Prozentprovision) und b) die Höhe eines Zielpreises von rund 3 % festzusetzen (um ihre Einkünfte aus der Kursspanne zu 90 % zu sichern)".

20 Da die Kommission der Auffassung war, dass es sich um einen schweren Verstoß mit einer Dauer von ungefähr vier Jahren gehandelt habe, setzte sie folgende Geldbußen fest (Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung):

Commerzbank 28 000 000 Euro

Dresdner Bank 28 000 000 Euro

HVB 28 000 000 Euro

DVB 14 000 000 Euro

VUW 2 800 000 Euro

Verfahren

21 Die Dresdner Bank, die VUW, die HVB, die DVB und die Commerzbank haben mit Klageschriften, die zwischen dem 26. Februar und dem 1. März 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, Klage gegen die Entscheidung der Kommission erhoben (Rechtssachen T-44/02, T-54/02, T-56/02, T-60/02 und T-61/02).

22 Die Kommission hat nach der an sie erfolgten Zustellung dieser Klageschriften innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Klagebeantwortung eingereicht. Mit Schreiben, die zwischen dem 25. Juni und dem 2. Juli 2002 bei der Kanzlei eingegangen sind, haben die Klägerinnen gemäß Artikel 122 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts Versäumnisurteil beantragt.

23 Mit Versäumnisurteilen vom 14. Oktober 2004 hat das Gericht die angefochtene Entscheidung für nichtig erklärt (im Folgenden: Versäumnisurteile), soweit sie die jeweilige Klägerin betraf. Das Gericht ist auf der Grundlage der Klageschriften davon ausgegangen, dass die Kommission das Vorliegen der behaupteten Vereinbarung nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hatte, und zwar weder hinsichtlich der Festsetzung der Preise für Barumtauschdienste noch hinsichtlich der Art ihrer Erhebung. Das Gericht hat die Klagegründe, mit denen eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung und die fehlende Beweiskraft der die Klägerinnen belastenden Indizien gerügt wurden, für begründet erklärt, ohne die weiteren Klagegründe zu prüfen.

24 Die Kommission hat mit Schriftsätzen, die zwischen dem 27. November und dem 4. Dezember 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, gemäß Artikel 122 § 4 der Verfahrensordnung Einspruch gegen die Versäumnisurteile eingelegt.

25 Am 14. Januar 2005 hat die VUW mit der HVB fusioniert, die damit in der Rechtssache T-54/02 OP in die Rechte der VUW eingetreten ist.

26 Die Klägerinnen haben mit Schriftsätzen, die zwischen dem 11. und dem 21. Februar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, gemäß Artikel 122 § 5 der Verfahrensordnung zu dem Einspruch Stellung genommen.

27 Mit Beschluss vom 12. Juli 2005 sind die Rechtssachen T-44/02 OP, T-54/02 OP, T-56/02 OP, T-60/02 OP und T-61/02 OP gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung nach Anhörung der Parteien zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

28 Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gebeten, einige Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem nachgekommen.

29 Die Parteien haben in der Sitzung vom 31. Mai 2006 mündlich verhandelt und auf die Fragen des Gerichts geantwortet.

Anträge der Parteien

30 Die Kommission beantragt in allen Rechtssachen,

- das Versäumnisurteil aufzuheben;

- die Klage insgesamt abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Einspruchsverfahrens aufzuerlegen.

31 In der Rechtssache T-44/02 OP beantragt die Dresdner Bank,

- den Einspruch zurückzuweisen und das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Einspruchsverfahrens aufzuerlegen.

32 In den Rechtssachen T-54/02 OP und T-56/02 OP beantragt die HVB,

- das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten;

- den Einspruch zurückzuweisen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Einspruchsverfahrens aufzuerlegen.

33 In der Rechtssache T-60/02 OP beantragt die DVB nach Präzisierung ihres schriftsätzlichen Vorbringens in der mündlichen Verhandlung,

- den Einspruch als teilweise unzulässig zurückzuweisen;

- den Einspruch als unbegründet zurückzuweisen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Einspruchsverfahrens aufzuerlegen.

34 In der Rechtssache T-61/02 OP beantragt die Commerzbank,

- den Einspruch zurückzuweisen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

I - Zum Einspruchsverfahren

35 Die Kommission hat zur Begründung ihrer Anträge auf Aufhebung der Versäumnisurteile mehrere Rügen dagegen erhoben, unter welchen Voraussetzungen das Gericht seine Kontrolle ausgeübt hat, insbesondere was die Beweisanforderungen angeht.

36 In den Rechtssachen T-54/02 OP und T-56/02 OP wendet die HVB ein, dass die Kommission die Natur des Einspruchsverfahrens verkenne, dessen Ziel es nicht sei, rechtliche Fehler des Versäumnisurteils zu korrigieren.

37 Die Kommission hat auf die Bitte, die Bedeutung ihres schriftsätzlichen Vorbringens in der mündlichen Verhandlung zu präzisieren, beantragt, ihre Anträge auf Aufhebung der Versäumnisurteile dahin auszulegen, diese Urteile im Licht der Einspruchschriftsätze zu überdenken. Das Gericht hat nach Anhörung der Klägerinnen diese Klarstellung zur Kenntnis genommen.

38 Nachdem die Kommission die Bedeutung ihrer Anträge in dieser Weise präzisiert hat, hält es das Gericht nicht mehr für erforderlich, über die Einwände der HVB in Bezug auf den Gegenstand des Einspruchsverfahrens zu befinden.

39 Die DVB und die Commerzbank tragen außerdem vor, dass der Einspruch teilweise unzulässig sei. Die Kommission habe versucht, den Gegenstand des Rechtsstreits zu erweitern, indem sie auf andere Klagegründe als die geantwortet habe, über die das Gericht in den Versäumnisurteilen entschieden habe. Der Einspruch müsse sich darauf beschränken, die in den Versäumnisurteilen geprüften Klagegründe zu widerlegen.

40 Zum einen sei jedes Angriffs- oder Verteidigungsmittel der säumigen Partei, das diese Beschränkung nicht beachte, verspätet und folglich nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig.

41 Zum anderen sollten das Versäumnis- und das Einspruchsverfahren eine Sanktion gegen die säumige Partei ermöglichen, nicht aber ihr eine "zweite Chance" verschaffen. Die DVB führt insoweit aus, dass das Gericht, wenn es entscheiden sollte, das Versäumnisurteil aufzuheben, daher den weiteren Klagegründen nachgehen müsse, ohne das auf diese bezogene Vorbringen der säumigen Partei zu berücksichtigen. Jede andere Lösung liefe darauf hinaus, die säumige Partei dadurch zu begünstigen, dass ihr ein erheblicher Zeitraum zur Vorbereitung ihrer Klagebeantwortung zugestanden würde, nachdem sie von der Rechtsauffassung des Gerichts Kenntnis erhalten hätte.

42 Die Kommission ist dieser Auslegung in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten.

43 Das Gericht weist darauf hin, dass das in Artikel 122 § 4 der Verfahrensordnung vorgesehene Einspruchsverfahren es ihm ermöglichen soll, die Sache auf kontradiktorischer Grundlage erneut zu prüfen, ohne an das Ergebnis des Versäumnisurteils gebunden zu sein. Soweit die Verfahrensordnung nichts Gegenteiliges bestimmt, kann die Einspruchsführerin grundsätzlich frei vortragen, ohne auf die Widerlegung der Entscheidungsgründe des Versäumnisurteils beschränkt zu sein.

44 In Anbetracht des Zwecks des Einspruchsverfahrens kann das in Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung vorgesehene Verbot des Vorbringens neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens entgegen der von der DVB und der Commerzbank vertretenen Ansicht nicht dahin ausgelegt werden, dass es der Einspruchsführerin danach verboten wäre, Verteidigungsmittel geltend zu machen, die sie im Stadium der Klagebeantwortung bereits hätte vortragen können. Wie die Kommission zutreffend bemerkt hat, hätte eine solche Auslegung des Artikels 48 § 2 der Verfahrensordnung keinen Sinn, denn sie könnte, falls der Einspruch begründet wäre, in eine prozessuale Sackgasse führen: Obwohl das Gericht feststellen würde, dass es ihm nicht möglich wäre, die im Versäumnisurteil getroffene Entscheidung, dass einer der Klagegründe begründet ist, zu bestätigen, wäre es nicht in der Lage, über die anderen Klagegründe unter Einhaltung des kontradiktorischen Verfahrens zu befinden.

45 Der Einspruch ist daher zulässig.

II - Zusammenfassung der Klagegründe

46 Die Klägerinnen bestreiten in erster Linie das Vorliegen eines Verstoßes gegen Artikel 81 EG. Sie tragen vor, dass es keine Vereinbarung über die Festlegung der Höhe und der Struktur der Provisionen für den Barumtausch gegeben habe, und führen verschiedene sachliche Fehler und Unrichtigkeiten bei der Sachverhaltsfeststellung durch die Kommission an; insbesondere habe es über die genannten Punkte keine Willensübereinstimmung gegeben.

47 Sodann seien die Anwendungsvoraussetzungen des Artikels 81 EG nicht erfüllt, da die angebliche Vereinbarung keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen hätte und den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen könnte.

48 Die Klägerinnen beanstanden außerdem den Ablauf des Verwaltungsverfahrens. Sie machen insoweit verschiedene Verstöße gegen die Verteidigungsrechte, insbesondere eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, geltend. Die Kommission habe unter Verstoß gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung ausschließlich belastendes Material ermittelt.

49 In den Rechtssachen T-54/02 OP, T-56/02 OP und T-60/02 OP tragen die HVB und die DVB vor, dass die Kommission einen Ermessensmissbrauch begangen habe.

50 In der Rechtssache T-56/02 OP beanstandet die HVB, unter welchen Voraussetzungen die Kommission ihr die Haftung für das Verhalten der VUW zugerechnet habe.

51 Die Klägerinnen beanstanden die Entscheidung der Kommission, das Verfahren gegen einzelne Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte - insbesondere gegen den Initiator der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 - im Gegenzug für deren Verpflichtung zur Senkung ihrer Preise einzustellen. Abgesehen davon, dass einzelne von ihnen Zweifel geäußert haben, ob die Kommission zum Erlass derartiger Entscheidungen befugt sei, machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommission undurchsichtig, willkürlich und diskriminierend vorgegangen sei.

52 Hilfsweise beantragen die Klägerinnen schließlich unter Berufung auf verschiedene Verstöße gegen die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3), und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Geldbußen aufzuheben oder herabzusetzen.

