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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 14.09.1995
Aktenzeichen: T-480/93
Rechtsgebiete: Beschluss 91/482/EWG vom 25. Juli 1991, EWG


Vorschriften:

Beschluss 91/482/EWG vom 25. Juli 1991 Art. 101 Abs. 1
Beschluss 91/482/EWG vom 25. Juli 1991 Art. 109
EWG Art. 132 Nr. 1
EWG Art. 133 Abs. 1
EWG Art. 134
EWG Art. 136 Abs. 2
EWG Art. 173 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine Nichtigkeitsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger ein Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse besteht nur, wenn die Nichtigerklärung der Handlung als solche Rechtswirkungen zeitigen kann. Das ist auch dann nicht auszuschließen, wenn die Handlung bereits vollzogen oder aufgehoben worden ist. Nach Artikel 176 des Vertrages hat nämlich das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Dazu kann es gehören, den Kläger in angemessener Weise wieder in einen früheren Stand zu versetzen, um die Folgen der Handlung abzumildern, oder dafür zu sorgen, daß keine identische Handlung erlassen wird.

2. Eine Entscheidung der Kommission in Anwendung des Artikels 109 des Beschlusses 91/482 über die Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete, die an die Mitgliedstaaten gerichtet ist und als Schutzmaßnahme einen Mindestpreis für die Einfuhr eines Erzeugnisses aus einem dieser Gebiete festsetzt, betrifft die Unternehmen unmittelbar im Sinne des Artikels 173 Absatz 2 des Vertrages, die dieses Erzeugnis aus diesem Gebiet ausführen, wenn sie den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung und der Höhe des fraglichen Mindestpreises kein Ermessen lässt.

Trotz ihres Rechtssatzcharakters betrifft sie diejenigen Unternehmen auch individuell im Sinne der genannten Bestimmung, die der Kommission bereits vor Erlaß der Entscheidung durch Kontakte bekannt waren und die im Zeitpunkt der Entscheidung von dieser erfasste Waren in den Versand gegeben hatten. Diese Unternehmen gehören nämlich zwangsläufig zu den betroffenen Unternehmen, deren Lage gemäß Artikel 109 bei der Prüfung der Angemessenheit der beabsichtigten Schutzmaßnahmen vor Erlaß der Entscheidung zu berücksichtigen ist, weil sie schadengeneigt ist.

3. Um die Grundsätze der Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete (ÜLG) mit der Gemeinschaft und der gemeinsamen Agrarpolitik in Einklang zu bringen, war der Rat auf der Grundlage des Artikels 136 Absatz 2 des Vertrages berechtigt, in den Beschluß 91/482 über diese Assoziierung in Form von Artikel 109 eine Schutzklausel aufzunehmen, die insbesondere Beschränkungen der freien Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG zuließ, wenn diese ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich brachte oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährdete oder wenn Schwierigkeiten auftraten, die zur Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen konnte. Mit dieser Entscheidung, die die freie Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft nur ausnahmsweise, teilweise und vorübergehend beschränkte, hat der Rat die Grenzen seines Entscheidungsspielraums nicht überschritten, die sich aus Artikel 136 Absatz 2 des Vertrages ergeben.

4. Nach Artikel 109 Absatz 1 des Beschlusses 91/482 kann die Kommission Schutzmaßnahmen gegen die Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den assoziierten überseeischen Ländern und Gebieten treffen oder ermächtigen, wenn diese Einfuhren ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich bringen oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährden oder wenn Schwierigkeiten auftreten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen könnten. Bei der Anwendung dieses Artikels verfügt die Kommission nicht nur über einen weiten Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für den Erlaß einer Schutzmaßnahme vorliegen, sondern auch über ein weites Ermessen hinsichtlich des Erlasses einer Schutzmaßnahme. Der Gemeinschaftsrichter kann somit nur prüfen, ob der Kommission bei der Ausübung ihrer Befugnis ein offenkundiger Irrtum oder ein Ermessensmißbrauch unterlaufen ist oder ob die Kommission die Grenzen ihrer Befugnisse offenkundig überschritten hat.

Das war bei Erlaß der Entscheidungen 93/127 und 93/211, mit denen Schutzmaßnahmen gegen Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen verhängt bzw. geändert wurden, nicht der Fall. Angesichts des von ihr festgestellten Preisverfalls von Gemeinschaftsreis und des gleichzeitigen Anstiegs der Einfuhren mit Ursprung in diesem überseeischen Gebiet durfte die Kommission annehmen, daß Schwierigkeiten aufgetreten waren, die eine Beeinträchtigung des Wirtschaftsbereichs Reisanbau in der Gemeinschaft nach sich ziehen und die Anwendung des Programms Poseidom in den französischen überseeischen Departements gefährden konnten, und daß die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlaß von Schutzmaßnahmen somit erfuellt waren.

5. Die Schutzmaßnahmen gegen Einfuhren von Erzeugnissen mit Ursprung in den assoziierten überseeischen Ländern und Gebieten, zu denen Artikel 109 des Beschlusses 91/482 ermächtigt, dürfen nur zum Ziel haben, Schwierigkeiten zu beheben, vor denen sich ein Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft sieht, oder die Entstehung solcher Schwierigkeiten zu verhindern; gemäß Artikel 109 Absatz 2 müssen sie unbedingt erforderlich sein.

Deshalb ist die Entscheidung 93/127 für nichtig zu erklären, in der die Kommission als Schutzmaßnahme einen Mindestpreis für die Einfuhr von Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen festgesetzt hat, weil dieser Preis so hoch festgesetzt wurde, daß er nicht nur teurer als Gemeinschaftsreis, sondern auch teurer als Reis mit Ursprung in Drittländern, u. a. den AKP-Ländern wurde, was der Präferenzordnung zugunsten der Erzeugnisse der assoziierten Länder und Gebiete sowie dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz widersprach, der in Artikel 109 Absatz 2 seinen Ausdruck findet.

Hingegen ist die Entscheidung 93/211 gültig, die für dieselbe Schutzmaßnahme den Mindestpreis auf eine Höhe zurückführt, auf der der fragliche Reis nur noch gegenüber dem Gemeinschaftsreis und nur insoweit im Wettbewerb benachteiligt wird, als die Maßnahme Schutz erzeugen soll.

6. Eine Abgabe, die bei der Einfuhr eines Erzeugnisses mit Ursprung in einem assoziierten überseeischen Land oder Gebiet erhoben wird, die zu einem Preis erfolgt, der unter dem im Rahmen der aufgrund von Artikel 109 des Beschlusses 91/482 erlassenen Schutzmaßnahme festgesetzten Mindestpreis liegt, ist keine in Artikel 101 dieses Beschlusses verbotene Maßnahme gleicher Wirkung, weil die Zahlungspflicht nicht auf dem Überschreiten der Gemeinschaftsgrenze, sondern auf der Missachtung des festgesetzten Mindestpreises beruht.

7. Der Erlaß von Schutzmaßnahmen gegen die Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in einem assoziierten überseeischen Land oder Gebiet in Anwendung des Artikels 109 des Beschlusses 91/482 ist eine Rechtssetzungstätigkeit, die auf einer wirtschaftspolitischen Entscheidung beruht. Für einen in diesem Zusammenhang begangenen Rechtsverstoß haftet die Gemeinschaft nur, wenn eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, den einzelnen schützenden Rechtsnorm vorliegt.

Die Kommission hat mit dem Erlaß der Entscheidung 93/127 eine Schutzmaßnahme getroffen, die in ihrer Ausgestaltung zum Schutz der Interessen der Gemeinschaft entgegen Artikel 109 Absatz 2 nicht unbedingt erforderlich war, und damit eine solche Rechtsnorm, hier: den Verhältnismässigkeitsgrundsatz, verletzt. Diese Verletzung hat die Haftung der Gemeinschaft nicht zur Folge, weil sie nicht hinreichend qualifiziert ist, da die Kommission gutgläubig Daten verwendet hat, die ihr von den nationalen Stellen mitgeteilt wurden, die sich aber als unrichtig herausstellten, ohne daß die Betroffenen sie jedoch auf die ihnen bekannte Unrichtigkeit hingewiesen hätten.

Selbst wenn sie im übrigen geeignet wäre, die Haftung der Gemeinschaft auszulösen, so hätte die Entstehung eines Schadensersatzanspruchs doch einen Schaden vorausgesetzt, der das überschritten hätte, was ein rechtswidrig geschädigter Bürger hinnehmen muß, ohne Ersatz aus öffentlichen Mitteln verlangen zu können.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE ERWEITERTE KAMMER) VOM 14. SEPTEMBER 1995. - ANTILLEAN RICE MILLS NV, TRADING & SHIPPING CO. TER BEEK BV, EUROPEAN RICE BROKERS AVV, ALESIE CURACAO NV UND GUYANA INVESTMENTS AVV GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - ASSOZIIERUNG DER UEBERSEEISCHEN LAENDER UND HOHEITSGEBIETE - SCHUTZMASSNAHME - NICHTIGKEITSKLAGE - ZULAESSIGKEIT. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN T-480/93 UND T-483/93.

Entscheidungsgründe:

Einschlägiges Recht und Sachverhalt

Einschlägiges Recht

1 Die Niederländischen Antillen gehören zu den überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten (ÜLG), die mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft assoziiert sind. Die Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft ist im vierten Teil des EWG-Vertrags sowie in dem Beschluß 91/482/EWG des Rates vom 25. Juli 1991 (ABl. L 263, S. 1; ÜLG-Beschluß) geregelt, der aufgrund von Artikel 136 Absatz 2 EWGV erlassen wurde.

2 Nach Artikel 133 Absatz 1 EWG-Vertrag werden die Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den ÜLG nach Maßgabe der im EWG-Vertrag vorgesehenen schrittweisen Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten vollständig abgeschafft. Nach Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses sind Waren mit Ursprung in den ÜLG frei von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung zur Einfuhr in die Gemeinschaft zugelassen. Nach Artikel 101 Absatz 2 sind ausserdem Waren, die keine Ursprungswaren der ÜLG sind, sich aber im zollrechtlich freien Verkehr in einem ÜLG befinden und in unverändertem Zustand in die Gemeinschaft wieder ausgeführt werden, bei der Einfuhr in die Gemeinschaft von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung befreit, sofern für sie in dem betreffenden ÜLG Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung entrichtet worden sind, die den Zöllen entsprechen oder sie übersteigen, die bei der Einfuhr derselben Erzeugnisse mit Ursprung in Drittländern, für die die Meistbegünstigungsklausel gilt, in der Gemeinschaft anwendbar wären, sofern sie nicht Gegenstand einer vollständigen oder teilweisen Befreiung oder Erstattung der Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung waren und sofern sie von einer Ausfuhrbescheinigung begleitet werden.

3 Artikel 108 Absatz 1 erster Gedankenstrich des ÜLG-Beschlusses verweist für die Bestimmung des Begriffs Ursprungswaren sowie die Methoden für die Zusammenarbeit der Verwaltungen auf diesem Gebiet auf Anhang II des ÜLG-Beschlusses (Anhang II).

4 Nach Artikel 1 des Anhangs II gilt ein Erzeugnis als Ursprungsware eines ÜLG, der Gemeinschaft oder eines Staates in Afrika, der Karibik oder dem Pazifik (AKP-Staaten), wenn es dort entweder vollständig hergestellt oder gewonnen oder in ausreichendem Masse be- oder verarbeitet worden ist.

5 Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b des Anhangs II gelten als vollständig in den ÜLG, in der Gemeinschaft oder in den AKP-Staaten hergestellte bzw. gewonnene Erzeugnisse "dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse".

6 Nach Artikel 3 Absatz 1 des Anhangs II gelten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft als ausreichend be- oder verarbeitet, wenn das hergestellte Erzeugnis in eine andere als die Position einzureihen ist, in die jedes einzelne bei der Herstellung verwendete Vormaterial ohne Ursprungseigenschaft einzureihen ist.

7 Nach Artikel 6 Absatz 2 des Anhangs II gelten vollständig in der Gemeinschaft oder in den AKP-Staaten hergestellte bzw. gewonnene Erzeugnisse als vollständig in den ÜLG hergestellt, wenn sie in diesen be- oder verarbeitet werden.

8 Seit 1967 gibt es eine gemeinsame Marktordnung für Reis, die derzeit in der Verordnung (EWG) Nr. 1418/76 des Rates vom 21. Juni 1976 über die gemeinsame Marktorganisation für Reis (ABl. L 166, S. 1) geregelt ist. Diese umfasst einen Interventionspreis für Rohreis (Paddy-Reis), Ausfuhrerstattungen und Einfuhrabschöpfungen. Die Abschöpfungen richten sich nach dem Ursprungsland. Im Rahmen eines Tarifkontingents von 125 000 Tonnen geschältem Reis und 20 000 Tonnen Bruchreis wird für die AKP-Staaten ein verringerter Abschöpfungssatz erhoben.

9 Weiter wird aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3878/87 des Rates vom 18. Dezember 1987 über die Beihilfe zur Erzeugung bestimmter Reissorten (ABl. L 365, S. 3) der Anbau von Indica-Reis durch Gemeinschaftserzeuger gefördert. Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3763/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 mit Sondermaßnahmen für bestimmte Agrarerzeugnisse zugunsten der französischen überseeischen Departements (ABl. L 356, S. 1) wird der Anbau von Reis in Französisch-Guyana gefördert und die Reisversorgung und der Reisabsatz in Guadeloupe und Martinique unterstützt. Bei diesen Gebieten handelt es sich um drei französische überseeische Departements (ÜD). Nach Artikel 227 Absatz 2 EWG-Vertrag gelten für die ÜD die Bestimmungen über den freien Warenverkehr und über die gemeinsame Landwirtschaftspolitik mit Ausnahme des Artikels 40 Absatz 4; insoweit sind die ÜD Bestandteil der Gemeinschaft.

Sachverhalt

1. Der Reismarkt in der Gemeinschaft

10 Es gibt im wesentlichen drei Arten von Reis, nämlich rundkörnigen Reis, mittelkörnigen Reis und langkörnigen Reis. In der Gemeinschaft sind nur der mittelkörnige Reis, auch Japonica genannt, der vor allem in den südlichen Mitgliedstaaten verwendet wird, und der langkörnige Reis, auch Indica genannt, von Bedeutung, der vor allem in den nördlichen Mitgliedstaaten verwendet wird.

11 Reis wird in der Gemeinschaft nur in Spanien, Frankreich und Italien angebaut. Dabei handelt es sich im wesentlichen um Japonica-Reis; hier liegt eine Überschussproduktion vor. Die Verordnung Nr. 3878/87 (siehe Randnr. 9) soll die Gemeinschaftserzeugung von Indica-Reis fördern.

12 Sämtliche Reissorten können erst nach Verarbeitung verzehrt werden. Nach der Ernte wird der Reis zunächst geschält und dann in mehreren Stufen geschliffen.

13 Der Einheitswert von Reis steigt mit jeder Verarbeitungsstufe. Die Verarbeitungsstufe wird deshalb bei der Angabe des Preises von oder der Steuer auf Reis stets mit angegeben. Generell werden vier Verarbeitungsstufen unterschieden:

° Rohreis: Reis, wie er geerntet wird. Zum Verzehr nicht geeignet.

° Braunreis: Reis, bei dem die Strohhülse entfernt wurde. Er ist zum Verzehr geeignet, kann aber auch weiterverarbeitet werden.

° halbgeschliffener Reis: Reis, bei dem ein Teil des Perikarps entfernt wurde. Es handelt sich um ein halbfertiges Erzeugnis, das generell zur Weiterverarbeitung und nicht zum Verzehr verkauft wird; da ein Teil des Perikarps am Reis belassen wurde, ist er weniger verderblich als vollständig geschliffener Reis.

° vollständig geschliffener Reis: vollständig verarbeiteter Reis, bei dem die Strohhülse und das Perikarp vollständig entfernt wurden.

14 Die Verarbeitung von Rohreis zu vollständig geschliffenem Reis kann in einer oder in mehreren Stufen erfolgen. Rohreis, Braunreis und halbgeschliffener Reis können als Ausgangsmaterial für die Erzeugung von vollständig geschliffenem Reis dienen. Der Verarbeitung des Reises kann auch ein Erhitzungsvorgang vorhergehen. Dabei wird der Rohreis unter Druck mit heissem Wasser behandelt, im Dampf gekocht und getrocknet. Erst anschließend wird er geschält und geschliffen. Das Enderzeugnis heisst parboiled Reis; das Korn ist trockener und der Nährwert höher als bei vollständig geschliffenem Reis.

15 Die Gemeinschaftserzeugung von vollständig geschliffenem Langkornreis entspricht ungefähr 25 % des gesamten Gemeinschaftsverzehrs. Die verbleibenden 75 % werden aus Drittländern eingeführt, im wesentlichen aus den Vereinigten Staaten von Amerika und aus Thailand.

2. Der Reis von den Antillen

16 Die Klägerinnen in der Rechtssache T-480/93 sind die Antillean Rice Mills NV (ARM) und die Trading & Shipping Co. Ter Beek NV (Ter Beek). Die erstere verarbeitet in den Niederländischen Antillen aus Surinam und Guyana eingeführten Braunreis zu halbgeschliffenem Reis. Die letztere importiert als Reishändlerin Braunreis aus Surinam und Guyana in die Niederländischen Antillen, wo er von der ARM zu halbgeschliffenem Reis verarbeitet wird, und führt halbgeschliffenen Reis von den Niederländischen Antillen in die Gemeinschaft aus.

17 Die Klägerinnen in der Rechtssache T-483/83 sind die European Rice Brokers AVV (ERB), die Alesie Curaçao NV (Alesie) und die Guyana Investments AVV (Guyana Investments). Die erstere kauft als Reishändlerin Reis in Surinam und in Guyana oder lässt ihn für ihre Rechnung kaufen und führt von den Niederländischen Antillen von der Klägerin Alesie verarbeiteten halbgeschliffenen Reis in die Gemeinschaft aus; diese führt ausserdem den Versand im Namen und für Rechnung der Klägerin ERB durch. Die Klägerin Guyana Investments schließlich ist eine Schwestergesellschaft der Klägerin ERB; sie kauft Rohreis in Guyana, verarbeitet diesen zu Braunreis und verkauft ihn an letztere.

