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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 30.06.1993
Aktenzeichen: T-46/90
Rechtsgebiete: Beamtenstatut, Verordnung Nr. 2764/79, Verordnung Nr. 1307/87, Verordnung Nr. 300/76


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 56 a Abs. 2
Beamtenstatut Art. 90 Abs. 2
Beamtenstatut Art. 90 Abs. 1
Verordnung Nr. 2764/79 Art. 1 Abs. 1
Verordnung Nr. 1307/87 Art. 1 Abs. 1
Verordnung Nr. 300/76 Art. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine Entscheidung ist eine beschwerende Maßnahme, wenn sie von der zuständigen Stelle erlassen worden ist und eine endgültige Stellungnahme der Verwaltung enthält.

Dies ist der Fall bei einer Note, mit der die Verwaltung eine klare, genaue und mit Gründen versehene Ablehnung des Antrags ausspricht, den der Vorgesetzte eines Beamten zu dessen Gunsten gestellt hat, wenn der Betroffene in Anbetracht der dienstlichen Stellung des Verfassers dieser Note annehmen durfte, daß diese von der zuständigen Stelle stammte. Der Umstand, daß die Ablehnung des Antrags formal gegenüber dem Dienstvorgesetzten erfolgt und dem Beamten nur mündlich mitgeteilt worden ist, schließt nicht aus, daß eine solche Ablehnung für diesen eine beschwerende Entscheidung darstellt.

2. Die Gewährung der Vergütung für Schichtdienst nach der zur Durchführung von Artikel 56a des Statuts erlassenen Verordnung Nr. 300/76 kann nicht durch eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf andere als die dort ausdrücklich genannten Gruppen von Beamten ausgedehnt werden. Eine solche entsprechende Anwendung würde das Ermessen des Gesetzgebers ° das im Einklang mit dem Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung ausgeuebt werden muß ° bei der Festlegung der Gruppen von Empfängern der strittigen Vergütung beeinträchtigen. Zudem geht Artikel 1 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 300/76 dadurch, daß er die Gewährung der Vergütung nicht von der Leistung von Nachtdienst abhängig macht, bereits über Artikel 56a des Statuts hinaus, der selbst eine Ausnahmeregelung im Verhältnis zur allgemeinen Gehaltsregelung ist, so daß er auf keinen Fall auf Beamte Anwendung finden kann, die nicht zu den in der Verordnung ausdrücklich festgelegten Gruppen von Begünstigten gehören.

3. In ihren Beziehungen zu den Beamten hat die Verwaltung das Statut zu beachten; daher können sich die Beamten nicht auf die Fürsorgepflicht der Verwaltung berufen, um Vergünstigungen zu beanspruchen, die ihnen nach dem Statut nicht zustehen, und sie können sich zu diesem Zweck auch nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, wenn die Informationen oder Zusagen, denen sie Glauben geschenkt zu haben behaupten, nicht dem Statut entsprachen.

4. Stellt ein Beamter im Rahmen einer Anfechtungsklage einen Schadenersatzantrag, der keinerlei Zusammenhang mit der Anfechtungsklage aufweist, so ist die Zulässigkeit des Schadensersatzantrags unabhängig von der des Anfechtungsantrags zu prüfen.

Insoweit kann der Kläger nicht geltend machen, daß im Laufe des Verfahrens neue Tatsachen eingetreten seien, die ihn dazu veranlasst hätten, finanzielle Ansprüche zu erheben, wenn er nicht das im Statut vorgesehene Vorverfahren eingehalten hat, das im Falle eines Schadens, der sich nicht aus einer beschwerenden Maßnahme ergibt, mit der Stellung eines Antrags nach Artikel 90 Absatz 1 des Statuts auf Ersatz des behaupteten Schadens einzuleiten ist.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE KAMMER) VOM 30. JUNI 1993. - ANTONIO DEVILLEZ, HENK BUNNIK, JERRY CADOGAN UND EMILE KILL GEGEN EUROPAEISCHES PARLAMENT. - BEAMTE - VERGUETUNG FUER SCHICHTDIENST - EMPFAENGER - VORAUSSETZUNGEN FUER DIE GEWAEHRUNG (ARTIKEL 56A DES STATUTS). - RECHTSSACHE T-46/90.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und rechtlicher Rahmen der Klage

1 Die Kläger Devillez, Bunnik, Cadogan und Kill sind in der Druckerei des Europäischen Parlaments (im folgenden: Parlament) beschäftigt. Mit Wirkung vom 8. September 1989 wurde ein Zweischichten-Dienst für diese vier Beamten eingerichtet, um ° wie aus den Akten hervorgeht ° ihre gesundheitliche Belastung durch den mit dem Betrieb der Rotationsmaschine verbundenen hohen Schalldruckpegel zu mindern und Überstunden einzuschränken. Dieser Dienst wurde ° wie die Parteien in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts bestätigt haben ° von zwei Gruppen versehen, die wöchentlich jeweils von 7.00 bis 13.30 Uhr und von 13.00 bis 19.30 Uhr, ausser an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen, arbeiteten. Diese Regelung endete am 15. September 1990 auf Wunsch der Kläger, wie aus den von ihnen nicht bestrittenen Erklärungen des Parlaments hervorgeht.

2 Für Schichtarbeit kann unter gewissen Voraussetzungen eine Vergütung gemäß Artikel 56a des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) gewährt werden. Für die Gewährung einer derartigen Vergütung gilt folgender rechtlicher Rahmen.