III - Zum Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung

A - Vorbemerkungen

53 Nach ständiger Rechtsprechung ist es für das Vorliegen einer Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG erforderlich und ausreichend, dass die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II-1711, Randnr. 256, und vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-41/96, Bayer/Kommission, Slg. 2000, II-3383, Randnr. 67; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 112, und vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 86).

54 Hinsichtlich der Ausdrucksform des gemeinsamen Willens genügt es, dass eine Abmachung Ausdruck des Willens der Vertragsparteien ist, sich auf dem Markt im Einklang mit ihr zu verhalten (Urteil Bayer/Kommission, Randnr. 68; vgl. in diesem Sinne auch Urteile ACF Chemiefarma/Kommission, Randnr. 112, und Van Landewyck u. a./Kommission, Randnr. 86).

55 Der Begriff der Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG, wie er in der Rechtsprechung ausgelegt worden ist, setzt das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen mindestens zwei Parteien voraus, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt (Urteil Bayer/Kommission, Randnr. 69).

56 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Klägerinnen die Feststellung der Kommission in Frage stellen können, dass zwischen den Teilnehmern an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 eine Willensübereinstimmung in Bezug auf die Festlegung von Höhe und Art der Erhebung der Provisionen für den Barumtausch bestanden habe.

B - Zur Beweisführung und zum Umfang der gerichtlichen Kontrolle

57 Die Klägerinnen tragen vor, dass bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 keine Vereinbarung über die Höhe und die Struktur der Umtauschprovisionen geschlossen worden sei. Die Kommission habe die Tatsachen, auf deren Grundlage sie auf das Vorliegen einer Zuwiderhandlung geschlossen habe, nicht nachgewiesen.

58 Die Kommission trägt vor, dass das Gericht bei der Auslegung einer Durchführungsentscheidung zu Artikel 81 EG verpflichtet sei, im Einklang mit dem Grundsatz der praktischen Wirksamkeit den Wortlaut der Entscheidung, aber auch ihren Kontext und ihre Ziele zu berücksichtigen (Urteile des Gerichtshofes vom 21. Februar 1984 in der Rechtssache 337/82, St. Nikolaus Brennerei, Slg. 1984, 1051, Randnr. 10, vom 30. Juli 1996 in der Rechtssache C-84/95, Bosphorus, Slg. 1996, I-3953, Randnr. 11, und vom 18. November 1999 in der Rechtssache C-151/98 P, Pharos/Kommission, I-8157, Randnr. 19). Dies sei umso mehr geboten, als die nach Artikel 81 EG verbotenen Vereinbarungen oft verheimlicht würden, so dass auf ihr Vorliegen nur aus der Gesamtbetrachtung einer Vielzahl von Indizien geschlossen werde könne (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Januar 2004 in den Rechtssachen C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Aalborg Portland u. a./Kommission, Slg. 2004, I-123, Randnr. 55, und Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo in der Rechtssache C-338/00 P, Volkswagen/Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 18. September 2003, Slg. 2003, I-9189, I-9193). Das Gericht könne daher nicht so weit gehen, zu verlangen, dass die in der angefochtenen Entscheidung angeführten urkundlichen Beweise den "unwiderlegbaren Beweis" einer Zuwiderhandlung darstellten. Die Rechtsprechung verlange nur die Vorlegung hinreichender Beweise (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-337/94, Enso-Gutzeit/Kommission, Slg. 1998, II-1571, Randnrn. 94 und 153). Jeder offensichtliche Fehler sei ausgeschlossen, wenn die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Tatsachen wahrscheinlicher sei als die von den Klägerinnen vorgeschlagene.

59 Das Gericht weist darauf hin, dass für den Nachweis eines Verstoßes gegen Artikel 81 Absatz 1 EG die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweise beizubringen hat, durch die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend belegt wird (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-185/95 P, Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-49/92 P, Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 86).

60 Hat das Gericht Zweifel, so muss dies dem Unternehmen zugute kommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt.

61 Unter den genannten Umständen ist die Unschuldsvermutung zu beachten, die sich insbesondere aus Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt und die zu den Grundrechten gehört, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes, die im Übrigen durch die Präambel der Einheitlichen Europäischen Akte und durch Artikel 6 Absatz 2 EU erneut bekräftigt wird, allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts darstellen. Angesichts der Art der betreffenden Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung insbesondere in Verfahren wegen Verletzung der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, die zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können (Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-199/92 P, Hüls/Kommission, Slg. 1999, I-4287, Randnrn. 149 und 150, und in der Rechtssache C-235/92 P, Montecatini/Kommission, Slg. 1999, I-4539, Randnrn. 175 und 176)

62 Somit ist es erforderlich, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung nachzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T-62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II-2707, Randnr. 43 und die dort zitierte Rechtsprechung).

63 Jedoch muss nicht jeder von der Kommission erbrachte Beweis notwendigerweise für jeden Teil der Zuwiderhandlung diesen Kriterien entsprechen. Es genügt, wenn ein von der Kommission angeführtes Bündel von Indizien im Ganzen betrachtet dem genannten Erfordernis entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, "PVC II", Slg. 1999, II-931, Randnrn. 768 bis 778, insbesondere 777, bestätigt in dem relevanten Punkt durch den Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren im Urteil vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I-8375, Randnrn. 513 bis 523).

64 In Anbetracht der Bekanntheit des Verbotes wettbewerbswidriger Vereinbarungen kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen.

65 Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnrn. 55 bis 57).

66 Was den Umfang der gerichtlichen Kontrolle angeht, so ist der wesentliche Unterschied hervorzuheben zwischen den faktischen Gegebenheiten und Feststellungen einerseits, deren etwaige Unrichtigkeit der Richter anhand der ihm unterbreiteten Argumente und Beweise feststellen kann, und den Beurteilungen wirtschaftlicher Art andererseits (Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2005 in der Rechtssache T-210/01, General Electric/Kommission, Slg. 2005, II-0000, Randnr. 62).

67 Auch wenn es dem Gericht nicht zusteht, die Beurteilung von Wirtschaftsfragen durch die Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen, hat es nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz zu prüfen, sondern auch zu kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Februar 2005 in der Rechtssache C-12/03 P, Kommission/Tetra Laval, Slg. 2005, I-987, Randnr. 39).

C - Zur Vereinbarung über die Höhe der Umtauschprovisionen

1. Vorbringen der Parteien

68 Die Klägerinnen bestreiten jede Abstimmung in Bezug auf die Höhe der Provisionen im Sorteneinzelhandel bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 und ziehen die Beweiskraft der von der Kommission insoweit angeführten Beweiselemente in Frage. Sie tragen vor, dass es der Zweck der Zusammenkunft gewesen sei, bestimmte rechtliche und technische Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Umstellung auf den Euro auszuräumen, die vor allem den Sortenhandel zwischen Banken betroffen hätten. Außerdem sei die von der Kommission behauptete Vereinbarung unsinnig. Die Annahme sei absurd, dass Banken, die nur über einen geringen Marktanteil verfügten, versucht haben könnten, eine Vereinbarung zu schließen, mit der die Preise der Umtauschdienste in der Übergangszeit über ein Jahr vor deren Beginn hätten festgelegt werden sollen.

69 Die Kommission ist der Ansicht, sie habe den Beweis für das Vorliegen einer horizontalen Preisabsprache erbracht. Die Banken, die an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilgenommen hätten, seien übereingekommen, ihre Kunden für die Barumtauschdienste zahlen zu lassen, um zu vermeiden, dass einige Banken diese Dienste kostenlos anböten. Daher hätten sie eine Vereinbarung über die Entgeltlichkeit dieser Dienste geschlossen, auf die die beiden von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Vereinbarungen zurückgingen. Die Zuwiderhandlung habe ihren Ursprung in der drohenden Gefahr gehabt, dass die Deutsche Bundesbank, die Deutsche Bank und andere Geschäftsbanken der Öffentlichkeit Barumtauschdienste kostenlos anbieten würden. Als Reaktion auf diese Bedrohung habe die GWK versucht, die deutschen Banken davon zu überzeugen, sich nicht für die Unentgeltlichkeit des Barumtauschs auszusprechen, und sie habe zu diesem Zweck Kontakt mit der Reisebank aufgenommen (Randnrn. 58 bis 97 und 108 bis 111 der angefochtenen Entscheidung).

70 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission dargelegt, dass die Zuwiderhandlung auch als Resultat der Absprache von drei der vier größten deutschen Universalbanken verstanden werden könne, mit der sie auf die bedrohliche Aussicht hätten reagieren wollen, dass ihre Hauptkonkurrentin, die Deutsche Bank, in der Übergangszeit unentgeltlich Barumtauschdienste anbieten könnte. In Anbetracht des wirtschaftlichen Gewichts und der Vorrangstellung dieser vier Banken auf dem deutschen Markt habe eine Vereinbarung zwischen der Dresdner Bank, der HVB und der Commerzbank über den Ausschluss der Unentgeltlichkeit der Barumtauschdienste aus dieser Sicht den anderen Wirtschaftsteilnehmern ein Signal gegeben, das sie veranlasst habe, sich auf dem Markt genauso zu verhalten.

71 Die Banken seien so zu einer Vereinbarung über die Entgeltlichkeit der Barumtauschdienste gelangt, auf die die beiden von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Vereinbarungen zurückgingen. Nachdem sie die Entgeltlichkeit akzeptiert hätten, hätten die Banken nämlich größtes Interesse daran gehabt, sich auch über die Gebührenstruktur und -höhe für diese Dienstleistungen abzustimmen. Die Vereinbarungen über die Struktur der Barumtauschprovisionen und die Festsetzung ihrer Höhe verfolgten ein wettbewerbswidriges Ziel. Daher werde die betreffende Vereinbarung von dem in Artikel 81 Absatz 1 EG verankerten Verbot erfasst, ohne dass es erforderlich wäre, ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb zu prüfen.

72 Außer aus den schriftlichen Beweisen in Bezug auf die Diskussionen, die bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 geführt worden seien, ergebe sich das Vorliegen dieser Vereinbarung aus dem allgemeinen Hintergrund, vor dem die Zusammenkunft stattgefunden habe. Insbesondere ist nach Ansicht der Kommission den Beweisen in Bezug auf die Vorarbeiten für die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 große Bedeutung beizumessen. Was den rechtlichen Kontext angeht, so ist sie der Meinung, dass die Unsicherheiten, die möglicherweise bestanden hätten, einige technische Fragen betroffen hätten, die sich aus der Einführung des Euro ergeben hätten. Keine dieser Unsicherheiten hätte es jedoch erlauben können, ein Preiskartell zu rechtfertigen.