3. Vorgeschichte des Rechtsstreits

18 Die Kommission hat sich der Einfuhr von Reis von den Antillen in die Gemeinschaft unter Befreiung von der Abschöpfung zweimal widersetzt, bevor sie die streitgegenständlichen Schutzmaßnahmen eingeführt hat. Kurze Zeit nach Beginn der Einfuhren in den ersten Monaten 1992 gelangte die Kommission zu der Auffassung, Artikel 101 des ÜLG-Beschlusses sehe eine Befreiung von der Abschöpfung nur für landwirtschaftliche Erzeugnisse vor. Nach einer gründlichen Abstimmung mit der niederländischen Regierung, die vorstellig geworden war, gab die Kommission diese Auffassung auf. Im Sommer 1992 machte die Kommission dann geltend, die Verarbeitung, der der Reis in den Niederländischen Antillen unterzogen werde, reiche nicht aus, um den von dort ausgeführten halbgeschliffenen Reis gemäß Artikel 6 Absatz 2 des Anhangs II (siehe Randnr. 7) zu Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen zu machen. Auch diese Ansicht gab die Kommission nach Vorstelligwerden der niederländischen Regierung auf.

19 Mit Schreiben vom 28. Oktober 1992 forderte die französische Regierung die Kommission auf, gemäß Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses Schutzmaßnahmen gegen Reis aus den ÜLG zu treffen. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1992 legte sie zur Stützung ihres Antrags Zusatzmaterial vor.

20 Die italienische Regierung tat mit Schreiben 27. November 1992 das gleiche.

21 Am 21. Dezember 1992 trat der Konsultativausschuß für Schutzmaßnahmen formlos zusammen, um die von der Kommission geplanten Maßnahmen zu erörtern. Dieses Treffen diente der Vorbereitung der in Artikel 1 Absatz 3 des Anhangs IV des ÜLG-Beschlusses vorgesehenen offiziellen Konsultation.

22 Am 23. Dezember 1992 beschloß die Kommission gemäß Artikel 1 Absatz 2 des Anhangs IV des ÜLG-Beschlusses die Anwendung von Schutzmaßnahmen. Am selben Tage trafen Bedienstete der Kommission mit Vertretern der niederländischen Regierung zusammen, um die geplanten Maßnahmen zu erörtern.

23 Mit Schreiben vom 23. Dezember 1992 forderte die Kommission die Mitglieder des Konsultativausschusses für Schutzmaßnahmen auf, schriftlich zu den geplanten Maßnahmen Stellung nehmen.

24 Am 11. Januar 1993 trat der Konsultativausschuß auf Verlangen des niederländischen Vertreters zusammen, der sich der Behandlung der Angelegenheit im Umlaufverfahren widersetzt hatte. Im Zuge der Beratungen stellte sich heraus, daß sieben Mitgliedstaaten die geplanten Maßnahmen billigten, ein Mitgliedstaat sich ihnen widersetzte, ein Mitgliedstaat seine Stellungnahme vorbehielt und drei Mitgliedstaaten nicht vertreten waren.

25 Mit Schreiben vom selben Tag schlug die niederländische Regierung als Kompromiß vor, einen relativen Mindestpreis in Höhe von 120 % der Abschöpfung festzusetzen, die auf die Einfuhr von langkörnigem Braunreis aus Drittländern in die Gemeinschaft erhoben wurde, mindestens aber 710 USD/Tonne.

26 Am 12. Januar 1993 fand auf Verlangen der niederländischen Regierung erneut ein Treffen zwischen deren Vertreter und Beamten der Kommission statt. Vertreter der betroffenen Unternehmen nahmen an diesem Treffen teil. Dabei schlug der Vertreter der niederländischen Regierung vor, die niederländischen Behörden sollten einen Mindesteinfuhrpreis festsetzen, der zugleich die Gemeinschaftspräferenz beachten und dem Reis mit Ursprung in den ÜLG eine günstigere Regelung als dem Reis anderen Ursprungs einräumen sollte. Dieser relative Mindestpreis solle konkret auf 120 % der auf die Einfuhr von langkörnigem Braunreis anwendbaren Abschöpfung, mindestens aber auf 710 USD festgesetzt werden. Die Kommission freilich bringt vor, daß der in der Sitzung formulierte Vorschlag nicht von der Abschöpfung auf Braunreis, sondern von derjenigen auf halbgeschliffenen Reis ausgegangen sei.

27 Am 14. Januar 1993 erließ der Finanzminister der Niederländischen Antillen eine Verordnung, in der für die Ausfuhr von halbgeschliffenem Reis ein relativer Mindestpreis in Höhe von 120 % der auf die Einfuhr von halbgeschliffenem Langkornreis in die Gemeinschaft anwendbaren Abschöpfung sowie ein absoluter Mindestpreis von 710 USD festgesetzt wurden.

28 Mit Schreiben des Ministerpräsidenten der Niederländischen Antillen vom 14. Januar 1993 und des Ständigen Vertreters der Niederlande vom 15. Januar 1993 (Anhänge 2 und 3 zu den Gegenerwiderungen in den Rechtssachen T-480/93 und T-483/93) wurde die Kommission davon unterrichtet, daß ein Mindestausfuhrpreis in Höhe von 120 % der auf die Einfuhr von halbgeschliffenem Reis anwendbaren Abschöpfung festgesetzt worden sei.

29 Am 25. Februar 1993 erließ die Kommission die Entscheidung 93/127/EWG zur Einführung von Schutzmaßnahmen bei Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen (ABl. L 50, S. 27). Nach Artikel 1 Absatz 1 dieser Entscheidung kann "halbgeschliffener Reis... mit Ursprung in den Niederländischen Antillen... in der Gemeinschaft unter Befreiung von den Eingangsabgaben in den zollrechtlich freien Verkehr nur unter der Voraussetzung überführt werden, daß der Zollwert nicht unterhalb eines Mindestpreises in Höhe von 120 % der nach der Verordnung (EWG) Nr. 1418/76 des Rates für den betreffenden halbgeschliffenen Reis geltenden Abschöpfung liegt". Nach Absatz 2 durfte der Mindestpreis nach Absatz 1 nicht niedriger sein als ein Schwellenpreis in Höhe von 546 ECU/Tonne halbgeschliffener Reis. Dieser Schwellenpreis sollte sich ab 1. März 1993 monatlich um 3,5 ECU/Tonne erhöhen. Die von der Kommission ergriffene Schutzmaßnahme unterschied sich nur in einem Punkt von der Ministerialverordnung der Niederländischen Antillen: Der Schwellenpreis wurde höher festgesetzt (546 ECU/Tonne, also 775,26 USD, zu denen ab 1. März 1993 monatlich 3,5 ECU/Tonne hinzuzurechnen waren).

30 Am 1. März 1993 befasste die niederländische Regierung gemäß Artikel 1 Absatz 5 des Anhangs IV des ÜLG-Beschlusses den Rat mit der Entscheidung der Kommission und forderte ihn zur Aussetzung der Maßnahme auf.

31 Am 8. März 1993 überprüfte der Rat die Schutzmaßnahme der Kommission, ohne sie abzuändern. Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe bei dieser Sitzung eine Überprüfung der Entscheidung vorgeschlagen.

32 Am 16. März 1993 fand ein Treffen zwischen Beamten der Kommission und Vertretern der niederländischen, der französischen und der italienischen Regierung statt.

33 Am 2. April 1993 trat der Konsultativausschuß für Schutzmaßnahmen erneut zusammen. Die Kommission legte ihm den Entwurf einer Entscheidung zur Änderung der Entscheidung 93/127 vom 25. Februar 1993 vor. Vier Mitgliedstaaten stimmten diesem Text zu, drei Mitgliedstaaten erhoben Einwendungen, zwei Mitgliedstaaten behielten sich ihre Stellungnahme vor, und drei Mitgliedstaaten waren nicht vertreten.

34 Am 13. April 1993 erließ die Kommission die Entscheidung 93/211/EWG zur Änderung der Entscheidung 93/127/EWG (ABl. L 90, S. 36). Mit dieser Entscheidung wurde der Schwellenpreis auf 550 ECU/Tonne (801,19 USD) erhöht; gleichzeitig wurden der relative Mindestpreis (120 % der Abschöpfung auf halbgeschliffenen Langkornreis) sowie die monatlichen Erhöhungen abgeschafft.

35 Am 16. Juni 1993 erließ die Kommission die Entscheidung 93/356/EWG zur Aufhebung der Entscheidung 93/127/EWG (ABl. L 147, S. 28).

Verfahren

36 Mit Schriftsatz, der am 10. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingereicht wurde, erhoben die Klägerinnen ARM und Ter Beek eine Klage, die unter dem Aktenzeichen C-271/93 eingetragen wurde.

37 Mit Schriftsatz, der am 14. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingereicht wurde, erhoben die Klägerinnen ERB, Alesie und Guyana Investments eine Klage, die unter dem Aktenzeichen C-281/93 eingetragen wurde.

38 Am 3. August 1993 reichte der Rat, am 23. September reichten die Französische und die Italienische Republik bei der Kanzlei des Gerichtshofes den Antrag ein, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden.

39 Mit Beschluß vom 27. September 1993 verwies der Gerichtshof die vorliegenden Klagen gemäß Artikel 3 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1), geändert mit Beschluß 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 21), an das Gericht. Die Rechtssachen wurden beim Gericht unter den Aktenzeichen T-480/93 und T-483/93 eingetragen.

40 Mit Beschlüssen vom 23. November 1993 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts den Anträgen auf Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten stattgegeben.

41 In ihrer Erwiderung hat die Klägerin ARM ihre Schadensersatzanträge fallenlassen.

42 Nach Abschluß des schriftlichen Verfahrens haben die Klägerinnen in der Rechtssache T-483/93 mit Schreiben vom 17. Juni 1994 beantragt, neue Schriftstücke zu den Akten reichen und den beantragten Schadensersatz um 248 234 USD erhöhen zu dürfen. Die Kommission und die Französische Republik sind dem entgegengetreten.

43 Mit Schreiben vom 28. Juli 1994 in der Rechtssache T-480/93 und vom 2. August 1994 in der Rechtssache T-483/93 haben die Klägerinnen weiter beantragt, ein Schreiben des Ständigen Vertreters des Königreichs der Niederlande zu den Akten reichen zu dürfen. Sie haben dieses Schreiben mit den Antworten eingereicht, die sie auf die vor der mündlichen Verhandlung gestellten schriftlichen Fragen des Gerichts gaben.

44 Mit Beschluß des Präsidenten der Vierten erweiterten Kammer vom 26. Januar 1995 sind die Rechtssachen T-480/93 und T-483/93 verbunden worden.

45 Das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Im Rahmen der prozeßleitenden Maßnahmen nach Artikel 64 der Verfahrensordnung sind die Parteien jedoch aufgefordert worden, vor der mündlichen Verhandlung bestimmte Fragen schriftlich zu beantworten.

46 Die Parteien und die Streithelfer haben in der Sitzung vom 24. März 1995 mündlich verhandelt und auf die mündlichen Fragen des Gerichts geantwortet.

Anträge der Beteiligten

47 In der Rechtssache T-480/93 beantragen die Klägerinnen,

° die Entscheidung 93/127 vom 25. Februar 1993 und die Entscheidung 93/211 vom 13. April 1993 für nichtig zu erklären;

° die Gemeinschaft zum Ersatz des der Klägerin Ter Beek entstandenen Schadens zu verurteilen, der auf 566 044,20 USD geschätzt wird;

° die Kommission in die Kosten zu verurteilen.

48 In der Rechtssache T-483/93 beantragen die Klägerinnen,

° die Entscheidung 93/127 vom 25. Februar 1993 und die Entscheidung 93/211 vom 13. April 1993 für nichtig zu erklären;

° die Gemeinschaft zum Ersatz des den Klägerinnen entstandenen Schadens zu verurteilen, der auf 8 562 000 USD zuzueglich 248 243 USD geschätzt wird;

° die Kommission in die Kosten zu verurteilen.

Die Kommission beantragt mit Unterstützung der Französischen und der Italienischen Republik,

° die Nichtigkeitsanträge für unzulässig zu erklären oder sie als unbegründet zurückzuweisen;

° die Schadensersatzanträge als unbegründet zurückzuweisen;

° die Klägerinnen in die Kosten zu verurteilen.

Der Rat beantragt,

° auszusprechen, daß der vorliegende Fall keine Gesichtspunkte erkennen lässt, die die Gültigkeit von Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses berührten.

Vorbringen der Beteiligten

49 Die Klägerinnen stützen ihre Nichtigkeitsanträge auf sechs Gründe. Zunächst rügen sie, Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses, auf den die angefochtene Schutzmaßnahme gestützt sei, sei rechtswidrig, da die Kommission in dieser Bestimmung ermächtigt werde, Schutzmaßnahmen unter Umständen zu treffen, wie sie im EWG-Vertrag nicht vorgesehen seien. An zweiter Stelle rügen sie, Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses sei verletzt, da die Kommission Schutzmaßnahmen getroffen habe, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Weiter sei Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses verletzt, da die getroffenen Schutzmaßnahmen über das hinausgingen, was zur Behebung der Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen erforderlich sei. An vierter Stelle wird eine Verletzung der Artikel 132 Nr. 1 und 133 Absatz 1 EWG-Vertrag und von Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses gerügt; daß die Befreiung von den Einfuhrabgaben von einem Mindestpreis abhängig gemacht worden sei, stelle eine "bedingte" Abgabe gleicher Wirkung dar. Als fünftes wird eine Verletzung von Artikel 131 EWG-Vertrag gerügt, die Kommission habe die Ziele der Assoziierung der ÜLG nicht oder nicht hinreichend beachtet. Die letzte Rüge betrifft eine Verletzung des Grundsatzes der sorgfältigen Vorbereitung von Rechtshandlungen und des Artikels 190 EWG-Vertrag: Die Kommission habe die Marktlage nicht oder nicht hinreichend ermittelt und die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht begründet.

50 Zur Stützung ihrer Schadensersatzanträge machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe mit Erlaß der streitigen Entscheidungen rechtswidrig gehandelt; diese Entscheidungen hätten ihnen direkt einen Schaden verursacht.

Die Nichtigkeitsanträge

A ° Zulässigkeit

Vorbringen der Beteiligten

51 Die Kommission rügt mit Unterstützung der Streithelfer die Unzulässigkeit. Die angefochtenen Entscheidungen seien allgemeiner Natur und hätten Auswirkungen auf den gesamten Sektor. Sie beträfen die Klägerinnen nicht anders als jeden anderen Unternehmer, der sich tatsächlich oder potentiell in derselben Lage befinde. Es handele sich somit um Maßnahmen, die auf objektiv definierte Situationen Anwendung fänden und Rechtsfolgen für abstrakt bestimmte, allgemeine Personengruppen hätten. Die Klägerinnen seien somit nicht individuell betroffen. Daß die Zahl der Unternehmen in dem Sektor beschränkt sei und Zahl und Identität der betroffenen Unternehmen ermittelt werden könnten, sei rein zufällig und könne zu keinem anderen Ergebnis führen (Urteile des Gerichtshofes vom 1. April 1965 in der Rechtssache 38/64, Getreide-Import/Kommission, Slg. 1965, 263, und vom 16. März 1978 in der Rechtssache 123/77, Unicme u. a./Rat, Slg. 1978, 845).

52 Die Klägerinnen könnten sich nicht auf das Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82 (Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207) berufen, da die Klägerinnen in jener Rechtssache eine an einen einzelnen Mitgliedstaat adressierte Einzelfallentscheidung angefochten hätten, während es sich im vorliegenden Fall um eine allgemeine, an alle Mitgliedstaaten gerichtete Entscheidung handele.

53 Gleichwohl könnten die Klägerinnen Ter Beek in der Rechtssache T-480/93 und ERB und Guyana Investments in der Rechtssache T-483/93 von der ersten Entscheidung individuell betroffen sein, wenn nachgewiesen würde, daß sie Kaufverträge über die Lieferung von halbgeschliffenem Reis von den Antillen geschlossen und in diesem Zusammenhang zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der ersten Entscheidung mehrere Partien abgesandt hätten. Dabei müsse jedoch auch berücksichtigt werden, daß die Entscheidung in grossem Umfang nur die Bestimmungen einer Maßnahme der Regierung der Niederländischen Antillen übernommen habe, die bereits am 14. Januar 1993 in Kraft getreten sei.

54 Schließlich fehle es an einem Interesse der Klägerinnen an der Nichtigerklärung der Entscheidungen, weil die erste, die von der zweiten abgeändert worden sei, am 16. Juni 1993 aufgehoben worden sei, was die Nichtigkeitsklage gegenstandslos mache (Beschluß des Gerichtshofes vom 8. März 1993 in der Rechtssache C-123/92, Lezzi/Kommission, Slg. 1993, I-809).

55 Die Klägerinnen erwidern, die Nichtigkeitsklage sei zulässig, da die an die Mitgliedstaaten adressierten Entscheidungen (vgl. Artikel 5 der Entscheidung 93/127 vom 25. Februar 1993 und Artikel 2 der Entscheidung 93/211 vom 13. April 1993) sie unmittelbar und individuell beträfen. Die Entscheidungen beträfen sie unmittelbar, weil sie den Mitgliedstaaten hinsichtlich des Mindestpreises und der betroffenen Erzeugnisse kein Ermessen ließen. Sie beträfen sie individuell, weil ihre Situation in den Worten des Urteils vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62 (Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 211) von der jeder anderen Person verschieden sei. Nach Auffassung der fünf Klägerinnen in den beiden Rechtssachen beinhalte nämlich die Verpflichtung nach Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses, vorzugsweise Schutzmaßnahmen zu wählen, die die geringsten Störungen mit sich brächten, für die Kommission die Verpflichtung, sich über die Sachlage und die negativen Auswirkungen zu unterrichten, die die Schutzmaßnahmen für die Wirtschaft der ÜLG sowie für die betroffenen Unternehmen haben könnten (vgl. die Auslegung des Artikels 130 Absatz 3 der Akte über den Beitritt der Griechischen Republik durch den Gerichtshof in dem Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission). Die Klägerinnen gehörten somit zu dem geschlossenen Kreis der Unternehmen, deren Lage die Kommission habe untersuchen müssen, bevor sie die Schutzmaßnahmen getroffen habe, und seien damit von den angefochtenen Entscheidungen individuell betroffen. Habe die Kommission aber eine solche Verpflichtung, so könnten die betroffenen Unternehmen deren Missachtung rügen und dementsprechend Klage erheben.

