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Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 31.01.2006
Aktenzeichen: T-48/03
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 4064/89
Vorschriften:
Verordnung Nr. 4064/89 Art. 6 | |
Verordnung Nr. 4064/89 Art. 7 | |
Verordnung Nr. 4064/89 Art. 10 Abs. 6 |
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
BESCHLUSS DES GERICHTS (Vierte Kammer)
31. Januar 2006
"Wettbewerb - Zusammenschlüsse - Wiederaufnahme des Kontrollverfahrens nach Nichtigerklärung einer Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss untersagt wird, durch das Gericht - Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung - Aufgabe des Zusammenschlusses - Einstellung des Kontrollverfahrens - Nichtigkeitsklage - Beschwerende Maßnahmen - Rechtsschutzinteresse - Unzulässigkeit"
Parteien:
In der Rechtssache T-48/03
Schneider Electric SA mit Sitz in Rueil-Malmaison (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte A. Winckler, M. Pittie und É. de La Serre, dann Rechtsanwälte M. Pittie und A. Winckler,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch P. Oliver und F. Lelièvre, dann durch P. Oliver und O. Beynet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 4. Dezember 2002 über die Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung des Zusammenschlusses von Schneider und Legrand (Sache COMP/M.2283 - Schneider/Legrand II) und der Entscheidung der Kommission vom 13. Dezember 2002 über die Einstellung des Verfahrens zur Kontrolle dieses Vorhabens
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung der Richter H. Legal und P. Mengozzi sowie der Richterin I. Wiszniewska-Bialecka,
Kanzler: E. Coulon,
folgenden
Beschluss
Entscheidungsgründe:
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Die Schneider Electric SA (im Folgenden: Klägerin) und die Legrand SA, zwei Unternehmen mit Sitz in Frankreich, die im Produktbereich der elektrischen Stromversorgung tätig sind, teilten der Kommission am 16. Februar 2001 gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1; berichtigt ABl. 1990, L 257, S. 13, in der durch die Verordnung [EG] Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 [ABl. L 180, S. 1] geänderten Fassung, im Folgenden: Verordnung Nr. 4064/89) das Vorhaben der Klägerin mit, ein öffentliches Angebot zum Austausch sämtlicher Aktien von Legrand zu machen (im Folgenden: Vorhaben).
2 Nummer 1.7 des zwischen den Präsidenten der beiden Unternehmen ausgetauschten Schreibens vom 12. Januar 2001 lautet:
"...
Schneider und Legrand werden sich um eine baldmögliche Genehmigung der Europäischen Kommission bemühen und im Übrigen im Rahmen des von der Europäischen Kommission [durchgeführten] Verfahrens zur Prüfung des Zusammenrückens von [Schneider] und Legrand folgende Grundsätze respektieren:
...
iv) Der Verwaltungsratsvorsitzende von Legrand ist an der Erarbeitung einer jeden von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Lösung zu beteiligen, insbesondere dann, wenn die Genehmigung des Vorhabens durch die Kommission Ausgliederungen voraussetzt.
v) In dem Bestreben, eine für beide Konzerne ausgewogene Ausgliederungslösung zu finden, kann keine der beiden Firmen irgendeine Verpflichtung in Bezug auf Legrand - insbesondere keine Verpflichtung zu Ausgliederungen betreffend einen oder mehrere Vermögenswerte (einschließlich Beteiligungen) Legrands oder einer beliebigen Tochtergesellschaft dieses Unternehmens - ohne vorherige Einwilligung der Verwaltungsratsvorsitzenden von Schneider und von Legrand vorschlagen oder genehmigen.
..."
3 Am 30. März 2001 leitete die Kommission die Phase der eingehenden Prüfung des Vorhabens gemäß Artikel 6 Absatz l Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 ein.
4 Da nach Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 die Verwirklichung eines öffentlichen Übernahme- oder Tauschangebots unter der Voraussetzung zulässig ist, dass die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte nicht ausgeübt werden, legte die Klägerin am 21. Juni 2001 ein öffentliches Aktientauschangebot vor und beendete es am 25. Juli 2001.
5 Am 6. August 2001 veröffentlichte die Börsenaufsichtsbehörde das endgültige Ergebnis des öffentlichen Angebots der Klägerin zum Umtausch der Legrand-Aktien. Danach hatte die Klägerin 98,7 % der Legrand-Aktien erworben, ohne allerdings die entsprechenden Stimmrechte ausüben zu können.
6 Nachdem die Kommission zweimal die Korrekturen abgelehnt hatte, die die Klägerin vorgeschlagen hatte, um das Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu machen, erließ sie auf der Grundlage von Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 am 10. Oktober 2001 eine Entscheidung, mit der sie das Vorhaben für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte (im Folgenden: Unvereinbarkeitsentscheidung).
7 Auf Antrag der Klägerin vom 22. November 2001 erließ die Kommission am 4. Dezember 2001 eine Entscheidung, mit der der Klägerin gemäß Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89 erlaubt wurde, durch einen von der Klägerin bestellten Bevollmächtigten unter den Bedingungen, die in einem von der Kommission genehmigten Bevollmächtigungsvertrag geregelt waren, die mit ihren Anteilen an Legrand verbundenen Stimmrechte auszuüben.
8 Am 10. Dezember 2001 unterzeichneten die Klägerin und der Bevollmächtigte - Salustro Reydel Management - den Bevollmächtigungsvertrag.
9 Am 13. Dezember 2001 erhob die Klägerin beim Gericht gegen die Unvereinbarkeitsentscheidung Nichtigkeitsklage (Rechtssache T-310/01).