73 Die Klägerinnen wenden ein, dass diese Behauptung einer Vereinbarung über die Entgeltlichkeit der Umtauschdienste in der angefochtenen Entscheidung nicht dargelegt werde, sondern von der Kommission erstmals in ihrem Einspruchschriftsatz entwickelt und in der mündlichen Verhandlung präzisiert worden sei. Die Kommission könne nicht in dieser Weise im Nachhinein die angefochtene Entscheidung ändern. Die HVB (Rechtssachen T-54/02 OP und T-56/02 OP) und die DVB (Rechtssache T-60/02 OP) vertreten die Ansicht, dass es sich hierbei um ein neues und daher unzulässiges Vorbringen handele.

2. Würdigung durch das Gericht

a) Zur Auslegung der angefochtenen Entscheidung und zum Vorliegen einer Zuwiderhandlung in Bezug auf das Bestehen einer Vereinbarung über den Ausschluss der Unentgeltlichkeit der Barumtauschdienste

74 Es ist festzustellen, ob die angefochtene Entscheidung, wie die Kommission behauptet, nicht nur eine Vereinbarung über Höhe und Struktur der Provisionen, sondern noch eine zweite, dieser Vereinbarung zugrunde liegende Vereinbarung betrifft, die darauf abzielen soll, zwischen deren Parteien die Unentgeltlichkeit der Barumtauschdienste während der Übergangszeit auszuschließen.

75 Nach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung liegt die festgestellte Zuwiderhandlung in der Beteiligung der Klägerinnen an "einer Vereinbarung ..., die während der am 1. Januar 1999 beginnenden Übergangszeit den Zweck verfolgte, a) die Art der Erhebung von Gebühren für den Umtausch von Banknoten der Teilnehmerwährungen (d. h. eine Prozentprovision) und b) die Höhe eines Zielpreises von rund 3 % festzusetzen (um ihre Einkünfte aus der Kursspanne zu 90 % zu sichern)". Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung nimmt also in keiner Weise auf eine Vereinbarung über die Entgeltlichkeit oder, genauer, über den Ausschluss der Unentgeltlichkeit der Umtauschdienste Bezug.

76 Die Gründe der angefochtenen Entscheidung lassen ebenfalls keine Untersuchung erkennen, aus der geschlossen werden könnte, dass die Kommission der Ansicht war, dass eine Vereinbarung mit einem solchen Zweck einen Verstoß gegen Artikel 81 EG darstelle. In ihren Schriftsätzen hat die Kommission allerdings darauf hingewiesen, dass der Zuwiderhandlungscharakter der betreffenden Vereinbarung daraus resultiere, dass die an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken übereingekommen seien, eine Kommission in Form einer Prozentgebühr zu verlangen, wie aus Randnummer 115 der angefochtenen Entscheidung klar hervorgehe. Diese Randnummer lautet:

"Es war weder ein logischer noch ein natürlicher Schritt, dass jede einzelne Bank ihre Kursspannen in eine Prozentprovision umwandelt. Offenbar erwog die Deutsche Bank ursprünglich, einen gebührenfreien Umtauschdienst anzubieten. Die Frage ist hier jedoch nicht, was wirtschaftlich gesehen die rationalste Gebührenstruktur wäre, sondern, ob eine Vereinbarung zwischen Banken über die Gebührenstruktur vorlag."

77 Es ist festzustellen, dass diese Begründung keineswegs die Annahme erlaubt, dass sie eine Vereinbarung über den Ausschluss der Unentgeltlichkeit betrifft. Die Kommission war in der mündlichen Verhandlung auch nicht in der Lage, dem Gericht anzugeben, welche Gründe der angefochtenen Entscheidung die Behauptung, dass eine solche Vereinbarung vorliege, stützen könnten. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung implizit die Auffassung habe vertreten wollen, dass es eine Vereinbarung über den Ausschluss der Unentgeltlichkeit gegeben habe, ist daher festzustellen, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung insoweit jedenfalls im Hinblick auf Artikel 253 EG nicht ausreichen würde, um es den Adressaten zu ermöglichen, ihr die Gründe für die getroffene Entscheidung zu entnehmen, und dem Gericht zu erlauben, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen.

78 Die Kommission kann den Gegenstand einer Entscheidung nicht erst später, wenn diese bereits Gegenstand einer Klage vor dem Gemeinschaftsrichter ist, im Rahmen ihrer schriftlichen oder mündlichen Erklärungen ändern (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache T-16/91, Rendo u. a./Kommission, Slg. 1996, II-1827, Randnr. 45, und die dort zitierte Rechtsprechung).

79 Sie darf daher nicht das Vorliegen einer Vereinbarung über eine Zuwiderhandlung anführen, die in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich berücksichtigt worden ist und zu der den Klägerinnen nicht, wie die Wahrung der Verteidigungsrechte dies verlangt, rechtliches Gehör gewährt wurde.

80 Im Übrigen ist es nicht Sache des Gerichts, sich an die Stelle der Kommission zu setzen und von Amts wegen zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall Beweise für das Vorliegen einer Vereinbarung über den Ausschluss der Unentgeltlichkeit der Barumtauschdienste gibt.

81 Demzufolge ist das Vorbringen der Kommission zu diesem Punkt zurückzuweisen.

b) Zu den Beweisen für eine Vereinbarung über die Höhe der Umtauschprovisionen

82 Zunächst sind die Argumente und Beweise zu den Begleitumständen der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 zu untersuchen, bevor die direkten Beweise für die Diskussionen, die im Lauf dieser Zusammenkunft stattgefunden haben, und die Ausführungen der Kommission zur Durchführung der in Rede stehenden Vereinbarung geprüft werden.

Zu den Beweisen in Bezug auf den Hintergrund der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997

- Zu den Marktanteilen der Banken, die an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilgenommen haben

83 Die Dresdner Bank, die Commerzbank, die VUW und die HVB machen im Wesentlichen geltend, dass, auch wenn man davon ausgehe, dass die Kommission den relevanten Markt zutreffend bestimmt habe, die zusammengerechneten Marktanteile der Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 sehr weit unter den im GWK-Protokoll veranschlagten 70 % bis 80 % lägen, die in die Randnummer 87 der angefochtenen Entscheidung aufgenommen worden seien. Da sie nicht über die erforderliche Wirtschaftsmacht verfügt hätten, um den Markt beeinflussen und eine Preisabsprache treffen zu können, halten diese Banken die These einer horizontalen Preisabsprache für unsinnig.

84 Die Kommission trägt vor, dass sie, da die fragliche Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt habe, nicht verpflichtet gewesen sei, die Marktanteile der Klägerinnen oder die Auswirkung der Vereinbarung auf den Markt zu untersuchen. Daher sei das Vorbringen der Klägerinnen zu den Marktanteilen irrelevant.

85 Das Gericht weist darauf hin, dass die Argumente zur Frage der Ermittlung der Marktanteile das Vorliegen einer horizontalen Preisabsprache insofern betreffen, als eine solche Vereinbarung bei Fehlen einer ausreichenden Machtposition auf dem Markt weniger wahrscheinlich würde. Außerdem betreffen diese Argumente indirekt die von den Klägerinnen bestrittene Zuverlässigkeit des GWK-Protokolls, die im Folgenden zu prüfen sein wird. Daher sind diese Argumente, die nicht für irrelevant gehalten werden können, auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen.

86 In der Mitteilung der Beschwerdepunkte hatte sich die Kommission die Schätzung der Marktanteile der Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997, die im GWK-Protokoll auf 70 % bis 80 % veranschlagt wurden, zu eigen gemacht (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Randnr. 79) und auf der Grundlage ihrer Untersuchung festgestellt, dass fünf Banken (Deutsche Bank, Hypo Vereinsbank, Dresdner Bank, Commerzbank und Hamburger Sparkasse) zusammen einen Anteil von 65 % am Markt für Umtauschdienste hielten. Nachdem die Klägerinnen diese Angaben im Verwaltungsverfahren bestritten hatten, enthält die angefochtene Entscheidung keine genaue Schätzung in Bezug auf die Marktanteile der Adressaten dieser Entscheidung oder der Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997. In Randnummer 87 der angefochtenen Entscheidung wird jedoch auf das GWK-Protokoll verwiesen, wonach "[a]uf die ... Banken[, die an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilgenommen haben,] zwischen 70 und 80 % des deutschen Sortenhandelsmarktes [entfielen]".

87 Insoweit zeigt sich erstens, dass die Kommission und die Klägerinnen einvernehmlich feststellen, dass das in der angefochtenen Entscheidung veranschlagte Volumen des 1998 in Deutschland umgetauschten Bargelds falsch ist. Anstatt der in der angefochtenen Entscheidung angegebenen 6,8 Mrd. Euro (Fußnote 7 zu Randnr. 14 der Entscheidung) belief sich das Gesamtvolumen des Barumtauschs ausweislich der Statistiken der Deutschen Bundesbank von 1998 auf 13,203 Mrd. Euro. Diese Angaben entsprechen auch den Angaben in dem in Randnummer 75 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Bericht des Europäischen Währungsinstituts (EWI) vom 23. April 1997. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission eingeräumt, die in Fußnote 7 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Angaben falsch interpretiert zu haben. Diese sachliche Unrichtigkeit ist im vorliegenden Fall nicht ohne Auswirkung, da sie dazu beiträgt, das Gewicht der Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 auf dem Markt zu überschätzen. Die Divergenz ist noch deutlicher, wenn man Randnummer 14 der angefochtenen Entscheidung heranzieht, wonach sich für die Währungen der fünfzehn Mitgliedstaaten "der Gesamtwert der im Jahr 1998 verkauften und aufgekauften Banknoten auf rund 2,1 Mrd. EUR [belief]".

88 Zweitens sind die Anteile, die die Klägerinnen 1997 in Deutschland auf dem Markt des Sorteneinzelhandels insgesamt für alle Währungen gehalten haben, sowohl von den Klägerinnen als auch von der Kommission auf 4,68 % nach dem Kriterium der Zahl der Zweigstellen, auf 16,46 % nach dem Kriterium der Gesamtbilanz der Banken und auf 15,24 % nach dem Kriterium des gewechselten Bargeldvolumens veranschlagt worden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass diese Schätzungen nur das Angebot der Kreditinstitute betreffen und das Angebot anderer Wirtschaftsteilnehmer, insbesondere der Wechselstuben, nicht berücksichtigen.