56 Die Klägerinnen ARM in der Rechtssache T-480/93 und Alesie in der Rechtssache T-483/93 führen weiter aus, sie seien im Sinne des Urteils Piraiki-Patraiki u. a./Kommission von den Entscheidungen individuell betroffen, zum einen, weil die Kommission gewusst habe, daß nur sie spezifische Investitionen für die Verarbeitung von Braunreis aus den AKP-Staaten zu halbgeschliffenem Reis getätigt hätten, um Ausfuhrmöglichkeiten in die Gemeinschaft und damit Befreiung von der Abschöpfung gemäß Artikel 101 des ÜLG-Beschlusses zu erlangen, weil sie ihre Identität gekannt und mit ihnen regelmässig Kontakt gehabt habe, und zum anderen weil ihre Erzeugung in Ermangelung von Absatzmöglichkeiten ausserhalb der Gemeinschaft durch die Schutzmaßnahmen stillgelegt worden sei.

57 Die Klägerinnen Ter Beek in der Rechtssache T-480/93 sowie ERB und Guyana Investments in der Rechtssache T-483/93 fügen hinzu, sie hätten Verträge über die Lieferung von halbgeschliffenem Reis geschlossen, die sie im Zeitpunkt des Erlasses der ersten Entscheidung noch nicht erfuellt hätten oder die im Zuge der Erfuellung gewesen seien, und daß sie Reis bereits versandt hätten, selbst wenn dieser noch nicht verkauft gewesen sei. Sie gehörten somit zu der kleinen, abgeschlossenen Gruppe von Unternehmen, die von der ersten Entscheidung berührt worden seien, weil sie die geschlossenen Verträge nicht mehr oder doch nicht zu den vereinbarten Bedingungen hätten erfuellen können. Die Kommission habe von dieser Sonderlage einerseits wegen der Frist, die seit dem ersten Antrag der französischen Regierung und dem Treffen der Schutzmaßnahme verstrichen sei und andererseits wegen der Mittel wissen müssen, über die sie verfüge (vgl. Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission sowie Urteil des Gerichtshofes vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88, Sofrimport/Kommission, Slg. 1990, I-2477, Randnr. 12).

58 Schließlich hätten die Klägerinnen ungeachtet der Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen ein Interesse an der Feststellung von deren Rechtswidrigkeit, solange diese nicht anerkannt werde.

Rechtliche Würdigung

° Das Rechtsschutzinteresse

59 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage nur zulässig, wenn der Kläger ein Interesse an der Aufhebung der angefochtenen Handlung hat (vgl. zuletzt Urteil des Gerichts vom 9. November 1994 in der Rechtssache T-46/92, Scottish Football/Kommission, Slg. 1994, II-1039, Randnr. 14). Ein solches Interesse besteht nur, wenn die Nichtigerklärung der Handlung als solche Rechtswirkungen zeitigen kann (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, Akzo Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 21).

60 Nach Artikel 176 EWG-Vertrag hat das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Maßnahmen betreffen nicht die Tilgung der Handlung aus der Gemeinschaftsrechtsordnung als solche, da diese aus dem Wesen der richterlichen Nichtigerklärung der Handlung folgt. Sie betreffen vielmehr die Beseitigung der Wirkungen der in dem Nichtigkeitsurteil festgestellten Rechtswidrigkeit. Die Nichtigerklärung einer Handlung, die bereits vollzogen ist oder die mittlerweile von einem bestimmten Zeitpunkt an aufgehoben worden ist, kann daher stets Rechtsfolgen zeitigen. Eine solche Nichtigerklärung hat nämlich die Verpflichtung des erlassenden Organs zur Folge, die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Das Organ kann daher veranlasst sein, den Kläger in angemessener Weise wieder in einen früheren Stand zu versetzen oder dafür zu sorgen, daß keine identische Handlung erlassen wird (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 6. März 1979 in der Rechtssache 92/78, Simmenthal/Kommission, Slg. 1979, 777, Randnr. 32, Akzo Chemie/Kommission, Randnr. 21, und vom 26. April 1988 in der Rechtssache 207/86, Apesco/Kommission, Slg. 1988, 2151, Randnr. 16).

61 Von dem Beschluß Lezzi/Kommission, auf den sich die Kommission beruft, unterscheidet sich der vorliegende Fall dadurch, daß die Entscheidung zur Änderung der Entscheidung 93/127 vom 25. Februar 1993 und diejenige zur Aufhebung der geänderten Entscheidung im Gegensatz zu jener Rechtssache keine schlichte Beseitigung dieser Entscheidung darstellen (vgl. Beschluß Lezzi/Kommission, Randnrn. 8 bis 10). Diese Entscheidungen haben nämlich keine Rückwirkung.

62 Die Klägerinnen haben daher ihr Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen bewahrt.

° Die unmittelbare Betroffenheit der Klägerinnen

63 Die Klägerinnen sind von den angefochtenen Entscheidungen unmittelbar betroffen, da diese den Mitgliedstaaten bei der Festsetzung und der Höhe des fraglichen Mindestpreises kein Ermessen lassen.

° Die individuelle Betroffenheit der Klägerinnen

64 Nach Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag kann jede natürliche oder juristische Person unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

65 Die angefochtenen Handlungen sind an die Mitgliedstaaten gerichtete "Entscheidungen". Sie sind gleichwohl Rechtssätze, da sie für die Gesamtheit der betroffenen Unternehmen gelten. Daß die Identität der von diesen Handlungen betroffenen Unternehmen der Kommission im Zeitpunkt ihres Erlasses bekannt war, ändert nach ständiger Rechtsprechung nichts an ihrem Rechtssatzcharakter, soweit feststeht, daß sie kraft einer objektiven Rechts- oder Sachlage angewandt werden, die in der Handlung gemäß ihrer Zielrichtung festgelegt ist (vgl. zuletzt die Urteile des Gerichtshofes vom 24. November 1992 in den Rechtssachen C-15/91 und C-108/91, Buckl u. a./Kommission, Slg. 1992, I-6061, Randnr. 25, vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-213/91, Abertal u. a./Kommission, Slg. 1993, I-3177, Randnr. 17, und vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 18, Beschluß des Gerichts vom 28. Oktober 1993 in der Rechtssache T-476/93, FRSEA und FNSEA/Rat, Slg. 1993, II-1187, Randnr. 19, und Urteil des Gerichts vom 21. Februar 1995 in der Rechtssache T-472/93, Campo Ebro u. a./Rat, Slg. 1995, II-421, Randnr. 32).

66 Der Rechtssatzcharakter der angefochtenen Handlungen schließt jedoch nicht aus, daß sie bestimmte Unternehmen individuell betreffen können (Urteile des Gerichtshofes vom 21. Februar 1984 in den Rechtssachen 239/82 und 275/82, Allied Corporation u. a./Kommission, Slg. 1984, 1005, Randnr. 11, vom 23. Mai 1985 in der Rechtssache 53/83, Allied Corporation u. a./Rat, Slg. 1985, 1621, Randnr. 4, vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 13, und Codorniu/Rat, Randnr. 19). Unternehmen können dann als von einem von einem Gemeinschaftsorgan erlassenen allgemeinen Rechtssatz individuell betroffen angesehen werden, wenn ihre Rechtslage aufgrund eines Sachverhalts berührt wird, der sie von allen anderen unterscheidet und sie entsprechend einem Adressaten individualisiert (vgl. hierzu Urteile Plaumann/Kommission, S. 238, und Codorniu/Rat, Randnr. 20; Beschluß des Gerichtshofes vom 21. Juni 1993 in der Rechtssache C-257/93, Van Parijs u. a./Rat und Kommission, Slg. 1993, I-3335, Randnr. 9, Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache T-489/93, Unifruit Hellas/Kommission, Slg. 1994, II-1201, Randnr. 21, und Beschluß FRSEA und FNSEA/Rat, Randnr. 20).

67 Wie bereits entschieden, individualisiert eine Verpflichtung der Kommission aufgrund spezifischer Bestimmungen, die Folgen einer beabsichtigten Handlung auf die Lage bestimmter Personen zu berücksichtigen, diese letzteren (Urteile Piraiki-Patraiki u. a./Kommission und Sofrimport/Kommission).

68 Die angefochtenen Handlungen wurden im vorliegenden Fall aufgrund von Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses erlassen. Dessen Wortlaut stimmt im wesentlichen mit dem des Artikels 30 der Akte über den Beitritt der Griechischen Republik überein, auf dessen Grundlage die Entscheidung erlassen worden war, um die es in der Rechtssache Piraiki-Patraiki u. a./Kommission ging. In Artikel 130 Absatz 3 der Akte über den Beitritt der Griechischen Republik heisst es: "Die nach Absatz 2 genehmigten Maßnahmen können von den Vorschriften des EWG-Vertrags und dieser Akte abweichen, soweit und solange dies unbedingt erforderlich ist, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen. Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes am wenigsten stören." In Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses heisst es: "Bei der Durchführung des Absatzes 1 sind vorzugsweise Maßnahmen zu wählen, die die geringsten Störungen für das Funktionieren der Assoziation und der Gemeinschaft mit sich bringen. Diese Maßnahmen dürfen nicht über das zur Behebung der aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Maß hinausgehen."

69 Nun hat der Gerichtshof in seinem Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission (Randnr. 28) Artikel 130 Absatz 3 der Akte über den Beitritt der Griechischen Republik als Verpflichtung der Kommission ausgelegt, "soweit die jeweiligen Gegebenheiten dies zulassen, [zu]... ermitteln, welche negativen Auswirkungen ihre Entscheidung möglicherweise für die Wirtschaft des... Mitgliedstaats [gegenüber dem die Schutzmaßnahme beantragt wird] sowie für die betroffenen Unternehmen hat", um beurteilen zu können, ob die Maßnahme, deren Genehmigung die Kommission beabsichtigt, den Voraussetzungen dieses Artikels entspricht.

70 Nicht nur wegen der Ähnlichkeit seines Wortlauts mit dem des Artikels 130 Absatz 3 der Akte über den Beitritt der Griechischen Republik, sondern auch wegen des verfolgten Zieles, das demjenigen jener Bestimmung entspricht, nämlich die Intensität der Schutzmaßnahmen zu bestimmen, die die Gemeinschaft ergreifen kann, ist Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses dahin auszulegen, daß die Kommission, soweit die jeweiligen Umstände es erlauben, vor dem Erlaß von Schutzmaßnahmen auf der Grundlage dieser Bestimmung verpflichtet ist, sich über die negativen Auswirkungen zu unterrichten, die ihre Entscheidung für die Wirtschaft des betroffenen überseeischen Landes oder Gebietes sowie für die betroffenen Unternehmen haben kann.

71 Für diese Auslegung des Artikels 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses spricht weiter, daß die Regelung der Einfuhr von Waren aus den ÜLG in die Gemeinschaft liberaler ist, als es die Regelung für das Verhältnis der Griechischen Republik zu den anderen Mitgliedstaaten seinerzeit war. Artikel 25 und 29 der Beitrittsakte erlaubten nämlich während der Übergangszeit die Beibehaltung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung, während Artikel 133 EWG-Vertrag und die Artikel 101 und 102 des ÜLG-Beschlusses im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Handlungen die vollständige Beseitigung von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung für die Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft vorsahen.

72 Da das Treffen von Schutzmaßnahmen auf der Grundlage des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses eine Einfuhrfreiheit beschränkt, die in höherem Masse gewährt war, als dies die Beitrittsakte vorsah, war folglich die Verpflichtung der Kommission, die besondere Lage von betroffenen Unternehmen bei Einschränkungen dieser Freiheit zu berücksichtigen, im vorliegenden Fall höher als unter der Beitrittsakte.

73 Um festzustellen, ob die Klägerinnen zu einem kleinen Kreis von Unternehmen gehören, deren Rechtslage aufgrund eines Sachverhalts berührt wird, der sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten (vgl. Urteile Plaumann/Kommission und Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Randnr. 28), ist daher zu prüfen, ob die Klägerinnen "betroffene Unternehmen" im Sinne des zweiten dieser Urteile sind.

74 Im Urteil Piraiki-Patraiki/Kommission (Randnr. 28) werden die "betroffenen Unternehmen" dadurch bestimmt, daß die Kommission "auch die Verträge zu berücksichtigen [hat], die diese Unternehmen... bereits geschlossen hatten und die wegen der [streitigen Maßnahme] ganz oder teilweise nicht erfuellt werden können". Mit der Verwendung des Ausdrucks "auch" zeigt dieses Urteil, daß der Abschluß solcher Verträge nicht der einzige Hinweis ist, mit dessen Hilfe der kleine Kreis betroffener Unternehmen erfasst werden kann, sondern daß auch andere Hinweise hierfür in Frage kommen.

75 Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen Ter Beek in der Rechtssache T-480/93 und ERB in der Rechtssache T-483/93 den Beweis erbracht, daß sich bei Erlaß der ersten Entscheidung, die von der zweiten nur abgeändert wurde, Reislieferungen von ihnen auf dem Weg in die Gemeinschaft befanden, daß sie mit den anderen Klägerinnen am 12. Januar 1993 an der Sitzung der niederländischen Ständigen Vertretung und der Beamten der Kommission teilgenommen haben und daß ihre spezifische Situation der letzteren folglich bekannt war.

76 Bei dieser Sachlage können die Klägerinnen Ter Beek und ERB als betroffene Unternehmen betrachtet werden. Selbst wenn sich in Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses anders als in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2707/72 des Rates vom 19. Dezember 1992 zur Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Obst und Gemüse (ABl. L 291, S. 3), um den es in dem Urteil Sofrimport/Kommission ging, nicht ausdrücklich die Verpflichtung findet, der besonderen Lage der Erzeugnisse Rechnung zu tragen, die sich auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden, so folgt diese Verpflichtung doch zwangsläufig aus Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses angesichts des besonderen Interesses, das die Unternehmen daran haben, ihre auf dem Weg befindlichen Waren gegen die Wirkungen einer Schutzmaßnahme zu schützen, soweit diese Unternehmen vor dem Erlaß einer Entscheidung der Kommission bekannt oder feststellbar sind. So verhielt es sich im vorliegenden Fall mit den Klägerinnen, die ihre Ansicht der Kommission bei der Sitzung am 12. Januar 1993 vorgetragen hatten.

77 Zu Unrecht bringt die Kommission vor, das Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission sei nicht einschlägig, da die angefochtene Maßnahme in jener Rechtssache nur an einen Mitgliedstaat gerichtet war, während die angefochtenen Entscheidungen in der vorliegenden Rechtssache an alle Mitgliedstaaten gerichtet waren. Es kommt nämlich nicht auf die Zahl der Mitgliedstaaten an, in denen die Schutzmaßnahme Anwendung findet, sondern auf den gemeinschaftsrechtlichen Schutz, den das Land oder das Gebiet sowie die betroffenen Unternehmen genießen, gegen die die Schutzmaßnahme genehmigt oder ergriffen wird. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Rechtssache nicht von der Rechtssache Piraiki-Patraiki u. a./Kommission.

78 Die Klägerinnen Ter Beek in der Rechtssache T-480/93 und ERB in der Rechtssache T-483/93 sind somit von den angefochtenen Entscheidungen individuell betroffen.

79 Da es sich sowohl in der Rechtssache T-480/93 als auch in der Rechtssache T-483/93 jeweils um eine einzige Klage handelt, braucht in der Rechtssache T-480/93 das Interesse der Klägerin ARM und in der Rechtssache T-483/93 das Interesse der Klägerinnen Alesie und Guyana Investments nicht geprüft zu werden (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Mai 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnr. 31).

80 Nach alledem ist die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu verwerfen.

B ° Begründetheit

Erste Rüge: Rechtswidrigkeit der Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidungen

° Vorbringen der Beteiligten

81 Die Klägerinnen tragen vor, die angefochtenen Entscheidungen seien rechtswidrig, da sie auf eine ihrerseits rechtswidrige Rechtsgrundlage gestützt seien. Nach Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses könne die Kommission Schutzmaßnahmen treffen, wenn die Anwendung dieses Beschlusses "ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich bringt oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährdet oder wenn Schwierigkeiten auftreten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen könnten". Diese Ermächtigung zum Treffen von Schutzmaßnahmen unter Umständen, die in Artikel 134 EWG-Vertrag nicht vorgesehen seien, widerspreche den Bestimmungen des EWG-Vertrags.

82 Der Rat könne die Bedeutung von Artikel 134 EWG-Vertrag nicht durch einen auf der Grundlage des Artikels 136 EWG-Vertrag getroffenen allgemeinen Beschluß erweitern. Die Artikel 131 bis 135 EWG-Vertrag nennten nicht nur die mit der Assoziierung der ÜLG verfolgten Ziele, sondern schüfen auch Rechte und Verpflichtungen, von denen der Rat nicht einmal mit Beschlüssen auf der Grundlage des Artikels 136 Absatz 2 abweichen könne, soweit eine Befugnis zum Erlaß von abweichenden Maßnahmen nicht ausdrücklich vorgesehen sei, wie es in folgenden Bestimmungen geschehen sei: Protokoll über die Einfuhr in den Niederländischen Antillen raffinierter Erdölerzeugnisse in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, das dem EWG-Vertrag beigefügt sei; Artikel 132 Absatz 5 EWG-Vertrag, der die Geltung der Bestimmungen des Kapitels Niederlassungsfreiheit vorbehaltlich von Sonderregelungen aufgrund des Artikels 136 vorsehe; Artikel 133 Absatz 3 EWG-Vertrag, der die ÜLG ermächtige, Zölle zu erheben; sowie Artikel 1 des Protokolls über die Sonderregelung für Grönland, der dem EWG-Vertrag beigefügt sei. Würde Artikel 136 Absatz 2 dem Rat erlauben, ganz allgemein von den Artikeln 131 bis 135 EWG-Vertrag abzuweichen, wären solche ausdrücklichen Ausnahmen nicht erforderlich gewesen.