10 Da die Unvereinbarkeitsentscheidung nach Durchführung des Zusammenschlusses der beiden Unternehmen ergangen war, erließ die Kommission auf der Grundlage von Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89 am 30. Januar 2002 eine Entscheidung, mit der sie der Klägerin aufgab, sich binnen einer Frist von neun Monaten, die am 5. November 2002 auslief, von Legrand zu trennen, ohne ihr die Möglichkeit zu lassen, sich von bestimmten Tätigkeiten Legrands gesondert zu trennen (im Folgenden: Trennungsentscheidung).
11 Am 18. März 2002 erhob die Klägerin Klage auf Nichtigerklärung der Trennungsentscheidung (Rechtssache T-77/02) und beantragte die Aussetzung des Vollzugs derselben (Rechtssache T-77/02 R).
12 Nach der mündlichen Verhandlung in jener Rechtssache vom 23. April 2002 verlängerte die Kommission auf Antrag der Klägerin die für die Trennung der beiden Unternehmen gesetzte Frist bis zum 5. Februar 2003.
13 Die Klägerin nahm deshalb ihren Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Trennungsentscheidung zurück.
14 In der Erwägung, dass es unmöglich sei, die Ungewissheit über das Schicksal Legrands über den 10. Dezember 2002 hinaus zu verlängern, bereitete die Klägerin den im Fall einer Abweisung ihrer Klagen durchzuführenden Abtretungsprozess vor.
15 Am 26. Juli 2002 schloss sie mit einem Konsortium, bestehend aus den Firmen Wendel Investissements und Kohlberg Kravis Roberts & Co. (im Folgenden: Konsortium Wendel/KKR) einen Vertrag über die Abtretung von Legrand (im Folgenden: Abtretungsvertrag). Dieser Vertrag, der spätestens am 10. Dezember 2002 ausgeführt werden sollte, enthielt eine Klausel, nach der die Klägerin die Möglichkeit hatte, die Abtretung in dem Fall, dass das Gericht die Unvereinbarkeitsentscheidung für nichtig erklären sollte, gegen Zahlung von Schadensersatz wegen Vertragsbruchs in Höhe von bis zu 180 Mio. Euro bis zum 5. Dezember 2002 zu kündigen.
16 Am 12. September 2002 teilte die Klägerin der Kommission ihr Abtretungsprojekt mit.
17 Am 14. Oktober 2002 erklärte die Kommission die vorgeschlagene Abtretung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.
18 Das Gericht erklärte die Unvereinbarkeitsentscheidung mit Urteil vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache T-310/01 (Schneider Electric/Kommission, Slg. 2002, II-4071, im Folgenden: Urteil Schneider I) für nichtig.
19 In den Randnummern 464 und 465 des Urteils Schneider I stellte das Gericht fest:
"464 Nach Artikel 233 EG hat die Kommission die sich aus dem vorliegenden Nichtigkeitsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.
465 Diese Maßnahmen müssen die Gründe beachten, die den Tenor des Urteils tragen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, Asteris u. a./Kommission, Slg. 1988, 2181, Randnr. 27). Die maßgeblichen Gründe des vorliegenden Urteils implizieren für den Fall, dass die Prüfung der Vereinbarkeit des [Vorhabens] wieder aufgenommen wird, insbesondere, dass die Klägerin in die Lage versetzt wird, sich in Bezug auf die betroffenen nationalen Einzelmärkte, für die die in der [Unvereinbarkeitsentscheidung] enthaltene wirtschaftliche Analyse durch das vorliegende Urteil nicht beanstandet worden ist, d. h. die französischen Einzelmärkte, sachgerecht zu verteidigen und gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen vorzuschlagen, die den von der Kommission in Betracht gezogenen und vorher konkretisierten Beschwerdepunkten entsprechen."
20 Mit Urteil vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache T-77/02 (Schneider Electric/Kommission, Slg. 2002, II-4201, im Folgenden: Urteil Schneider II) erklärte das Gericht als Folgerung die Trennungsentscheidung für nichtig, da sie zur Durchführung der für nichtig erklärten Unvereinbarkeitsentscheidung diene.
21 Die Kommission veröffentlichte im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Bekanntmachung über die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens (ABl. 2002, C 279, S. 22). In dieser Bekanntmachung hieß es, dass gemäß Artikel 10 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4064/89 die Frist für die Prüfung des Zusammenschlusses ab 23. Oktober 2002 laufe, dem Tag nach der Verkündung des Urteils, mit dem die Unvereinbarkeitsentscheidung in der Rechtssache T-310/01 für nichtig erklärt worden war. Die Kommission wies außerdem - ohne ihrer endgültigen Entscheidung hierzu vorzugreifen - darauf hin, dass sie nach vorläufiger Prüfung festgestellt habe, dass das Vorhaben unter die Verordnung Nr. 4064/89 fallen könnte, und forderte alle interessierten Unternehmen oder Personen auf, bei ihr zu diesem Vorhaben Stellung zu nehmen.
22 Mit Schreiben vom 13. November 2002 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass das Vorhaben den Wettbewerb auf den französischen Einzelmärkten in folgender Hinsicht beeinträchtigen könnte: durch die Überschneidungen bedeutender Marktanteile der Klägerin und Legrands, den Wegfall ihres Konkurrenzverhältnisses, den Umfang der von den beteiligten Unternehmen geführten Marken, die Macht der aus der Klägerin und Legrand gebildeten Einheit gegenüber den Großhändlern und die Unmöglichkeit für jeden Wettbewerber, den Wettbewerbsdruck auszuüben, den Legrand vor der Durchführung des Vorhabens hatte.