89 Drittens stimmen die Klägerinnen und die Kommission darin überein, dass die Klägerinnen im Vergleich zu allen Teilnehmern an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 den ganz überwiegenden Teil des Barumtauschvolumens repräsentierten. Die Kommission hat nämlich in ihren schriftlichen Antworten auf die Fragen des Gerichts die Ansicht vertreten, dass die Marktanteile der anderen an der Zusammenkunft teilnehmenden Banken unbedeutend gewesen seien. In der mündlichen Verhandlung hat die Commerzbank geschätzt, dass die Klägerinnen mindestens 90 % des von allen Teilnehmern an der Zusammenkunft gewechselten Volumens repräsentiert hätten. Diese Schätzung ist von keiner der Parteien bestritten worden, weshalb von ihr auszugehen ist.

90 Diese Elemente erlauben zunächst die Feststellung, dass die im GWK-Protokoll notierte und in Randnummer 87 der angefochtenen Entscheidung erwähnte Schätzung der Marktanteile falsch ist, da sie die Wirtschaftsmacht der an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken auf dem relevanten Markt offenkundig überbewertet.

91 Diese Unrichtigkeit reicht jedoch nicht aus, um die Behauptung, dass es eine horizontale Preisabsprache gegeben habe, zu widerlegen. Sie ist allerdings geeignet, deren Wahrscheinlichkeit zu verringern. Denn dass die Teilnehmer an der Sitzung vom 15. Oktober 1997 allenfalls ungefähr 17 % des Angebots repräsentiert haben, und zwar nur des Angebots der Kreditinstitute, ist geeignet, Zweifel am Vorliegen einer horizontalen Preisabsprache zu wecken. Die angefochtene Entscheidung verweist außerdem auf keinen besonderen Umstand z. B. in Bezug auf die Struktur des in Rede stehenden Marktes, der diese Zweifel abschwächen könnte.

- Zu den rechtlichen Unsicherheiten

92 Die Klägerinnen behaupten, der Zweck der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 habe nicht darin bestanden, eine rechtswidrige Vereinbarung zu schließen, sondern darin, die Auswirkung der Regelung über die Übergangszeit auf die Organisation der Barumtauschdienste zu untersuchen. Sie tragen im Wesentlichen vor, dass damals drei große Fragenkomplexe noch nicht endgültig beantwortet gewesen seien.

93 Der erste Fragenkomplex betreffe die Anwendung der unwiderruflichen Umrechnungskurse auf die Barumtauschgeschäfte.

94 Der zweite Fragenkomplex betreffe die Entgeltlichkeit des Barumtauschs und insbesondere die Frage, ob Artikel 52 des dem EG-Vertrag beigefügten Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (im Folgenden: ESZB-Satzung) über den Umtausch "zur jeweiligen Parität" durch die Zentralbanken die Verpflichtung für die Bankinstitute zur Folge habe, Papiergeld während der Übergangszeit unentgeltlich umzutauschen.

95 Der dritte Fragenkomplex betreffe die Modalitäten der Vergütung des Barumtauschs und beziehe sich insbesondere auf die technischen Konsequenzen der mit der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro (ABl. L 162, S. 1) vorgeschriebenen Aufgabe der Mengennotierung (1 DM = x Euro) zugunsten der Preisnotierung (1 Euro = y DM) und der Ersetzung der impliziten Provisionen durch ausdrückliche, unabhängig vom Kurs ausgewiesene Provisionen insbesondere für das Interbankengeschäft. In der Diskussion sei außerdem die Frage gewesen, ob die Höhe der Provision für alle nationalen Bezeichnungen des Euro dieselbe habe sein sollen oder ob sie je nach Angebot und Nachfrage bei jeder einzelnen dieser Bezeichnungen unterschiedlich habe sein sollen.

96 Die Kommission bemerkt im Wesentlichen, dass es am 15. Oktober 1997 kaum rechtliche Unsicherheiten über die Folgen des Übergangs zum Euro gegeben habe. Bereits 1995 sei "bekannt gewesen", dass die Wechselkurse zwischen den Währungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten vom 1. Januar 1999 an durch unwiderrufliche Wechselkurse ersetzt würden und ein Rückgriff auf das Kursspannensystem nicht mehr erlaubt sein würde (Randnr. 139 der angefochtenen Entscheidung). Anfang 1997 habe die Industrie die Frage beschäftigt, ob die Banken während der Übergangszeit weiterhin eine Vergütung für die Dienste des Barumtauschs der Währungen der teilnehmenden Mitgliedstaaten verlangen könnten und, falls ja, in welcher Art. Die Zuwiderhandlung habe ihren Ursprung in der drohenden Gefahr gehabt, dass die Deutsche Bundesbank, die Deutsche Bank und andere Geschäftsbanken der Öffentlichkeit Barumtauschdienste kostenlos anbieten würden. Als Reaktion auf diese Bedrohung habe die GWK versucht, die deutschen Banken davon zu überzeugen, sich nicht für die Unentgeltlichkeit des Barumtauschs auszusprechen, und habe zu diesem Zweck Kontakte mit der Reisebank aufgenommen (Randnrn. 58 bis 97 und 108 bis 111 der angefochtenen Entscheidung).

97 Das Gericht ist der Auffassung, dass daher zu prüfen ist, ob der Hintergrund der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997, wie von den Klägerinnen behauptet, von rechtlichen Unsicherheiten in Bezug auf die Folgen der Einführung des Euro als Buchgeld zum 1. Januar 1999 beherrscht war oder ob, wie die Kommission vorträgt, die einzigen verbliebenen Unsicherheiten wirtschaftlicher Art waren und sich auf die Gefahr bezogen, dass die Deutsche Bank und die Deutsche Bundesbank kostenlos Barumtauschdienste anbieten.

98 Es trifft zu, dass seit dem Europäischen Rat von Madrid vom 15. und 16. Dezember 1995 und insbesondere seit dem Erlass der Verordnung Nr. 1103/97 am 17. Juni 1997 die Anwendung der unwiderruflichen Umrechnungskurse während der Übergangszeit kaum zweifelhaft sein konnte, wie sich aus den Randnummern 34 bis 37 und 139 der angefochtenen Entscheidung ergibt.

99 Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass es keine andere Unsicherheit darüber gegeben hätte, auf welche Art und Weise der Barumtausch während dieser Zeit praktiziert werden könnte. Die in den Randnummern 52 bis 61 der angefochtenen Entscheidung berichteten Konsultationen zwischen bestimmten deutschen Banken und der Deutschen Bundesbank zeigen, dass die Deutsche Bundesbank erst seit dem 15. September 1997 ihren Gesprächspartnern klar hat angeben können, dass es nicht möglich sei, das Kursspannensystem während der Übergangszeit beizubehalten. Nach der angefochtenen Entscheidung haben die GWK und die DVB vor diesem Hintergrund beschlossen, eine Zusammenkunft zwischen mehreren Banken zu organisieren, um sich hinsichtlich dieser Entwicklung zu besprechen (Randnrn. 81 bis 84 der angefochtenen Entscheidung).

100 Außerdem zeigt sich, dass im Laufe des Jahres 1997 eine der offenen Hauptfragen die Vergütung der Barumtauschdienste betraf, und zwar wegen der Schwierigkeiten bei der Auslegung von Artikel 52 der ESZB-Satzung, wonach "[i]m Anschluss an die unwiderrufliche Festlegung der Wechselkurse ... der EZB-Rat die erforderlichen Maßnahmen [ergreift], um sicherzustellen, dass Banknoten, die auf Währungen mit unwiderruflich festgelegten Wechselkursen lauten, von den nationalen Zentralbanken zu ihrer jeweiligen Parität umgetauscht werden".

101 Die Kommission hat es am 15. Mai 1997 für zweckmäßig gehalten, einen Runden Tisch einzuberufen, um die praktischen Aspekte der Einführung des Euro zu untersuchen. Nach Abschluss dieses Runden Tisches hat die Kommission einer Sachverständigengruppe die Aufgabe übertragen, u. a. zu prüfen, ob und wie die Banken eine Vergütung für die Barumtauschdienste verlangen könnten.

102 Die Schlussfolgerungen dieser Sachverständigengruppe ergingen am 20. November 1997, also nach der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 (vgl. das in Randnr. 137, Fußnote 56, der angefochtenen Entscheidung zitierte Dokument). Darin heißt es, Artikel 52 der ESZB-Satzung verpflichte die Zentralbanken in Bezug auf den Umtausch von Banknoten des Euro-Gebiets, Banknoten anderer teilnehmender Mitgliedstaaten zu den unwiderruflichen Umrechnungskursen umzutauschen, doch verbiete keine Bestimmung es den Geschäftsbanken, für diese Art von Dienstleistung Gebühren zu erheben. Die Sachverständigengruppe hat nicht empfohlen, eine Gemeinschaftsregelung über die Vergütung der Umtauschgeschäfte zu erlassen. Sie hat sich für den Erlass von Grundsätzen einer "good practice" ausgesprochen. Ihrer Ansicht nach war es wünschenswert, die Transparenz der Preise zu fördern, was verlange, dass die unwiderruflichen Umrechnungskurse bei jedem Wechselvorgang angewandt würden und jede erhobene Provision gesondert ausgewiesen werde.

103 Nach der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 sind diese Schlussfolgerungen im Wesentlichen in die Empfehlung 98/286/EG der Kommission vom 23. April 1998 zu Bankentgelten im Zusammenhang mit der Umstellung auf den Euro (ABl. L 130, S. 22, im Folgenden: Empfehlung der Kommission vom 23. April 1998) aufgenommen worden, deren Artikel 3 vorsieht, dass Banken, die während der Übergangszeit Bargeld umtauschen, "auf klar ersichtliche Weise die Anwendung der Umrechnungskurse in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 anzeigen und etwaige Entgelte jeglicher Art getrennt vom Umrechnungskurs ausweisen [sollten]".

104 Außerdem ergibt sich aus den Akten, dass bestimmte Banken, insbesondere die Reisebank, von diesen Diskussionen in Bezug auf das rechtliche Umfeld der Übergangszeit erst spät Kenntnis erlangt haben. So ergibt sich aus dem Protokoll, das die GWK nach ihrer Zusammenkunft mit der Reisebank vom 29. April 1997 angefertigt hat, dass die Reisebank zu dieser Zeit glaubte, dass die Regelung über den Euro ihre Tätigkeiten erst nach der Übergangszeit, mit der Einführung des Euro als Papier- und Hartgeld, berühren würde (Randnrn. 63 bis 68 der angefochtenen Entscheidung).

