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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 08.06.1995
Aktenzeichen: T-459/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag
Vorschriften:
EG-Vertrag Art. 190 | |
EG-Vertrag Art. 93 Absatz 2 |
1. Artikel 37 Absatz 3 der Satzung des Gerichtshofes, wonach mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können, und Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach der Streithelfer den Rechtsstreit in der Lage annehmen muß, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet, hindern den Streithelfer nicht daran, andere Argumente als die von ihm unterstützte Partei vorzubringen, da mit der Streithilfe stets die Unterstützung der Anträge dieser Partei bezweckt wird.
2. Die Kommission braucht in der Begründung der Entscheidungen, die sie zur Durchführung der Wettbewerbsregeln erlässt, nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend machen. Es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.
3. Betriebsbeihilfen, also Beihilfen, mit denen ein Unternehmen von den Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Verwaltung oder seiner üblichen Tätigkeiten hätte tragen müssen, können nicht nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, da sie aufgrund ihrer Natur die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren verfälschen, in denen sie gewährt werden, und Gefahr laufen, die Handelsbedingungen in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, ohne geeignet zu sein, einen der in den genannten Ausnahmebestimmungen festgesetzten Zwecke zu erreichen.
Die Qualifizierung einer Beihilfe als Betriebsbeihilfe oder aber als Investitionsbeihilfe erfolgt in einem gemeinschaftlichen Zusammenhang unabhängig von der Qualifizierung durch das Buchführungs- oder Steuerrecht des Mitgliedstaats, dem das begünstigte Unternehmen angehört.
4. In Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen über das Verfahren zur Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge muß die Rückforderung unrechtmässig gewährter Beihilfen nach den im nationalen Recht vorgesehenen Modalitäten erfolgen. Die Anwendung des nationalen Rechts darf jedoch die Tragweite und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigen, d. h., sie darf zum einen nicht die Rückforderung der unrechtmässig gewährten Beträge praktisch unmöglich machen und darf zum anderen nicht gegenüber vergleichbaren Fällen, für die nur die nationalen Rechtsvorschriften gelten, diskriminierend sein.
Daher darf die Kommission in ihren Entscheidungen, mit denen sie die Rückforderung staatlicher Beihilfen anordnet, nicht die Auswirkungen der Steuer auf den Betrag der zurückzufordernden Beihilfen berechnen, denn diese Berechnung fällt in den Anwendungsbereich des nationalen Rechts, sondern sie muß sich darauf beschränken, den zurückzufordernden Bruttobetrag anzugeben. Dies hindert die nationalen Behörden nicht, bei der Rückforderung gegebenenfalls von dem zurückzufordernden Betrag gemäß ihren nationalen Vorschriften, aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts, bestimmte Beträge abzuziehen.
5. Ordnet die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 2 des Vertrages die Aufhebung oder Umgestaltung einer unter Verletzung des Vertrages gewährten Beihilfe an, kann sie deren Erstattung verlangen. Da diese Rückforderung die Wiederherstellung der Lage vor Gewährung der Beihilfe bezweckt, kann sie grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die in keinem Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des Vertrages über staatliche Beihilfen steht.
Da die Wiederherstellung der Lage, die vor der Zahlung der rechtswidrigen Beihilfe bestand, voraussetzt, daß alle sich aus der Beihilfe ergebenden finanziellen Vorteile, die wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt haben, beseitigt worden sind, kann die Entscheidung der Kommission zur Erhebung von Zinsen auf die gewährten Beiträge verpflichten, um zu verhindern, daß dem Unternehmen der Vorteil einer Beihilfe verbleibt, indem es über ein zinsloses Darlehen verfügt hat. Die Vereinnahmung von Zinsen darf nur zum Ausgleich der finanziellen Vorteile vorgenommen werden, die sich tatsächlich aus der Zurverfügungstellung der Beihilfen an den Empfänger ergeben, und sie muß im Verhältnis zu diesen Vorteilen stehen.
Daher dürfen diese Zinsen, die keine Verzugszinsen sind, die wegen einer Verzögerung bei der Erfuellung der Rückgewährpflicht geschuldet werden, erst von dem Zeitpunkt an berechnet werden, von dem an der Empfänger der Beihilfe tatsächlich über dieses Kapital verfügt hat.
6. Das Gemeinschaftsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen, die den Vertrauensschutz bei der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beihilfen berücksichtigen, sofern die vorgesehenen Bedingungen die gleichen sind, wie sie bei der Rückforderung rein nationaler Geldleistungen angewandt werden, und sofern das Interesse der Gemeinschaft in vollem Umfang berücksichtigt wird. Daher können sich die Empfänger zu Unrecht erhaltener staatlicher Beihilfen im Zeitpunkt der Rückerstattung nur auf aussergewöhnliche Umstände berufen, die bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmässigkeit der Beihilfe begründen konnten, und es ist allein Sache der nationalen Gerichte, die Umstände des Falles zu beurteilen, nachdem sie gegebenenfalls dem Gerichtshof Auslegungsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt haben.
URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 8. JUNI 1995. - SIEMENS SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - STAATLICHE BEIHILFEN - ALLGEMEINE BEIHILFEN - RUECKFORDERUNG - ZINSEN - ZULAESSIGKEIT DES STREITHILFEANTRAGS. - RECHTSSACHE T-459/93.
Entscheidungsgründe:
Sachverhalt und Verfahren
1 Mit ihrer Entscheidung 92/483/EWG vom 24. Juni 1992 betreffend Beihilfen der Region Brüssel an die Siemens SA zur Förderung der Bereiche Datenverarbeitung und Telekommunikation (ABl. L 288, S. 25; im folgenden: die Entscheidung) stellte die Kommission die Unvereinbarkeit eines Teils dieser Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt fest.
2 Die Entscheidung betrifft 17 Beihilfeanträge, die die Klägerin bei der Region Brüssel zwischen Juli 1985 und August 1987 nach dem belgischen Gesetz vom 17. Juli 1959, "Loi instaurant et coordonnant des mesures en vü de favoriser l' expansion économique et la création d' industries nouvelles" (Gesetz zur Einführung und Koordinierung von Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Schaffung neuer Industrien; im folgenden: Gesetz von 1959), eingereicht hatte. Mit mehreren Entscheidungen, die zwischen November 1985 und Januar 1988 erlassen wurden, gab die Regierung der Region Brüssel diesen Anträgen über einen Gesamtbetrag von 335 980 000 BFR statt, von denen 290 921 000 BFR im Zeitpunkt der Einreichung der Klage bereits ausgezahlt waren.
Rechtlicher Rahmen des Rechtsstreits
3 Das Gesetz von 1959 führt eine allgemeine Beihilferegelung für Vorhaben im Sinne seines Artikels 1 Buchstabe a ein, "die unmittelbar zur Gründung, Erweiterung, Umstellung und Modernisierung von Industrie- oder Handwerksbetrieben beitragen, unabhängig davon, ob diese Vorhaben von den Unternehmen selbst oder von anderen natürlichen oder privatrechtlichen bzw. öffentlich-rechtlichen juristischen Personen durchgeführt werden, jedoch nur insoweit, als sie im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegen". In Artikel 3 Buchstabe a heisst es, daß für diese Zwecke anerkannten Kreditinstituten Subventionen gewährt werden können, um es ihnen zu ermöglichen, für die Vorhaben im Sinne von Artikel 1 Darlehen zu ermässigtem Zinssatz zu gewähren, vorausgesetzt, daß diese Darlehen einem der dort aufgeführten Zwecke dienen, zu denen insbesondere die unmittelbare Finanzierung von Investitionen in bebaute oder unbebaute Grundstücke und in zur Verwirklichung der Vorhaben erforderliche Gerätschaften oder Materialien gehört.
4 In der Entscheidung 75/397/EWG vom 17. Juni 1975 über die von der belgischen Regierung in Anwendung des belgischen Gesetzes vom 17. Juli 1959 über die Einführung und Koordinierung von Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Expansion und zur Schaffung neuer Industrien gewährten Beihilfen (ABl. L 177, S. 13; im folgenden: Entscheidung 75/397) führte die Kommission aus, daß diese allgemeine Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei. Die Kommission vertrat jedoch in Artikel 1 ihrer Entscheidung die Ansicht, daß die aufgrund der allgemeinen Regelung gewährten Beihilfen, die im Rahmen von der Kommission rechtzeitig vorher mitgeteilten Programmen mit sektoraler oder regionaler Zweckbestimmung angewandt würden oder die unbedeutend seien, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien und daß daher die Kommission von ihnen nicht gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag vorher unterrichtet werden müsse. Die Schwellenwerte, von denen an diese Beihilfen bedeutend werden und mitgeteilt werden müssen, sind in Artikel 2 der Entscheidung 75/397 und im Schreiben SG (79) D10478 der Kommission vom 14. September 1979 an die Mitgliedstaaten über die "Unterrichtung über die Fälle der Anwendung allgemeiner Investitionsbeihilferegelungen" festgesetzt.