A ° Artikel 56a des Statuts in der Fassung der Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 1009/75 des Rates vom 14. April 1975 zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (ABl. L 98, S. 1) bestimmt:

"Dem Beamten, der bei Schichtarbeit, die vom Organ auf Grund dienstlicher Erfordernisse oder auf Grund von Betriebssicherheitsvorschriften verfügt worden ist und von diesem Organ als üblich und ständig angesehen wird, verpflichtet ist, regelmässig nachts, an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen zu arbeiten, können Vergütungen gewährt werden.

Der Rat, der auf Grund eines von der Kommission nach Stellungnahme des Statutsbeirats unterbreiteten Vorschlags beschließt, legt die Gruppen der betreffenden Beamten, die Bedingungen für die Gewährung und die Sätze dieser Vergütungen fest.

..."

B ° Gemäß Artikel 56a Absatz 2 des Statuts erließ der Rat die Verordnung (EGKS, EWG, Euratom) Nr. 300/76 vom 9. Februar 1976 zur Festlegung der Gruppen der Empfänger, der Bedingungen für die Gewährung und der Sätze der Vergütungen, die den im Schichtdienst arbeitenden Beamten gewährt werden können (ABl. L 38, S. 1). Artikel 1 Absatz 1 dieser Verordnung in der Fassung der Verordnung (EGKS, EWG, Euratom) Nr. 2764/79 des Rates vom 6. Dezember 1979 (ABl. L 315, S. 1) und der Verordnung (Euratom, EGKS, EWG) Nr. 1307/87 des Rates vom 11. Mai 1987 (ABl. L 124, S. 6) bestimmt folgendes:

"Der aus Forschungs- und Investitionsmitteln besoldete Beamte, der in einer Anstalt der Gemeinsamen Forschungsstelle oder im Rahmen indirekter Aktionen dienstlich verwendet wird, sowie der aus Verwaltungsmitteln besoldete Beamte, der bei einem Informatikzentrum, einem Sicherheitsdienst, einem Fernschreibdienst oder bei der für den Versand des Amtsblatts der Europäischen Gemeinschaften zuständigen Dienststelle dienstlich verwendet und gemäß Artikel 56a des Beamtenstatuts zur Schichtarbeit herangezogen wird, hat Anspruch auf folgende Vergütung:

° 10 329 BFR für Arbeit im Zweischichten-Dienst, ausgenommen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen;

° 15 589 BFR für Arbeit im Zweischichten-Dienst mit einer Nachtschicht, einschließlich an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen;

° 17 014 BFR für Arbeit im 24stuendigen Schichtdienst, ausgenommen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen;

° 22 238 BFR für Arbeit im durchlaufenden Schichtbetrieb.

..."

3 Im vorliegenden Fall teilte die Generaldirektorin Übersetzung und allgemeine Dienste, zu der die Druckerei gehört, Frau Gomez de Enterria, dem Generaldirektor Personal, Haushalt und Finanzen, Herrn Van den Berge, mit Note vom 17. November 1989 mit, daß sie vor kurzem erfahren habe, daß am 8. September 1989 der "Versuch" eines Zweischichten-Dienstes mit den Klägern begonnen habe und daß die Ergebnisse zufriedenstellend zu sein schienen. Daher beantragte sie, den Klägern ab 8. September 1989 die Pauschalvergütung gemäß Artikel 56a des Statuts zu zahlen. Wie die Kläger, vom Parlament nicht bestritten, vortragen, ließ ihnen die Generaldirektorin eine Kopie dieser Note zukommen.

4 Mit Note vom 19. Dezember 1989 antwortete Herr Van den Berge Frau Gomez de Enterria, daß den Klägern aufgrund des genannten Artikels keine Pauschalvergütung gewährt werden könne, da dieser Artikel eine Vergütung nur für Beamte zulasse, die verpflichtet seien, aus dienstlichen Gründen üblicherweise und ständig nachts, an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen zu arbeiten. Nach Erhalt dieser Note am 22. Dezember 1989 unterrichtete Frau Gomez de Enterria die Kläger von deren Inhalt, wie aus den Erklärungen der Kläger hervorgeht, die vom Parlament nicht bestritten werden.

5 Am 21. März 1990 legten sie Beschwerde gegen die aus der genannten Note vom 19. Dezember 1989 hervorgehende Entscheidung der Verwaltung ein, durch die ihnen die Pauschalvergütung nach Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 im Rahmen eines Zweischichten-Dienstes verweigert wird. Mit Schreiben des Generalsekretärs vom 18. Juli 1990 wies das Parlament die vier Beschwerden mit der Begründung zurück, daß die Verordnung Nr. 300/76 nicht zugunsten von Beamten angewendet werden könne, die in den Druckereien der Organe tätig seien.

Verfahren

6 Unter diesen Umständen haben die Kläger mit Klageschrift, die am 18. Oktober 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die Aufhebung der Entscheidung des Parlaments vom 19. Dezember 1989, durch die ihnen die in Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 vorgesehene Pauschalvergütung für Schichtarbeit verweigert wird, beantragt. Das Verfahren ist mit Beschlüssen vom 7. März 1991, 30. Mai 1991, 12. Juli 1991, 9. Januar 1992 und 26. März 1992 vom 7. März 1991 bis 15. Mai 1992 ausgesetzt worden, zunächst bis zur Erstellung eines Gutachtens über den Schalldruckpegel in den Räumen der Druckerei, sodann zur Prüfung und Ausführung konkreter Maßnahmen für die Minderung des Schalldrucks und schließlich nach Abschluß dieser Arbeiten, um den Parteien die nötige Zeit zur Prüfung der Modalitäten einer gütlichen Einigung zu geben.