105 Somit zeigt sich, dass die in der Übergangszeit für die Barumtauschdienste geltenden Vorschriften noch nicht abschließend festgelegt waren, als die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 stattgefunden hat, und noch Anlass zu insbesondere unter der Leitung der Kommission stattfindenden Konsultationen zwischen Vertretern der Zentralbanken, des Bankensektors und der Verbraucherverbände gaben. Es lässt sich daher nicht bestreiten, dass die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 vor einem Hintergrund rechtlicher Unsicherheit stattgefunden hat, die hauptsächlich hinsichtlich der Frage bestand, ob und wie in der Übergangszeit die Barumtauschdienste noch vergütet werden könnten.

106 Die Gefahr, dass die Deutsche Bundesbank kostenlos Barumtauschdienste anbieten würde, ergibt sich unmittelbar aus Artikel 52 der ESZB-Satzung. Jedoch ist festzustellen, dass im maßgebenden Zeitraum noch nicht alle praktischen Modalitäten der Durchführung dieser Bestimmung erlassen waren. So hieß es z. B. im Bericht der Sachverständigengruppe über Bankentgelte im Zusammenhang mit der Umstellung auf den Euro vom 20. November 1997 (vgl. Randnr. 102 des vorliegenden Urteils), dass zwar die meisten Zentralbanken damals beabsichtigt hätten, Banknoten anderer Mitgliedstaaten des Euro-Gebiets nur gegen ihre eigenen Banknoten unentgeltlich umzutauschen, einzelne Zentralbanken (z. B. die Banque de France) jedoch vorgehabt hätten, den unentgeltlichen Umtausch von Banknoten in beide Richtungen zu akzeptieren (S. 4 und 7 sowie Anhang B, Tabelle 2).

107 Außerdem ergibt sich aus den Arbeiten der Sachverständigengruppe ganz allgemein, dass die meisten Banken damals die Absicht hatten, während der Übergangszeit weiterhin eine Vergütung für Barumtauschdienste zu verlangen, ungeachtet des Umstands, dass die Preise dieser Dienstleistungen wegen des entfallenden Wechselkursrisikos sinken sollten. Die Deutsche Bank hat dagegen am Runden Tisch vom 15. Mai 1997 (vgl. Randnr. 101 des vorliegenden Urteils) erklärt, dass sie keine Gebühren zu nehmen beabsichtige für die Umstellung von Konten, für in Euro lautende Schecks und für "sonstige Umstellungen", während sie "von Personen, die bei ihr nicht Kunden sind, während der Übergangsperiode Gebühren für den Umtausch von Banknoten erheben dürfen [wollte], auch wenn diese Gebühren niedriger wären als heute und als Festbetrag und nicht als prozentuale Gebühr festgesetzt werden könnten" (Runder Tisch zu den praktischen Aspekten der Umstellung auf den Euro, Zusammenfassung und Schlussfolgerungen, S. 5).

108 Ungeachtet dieser Sachlage ist nicht zu leugnen, dass der Fortbestand der Einkünfte, die den Banken aus den Barumtauschdiensten zuflossen, für die Übergangszeit bedroht war sowohl durch die Möglichkeit, dass die Zentralbanken solche Dienste unentgeltlich anbieten, als auch durch die Möglichkeit, dass bestimmte Banken ebenso wie die Deutsche Bank beabsichtigen könnten, ihren Kunden diese Dienste ebenfalls unentgeltlich anzubieten. Diese Bedrohung war für Banken wie die GWK und die Reisebank, deren Haupttätigkeit im Bargeldumtausch bestand, größer als für Banken wie die Dresdner Bank, die HVB und die Commerzbank, für die diese Geschäfte nur eine marginale Tätigkeit darstellten.

- Zu den vorbereitenden Diskussionen im Hinblick auf die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997

109 Die Klägerinnen wenden sich gegen die Verwendung bestimmter Dokumente als belastende Beweisstücke in Bezug auf die Kontakte zwischen der GWK und der Reisebank in den Monaten vor der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997. Da die meisten dieser Beweisstücke von der GWK stammten, könnten sie nur ihr gegenüber herangezogen werden. Jedenfalls erbrächten diese Dokumente nicht den Beweis des Vorliegens einer rechtswidrigen Preisabsprache.

110 Die Kommission ist der Ansicht, dass sich die angefochtene Entscheidung auf mehrere Dokumente in Bezug auf die vorbereitenden Diskussionen im Hinblick auf die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 stütze, die Beweise oder zumindest Indizien für die Zuwiderhandlung darstellten. Auch wenn diese Schriftstücke es nicht ermöglichten, auf das Vorliegen einer Vereinbarung zu schließen, trügen sie doch dazu bei, den wettbewerbswidrigen Zweck der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 darzutun.

111 Bei den fünf Dokumenten, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung erwähnt und auf die sie sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens bezieht, handelt es sich um

- einen Bericht über eine Zusammenkunft vom 29. April 1997 zwischen der Reisebank und der GWK (Randnrn. 63 bis 67 der angefochtenen Entscheidung);

- ein Fax der GWK vom 5. Mai 1997 an die Reisebank, das die Kopie der Antworten der GWK auf eine Umfrage des EWI zum Barumtausch enthält (Randnrn. 69 bis 75 der angefochtenen Entscheidung);

- ein Schreiben, das die Commerzbank, die DVB, die West LB und die Reisebank am 25. Juli 1997 an die Landeszentralbank Hessen gesandt haben, in dem sie ihre Vorbehalte gegen eine gebührenfreie Ankaufsverpflichtung der Deutschen Bundesbank für die Währungen des Euro-Gebiets zum Ausdruck brachten (Randnr. 55 der angefochtenen Entscheidung);

- einen Bericht über eine Zusammenkunft vom 11. August 1997 zwischen der Reisebank, der DVB, der GWK und der Landeszentralbank Hessen (Randnrn. 76 bis 80 der angefochtenen Entscheidung);

- einen Bericht über ein Telefongespräch vom 29. September 1997 zwischen der GWK und der DVB (Randnrn. 81 bis 83 der angefochtenen Entscheidung).

112 Der Inhalt dieser Dokumente und ihre Auslegung sind von den Klägerinnen nicht bestritten worden. Die Klägerinnen tragen vielmehr vor, dass diese Dokumente nicht gegen sie verwendet werden könnten.

113 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass alle diese Dokumente vor der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 verfasst worden sind und daher nur relevant sind, soweit sie Indizien für vor der angeblichen Zuwiderhandlung liegende Umstände sein können.

114 Außerdem stammen vier dieser Schriftstücke unmittelbar von der GWK und könnten für deren Rolle als Initiator der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 relevant sein. Sie enthalten keinen Beweis und auch keinen Aufschluss in Bezug darauf, welche Absicht die anderen Banken als die GWK und gegebenenfalls die Reisebank bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober hatten.

115 Was die Relevanz des Schreibens vom 25. Juli 1997 an die Landeszentralbank Hessen angeht, so belegt dieses lediglich den Stand der Konsultationen zwischen den Banken und den Vertretern der Deutschen Bundesbank vor dem bereits erwähnten Hintergrund der Unsicherheit.

116 Diese Schriftstücke, die nur die Initiatorenrolle der GWK betreffen, enthalten somit keine beweiskräftigen Indizien in Bezug auf den Abschluss einer Preisabsprache bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997.

Zu den direkten Beweisen in Bezug auf die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997

117 Auch wenn die Kommission betont hat, dass für die Feststellung der Zuwiderhandlung mehrere Beweisstücke herangezogen worden seien (Randnrn. 62, 120, 126, 142 und 158 der angefochtenen Entscheidung), ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass es für die Preisabsprache in Bezug auf die Barumtauschdienste nur einen unmittelbaren Urkundenbeweis für den Inhalt der Diskussionen gibt, die während der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 stattgefunden haben, nämlich das GWK-Protokoll. Die Kommission ist davon ausgegangen, dass dieses Protokoll untermauert werde durch die Erklärungen, die zwei andere Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 im Verwaltungsverfahren abgegeben hätten, und durch das Marktverhalten der Banken, das die Durchführung der Preisabsprache erkennen lasse. Daher sind nacheinander diese drei Kategorien von Beweiselementen auf ihre Beweiskraft zu prüfen.

- Zum GWK-Protokoll

118 Die Klägerinnen stellen den Beweiswert des GWK-Protokolls in Frage. Die Dresdner Bank und die HVB (Rechtssachen T-54/02 OP und T-56/02 OP) haben die Zeugenaussagen von Personen vorgelegt, die bei der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 anwesend waren, wonach es keine Diskussion in Bezug auf eine Preisabsprache gegeben habe.

119 Die Kommission trägt vor, das GWK-Protokoll belege klar, dass sich die an der Zusammenkunft teilnehmenden Banken trotz ihrer fehlenden Einigung über eine einheitliche Provision für alle nationalen Bezeichnungen des Euro im Grundsatz auf eine Provision von rund 3 % geeinigt hätten. Bei ihren Treffen zwischen April und Oktober 1997 hätten sich die Banken in einer Situation der Unsicherheit hinsichtlich ihrer zukünftigen Preispolitik für die Barumtauschdienste befunden. Allein der Umstand, dass sie ein Entgelt von etwa 3 % erörtert und Übereinstimmung hierüber erzielt hätten, habe diese Unsicherheit beträchtlich verringert. Derartige Gespräche stellten eine Vereinbarung mit dem Ziel der Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 81 Absatz 1 EG dar

120 Die für das vorliegende Verfahren erhobenen Zeugenaussagen hätten einen geringeren Beweiswert als die Dokumente, die wie das GWK-Protokoll aus dem maßgebenden Zeitraum stammten.

121 Das Gericht weist darauf hin, dass bei der Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments zunächst die Wahrscheinlichkeit der darin enthaltenen Information zu prüfen ist und insbesondere die Herkunft des Dokuments, die Umstände seiner Ausarbeitung und sein Adressat für die Frage zu berücksichtigen sind, ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubhaft erscheint (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491, Randnr. 1838).

122 Die Passage des GWK-Protokolls, auf die sich die Kommission gestützt hat, lautet:

"Die anwesenden Banken äußerten die Absicht, ihre gegenwärtigen Margeneinkünfte zu rund 90 % durch Einnahmen aus Provisionsgebühren zu ersetzen. Nach Auffassung der Banken würde dies zu einer Gesamtprovision von rund 3 % führen."