23 Am 14. November 2002 unterbreitete die Klägerin der Kommission einen Vorschlag für Korrekturen mit dem Ziel, die Überschneidungen ihrer Tätigkeit mit derjenigen von Legrand auf den betroffenen französischen Einzelmärkten zu beseitigen.
24 Die Kommission unternahm bei den Wettbewerbern und den Kunden der Klägerin eine Marktuntersuchung, um die Tragweite der vorgeschlagenen Korrekturen in Erfahrung zu bringen. Die Frist für die Beantwortung der im Rahmen dieser Marktuntersuchung versandten Fragebögen war auf den 22. November 2002 festgesetzt.
25 Mit Schreiben vom 25. November 2002 erklärte die Klägerin der Kommission, dass die Beanstandungen, die diese mit Schreiben vom 13. November 2002 vorgetragen habe, dadurch, dass die Auswirkungen des Vorhabens nicht im Hinblick auf die jeweiligen Einzelmärkte geprüft worden seien, ihrem Wesen und ihrem Umfang nach unpräzise seien und keineswegs das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Wirkung auf die betroffenen Märkte bezeichneten. Außerdem würden die allgemeinen Erwägungen der Kommission durch die Wirklichkeit widerlegt. Daher seien die Beanstandungen der Kommission zurückzuweisen.
26 Die Klägerin ergänzte ihre Korrekturen am 27. und am 29. November 2002 mit neuen Vorschlägen.
27 Mit Urteil vom 29. November 2002 stellte die Cour d'appel Versailles in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Rahmen der Berufung gegen eine einstweilige Anordnung des Tribunal de commerce Nanterre fest, dass die von der Klägerin unterbreiteten Abtretungsvorschläge dem Präsidenten von Legrand unter Verstoß gegen Nummer 1.7 des vorstehend in Randnummer 2 erwähnten Schreibens vom 12. Januar 2001 nicht zuvor zur Genehmigung vorgelegt worden seien. Die Cour d'appel gab der Klägerin daher auf, ihre vom Präsidenten Legrands nicht akzeptierten Abtretungsvorschläge zurückzuziehen.
28 Mit Schreiben vom 29. November 2002 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass die vorgeschlagenen Korrekturen nicht ausreichten, um sämtliche mit dem Vorhaben zusammenhängenden Wettbewerbsprobleme zu beseitigen; es verblieben immer noch Zweifel an der Durchführbarkeit und der Autonomie der abgetretenen Tätigkeiten, und die Korrekturen seien nicht geeignet, eine Wettbewerbsposition aufzubauen, die gegenüber derjenigen der von der Klägerin und Legrand gebildeten Einheit standhalten könnte.
29 Mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 warf die Klägerin der Kommission vor, zu bezweifeln, dass die vorgeschlagenen Korrekturen durchführbar und geeignet seien, die Aufrechterhaltung der Wettbewerbslage auf den betroffenen französischen Märkten zu gewährleisten. In diesem weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium sei eine Fortsetzung der Diskussionen aufgrund des Standpunkts der Kommission nicht mehr realistisch. Die Klägerin teilte der Kommission mit, dass sie beschlossen habe, Legrand an das Konsortium Wendel/KKR zu verkaufen, um die Ungewissheit zu beenden, der Legrand und sie sich seit über einem Jahr ausgesetzt sähen.
30 Die Klägerin bestätigte der Kommission mit Telefax vom 3. Dezember 2002, dass sie beschlossen habe, Legrand an das Konsortium Wendel/KKR zu verkaufen. Gleichzeitig fügte sie hinzu, dass sie zur Durchführung dieses Verkaufs gemäß dem Verkaufsvertrag vom 26. Juli 2002 keine weiteren Schritte mehr zu unternehmen habe und dass dieser am 10. Dezember 2002 stattfinden werde.
31 Mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 bestätigte die Kommission der Klägerin ihre Auffassung, dass die vorgeschlagenen Korrekturen aufgrund ihrer Auswirkungen auf mehrere französische Einzelmärkte im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht die ernsthaften Zweifel an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt beseitigen könnten. Die Kommission werde daher die Phase der eingehenden Prüfung des Vorhabens gemäß Artikel 6 Absatz l Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 einleiten.
32 Am 10. Dezember 2002 trat die Klägerin ihre Anteile an Legrand an das Konsortium Wendel/KKR ab.
33 Die Kommission teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13. Dezember 2002 mit, dass sie das Verfahren zur Kontrolle des Vorhabens einstelle, da die Klägerin Legrand nicht mehr beherrsche und das Verfahren somit gegenstandslos geworden sei.
Verfahren und Anträge der Parteien
34 Mit Klageschrift, die am 10. Februar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
35 Am 16. April 2003 hat die Kommission gegen diese Klage gemäß Artikel 114 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.
36 Die Klägerin hat am 18. Juni 2003 zu dieser Einrede Stellung genommen.
37 Die Klägerin hat im Übrigen mit Klageschrift, die am 10. Oktober 2003 eingereicht und unter dem Aktenzeichen T-351/03 eingetragen worden ist, eine Klage auf Ersatz des Schadens erhoben, der ihr durch die vom Gericht im Urteil Schneider I förmlich festgestellten Rechtsfehler entstanden sei; deren Auswirkungen seien durch die Fehler in dem von der Kommission nach den Urteilen Schneider I und Schneider II wieder aufgenommenen Verwaltungsverfahren noch verstärkt worden.