5 In bezug auf die Form der Beihilfen sieht das Gesetz von 1959 insbesondere Zinsvergünstigungen für Darlehen vor, die bei den zugelassenen Kreditinstituten aufgenommen werden. Artikel 176 des Gesetzes vom 22. Dezember 1977 über die Haushaltsvorschläge für 1977/78 (im folgenden: Gesetz von 1977) erlaubt in Verbindung mit der Königlichen Verordnung vom 24. Januar 1978 die Gewährung verlorener Kapitalzuschüsse in Höhe der Zinsvergünstigungen, wenn die Vorhaben im Sinne von Artikel 1 des Gesetzes von 1959 aus Eigenmitteln des Unternehmens finanziert werden. Mit Schreiben vom 25. Mai 1978 an die belgischen Behörden genehmigte die Kommission diese Maßnahmen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den gewährten Beihilfen um verlorene Kapitalzuschüsse.
Inhalt der angefochtenen Entscheidung
6 Mit Schreiben vom 18. Juli 1991 eröffnete die Kommission auf in der belgischen Presse veröffentlichte Mitteilungen hin, nach denen der belgische Rechnungshof Einwände in bezug auf die Rechtmässigkeit der fraglichen Beihilfen erhoben hatte, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag. Nach Anhörung der Ausführungen der belgischen Behörden erließ sie die angefochtene Entscheidung.
7 Die Entscheidung, die sich auf mehrere Beihilfemaßnahmen bezieht, unterscheidet zwischen sieben Gruppen von Vorhaben, für die diese Beihilfen gewährt wurden, nämlich Vermietung von Geräten an Kunden, zur internen Verwendung erworbene Ausrüstungen, Software-Entwicklungskosten, Ausbildungskosten, Erwerb eines Gebäudes, Werbemaßnahmen und Markterhebungen.
8 Die Kommission vertritt die Ansicht, daß die Beihilfen für Ausgaben für Ausrüstungen zur internen Verwendung rechtmässig gewährt worden seien, da zum einen diese Ausgaben zu den im Gesetz von 1959 ausdrücklich als beihilfefähig aufgeführten Investitionsarten gehörten und sich diese Investitionen zum anderen aus von einander unabhängigen Einzelprogrammen zusammensetzten, bei denen die im Schreiben vom 14. September 1989 an die Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte für die Anmeldung nicht überschritten seien.
9 Hingegen seien die Aufwendungen für Ausbildung, Werbemaßnahmen und Markterhebungen in dem Gesetz von 1959 nicht als beihilfefähig aufgeführt, und bei diesen Beihilfen handele es sich um eine Ad-hoc-Unterstützung, die der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag hätte mitgeteilt werden müssen. Die Beihilfen zu den Ausbildungskosten fielen jedoch unter die Ausnahme des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag, da sie zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige bestimmt seien, ohne die Handelsbedingungen zu beeinträchtigen.
10 Schließlich erfuellten die Aufwendungen für an Kunden vermietete Geräte nicht die von der Kommission gebilligten Voraussetzungen nach den Artikeln 1 und 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1959, da sie nicht zur Gründung, Erweiterung, Umstellung oder Modernisierung der Struktur der Klägerin beitrügen. Die Beihilfen zur Finanzierung dieser Geschäfte seien auch keine Beihilfen zugunsten der Unternehmen, die Kunden der Klägerin seien, da diese den vollen von der Klägerin nach eigenem Ermessen festgelegten Mietpreis zahlten. Bei diesen Beihilfen handele es sich daher um fortlaufende Betriebsbeihilfen für die Klägerin. Selbst wenn das Gesetz von 1959 auf diese zuletzt genannten Subventionen anwendbar wäre, hätten diese gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag gemeldet werden müssen, da die im Schreiben vom 14. September 1979 an die Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte überschritten worden seien.
11 Im übrigen sei auf die Beihilfen, die nicht in den Anwendungsbereich der Entscheidung 75/397 fielen, keine der in Artikel 92 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmebestimmungen anwendbar. Zum einen komme Artikel 92 Absatz 2 im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, da mit den Beihilfen keiner der in dieser Bestimmung aufgeführten Zwecke verfolgt werde. Zum anderen dienten die in Rede stehenden Beihilfen keinem regionalen oder sektoralen Zweck, weshalb für sie keine der in Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a und c vorgesehenen Ausnahmen in Betracht komme. Auch seien die Ausnahmen des Artikels 93 Absatz 3 Buchstabe b auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da diese Beihilfen nicht zur Förderung eines Vorhabens von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung des belgischen Wirtschaftslebens bestimmt seien.
12 Aufgrund dieser Erwägungen entschied die Kommission in Artikel 1 der Entscheidung folgendes:
"Zu den Beihilfen in Höhe von insgesamt 335,980 Millionen bfrs, die von der Regierung der Region Brüssel gemäß der durch das Gesetz über Wirtschaftswachstum vom 17. Juli 1959 eingeführten Beihilferegelung als Zuschüsse für Aufwendungen der Siemens S.A. von insgesamt 2 647,294 Millionen gewährt worden sind, ist folgendes festzustellen:
...
c) die Beihilfe von 256,445 Millionen bfrs für Aufwendungen für an Kunden zu vermietende Geräte sowie Werbemaßnahmen und Markterhebungen wurde unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag gewährt und erfuellt keine der erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen von Artikel 92 Absätze 2 und 3 EWG-Vertrag; folglich ist diese Beihilfe gemäß Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar."
13 In Artikel 2 der Entscheidung verbietet die Kommission der Regierung, die rechtswidrig bewilligten und noch nicht ausgezahlten Beihilfen auszuzahlen, und verpflichtet sie, die Beträge zurückzufordern, die für die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen ausgezahlt wurden, wobei die Verfahren und Vorschriften des belgischen Rechts gelten, insbesondere was Verzugszinsen für Forderungen des Staates betrifft. Nach der Entscheidung werden diese Zinsen ab dem Tag der unrechtmässigen Gewährung der Beihilfen fällig.
Verfahren
14 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 9. November 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage auf Nichtigerklärung der Artikel 1 Buchstabe c und 2 der Entscheidung erhoben.
15 Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Antragsschrift, die am 10. Februar 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin beantragt. Der Präsident des Gerichtshofes hat diesem Antrag mit Beschluß vom 23. März 1993 stattgegeben.
16 Der Gerichtshof hat die Rechtssache mit Beschluß vom 27. September 1993 gemäß Artikel 4 der Entscheidung 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht verwiesen.
17 Im schriftlichen Verfahren hat das Gericht die Kommission aufgefordert, schriftlich bestimmte Fragen zu beantworten. Auf Antrag der Klägerin hat das Gericht die Kommission ferner aufgefordert, den mit den belgischen Behörden im Rahmen des in Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag vorgesehenen Verfahrens geführten Schriftwechsel vorzulegen. Es hat die Parteien ausserdem aufgefordert, zu den von der Kommission vorgelegten Unterlagen Stellung zu nehmen.
18 Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die mündliche Verhandlung hat am 23. November 1994 stattgefunden.
Anträge der Parteien
19 Die Klägerin beantragt,
° Artikel 1 Buchstabe c, hilfsweise Artikel 2 der Entscheidung für nichtig zu erklären;
° der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Die Streithelferin beantragt,
° Artikel 2 Absatz 3 der Entscheidung für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
° die Klage als unbegründet abzuweisen;
° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zulässigkeit der Streithilfe der deutschen Regierung
20 Die Kommission fragt sich, ob die Streithilfe der deutschen Regierung zur Unterstützung der Anträge der Klägerin in bezug auf deren Hilfsantrag zulässig ist, da diese Unterstützung mit einer Auslegung des Rechts begründet werde, die in völligem Widerspruch zu der von der Klägerin vertretenen stehe. Insbesondere vertrete die deutsche Regierung die Ansicht, daß die Kommission ihre Befugnisse dadurch überschritten habe, daß sie die Zahlung der Zinsen ab dem Tag der Gewährung der Beihilfen verlange, während die Klägerin der Beklagten vorwerfe, die Frage der Verzinsung nicht erschöpfend geregelt zu haben.
21 Das Gericht weist darauf hin, daß nach Artikel 37 Absatz 3 der EG-Satzung des Gerichtshofes mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden können und daß nach Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung der Streithelfer den Rechtsstreit in der Lage annehmen muß, in der dieser sich zur Zeit des Beitritts befindet. Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß diese Artikel den Streithelfer nicht daran hindern, andere Argumente als die von ihm unterstützte Partei vorzubringen, da mit der Streithilfe stets die Unterstützung der Anträge dieser Partei bezweckt wird (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 23. Februar 1961 in der Rechtssache 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Slg. 1961, S. 1).
22 Im vorliegenden Fall beantragt die deutsche Regierung wie die Klägerin die Nichtigerklärung von Artikel 2 Absatz 3 der Entscheidung.
23 Daher kann der Unterschied zwischen den Argumenten der Streithelferin und denjenigen der Klägerin nicht zur Unzulässigkeit der Streithilfe führen.
Begründetheit
24 Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung von Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung, soweit damit die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen sowie für Aufwendungen für an Kunden zu vermietende Geräte für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden. Hilfsweise beantragt sie die Nichtigerklärung von Artikel 2 der Entscheidung, soweit damit die Rückforderung der bereits ausgezahlten Beihilfen einschließlich der vom Tag ihrer Gewährung an fälligen Zinsen angeordnet wird.
I ° Zur Rechtmässigkeit von Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung, soweit sich diese Bestimmung auf die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen sowie auf Aufwendungen für an Kunden zu vermietende Geräte bezieht
25 Zur Begründung ihres Antrags auf Nichtigerklärung des Artikels 1 Buchstabe c der Entscheidung rügt die Klägerin eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften. Ferner macht sie zum einen geltend, daß die Beihilfen für Werbemaßnahmen, Markterhebungen und für Aufwendungen für an Kunden zu vermietende Geräte in den Anwendungsbereich der genehmigten allgemeinen Regelung fielen, und zum anderen, daß auf diese Beihilfen Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag Anwendung finde.