83 Weiter habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 1979 in der Rechtssache 91/78 (Hansen, Slg. 1979, 935, Randnr. 22) erwogen, daß die Assoziierung der ÜLG die Bestimmungen über den freien Warenverkehr innerhalb der Gemeinschaft auf die mit der Gemeinschaft assoziierten Länder und Gebiete und die Ursprungswaren dieser Länder und Gebiete erstrecken solle. Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 20. April 1978 in den Rechtssachen 80/77 und 81/77 (Commissionnaires réunis, Slg. 1978, 927, Randnr. 19) seien die Ziele des freien Warenverkehrs und der gemeinsamen Agrarpolitik nicht entgegengesetzt, sondern verbunden, wobei der freie Warenverkehr der Grundsatz sei. Die Ziele der Assoziierung seien denen der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik, die im vorliegenden Fall mit der gemeinsamen Marktordnung für Reis verfolgt würden, nicht nachgeordnet. Da die letzteren keinen Vorrang hätten, der eine Ausnahme von den Regeln des freien Verkehrs der Waren mit Ursprung in den ÜLG rechtfertigen würde, seien nur diejenigen Ausnahmen vom freien Warenverkehr zulässig, die im EWG-Vertrag ausdrücklich vorgesehen seien.

84 Die Kommission erwidert, Artikel 136 EWG-Vertrag räume dem Rat ein weites Ermessen bei der Anpassung der Regelung der Assoziierung der ÜLG an die Entwicklung der engen Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und der Gemeinschaft insgesamt sowie an die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung der ÜLG ein. Daher könne der Rat unter Beachtung der Grundsätze der Assoziierung, wie sie in den Bestimmungen des Vierten Teils des EWG-Vertrags niedergelegt seien, eine Schutzklausel vorsehen, wie er es in Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses getan habe. Eine solche Klausel sei mit Artikel 134 EWG-Vertrag vereinbar. Dieser dürfe nicht dem Wortsinn nach und starr ausgelegt werden; die Auslegung müsse vielmehr den Umstand berücksichtigen, daß die Bestimmung erlassen worden sei, bevor die gemeinsame Marktorganisation geschaffen und die Tarifschranken zwischen den Mitgliedstaaten aufgehoben worden seien.

85 Der Rat als Streithelfer führt aus, entscheidend sei nicht die Frage, ob Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses Artikel 134 EWG-Vertrag, sondern diejenige, ob er Artikel 136 als seiner Rechtsgrundlage gerecht werde.

86 Zunächst müsse die Bedeutung des Ausdrucks "aufgrund der erzielten Ergebnisse und der Grundsätze dieses Vertrages" klargestellt werden, mit denen die Grenzen der Befugnisse des Rates in Artikel 136 beschrieben wurden. Daß der Rat einen Beschluß über die Assoziierung der ÜLG "aufgrund der erzielten Ergebnisse" erlassen solle, bedeute, daß er die in Anwendung der früheren Entscheidungen gemachten Erfahrungen sowie die Beziehungen mit den AKP-Staaten berücksichtigen müsse. Die "Grundsätze dieses Vertrages" seien nicht nur die Grundsätze des Artikels 131 EWG-Vertrag, sondern auch die Grundsätze der Artikel 1 bis 7 EWG-Vertrag, die Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik und die allgemeinen in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze wie der Grundsatz der Gemeinschaftspräferenz (Urteile des Gerichtshofes vom 13. März 1968 in der Rechtssache 5/67, Beus, Slg. 1968, 125, 142, und vom 11. Oktober 1990 in der Rechtssache C-46/89, SICA und Sipefel/Kommission, Slg. 1990, I-3621, Randnr. 29).

87 Hiergegen bringen die Klägerinnen vor, die "erzielten Ergebnisse", die berücksichtigt werden könnten, könnten nicht die Beziehungen zu den AKP-Staaten betreffen, da eine solche Berücksichtigung die privilegierte Stellung verkenne, die den ÜLG gegenüber den AKP-Staaten eingeräumt werden müsse. Im übrigen könne der Grundsatz der Gemeinschaftspräferenz den Produkten mit Ursprung in den ÜLG nicht entgegengehalten werden, da diese in Artikel 132 Absatz 1 EWG-Vertrag mit den Gemeinschaftserzeugnissen auf eine Stufe gestellt worden seien.

88 Der Rat macht weiter geltend, er verfüge in den genannten Grenzen beim Erlaß von Beschlüssen über die Assoziierung der ÜLG über einen weiten Entscheidungsspielraum, soweit er das Wesensziel dieser Assoziierung berücksichtige, daß diese Beschlüsse nämlich insgesamt den Interessen der ÜLG dienten und ihre Entwicklung förderten. Es sei daher möglich, daß gewisse Bestimmungen dieser Beschlüsse punktüll den Interessen der gemeinsamen Agrarpolitik der Gemeinschaft Vorrang vor den Interessen der ÜLG einräumten. Artikel 109 des ÜLG-Beschlüsse beachte alle Anforderungen von Artikel 136 EWG-Vertrag und sei daher rechtmässig. Das habe Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache C-260/90 (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Februar 1992, Leplat, Slg. 1992, I-643, I-654) bestätigt.

89 Die Klägerinnen erwidern, daß Artikel 3 Buchstabe k EWG-Vertrag, nunmehr Artikel 3 Buchstabe r EG-Vertrag, wonach die Assoziierung der ÜLG das Ziel habe, "den Handelsverkehr zu steigern", einem ÜLG-Beschluß des Rates entgegenstehe, der den Handelsverkehr zwischen den ÜLG und der Gemeinschaft verringern könne, selbst wenn eine solche Entscheidung die Entwicklung der ÜLG fördere. Im übrigen habe Generalanwalt Jacobs in seinen genannten Schlussanträgen hervorgehoben, daß eine Beschränkung der Befugnis der ÜLG, Zölle zu erheben, vom Rat eingehend begründet werden müsse. Die vorliegende Entscheidung enthalte keine Begründung, die die Befugnis zum Treffen von Schutzmaßnahmen rechtfertige.

° Rechtliche Würdigung

90 Die vorliegende Rüge wirft die Frage auf, ob der Rat befugt war, in einen Beschluß nach Artikel 136 Absatz 2 EWG-Vertrag über die Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft eine Schutzklausel aufzunehmen.

91 Die ÜLG, mit denen einige Mitgliedstaaten besondere Beziehungen unterhalten, sind der Gemeinschaft durch eine Assoziierungsregelung verbunden, die dem Vierten Teil des EWG-Vertrags unterliegt. Folglich sind die ÜLG der Gemeinschaft nicht beigetreten, selbst wenn sie sicherlich gegenüber anderen mit der Gemeinschaft assoziierten Ländern eine bevorzugte Stellung haben. So nehmen die ÜLG nicht an der gemeinsamen Agrarpolitik teil; die Regelung des freien Warenverkehrs zwischen den ÜLG und der Gemeinschaft, die sich aus dem Vierten Teil des EWG-Vertrags ergibt, hat nicht das Ziel der Errichtung eines Binnenmarktes, der demjenigen zwischen den Mitgliedstaaten ähnlich wäre, wie er vom EWG-Vertrag eingerichtet wurde.

92 Weiter ist die Durchführung der Regelung der Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft, wie sie in den Artikeln 131 bis 135 EWG-Vertrag beschrieben ist, ein dynamischer Prozeß, dessen Einzelheiten gemäß Artikel 136 EWG-Vertrag nach Ablauf eines Durchführungsabkommens für einen ersten Fünfjahreszeitraum in einem einstimmigen Beschluß des Rates "aufgrund der Grundsätze dieses Vertrages" und "aufgrund der erzielten Ergebnisse" festzulegen waren.

93 Die Bezugnahme auf die "Grundsätze dieses Vertrages" betrifft nicht nur die Grundsätze des Vierten Teils des EWG-Vertrags, sondern alle Grundsätze des EWG-Vertrags, wie sie insbesondere in dessen Erstem Teil aufgeführt sind, der den Titel "Grundsätze" trägt. Die vom Rat auf der Grundlage des Artikels 136 Absatz 2 EWG-Vertrag erlassenen Durchführungsbeschlüsse müssen somit zur Vertiefung der Assoziierung der ÜLG beitragen, um den Handelsverkehr zu steigern und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung durch gemeinsame Bemühungen zu fördern (Artikel 3 Buchstabe k EWG-Vertrag), ohne jedoch die Einführung einer gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Landwirtschaft zu gefährden (Artikel 3 Buchstabe d EWG-Vertrag). Es ist somit Aufgabe des Rates, die verschiedenen Grundsätze des EWG-Vertrags in Einklang zu bringen (vgl. die Urteile des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1973 in der Rechtssache 5/73, Balkan-Import-Export, Slg. 1973, 1091, Randnr. 29, in der Rechtssache 10/73, Rewe-Zentral, Slg. 1973, 1175, Randnr. 20, vom 29. Februar 1984 in der Rechtssache 37/83, Rewe-Zentral, Slg. 1984, 1229, Randnrn. 18 bis 20, und vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 195/87, Cehave, Slg. 1989, 2199, Randnr. 21). FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 693A0480.1

94 Bei seiner Entscheidung muß der Rat weiter die "erzielten Ergebnisse" berücksichtigen, um die Assoziierungsregelung immer näher an die Ziele des Vierten Teils des EWG-Vertrags heranzuführen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 26. Oktober 1994 in der Rechtssache C-430/92, Niederlande/Kommission, Slg. 1994, I-5197, Randnr. 22). Eben dies hat der Rat mit dem Erlaß der jeweiligen Beschlüsse über die Assoziierung der ÜLG an die Gemeinschaft getan. Deshalb wurde in den Durchführungsbeschluß eine Schutzklausel zugunsten der Gemeinschaft eingefügt (Artikel 15 Absatz 2 des Beschlusses 70/549/EWG des Rates vom 29. November 1970, ABl. L 282, S. 83), sobald die Einfuhr von Erzeugnissen aus den ÜLG von der Erhebung von Zöllen befreit war. Was insbesondere die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus den ÜLG betrifft, so war diese stets einer Sonderregelung unterworfen, die die Einfuhr dieser Erzeugnisse in die Gemeinschaft schrittweise freigab, zugleich aber die Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik und die Gemeinschaftspräferenz schützte (vgl. Artikel 10 Absatz 2 des Beschlusses 64/349/EWG des Rates vom 25. Februar 1964, ABl. 93, S. 1472; Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses 70/549/EWG des Rates vom 29. September 1970, ABl. L 282, S. 83; Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 3 Absatz 2 des Beschlusses 76/568/EWG des Rates vom 29. Juni 1976, ABl. L 176, S. 8, sowie Artikel 4 des Anhangs III dieses Beschlusses; Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 4 Absatz 2 des Beschlusses 80/1186/EWG des Rates vom 16. Dezember 1980, ABl. L 361, S. 1; Artikel 5 des Anhangs III dieses Beschlusses; Artikel 70 Absatz 2 und 71 Absatz 2 des Beschlusses 86/283/EWG des Rates vom 30. Juni 1986, ABl. L 175, S. 1; Artikel 5 des Anhangs III dieses Beschlusses; alle diese Beschlüsse betreffen die Assoziierung von überseeischen Ländern und Gebieten mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft). So wurden die landwirtschaftlichen Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG erst mit Erlaß des ÜLG-Beschlusses vom 25. Juli 1991 auf eine Stufe mit den anderen Erzeugnissen gestellt, so daß für sie, erstmals im Prozeß der Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft, die gleiche Regelung des freien Zugangs zum Gemeinschaftsmarkt galt wie für alle anderen Erzeugnisse, nämlich eine Befreiung von Zöllen mit dem alleinigen Vorbehalt der allfälligen Anwendung der Schutzklausel des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses. Der ÜLG-Beschluß stellt somit einen wichtigen Fortschritt dar, indem zum ersten Mal der freie Zugang von landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft zum Grundsatz erklärt wurde, selbst wenn dem ° zwangsläufig ebenfalls zum ersten Mal ° eine allgemeine Schutzklausel beigefügt wurde, die der Gemeinschaft erlauben sollte, in beschränktem Umfang auf Schwierigkeiten zu reagieren, die als Folge des freien Zugangs der Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG zum Gemeinschaftsmarkt für diesen entstehen können. Eine solche Entwicklung der Regelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG steht somit weder zur Präambel noch zu Artikel 131 EWG-Vertrag in Widerspruch, soweit sie zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der ÜLG und zur Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen der ÜLG und der Gemeinschaft insgesamt beiträgt.

95 Um die Grundsätze der Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft und der gemeinsamen Agrarpolitik in Einklang zu bringen, war der Rat auf der Grundlage des Artikels 136 Absatz 2 EWG-Vertrag nach alledem berechtigt, in den ÜLG-Beschluß eine Schutzklausel aufzunehmen, die insbesondere Beschränkungen der freien Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in den ÜLG zuließ, wenn diese ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich brachte oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährdete oder wenn Schwierigkeiten auftraten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen konnten. Mit dieser Entscheidung, die die freie Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG in die Gemeinschaft nur ausnahmsweise, teilweise und vorübergehend beschränkte, hat der Rat die Grenzen seines Entscheidungsspielraums nicht überschritten, die sich aus Artikel 136 Absatz 2 EWG-Vertrag ergeben.

96 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (Randnr. 83) stehen diesem Ergebnis weder Artikel 134 EWG-Vertrag noch andere Bestimmungen des EWG-Vertrags oder gleichwertiger Protokolle entgegen, die spezifische Ausnahmen von der Regelung der Assoziierung der ÜLG vorsehen. Die allgemeine Verpflichtung des Rates nach Artikel 136 Absatz 2 EWG-Vertrag, die Durchführungsvorschriften für die Assoziierung unter Berücksichtigung aller Grundsätze des EWG-Vertrags zu erlassen, wird nämlich durch diese Bestimmungen nicht beschränkt, die nur Sonderfälle regeln sollen. Aus keiner dieser Bestimmungen ergibt sich, daß die Verfasser des EWG-Vertrags mit ihrem Erlaß die Bedeutung des Artikels 136 Absatz 2 EWG-Vertrag hätten ändern wollen.

97 Die erste Rüge ist daher zurückzuweisen.

Zweite Rüge: Verstoß gegen Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses

° Vorbringen der Beteiligten

98 Die Klägerinnen bringen vor, wenn Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses das Treffen von Schutzmaßnahmen erlaube, so kämen solche Maßnahmen doch nur in Betracht, wenn die Durchführung des ÜLG-Beschlusses ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich bringe oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährde oder wenn Schwierigkeiten aufträten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereichs der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen könnten. Die Einfuhren von halbgeschliffenem Reis von den Niederländischen Antillen habe jedoch den Reisanbausektor in der Gemeinschaft nicht stören können.

99 Zum ersten habe sich der Gemeinschaftsreis im Zeitpunkt des Inkrafttretens der angefochtenen Entscheidungen in einer günstigen Lage befunden. Diese Lage werde durch einen Preisanstieg im Februar 1993 nach einem Preisrückgang während des letzten Quartals 1992 (778,17 USD im Februar 1993, 724,62 USD im Dezember 1992 und 859,38 USD im September 1992 für geschliffenen Langkornreis mit 5 % Bruchreis mit Gemeinschaftsursprung) illustriert. Sie habe zum einen auf einer Mangellage wegen der Trockenheit in Spanien und zum anderen auf einer Abwertung der italienischen Lira beruht, die den Markt zum Kaufen veranlasst habe. Diese Mangellage und die günstige Lage des Gemeinschaftsreises hätten fortbestanden, so daß im März 1993 kein Gemeinschaftsreis mehr erhältlich gewesen sei. Es habe somit an jeder Störung oder Beeinträchtigung des Reisanbaus in der Gemeinschaft gefehlt, die eine Schutzmaßnahme hätten rechtfertigen können.

100 Zum zweiten sei ausgeschlossen, daß die Einfuhr von halbgeschliffenem Reis von den Antillen zu einer Störung oder Beeinträchtigung des Reisanbaus in der Gemeinschaft führen könnte. Die Einfuhr von halbgeschliffenem Reis von den Antillen stosse nämlich an zwei Grenzen. Einerseits sei sie nur möglich, soweit die Nachfrage nach geschliffenem Langkornreis von der Gemeinschaftsproduktion selbst nicht gedeckt werden könne, da der Gemeinschaftspreis unter dem Preis der Antillen liege. Die Einfuhr könne somit den Preis des Gemeinschaftsreises nicht unter Druck setzen (vgl. unten sub 1). Zum anderen könnten die von den Niederländischen Antillen importierten Reismengen die verfügbaren Überschüsse der AKP-Staaten niemals überschreiten; diese Überschüsse hätten in der Vergangenheit das gemeinschaftliche Tarifkontingent für diese Länder niemals überschritten. Die Menge des Reises, der für die Verarbeitung von halbgeschliffenem zu geschliffenem Reis zur Verfügung stehe, könne somit nicht steigen (vgl. unten sub 2).

1. Das Preisniveau

101 Die Klägerinnen tragen vor, man müsse den Preis von geschliffenem Reis mit Gemeinschaftsursprung mit dem Preis von geschliffenem Reis vergleichen, der aus halbgeschliffenem Reis von den Antillen hergestellt worden sei. Dies sei die einzige Möglichkeit, den Preis von Reis von den Antillen mit dem Preis von Gemeinschaftsreis zu vergleichen, da es keinen halbgeschliffenem Reis mit Gemeinschaftsursprung gebe und die Niederländischen Antillen keinen geschliffenen Reis ausführten. Die Hersteller von geschliffenem Gemeinschaftsreis kauften nämlich nur Rohreis, um geschliffenen Reis nicht in zwei Stufen (Rohreis ° halbgeschliffener Reis/halbgeschliffener Reis ° geschliffener Reis) herstellen zu müssen, da dies teurer wäre. Aus diesem Grund sei eine Marktstörung auch nur bei geschliffenem Reis möglich: Ein Preisrückgang für halbgeschliffenen Reis von den Antillen könne zu einem Rückgang des Preises von geschliffenem Reis führen, der seinerseits zu einem Rückgang des Preises von in der Gemeinschaft hergestelltem Rohreis führen könnte.