7 Während das Verfahren ruhte, begannen nach der Vorlage eines vom Parlament bestellten Gutachtens der ASBL AIB-Vinçotte vom 18. Juni 1991 die Schalldämmungsarbeiten. Diese Arbeiten erbrachten nach den Messungen, die am 9. Dezember 1991 von demselben vom Parlament ernannten Sachverständigen durchgeführt wurden, eine Verbesserung von etwa vier Dezibel A (Messung des repräsentativen Schalldruckpegels für das menschliche Ohr, im folgenden: Dezibel). Nach dem Gutachten, das am 6. Februar 1992 zu den Akten gereicht worden ist, wurde der zulässige Pegel von 85 Dezibel nur noch bei der Rotationsmaschine überschritten. Das Parlament bestellte bei der ASBL AIB-Vinçotte ein neues Gutachten über die Lärmexposition des an der Rotationsmaschine tätigen Beamten. Dieses Gutachten wurde dem Parlament am 9. Dezember 1992 mitgeteilt und dem Gericht am 25. Januar 1993 übermittelt. In ihrer schriftlichen Stellungnahme zu diesem Gutachten vom 11. März 1993 bestreiten die Kläger die dort gezogenen Schlußfolgerungen.

8 Da es bis zum 15. Mai 1992 nicht zu einer gütlichen Einigung zwischen den Parteien kam, ist die Frist für die Einreichung der Klagebeantwortung automatisch festgesetzt worden; das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß am 23. November 1992 abgeschlossen worden. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. In Beantwortung der schriftlichen Fragen des Gerichts haben die Parteien vor der mündlichen Verhandlung ihren Standpunkt zu dem Begriff der Nachtzeit im Sinne des Artikels 56a des Statuts dargelegt und bestimmte Tatsachen bestätigt. Die mündliche Verhandlung hat am 31. März 1993 stattgefunden.

Anträge der Parteien

9 Die Kläger beantragen,

° die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

° daher die Entscheidung der Verwaltung aufzuheben, durch die ihnen die Pauschalvergütung nach Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 für von ihnen verlangten Zweischichten-Dienst verweigert wird;

° und, soweit erforderlich, die Entscheidung vom 18. Juli 1990 über die ausdrückliche Zurückweisung der Verwaltungsbeschwerde aufzuheben, die sie am 21. März 1990 gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts erhoben haben;

° den Beklagten zur Tragung der Kosten gemäß Artikel 87 § 3 zweiter Gedankenstrich der Verfahrensordnung und zur Tragung der unerläßlichen Auslagen für das Verfahren zu verurteilen.

In der Erwiderung beantragt der Kläger Devillez ferner,

° den Beklagten zu verurteilen, ihm aufgrund der neuen Tatsache, die in der Weigerung des Beklagten bestehe, rechtzeitig die für die Minderung des Geräuschpegels unerläßlichen Arbeiten durchzuführen, einen Betrag entsprechend der Pauschalvergütung für Schichtarbeit für die Zeit zwischen der Beendigung der genannten Schichtarbeit und der tatsächlichen Fertigstellung der genannten Schalldämmungsarbeiten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

° die Klage für unzulässig zu erklären;

° soweit erforderlich, die Klage als unbegründet abzuweisen;

° über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

In der Gegenerwiderung beantragt der Beklagte ferner,

° den neuen Schadenersatzantrag für unzulässig zu erklären;

° über die Kosten nach Artikel 87 § 3 zweiter Gedankenstrich der Verfahrensordnung zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit des Aufhebungsantrags

Vorbringen der Parteien

10 Der Beklagte macht die Unzulässigkeit des Antrags auf Aufhebung der Entscheidung vom 19. Dezember 1989 und der Entscheidung vom 18. Juli 1990 über die Zurückweisung der Beschwerde geltend. Erstens sei die Entscheidung vom 19. Dezember 1989 nicht von der Anstellungsbehörde getroffen worden und könne daher nicht Gegenstand einer gerichtlichen Klage nach Artikel 91 des Statuts sein. Zweitens könnten die Kläger kein Interesse mehr nachweisen, rückwirkend die Aufhebung der Entscheidung vom 18. Juli 1990 zu beantragen, da der Zweischichten-Dienst am 15. September 1990 beendet worden sei.

11 Die Kläger halten die Klage für zulässig. Trotz der Arbeiten, durch die die festgestellte Lärmbelastung zum Teil abgestellt worden sei, hätten sie weiter ein persönliches Klageinteresse, da ihre Klage auf die Aufhebung der Entscheidung abziele, durch die ihnen die Pauschalvergütung für Schichtarbeit verweigert werde, die vom 8. September 1989 bis 15. September 1990 mit dem zweifachen Ziel eingerichtet worden sei, Überstunden zu begrenzen und die Lärmbelastung auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Würdigung durch das Gericht

12 Im Rahmen der ersten Zulässigkeitsrüge, mit der die Unzuständigkeit des Generaldirektors für Personal, Haushalt und Finanzen für die angefochtene Entscheidung geltend gemacht wird, ist zu prüfen, ob die Note vom 19. Dezember 1989 geeignet war, die Kläger zu beschweren. Dies setzt nicht nur voraus, daß diese Maßnahme von der zuständigen Behörde getroffen wurde, sondern auch, daß sie eine endgültige Stellungnahme zur Anwendung des Artikels 56a gegenüber den Klägern enthält. Diese Frage zwingenden Rechts, die eng mit der Zulässigkeitsrüge des Beklagten verbunden ist, muß vom Gericht von Amts wegen geprüft werden (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 23. April 1956 in den Rechtssachen 7/54 und 9/54, Groupement des industries sidérurgiques luxembourgeoises/Hohe Behörde, Slg. 1956, 53, 86 und 88, und Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1990 in der Rechtssache T-130/89, Frau B./Kommission, Slg. 1990, II-761, abgekürzte Veröffentlichung).