A ° Verletzung wesentlicher Formvorschriften
26 Die Klägerin erhebt zwei Rügen, die sie auf die Verletzung wesentlicher Formvorschriften stützt. Es handelt sich um eine fehlende Begründung der Entscheidung und eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren.
1. Fehlende Begründung
Vorbringen der Parteien
27 Die Klägerin vertritt die Ansicht, es fehle in zweifacher Hinsicht an einer Begründung. Zum einen habe die Kommission nicht erläutert, weshalb die Investitionen für die Werbemaßnahmen und die Markterhebungen nicht in den Anwendungsbereich der fraglichen allgemeinen Beihilferegelung fielen. Zum anderen sei die Kommission "durch Induktion" zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin ihre Beihilfeanträge künstlich aufgeteilt habe, ohne diese Aufteilung durch konkrete und spezielle Angaben zu begründen, ohne ihren künstlichen Charakter darzulegen und ohne die Stellungnahme der belgischen Behörden hierzu im Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen.
28 In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte erwidert, daß diese Argumente nicht im schriftlichen Verfahren vorgetragen worden seien und daß sie über die in der Klageschrift ausserordentlich kurz behandelte Rüge einer fehlenden Begründung hinausgingen. Jedenfalls brauche die Kommission nach der Rechtsprechung nicht auf alle während des Verwaltungsverfahrens vorgetragenen Argumente einzugehen (vgl. Urteil des Gerichts vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, Slg. 1992, II-1).
Würdigung durch das Gericht
29 Zur Zulässigkeit der fraglichen Rüge ist daran zu erinnern, daß die Klageschrift nach Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muß und daß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung in aller Regel das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens untersagt.
30 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, daß die Klägerin in ihrer Klageschrift die fehlende Begründung rügt und diese Rüge im Laufe des Verfahrens lediglich entwickelt und vertieft hat. Daher ist eine solche Rüge zulässig.
31 Zur Begründetheit ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung die in Artikel 190 EG-Vertrag verankerte Verpflichtung zur Begründung der in Artikel 189 EG-Vertrag aufgezählten Rechtsakte nicht nur einem formalen Anliegen entspricht, sondern den Parteien die Wahrnehmung ihrer Rechte, dem Gemeinschaftsrichter die Ausübung seiner Kontrolle und den Mitgliedstaaten wie jedem beteiligten Staatsangehörigen die Unterrichtung über die Umstände ermöglichen soll, unter denen die Kommission den Vertrag angewandt hat (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 1963 in der Rechtssache 24/62, Deutschland/Kommission, Slg. 1963, 143). Aus der Rechtsprechung des Gerichts ergibt sich jedoch auch, daß die Kommission in der Begründung der Entscheidungen, die sie zur Durchführung der Wettbewerbsregeln erlässt, nicht auf alle Argumente einzugehen braucht, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, und daß es ausreicht, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil La Cinq/Kommission, a. a. O., Randnr. 41).
32 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, daß die Kommission in bezug auf die Natur der Werbemaßnahmen und Markterhebungen in Abschnitt IV der Begründung der Entscheidung (S. 29) ausführt, daß diese "in dem Gesetz über Wirtschaftswachstum nicht unter den förderbaren Kosten aufgeführt" seien. Sie erläutert im folgenden (S. 31 der Entscheidung), daß sie "unter die Kategorie der Betriebsbeihilfen fallen, da die entsprechenden Aufwendungen übliche Betriebskosten sind, die einem Unternehmen bei seiner normalen Tätigkeit entstehen".
33 Desgleichen stellt die Kommission in bezug auf die angebliche Aufteilung der Anträge auf Beihilfen für den Ankauf von zur Vermietung bestimmtem Material in Abschnitt IV der Begründung der Entscheidung (S. 30) fest, daß "für eine Reihe der fraglichen Investitionsprogramme mehrere Beihilfeanträge gestellt wurden; angesichts der Gleichartigkeit der Ausgaben und der zeitgleichen Durchführung hätten diese jedoch von der Brüsseler Regionalregierung als ein einziges Investitionsprogramm behandelt werden müssen". Im folgenden gibt sie Beispiele hierfür an. Dazu ist zu bemerken, daß die Beihilfen für den Ankauf von zur Vermietung bestimmtem Material von der Kommission als fortlaufende Betriebsbeihilfen betrachtet werden, die ihrer Natur nach nicht unter die durch das Gesetz von 1959 eingeführte allgemeine Beihilferegelung fallen (siehe Abschnitt IV der Begründung, S. 29 der Entscheidung).
34 Nach allem hat die Kommission in den beiden von der Klägerin erwähnten Punkten die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen angeführt, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt.
35 Somit ist die Entscheidung nicht unzureichend begründet, und die entsprechende Rüge ist zurückzuweisen.
2. Verletzung der Verteidigungsrechte
Vorbringen der Parteien
36 Die Klägerin macht geltend, daß die Kommission während des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag ihre Argumentation zur Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Beihilfen geändert habe, ohne jedoch den belgischen Behörden die Möglichkeit gegeben zu haben, zu diesen neuen Argumenten Stellung zu nehmen. Die Kommission habe sich nämlich im Verwaltungsverfahren Erwägungen des belgischen Rechnungshofes zu eigen gemacht, nach denen zum einen die Beihilfen zum Aufbau von Lagerbeständen bestimmt gewesen seien und einem sehr leistungsfähigen Unternehmen zugute gekommen seien, das nicht zu der Gruppe der Industrie- und Handwerksbetriebe gehöre, die allein Beihilfen auf der Grundlage des Gesetzes von 1959 erhalten könnten, und zum anderen ein Teil der in Rede stehenden Beihilfen die im Schreiben vom 14. September 1979 für die Anmeldung festgelegten Schwellenwerte überschritten hätten, denn sie hätten 3 Millionen ECU überstiegen und 12 % bis 13 % des für das betreffende Geschäft erforderlichen Kapitals dargestellt. Daher habe die Kommission die Verteidigungsrechte verletzt, indem sie ihre abschließende Entscheidung darauf gestützt habe, daß die Beihilfen zur Subventionierung des Betriebes des Empfängerunternehmens bestimmt gewesen seien und die Beihilfeanträge angeblich künstlich aufgeteilt worden seien.
37 In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission die Zulässigkeit der Rüge mit der Begründung bestritten, daß die Klägerin keine Verletzung der Verteidigungsrechte der belgischen Behörden an deren Stelle rügen könne, da diese die Entscheidung nicht angefochten hätten.
Würdigung durch das Gericht
38 Ohne daß über die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Rüge entschieden zu werden braucht, stellt das Gericht fest, daß die Klägerin im vorliegenden Fall beanstandet, daß die Kommission in der Entscheidung die Rechtswidrigkeit der Beihilfen mit Umständen begründet habe, die die belgischen Behörden nicht gekannt hätten oder zu denen sie im Verwaltungsverfahren Stellung zu nehmen nicht die Möglichkeit gehabt hätten. Diese angeblichen neuen Umstände bezögen sich auf die Natur der der Klägerin gewährten Subventionen als Betriebsbeihilfen und auf die künstliche Aufteilung der Beihilfeanträge.
39 Aus den Akten geht jedoch hervor, daß die belgischen Behörden während des Verwaltungsverfahrens in der Lage waren, die wesentlichen Umstände in Erfahrung zu bringen, auf die sich die Kommission für den Erlaß der Entscheidung stützte, und ihren Standpunkt hierzu zum Ausdruck zu bringen, insbesondere in bezug auf die Natur der in Rede stehenden Beihilfen und die angebliche Aufteilung der Anträge. Die Kommission erwähnte nämlich in dem das Verwaltungsverfahren einleitenden Schreiben sowohl den Zweck der finanzierten Geschäfte, der in einer Verbesserung "der Wettbewerbsposition der Firma Siemens, die nicht die gesamten Kosten [ihrer] Investitionen zu tragen brauchte", bestanden habe (siehe S. 4 Absatz 2 des einleitenden Schreibens), als auch die Überschreitung des in dem zitierten Schreiben vom 14. September 1979 festgesetzten Schwellenwertes von 3 Millionen ECU für Beihilfen, "deren Intensität zwischen 10 % und 15 % liegt" (siehe S. 3 Absatz 2 des einleitenden Schreibens). Mit diesen Angaben und Ausführungen hat die Kommission die belgischen Behörden unbestreitbar in die Lage versetzt, ihren Standpunkt zu den wesentlichen Umständen mitzuteilen, die ihrer Entscheidung zugrunde lagen. Die Richtigkeit dieser Analyse wird durch den Inhalt des zwischen den belgischen Behörden und der Kommission während des Verwaltungsverfahrens geführten Schriftwechsels bestätigt. In einem Schreiben vom 21. November 1991 haben die belgischen Behörden nämlich ihre Ansicht zu der angeblichen künstlichen Aufteilung der Beihilfeanträge dadurch zum Ausdruck gebracht, daß sie ausgeführt haben, eine solche Aufteilung habe wegen "der Besonderheit der in Rede stehenden Investitionen, die sich über die gesamte Dauer des Rechnungsjahres und über mehrere Rechnungsjahre hinweg verteilen", nicht stattfinden können. Ebenso haben die belgischen Behörden in einem Schreiben vom 13. März 1992 zur Überschreitung der Schwellenwerte Stellung genommen, indem sie erklärten, daß die Vorgänge "nicht als signifikante Fälle betrachtet wurden", denn "es handelte sich vielmehr bei jedem Vorgang um eine Zusammenfassung einer Gesamtheit einzelner Vorgänge". In demselben Schreiben haben sich die belgischen Behörden auch mittelbar zur Natur der betreffenden Beihilfen geäussert, indem sie ausführten, daß sich diese "niemals auf die Bildung von Lagerbeständen" bezogen hätten, was nach Ansicht der Behörden bedeutet, daß die in Rede stehenden Beihilfen nicht als Betriebsbeihilfen betrachtet werden konnten.