102 Den Preis von aus Reis von den Antillen hergestelltem geschliffenem Reis erhalte man, wenn man zu dem Preis von halbgeschliffenem Reis von den Antillen nach einer bestimmten Methode die Kosten der Verarbeitung addiere.

103 Der Preis von geschliffenem Reis, der aus halbgeschliffenem Reis von den Antillen hergestellt worden sei, sei um 200 USD über dem Preis von geschliffenem Reis mit Gemeinschaftsursprung gelegen. Zu dem Preis, zu dem halbgeschliffener Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen damals auf dem Markt angeboten worden sei, habe der Preis von geschliffenem Reis, der aus diesem halbgeschliffenem Reis herstellt worden sei, in keinem Fall mit dem Preis von geschliffenem Reis mit Gemeinschaftsursprung konkurrieren können. Bei diesem Preisniveau sei die Einfuhr von Reis von den Antillen nur möglich gewesen, wenn kein Gemeinschaftsreis mehr verfügbar gewesen sei. Folglich hätten diese Einfuhren nicht zu einem Rückgang der Gemeinschaftspreise führen können, die ihrerseits ein Hindernis für die mit der Verordnung Nr. 3878/87 angestrebte Neuorientierung des Reisanbaus in der Gemeinschaft hätte darstellen können. Im übrigen bestehe Indica-Reis zu 70 % aus parboiled Reis, der von höherer, teurerer Qualität und mit Reis von den Antillen nicht austauschbar sei.

104 Schließlich zögen die Klägerinnen aus dem Preis von Reis von den Antillen auch keine übermässige Gewinnspanne, die ihnen eine Preissenkung erlaubte. Selbst wenn es sich anders verhielte, genügte eine solche Unterstellung nicht, um das Treffen von Schutzmaßnahmen zu rechtfertigen, zumal solche Erwägungen sich in den Gründen der angefochtenen Entscheidungen nicht fänden.

105 Die Kommission erwidert, es müssten die Preise von halbgeschliffenem, nicht diejenigen von geschliffenem Reis verglichen werden. Nur auf dieser Ebene finde Wettbewerb statt, da die "Reisverbraucher", die von den angegriffenen Maßnahmen betroffen würden, die Gemeinschaftshersteller von geschliffenem Reis seien. Diese Hersteller könnten auch Gemeinschaftsrohreis oder eingeführten Braunreis verwenden. Der Wettbewerb erfolge somit zwischen unterschiedlichen Rohstoffen, die die gemeinschaftlichen Reismühlen verwendeten. Da aber die Gemeinschaftserzeuger keinen halbgeschliffenen Reis anböten, müsse der Preis von halbgeschliffenem Gemeinschaftsreis aus dem Preis von Gemeinschaftsrohreis und dem der Interventionskäufe extrapoliert werden.

106 Ein solcher Vergleich lasse erkennen, daß der Preis von halbgeschliffenem Gemeinschaftsreis (767,48 USD/Tonne) vor der Einführung des Mindestpreises durch die Behörden der Niederländischen Antillen deutlich über demjenigen von halbgeschliffenem Reis von den Antillen (700 USD/Tonne) gelegen habe. Diese Differenz habe die Gemeinschaftserzeuger vor die Entscheidung gestellt, entweder ihre Preise zu senken oder ihren Reis in der Hoffnung auf bessere Zeiten zwischenzulagern. Das habe zu einem Preisrückgang von Rohreis mit Ursprung in der Gemeinschaft gegenüber dem Vorjahr geführt. Für Reis mit Ursprung in Spanien sei der Preis auf 85,18 %, für Reis mit Ursprung in Italien auf 91,82 % des Interventionspreises gefallen. Der Preis für Rohreis mit Ursprung in der Gemeinschaft sei erst nach der Ankündigung der Schutzmaßnahmen im Laufe des Februars 1993 wieder gestiegen.

107 Die Preisangaben, mit denen die Klägerinnen ihre Auffassung stützen wollten, seien fraglich. Ausserdem könnten die Klägerinnen ihr das Extrapolationsverfahren nicht vorwerfen, da sie es selbst anwendeten (vgl. Anhang 7 zur Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 und Anhang 8 zur Klageschrift in der Rechtssache T-483/93). Auch die Angaben, auf die die Klägerinnen ihre Marktanalyse stützten, seien zweifelhaft, zumal sie nach dem Erlaß der Schutzmaßnahme lägen. Die Frage sei vielmehr, ob die Würdigungen, die zum Erlaß dieser Maßnahme geführt hätten, zum damaligen Zeitpunkt vernünftig gewesen seien. Im übrigen beträfen diese Angaben den gesamten Markt, der im wesentlichen aus Japonica-Reis bestehe, während es in der vorliegenden Rechtssache um Indica-Reis gehe.

108 Die festgestellte Preisdifferenz habe das mit der Verordnung Nr. 3878/87 eingeführte Programm zur Umstellung von Japonica-Reisanbau (mit gemeinschaftlicher Überschussproduktion) auf Indica-Reisanbau (mit gemeinschaftlicher Unterproduktion) gefährdet, das voraussetze, daß die Erzeuger über garantierte Absatzmöglichkeiten für ihren Indica-Reis zu Preisen verfügten, die durch die Festsetzung eines Interventionspreises garantiert seien. Ein Preisrückgang habe daher zum einen erhebliche Kostenfolgen für die Gemeinschaft, die massive Interventionskäufe tätigen müsste, und zum anderen langfristig eine Rückkehr der Erzeuger zum Japonica-Reisanbau zur Folge, was die Interventionen und die Ausfuhrerstattungen erhöhe.

109 Die Kommission sehe nicht, wie die Klägerinnen in ihrer Erwiderung behaupten könnten, daß geschliffener Reis von den Antillen und geschliffener Reis mit Gemeinschaftsursprung nur in geringem Masse austauschbar seien, weil der geschliffene Reis mit Gemeinschaftsursprung zu 70 % aus parboiled Reis bestehe. Dieses Argument liege zudem neben der Sache, da die Erhitzung von den Reismühlen und nicht von den Rohreiserzeugern vorgenommen werde.

110 Schließlich liege der Preis von Braunreis aus Surinam derartig (400 USD) unter dem Preis von Gemeinschaftsreis, daß die Klägerinnen kraft ihrer Gewinnspanne über einen grossen Spielraum für die Festsetzung des Preises für ihren Reis auf dem Gemeinschaftsmarkt verfügten.

111 Die Parteien sind auch über die Art der "Umrechnung" der angegebenen Preise uneins.

2. Die Einfuhrmengen von halbgeschliffenem Reis

112 Die Klägerinnen tragen vor, die Ausfuhrkapazität der AKP-Staaten sei sehr beschränkt. Das werde dadurch belegt, daß diese Ausfuhren das gemeinschaftliche Tarifkontingent von 125 000 Tonnen niemals überschritten hätten und daß die auf dem Gemeinschaftsmarkt angebotene Menge nicht gestiegen sei.

113 Die AKP-Staaten stuenden somit vor der Entscheidung, ihren Braunreis entweder direkt in die Gemeinschaft oder in die Niederländischen Antillen auszuführen. Die Einfuhr von halbgeschliffenem Reis aus den Antillen, der aus Braunreis mit Ursprung in den AKP-Staaten hergestellt sei, komme somit zur Direkteinfuhr von Braunreis aus den AKP-Staaten nicht hinzu, sondern trete an deren Stelle. Nach Artikel 6 Absatz 2 des Anhangs II (siehe Randnr. 7) werde in den Niederländischen Antillen verarbeiteter Reis nämlich nur dann als Reis mit ÜLG-Ursprung angesehen, wenn er aus den AKP-Staaten eingeführt sei. Da nur der Reis mit ÜLG-Ursprung gemäß Artikel 133 EWG-Vertrag und Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung befreit sei, sei der in die Gemeinschaft eingeführte halbgeschliffene Reis "von den Antillen" zwangsläufig aus Reis mit Ursprung in einem AKP-Staat hergestellt. Von den AKP-Staaten hätten nur Surinam und Guyana einen Reisüberschuß.

114 Die AKP-Staaten hätten alles Interesse daran, ihre Reiserzeugung nach den Niederländischen Antillen auszuführen, weil sie dort einen besseren Preis als bei einer Direktausfuhr in die Gemeinschaft erzielten, wo der Reis mit amerikanischem Reis in Wettbewerb stehe. Da die Überschussproduktion von Reis in den AKP-Staaten derart beschränkt sei, könnten diese ihr Ausfuhrvolumen in die Gemeinschaft nicht aufrechterhalten und gleichzeitig in die Niederländischen Antillen ausführen. Die Einfuhren von Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen und in den AKP-Staaten zusammengenommen hätten 1992 (95 855 Tonnen, davon 40 830 mit AKP-Ursprung und 58 042 mit Ursprung in den Antillen) denselben Umfang gehabt wie die Einfuhren von Reis mit Ursprung in den AKP-Staaten während der Jahre 1990 (83 857 Tonnen) und 1991 (94 373).

115 Nach Ansicht der Kommission ist es aus der Sicht der Gemeinschaft nicht gleichgültig, ob die überschüssige Reisproduktion der AKP-Staaten direkt in die Gemeinschaft oder über die Niederländischen Antillen ausgeführt wird, da im einen Fall eine, wenn auch geringe, Abschöpfung auf beschränkte Mengen erhoben werde, während im anderen Fall ohne mengenmässige Beschränkungen keine Abschöpfung erhoben werde. Somit bestehe die Gefahr, daß die gesamte Überschussproduktion der AKP-Staaten ohne Abschöpfung und ohne Tarifkontingent über die Niederländischen Antillen in die Gemeinschaft eingeführt werde. In ihrer Gegenerwiderung macht die Kommission geltend, das Tarifkontingent der AKP-Staaten, nämlich 125 000 Tonnen Reis, sei 1993 überschritten worden, da die Einfuhren aus den AKP-Staaten und den Niederländischen Antillen zusammengenommen 179 154 Tonnen erreicht hätten. Von September bis Dezember 1992 hätten die Einfuhren von Reis von den Antillen 27 019 Tonnen geschliffenen Reises und damit 11 % der Gemeinschaftserzeugung entsprochen.

116 Ein derartiger Anstieg von der Abschöpfung befreiter Einfuhren müsse zu einem Preisrückgang auf dem Gemeinschaftsmarkt führen.

3. Gefahren für das Poseidom-Programm

117 Die Klägerinnen tragen vor, entgegen den Ausführungen in den Begründungserwägungen der ersten angefochtenen Entscheidung ließen sich die Schutzmaßnahmen nicht mit der Gefährdung des Poseidom-Programms rechtfertigen, das den Absatz von in Französisch-Guyana produziertem Reis in Guadeloupe und Martinique fördern solle. Die Klägerinnen hätten niemals Reis nach Guadeloupe oder Martinique ausgeführt und beabsichtigten dies auch nicht, da sie in der Gemeinschaft über mehr als ausreichende Absatzmöglichkeiten verfügten. Das habe die französische Regierung mit Schreiben vom 14. Dezember 1992 (siehe Randnr. 19) sowie ein Bericht der Kommission an den Rat vom 25. November 1993 (KOM[93] 555 endg.) über die Durchführung der Handelsregelung bestätigt, der feststelle, daß kein Reis von den Antillen in die ÜD eingeführt werde.

118 Die Kommission und die Französische Republik als Streithelferin erwidern, daß die spezifischen Gemeinschaftshilfen für die Reiserzeugung in Französisch-Guyana ebenso wie für den Absatz dieses Reises in Guadeloupe und Martinique (Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung Nr. 3763/91, siehe Randnr. 9) durch die Einfuhr von billigerem Reis von den Antillen behindert werden könnten. Die Labilität des Reismarktes in diesen beiden Departements, der bereits durch eine einzige ° jederzeit mögliche ° Schiffsladung gefährdet würde, schließe alle Korrekturmöglichkeiten aus, weil diese zwangsläufig zu spät kämen. Somit könne nur eine vorbeugende Schutzmaßnahme wirksam sein. Die Kommission habe dieses Argument damals als gewichtig, aber nicht als vorrangig betrachtet.

° Rechtliche Würdigung

119 Zu prüfen ist, ob die Kommission auf der Grundlage der Daten, über die sie im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidungen verfügte, vernünftigerweise zu dem Schluß kommen konnte, daß der Tatbestand des Artikels 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses erfuellt war.

120 Nach Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses "kann" die Kommission Schutzmaßnahmen treffen oder ermächtigen, entweder "wenn die Anwendung [des ÜLG-Beschlusses] ernste Störungen für einen Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft oder eines oder mehrerer Mitgliedstaaten mit sich bringt oder deren äussere finanzielle Stabilität gefährdet" oder "wenn Schwierigkeiten auftreten, die die Beeinträchtigung eines Wirtschaftsbereiches der Gemeinschaft oder einer ihrer Regionen nach sich ziehen könnten".

121 Schutzmaßnahmen können somit verhängt werden, wenn einer dieser Tatbestände erfuellt ist. Umgekehrt verpflichtet die Erfuellung eines dieser Tatbestände die Kommission nicht zum Erlaß von Schutzmaßnahmen, sondern verlangt ihre Entscheidung.

122 Bei der Anwendung des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses verfügt die Kommission somit nicht nur über einen weiten Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für den Erlaß einer Schutzmaßnahme vorliegen, sondern auch über ein weites Ermessen hinsichtlich des Erlasses einer Schutzmaßnahme. Das Gericht kann somit nur prüfen, ob der Kommission bei der Ausübung ihrer Befugnis ein offenkundiger Irrtum oder ein Ermessensmißbrauch unterlaufen ist oder ob die Kommission die Grenzen ihrer Befugnisse offenkundig überschritten hat (Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Randnr. 40).

123 Aus dem Wortlaut der ersten Entscheidung, aus den Akten sowie aus den Erklärungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung geht hervor, daß diese verschiedene Gesichtspunkte berücksichtigt hat, bevor sie den Erlaß von Schutzmaßnahmen für erforderlich hielt.

124 Sie stellte zunächst fest, daß der Preis von Gemeinschaftsrohreis, der ebenso wie halbgeschliffener Reis von den Antillen als Rohstoff für die Gemeinschaftshersteller von geschliffenem Reis dienen kann, von Oktober 1992 bis Januar 1993 erheblich zurückging, aber im Februar 1993 wieder stieg. Nach den von der Kommission vorgelegten Zahlen (Anhang V von deren Antwort auf die schriftliche Frage Nr. 10 des Gerichts) betrug der Preis für spanischen Rohreis im Januar 1993 365 USD/Tonne, was das niedrigste Preisniveau des Wirtschaftsjahres 1992/93 war, während er im Oktober 1992 470 USD/Tonne betragen hatte. Der Preis von italienischem Reis betrug im Dezember 1992 402 USD/Tonne, im Oktober 1992 452 USD/Tonne. Im Februar 1993 betrug der Preis von spanischem Reis 420 USD/Tonne, derjenige von italienischem Reis 497 USD/Tonne. Diese Zahlen lassen eine Entwicklung entsprechend derjenigen beim Preis von geschliffenem Gemeinschaftsreis erkennen, der nach den Zahlen der Klägerinnen (Klageschrift T-480/93, Randnr. 54; Klageschrift T-483/93, Randnr. 82) im Dezember 1992 724,26 USD/Tonne betrug, während er im September 1992 859,38 USD/Tonne betragen hatte und im Februar 1993, als die Unternehmen den Erlaß von Schutzmaßnahmen erwarteten, wieder auf 778,17 USD/Tonne stieg (vgl. Weekly Rice Market News vom 26. Januar 1993, Band 74, Nr. 5, Anhang 2 zum Anhang 9 zur Klageschrift in der Rechtssache T-480/93, mit der das Gerücht des möglichen Erlasses von Schutzmaßnahmen verbreitet wurde). Die Preisangaben der Kommission sind verläßlich, weil sie auf einem Börsenmarkt erzielt wurden. Selbst wenn die Klägerinnen Zweifel am Umfang des Preisrückgangs für diese Art Reis äusserten, so haben sie doch das Faktum eines solchen Rückgangs nicht bestritten, wie er sich überdies aus den in Randnummer 54 der Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 und in Randnummer 82 der Klageschrift in der Rechtssache T-483/93 angegebenen Zahlen ergibt.

125 Weiter haben sich die Klägerinnen in Beantwortung einer Frage des Gerichts das Recht vorbehalten, die Preisangaben der Kommission nach einer zusätzlichen Überprüfung bei unabhängigen Händlern zu bestreiten, sind hierauf aber später nicht mehr zurückgekommen, was die Glaubhaftigkeit der von der Kommission vorgelegten Daten weiter erhöht.

126 Schließlich können die Klägerinnen den Rückgang des Preises für Gemeinschafts-Indica-Rohreis unter den Interventionspreis nicht mit dem Argument bestreiten, die Interventionsbestände seien erheblich zurückgegangen. Die von den Klägerinnen in ihrer Klageschrift ebenso wie in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts angeführten Zahlen betreffen nämlich die Interventionsbestände für Japonica-, nicht für Indica-Reis, wie die Kommission von den Klägerinnen unwidersprochen in Randnummer 24 ihrer Klagebeantwortung ausgeführt hat.

127 Weiter hat die Kommission ausgeführt, von September bis Dezember 1992 seien ungefähr 27 000 Tonnen Reis aus den Niederländischen Antillen eingeführt worden, was 11 % der Gemeinschaftsrohreisproduktion entspricht. Die Klägerinnen haben diese Zahl nicht bestritten. Im übrigen findet sich eine noch höhere Zahl ° 36 161 Tonnen ° in den Tabellen in Anhang 16 zur Klageschrift sowohl in der Rechtssache T-480/93 wie in der Rechtssache T-483/93, die sich auf Einfuhrbescheinigungen beziehen, aus denen sich im übrigen ergibt, daß während der ersten Hälfte des Jahres 1992 kein Reis von den Niederländischen Antillen eingeführt wurde.

128 Auf der Grundlage dieser Daten ° eines erheblichen Rückgangs des Preises von Gemeinschaftsrohreis bei gleichzeitigem erheblichem Anstieg der Einfuhren von konkurrierendem halbgeschliffenem Reis von den Antillen ° konnte die Kommission im Sinne des Artikels 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses feststellen, daß Schwierigkeiten auftraten, die die Beeinträchtigung des Bereichs des Indica-Reisanbaus in der Gemeinschaft nach sich ziehen konnten, und daß folglich Schutzmaßnahmen getroffen werden konnten.