13 Hierzu genügt die Feststellung, daß aus den Akten klar ersichtlich ist, daß der Verfasser der angefochtenen Note im Einvernehmen mit der Anstellungsbehörde gehandelt hat. Das Parlament hat nämlich den Inhalt der strittigen Note bestätigt, wie die Zurückweisung der Beschwerde gegen die genannte Note durch den Generalsekretär des Parlaments am 18. Juli 1990 zeigt. Zudem durften die Kläger, nachdem sie Kenntnis erhalten hatten von der vom Generaldirektor für Personal, Haushalt und Finanzen ausgesprochenen klaren, genauen und mit Gründen versehenen Ablehnung des Antrags ihrer Vorgesetzten auf Zahlung der in Frage stehenden Vergütung an sie, und insbesondere in Anbetracht der dienstlichen Stellung des Generaldirektors dessen Weigerung, ihnen die strittige Vergütung zu gewähren, als eine Entscheidung der zuständigen Behörde ansehen (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 24. Februar 1981 in den Rechtssachen 161/80 und 162/80, Carbognani und Coda Zabetta/Kommission, Slg. 1981, 543, Randnr. 14, und vom 19. Januar 1984 in der Rechtssache 65/83, Erdini/Rat, Slg. 1984, 211, Randnr. 7).

14 Unter diesen Umständen ist die angefochtene Note auf jeden Fall als eine den Klägern mündlich durch ihre Vorgesetzte mitgeteilte Entscheidung anzusehen, die geeignet ist, sie zu beschweren. Dies entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach mündliche Entscheidungen die betreffenden Beamten beschweren können (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 9. Februar 1984 in den Rechtssachen 316/82 und 40/83, Kohler/Rechnungshof, Slg. 1984, 641, Randnrn. 8 bis 13).

15 Da die betreffenden Beamten schließlich an dem Antrag beteiligt waren, den ihre Vorgesetzte mit ihrer Note vom 17. November 1989 an den Generaldirektor für Personal, Haushalt und Finanzen richtete, musste diese Note als ein Antrag im Sinne des Artikels 90 Absatz 1 des Statuts ausgelegt werden. Die Beteiligung der von diesem Antrag betroffenen Beamten ergab sich insbesondere daraus, daß ihnen ihre Vorgesetzte eine Kopie des Antrags übermittelte und sie später auch von der ablehnenden Antwort der Verwaltung unterrichtete. Der Inhalt dieser Note war unmißverständlich. Mit ihr wurde klar und eindeutig die Zahlung der Vergütung des Artikels 56a des Statuts an die Kläger beantragt. Der Inhalt dieses Antrags auf Erlaß einer Entscheidung zugunsten der Kläger war demnach klar zu erkennen. Dies bestätigt, daß die ablehnende Antwort des mit dem Antrag befassten Generaldirektors auf keinen Fall als eine rein interne Maßnahme im Rahmen eines Schriftwechsels innerhalb der Verwaltung oder als blosse Auskunft betrachtet werden kann. Sie hat vielmehr Entscheidungscharakter.

16 Zur zweiten Zulässigkeitsrüge, mit der den Klägern das Klageinteresse abgesprochen wird, stellt das Gericht fest, daß die Kläger ein vermögensrechtliches Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung dartun, durch die ihnen die Vergütung verweigert wird, auf die sie ihres Erachtens aufgrund des Zweischichten-Dienstes vom 8. September 1989 bis 15. September 1990 Anspruch haben.

17 Daraus ergibt sich, daß der Aufhebungsantrag für zulässig zu erklären ist.

Zur Begründetheit des Aufhebungsantrags

18 Zur Stützung ihres Aufhebungsantrags führen die Kläger zwei Klagegründe an, mit denen sie zum einen einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 300/76 unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung der Beamten und zum anderen eine Verletzung der Fürsorgepflicht sowie einen Verstoß gegen die Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften geltend machen.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnung Nr. 300/76 in Verbindung mit dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung der Beamten

Vorbringen der Parteien

19 Die Kläger erklären zunächst, daß die Verordnung Nr. 300/76 die Gewährung der Pauschalvergütung keineswegs davon abhängig mache, daß regelmässig zur Nachtzeit oder an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen gearbeitet werde. Da es sich um zwei gleichartige Vorschriften handele, sei die genannte Verordnung als neue und spezielle Vorschrift maßgebend und nicht Artikel 56a des Statuts, der eine Vergütung nur für den Beamten vorsehe, der "verpflichtet ist, regelmässig nachts, an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen zu arbeiten". Ferner weisen die Kläger in ihrer schriftlichen Antwort auf die Frage des Gerichts zum Begriff der Nachtzeit darauf hin, daß dieser Begriff weder in Artikel 56a des Statuts noch in der Verordnung Nr. 300/76 definiert werde. Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung gebe jedoch gewisse Anhaltspunkte, da er unter den Vergütungsberechtigten die Beamten im Fernschreib- und/oder Fernsprechdienst nenne, die einen Zweischichten-Dienst von 7 bis 13 Uhr oder von 13 bis 19 Uhr leisteten. Dies zeige, daß der Verordnungsgeber in der Verordnung Nr. 300/76 davon ausgegangen sei, daß um 7 Uhr beginnende und/oder um 19 Uhr endende Arbeitszeiten Nachtarbeitszeiten gleichgestellt werden könnten, die einen Vergütungsanspruch eröffneten.