40 Nach allem hatten die belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren Kenntnis von den wesentlichen Umständen, die der Entscheidung zugrunde lagen; daher liegt keine Verletzung der Verteidigungsrechte vor.
41 Somit ist die fragliche Rüge nicht begründet und daher auf jeden Fall zurückzuweisen.
B ° Die Einbettung der Beihilfen für Werbemaßnahmen, Markterhebungen und Aufwendungen für an Kunden zu vermietende Geräte in die genehmigte allgemeine Beihilferegelung
42 Nach Ansicht der Klägerin fallen die Beihilfen für die Ausarbeitung von Marketingkonzepten und für Markterhebungen sowie die Beihilfen für den Ankauf von zur Vermietung bestimmtem Material in den Anwendungsbereich des Gesetzes von 1959 und überschreiten nicht die im Schreiben der Kommission vom 14. September 1979 festgesetzten Schwellenwerte. Der Kommission seien somit ein Rechtsfehler und ein Fehler bei der Tatsachenbeurteilung unterlaufen, und sie habe gegen die Entscheidung 75/397, das Schreiben vom 14. September 1979 sowie Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag verstossen.
1. Zur Natur der von den Ermächtigungsentscheidungen der Kommission gedeckten Beihilfen
Vorbringen der Parteien
43 Die Klägerin macht geltend, daß die in Randnummer 42 angeführten Beihilfen entgegen dem Inhalt der Entscheidung (vgl. Abschnitt IV der Begründung, S. 29 und 30) unter die durch das Gesetz von 1959 eingeführte allgemeine Regelung fielen, jedoch nicht unter Artikel 3 Buchstabe a dieses Gesetzes. Diese Beihilfen würden nämlich gemäß Artikel 176 des Gesetzes von 1977 und Artikel 1 der Königlichen Verordnung von 1978 in Form von verlorenen Kapitalzuschüssen gewährt, während Artikel 3 Buchstabe a nur Subventionen erwähne, die für Kreditinstitute bestimmt seien, um es diesen zu ermöglichen, Darlehen zu herabgesetztem Zins zu gewähren. Da in den genannten Bestimmungen die Vorgänge, für die die Beihilfe gewährt werden könne, nicht aufgezählt seien und sie keine Verweisung auf Artikel 3 Buchstabe a enthielten, fielen die in Rede stehenden Beihilfen unter die von der Kommission genehmigte allgemeine Beihilferegelung. Daher sei der Kommission ein Rechtsfehler unterlaufen.
44 Die Kommission erwidert, daß auf den vorliegenden Fall Artikel 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1959 anwendbar sei. Die fraglichen Beihilfen seien nämlich gemäß Artikel 176 Absatz 2 des Gesetzes von 1977 in Form von verlorenen Kapitalzuschüssen gewährt worden; diese Bestimmung regele diese Form der Finanzierung, die für die gleichen Geschäfte vorgesehen sei, wie sie im Gesetz von 1959, insbesondere in Artikel 3 Buchstabe a, erwähnt seien. Als die Kommission mit ihrem Schreiben vom 25. Mai 1978 den belgischen Behörden mitgeteilt habe, daß sie der Gewährung von Beihilfen in Form von Kapitalzuschüssen gemäß Artikel 176 des Gesetzes von 1977 und Artikel 1 der Königlichen Verordnung von 1978 nicht widerspreche, sei dies in der Erwägung geschehen, daß die betreffenden Geschäfte den im Gesetz von 1959 festgesetzten materiellen Voraussetzungen und Zielen entsprächen.
Würdigung durch das Gericht
45 Es ist zu prüfen, ob die fraglichen Bestimmungen die Gewährung von Beihilfen erlaubt haben, die anderen Zwecken als Investitionen dienen. Dazu sind die nationalen Vorschriften über die genehmigte allgemeine Regelung im Lichte der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften auszulegen. Im einzelnen sind das Gesetz von 1959 und Artikel 176 des Gesetzes von 1977, durchgeführt durch die Königliche Verordnung von 1978, gemäß dem Inhalt der Entscheidung 75/397 und des Schreibens vom 25. Mai 1978 sowie gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Vertrages auszulegen.
46 Das Gericht erinnert daran, daß Artikel 1 Buchstabe a des Gesetzes von 1959 "eine allgemeine Beihilfe für Geschäfte, die unmittelbar zur Gründung, Erweiterung, Umstellung oder Modernisierung von Industrie- oder Handwerksunternehmen beitragen..., soweit sie dem allgemeinen wirtschaftlichen Interesse entsprechen", vorsieht und in Artikel 3 Buchstabe a bestimmt, daß diese Beihilfen in Form von Zinszuschüssen zu den Darlehen, die bei zugelassenen Kreditinstituten aufgenommen wurden, gewährt werden und der Finanzierung von Investitionen vorbehalten sind. Die Kommission vertrat in der Entscheidung 75/397 die Ansicht, daß die durch das Gesetz von 1959 eingeführte Regelung ein System der Gewährung von Beihilfen "zugunsten der Investitionen, die die Unternehmen für [verschiedene] Zwecke vornehmen", sei (S. 13 der Entscheidung 75/397). Mit dieser Entscheidung genehmigte die Kommission diese Investitionsbeihilfen unter der Voraussetzung, daß sie im Rahmen von sektoralen oder regionalen Programmen gewährt werden oder daß sie wegen ihrer Höhe keine bedeutsamen Folgen im Hinblick auf den Wettbewerb und den Handelsverkehr in der Gemeinschaft haben können (Artikel 1 der Entscheidung 75/397). Sodann hat das Königreich Belgien in Artikel 176 des Gesetzes von 1977, durchgeführt durch die Königliche Verordnung von 1978, die Gewährung einer allgemeinen Beihilfe in Form verlorener Kapitalzuschüsse für die in Artikel 1 des Gesetzes von 1959 aufgeführten Vorhaben vorgesehen. Mit ihrem Schreiben vom 25. Mai 1978 über die Königliche Verordnung von 1978 genehmigte die Kommission diese für "Investitionsvorhaben" unter Einhaltung des "Prüfungsverfahrens" im Sinne der Entscheidung 75/397 gewährten Beihilfen (S. 2 des Schreibens).
47 Hieraus ergibt sich, daß die Genehmigungsentscheidungen der Kommission nicht für die von den belgischen Behörden im Rahmen der fraglichen allgemeinen Regelung gewährten Beihilfen gelten, wenn diese nicht für Investitionen bestimmt sind, und daß diese Beihilfen daher gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag mitgeteilt werden müssen.
48 Es ist hinzuzufügen, daß, wie die Kommission zu Recht geltend macht, Betriebsbeihilfen, also Beihilfen, mit denen ein Unternehmen von den Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Verwaltung oder seiner üblichen Tätigkeiten hätte tragen müssen, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 3 fallen und daher nicht als durch die Entscheidung 75/397 und das Schreiben vom 25. Mai 1978 genehmigt gelten können. Nach der Rechtsprechung verfälschen diese Beihilfen nämlich grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen in den Sektoren, in denen sie gewährt werden, ohne insoweit ihrer Natur nach geeignet zu sein, einen der in den genannten Ausnahmebestimmungen festgesetzten Zwecke zu erreichen (vgl. hierzu Urteile des Gerichtshofes vom 6. November 1990 in der Rechtssache C-86/89, Italien/Kommission, Slg. 1990, I-3891, und vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, I-307).
49 Aufgrund dieser Erwägungen ist das Argument der Klägerin, daß Artikel 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1959, der die Investitionsvorhaben aufzählt, für die allgemeine Beihilfen gewährt werden können, im Rahmen der Königlichen Verordnung von 1978 nicht anwendbar sei, zurückzuweisen. Daher kann diese Königliche Verordnung nicht so ausgelegt werden, daß sie zur Gewährung genehmigter allgemeiner Beihilfen ermächtigt, die nicht für ein Investitionsvorhaben bestimmt sind.