129 Die Kommission hat im übrigen weitere Gesichtspunkte berücksichtigt und festgestellt, daß Reis von den Antillen zu einem Preis deutlich unter demjenigen angeboten wurde, zu dem Gemeinschaftsreis auf der fraglichen Bearbeitungsstufe, nämlich halbgeschliffener Reis, angeboten werden konnte; das bestreiten die Klägerinnen nicht.

130 Die Kommission hat keinen offenkundigen Beurteilungsfehler dadurch begangen, daß sie die Preise der beiden Ausgangsstoffe auf dieser Stufe verglich. Im Gegenteil belegt ihre Entscheidung zunächst die Sorgfalt, die sie bewiesen hat, indem sie die beiden Erzeugnisse auf derselben Verarbeitungsstufe verglich. Da der Reis von den Antillen auf dem Gemeinschaftsmarkt als halbgeschliffener Reis angeboten wurde, konnte die Kommission vernünftigerweise die beiden konkurrierenden Erzeugnisse auf dieser Stufe vergleichen und zu diesem Zweck einen theoretischen Preis für halbgeschliffenen Gemeinschaftsreis errechnen. Die Klägerinnen konnten die von der Kommission vorgenommenen Berechnungen nicht erschüttern, da sie nur behaupteten, daß die Verarbeitungs- und die Zusatzkosten zu hoch angesetzt worden seien, bzw. die Umrechnungssätze zwischen den verschiedenen Verarbeitungsstufen bestritten, ohne ihre Ansicht näher zu begründen (vgl. Randnr. 29 der Erwiderung in der Rechtssache T-480/93 und Randnr. 30 der Erwiderung in der Rechtssache T-483/93 sowie die Antworten der Beteiligten auf Frage 10 des Gerichts). Schließlich können die Klägerinnen der Kommission nicht vorwerfen, einen theoretischen Preis für halbgeschliffenen Gemeinschaftsreis errechnet zu haben, da der von ihnen vorgeschlagene Vergleich ebenfalls auf der Berechnung eines theoretischen Preises, nämlich des Preises von aus halbgeschliffenem Reis von den Antillen hergestellten geschliffenen Reises, beruht (vgl. Anhänge 7 zur Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 und 8 zur Klageschrift in der Rechtssache T-483/93).

131 Die Kommission hat folglich zu Recht festgestellt, daß die Preisdifferenz zwischen Gemeinschaftsreis und Reis von den Antillen erheblich war und den Preisverfall von Gemeinschaftsreis in der Zeit von September 1992 bis Januar 1993 bewirken konnte.

132 Weiter durfte sich die Kommission darauf stützen, daß die Ausfuhr von Reis von den Antillen in die ÜD das Poseidom-Programm gefährden könnte, mit dem der Absatz von in Französisch-Guyana erzeugtem Reis in Guadeloupe und Martinique gefördert werden sollte. Sofern nämlich eine solche Gefährdung hinreichend reell war, ist es unerheblich, daß im Zeitpunkt der ersten Schutzmaßnahme solche Ausfuhren noch nicht stattgehabt hatten. Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen die Behauptung der Kommission nicht bestritten, der Reismarkt in diesen beiden Departements sei derart labil gewesen, daß die Einfuhr einer einzigen Schiffsladung ihn hätte stören können. Da eine solche Einfuhr jederzeit erfolgen konnte, wäre jede Korrekturmaßnahme zwangsläufig zu spät gekommen. Nur eine vorbeugende Schutzmaßnahme konnte wirksam sein.

133 Die zweite Entscheidung hat nur Artikel 1 der ersten Entscheidung abgeändert und fühlbar abgeschwächt, indem sie nur einen Schwellenpreis deutlich unter dem in der ersten Entscheidung festgesetzten relativen Mindestpreis festsetzte. Mit dem Erlaß der zweiten Entscheidung hat die Kommission somit keine neue, autonome Schutzmaßnahme erlassen, sondern nur die Regelung der bestehenden Schutzmaßnahme gemildert. Sie war deshalb in diesem Zeitpunkt anders als bei Erlaß der ersten Entscheidung nicht zu der Prüfung verpflichtet, ob Schutzmaßnahmen als solche gerechtfertigt seien.

134 Im übrigen konnte die Kommission vernünftigerweise der Auffassung sein, daß der Schutz des gemeinschaftlichen Reisanbaus durch die Beibehaltung der Schutzmaßnahme trotz der Verbesserung der Wettbewerbssituation bei Reis im April 1993 weiterhin erforderlich war. Der Beginn der Reisaussaat fällt nämlich in den April. Um eine Rückkehr zum Überschussanbau von Japonica-Reis zu vermeiden, durfte deshalb das Vertrauen der Gemeinschaftserzeuger in die Preisentwicklung bei Indica-Reis nicht erschüttert werden. Nicht erheblich ist insoweit, daß zu diesem Zeitpunkt ein Mangel an gemeinschaftlichem Rohreis bestand und sein Preis anzog. Wegen der präventiven Natur der fraglichen Maßnahme, also der Aufrechterhaltung der Gemeinschaftserzeugung von Indica-Reis, war nämlich nicht die Lage im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung von Bedeutung, sondern deren voraussichtliche Entwicklung, wie sie von den Gemeinschaftserzeugern gesehen wurde. Diese Lage war nicht derart, daß jeder künftige Preisverfall von Gemeinschaftsreis für ausgeschlossen erachtet werden musste, wohingegen die Beibehaltung einer Schutzmaßnahme den Willen der Kommission belegte, den Indica-Reisanbau in der Gemeinschaft zu verteidigen und auf diesem Weg der Gefahr eines erheblichen Preisrückgangs bei diesem Reis zu begegnen; das konnte den Erzeugern Sicherheit geben. Mit der Anpassung der Schutzmaßnahme an eine neue Lage hat die Kommission somit nicht die Grenzen ihrer Befugnisse aus Artikel 109 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses überschritten.

135 Die zweite Rüge ist daher zurückzuweisen.

Dritte Rüge: Verstoß gegen Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses

136 Die Klägerinnen bringen vor, Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses sei durch die angefochtenen Entscheidungen verletzt worden. In dieser Bestimmung heisse es, daß "[b]ei der Durchführung des Absatzes 1... vorzugsweise Maßnahmen zu wählen [sind], die die geringsten Störungen für das Funktionieren der Assoziation und der Gemeinschaft mit sich bringen. Diese Maßnahmen dürfen nicht über das zur Behebung der aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Maß hinausgehen." Beide angefochtene Entscheidungen gingen aber weit über das hinaus, was zur Behebung einer möglichen Störung oder einer allfälligen Beeinträchtigung des Reisanbaus in der Gemeinschaft erforderlich gewesen sei.

° Die erste Entscheidung

1. Vorbringen der Beteiligten

137 Die Klägerinnen legen dar, der in der ersten Entscheidung auf 120 % der auf halbgeschliffenen Reis anwendbaren Abschöpfung festgesetzte relative Mindestpreis habe den Verkauf von Reis von den Antillen verhindert und ihn vom Markt ausgeschlossen. Die Investitionen, die die Klägerinnen auf den Niederländischen Antillen getätigt hätten, seien dadurch gefährdet worden, was zu einer Störung der Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft geführt habe. Diese Unzuträglichkeiten hätten ausser Verhältnis zu dem verfolgten Ziel gestanden, nämlich der Behebung der Störung oder Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Reismarktes. Diese Entscheidung sei ausserdem unter Verstoß gegen den Grundsatz einer Präferenzhierarchie erlassen worden, weil der auf Reis von den Antillen verhängte relative Mindestpreis über dem Preis von Reis aus Drittländern gelegen habe, so daß der Reis aus den ÜLG gegenüber demjenigen aus den AKP-Staaten oder den Vereinigten Staaten benachteiligt worden sei. Die Schutzmaßnahme habe somit nicht nur den gemeinschaftlichen Reisanbau, sondern auch die Einfuhr von Reis aus Drittländern geschützt.

138 Die Kommission hält dem zunächst entgegen, sie habe der Festsetzung eines Mindestpreises gegenüber der zeitweisen Wiedereinführung der Einfuhrabschöpfung den Vorzug gegeben, weil eine solche Maßnahme ihrer Überzeugung nach den Interessen der Gemeinschaftserzeuger vollauf genügt und sie die Verarbeitungsindustrie in den Niederländischen Antillen weniger beeinträchtigt habe.

139 Zum anderen müsse eine Schutzmaßnahme wirksam sein. Die einzige Möglichkeit, die Störung des Reisanbaus in der Gemeinschaft zu beheben, habe in der Festsetzung eines Mindestpreises für Reis von den Antillen gelegen, die den Wettbewerbsnachteil des Gemeinschaftsreises ausgeglichen habe. Allerdings habe der relative Mindestpreis den Reis von den Antillen teurer als den Reis aus Drittländern gemacht.

2. Rechtliche Würdigung

140 Diese Rüge wirft die Frage auf, ob die Kommission beim Treffen der angefochtenen Maßnahmen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verkannt hat, der in Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses zum Ausdruck kommt.

141 Ziel des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses ist es ausschließlich, Schwierigkeiten abzuhelfen, in denen sich ein Wirtschaftsbereich der Gemeinschaft befindet, oder die Entstehung solcher Schwierigkeiten zu verhindern. Zur Erreichung dieses Ziels ermächtigt Absatz 2 nur zu Maßnahmen, die "unbedingt erforderlich" sind. Eine Schutzmaßnahme, die gleichzeitig den Wirtschaftsbereich eines Drittlandes schützt, geht folglich über das mit Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses verfolgte Ziel hinaus und ist deshalb nicht "unbedingt erforderlich" im Sinne des Absatzes 2.

142 Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung 93/127 vom 25. Februar 1993, in dem der relative Mindestpreis auf 120 % der auf halbgeschliffenen Reis anwendbaren Abschöpfung festgesetzt wurde, Reis von den Antillen auf dem Gemeinschaftsmarkt teurer machte als, es Reis aus Drittländern wie den Vereinigten Staaten oder den AKP-Staaten war (vgl. die Reihenfolge, die sich aus der Tabelle in Randnr. 31 der Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 und in Randnr. 55 der Klageschrift in der Rechtssache T-483/93 ergibt und die von der Kommission nicht bestritten wird, vgl. Klagebeantwortung, Randnr. 38). Damit hat diese Bestimmung auch gegen die Präferenzordnung verstossen, die zugunsten von Gemeinschaftserzeugnissen und von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG besteht.

143 Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung vom 25. April 1993 überschreitet folglich das zur Behebung der für den Absatz von Gemeinschaftsreis aus der Einfuhr von Reis von den Antillen aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Maß dadurch, daß er AKP-Reis und amerikanischem Reis auf dem Gemeinschaftsmarkt eine günstigere Wettbewerbssituation schafft als Reis von den Antillen. Diese Bestimmung verstösst damit gegen Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses und muß folglich für nichtig erklärt werden.

° Die zweite Entscheidung

1. Vorbringen der Beteiligten

144 Zur zweiten Entscheidung bringen die Klägerinnen vor, auch sie sei unter Verstoß gegen Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses erlassen worden, da der dort festgesetzte Schwellenpreis über das zur Beseitigung der Störung oder Beeinträchtigung des Reisanbaus in der Gemeinschaft Erforderliche hinausgehe.

145 Zum einen liege dieser Preis deutlich über dem Preis von Gemeinschaftsreis und kaum unter dem Preis von Reis aus den AKP-Staaten. Da die Schutzmaßnahmen den Gemeinschaftsreisanbau schützen sollten, müsse der Preis von Gemeinschaftsreis mit dem Schwellenpreis für Reis von den Antillen verglichen werden, um festzustellen, ob die Maßnahmen verhältnismässig seien. Wenn man die bessere Qualität amerikanischen Reises in Rechnung stelle, habe sich Reis von den Antillen selbst gegenüber Reis aus den USA in einer ungünstigen Wettbewerbssituation befunden.

146 Zum anderen sei zu fragen, warum die zweite Entscheidung weiterhin einen Schwellenpreis vorsehe. Die Erklärungen der Kommission in der Klagebeantwortung seien insoweit widersprüchlich, als sie sich sowohl auf einen Berichtigungsantrag der niederländischen Regierung als auch, um eine Abschwächung der Maßnahme zu rechtfertigen, auf die Marktverhältnisse stützten, wo doch eine Berichtigung etwas anderes sei als die Abschwächung einer Schutzmaßnahme.

147 Ausserdem habe die Durchführung der angefochtenen Entscheidungen erhebliche finanzielle Folgen ausgelöst, weswegen sie unverhältnismässige Maßnahmen seien. Die Zollbehörden hätten nämlich die Stellung einer Kaution in Höhe der auf halbgeschliffenen Reis aus Drittländern anwendbaren Abschöpfung verlangt, obwohl die Kommission Maßnahmen hätte vorsehen können, die die Klägerinnen weniger belastet hätten.

148 Die Kommission erwidert, die Höhe des Mindestpreises in der zweiten Entscheidung sei verhältnismässig gewesen, da nur an einem Schwellenpreis festgehalten worden sei, was die Wettbewerbssituation des Reises von den Antillen erheblich verbessert habe, wie der Anstieg der Einfuhren im April gezeigt habe.

2. Rechtliche Würdigung

149 Der Schwellenpreis von 550 ECU/Tonne, der in Artikel 1 der genannten Entscheidung verhängt wurde, machte Reis von den Antillen teurer als Gemeinschaftsreis, aber billiger als Reis aus den AKP-Staaten und den Vereinigten Staaten. Diese Reihenfolge der Preise ergibt sich sowohl aus der Tabelle in Randnummer 35 der Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 und in Randnummer 61 der Klageschrift in der Rechtssache T-483/93 als auch aus den Berechnungen der Kommission, die in Randnummer 42 der Klagebeantwortung in beiden Rechtssachen wiedergegeben sind.

150 Weiter ergibt sich aus Anhang 23 zur Erwiderung in der Rechtssache T-480/93 und aus Anhang 24 zur Erwiderung in der Rechtssache T-483/93, daß im April 1993 8 400 Tonnen Reis von den Antillen in die Gemeinschaft eingeführt wurden. Das ist die dritthöchste Einfuhrmenge in einem Monat von September 1992 bis Mai 1993; zudem wurden diese Einfuhren höchstwahrscheinlich während ungefähr zweier Wochen nach dem Inkrafttreten der zweiten Entscheidung vorgenommen, die am 13. April 1993 getroffen und am 14. April 1993 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurde.

151 Angesichts dieser Umstände haben die Klägerinnen weder nachgewiesen, daß die Kommission mit der Festsetzung eines Schwellenpreises von 550 ECU/Tonne in der zweiten Entscheidung ihr Ermessen überschritten habe, noch daß diese Maßnahme über das zur Behebung der beim Indica-Reisanbau in der Gemeinschaft aufgetretenen Schwierigkeiten erforderliche Maß im Sinne des Artikels 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses hinaus gehe. Die zweite Entscheidung hat Reis von den Antillen nur gegenüber Gemeinschaftsreis in eine ungünstige Wettbewerbssituation gebracht. Insbesondere die erhebliche Einfuhr von Reis von den Antillen während der zweiten Hälfte April 1993 beweist, daß die Preisdifferenz zwischen Reis von den Antillen und amerikanischem Reis groß genug war, um die bessere Qualität des letzteren auszugleichen.

152 Was das Vorbringen angeht, die Entscheidung sei jedenfalls deshalb unverhältnismässig, weil ihre Durchführung durch die Zollbehörden, die eine Kaution in Höhe der für halbgeschliffenen Reis geltenden Abschöpfung verlangt hätten, zu erheblichen finanziellen Konsequenzen geführt habe, so handelt es sich dabei, selbst wenn es zutrifft, nicht um eine zwangsläufige Folge der angefochtenen Entscheidung, sondern nur um das Verhalten nationaler Zollbehörden. Ist eine nationale Durchführungsmaßnahme unverhältnismässig, so lässt das nicht auf die Unverhältnismässigkeit der durchgeführten Gemeinschaftsentscheidung schließen. Im übrigen ist das Gericht zur Überprüfung der Verhältnismässigkeit einer nationalen Durchführungsmaßnahme nicht zuständig. Diese Frage fällt in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts, bei dem die Klägerinnen Klage hätten erheben können.

153 Nach alledem entspricht die zweite Entscheidung Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses; die dritte Rüge ist zurückzuweisen, soweit sie die zweite Entscheidung betrifft.

Vierte Rüge: Verstoß gegen die Artikel 132 Nr. 1 und 133 Absatz 1 EWGV sowie gegen Artikel 101 Absatz 1 des ÜLG-Beschlusses

° Vorbringen der Parteien

154 Die Klägerinnen bringen vor, es stelle eine "bedingte" Abgabe gleicher Wirkung auf Erzeugnisse mit Ursprung in einem ÜLG dar, daß die Befreiung von den Einfuhrzöllen von der Beachtung des Mindestpreises abhängig gemacht worden sei. Eine Abgabe gleicher Wirkung sei in den Artikeln 132 Nr. 1 und 133 Absatz 1 EWGV ° das habe der Gerichtshof in seinem Urteil Leplat ausgeführt ° sowie in Artikel 101 des ÜLG-Beschlusses ebenso verboten wie Zölle.

155 Die Kommission widerspricht dem. Im vorliegenden Fall handele es sich nicht um eine bedingte Abgabe gleicher Wirkung, sondern um einen Mindestpreis. Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses stelle die Entscheidung über die zu treffende Maßnahme in ihr Ermessen.

° Rechtliche Würdigung

156 Nach ständiger Rechtsprechung stellt unabhängig von ihrem Namen und ihrer Technik selbst eine minimale Geldabgabe, die einseitig verhängt wird und die inländische oder ausländische Waren wegen ihres Grenzuebertritts erfasst, eine Abgabe gleicher Wirkung im Sinne der Artikel 9 und 12 EWGV dar, wenn es sich bei ihr nicht um einen wirklichen Zoll handelt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 1. Juli 1969 in den Rechtssachen 2/69 und 3/69, Sociaal Fonds voor de Diamantarbeiders, Slg. 1969, 211, Randnr. 18, und zuletzt Urteil vom 22. Juni 1994 in der Rechtssache C-426/92, Deutsches Milch-Kontor, Slg. 1994, I-2757, Randnr. 50).