123 Erstens lässt dieser Passus nicht erkennen, weshalb eine Änderung des Systems der Ausweisung der Preise, die in der Aufgabe eines Systems der impliziten Preise (Kursspanne) zugunsten eines Systems ausdrücklicher Preise (Provisionen) besteht, die Einkünfte der Banken aus diesen Dienstleistungen beeinflussen könnte. In Ermangelung weiterer Erläuterungen ist davon auszugehen, dass die Wahl zwischen diesen beiden Arten, die Preise auszudrücken, ohne Einfluss auf deren Höhe ist. Deshalb ist es erforderlich, den gesamten Abschnitt des GWK-Protokolls heranzuziehen, dem die von der Kommission als belastend qualifizierte Passage entnommen ist, um deren Tragweite festzustellen.

124 Aus diesem Textabschnitt des GWK-Protokolls ergibt sich, dass darin die Folgen betrachtet werden, die sich daraus ergeben, dass nach dem Inkrafttreten der unwiderruflichen Umrechnungskurse zum 1. Januar 1999 das Kursspannensystem entfällt. Insbesondere geht es in diesem Abschnitt um die Frage, ob die Banken in der Übergangszeit ein Entgelt für die Barumtauschdienste weiterhin nach den Merkmalen des jeweiligen Marktes, der für jede Währung besteht, berechnen könnten oder ob die Einführung des Euro als Buchgeld zum 1. Januar 1999 zur selben Gebührenhöhe für alle nationalen Bezeichnungen des Euro führen müsse. Der Abschnitt betrifft damit nicht die Festsetzung der Gebührenhöhe, sondern die Frage, ob es für alle früheren nationalen Währungen eine einheitliche Provision oder unterschiedlich hohe Provisionen für jede einzelne Währung geben solle. Das GWK-Protokoll zeigt, dass über diese Frage unter den Teilnehmern an der Zusammenkunft keine Einigkeit erzielt wurde.

125 Zweitens waren sich nach diesem Abschnitt des GWK-Protokolls die Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 darin einig, dass es erforderlich sei, das Kursspannensystem durch die Verwendung von Umtauschprovisionen zu ersetzen, die ausdrücklich und gesondert von den unwiderruflichen Umrechnungskursen auszuweisen wären (vgl. Randnrn. 88, 93 und 95 der angefochtenen Entscheidung). Eine solche Erklärung erlaubt jedoch nicht den Schluss auf das Vorliegen einer Preisabsprache, da die Aufgabe der Kursspanne nicht auf den Willen der teilnehmenden Banken zurückging, sondern damals nur mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden konnte, dass dies das Ergebnis einer noch nicht abgeschlossenen Entwicklung der Gesetzeslage sein würde, die sich später durch die Empfehlung der Kommission vom 23. April 1998 tatsächlich konkretisiert hat.

126 Drittens kann die Bezugnahme in dem maßgeblichen Passus des GWK-Protokolls auf die Erhaltung von 90 % der Einkünfte aus dem System der Margen nicht losgelöst vom rechtlichen Hintergrund der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 verstanden werden.

127 Insoweit ist unstreitig, dass mit dem Inkrafttreten der unwiderruflichen Umrechnungskurse das Wechselkursrisiko entfiel, von dem das EWI in einem in Randnummer 75 der angefochtenen Entscheidung zitierten Bericht vom 23. April 1997 annahm, dass es 5 % bis 10 % der Kosten der Barumtauschdienste ausmache. Das EWI war der Ansicht, dass sich durch die unwiderruflichen Umrechnungskurse die Kosten in diesem Maße verringern würden mit der Folge eines Rückgangs der Preise der Barumtauschdienste um 5 % bis 10 %.

128 Auch die Bankenvertreter am Runden Tisch vom 15. Mai 1997 (vgl. Randnr. 101 des vorliegenden Urteils) machten geltend, zwar falle während der Übergangszeit "das Wechselkursrisiko ... fort, was die Kosten um 20 % [reduziere], aber nach wie vor [würden] sonstige Bearbeitungs- und Handhabungskosten anfallen" (Runder Tisch zu den praktischen Aspekten der Umstellung auf den Euro, Zusammenfassung und Schlussfolgerungen, vgl. Randnr. 41 der angefochtenen Entscheidung; vgl. außerdem das Kommissionsdokument mit dem Titel "Report to the round table on the practical aspects of the changeover to the euro", document II/237/97, EN rev, 4).

129 Somit kann die besagte Passage des GWK-Protokolls so verstanden werden, dass sich die beabsichtigte Beibehaltung von 90 % der Einkünfte der Banken auf die durch den Wegfall des Wechselkursrisikos eintretende Verminderung der Kosten für die Barumtauschdienste um ungefähr 10 % bezieht. Eine solche Verringerung der Kosten musste sich auf das Preisniveau auswirken, das aufgrund des Inkrafttretens der unwiderruflichen Umrechnungskurse ebenfalls um ungefähr 10 % nachgeben sollte. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Einschätzung der durch die Einführung des Euro verursachten Preisentwicklung aus dem Willen der an der Zusammenkunft teilnehmenden Banken resultierte.

130 Was viertens den Satz im GWK-Protokoll angeht, in dem direkt eine Provision in der Größenordnung von 3 % genannt wird ("Nach Auffassung der Banken würde dies zu einer Gesamtprovision von rund 3 % führen"), so trifft zu, dass die Erwähnung eines künftigen Preisniveaus im Rahmen einer Zusammenkunft unter konkurrierenden Unternehmen das Vorliegen einer Preisabsprache vermuten lassen kann. Jedoch haben die Klägerinnen im vorliegenden Fall geltend gemacht, dass diese Erwähnung nicht nur ungenau gewesen sei, sondern außerdem nur die öffentlich verfügbaren Informationen zur Marktsituation widergespiegelt habe, die das EWI in seinem Bericht vom 23. April 1997 erwähnt hatte.

131 Auch wenn die besagte Passage des GWK-Protokolls daher weder klar noch frei von Mehrdeutigkeit war, so ist doch, wie in Randnummer 105 der angefochtenen Entscheidung geschehen, darauf hinzuweisen, dass nach diesem Protokoll die Aussicht darauf, dass die Deutsche Bank unentgeltlich Umtauschdienste anbieten würde, "eine sehr viel ernstere Bedrohung [wäre] als die Erbringung einer gebührenfreien Dienstleistung durch die Landeszentralbanken, die hierzu gar nicht ausgestattet waren". Nach dem Protokoll konnte dadurch "die auf der Sitzung erzielte Einigung auf eine Provision von rund 3 % (entsprechend 90 % der gegenwärtigen Einnahmen) gefährdet werden". Im Rahmen der Würdigung aller Beweise ist zu berücksichtigen, dass diese Passage die These einer Vereinbarung über die Höhe der Provisionen letztlich als glaubwürdig erscheinen lassen kann.

132 Zur Zuverlässigkeit des GWK-Protokolls ist bereits darauf hingewiesen worden, dass darin die Marktanteile der an der Zusammenkunft teilnehmenden Banken erheblich überbewertet wurden. Die Klägerinnen weisen außerdem darauf hin, dass der Verfasser des Protokolls, der kein deutscher Muttersprachler sei, die bei der Zusammenkunft gefallenen Äußerungen missverstanden haben könne. Da zudem die GWK die Initiative zu den Schritten ergriffen habe, die zur Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 geführt hätten, habe der Verfasser dieses Dokuments ein persönliches Interesse daran gehabt, die Tatsachen zu beschönigen, um seinen Vorgesetzten ein ihren Erwartungen entsprechendes Ergebnis zu präsentieren. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine interne Notiz der GWK vom 20. Oktober 1997 (Anlage 16 zur Mitteilung der Beschwerdepunkte) eine im Mai 1997 zwischen der GWK und den wichtigsten niederländischen Banken geschlossene Vereinbarung über "die künftige Festsetzung der Gebühren für Umtauschgeschäfte in Bezug auf die Währungen des Euro-Gebiets" erwähnt, wonach die Provisionen für den Barumtausch auf 3,8 % festgelegt würden. Dieser Prozentsatz entspricht aber den Angaben der GWK gegenüber dem EWI (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung), die sodann mit dem oben erwähnten Fax vom 5. Mai 1997 der Reisebank übermittelt worden sind. In Anbetracht dieser Umstände konnte man sich fragen, ob die GWK nicht versucht hat, eine Preisabsprache in Deutschland nach dem Beispiel der in dieser internen Notiz genannten Vereinbarung vom Mai 1997 für die Niederlande zu fördern.

133 Schließlich ist unstreitig, dass das GWK-Protokoll einen Vermerk zum rein internen Gebrauch darstellt, der bis zum Verwaltungsverfahren nicht an die Klägerinnen verteilt wurde, so dass diese nicht die Möglichkeit hatten, sich von dem Inhalt zu distanzieren, um jede Gefahr eines Missverständnisses in Bezug auf die Auslegung der Äußerungen auszuräumen, die auf der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 gemacht wurden.

134 Somit ist davon auszugehen, dass das GWK-Protokoll mit seiner Bezugnahme auf eine Vereinbarung über eine Provision von 3 % allenfalls ein Indiz dafür darstellen kann, dass zwischen den an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken eine Willensübereinstimmung bestanden hat. In Anbetracht der Beweiselemente, die soeben analysiert wurden, reicht dieses Dokument jedoch nicht aus, um das Vorliegen einer solchen Willensübereinstimmung rechtlich hinreichend zu beweisen.

- Zu den Erklärungen bestimmter Banken im Laufe des Verwaltungsverfahrens

135 Der angefochtenen Entscheidung zufolge bestätigen die Erklärungen der Commerzbank und der Bayerischen Landesbank Girozentrale in der Anhörung, dass es die im GWK-Protokoll genannte Diskussion über den Provisionssatz gab (Randnrn. 96, 107 und 118 bis 120 der angefochtenen Entscheidung). In Fußnote 44 der angefochtenen Entscheidung bezieht sich die Kommission ferner auf die Antworten der Commerzbank, der HVB und der VUW, der West LB sowie der Hamburgischen Landesbank Girozentrale auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. In ihren Einspruchschriftsätzen hat sich die Kommission außerdem auf die in Randnummer 68 der angefochtenen Entscheidung erwähnte Antwort der Reisebank auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte berufen.

136 Zum letztgenannten Dokument stellt das Gericht fest, dass es in Randnummer 68 der angefochtenen Entscheidung heißt, die Reisebank habe eingeräumt, dass ihr "die wichtigen Änderungen beim Sortengeschäft mit Teilnehmerwährungen während der Übergangszeit ... nicht bewusst waren". Diese Erklärung stellt offenkundig kein Indiz für das Vorliegen einer Willensübereinstimmung in Bezug auf die Preisfestsetzung dar.