20 Mit dem Ausschluß der Kläger von der Vergütung nach Artikel 1 dieser Verordnung habe der Beklagte demnach eine restriktive Auslegung der genannten Verordnung unter Nichtbeachtung des allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung der Beamten vorgenommen. In der Sitzung haben die Kläger insbesondere erklärt, daß ihre Arbeitsbedingungen ähnlich seien wie diejenigen der Beamten im Fernschreibdienst, der im wesentlichen ein Fernsprech- und Telefaxdienst geworden sei und daher viel weniger Lärm verursache.

21 Der Beklagte ist der Ansicht, daß dieser erste Klagegrund nicht begründet sei. Er macht zunächst geltend, daß der Druckereidienst, in dem die Kläger tätig seien, nicht zu den in Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 genannten Diensten gehöre, für die die betreffende Vergütung gewährt werden könne. Dies bringe keine Diskriminierung zum Nachteil der Kläger mit sich. Artikel 56a des Statuts sehe eine Durchführungsverordnung nur für die Schichtarbeiten vor, die vom Organ als "üblich und ständig" angesehen würden. Dies sei hier nicht der Fall. Der vom 8. September 1989 bis 15. September 1990 versuchsweise geltende Zweischichten-Dienst habe indessen rein vorübergehenden Charakter gehabt. Unter diesen Umständen sei die Lage der Kläger nicht mit derjenigen der in Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 genannten Bediensteten vergleichbar, die in einem Informatikzentrum, einem Sicherheitsdienst oder einem Fernschreibdienst tätig seien.

22 Ferner müsse der Schichtdienst nach der Verordnung Nr. 300/76 "gemäß Artikel 56a des Statuts" geleistet werden, um den Anspruch auf eine Vergütung zu eröffnen. Die Kläger hätten jedoch nicht die in dem genannten Artikel festgelegte Voraussetzung der Nachtarbeit erfuellt. In dieser Hinsicht vertritt der Beklagte in seiner schriftlichen Antwort auf eine Frage des Gerichts zum Begriff der Nachtzeit die Ansicht, daß dieser Begriff sich auf die Arbeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr vormittags beziehe. Er stützt sich hauptsächlich auf die Verordnung (Euratom) Nr. 1371/72 des Rates vom 27. Juni 1972 zur Festlegung der Bedingungen für die Gewährung und der Sätze der Vergütungen, die Beamten und Bediensteten, die ihre Bezuege aus Mitteln des Forschungs- und Investitonshaushaltsplans erhalten und in einer Anstalt der Gemeinsamen Forschungsstelle oder im Rahmen indirekter Aktionen dienstlich verwendet werden, für bestimmte Dienstleistungen besonderer Art gewährt werden können (ABl. L 149, S. 4), und auf den Bericht der Kommission an den Rat (KOM[85] 372 endg.) vom 15. Juli 1985 über die Gewährung der Vergütungen für bestimmte Dienstleistungen im Rahmen der Haushaltsjahre 1981 bis 1984.

Würdigung durch das Gericht

23 Das Gericht hat zu prüfen, ob die Kläger während ihres Zweischichten-Dienstes alle Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Vergütung erfuellt haben, wie sie in Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 festgelegt sind, der in Verbindung mit Artikel 56a des Statuts und dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung der Beamten auszulegen ist.

24 Die Verordnung Nr. 300/76 bestimmt in Artikel 1 ausdrücklich sechs Gruppen von Empfängern der Vergütung. Es handelt sich um die aus Forschungs- und Investitonsmitteln besoldeten Beamten, die in einer Anstalt der Gemeinsamen Forschungsstelle oder im Rahmen indirekter Aktionen dienstlich verwendet werden, und um die aus Verwaltungsmitteln besoldeten Beamten, die bei einem Informatikzentrum, einem Sicherheitsdienst, einem Fernschreibdienst oder bei der für den Versand des Amtsblatts der Europäischen Gemeinschaften zuständigen Dienststelle dienstlich verwendet werden.

25 Die in einem Druckereidienst tätigen Kläger gehören zu keiner der in dieser Verordnung ausdrücklich genannten Gruppen von Empfängern. Es fragt sich somit, ob die genannte Verordnung unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Artikels 56a des Statuts, deren Durchführung sie dient und von denen sie nicht zum Nachteil der betreffenden Beamten abweichen darf (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1971 in der Rechtssache 38/70, Tradax, Slg. 1971, 145, Randnr. 10), zugunsten der Kläger weit ausgelegt werden kann.

26 Die Gewährung einer Vergütung nach der Verordnung Nr. 300/76 aufgrund einer entsprechenden Anwendung dieser Bestimmungen kann aus den nachstehenden Gründen nicht auf andere Gruppen von Beamten ausgedehnt werden als diejenigen, die dort ausdrücklich genannt sind. Erstens würde eine derartige entsprechende Anwendung das Ermessen des Gesetzgebers ° das im Einklang mit dem Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung ausgeuebt werden muß ° bei der Festlegung der Gruppen von Empfängern der strittigen Vergütung beeinträchtigen. Artikel 56a, der den Rat zur Bestimmung der Gruppen von Empfängern dieser Vergütung ermächtigt, verleiht Beamten, die Schichtdienst leisten, keinen subjektiven Anspruch auf eine Vergütung. Wenn der Betroffene bestimmten besonderen Verpflichtungen unterworfen ist, sieht diese Vorschrift lediglich vor, daß eine solche Vergütung bestimmten Gruppen von Empfängern unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden kann, wobei diese Gruppen und diese Voraussetzungen in einer Durchführungsverordnung festzulegen sind.