157 In der vorliegenden Rechtssache wird auf Reis von den Antillen wegen des Überschreitens der Aussengrenzen der Gemeinschaft bei der Einfuhr keine Abgabe erhoben. Nur wenn der Mindestverkaufspreis nicht beachtet wird, wird eine Abschöpfung in Höhe der auf halbgeschliffenen Reis aus Drittländern geltenden Abschöpfung erhoben. Diese Verpflichtung beruht nicht auf dem Überschreiten der Grenze, sondern auf der Missachtung des festgesetzten Mindestpreises. Daher kann sie nicht als Abgabe gleicher Wirkung angesehen werden, die in den von den Klägerinnen in dieser Rüge angezogenen Bestimmungen verboten ist.

158 Soweit die Klägerinnen vorbringen, das Einfordern einer Kaution in Höhe der für halbgeschliffenen Reis aus Drittländern geltenden Abschöpfung stelle eine Abgabe gleicher Wirkung dar, so ist zu sagen, daß dieses Einfordern nicht auf den angefochtenen Entscheidungen, sondern auf Entscheidungen nationaler Behörden beruht (siehe Randnr. 152). Es kann daher nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen führen.

Fünfte Rüge: Verstoß gegen Artikel 131 EWGV und gegen den ÜLG-Beschluß

° Vorbringen der Beteiligten

159 Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission habe beim Erlaß der angefochtenen Schutzmaßnahmen das Ziel der Assoziierung der ÜLG mit der Gemeinschaft verkannt, das in Artikel 131 EWGV festgelegt sei, nämlich die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der ÜLG und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und der gesamten Gemeinschaft sowie die Förderung der Interessen der Einwohner der ÜLG und ihres Wohlstands, um sie der von ihnen erstrebten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung entgegenzuführen. Die Kommission habe nämlich die erheblichen Investitionen nicht berücksichtigt, die die Klägerinnen getätigt hätten und die wesentlich zur Verwirklichung der Ziele der Assoziierung beigetragen hätten.

160 Die Kommission erwidert, diese Rüge sei bereits in der ersten enthalten. Würde ihr stattgegeben, so machte sie nämlich jede Schutzmaßnahme unmöglich, obwohl Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses ausdrücklich die Möglichkeit von Schutzmaßnahmen vorsehe.

161 Hilfsweise müssten die Ziele der Assoziierung gegen andere Interessen, etwa diejenigen der gemeinsamen Agrarpolitik oder der ÜD, abgewogen werden.

° Rechtliche Würdigung

162 Diese Rüge ist bereits in der ersten enthalten. Im Rahmen der ersten Rüge wurde bereits entschieden, daß es dem EWG-Vertrag entspricht, die Möglichkeit des Erlasses von Schutzmaßnahmen gegenüber der Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ÜLG vorzusehen. Hieraus folgt zwangsläufig, daß das Treffen solcher Maßnahmen die Verfolgung der Ziele der Assoziierung, wie sie in Artikel 131 niedergelegt sind, nicht behindert. Diese Rüge ist daher aus den bereits angeführten Gründen (Randnrn. 90 bis 97) zurückzuweisen.

Sechste Rüge: Verstoß gegen den Grundsatz der sorgfältigen Vorbereitung von Maßnahmen und gegen Artikel 190 EWGV

° Vorbringen der Beteiligten

163 Die Klägerinnen bringen vor, die Kommission habe den Grundsatz der sorgfältigen Vorbereitung von Maßnahmen verletzt, indem sie die Erforderlichkeit von Schutzmaßnahmen sowie deren Folgen für die Wirtschaft der Niederländischen Antillen und die betroffenen Unternehmen nicht hinreichend überprüft habe.

164 Diese mangelnde Sorgfalt finde ihren Ausdruck in einem Verstoß gegen die Begründungspflicht des Artikels 190 EWGV. Im vorliegenden Fall hätte die Begründung der beiden Entscheidungen besonders genau und ausführlich sein müssen, da sie Ausnahmen vom freien Warenverkehr zwischen der Gemeinschaft und den ÜLG vorsähen. Die Begründung der ersten Entscheidung sei aber in sechs Punkten nicht untermauert und/oder unverständlich, während diejenige der zweiten die Begründung der ersten noch verdunkle. Diese sechs Punkte bezögen sich auf den Preisvergleich, auf die Gefährdungen der gemeinsamen Agrarpolitik und der Reiserzeugung in Französisch-Guyana sowie auf den Zusammenhang zwischen der Gefahr der Erhöhung der Einfuhren von Reis von den Antillen und der (drohenden) Störung oder Beeinträchtigung.

165 Die Begründung der zweiten Entscheidung sei zudem mit derjenigen der ersten unvereinbar. Die zweite Entscheidung führe die erste fort. Der in ihr vorgesehene Schwellenpreis hätte daher auf der Grundlage eben der Kriterien festgesetzt werden müssen, die für die Festsetzung des relativen Mindestpreises in der ersten Entscheidung maßgeblich gewesen seien, nämlich des Interventionspreises für Gemeinschaftsreis und/oder seiner Herstellungskosten. Der in der zweiten Entscheidung festgesetzte Schwellenpreis liege um 170 ECU/Tonne unter dem in der ersten Entscheidung festgesetzten relativen Mindestpreis. Diese Differenz müsse folglich entweder auf einer Verringerung des Interventionspreises oder auf einer Verringerung der Herstellungskosten von Gemeinschaftsreis beruhen.

166 Der Interventionspreis sei aber in der Zeit vom Erlaß der ersten bis zum Erlaß der zweiten Entscheidung nicht gefallen, sondern gestiegen. Die Verringerung des Mindestpreises (Schwellenpreis der zweiten Entscheidung verglichen mit dem relativen Mindestpreis der ersten Entscheidung) müsse daher auf einer Verringerung der Erzeugungskosten in einer Grössenordnung zurückgehen, daß sie sowohl die Verringerung des Interventionspreises als auch die Verringerung des in der ersten Entscheidung festgesetzten relativen Mindestpreises um 170 ECU hätte ausgleichen können.

167 Entweder beruhe also die erste Entscheidung auf einem offenkundigen Beurteilungsirrtum, der die Kommission zur Festsetzung eines viel zu hohen relativen Mindestpreises veranlasst habe, oder die zweite Entscheidung beruhe auf Gesichtspunkten, die weder ihnen noch dem Gericht zur Kenntnis gebracht worden seien.

168 Die Begründung der zweiten Entscheidung erkläre auch nicht, warum die Schutzmaßnahme bis zum 31. August 1993 habe gelten sollen.

169 Die Kommission geht auf diese Rüge nicht besonders ein, sondern bezieht sich auf ihr Vorbringen zur Begründetheit der angefochtenen Entscheidungen.

° Rechtliche Würdigung

170 Nach ständiger Rechtsprechung richtet sich die Antwort auf die Frage, ob eine Handlung hinreichend begründet ist, nicht nur nach deren Text, sondern auch nach dem Zusammenhang, in dem die fragliche Handlung erlassen wurde (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 16, und Urteil des Gerichts vom 5. Juni 1992 in der Rechtssache T-26/90, Finsider/Kommission, Slg. 1992, II-1789, Randnr. 70).

171 Sowohl in dem Zeitraum vor Erlaß der ersten Entscheidung wie in dem Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten Entscheidung fanden zwischen den Klägerinnen und der Kommission durch Vermittlung der Ständigen Vertretung der Niederlande zahlreiche direkte und indirekte Kontakte statt (vgl. Randnr. 33 der Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 und Randnr. 57 der Klageschrift in der Rechtssache T-483/93, in denen das vorerwähnte Treffen vom 12. Januar 1993, die Einreichung einer schriftlichen Beschwerde gegen die Schutzmaßnahme nach dem 8. März 1993, ein Besuch der Vertreter der Klägerinnen bei der Kommission am 31. März 1993 sowie wiederholte Telefongespräche mit Beamten der Kommission angeführt werden). Die Frage der hinreichenden Begründung der angefochtenen Entscheidungen ist im Lichte dieser Umstände zu würdigen.

172 Zunächst stimmen die fünf ersten Kritiken gegen die Begründung der ersten Entscheidung mit den bereits geprüften Rügen überein. Die rechtliche Würdigung dieser Rügen hat insbesondere gezeigt, daß die Klägerinnen über alle notwendigen Angaben verfügten, um die Begründetheit dieser Entscheidung zu würdigen, und daß das Gericht die Rechtmässigkeit dieser Entscheidung auf der Grundlage dieser Daten ordnungsgemäß überprüfen konnte (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 30. September 1982 in der Rechtssache 108/81, Amylum/Rat, Slg. 1982, 3107, Randnr. 19; vom 8. November 1983 in den Rechtssachen 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, IAZ u. a./Kommission, Slg. 1983, 3369, Randnr. 37; vom 25. Oktober 1984 in der Rechtssache 185/83, Rijksuniversiteit te Groningen, Slg. 1984, 3623, Randnr. 38, und Delacra u. a./Kommission, Randnr. 15).

173 Der wesentliche Vorwurf, den die Klägerinnen gegen die Begründung der zweiten Entscheidung erheben, geht dahin, diese erkläre die erhebliche Differenz zwischen den in der ersten und in der zweiten Entscheidung festgesetzten Mindestpreisen nicht. Da das Gericht entschieden hat, daß der in der ersten Entscheidung festgesetzte relative Mindestpreis unverhältnismässig war, ist die Begründung der ersten Entscheidung für die Festsetzung dieses Preises nicht mehr gültig. Die behauptete Unvereinbarkeit zwischen der Begründung der ersten und derjenigen der zweiten Entscheidung geht daher nicht auf einen Mangel der Begründung der zweiten Entscheidung zurück, sondern folgt aus dem Inhalt der ersten Entscheidung; ein Widerspruch zwischen den Begründungen liegt nicht vor.

174 Was die angeblich mangelnde Begründung der ursprünglichen Dauer der Schutzmaßnahme betrifft, so genügt die Feststellung, daß gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 1418/76 vom 21. Juni 1976 das Wirtschaftsjahr für Reis am 31. August endet.

175 Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

Die Schadensersatzanträge

176 Nach ständiger Rechtsprechung haftet die Gemeinschaft auf der Grundlage des Artikels 215 EWG-Vertrag nur, wenn eine Reihe von Tatbestandsmerkmalen erfuellt ist, die auf das tatsächliche Vorliegen eines Schadens, auf einen Kausalzusammenhang zwischen dem angeblichen Schaden und dem den Organen vorgeworfenen Verhalten und auf die Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens Bezug haben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 28. April 1971 in der Rechtssache 4/69, Lütticke/Kommission, Slg. 1971, 325, Randnr. 10). Im vorliegenden Fall muß der Gegenstand der Schadensersatzklage auf die Frage beschränkt werden, ob die Kommission dadurch, daß sie in der ersten Entscheidung entgegen Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses einen zu hohen relativen Mindestpreis festgesetzt hat, die Haftung der Gemeinschaft ausgelöst hat, da dies die einzige Rechtswidrigkeit ist, die im Rahmen der Nichtigkeitsklage festgestellt wurde. Diese Beschränkung des Gegenstands der Schadensersatzklage hat weiter zur Folge, daß nur der durch die erste Entscheidung verursachte Schaden berücksichtigt werden kann.

A ° Verschulden

177 Was das erforderliche Maß des Verschuldens betrifft, so haftet die Gemeinschaft nach ständiger Rechtsprechung, sofern die beanstandete Handlung ein Rechtssatz ist, der auf einer wirtschaftspolitischen Entscheidung beruht, nur dann, wenn eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, den einzelnen schützenden Rechtsnorm vorliegt (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 2. Dezember 1971 in der Rechtssache 5/71, Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, Slg. 1971, 975, Randnr. 11, und Urteil des Gerichts vom 27. Juni 1991 in der Rechtssache T-120/89, Peine-Salzgitter/Kommission, Slg. 1991, II-279, Randnr. 74). Um bestimmen zu können, wie schwer das Verschulden sein muß, das eine ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen kann, ist also zu prüfen, ob die erste Entscheidung ein Rechtssatz war, der auf einer wirtschaftspolitischen Entscheidung beruht.

178 Die Klägerinnen tragen vor, die angefochtenen Entscheidungen beträfen sie unmittelbar und individuell und könnten deshalb nicht als Rechtssätze betrachtet werden (Urteil Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat; siehe auch die Schlussanträge des Generalanwalts VerLoren van Themaat in der Rechtssache 59/84, Tezi Textiel/Kommission, Urteil vom 5. März 1986, Slg. 1986, 887, 889).

179 Nach Auffassung der Kommission sind die angefochtenen Entscheidungen hingegen Rechtssätze, die unbestreitbar auf wirtschaftspolitischen Entscheidungen beruhen. Daher seien die höchsten Voraussetzungen für eine Haftung zu beachten.

180 Die Verpflichtung, einen Mindestverkaufspreis zu beachten, gilt ganz allgemein für jeden Unternehmer, der Reis von den Antillen in die Gemeinschaft einführen will. Weiter verfügt die Kommission nach Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses in dieser Sache über einen weiten Entscheidungsspielraum. Nach dieser Entscheidung kann die Kommission nämlich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfuellt sind, Schutzmaßnahmen ergreifen. Daher setzt das Ergreifen der Schutzmaßnahmen eine Entscheidung der Kommission voraus, die im vorliegenden Fall auf dem Gebiet der gemeinschaftlichen Agrarpolitik und der Assoziierung der ÜLG ergeht. Folglich kann "die Haftung der Gemeinschaft... nur durch eine hinreichend schwere Verletzung einer höherrangigen, dem Schutz der einzelnen dienenden Rechtsnorm ausgelöst werden" (Urteil Zuckerfabrik Schöppenstedt/Rat, Randnr. 11).

181 Dem steht nicht entgegen, daß das Gericht im Rahmen der Nichtigkeitsklage entschieden hat, daß die Klägerinnen von der ersten Entscheidung individuell betroffen sind. Vielmehr ist "die in den Artikeln 178 und 215 EWGV vorgesehene Klage... selbständig. Sie hat im Rechtsschutzsystem ihre eigene Funktion; für ihre Erhebung gelten Voraussetzungen, die ihrem spezifischen Ziel angepasst sind" (Beschluß Van Parijs u. a./Rat und Kommission, Randnr. 14).

182 Ein und dieselbe Handlung, die Ergebnis der Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans aufgrund seiner Entscheidungsbefugnis ist, kann nämlich im Rahmen einer Schadensersatzklage nicht unterschiedlichen Haftungsregelungen unterliegen, je nachdem, ob der Kläger im Rahmen einer verbundenen Nichtigkeitsklage von dieser Handlung individuell betroffen ist oder nicht.

183 Wird im Rahmen einer Nichtigkeitsklage festgestellt, daß ein Kläger von der beanstandeten Handlung individuell betroffen ist, so bedeutet das, daß diese Handlung insoweit dem Kläger gegenüber eine Entscheidung darstellt. Das hindert nicht, dieselbe Handlung im Rahmen einer Schadensersatzklage als Rechtssatz anzusehen (vgl. insoweit Urteil Sofrimport/Kommission, Randnrn. 25 und 26, wo der Gerichtshof die individuelle Betroffenheit der Klägerin angenommen, aber gleichwohl das für Rechtssätze geltende Haftungskriterium angewandt hat).

184 Ob jemand individuell betroffen ist, hängt im übrigen nur von bestimmten Eigenschaften oder von einer Sachlage ab, die ihn gegenüber allen anderen Personen heraushebt. Derartige Umstände sind nur für die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage erheblich und hängen nicht von dem Gemeinschaftsorgan ab, das die Handlung erlassen hat. Sie können daher für die anwendbare Haftungsregelung nicht entscheidend sein.

185 Schließlich ist es im Rahmen der Nichtigkeitsklage ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß eine Handlung, die kraft ihres Wesens und ihrer Bedeutung Rechtssatzcharakter hat, da sie für alle betroffenen Unternehmen gilt, einige Unternehmen individuell betreffen kann (Urteil Codorniu/Rat, Randnr. 19). Selbst wenn diese Handlung bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage für die fraglichen Kläger als Entscheidung betrachtet werden kann, so ändert dies nichts an ihrem Rechtssatzcharakter, da das ihr innewohnende Wesen und ihre entsprechende Bedeutung durch diese Würdigung nicht geändert werden.

186 Es ist daher zu untersuchen, ob die Rechtswidrigkeit der ersten Entscheidung, die das Gericht festgestellt hat, als hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, den einzelnen schützenden Rechtsnorm angesehen werden kann.

Vorbringen der Beteiligten

187 Die Klägerinnen legen dar, die dreifache Voraussetzung einer hinreichend schwerwiegenden Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm, die dem Schutz der einzelnen diene, sei erfuellt. Zunächst hätten sie sich im Rahmen ihrer Nichtigkeitsklage auf einen Verstoß gegen Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses gestützt. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der in Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses niedergelegt sei, sei eine höherrangige Rechtsnorm, die ihre Interessen schützen solle. Schließlich zeige die dritte Rüge, die sie im Rahmen der Nichtigkeitsklage vorgebracht hätten, daß die Kommission diese Bestimmungen in hinreichend schwerer Weise verletzt habe, weil sie die Lage, die sie bei der Verhängung dieser Maßnahmen falsch beurteilt habe, leicht hätte richtig beurteilen können, wenn sie sich die Mühe gemacht hätte, unabhängig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erlaß einer Schutzmaßnahme erfuellt seien.