38 Die Klägerin beantragt,
- die Klage für zulässig zu erklären,
- die in dem Schreiben der Kommission vom 4. Dezember 2002 enthaltene Entscheidung, die Phase der eingehenden Prüfung im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 einzuleiten, und die in dem Schreiben der Kommission vom 13. Dezember 2002 enthaltene Entscheidung, mit dem Schneider die Einstellung des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens mitgeteilt wurde, für nichtig zu erklären;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
39 Die Kommission beantragt,
- die Klage als unzulässig abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
40 Artikel 114 der Verfahrensordnung des Gerichts bestimmt, dass das Gericht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Partei es beantragt, vorab über die Unzulässigkeit entscheidet. Nach Artikel 114 § 3 wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall hält das Gericht die von den Parteien im Zuge des schriftlichen Verfahrens vorgelegten Schriftstücke und ihre Ausführungen für ausreichend. Da die Akte alles zur Entscheidung Erforderliche enthält, sieht das Gericht von einer mündlichen Verhandlung ab.
Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie gleichzeitig auf die Nichtigerklärung der beiden angefochtenen Maßnahmen gerichtet ist
41 Das Gericht stellt zunächst fest, dass ein Kläger grundsätzlich - wie im vorliegenden Fall - zwei Handlungen mit ein und derselben Klage anfechten kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 20. März 1959 in der Rechtssache 18/57, Nold/Hohe Behörde, Slg. 1959, 89).
42 Daraus folgt, dass die vorliegende Klage, soweit sie sich auf die gleichzeitige Nichtigerklärung der beiden ergriffenen Maßnahmen bezieht, zulässig ist.
Zur Begründetheit der Einrede der Unzulässigkeit
43 Die Kommission stützt ihre Einrede der Unzulässigkeit darauf, dass die beiden angefochtenen Maßnahmen nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könnten und dass die Klägerin kein Rechtsschutzinteresse an der Klage auf Nichtigerklärung habe.
44 Nach ständiger Rechtsprechung können natürliche oder juristische Personen nach Artikel 230 Absatz 4 EG nur solche Handlungen anfechten, die bindende rechtliche Wirkungen entfalten, so dass sie ihre Interessen beeinträchtigen, indem sie ihre rechtliche Situation spürbar verändern (Beschluss des Gerichts vom 30. April 2003 in der Rechtssache T-167/01, Schmitz-Gotha Fahrzeugwerke/Kommission, Slg. 2003, II-1873, Randnr. 46 und die dort zitierte Rechtsprechung).
45 Im Falle von Handlungen, die in mehreren Phasen eines internen Verfahrens ergehen, liegt eine anfechtbare Handlung grundsätzlich nur bei den Maßnahmen vor, die den Standpunkt des Organs bei Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber bei Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen und deren Rechtswidrigkeit im Rahmen einer gegen diese gerichteten Klage geltend gemacht werden kann (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnrn. 10 bis 12, und Urteil des Gerichts vom 27. Juni 1995 in der Rechtssache T-186/94, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1995, II-1753, Randnr. 39).
46 Weiter hat eine natürliche oder eine juristische Person nur dann ein Interesse an der Erhebung einer Klage gegen eine Handlung, wenn die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen zeitigen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, AKZO Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 21).
47 Es ist daher zu prüfen, ob die beiden angefochtenen Handlungen die Interessen der Klägerin beeinträchtigen, indem sie ihre rechtliche Situation spürbar verändern, und ob sie Handlungen darstellen, die sie als solche beschweren.
Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie gegen die Entscheidung vom 4. Dezember 2002 über die Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung des Vorhabens gerichtet ist
- Vorbringen der Parteien
48 Die Kommission trägt vor, dass die angefochtene Handlung - ebenso wie eine auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 - Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) gestützte vorläufige Stellungnahme (Urteil des Gerichts vom 7. März 2002 in der Rechtssache T-95/99, Satellimages TV5/Kommission, Slg. 2002, II-1425) - nur vorläufiger Art sei, weil sie die Fragwürdigkeit der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt bestätige und demzufolge die Phase der eingehenden Prüfung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 einleite.
49 Die angefochtene Handlung unterscheide sich damit von bestimmten bindenden abschließenden Entscheidungen, mit denen die Kommission über die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 4064/89 (Urteil des Gerichts vom 24. März 1994 in der Rechtssache T-3/93, Air France/Kommission, Slg. 1994, II-121), die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Juni 1978 in der Rechtssache 77/77, BP/Kommission, Slg. 1978, 1513, und Urteil des Gerichts vom 22. März 2000 in den Rechtssachen T-125/97 und T-127/97, Coca-Cola/Kommission, Slg. 2000, II-1733) oder die gemeinschaftlichen Beihilfevorschriften (Urteile des Gerichtshofes vom 30. Juni 1992 in der Rechtssache C-312/90, Spanien/Kommission, Slg. 1992, I-4117, und vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C-400/99, Italien/Kommission, Slg. 2001, I-7303) entscheide.
50 Die Verlängerung der Aussetzung des Vorhabens und die sich zwangsläufig aus der Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung ergebende Verpflichtung der Unternehmen zur Zusammenarbeit mit der Kommission seien nur eine Folge, die den Wirkungen einer Verfahrenshandlung entspreche, und wirkten sich auf die Rechtsstellung der Klägerin, abgesehen von ihrer verfahrensrechtlichen Lage, nicht aus (Urteil IBM/Kommission, Randnr. 17).
51 Die Klägerin mache zu Unrecht geltend, dass sich die angefochtene Handlung durch die auf dem Vertrag vom 26. Juli 2002 über die Abtretung von Legrand beruhenden Sachzwänge in eine Entscheidung verwandelt habe, mit der das Vorhaben verboten werde. Zum einen werde das Wesen einer Handlung durch ihre Rechtsgrundlage und nicht durch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls bestimmt. Zum anderen habe es der Klägerin völlig freigestanden, den fraglichen Vertrag zu schließen, denn die ihr für die Durchführung der Trennungsentscheidung gesetzte Frist habe am 5. Februar 2003 ablaufen sollen.