27 Zweitens ergibt sich in dem in Artikel 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 300/76 genannten Fall eines Zweischichten-Dienstes am Tag aus einer Gesamtbetrachtung der Bestimmungen dieser Verordnung und des Artikels 56a des Statuts erst recht, daß eine entsprechende Anwendung dieses ersten Gedankenstrichs auf Beamte, die nicht zu den ausdrücklich festgelegten Gruppen von Empfängern gehören, wegen des spezifischen Charakters dieser Bestimmung offensichtlich nicht möglich ist.

Eine Gegenüberstellung der einschlägigen Bestimmungen des Artikels 56a des Statuts und der Verordnung Nr. 300/76 lässt erkennen, daß mit Artikel 1 erster Gedankenstrich dieser Verordnung Artikel 56a insofern extensiv durchgeführt wird, als dort die Gewährung einer Vergütung nicht von einer Schichtarbeit zur Nachtzeit, an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen abhängig gemacht wird, während Artikel 56a sich ausdrücklich auf den Fall bezieht, daß der Beamte "verpflichtet ist, regelmässig nachts, an Samstagen, Sonntagen oder Feiertagen zu arbeiten". Nach Artikel 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 300/76 erhält der Beamte nämlich eine Vergütung von "10 329 BFR für Arbeit im Zweischichten-Dienst, ausgenommen an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen". Eindeutig ist nach dieser Bestimmung eine Vergütung nicht an Nachtarbeit gebunden, denn diese Voraussetzung wird ausdrücklich im zweiten Gedankenstrich dieses Artikels genannt, der eine Vergütung von "15 589 BFR für Arbeit im Zweischichten-Dienst mit einer Nachtschicht, einschließlich an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen" vorsieht.

28 Eine derartige Bestimmung, deren Anwendungsbereich über Artikel 56a hinausgeht, kann wegen ihres Ausnahmecharakters gegenüber den Bestimmungen dieses Artikels nur auf die Beamten Anwendung finden, die zu den ausdrücklich genannten Gruppen von Empfängern gehören. Im übrigen ist auch Artikel 56a selbst eine abweichende Regelung, die daher Ausnahmecharakter gegenüber der allgemeinen Gehaltsregelung hat. Folglich kann Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76, die den genannten Artikel 56a durchführt, erst recht nicht auf einen Fall Anwendung finden, in dem nicht nur die Voraussetzungen des Artikels 56a nicht erfuellt sind, sondern der auch nicht ausdrücklich in der Verordnung genannt ist. In einem solchen Fall fehlen die wesentlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung.

29 Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt folgendes: Die Kläger leisteten einen Zweischichten-Dienst von 7 bis 13.30 Uhr und von 13 bis 19.30 Uhr. In der Struktur des Artikels 1 der Verordnung Nr. 300/76 gehört ein solcher Schichtdienst offensichtlich zu dem Fall eines am Tag geleisteten Zweischichten-Dienstes, der im ersten Gedankenstrich dieses Artikels genannt ist. Er kann nicht als Nachtarbeit insbesondere im Sinne des zweiten Gedankenstrichs dieses Artikels bezeichnet werden. Wie aus der schriftlichen Antwort des Parlaments auf die Frage des Gerichts zum Begriff der Nachtzeit hervorgeht, wird dies durch die Praxis der Organe bestätigt, für die Gewährung einer Vergütung für Nachtarbeit im Sinne der Verordnung Nr. 300/76 die Arbeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr zu berücksichtigen. Diese Praxis entspricht den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1371/72, die durch die Verordnung Nr. 300/76 hinsichtlich der Festlegung der Anspruchsvoraussetzungen und der Vergütungssätze nach Artikel 56a aufgehoben wurde. Die Verordnung Nr. 1371/72 bezog sich ausdrücklich auf die Nachtarbeit zwischen 22 Uhr und 7 Uhr. Unter diesen Umständen können sich die Kläger, die nicht einmal zu den oben genannten Gruppen von Empfängern gehören, erst recht nicht auf eine entsprechende Anwendung des Artikels 1 der Verordnung Nr. 300/76 für einen Schichtdienst berufen, der wie in ihrem Fall am Tag geleistet wurde.

30 Schließlich ist auch zu prüfen, ob die Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 300/76 in Verbindung mit dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung der Beamten dazu führen kann, daß den Klägern ein Anspruch auf die betreffende Vergütung zuerkannt wird. Nach diesem Grundsatz dürfen vergleichbare Situationen nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, eine Unterscheidung wäre objektiv gerechtfertigt, wie der Gerichtshof im Urteil vom 16. Oktober 1980 in der Rechtssache 147/79 (Hochstraß/Gerichtshof, Slg. 1980, 3005, Randnr. 7) entschieden hat.

Die Verordnung Nr. 300/76 kann hier, wie bereits festgestellt, nicht entsprechend angewendet werden, da sie für besondere Gruppen von Anspruchsberechtigten gilt, die nach Maßgabe des dienstlichen Interesses und der besonderen Verpflichtungen festgelegt sind, denen die Beamten dieser Gruppen unterliegen. Ferner befinden sich die Kläger jedenfalls angesichts der Art des Dienstes, in dem sie tätig sind, nämlich einem Druckereidienst, und der Art ihrer Tätigkeit in einer anderen Lage als die Beamten oder sonstigen Bediensteten, die zu den in Artikel 1 der Verordnung Nr. 300/76 ausdrücklich genannten Gruppen von Vergütungsempfängern gehören; dies steht einer entsprechenden Anwendung dieser Bestimmung entgegen.