2. Die Natur der fraglichen Vorhaben
Vorbringen der Parteien
50 Die Klägerin macht geltend, daß der Kommission selbst dann, wenn Artikel 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1959 im vorliegenden Fall anwendbar wäre, ein Fehler bei der Beurteilung der Tatsachen unterlaufen sei, indem sie die Ansicht vertreten habe, daß sowohl die Vorhaben der Ausarbeitung von Marketingkonzepten und Markterhebungen als auch die Vorhaben des Erwerbs von zur Vermietung bestimmtem Material keine Investitionsvorhaben im Sinne dieser Bestimmung darstellten. Mit diesen Vorhaben sei nämlich bezweckt gewesen, zukünftige Gewinne zu erzielen, und daher seien sie Gegenstand von buchhalterischen und steuerlichen Abschreibungen. Insbesondere hätten es die Vorhaben der Ausarbeitung von Marketingkonzepten und Markterhebungen der Klägerin ermöglicht, neue Erzeugnisse auf den Markt zu bringen, in neue Märkte einzudringen und ihre Präsenz auf bestehenden Märkten zu verstärken. Was den Erwerb von Material zum Zweck der Vermietung angehe, so sei dieser in der Bilanz der Klägerin in der Spalte "unbewegliche Aktiva" aufgeführt und ermögliche es ihr, eine neue Tätigkeit zu entwickeln. Im übrigen wendet sich die Klägerin gegen den Einwand der Kommission in der Entscheidung, wonach der Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Material nicht zur Gründung, Erweiterung, Umstellung oder Modernisierung der Struktur der Klägerin, sondern der Unternehmen, die das fragliche Material mieteten, beitrage. Artikel 1 Buchstabe a des Gesetzes von 1959 sehe nämlich ausdrücklich vor, daß Vorhaben, für die die Beihilfe gewährt werde, entweder von den Industrie- oder Handwerksbetrieben durchgeführt werden könnten, die Empfänger der allgemeinen Beihilfe seien, oder von anderen natürlichen oder juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechts wie den Mietern des fraglichen Materials. Die Kommission habe somit die Tatsachen falsch beurteilt und gleichzeitig sowohl gegen die Entscheidung 75/397 als auch gegen Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag verstossen.
51 Die Kommission erwidert zum einen, daß die für Werbemaßnahmen und Markterhebungen bestimmten Beihilfen offensichtlich Beihilfen für den Betrieb der Klägerin darstellten. Die Vorhaben im Zusammenhang mit "Studien, die der Markteinführung neuer Erzeugnisse oder dem Eindringen in neue Märkte vorausgehen", wie die hier in Rede stehenden, seien nämlich Vermarktungstätigkeiten, die zu den üblichen Betriebstätigkeiten gehörten und für die daher keine allgemeinen Beihilfen gemäß Artikel 3 Buchstabe a des Gesetzes von 1959 gewährt werden könnten.
52 Zum anderen betreffe die Tätigkeit der Vermietung im wesentlichen die Vermarktung von Erzeugnissen, und mit ihr könne daher die Struktur der Klägerin nicht modernisiert werden. Die Bestellung von Material werde nämlich nach Unterzeichnung des Mietvertrags vorgenommen, und die gewährten Beihilfen stuenden in "unmittelbarem Verhältnis" zu den durch die Vermietung erzielten Einkünften, denn der Mietpreis für das Material hänge notwendigerweise von dem Preis für dessen Erwerb ab, der im vorliegenden Fall subventioniert werde. Diese Beihilfen stellten daher eine ständige Subvention der Handelstätigkeit der Klägerin dar und verstärkten auf diese Weise künstlich deren finanzielle Situation, was den Wettbewerb verfälschen könne. Der Umstand, daß die Ausgaben für den Erwerb von Material nach den nationalen Rechtsvorschriften buchhalterisch und steuerlich abgeschrieben würden, sei für die Beurteilung der Vereinbarkeit der gewährten Beihilfen mit Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag unerheblich, da der Beihilfebegriff ausschließlich unter das Gemeinschaftsrecht falle.
Würdigung durch das Gericht
53 Da das Schreiben vom 25. Mai 1978 die Gewährung von Beihilfen in Form von Kapitalzuschüssen nur für die Finanzierung von Investitionen genehmigt, ist zu prüfen, ob die Beihilfen, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, zur Finanzierung von Investitionen bestimmt sind. Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß eine solche Prüfung Beurteilungen impliziert, die in einem gemeinschaftlichen Zusammenhang vorgenommen werden müssen (vgl. Urteil vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnr. 24), und daß daher die Argumente buchhalterischer und steuerlicher Art, die die Klägerin dem nationalen Recht entnimmt, im vorliegenden Fall nicht erheblich sind.
54 In bezug auf die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen ergibt sich aus dem Antrag, den die Klägerin bei den belgischen Behörden am 30. September 1985 unter der Überschrift "Investitionsprogramm im Wert von 113 600 000 BFR für Siemens in Brüssel" bei den belgischen Behörden eingereicht hat, daß "immaterielle Investitionen in Höhe von 37 600 000 BFR... für die Vermarktung neuer Produkte und die Werbung dafür vorgesehen [sind]. Der Personalcomputer und das Bürokommunikationssystem 'HICOM' sind zwei Beispiele hierfür." Desgleichen geht aus den Erläuterungen zum Investitionsprogramm, die dem Beihilfeantrag vom 29. September 1986 beigefügt waren, hervor, daß "der belgische Markt für Bürotechnik, Datenverarbeitung und Automatisierung von Herstellungsverfahren... in spektakulärer Weise [wächst]" und daß das Unternehmen "zur Erhaltung bzw. Vergrösserung [seines] Marktanteils auf diesen Gebieten [seine] Vermarktungstätigkeiten in den folgenden Jahren [intensivieren wird]".
55 Nach allem waren diese Beihilfen zur Vermarktung von Erzeugnissen der Klägerin bestimmt, was eine laufende Tätigkeit dieses Unternehmens darstellt. Daher können sie nicht als Investitionsbeihilfen betrachtet werden und unter die Entscheidung der Kommission vom 25. Mai 1978, mit der die Gewährung von Kapitalzuschüssen zu Investitionsbeihilfen genehmigt wurde, fallen.
56 Was die Beihilfen für ein Vorhaben des Erwerbs von zur Vermietung bestimmtem Material angeht, das für die Klägerin darin besteht, Material bei Unternehmen ihres Konzerns zu erwerben und es im Wege der Vermietung auf den Markt zu bringen, so geht aus den den Beihilfeanträgen vom 19. Juli 1985, 30. Juni 1986, 15. Juli 1986 und 12. August 1987 beigefügten Belegen hervor, daß die Klägerin selbst dieses Vorhaben einem "klassischen Verkauf" gleichsetzt und erklärt, daß sie "dank dieser Verkaufsmethode [ihren] Marktanteil auf dem Sektor der Datenverarbeitung und Bürotechnik stark erweitern [konnte]" (siehe insbesondere den dem Schreiben vom 12. August 1987 beigefügten Beleg).
57 Das Gericht stellt fest, daß dieses Vorhaben keine technische oder strukturelle Änderung voraussetzt und nur die ausschließlich geschäftliche Entwicklung der Klägerin fördert. Wie die Beklagte vorträgt, haben es ihr diese Beihilfen nämlich für eine bestimmte Zeit ermöglicht, ihren Kunden künstlich günstige Bedingungen zu bieten und ihre Verdienstspanne ohne irgendeine Rechtfertigung zu erhöhen.
58 Schließlich kann die Klägerin nicht behaupten, daß die in Rede stehenden Beihilfen zur Gründung, Erweiterung, Umstellung oder Modernisierung dritter Unternehmen beitrügen, an die das Material vermietet werde, und somit unter die allgemeine Regelung der genehmigten Beihilfen fielen. Diese Unternehmen zahlen nämlich eine Miete, die von der Klägerin nach freiem Ermessen festgesetzt wird, so daß sie als einzige von diesen Beihilfen profitiert, die es ihr erlauben, die praktizierte Miete zu senken und so den Wettbewerb mit den konkurrierenden Unternehmen zu verfälschen.
59 Nach allem können weder die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen noch diejenigen für den Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Material ihrer Natur nach unter die Entscheidung 75/397 und das Schreiben vom 25. Mai 1978 fallen.
3. Die Überschreitung der Schwellenwerte für die Mitteilung der allgemeinen Beihilfen
Vorbringen der Parteien
60 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe zu Unrecht die Ansicht vertreten, daß die Beihilfen für den Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Material die Anmeldeschwellen überschritten. Sie bestreitet insbesondere, ihre Beihilfeanträge künstlich aufgeteilt zu haben, da, wie die belgischen Behörden im Verwaltungsverfahren vorgetragen hätten, jeder Beihilfeantrag auf die Zusammenfassung verschiedener Investitionen zurückzuführen sei, die nur zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung vorgenommen worden sei. Die Entscheidung verstosse daher zum einen gegen die von der Kommission im Schreiben vom 14. September 1979 zur Aktualisierung der in der Entscheidung 75/397 vorgesehenen Schwellenwerte für die Anmeldung von Beihilfen festgesetzten Regeln und zum anderen gegen Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag.
61 Die Kommission führt zu der Überschreitung der Schwellenwerte aus, daß es widersprüchlich sei, zu behaupten, daß jeder Beihilfeantrag eine Zusammenfassung verschiedener Investitionen gewesen sei und daß jedes Datenverarbeitungs- oder Telekommunikationssystem eine getrennte Investition darstelle, ohne genau die Kriterien für die Aufteilung der Investitionsprogramme anzugeben und die Zusammenfassung der Vorgänge zu begründen.
Würdigung durch das Gericht
62 Die Einwendungen der Klägerin in bezug auf die Überschreitung der Anmeldeschwellen sind irrelevant. Da entschieden worden ist, daß die fraglichen Beihilfen, weil sie die Natur von Betriebsbeihilfen hatten, nicht unter die mit der Entscheidung 75/397 und dem Schreiben vom 25. Mai 1978 erteilte Genehmigung der allgemeinen Regelung fallen konnten, braucht nicht geprüft zu werden, ob die durch diese Entscheidungen aufgestellten Voraussetzungen wie die in bezug auf die Anmeldeschwellen erfuellt sind.