188 Die Kommission sieht ihre Haftung nicht als gegeben an, selbst wenn sie mit dem Erlaß der angefochtenen Schutzmaßnahmen eine rechtswidrige Handlung begangen haben sollte. Eine hinreichend schwerwiegende Verletzung sei nicht dargetan. Eine solche Verletzung bei der Ausübung eines Ermessens läge nur vor, wenn die Kommission dessen Grenzen offenkundig und erheblich verkannt hätte (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Mai 1978 in den Rechtssachen 83/76 und 94/76, 4/77, 15/77 und 40/77, HNL u. a./Rat und Kommission, Slg. 1978, 1209, Randnr. 6). Das einzige Verschulden, das der Kommission im vorliegenden Fall allenfalls zur Last falle, was sie im übrigen bestreite, sei eine Fehlbeurteilung einer schwierigen Wirtschaftssituation oder das Ziehen inkorrekter Schlüsse aus dieser. Ein solches Verschulden könne keinesfalls als offenkundige erhebliche Verkennung der Grenzen ihres Ermessens betrachtet werden. Auch habe sie keine höherrangige Rechtsnorm verletzt, die dem Schutz der einzelnen diene, da Artikel 109 des ÜLG-Beschlusses nur Wirtschaftsbereiche der Gemeinschaft schütze.

Rechtliche Würdigung

189 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, wie er in Artikel 109 Absatz 2 des ÜLG-Beschlusses niedergelegt ist, ist eine höherrangige Rechtsnorm, die den einzelnen schützt (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Januar 1987 in der Rechtssache 281/84, Zuckerfabrik Bedburg u. a./Rat und Kommission, Slg. 1987, 49, Randnrn. 35 bis 38). Daß diese Bestimmung nur Schutzmaßnahmen erlaubt, die zur Behebung von aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderlich sind, soll eben gerade die Interessen der einzelnen schützen.

190 Somit ist zu prüfen, ob die Festsetzung eines derart hohen Mindestpreises für Reis von den Antillen, daß dieser teurer wurde als Reis aus Drittländern, eine hinreichend schwere Verletzung dieses Grundsatzes darstellt, und ob sie eine offenkundige erhebliche Verkennung der Grenzen des Ermessens der Kommission (Urteile des Gerichtshofes HNL u. a./Rat und Kommission, Randnr. 6, und vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 12) bei der Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik ebenso wie des Artikels 109 des ÜLG-Beschlusses darstellt, da die Kommission bei dieser Aufgabe über einen weiten Entscheidungsspielraum verfügt.

191 Der Finanzminister der Niederländischen Antillen hatte am 14. Januar 1993 einen Mindestausfuhrpreis in Höhe von 120 % der auf halbgeschliffenen Reis anwendbaren Abschöpfung festgesetzt, was dem von der Kommission in ihrer ersten Entscheidung verhängten relativen Mindestpreis entspricht. Die Kommission hat daher in ihrer ersten Entscheidung ° wenigstens zum streitigen Punkt ° nur den Inhalt der von den zuständigen Behörden des betroffenen ÜLG getroffenen Maßnahme übernommen. Sie hat sich derart darauf beschränkt, die fragliche Maßnahme mit einer Gemeinschaftssanktion zu versehen.

192 Auf der Sitzung vom 12. Januar 1993, von der nach übereinstimmendem Parteivorbringen kein Protokoll vorliegt, haben die Parteien die Möglichkeit erörtert, den Erlaß einer Gemeinschaftsmaßnahme durch den Erlaß einer einseitigen Maßnahme der Regierung der Niederländischen Antillen zu ersetzen (vgl. Schreiben des Ständigen Vertreters der Niederlande vom 11. Januar 1993, das sich im Anhang 1 zum Anhang 9 zur Klageschrift in der Rechtssache T-480/93 findet, das insoweit von einem Mindestpreis in Höhe von 120 % der auf Braunreis anwendbaren Abschöpfung spricht). Die Kommission hat vorgebracht, sie habe diesen Preis für zu niedrig erachtet und auf einer Erhöhung bestanden (Randnr. 21 der Gegenerwiderung). Sie sei dann mit Schreiben vom 14. Januar 1993 des Ministerpräsidenten der Niederländischen Antillen und vom 15. Januar 1993 des Ständigen Vertreters der Niederlande (vgl. Anhänge 2 und 3 zur Gegenerwiderung in der Rechtssache T-480/93 ebenso wie in der Rechtssache T-483/93) von der Festsetzung eines Mindestausfuhrpreises in Höhe von 120 % der auf halbgeschliffenen Reis anwendbaren Abschöpfung unterrichtet worden, ohne daß erwähnt worden wäre, daß diese Maßnahme möglicherweise unrichtig sei.

193 Erst am 8. März 1993 (vgl. Schreiben des Ständigen Vertreters der Niederlande vom 22. Juli 1994, das im Anhang zu den Antworten der Klägerinnen auf die schriftlichen Fragen des Gerichts vorgelegt wurde) wurde die Kommission auf einer Sitzung des Rates darüber unterrichtet, daß die Maßnahme der Antillen auf einer Unrichtigkeit beruhe. Weiter wurden die Klägerinnen in der Zeit vom 14. Januar 1993, als die einseitige Maßnahme des Finanzministers der Niederländischen Antillen in Kraft trat, bis zum 25. Februar 1993, dem Tag der Entscheidung der Kommission, nicht bei dieser vorstellig, um sie auf die festgestellte Unrichtigkeit und den Umstand hinzuweisen, daß die Maßnahme deswegen nicht angewandt werde, obwohl sie wussten, daß diese den Erlaß einer Schutzmaßnahme durch die Kommission überfluessig hatte machen sollen.

194 Nach alledem bezog sich die Kommission im Zeitpunkt des Erlasses der ersten Entscheidung guten Glaubens auf die Maßnahme der Regierung der Niederländischen Antillen, ohne daß sie von den direkt betroffenen Parteien, etwa den Klägerinnen, auf die Unrichtigkeit dieser Maßnahme hingewiesen worden wäre. Diese haben also insoweit zu der einschlägigen Unwissenheit der Kommission beigetragen. Folglich hat die Kommission die Grenzen ihres Ermessens nicht offenkundig erheblich verkannt; hieraus folgt weiter, daß ihr keine hinreichend qualifizierte Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, einer höherrangigen Rechtsnorm, zur Last liegt.

B ° Schaden

Vorbringen der Beteiligten

195 Die Klägerinnen Ter Beek in der Rechtssache T-480/93 und ERB und Guyana Investments in der Rechtssache T-483/93 bringen vor, die erste Entscheidung habe ihnen dadurch einen Schaden verursacht, daß sie den Verkauf von Reis von den Antillen unmöglich gemacht habe. Die erste Entscheidung habe für den Reis, der sich bei ihrem Inkrafttreten auf dem Weg befunden habe, Lager- und Versicherungskosten, einen Wertverlust wegen der langfristigen Lagerung, einen Verlust an Zinsen und weitere Kosten verursacht. Für den Reis, der bereits verkauft, aber noch nicht geliefert gewesen sei, könnten die Klägerinnen ferner zu Schadensersatzzahlungen an die Käufer verpflichtet sein, die ihn nicht erhalten hätten. Schließlich sei ihnen der Gewinn entgangen, der den Verkauf und die Verarbeitung des Reises erlaubt hätten.

196 Die Klägerin Alesie habe wegen eines Rückgangs ihrer Verkäufe Einnahmen eingebüsst.

197 In ihrer Erwiderung bewertet die Klägerin Ter Beek in der Rechtssache T-480/93 den ihr in diesem Zeitpunkt entstandenen Schaden auf 566 044,20 USD.

198 In ihrer Erwiderung bewerten die Klägerinnen in der Rechtssache T-483/93 den ihnen entstandenen Schaden auf insgesamt 8 562 000 USD. Mit Schreiben vom 17. Juni 1994 haben sie beantragt, neue Belege zu den Akten zu reichen und den Betrag des Schadens, dessen Ersatz sie begehren, um 228 234 USD erhöhen zu dürfen.

199 Die Kommission entgegnet, wegen der mangelnden Genauigkeit der Angaben, die die Klägerinnen zur genauen Höhe des Schadens machten, lasse sich dessen Berechnung nicht überprüfen. In einem Schreiben vom 20. Juli 1994 beantragt die Kommission mit Unterstützung der französischen Regierung, die neuen Belege, die die Klägerinnen in einem Schreiben vom 17. Juni 1994 vorgelegt hätten, nicht zu berücksichtigen und den Antrag auf Erhöhung des Schadensbetrages für unzulässig zu erklären. Die französische Regierung merkt an, daß der in diesem Schreiben der Klägerinnen beantragte Betrag nicht mit der Zahl übereinstimme, die sich in der beigefügten Tabelle finde.

Rechtliche Würdigung

200 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes kann "es den einzelnen auf den in die Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft fallenden Gebieten zugemutet werden..., in vernünftigen Grenzen gewisse schädliche Auswirkungen einer Rechtsvorschrift auf ihre Wirtschaftsinteressen ohne Anspruch auf Entschädigung aus öffentlichen Mitteln hinzunehmen, selbst wenn die Vorschrift für ungültig erklärt worden ist" (Urteil HNL u. a./Rat und Kommission, Randnr. 6; vgl. auch Urteil Mulder u. a./Rat und Kommission, Randnr. 13).

201 Im vorliegenden Fall hat der behauptete Schaden, den das Gericht in Betracht ziehen muß, im wesentlichen Bezug auf Lieferungen von Reis von den Antillen, die während der Anwendungszeit der ersten Entscheidung in einem Hafen der Gemeinschaft angekommen sind, weil dies verschiedenartige Kosten in Verbindung mit der Lagerung während dieses Zeitraums nach sich gezogen haben soll. Da das Gericht entschieden hat, daß die zweite Entscheidung rechtmässig ist, hat alles vorgebliche Verschulden zwangsläufig mit dem 13. April 1993, dem Tag des Erlasses dieser Entscheidung, sein Ende gefunden. Darüber hinaus wurden von diesem Zeitpunkt an die Einfuhren und damit die Verkäufe von Reis von den Antillen in der Gemeinschaft in grossem Umfang wiederaufgenommen (vgl. weiter Anhang 23 zur Erwiderung in der Rechtssache T-480/93 und Anhang 24 zur Erwiderung in der Rechtssache T-483/93).

202 Nach Aktenlage sind während des fraglichen Zeitraums drei Lieferungen der Klägerin Ter Beek (Rechtssache T-480/93) betroffen, nämlich diejenige des Schiffes "Agnès", das am 12. Februar 1993 abfuhr und am 6. März 1993 ankam (1 216,8 Tonnen), diejenige des Schiffes "Erria", das am 18. Februar 1993 abfuhr und am 10. März 1993 ankam (1 072,5 Tonnen), und diejenige des Schiffes "Combi Trader", das nach dem 9. März 1993 (dem Tag der Anlieferung der Ware) abfuhr und am 31. März 1993 ankam (2 421,4 Tonnen). In der Rechtssache T-483/93 geht es um Lieferungen mit dem Schiff "Munte", das am 14. Februar 1993 abfuhr und am 7. März 1993 ankam (2 633 Tonnen), mit dem Schiff "Wind Ocean", das am 25. Februar 1993 abfuhr und am 18. März 1993 ankam (4 175 Tonnen), und mit dem Schiff "Aquila", das am 11. März 1993 abfuhr und am 30. März 1993 ankam (3 239 Tonnen).

203 Die Lagerzeiten und die allfällige Verzögerung des Verkaufs belaufen sich auf 38 Tage (Schiff "Agnès"), 34 Tage (Schiff "Erria"), 13 Tage (Schiff "Combi Trader"), 37 Tage (Schiff "Munte"), 26 Tage (Schiff "Wind Ocean") bzw. 14 Tage (Schiff "Aquila").

204 Diese Lagerzeiten sind nicht ungewöhnlich. Die Klägerinnen in der Rechtssache T-483/93 haben vor dem Gericht ausgeführt, daß Reislieferungen entweder auf hoher See oder nach ihrer Ankunft in einem Gemeinschaftshafen verkauft würden. Im letzteren Fall wird der Reis bis zur Auslieferung an den Käufer gelagert. Eine solche Lagerung ist somit auch ohne gemeinschaftliche Schutzmaßnahmen normal, wie sich aus der Tabelle (Anhang 20 zur Erwiderung) ergibt, die die Klägerinnen in der Rechtssache T-483/93 vorgelegt haben. Nach dieser war nämlich die Lieferung von 750 Tonnen Reis, die mit dem Schiff "Green Tiger" verschifft wurde, das am 3. Januar 1993 in Rotterdam ankam, am 25. Februar 1993, also 53 Tage später, und die Lieferung von 1 100 Tonnen Reis, die mit dem Schiff "Henderika Klein" verschifft wurde, das am 10. Februar 1993 in Rotterdam ankam, am 25. Februar 1993, also 15 Tage später noch nicht verkauft. Die Lagerdauer und die darauf beruhende mögliche Verzögerung des Verkaufs wurden also durch die erste Entscheidung nicht zwangsläufig verlängert.

205 Das gilt auch für die Klägerin Ter Beek in der Rechtssache T-480/93, die zwar behauptet hat, daß ihre Reislieferungen im allgemeinen bei ihrer Ankunft in einem Gemeinschaftshafen verkauft seien, die aber keine spezifische Lieferung an einen bestimmten Käufer angeführt hat, die infolge des Inkrafttretens der ersten Entscheidung hätte verzögert werden können. In Ermangelung konkreter Nachweise lässt sich nicht feststellen, daß der Klägerin Ter Beek ein Schaden entstanden wäre, der gewisse schädliche Auswirkungen einer Rechtsvorschrift auf ihre Wirtschaftsinteressen überschritte, die jeder Unternehmer hinnehmen muß, selbst wenn die Rechtsvorschrift für ungültig erklärt wird (Urteil HNL u. a./Rat und Kommission, Randnr. 6).

206 Im übrigen wurden die Verkäufe ab Mitte April in grossem Umfang wiederaufgenommen (Anhang 23 zur Erwiderung in der Rechtssache T-480/93 und Anhang 24 zur Erwiderung in der Rechtssache T-483/93), und das auf einem Markt, auf dem nach den eigenen Ausführungen der Klägerinnen eine Mangellage bei Gemeinschaftsreis und eine Preishausse herrschten, von der die Klägerinnen profitieren mussten.

207 Selbst wenn die erste Entscheidung den Klägerinnen einen gewissen Schaden zugefügt haben sollte, so war dieser doch keinesfalls unvorhersehbar, so daß sie sich darauf hätten einrichten können. Alle erwähnten Schiffe sind von den Niederländischen Antillen während der Vorbereitungszeit der ersten Entscheidung abgefahren, in der die Klägerinnen angemessen beteiligt waren. Das jeweils dritte Schiff in beiden Rechtssachen ist erst nach dem Erlaß der ersten Entscheidung abgefahren. Selbst wenn der Gemeinschaftsmarkt aufgrund seines Preisniveaus, das ° als Folge der gemeinsamen Agrarpolitik ° erheblich über dem Weltmarktpreisniveau lag, die einzige Absatzmöglichkeit für die Klägerinnen war, so ergibt sich doch mehrfach aus den Akten, daß die Klägerinnen das Risiko kennen mussten, das der Gemeinschaftsvorteil, in dessen vollen Genuß sie erstmals mit dem Erlaß des ÜLG-Beschlusses kamen, ihnen eines Tages wieder entzogen würde. So kann man im Weekly Rice Market Report vom 9. Juni 1992 (Band 73, Nr. 24) lesen, daß "importers report problems with shipments of Surinam und Guyana brown LG via the (Dutch) Antilles route. At this stage it is not yet clear, whether the problems are with sufficient carrier space or that the route is considered increasingly risky for the sellers in... of (possible) actions by the EC Commission to close this route-gap" ["Importeure über Probleme mit Lieferungen von braunem Langkornreis von Surinam und Guyana über die Route der [Niederländischen] Antillen berichten. Es ist noch nicht klar, ob diese Probleme mit hinreichendem Transportvolumen zusammenhängen oder ob diese Route als zunehmend gefährlich für die Verkäufer angesehen wird wegen (möglicher) Maßnahmen der EG-Kommission, um diese Lücke zu schließen"] (Anhang 2 zum Anhang 9 zur Klage in der Rechtssache T-480/93); und im Weekly Rice Market Report vom 4. August 1992 (Band 73, Nr. 32) ist zu lesen, daß "the situation with Surinam rice via so-called Curacao-Route is completely unchanged. Sellers are still trying to enter the market without paying levies, but buyers prefer to await Commission investigation" ["Die Lage für Surinam-Reis über die sogenannte Curaçao-Route ist vollkommen unverändert. Die Verkäufer versuchen weiterhin, ohne Zahlung von Abgaben auf den Markt zu gelangen, aber die Käufer warten das Ergebnis der Kommissionsuntersuchung ab"] (Anhang 2 zum Anhang 9 der Klageschrift in der Rechtssache T-480/93). Im übrigen finden sich in mehreren Kaufverträgen über Reis von den Antillen, die die Klägerinnen im Anhang zu ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts vorgelegt haben, Klauseln, nach denen die Vertragsbedingungen neu auszuhandeln seien, wenn die Einfuhrregelung nach Abschluß des Vertrages geändert werde. Dem Vorbringen der Klägerinnen, diese Klauseln beträfen nur den Fall, daß ein neuer ÜLG-Beschluß erlassen würde, ist nicht zu folgen. Da der letzte ÜLG-Beschluß 1991 erlassen worden war, brauchte ein neuer Beschluß nach Artikel 136 EWGV frühestens 1996 gefasst zu werden. Die genannten Klauseln betrafen daher eine mögliche Änderung der Einfuhrregelung von Reis von den Antillen in die Gemeinschaft, die durch die Einführung der Schutzmaßnahmen ausgelöst war.

208 Nach alledem sind weder das Verschulden noch der Schaden, die die Klägerinnen behaupten, geeignet, die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft auszulösen. Die Schadensersatzanträge sind damit zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

209 Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts kann dieses die Kosten teilen, wenn die Parteien jeweils teilweise unterliegen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen ist, ist sie zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie eines Drittels der Kosten der Klägerinnen zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen sind und die Kommission beantragt hat, die Klägerinnen in die Kosten zu verurteilen, haben sie zwei Drittel ihrer eigenen Kosten zu tragen. Gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts tragen die Streithelfer ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung 93/127/EWG der Kommission vom 25. Februar 1993 zur Einführung von Schutzmaßnahmen bei Reis mit Ursprung in den Niederländischen Antillen wird für nichtig erklärt.

2) Im übrigen werden die Klagen abgewiesen.

3) Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie ein Drittel der Kosten der Klägerinnen. Die Klägerinnen tragen zwei Drittel ihrer eigenen Kosten. Die Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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