52 Die Kommission habe der Klägerin zwar mitgeteilt, dass sie trotz Erhebung der Klagen auf Nichtigerklärung der Verbotsentscheidung (Rechtssache T-310/01) und der Trennungsentscheidung (Rechtssache T-77/02) nicht von der Pflicht entbunden sei, die Abtretung von Legrand weiter vorzubereiten, jedoch sei die Klägerin nicht gezwungen gewesen, noch vor der für September oder Oktober 2002 erwarteten Verkündung der fraglichen Urteile einen Abtretungsvertrag zu schließen. Außerdem hätte die Klägerin den Verkauf von Legrand durchaus von der aufschiebenden Bedingung abhängig machen können, dass die Kommission in einer abschließenden Entscheidung die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt feststelle.
53 Schließlich stelle sich die Frage, wie die Klägerin noch ein Rechtsschutzinteresse in Bezug auf die angefochtene Maßnahme haben könne, da sie doch das Vorhaben bereits vor deren Erlass von sich aus unwiderruflich aufgegeben habe, indem sie Legrand endgültig abgetreten habe, ohne eine Kontrolle an dem Unternehmen zu behalten.
54 Die Klägerin macht geltend, dass die angefochtene Handlung unabhängig von ihrer Einstufung als Verfahrenshandlung oder Entscheidung nicht nur die Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt bewirkt habe, sondern auch die endgültige Anerkennung der Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 4064/89 auf das Vorhaben, das Verbot jeglicher stillschweigenden Genehmigung des Vorhabens, die Aussetzung der Durchführung des Vorhabens für mindestens vier weitere Monate, die Verpflichtung der anmeldenden Parteien zur Zusammenarbeit mit der Kommission während der eingehenden Prüfung und schließlich bindende und fehlerhafte Maßnahmen zur Durchführung der Urteile Schneider I und Schneider II enthalte.
55 Die angefochtene Handlung habe ihr nach mehr als anderthalb Jahren der Ungewissheit und erheblichen Korrekturangeboten die Aussicht genommen, innerhalb einer angemessenen Zeit die Kontrolle über Legrand erlangen zu können. Die Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung hätte sich auf das Vorhaben nachteilig ausgewirkt, und sei es nur dadurch, dass an der Spitze von Legrand eine Generaldirektion mit persönlichen Interessen beibehalten worden wäre, die denen ihrer Aktionäre direkt zuwiderliefen.
56 Nach dem Abtretungsvertrag sei sie gezwungen gewesen, spätestens am 5. Dezember 2002 ihr Kündigungsrecht auszuüben, d. h. praktisch am letzten Tag der Frist, die die Kommission gehabt habe, um gestützt auf Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4064/89 eine Entscheidung zu treffen. Da die Kommission aufgrund der Prüfung des Abtretungsvertrags von diesem Stichtag und der Höhe des Betrages in der Schadensersatzklausel Kenntnis gehabt habe, hätte sie wissen müssen, dass die am 4. Dezember 2002 erlassene angefochtene Maßnahme ein endgültiges Verbot der Durchführung des Vorhabens zur Folge haben würde.
57 Die Wirkungen der angefochtenen Maßnahme seien also denen von Entscheidungen vergleichbar, die im Bereich der staatlichen Beihilfen zur Aussetzung der Zahlung eines Zuschusses und für den Empfängerstaat zu dem Verbot führten, die geplanten Beihilfen vor Abschluss des Verfahrens zu gewähren.
58 Die Klägerin meint, dass ihr Interesse an der Nichtigerklärung der streitigen Maßnahme trotz der Aufgabe des Vorhabens, zu der die Kommission sie gezwungen habe, fortbestehe. Sie habe nur deshalb davon Abstand genommen, die Kündigungsklausel des Abtretungsvertrags anzuwenden, weil sie bereits gewusst habe, dass die Kommission eine Entscheidung zum faktischen, wenn nicht gar rechtlichen Verbot des Vorhabens erlassen würde.
- Würdigung durch das Gericht
59 Nach Artikel 10 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4064/89 beginnen, wenn eine nach dieser Verordnung erlassene Entscheidung der Kommission durch Urteil des Gerichtshofes ganz oder teilweise für nichtig erklärt wird, die in dieser Verordnung festgelegten Fristen mit dem Tag der Verkündung des Urteils von neuem.
60 Artikel 10 Absatz 6 der Verordnung Nr. 4064/89 sieht vor, dass der Zusammenschluss, wenn die Kommission innerhalb der in Absatz 1 und Absatz 3 dieses Artikels genannten Fristen keine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b oder c oder nach Artikel 8 Absatz 2 oder 3 erlassen hat, unbeschadet des Artikels 9 als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt gilt.
61 Daraus folgt, dass die für die Kontrolle der Zusammenschlüsse geltenden Fristen für das Vorhaben ab dem 22. Oktober 2002 - dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils über die Nichtigerklärung der Unvereinbarkeitsentscheidung, um die es in der Rechtssache T-310/01 ging - erneut liefen.
62 Demzufolge hatte die Kommission ab dem 22. Oktober 2002 entweder eine Frist von einem Monat oder von sechs Wochen, um das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4064/89 einzuleiten, oder aber eine Frist von vier Monaten, um eine Entscheidung nach Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung zu erlassen, bevor zugunsten der anmeldenden Unternehmen das Vorliegen einer stillschweigenden Entscheidung über die Vereinbarkeit des Vorhabens anzunehmen wäre.