137 Zwar zeigt sich, dass die fraglichen Banken z. B. erklärt haben, dass "die Vertreter einiger Banken ihre Vorstellungen über mögliche zukünftige Gebühren von zwischen 2 und 4 % [dargelegt hätten]" (Randnr. 107 der Entscheidung), doch reicht keine dieser Äußerungen aus, die Behauptung einer Willensübereinstimmung in Bezug auf die Festsetzung der Provisionshöhe zu bestätigen. Die Festsetzung eines Bezugsrahmens oder Zielpreises kann zwar eine rechtswidrige Preisfestsetzung sein, weil die Preise in diesem Fall nicht mehr Ergebnis eigenständiger Entscheidungen der Wirtschaftsteilnehmer, sondern der Übereinstimmung ihres Willens sind. Jedoch reflektieren die genannten Zahlen ("zwischen 2 und 4 %", "rund 3 %", "zwischen 2 und 6 %", vgl. Randnr. 107 der Entscheidung und deren Fußnote 44) - wie oben dargelegt - die vom EWI festgestellten Marktpreise; diese Angaben weisen eine erhebliche Schwankungsbreite (bis zum Dreifachen) auf, was zu ihrem Mangel an Genauigkeit beiträgt. Diese Erklärungen belegen daher, dass bestimmte Banken bei der Zusammenkunft auf die Höhe der Provisionen mit Worten Bezug genommen haben, die es jedenfalls nicht zulassen, jenseits jedes vernünftigen Zweifels auf eine Willensübereinstimmung in Bezug auf die gemeinsame Festsetzung ihrer jeweiligen Preise zu schließen.

Zu den Feststellungen in Bezug auf die Durchführung der Vereinbarung über die Höhe der Umtauschprovisionen

138 Nach dem Hinweis darauf, dass es wegen des wettbewerbsbeschränkenden Ziels der Vereinbarung nicht erforderlich sei, ihre Auswirkungen nachzuweisen, hat die Kommission vorsorglich die Auffassung vertreten, dass die Teilnehmer an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 anschließend ihre Preispolitik entsprechend der nach Ansicht der Kommission getroffenen Vereinbarung einander angeglichen hätten. So hat sie in den Randnummern 147 und 148 der angefochtenen Entscheidung die von der Dresdner Bank, der Commerzbank, der HVB, der VUW, der GWK und der Reisebank tatsächlich berechneten Gebühren aufgelistet, die zwischen 3 % und 4,5 %, lagen, wobei bestimmte Banken außerdem einen Festbetrag verlangten.

139 Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die in der Übergangszeit berechneten Preise zeigten, dass es keine Vereinbarung gegeben habe; die Kommission bestreitet dies.

140 Bei der Untersuchung der tatsächlichen Sätze der Provision sind sowohl die proportionale als auch die feste Komponente der tatsächlich erhobenen Provisionen zu berücksichtigen. Da die fraglichen Dienstleistungen nämlich ganz überwiegend Beträge von unter 200 Euro betrafen - nach den Angaben in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu einem Anteil von 70 % (Randnr. 9) -, hatte die Erhebung von Pauschalprovisionen in Höhe von 5 DM oder 10 DM oder von Mindestumtauschvolumen erheblichen Einfluss auf den Betrag, den die Banken, ausgedrückt in Prozent, wirklich erhoben haben. Die Kommission durfte sich daher nicht darauf beschränken, den ausgewiesenen Provisionssatz zu prüfen, da dieser den vom Verbraucher zu zahlenden Preis nur partiell widerspiegelt.

141 Das Gericht hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen die Kommission gebeten, in tabellarischer Form Angaben zur tatsächlichen Höhe der Provisionen vorzulegen, die im Jahr 1999 von den an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken für Umtauschvolumen von 25 Euro, 50 Euro, 100 Euro und 200 Euro berechnet wurden. Aus der von der Kommission daraufhin eingereichten Tabelle ergibt sich, dass sich die tatsächlichen Sätze der Provisionen von Bank zu Bank deutlich unterschieden haben. So schwankten die tatsächlichen Sätze der Provision für den Umtausch von 20 Euro von 3 % bis 30 %, also bis um das Zehnfache. Diese Spanne verringerte sich letztlich proportional zur Zunahme des Umtauschvolumens. So schwankten die tatsächlichen Provisionen für den Umtausch von 200 Euro zwischen 2 % und 4,5 %, also bis um das 2,25-fache. Die Klägerinnen haben diese Angaben nicht bestritten.

142 Daraus ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass sich die Kommission mit der in den Randnummern 147 und 148 der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung, dass die Klägerinnen ihre Preise in einer Bandbreite zwischen 3 % und 4,5 % aneinander angeglichen hätten, auf falsche Angaben gestützt hat. Die Daten, über die die Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung verfügte, stützen nicht die Behauptung einer Konvergenz der von den Klägerinnen berechneten Preise, die auf die Durchführung der angeblichen Vereinbarung zurückzuführen wäre.

Ergebnis

143 Nach einer umfassenden Würdigung ergibt sich aus diesen Beweiselementen, dass der Initiator der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 möglicherweise in der Absicht gehandelt hat, den Abschluss einer Preisabrede zu fördern, und zwar als Reaktion auf die doppelte Gefahr einer Erhöhung des Konkurrenzdrucks, die sich aus dem unentgeltlichen Angebot von Barumtauschdiensten in der Übergangszeit durch die Deutsche Bundesbank und durch die Deutsche Bank ergeben konnte.

144 Die direkten Beweise in Bezug auf die Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 reichen jedoch nicht aus, um ohne vernünftigen Zweifel davon auszugehen, dass die an der Zusammenkunft teilnehmenden Banken eine solche Vereinbarung geschlossen haben. Die von der Kommission angeführten Beweiselemente belegen zwar, dass bestimmte teilnehmende Banken bei der Zusammenkunft die - im Übrigen allgemein bekannte - ungefähre Höhe der Pauschalen genannt haben, doch reichen diese Indizien nicht aus, um in einer den Beweisanforderungen genügenden Weise die Behauptung zu stützen, dass eine Willensübereinstimmung in Bezug auf die gemeinsame Festlegung dieser Preise zustande gekommen wäre.

145 In diesem Zusammenhang sind die damaligen rechtlichen und technischen Unsicherheiten, die mit dem ganz besonderen Kontext der Einführung des Euro zusammenhingen, und die vielfältigen Konsultationen zu berücksichtigen, die damals zwischen dem Bankensektor, der Kommission, den Währungsbehörden und den Verbrauchervereinigungen stattfanden. Angesichts dieses Kontextes lässt sich die Behauptung der Klägerinnen nicht zurückweisen, dass die von ihnen vorgenommene Abstimmung darin bestanden habe, sich über die Folgen der Entwicklung der für ihre Barumtauschtätigkeit in der Übergangszeit geltenden Bestimmungen klarzuwerden und gegebenenfalls die Deutsche Bundesbank auf die Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, mit denen die Wirtschaftsteilnehmer des Sektors aufgrund dieser Entwicklung konfrontiert gewesen seien.

146 Außerdem wird die These, dass es eine Preisabsprache gegeben habe, dadurch geschwächt, dass die an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken allenfalls ungefähr 17 % des Angebots an Barumtauschdiensten, und zwar nur des Angebots der Kreditinstitute, repräsentiert haben.

147 Schließlich widersprechen die im Besitz der Kommission befindlichen Daten zur Höhe der in der Übergangszeit berechneten Preise der Feststellung, dass die 1999 beobachteten Preise die Durchführung einer Vereinbarung erkennen ließen.

148 Der Kommission ist es daher nicht gelungen, rechtlich hinreichend den Beweis dafür zu erbringen, dass im Laufe der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 eine Willensübereinstimmung in Bezug auf die Festlegung der Höhe der Umtauschprovisionen zustande gekommen ist.

D - Zur Vereinbarung über die Struktur der Umtauschprovisionen

149 Der Teil der Zuwiderhandlung, der sich auf die Gebührenstruktur bezieht, ist in den Randnummern 95, 96, 114, 115, 132 und 184 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, während der überwiegende Teil der Untersuchung der Kommission der Frage gewidmet ist, in welcher Höhe die Provisionen festgelegt wurden. Insbesondere hat sich die Kommission mit folgenden Worten zu den Beweisen für das Vorliegen einer Vereinbarung über eine ausschließlich proportionale Provision geäußert (Randnr. 95 der angefochtenen Entscheidung):

"Zum Sortengeschäft wird im [Commerzbank-]Protokoll vermerkt, dass Übereinstimmung zur Anwendung fester Wechselkurse für Teilnehmerwährungen (d. h. keine Ankaufs- und Verkaufskurse) mit Entgelten als Prozentprovision erzielt wurde. Das Berechnungsverfahren zur Umrechnung zwischen den Teilnehmerwährungen wäre von jeder Bank selbst festzulegen ...

Zum Thema Kursgestaltung/Preisgestaltung im Sortengeschäft in Stufe 3a (1.1.1999 bis 1.1.2002) der [Wirtschafts- und Währungsunion] wurde zu folgenden Punkten Übereinstimmung erzielt:

1. Privatkundengeschäft

...

- Die Provisionen/Gebühren werden als prozentualer Anteil vom Gegenwert gerechnet.

..."

150 Ausweislich der angefochtenen Entscheidung besteht Übereinstimmung zwischen den Protokollen der Commerzbank und der GWK "dahin gehend ..., dass die Kundengebühren in Prozentform erhoben werden sollen" (Randnr. 96 der Entscheidung). Diese Feststellung ist in Randnummer 106 der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen wiederholt worden. Außerdem hat die Kommission in den Randnummern 114 bis 116 der angefochtenen Entscheidung den Argumenten der betroffenen Banken Folgendes entgegengehalten:

"Die transparente und ausdrückliche Angabe von Gebühren erfordert keinerlei Harmonisierung von Preisen, Gebührenstrukturen oder sonstigen Dienstleistungskonzepten im Bankensektor. Jede Bank muss über ihr Vorgehen im Gebührenbereich unabhängig befinden. Auch die Festlegung der Höhe jeglicher Kundengebühren einschließlich der Gebührenstruktur muss von den Banken unabhängig voneinander beschlossen werden.

Es war weder ein logischer noch ein natürlicher Schritt, dass jede einzelne Bank ihre Kursspannen in eine Prozentprovision umwandelt. Offenbar erwog die Deutsche Bank ursprünglich, einen gebührenfreien Umtauschdienst anzubieten. Die Frage ist hier jedoch nicht, was wirtschaftlich gesehen die rationalste Gebührenstruktur wäre, sondern, ob eine Vereinbarung zwischen Banken über die Gebührenstruktur vorlag.