4. Zur Einstufung bestimmter Vorhaben als im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen stehend sowie zur Einstufung der Mietverträge als Mietfinanzierungsverträge
Vorbringen der Parteien
63 Die Klägerin wirft der Kommission vor, die Ansicht vertreten zu haben, daß diese Investitionen Werbemaßnahmen beträfen, während sie zur Verbesserung von Marketingkonzepten bestimmt gewesen seien.
64 Sie wirft ihr ausserdem vor, manchmal die Mietverträge als Mietfinanzierungsverträge(1) betrachtet zu haben und in der Entscheidung daraus hergeleitet zu haben, daß die in Rede stehenden Vorhaben Betriebsvorhaben und nicht Investitionsvorhaben gewesen seien.
65 Die Kommission wendet ein, daß die Einstufung der Beihilfen für "Werbemaßnahmen" auf der Beschreibung der von der Klägerin durchgeführten Aktionen in den Anlagen zu dem Schreiben beruhe, das der Kommission am 26. November 1991 von den belgischen Behörden übersandt worden sei und in denen von Werbung, Absatzförderung und der Markteinführung neuer Erzeugnisse, somit von Vermarktung, die Rede sei.
66 Zu der Erwähnung der Mietfinanzierung führt die Kommission aus, daß ein Übersetzungsfehler vorgelegen habe, daß sie jedoch nur den Umstand berücksichtigt habe, daß der Klägerin gehörendes Material vermietet worden sei.
Würdigung durch das Gericht
67 Zur Einstufung bestimmter Vorhaben als im Zusammenhang mit Werbemaßnahmen stehend ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin in ihren Beihilfeanträgen diese Vorhaben selbst so beschrieben hat, daß sie "die Vermarktung" und "die Absatzförderung neuer Erzeugnisse" (Schreiben vom 30. September 1985 und vom 29. September 1986) durch Einsatz einer "Werbekampagne zur Förderung der Einführung von Computern, Personalcomputern, Telefonzentralen, Servern und Terminals" bezweckten (siehe die dem Schreiben vom 29. September 1986 beigefügten "Erläuterungen zum Investitionsprogramm").
68 Ferner stellt das Gericht fest, daß die Einstufung der Mietverträge als Mietfinanzierungsverträge in der Entscheidung und in dem zwischen den belgischen Behörden und der Kommission geführten Schriftwechsel (Schreiben der belgischen Behörden vom 13. März 1992) erwähnt wird, daß diese Einstufung jedoch ohne Einfluß auf die Beurteilung der erwähnten Tätigkeiten der Klägerin geblieben ist, da die Kommission bei ihrer Beurteilung der Natur dieser Vorhaben im konkreten Fall niemals den finanziellen Aspekt der als Mietfinanzierungsverträge bezeichneten Vorhaben berücksichtigt hat. Somit enthält die Entscheidung keinen Widerspruch und keine Verwechslung.
69 Daher ist die Rüge der Klägerin rein terminologischer Art und stellt nicht in Frage, daß die in Rede stehenden Subventionen die Natur von Betriebsbeihilfen haben.
70 Aufgrund all dieser Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, daß die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen sowie die Beihilfen für den Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Material nicht unter die von der Kommission genehmigte allgemeine Beihilferegelung fallen und daher sämtliche von der Klägerin erhobenen Rügen zurückzuweisen sind.
C ° Die Anwendbarkeit von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag auf die Beihilfen für Werbemaßnahmen, Markterhebungen und den Ankauf von Material zur Vermietung
Vorbringen der Parteien
71 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Tatsachen falsch beurteilt, indem sie die Ansicht vertreten habe, daß für die fraglichen Beihilfen die Ausnahmen gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag nicht in Betracht kämen, und sie habe daher gegen diese Bestimmung verstossen.
72 Erstens betrachte die Kommission die Investitionen für die Ausarbeitung von Marketingkonzepten und Markterhebungen zu Unrecht als allgemeine Betriebskosten, die ein Unternehmen im Rahmen seiner gewöhnlichen Tätigkeiten tragen müsse. Es handele sich nämlich um immaterielle Investitionen, die buchhalterisch und steuerlich abgeschrieben würden und die es ihr erlaubt hätten, neue Erzeugnisse auf den Markt zu bringen, neue Märkte zu durchdringen oder ihre Präsenz auf bestehenden Märkten zu stärken. Mit ihnen sei daher eine Entwicklung ihrer Tätigkeiten und eine Verbesserung ihrer Strukturen bezweckt gewesen.
73 Zweitens bestreitet die Klägerin, daß die Vorhaben des Erwerbs von zu vermietendem Material als Betriebstätigkeiten eingestuft werden könnten. Diese Vorhaben seien nämlich Teil der unbeweglichen Aktiva der Firma und Investitionen im Sinne des belgischen Steuer- und Buchführungsrechts. Ebenso sei das vermietete Material Gegenstand einer dauerhaften Verwendung, denn die Kunden kauften das vermietete Material bei Ablauf ihres Mietvertrags nicht an, sondern schlössen einen neuen Vertrag über moderneres Material. Daher seien die in Rede stehenden Vorhaben zur Förderung einer Investitionstätigkeit bestimmt.
74 Die Kommission bestätigt, daß die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen dazu bestimmt seien, es einem Unternehmen zu ermöglichen, neue Erzeugnisse auf den Markt zu bringen, in neue Märkte einzudringen oder ihre Präsenz auf bestehenden Märkten zu verstärken, und daß sie als Vermarktungskosten zu betrachten seien, die zu den üblichen Tätigkeiten eines Unternehmens und daher zu den Betriebsausgaben gehörten. Ebenso seien Beihilfen für den Erwerb von zur Vermietung bestimmtem Material für eine rein geschäftliche Tätigkeit gedacht, da das Material weder der Modernisierung der Klägerin noch der der Unternehmen ihrer Kunden diene. Im übrigen werde die Miete von der Klägerin nach freiem Ermessen festgesetzt, und dieser Umstand bestätige, daß Drittunternehmen nicht die Empfänger der in Rede stehenden Beihilfen seien.
75 Schließlich könne die etwaige buchhalterische Abschreibung der entsprechenden Ausgaben über mehrere Jahre oder ihre Einstufung nach nationalem Steuerrecht die Beurteilung der Natur der Beihilfen nicht in Frage stellen, die mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der jeweiligen Tätigkeit zusammenhänge.
Würdigung durch das Gericht
76 Das Gericht erinnert daran, daß nach ständiger Rechtsprechung Betriebsbeihilfen in keinem Fall nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können, da sie aufgrund ihrer Natur Gefahr laufen, die Handelsbedingungen in einer Weise zu verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft (vgl. Urteile Italien/Kommission, a. a. O., Randnr. 18, und Frankreich/Kommission, a. a. O., Randnr. 49).
77 Im vorliegenden Fall sind, wie bereits entschieden worden ist (Randnrn. 53 bis 59), sowohl die Beihilfen für Werbemaßnahmen und Markterhebungen als auch die Beihilfen für den Erwerb von zu vermietendem Material für die Vermarktung der Siemens-Erzeugnisse bestimmt. Da die Vermarktung eine übliche und laufende Tätigkeit der Unternehmen ist, stellen diese Beihilfen Betriebsbeihilfen für das Unternehmen dar, die zum einen nicht die "Entwicklung" eines wirtschaftlichen Sektors erleichtern und zum anderen der Klägerin eine künstliche finanzielle Unterstützung verschaffen, die den Wettbewerb dauerhaft verfälscht und den Handelsverkehr in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.
78 Daher ist die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c vorgesehene Ausnahme vom Grundsatz des Beihilfeverbots im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Rüge ist daher nicht begründet.
II ° Zur Rechtmässigkeit von Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Entscheidung, soweit hierdurch die Rückforderung der Beihilfen angeordnet und die Zahlung von Zinsen verlangt wird
79 Nach Ansicht der Klägerin stellt die Kommission durch die Anordnung der Rückforderung der gezahlten Beihilfen nebst "Zinsen ab dem Tag der Gewährung der Beihilfe" nicht den früheren Zustand wieder her, sondern versetzt die Klägerin in eine ungünstigere Situation als ihre Wettbewerber, indem sie ihr einen finanziellen Nachteil auferlege. Hierdurch habe die Kommission zum einen gegen Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages verstossen, der die Wiederherstellung des Zustands vor der Gewährung der Beihilfe vorschreibe, und zum anderen die Klägerin bestraft, ohne hierfür über eine Rechtsgrundlage zu verfügen. Die Rügen der Klägerin beziehen sich auf die fehlende Berücksichtigung der Auswirkungen der von der Klägerin gezahlten Steuern bei der Festsetzung des Betrages der zurückzufordernden Beihilfen und auf die Zahlung von Zinsen.
A ° Die Berücksichtigung der von der Klägerin gezahlten Steuern bei der Rückforderung der Beihilfen
Vorbringen der Parteien
80 Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission den Grundsatz der Wiederherstellung des Status quo nicht beachtet, als sie die vollständige Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen angeordnet habe, sondern der Klägerin einen finanziellen Nachteil auferlegt, der darauf beruhe, daß die Klägerin auf den Betrag der gewährten Beihilfen Körperschaftsteuer gezahlt habe. Die Kommission hätte zwar nicht die steuerlichen Folgen und die Nettokosten der Rückzahlung berechnen, jedoch der nationalen Behörde, die die Beihilfe zurückzufordern habe, die Möglichkeit einräumen müssen, die Auswirkungen des Steuerrechts bei der Festsetzung des zurückzuerstattenden Betrages zu berücksichtigen.