63 Die Kommission ist am 4. Dezember 2002 mit dem Erlass der Entscheidung, die Phase der eingehenden Prüfung des Vorhabens gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 einzuleiten, davon ausgegangen, dass das Verfahren nach der Verkündung des Nichtigkeitsurteils von der ursprünglichen Prüfung der Mitteilung an wieder aufzunehmen sei.
64 Diese Entscheidung konnte die Lage der anmeldenden Unternehmen unter den gegebenen Umständen nicht anders berühren denn als notwendige Folgen der Durchführung der Verordnung Nr. 4064/89 des Rates.
65 Zunächst ist nämlich festzustellen, dass die Kommission - wenn sie von der anderen in Randnummer 62 genannten Möglichkeit ausgegangen wäre und angenommen hätte, dass die Nichtigerklärung der Unvereinbarkeitsentscheidung zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens im Rahmen der Phase der eingehenden Prüfung geführt habe, ohne dass es einer neuen Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens bedürfte - für die Durchführung dieser Prüfung bis zum Erlass ihrer Entscheidung unter Berücksichtigung etwaiger Aussetzungen eine Frist von vier Monaten gehabt hätte.
66 Als spätester Zeitpunkt für die Durchführung der Vereinbarung über die Abtretung von Legrand an das Konsortium Wendel/KKR war vertraglich der 10. Dezember 2002 vorgesehen, d. h. ein Datum erheblich vor Ablauf der seit der Verkündung des Nichtigkeitsurteils laufenden Viermonatsfrist.
67 Selbst wenn die angefochtene Entscheidung also zur Folge hatte, dass die Viermonatsfrist am 4. Dezember 2002 und nicht am 22. Oktober 2002 zu laufen begann, konnte sie die Situation der Klägerin demnach, wenn man den 10. Dezember 2002 als Bezugspunkt nimmt, bezüglich der einzuhaltenden Verfahrensfristen nicht spürbar verändern.
68 Überdies zeigt der Geschehensablauf nach der Nichtigerklärung der Unvereinbarkeitsentscheidung, dass die angefochtene Entscheidung die rechtliche Situation der Klägerin ansonsten nicht beeinträchtigen konnte.
69 Nach der Verkündung des Urteils Schneider II war die Klägerin nämlich nicht mehr verpflichtet, die Trennungsentscheidung vom 30. Januar 2002 auszuführen, die als Folge der Nichtigerklärung der Unvereinbarkeitsentscheidung im Urteil Schneider I - zu der die Trennungsentscheidung eine Durchführungsmaßnahme darstellte - für nichtig erklärt worden war.
70 Außerdem war es Sache der Klägerin, der Kommission nach der Wiederaufnahme des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens durch die Kommission und anhand der von dieser zuvor vorgebrachten Beanstandungen Übertragungen von Vermögenswerten vorzuschlagen, durch die das Vorhaben im Hinblick auf die betroffenen nationalen - d. h. die französischen - Einzelmärkte, für die die in der Unvereinbarkeitsentscheidung enthaltene wirtschaftliche Analyse durch das Urteil des Gerichts nicht beanstandet worden war (siehe oben, Randnr. 19), mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar werden könnte.
71 Die Klägerin hat das übrigens getan, als sie in Beantwortung des Schreibens der Kommission vom 13. November 2002, in dem diese ihre Beanstandungen erläutert hatte (siehe oben, Randnrn. 22, 23 und 26), am 14. November 2002 sowie am 27. und am 29. November 2002 Korrekturen mit dem Ziel vorschlug, die Überschneidungen auf den betroffenen Märkten zu beseitigen.
72 Die Klägerin teilte der Kommission jedoch mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 ihre Entscheidung mit, Legrand an das Konsortium Wendel/KKR zu verkaufen und sich demzufolge nicht auf die im Abtretungsvertrag enthaltene Kündigungsklausel zu berufen. Die Klägerin bestätigte der Kommission ihre Entscheidung mit Telefax vom 3. Dezember 2002 und wies gleichzeitig darauf hin, dass sie zur Durchführung des Verkaufs von Legrand an das Konsortium Wendel/KKR keine weiteren Schritte mehr zu unternehmen habe.
73 Die Klägerin hat die Durchführung des Verkaufs von Legrand an das Konsortium Wendel/KKR also sogar noch vor Erlass der angefochtenen Maßnahme von sich aus entschieden und dadurch die Fortsetzung des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens gegenstandslos gemacht.
74 Da die Abtretung nach den eigenen Worten der Klägerin noch vor Erlass der angefochtenen Entscheidung unwiderruflich geworden war, folgt daraus, dass diese keinen Einfluss auf die Aufgabe des Vorhabens haben konnte.
75 Dass die Klägerin, wie sie vorträgt, durch die von der Kommission auferlegten Bedingungen zur Abtretung von Legrand gezwungen gewesen sei, oder dass es ihr mangels Zustimmung des Präsidenten von Legrand nicht möglich gewesen sei, die für die Genehmigung des Vorhabens durch die Kommission erforderlichen Korrekturen vorzuschlagen, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung.
76 Eine mögliche Fehlerhaftigkeit des entsprechenden Verhaltens der Kommission kann zwar von Bedeutung für die Frage sein, ob die Kommission die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber der Klägerin ausgelöst hat, sie reicht jedoch nicht aus, um der Entscheidung, das Verfahren der eingehenden Prüfung einzuleiten, den Charakter einer beschwerenden Maßnahme zu verleihen.