Im vorliegenden Fall bestand eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Banken über eine Gesamtprovision von rund 3 % mit dem Ziel, nach dem Wegfallen der 'Kursspanne' am 1. Januar 1999 ihre bisherigen Einnahmen zu rund 90 % zu sichern."

1. Vorbringen der Parteien

151 Die Klägerinnen bestreiten das Vorliegen einer Vereinbarung des Inhalts, Prozentprovisionen zu verlangen. Sie machen zwei Arten von Argumenten geltend. Zum einen vertreten sie die Ansicht, dass die von der Kommission angeführten Beweise unzureichend seien. Zum anderen schlagen sie eine alternative Erklärung vor: Im Verlauf der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 hätten alle Banken eingeräumt, dass das Inkrafttreten der unwiderruflichen Umrechnungskurse die Aufgabe der Kursspanne für den Barumtausch zugunsten eines Mechanismus der ausdrücklichen Ausweisung der Provisionen zur Folge haben werde. Es handele sich folglich nicht um eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG, sondern um eine Diskussion über die Entwicklung der Bestimmungen.

152 Die Kommission trägt vor, dass sich die Feststellung der Vereinbarung über die Gebührenstruktur auf das Commerzbank-Protokoll stütze, dessen Inhalt besonders klar sei: "Die Provisionen/Gebühren werden als prozentualer Anteil vom Gegenwert gerechnet" und "separat abgerechnet". Diese Äußerung werde durch das GWK-Protokoll bestätigt, wonach die Provisionen "als prozentualer Anteil vom Gegenwert" zu berechnen seien.

153 Die Kommission macht außerdem geltend, dass die angefochtene Entscheidung auf mehreren von der GWK vor der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 verfassten Berichten beruhe. Neben den von der GWK verfassten Dokumenten, die zuvor erwähnt wurden, bezieht sich die Kommission auf die Antworten der Landesbank Hessen Thüringen Girozentrale auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Randnr. 113 der angefochtenen Entscheidung).

154 Die Klägerinnen wehren sich gegen die Verwendung von Beweiselementen zu ihren Lasten, zu denen ihnen die Kommission im Verwaltungsverfahren den Zugang verweigert habe.

2. Würdigung durch das Gericht

155 Zur Rüge der Verwendung belastender Beweisstücke, zu denen die Klägerinnen nicht gehört worden seien, weist das Gericht darauf hin, dass es die Wahrung der Verteidigungsrechte erfordert, dass das betroffene Unternehmen Gelegenheit hatte, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der von der Kommission angeführten Tatsachen, Rügen und Umstände sachgerecht Stellung zu nehmen (Urteile des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnr. 11, und vom 17. Januar 1984 in den Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 25).

156 Die Beschwerdepunkte müssen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, und sei es in gedrängter Form, so klar abgefasst sein, dass die Betroffenen tatsächlich erkennen können, welches Verhalten ihnen die Kommission zur Last legt. Nur unter dieser Voraussetzung kann die Mitteilung der Beschwerdepunkte nämlich den ihr durch die Gemeinschaftsverordnungen zugewiesenen Zweck erfüllen, der darin besteht, den Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Angaben zur Verfügung zu stellen, damit sie sich sachgerecht verteidigen können, bevor die Kommission eine endgültige Entscheidung erlässt (Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307, Randnr. 42).

157 Grundsätzlich sind nur Schriftstücke, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeführt oder erwähnt wurden, zulässige Beweismittel (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-11/89, Shell/Kommission, Slg. 1992, II-757, Randnr. 55, und in der Rechtssache T-13/89, ICI/Kommission, Slg. 1992, II-1021, Randnr. 34; vgl. außerdem in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C-62/86, AKZO/Kommission, Slg. 1991, I-3359, Randnr. 21).

158 Ein Schriftstück kann nur dann als belastendes Schriftstück angesehen werden, wenn sich die Kommission bei der Feststellung einer von einem Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung darauf stützt. Als Beweis für eine Verletzung seiner Verteidigungsrechte genügt es nicht, dass das fragliche Unternehmen nachweist, dass es sich im Verwaltungsverfahren nicht zu einem Schriftstück hat äußern können, das in der angefochtenen Entscheidung an irgendeiner Stelle verwendet wurde. Es muss dartun, dass die Kommission dieses Schriftstück in der angefochtenen Entscheidung als zusätzliches Beweiselement für eine Zuwiderhandlung verwendet hat, an der das Unternehmen teilgenommen haben soll.

159 Im vorliegenden Fall hat die Kommission angegeben, dass die Landesbank Hessen Thüringen Girozentrale in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeräumt habe, "dass sie auf der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 eine Vereinbarung über die Gebührenstruktur für die Übergangszeit getroffen habe" (Randnr. 113 der angefochtenen Entscheidung). Ungeachtet des Umstands, dass dieses angebliche Eingeständnis im Abschnitt mit der Überschrift "Argumente der Parteien zur Auslegung der Tatsachen" steht, ist festzustellen, dass die Kommission diese Erklärung in der angefochtenen Entscheidung als belastendes Beweisstück angeführt und in ihren Schriftsätzen als solches geltend gemacht hat.

160 Die Kommission hat aber in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts eingeräumt, dass keine der Klägerinnen Zugang zu den Antworten der anderen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte gehabt habe. Daraus folgt, dass die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerinnen verletzt hat, indem sie sich auf Unterlagen gestützt hat, zu denen diese im Lauf des Verwaltungsverfahrens keinen Zugang hatten. Daher sind diese Unterlagen als Beweismittel auszuschließen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003 in den Rechtssachen T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Atlantic Container Line u. a./Kommission, Slg. 2003, II-3275, Randnr. 338; vgl. außerdem in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache 107/82, AEG/Kommission, Slg. 1983, 3151, Randnrn. 24 bis 30, und Zement-Urteil, Randnr. 382).

161 Was die anderen von der Kommission angeführten Beweise angeht, so ist festzustellen, dass es sich um Schriftstücke handelt, die oben im Rahmen der Untersuchung der Feststellungen in Bezug auf die Preisabsprache geprüft wurden. Diese Dokumente sind nur mittelbar relevant für den Beweis des Inhalts der auf der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 geführten Diskussionen. Sie beziehen sich alle auf die Zeit vor dieser Zusammenkunft und erlauben allenfalls, die Initiatorenrolle der GWK zu beweisen. Diese Dokumente reichen nicht aus, um die Willensübereinstimmung der Klägerinnen mit der GWK in Bezug auf den Abschluss einer Vereinbarung darzutun, die einen offenkundig wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt hätte.

162 Zu den direkten Beweisen für die Vereinbarung über die Gebührenstruktur ist festzustellen, dass in Anbetracht des ganz besonderen, mit der Einführung des Euro in Zusammenhang stehenden Kontextes der vorliegenden Rechtssachen die von der Kommission vertretene Auslegung des GWK- und des Commerzbank-Protokolls erheblichen Zweifeln begegnet.

163 Das Vorliegen einer Vereinbarung über die Gebührenstruktur steht nämlich in engem Zusammenhang mit dem Vorliegen der Preisabsprache, zu der sie einen zusätzlichen Teil darstellt. Da das Gericht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Kommission der Beweis für das Vorliegen einer Preisabrede nicht rechtlich hinreichend gelungen ist, ist dadurch die Richtigkeit der Feststellungen und Beurteilungen in Bezug auf die angebliche Vereinbarung über die Gebührenstruktur ebenso beeinträchtigt.

164 Soweit die angefochtene Entscheidung auf der Feststellung einer Willensübereinstimmung in Bezug auf die Anwendung ausdrücklicher Prozentprovisionen beruht, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht der Wille der an der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 teilnehmenden Banken war, das damals geltende System impliziter Provisionen aufzugeben. Der Wechsel zu ausdrücklichen Provisionen ergibt sich aus dem rechtlichen Rahmen für die Einführung des Euro. Die Kommission konnte sich daher nicht auf eine wörtliche Auslegung einer im Commerzbank-Protokoll erwähnten "Übereinkunft" zwischen den Banken über die Anwendung der unwiderruflichen Umrechnungskurse und die entsprechende Aufgabe des Kursspannensystems stützen (vgl. insbesondere die Randnrn. 95 und 106 der angefochtenen Entscheidung). Diese Passage kann vielmehr als gemeinsamer Ausdruck dessen verstanden werden, dass man sich der Änderung bewusst wurde, zu der es aufgrund der rechtlichen Maßnahmen über die Einführung des Euro gekommen war und die später durch die Empfehlung der Kommission vom 23. April 1998 konkretisiert wurde.

165 Außerdem sprechen gegen das Vorliegen einer Vereinbarung über eine Provisionsstruktur, die streng proportional zum umgetauschten Betrag ist, die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung, wonach zahlreiche Banken Mischstrukturen mit einer festen Komponente und einer proportionalen Komponente angewandt haben sollen (Randnr. 147 der angefochtenen Entscheidung). Die Angaben, über die die Kommission verfügte, zeigen daher, dass die Klägerinnen in der Übergangszeit unterschiedliche Provisionsstrukturen angewandt haben, wobei manche ausschließlich proportionale Provisionen angewandt haben, während andere bis zum Ende der Übergangszeit eine Mischstruktur beibehalten haben.

166 Der Kommission ist es daher nicht gelungen, rechtlich hinreichend das Vorliegen der erforderlichen Tatsachen für eine Willensübereinstimmung darzutun, die eine Vereinbarung über die Struktur der Umtauschprovisionen auf der Zusammenkunft vom 15. Oktober 1997 erkennen lässt.

E - Allgemeines Ergebnis

167 Die Kommission hat das Vorliegen einer Vereinbarung über die Festlegung der Preise für die Dienstleistungen des Umtauschs von Bargeld des Euro-Gebiets in der Übergangszeit und deren Gebührenstruktur nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen. Daraus folgt, dass die Klagegründe, mit denen die Unrichtigkeit der von der Kommission festgestellten Tatsachen und das Fehlen der Beweiskraft der als belastend angeführten Indizien geltend gemacht werden, begründet sind.

168 Nach alledem führt die kontradiktorische Prüfung der Klagen nicht zu einer Änderung des Ergebnisses des Säumnisverfahrens. Demzufolge ist der Einspruch zurückzuweisen, ohne dass die weiteren Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

Kostenentscheidung:

Kosten

169 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Einspruch unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen der Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Der Einspruch wird zurückgewiesen.

2. Die Kommission trägt die Kosten.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 27. September 2006.

Ende der Entscheidung

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