81 Die Kommission erwidert, daß das Verfahren zur Wiedereinziehung der Beihilfe nicht ihrer Zuständigkeit unterliege, sondern sich nach den nationalen Vorschriften richte. Daher habe sie sich darauf beschränkt, den zurückzufordernden Bruttobetrag unabhängig von der steuerlichen Situation des Empfängers zu berechnen. Es sei daher Sache der belgischen Behörden, die Auswirkungen ihres Steuerrechts zu berechnen und ihre Bestimmungen über die Einziehung staatlicher Forderungen unter Beachtung des Interesses der Gemeinschaft anzuwenden. Das von der Klägerin behauptete Fehlen besonderer einschlägiger Bestimmungen im belgischen Recht könne diese Verweisung auf die nationalen Rechtsvorschriften nicht in Frage stellen und die Kommission nicht ermächtigen, sich an die Stelle der nationalen Behörden zu setzen.
Würdigung durch das Gericht
82 Es ist daran zu erinnern, daß nach ständiger Rechtsprechung in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen über das Verfahren zur Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge die Rückforderung unrechtmässig gewährter Beihilfen nach den im nationalen Recht vorgesehenen Modalitäten erfolgen muß. Die Anwendung des nationalen Rechts darf jedoch die Tragweite und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht beeinträchtigen. Mit anderen Worten, die Anwendung der nationalen Bestimmungen darf zum einen nicht die Rückforderung der unrechtmässig gewährten Beträge praktisch unmöglich machen und darf zum anderen nicht gegenüber vergleichbaren Fällen, für die nur die nationalen Rechtsvorschriften gelten, diskriminierend sein (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 21. September 1983 in den verbundenen Rechtssachen 205/82 bis 215/82, Deutsche Milchkontor u. a./Deutschland, Slg. 1983, 2633, Randnrn. 18 bis 25, und vom 2. Februar 1989 in der Rechtssache 94/87, Kommission/Deutschland, Slg. 1989, 175, Randnr. 12).
83 Daher darf die Kommission in ihren Entscheidungen, mit denen sie die Rückforderung staatlicher Beihilfen anordnet, nicht die Auswirkungen der Steuer auf den Betrag der zurückzufordernden Beihilfen berechnen, denn diese Berechnung fällt in den Anwendungsbereich des nationalen Rechts, sondern sie muß sich darauf beschränken, den zurückzufordernden Bruttobetrag anzugeben. Dies hindert die nationalen Behörden nicht, bei der Rückforderung gegebenenfalls von dem zurückzufordernden Betrag gemäß ihren nationalen Vorschriften bestimmte Beträge abzuziehen, sofern die Anwendung dieser nationalen Vorschriften die Rückforderung nicht praktisch unmöglich macht und nicht gegenüber vergleichbaren Fällen, für die das nationale Recht gilt, diskriminierend ist.
84 Da im vorliegenden Fall Artikel 2 der Entscheidung den zurückzufordernden Bruttobetrag festsetzt und auf "die Verfahren und Vorschriften des belgischen Rechts" verweist, richten sich die Modalitäten der Durchführung der Entscheidung ausdrücklich nach nationalem Recht. Der Umstand, daß die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich den möglichen Abzug der auf die gewährten Beihilfen entrichteten Steuern von dem zurückzufordernden Betrag erwähnt hat, kann die belgischen Behörden nicht daran hindern, im Zeitpunkt der Durchführung der Entscheidung die von der Klägerin auf den zurückzufordernen Betrag der Beihilfe entrichteten Steuern zu berücksichtigen.
85 Daher kann die Klägerin nach dem Wortlaut der Entscheidung gegebenenfalls bei den zuständigen nationalen Behörden alle möglichen finanziellen Nachteile oder Diskriminierungen geltend machen, zu denen die Rückzahlung des Nennbetrags der gewährten Beihilfen führen könnte.
86 Nach allem hat Artikel 2 der Entscheidung der Klägerin keinen finanziellen Nachteil auferlegt, und daher kann von einem Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag keine Rede sein.
B ° Die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen bei der Rückzahlung der Beihilfen
Vorbringen der Parteien
87 Die Klägerin rügt die Anwendung von Zinsen auf die zurückzuzahlenden Beträge vom Tag der Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen an. Zwischen diesem Zeitpunkt und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung der Beihilfen liege nämlich oft eine verhältnismässig lange Zeit. Ferner dürfe der wiedereinzuziehende Betrag nicht anhand des Gesamtbetrags der gewährten Beihilfen, sondern er müsse anhand des Betrages berechnet werden, den die Klägerin nach Entrichtung der Körperschaftsteuer tatsächlich erhalten habe, und die Zinsen würden nur auf diesen zuletzt genannten Betrag geschuldet. Das belgische Recht, auf das die Kommission in ihrer Entscheidung verweise, sehe die Zahlung von Verzugszinsen auf Forderungen des Staates nur dann vor, wenn diese im Zusammenhang mit dem bösgläubigen Empfang eines nicht geschuldeten Betrages stuenden.
88 Die Kommission erwidert der Klägerin, daß sie nur den einzuziehenden Bruttobetrag berechnen müsse, ohne die steuerliche Situation des Empfängers zu berücksichtigen, die von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich sei. Da sie nicht für die Bestimmung des Verfahrens zur Einziehung zu Unrecht gewährter Beihilfen zuständig sei, müsse sie auf die "Verfahren und Vorschriften des belgischen Rechts..., insbesondere was Verzugszinsen für Forderungen des Staates betrifft", verweisen. Daher seien für die Frage der Auswirkung der Steuern bei der Berechnung der Zinsen ausschließlich die nationalen Behörden zuständig. Zum angeblichen Fehlen von besonderen Verfahren und Vorschriften für die Einziehung unrechtmässig gezahlter Beträge durch den Staat im belgischen Recht sowie auf dem Gebiet der Verzugszinsen auf Forderungen des Staates weist die Kommission darauf hin, daß dies die Verweisung auf das nationale Recht nicht in Frage stellen und es der Kommission nicht erlauben könne, sich wegen der Bestimmung des Einflusses der Steuern auf die Berechnung der Grundlage, auf der die Zinsen zu erheben seien, an die Stelle der nationalen Behörden zu setzen.
89 Die Streithelferin macht erstens geltend, daß Artikel 2 Absatz 3 der Entscheidung über die Zinsen der Rechtsgrundlage entbehre, da das Gemeinschaftsrecht keine einschlägigen Vorschriften enthalte. Nach gefestigter Rechtsprechung dürfe jedoch in Ermangelung einer Gemeinschaftsregelung die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen einschließlich der Zinsen allein nach den im nationalen Recht festgelegten formellen und materiellen Vorschriften erfolgen. Im übrigen bestreitet die deutsche Regierung, daß die Zahlung von Zinsen zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands erforderlich ist. Das Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1990 (Belgien/Kommission, Slg. 1990, I-959), auf das die Entscheidung Bezug nehme, sei nicht einschlägig. Darin werde die Zahlung von Zinsen auf rechtswidrig empfangene Beihilfen durch den Beihilfeempfänger nicht erwähnt, sondern lediglich ganz allgemein festgestellt, daß die Rückforderung der Beihilfen grundsätzlich keine unverhältnismässige Maßnahme sei. Zudem werde in diesem Urteil der Zeitpunkt nicht angegeben, von dem an diese Zinsen berechnet werden müssten.
90 Zweitens hätte die Kommission bei ihrem Verlangen nach Rückforderung die Stellung des Beihilfeempfängers unter Anwendung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismässigkeit berücksichtigen müssen. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Beihilfen im Rahmen einer der Kommission mitgeteilten und von ihr genehmigten Regelung gewährt worden seien, dürfe die Kommission keine zusätzlichen Sanktionen, wie eine "rückwirkende Verzinsung", verhängen.
91 Die Streithelferin macht drittens geltend, daß die Anordnung der Zahlung von Zinsen im Widerspruch zu der einschlägigen Praxis der Kommission stehe.
92 Die Kommission wendet sich gegen das Vorbringen der Streithelferin. Zunächst verweist sie darauf, daß das Gemeinschaftsrecht die Zahlung von Zinsen vom Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen an verlange. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei die Rückforderung der Beihilfen die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit, da sie die Wiederherstellung des Status quo im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag erlaube (vgl. Urteil Belgien/Kommission, a. a. O.). In diesem Sinne sei die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Zahlung der Zinsen genau die gleiche wie die für die Verpflichtung, die rechtswidrigen Beihilfen zurückzufordern. Würde keine Zahlung von Zinsen verlangt, so würde dies darauf hinauslaufen, daß dem betreffenden Unternehmen ein Teil der mit der Gewährung der fraglichen Beihilfe verbundenen finanziellen Vorteile verbleibe.
93 Ausserdem sei es gegebenenfalls Sache des betreffenden Unternehmens, im Rahmen der von der nationalen Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Möglichkeiten und unter Berücksichtigung der aussergewöhnlichen Umstände, die sein Vertrauen in die Ordnungsmässigkeit der Beihilfe begründen könnten, zu beurteilen, ob es vor dem nationalen Gericht von den Behörden, die ihm die streitigen Beihilfen gewährt hätten, Schadensersatz verlangen könne.