77 Ebenso unerheblich ist das Vorbringen der Klägerin, dass sie nur deshalb davon Abstand genommen habe, die im Abtretungsvertrag enthaltene Kündigungsklausel geltend zu machen, weil sie bereits gewusst habe, dass die Kommission eine Entscheidung erlassen würde, mit der sie die Durchführung des Vorhabens praktisch untersagen würde.
78 Die Kommission hat nämlich mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung lediglich die ernsthaften Zweifel bestätigt, die sie hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt weiterhin hegte, und sie hat demzufolge gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 die Phase der eingehenden Prüfung eingeleitet, um über diese Frage entscheiden zu können.
79 Im Übrigen ist festzustellen, dass die am 4. Dezember 2002 erlassene Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens eine reine Vorbereitungsmaßnahme darstellt, die allein den Zweck hatte, eine Untersuchung zur Ermittlung von Kriterien einzuleiten, die es der Kommission ermöglichen sollten, sich am Ende dieses Verfahrens in einer abschließenden Entscheidung zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zu äußern.
80 Die streitige Maßnahme beinhaltet zwar gemäß den Artikeln 7 und 10 der Verordnung Nr. 4064/89 eine Verlängerung der Aussetzung des Vorhabens und der Verpflichtung der Klägerin, mit der Kommission während der Phase der eingehenden Prüfung zusammenzuarbeiten.
81 Diese Folgen, die sich unmittelbar aus der Verordnung Nr. 4064/89 ergeben und durch die Vorprüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens ohne weiteres herbeigeführt werden, die durch dessen Mitteilung seitens der betroffenen Unternehmen ausgelöst wird, gehen jedoch nicht über die Folgen einer Verfahrenshandlung hinaus und beeinträchtigen daher die rechtliche Situation der Klägerin - abgesehen von ihrer sich aus den Vorschriften der Verordnung Nr. 4064/89 ergebenden verfahrensrechtlichen Situation - nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil IBM/Kommission, Randnrn. 17 ff.).
82 Nicht durch den Erlass der angefochtenen Maßnahme, sondern durch die mit der Mitteilung aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 verbundene aufschiebende Wirkung wurde der Klägerin, wie sie geltend macht, die Aussicht genommen, innerhalb der gewünschten Zeit die Kontrolle über Legrand erlangen zu können, und wurde an der Spitze von Legrand eine den Interessen ihrer Aktionäre angeblich entgegenstehende Generaldirektion beibehalten.
83 Die Klägerin kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Erlass der angefochtenen Maßnahme der stillschweigenden Genehmigung des Vorhabens entgegengestanden hätte, die andernfalls gemäß Artikel 10 Absatz 6 der Verordnung Nr. 4064/89 am 5. Dezember 2002 bei Ablauf der Frist, die der Kommission zur Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung zur Verfügung stand, als erteilt gegolten hätte.
84 Daraus folgt, dass die Maßnahme vom 4. Dezember 2002 nicht als eine die Klägerin beschwerende Maßnahme anzusehen ist.
85 Dem steht das Vorbringen der Klägerin nicht entgegen, dass die angefochtene Maßnahme mit einer Entscheidung über die Einleitung eines Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen nach Artikel 88 Absatz 2 EG vergleichbar sei.
86 Wird mit einer derartigen Entscheidung eine in der Durchführung begriffene staatliche Maßnahme - und sei es auch nur vorläufig - als neue Beihilfe eingestuft, obwohl der betroffene Mitgliedstaat diese Beurteilung möglicherweise nicht teilt, so hat dies zur Folge, dass diesem Mitgliedstaat die sich nicht direkt aus dem EG-Vertrag ergebende Verpflichtung erwächst, sein Verhalten unter Aussetzung des Vollzugs der genannten Maßnahme zu ändern (siehe Urteil Spanien/Kommission, Randnrn. 20 und 24, und Urteil Italien/Kommission, Randnrn. 56 bis 59).
87 Die angefochtene Maßnahme führt demgegenüber als solche zu keiner Verhaltenspflicht, die sich nicht bereits aus der von den betroffenen Unternehmen vorgenommenen Mitteilung des geplanten Zusammenschlusses an die Kommission ergibt.
88 Da die von der angefochtenen Maßnahme hervorgerufenen Folgen für die verfahrensmäßige Stellung der Klägerin nicht über den Rahmen der Vorschriften der Verordnung Nr. 4064/89 hinausgehen, deren Rechtmäßigkeit die Klägerin nicht bestreitet, greift deren Vorbringen, dass es unter Umständen kein Rechtsmittel gegen die angefochtene Maßnahme gebe, ebenfalls nicht durch.
89 Das Gericht stellt zudem fest, dass die Klägerin nach Abschluss des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens beim Gemeinschaftsrichter Klage auf Nichtigerklärung der abschließenden Entscheidung über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt hätte erheben können, falls sie von dieser Entscheidung beschwert wäre, wenn sie nicht das Vorhaben während des Kontrollverfahrens durch den Verkauf Legrands an das Konsortium Wendel/KKR aufgegeben und die Kommission dadurch veranlasst hätte, das Verfahren einzustellen, ohne eine derartige abschließende Entscheidung zu erlassen.
90 Dadurch hat sich die Klägerin der Möglichkeit begeben, die mögliche Rechtswidrigkeit der nunmehr angefochtenen Maßnahme inzident im Rahmen einer Klage geltend zu machen, die ihr gegen eine derartige abschließende Entscheidung offen gestanden hätte, wenn es keinen solchen Verzicht gegeben hätte.
91 Daher ist die Klage, soweit sie gegen die Entscheidung vom 4. Dezember 2002 über die Einleitung der Phase der eingehenden Prüfung des Vorhabens gerichtet ist, als unzulässig abzuweisen.
Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie gegen die Entscheidung vom 13. Dezember 2002 über die Einstellung des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens gerichtet ist
- Vorbringen der Parteien
92 Nach Ansicht der Kommission hat die Klägerin den Nachweis nicht erbracht, dass die am 13. Dezember 2002 zum Abschluss des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens ergriffene Maßnahme ihre rechtliche Situation spürbar verändert habe.
93 Die Abtretung von Legrand durch die Klägerin habe nicht nur bewirkt, dass die Kommission von der Verpflichtung entbunden worden sei, über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zu entscheiden, sondern den Erlass einer solchen Entscheidung und die Fortsetzung der gegenstandslos gewordenen Untersuchung sogar unmöglich gemacht. Die eigentliche Entscheidung sei die der Klägerin gewesen, das Vorhaben durch die Abtretung von Legrand aufzugeben. Die Kommission habe dies lediglich zur Kenntnis genommen und die Klägerin über die Einstellung informiert. Ein bloßes Mitteilungsschreiben könne keine Rechtswirkungen entfalten und deshalb nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein (Beschluss des Gerichts vom 30. September 1999 in der Rechtssache T-182/98, UPS Europe/Kommission, Slg. 1999, II-2857, Randnr. 44).
94 Die Klägerin macht geltend, sie habe die Mitteilung des Vorhabens nicht etwa zurückgezogen, sondern halte die Einstellung für mit der Nichtigkeitsklage anfechtbar, weil die zur Feststellung und Ahndung einer Zuwiderhandlung befugte Kommission zwangsläufig einen Rechtsakt erlasse, der Rechtswirkungen erzeuge, wenn sie eine von ihr aufgrund einer Beschwerde eingeleitete Untersuchung einstelle. Schreiben über die Einstellung des Verfahrens seien anfechtbar, weil sie den Inhalt und die Wirkungen einer Entscheidung hätten, indem sie der eingeleiteten Untersuchung ein Ende setzten (Beschluss des Gerichts vom 20. März 2001 in der Rechtssache T-59/00, Compagnia Portuale Pietro Chiesa/Kommission, Slg. 2001, II-1019, Randnr. 42).
95 Außerdem werde ihr, wenn sie die Rechtmäßigkeit der Einstellung nicht anfechten und in diesem Rahmen nicht die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Einleitung des Verfahrens der eingehenden Prüfung geltend machen könne, jeder gerichtliche Schutz vorenthalten.
- Würdigung durch das Gericht
96 Nachdem die Klägerin Legrand an das Konsortium Wendel/KKR abgetreten hatte, konnte das mitgeteilte Vorhaben nur als aufgegeben angesehen werden, und das von der Kommission nach den Nichtigkeitsurteilen vom 22. Oktober 2002 wieder aufgenommene Verfahren zur Kontrolle dieses Vorhabens war, wie die Kommission in ihrem Schreiben vom 13. Dezember 2002 über die Einstellung des Verfahrens feststellte, gegenstandslos geworden.
97 Die Kommission hat mit diesem Schreiben also lediglich das Entfallen des Gegenstands ihrer Kontrolle zur Kenntnis genommen und die Klägerin von der förmlichen Einstellung des Verfahrens unterrichtet.
98 Dass die Klägerin die ursprüngliche Mitteilung des Vorhabens nicht förmlich zurückgezogen hat, ist für diese Beurteilung ohne Bedeutung, denn der Verzicht der Klägerin auf das Vorhaben reichte aus, um das Kontrollverfahren in jeder Hinsicht gegenstandslos werden zu lassen.
99 Die Klägerin beruft sich vergeblich auf den Beschluss Compagnia Portuale Pietro Chiesa/Kommission, bei dem es um die Einstellung eines eine Beschwerde über Verstöße gegen die Gemeinsamen Wettbewerbsregeln betreffenden Verfahrens ging.
100 Nach jenem Beschluss und der dort in den Randnummern 41 und 42 zitierten Rechtsprechung legt nämlich die Einstellung des Verfahrens über eine Beschwerde, mit der Einzelne die Kommission ersuchen, einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln festzustellen und zu ahnden, den Standpunkt des Organs zum Abschluss des Verfahrens über diese Beschwerde endgültig fest. Der streitige Rechtsakt über die Einstellung des Verfahrens enthält hingegen keine Stellungnahme der Kommission und beschränkt sich darauf, aus sachlichen Umständen, die das Kontrollverfahren gegenstandslos machen, die vorgegebenen Folgerungen zu ziehen.
101 Daher ist die Entscheidung vom 13. Dezember 2002 über die Einstellung des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens keine die Klägerin beschwerende Maßnahme.
102 Daraus folgt, dass die Klage auch insoweit, als sie gegen die Entscheidung vom 13. Dezember 2002 über die Einstellung des Verfahrens zur Kontrolle des Vorhabens gerichtet ist, als unzulässig abzuweisen ist.
103 Was den von der Klägerin geltend gemachten gerichtlichen Schutz vor den Rechtsfehlern angeht, die die Kommission ihres Erachtens in den nach den Urteilen Schneider I und Schneider II wieder aufgenommenen Kontrollverfahren begangen hat, ist darüber hinaus zu bemerken, dass die Klägerin, wie sich aus der Vorgeschichte des Rechtsstreits ergibt, bereits eine Klage auf Ersatz des Schadens erhoben hat, den sie durch diese Rechtsfehler behauptet, erlitten zu haben.
104 Aus all diesen Gründen ist die Klage in ihrer Gesamtheit als unzulässig abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
105 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
beschlossen:
1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.
Luxemburg, den 31. Januar 2006
Ende der Entscheidung
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