31 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, daß der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Fürsorgepflicht und Verstoß gegen die Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften

Vorbringen der Parteien

32 Der zweite Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Im Rahmen des ersten Teils führen die Kläger aus, mit der Einrichtung eines Zweischichten-Dienstes sei gerade bezweckt worden, der Untätigkeit der Verwaltung im Hinblick auf die Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften abzuhelfen; daher hätte die Verwaltung ihnen aufgrund der Fürsorgepflicht eine Vergütung nach Artikel 56a gewähren müssen.

33 Um die Untätigkeit der Verwaltung aufzuzeigen, erklären die Kläger, das Parlament sei als Arbeitgeber verpflichtet, nicht nur die Richtlinie 86/188/EWG des Rates vom 12. Mai 1986 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Lärm am Arbeitsplatz (ABl. L 137, S. 28) einzuhalten, sondern auch die am Ort der dienstlichen Verwendung geltenden Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer, im vorliegenden Fall also die in Luxemburg geltende allgemeine Verordnung über den Arbeitsschutz. Schon am 27. Juli 1989 habe aber Dr. De Wilde der Generaldirektorin Gomez de Enterria die Ergebnisse der Schallmessungen in den Räumen der Druckerei mitgeteilt. Dr. De Wilde habe in seinem Bericht festgestellt, daß der Schallpegel in der Druckerei 90,1 Dezibel erreicht habe; für eine Rotationsmaschine müsse ein Lärmpegel von 85 Dezibel als Warnmarke betrachtet werden und ein Lärmpegel von 90 Dezibel als Marke für die Gefahr eines berufsbedingten Gehörverlustes; die festgestellten Frequenzen lägen "an der Grenze der Gefahrenzone für das Gehör"; schließlich habe er mehrere Maßnahmen zur Reduzierung des Geräuschpegels der Rotationsmaschine und ein obligatorisches Audiogramm bei der jährlichen ärztlichen Untersuchung vorgeschlagen. Man sei aber diesen Vorschlägen nicht nachgekommen.

34 Der Beklagte weist das Vorbringen der Kläger zurück. Die Einrichtung eines Schichtdienstes habe hauptsächlich dazu führen sollen, die Arbeitsbedingungen der Kläger bis zu den Maßnahmen der Verwaltung zur Senkung der Schallbelastung zu verbessern. Die Arbeiten nach dem ersten von ihm bestellten Gutachten vom 18. Juni 1991 hätten zu zufriedenstellenden Verbesserungen geführt, wie die Ergebnisse der späteren Gutachten zeigten.

35 Im Rahmen des zweiten Teils dieses Klagegrundes legen die Kläger dar, daß sie von ihrer Generaldirektorin, Frau Gomez de Enterria, am 8. September 1989 von ihrem Anspruch auf die Pauschalvergütung für Schichtdienst unterrichtet worden seien. Sie hätten eine Kopie der Note der Generaldirektorin vom 17. November 1989 an Herrn Van den Berge erhalten, mit der beantragt worden sei, daß ihnen die in Artikel 56a vorgesehene Pauschalvergütung für Schichtarbeit ab 8. September 1990 gezahlt werde. Daher hätten sie hoffen dürfen, daß ihnen diese Vergütung gewährt werde. Unter diesen Umständen habe die Verwaltung ihre Fürsorgepflicht verletzt, da diese sie nicht sofort über den eventuellen Irrtum ihrer Generaldirektorin unterrichtet habe. Herr Van den Berge habe erst am 19. Dezember 1989, mehr als zwei Monate, nachdem sie Kopie der Note von Frau Gomez de Enterria vom 17. November 1989 erhalten hätten, an Frau Gomez de Enterria die strittige Note gerichtet, durch die ihnen diese Pauschalvergütung verwehrt werde.

36 Der Beklagte macht geltend, daß eine falsche Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht die Haftung der Verwaltung auslösen könne und daß Versprechungen, die im Widerspruch zu den Bestimmungen des Statuts stuenden, kein berechtigtes Vertrauen schaffen könnten.

Würdigung durch das Gericht

37 Was den ersten Teil dieses Klagegrundes angeht, so hängt, wenn die Verwaltung, aus welchem Grund auch immer, einen Schichtdienst anordnet, die Zahlung einer Vergütung nach Artikel 56a von den Voraussetzungen der Verordnung Nr. 300/76 ab. Da diese Voraussetzungen hier, wie bereits festgestellt, nicht erfuellt sind, konnten die Kläger nicht erwarten, daß ihnen eine Vergütung nach Artikel 56a gewährt würde, und sich dafür auf die Fürsorgepflicht berufen, die im Rahmen der einschlägigen Vorschriften zu erfuellen ist, an die das Organ gebunden ist.

Daher ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die Behauptungen über die Untätigkeit der Verwaltung bezueglich der Beachtung der Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften begründet sind.

38 Was den zweiten Teil dieses Klagegrundes angeht, so können Informationen oder Versprechen, die die Bestimmungen des Statuts nicht berücksichtigen, kein berechtigtes Vertrauen schaffen. Selbst wenn man darin, daß die Verwaltung die Kläger nicht sofort davon unterrichtet hat, daß die ihnen von ihrer Vorgesetzten gegebene Information, sie hätten ab dem 8. September 1989 Anspruch auf die fragliche Vergütung, unrichtig war, eine Verletzung der Fürsorgepflicht sähe, könnte dies nicht dazu führen, daß den Klägern eine Vergütung unter Verletzung der einschlägigen Bestimmungen zu gewähren wäre.