94 Schließlich führt die Kommission aus, daß ihre Entscheidung ihrer Verwaltungspraxis entspreche. Seit ihrer "Mitteilung an die Mitgliedstaaten über die Einzelheiten der Anmeldung von Beihilfen und die Einzelheiten des Verfahrens in bezug auf unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag in Kraft gesetzte Beihilfen" vom 4. März 1991 verpflichteten ihre Entscheidungen über rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen die Empfänger systematisch zur Zahlung von "Verzugszinsen" ab dem Tag der Gewährung der Beihilfe, mit Ausnahme einiger Vorgänge, die besondere Umstände aufwiesen.
Würdigung durch das Gericht
95 Das Gericht ist der Ansicht, daß zunächst über die Rügen der Streithelferin zu entscheiden ist, die sich auf die Vereinbarkeit der Forderung von Zinsen auf die zurückzugewährenden Beträge für rechtswidrig gezahlte Beihilfen mit dem Gemeinschaftsrecht und der früheren Praxis der Kommission beziehen. Falls das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Rügen nicht begründet sind, sind die Rügen der Klägerin zu prüfen, die die Modalitäten der Erfuellung der Verpflichtung des Staates betreffen, vom Empfänger der Beihilfen die Zahlung von Zinsen zu verlangen.
96 Es ist daran zu erinnern, daß die Kommission nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag, wenn sie feststellt, daß eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 92 des Vertrages unvereinbar ist oder daß sie mißbräuchlich angewandt wird, "entscheidet..., daß der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat". Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes kann diese Aufhebung oder Umgestaltung, damit sie einen praktischen Nutzen hat, die Verpflichtung umfassen, die unter Verletzung des Vertrages gewährten Beihilfen zurückzufordern (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnr. 13). Infolgedessen kann die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfe, da sie die Wiederherstellung der früheren Lage bezweckt, grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die in keinem Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des Vertrages über staatliche Beihilfen steht (vgl. Urteil Belgien/Kommission, a. a. O., Randnr. 66).
97 Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, daß die Wiederherstellung der Lage, die vor der Zahlung der rechtswidrigen Beihilfe bestanden hat, grundsätzlich voraussetzt, daß alle sich aus der Beihilfe ergebenden finanziellen Vorteile, die wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt haben, beseitigt worden sind. Somit kann eine Entscheidung der Kommission, mit der gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen angeordnet wird, zur Erhebung von Zinsen auf die gewährten Beträge verpflichten, um die mit diesen Beihilfen verbundenen finanziellen Vorteile zu beseitigen.
98 Wie die Kommission im vorliegenden Verfahren erklärt hat, würde nämlich die Tatsache, daß bei der Rückforderung keine Zinsen auf die rechtswidrig gewährten Beträge verlangt würden, bedeuten, daß dem Unternehmen, das diese Beträge empfangen hat, auf die Gewährung der rechtswidrigen Beihilfe zurückzuführende finanzielle Vorteile, die in der Gewährung eines zinslosen Darlehens bestehen, erhalten bleiben. Somit würde es sich eigentlich um eine Beihilfe handeln, die den Wettbewerb verfälschte oder zu verfälschen drohte.
99 Das Gericht weist jedoch darauf hin, daß nach den in den vorstehenden Randnummern erwähnten Grundsätzen die Vereinnahmung von Zinsen nur zum Ausgleich der finanziellen Vorteile vorgenommen werden darf, die sich tatsächlich aus der Zurverfügungstellung der Beihilfen an den Empfänger ergeben, und daß sie im Verhältnis zu diesen Vorteilen stehen muß.
100 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dadurch einen Vorteil erhalten, daß sie während einer bestimmten Zeit unentgeltlich über einen gewissen Betrag verfügte. Unter diesen Umständen entspricht die von ihr verlangte Zahlung von Zinsen dem Erfordernis, einen finanziellen Vorteil zu beseitigen, der im Zusammenhang mit dem ursprünglich gewährten Beihilfebetrag steht, und diese Zahlung ist somit gemäß Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1 EG-Vertrag gerechtfertigt.
101 In bezug auf die Festlegung des Zeitpunkts, von dem an diese Zinsen zu berechnen sind, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, daß diese Zinsen entgegen dem Vorbringen der Parteien keine Verzugszinsen sind, also Zinsen, die wegen einer Verzögerung bei der Erfuellung der Rückgewährpflicht geschuldet werden, sondern daß sie den Gegenwert für den finanziellen Vorteil aufgrund der kostenlosen Zurverfügungstellung des fraglichen Kapitals für einen bestimmten Zeitraum darstellen. Daher dürfen diese Zinsen erst von dem Zeitpunkt an berechnet werden, von dem an der Empfänger der Beihilfe tatsächlich über dieses Kapital verfügt hat.
102 Somit ist die Festsetzung eines solchen Zeitpunkts keine Modalität der Erfuellung der Verpflichtung des Staates, Zinsen zu verlangen, wie die deutsche Regierung geltend macht, sondern stellt einen Parameter dar, der es erlaubt, den Umfang der wettbewerbswidrigen Vorteile zu bemessen, die das Unternehmen erhalten hat. Daher ist es nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag grundsätzlich Sache der Kommission und nicht der nationalen Behörden, den Zeitpunkt des Beginns dieser Zinsen festzusetzen.
103 Im vorliegenden Fall werden nach Artikel 2 Absatz 3 der Entscheidung die Zinsen "ab dem Tag der unrechtmässigen Gewährung der Beihilfe fällig". Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine solche Bestimmung so auszulegen, daß diese Zinsen am Tag der tatsächlichen Zurverfügungstellung der Beihilfen fällig werden. Somit entspricht diese Bestimmung den auf diesem Gebiet anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechts.
104 Zur angeblichen Verletzung des berechtigten Vertrauens der Klägerin auf die Ordnungsmässigkeit der Beihilfen ist zu bemerken, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes das Gemeinschaftsrecht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die den Vertrauensschutz bei der Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beihilfen berücksichtigen, sofern die vorgesehenen Bedingungen die gleichen sind, wie sie bei der Rückforderung rein nationaler Geldleistungen angewandt werden, und sofern das Interesse der Gemeinschaft in vollem Umfang berücksichtigt wird. Daher können sich die Empfänger zu Unrecht erhaltener staatlicher Beihilfen im Zeitpunkt der Rückerstattung nur auf aussergewöhnliche Umstände berufen, die bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmässigkeit der Beihilfe begründen konnten, und es ist allein Sache der nationalen Gerichte, die Umstände des Falles zu beurteilen, nachdem sie gegebenenfalls dem Gerichtshof Auslegungsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt haben (vgl. Urteile des Gerichtshofes Deutsche Milchkontor u. a./Deutschland, a. a. O., Randnr. 33, und vom 20. September 1990 in der Rechtssache C-5/89, Kommission/Deutschland, Slg. 1990, I-3437, Randnrn. 13 bis 16).
105 Somit kann sich die Klägerin im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der deutschen Regierung nur vor den nationalen Gerichten auf ihr berechtigtes Vertrauen berufen.
106 Ebensowenig kann die Streithelferin geltend machen, daß die Entscheidung, soweit sie die Zinsen betrifft, nicht der Praxis der Kommission in diesem Bereich entspreche. Aus den veröffentlichten Entscheidungen über staatliche Beihilfen geht nämlich hervor, daß die Kommission in mehreren Entscheidungen, die vor der angefochtenen Entscheidung ergangen sind, die Erhebung von Zinsen auf den Betrag der rechtswidrigen Beihilfen vom Zeitpunkt der Gewährung dieser Beihilfen an verlangt hat. Diese Praxis ist von der Kommission in ihrer erwähnten Mitteilung vom 4. März 1991 bestätigt worden, mit der sie die Mitgliedstaaten von den Einzelheiten der Rückforderung der mit den Bestimmungen des Vertrages für unvereinbar erklärten Beihilfen unterrichtet und von ihnen verlangt hat, von den Empfängern rechtswidriger Beihilfen nicht nur den Betrag der Beihilfen, sondern auch Zinsen auf diesen Betrag vom Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen an einzufordern. Eine solche Praxis entspricht jedenfalls Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag.
107 Schließlich ist hinsichtlich des Betrages, auf den die Zinsen zu erheben sind, auf die Randnummern 82 bis 84 des vorliegenden Urteils zu verweisen, in denen ausgeführt worden ist, daß die etwaige Berücksichtigung steuerlicher Einfluesse bei der Berechnung des zu erstattenden Betrages, der die Berechnungsgrundlage für die Zinsen darstellt, zur Erfuellung der Verpflichtung zur Rückforderung gehört, die den nationalen Behörden obliegt. Somit haben im vorliegenden Fall die nationalen Behörden eventuelle steuerliche Einfluesse bei der Berechnung dieser Grundlage zu prüfen, "wobei die Verfahren und Vorschriften des belgischen Rechts gelten", wie die Kommission in Artikel 2 Absatz 2 der Entscheidung angegeben hat.
108 Nach allem ist die Klage abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
109 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Zahlung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihren Anträgen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
110 Nach Artikel 87 § 4 tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Bundesrepublik Deutschland hat daher ihre eigenen Kosten zu tragen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3) Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen Kosten.
Ende der Entscheidung
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