39 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, daß der Aufhebungsantrag als unbegründet zurückzuweisen ist.

Zur Zulässigkeit des Schadenersatzantrags

Vorbringen der Parteien

40 Der Beklagte erhebt eine Einrede der Unzulässigkeit gegenüber dem vom Kläger Devillez in der Erwiderung gestellten Antrag auf Ersatz des Schadens, den dieser wegen der Verweigerung rechtzeitiger Schalldämmungsarbeiten durch den Beklagten vom 16. September 1990 bis zur Fertigstellung dieser Arbeiten erlitten haben will. Ein derartiger Antrag gehe über den Rahmen des Rechtsstreits hinaus.

41 Der Kläger Devillez vertritt die Auffassung, daß das durch die Messung des Schalldruckpegels durch die ASBL AIB-Vinçotte bescheinigte Fortbestehen eines zu hohen Lärmpegels nach den nach Erhebung dieser Klage vorgenommenen Lärmdämmungsarbeiten eine neue Tatsache darstelle, die ihm die Stellung eines Schadenersatzantrags im Laufe des Verfahrens gestatte. In der mündlichen Verhandlung hat er sich zur Stützung der Zulässigkeit dieses Antrags auf den Grundsatz der Prozessökonomie berufen.

Würdigung durch das Gericht

42 Der genannte Schadenersatzantrag weist keinerlei Zusammenhang mit dem in der Klageschrift gestellten Antrag auf Aufhebung der Entscheidung auf, durch die die Gewährung einer Vergütung nach Artikel 56a des Statuts abgelehnt wird. Seine Zulässigkeit ist daher unabhängig von der Zulässigkeit des letztgenannten Antrags zu prüfen, da das Gericht jederzeit von Amts wegen die Unzulässigkeitsgründe zwingenden Rechts prüfen kann (vgl. insbesondere Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in der Rechtssache T-8/92, Di Rocco/WSA, Slg. 1992, II-2653, Randnr. 34, und Beschluß des Gerichts vom 28. Januar 1993 in der Rechtssache T-53/92, De Stachelski/Kommission, Slg. 1993, II-35, Randnrn. 14 und 17).

43 Der vom Kläger behauptete Eintritt neuer Tatsachen konnte ihn auf keinen Fall davon entbinden, das im Statut vorgesehene Verfahren einzuhalten. Wenn der Kläger Ersatz des durch einen angeblich wegen Fortbestehens eines zu hohen Lärmpegels in den Räumen der Druckerei erlittenen Schadens erreichen wollte, war er gehalten, sich vorher mit einem Antrag im Sinne des Artikels 90 Absatz 1 des Statuts an die Anstellungsbehörde zu wenden und die Verwaltung aufzufordern, eine Entscheidung über einen etwaigen Ersatz des behaupteten Schadens zu treffen. Nur ein derartiger Antrag hätte es nämlich ermöglicht, das Verwaltungsverfahren nach den Bestimmungen des Statuts zu eröffnen (vgl. insbesondere Beschluß des Gerichts vom 6. Februar 1992 in der Rechtssache T-29/91, Castelleti u. a./Kommission, II-77, Randnrn. 28 bis 30).

44 Daraus folgt, daß der Schadenersatzantrag des Klägers Devillez wegen Fehlens eines ordnungsgemässen Verwaltungsverfahrens für unzulässig zu erklären ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

45 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 88 der Verfahrensordnung tragen jedoch in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst.

46 Das Gericht kann im übrigen nach Artikel 87 § 3 zweiter Gedankenstrich der Verfahrensordnung auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

47 Die Dienststellen des Parlaments haben erst nach Erhebung dieser Klage am 18. Oktober 1990 ein Gutachten bestellt und danach Maßnahmen ergriffen, um den Schalldruckpegel in den Räumen der Druckerei zu senken. Nach den vom Beklagten nicht bestrittenen Erklärungen der Kläger war jedoch den Dienststellen des Parlaments bereits am 27. Juli 1989 ein Gutachten des Dr. De Wilde übermittelt worden, aus dem hervorging, daß der Schallpegel in den Räumen 90 Dezibel erreichte. Dr. De Wilde schlug mehrere Maßnahmen zur Senkung des Lärmpegels und die obligatorische Erstellung eines Audiogramms bei der jährlichen ärztlichen Untersuchung vor. Aus den vom Beklagten nicht bestrittenen Erklärungen der Kläger geht hervor, daß das Parlament diesen Vorschlägen in keiner Weise nachgekommen ist; die Verwaltung hat erst aufgrund eines auf Anordnung des Parlaments erstellten Gutachtens vom 18. Juni 1991 Arbeiten zur Senkung der Schallbelastung vorgenommen. Nach diesen Arbeiten zeigten die Ergebnisse eines ersten am 9. Dezember 1991 auf Anordnung des Parlaments erstellten Gutachtens die Notwendigkeit, eine zweites Gutachten insbesondere zu dem Lärmpegel zu bestellen, dem das Bedienungspersonal der Rotationsmaschine ausgesetzt ist. Die Ergebnisse dieses zweiten Gutachtens wurden dem Parlament erst am 9. Dezember 1992 übermittelt.

48 Durch sein Verhalten hat der Beklagte demnach die Kläger veranlasst, Klage zu erheben und ihr Begehren nach der Aussetzung des Verfahrens vom 7. März 1991 bis 15. Mai 1992 weiterzuverfolgen. Unter diesen Umständen ist es angemessen, daß das Parlament ausser seinen eigenen Kosten auch die Kosten der Kläger trägt.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Das Parlament trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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