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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 15.12.1994
Aktenzeichen: T-489/93
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse, Verordnung (EWG) Nr. 2707/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 zur Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Obst und Gemüse


Vorschriften:

EWG Art. 173 Abs. 2
EWG Art. 39
Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse Art. 25 Abs. 1
Verordnung (EWG) Nr. 2707/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 zur Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Obst und Gemüse Art. 3 Abs. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Umstand, daß für einen Importeur bestimmte Waren zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 846/93 zur Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile auf dem Weg nach der Gemeinschaft waren, reicht nicht aus, um ihn als von dieser Verordnung unmittelbar und individuell betroffen im Sinne des Artikels 173 Absatz 2 des Vertrages anzusehen, so daß eine von ihm gegen diese Verordnung erhobene Nichtigkeitsklage zulässig wäre.

Auch wenn ein solcher Importeur nämlich zu einer geschlossenen Gruppe von Personen gehört, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung feststellbar waren, steht ihm gleichwohl kein Klagerecht zu, sofern die Gemeinschaftsregelung dieser Gruppe keinen spezifischen Schutz eingeräumt hat, den sie gerichtlich durchsetzen können muß. Die für die Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln geltende Regelung verpflichtet die Kommission jedoch nicht, bei der Einführung einer solchen Abgabe der besonderen Situation der unterwegs befindlichen Erzeugnisse Rechnung zu tragen.

Auch der Umstand, daß der betreffende Importeur hinsichtlich der fraglichen Erzeugnisse dem Überwachungssystem der Verordnung Nr. 384/93 unterworfen war, kann kein Klagerecht entstehen lassen, da die nach dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen auf die Überwachung jeder Einfuhr von Äpfeln in die Gemeinschaft, ohne Rücksicht auf ihren Ursprung, gerichtet waren und ihn daher ebenso wie jeden anderen Importeur von Äpfeln betrafen.

2. Die Schadensersatzklage der Artikel 178 und 215 Absatz 2 des Vertrages ist als ein selbständiger Rechtsbehelf geschaffen worden, so daß die Feststellung der Unzulässigkeit eines Antrags auf Nichtigerklärung einer Verordnung nicht automatisch zur Unzulässigkeit des Antrags auf Ersatz des durch den Erlaß der Verordnung angeblich verursachten Schadens führt.

3. Die Haftung der Gemeinschaft für Rechtsetzungsakte, die wirtschaftspolitische Entscheidungen voraussetzen, kann nur durch eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, den einzelnen schützenden Rechtsnorm ausgelöst werden. Eine solche Verletzung kann sich aus einem Ermessensmißbrauch sowie aus einem Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Verhältnismässigkeit und der Gleichbehandlung ergeben, nicht aber aus der unzureichenden Begründung eines Rechtsetzungsaktes.

4. Ein Importeur von Äpfeln mit Ursprung in Chile kann sich nicht darauf berufen, daß der Umstand, daß er eine Ausgleichsabgabe nach der Verordnung Nr. 846/93 für Waren habe entrichten müssen, die sich zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Verordnung auf dem Weg nach der Gemeinschaft befunden hätten, einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes dargestellt habe.

Dieser Grundsatz kann nämlich nicht geltend gemacht werden, wenn ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage war, den Erlaß einer Gemeinschaftsmaßnahme vorauszusehen, die seine Interessen berühren kann, was hier der Fall war, wenn man berücksichtigt, daß die Einführung einer Ausgleichsabgabe nach Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 automatisch erfolgt, wenn der Einfuhrpreis der Äpfel während eines bestimmten Zeitraums unter einer bestimmten Grenze liegt, daß die Ausnahmefälle, in denen von dieser Einführung abgesehen werden kann, sich nur auf Sachlagen beziehen, in denen die Kommission von der Einführung Abstand nimmt, obwohl alle Voraussetzungen hierfür vorliegen, nicht aber auf die Situation bestimmter Waren wie diejenigen, die sich auf dem Weg nach der Gemeinschaft befinden, daß die Unterschiede zwischen einer Ausgleichsabgabe und einer Schutzmaßnahme aufgrund dessen, daß erstere lediglich eine Verteuerung der Einfuhren bewirkt, während letztere sie unmöglich macht, dergestalt sind, daß die analoge Anwendung der in Verbindung mit Schutzmaßnahmen vorgesehenen besonderen Vorschriften für die unterwegs befindlichen Waren auf Ausgleichsabgaben nicht geboten ist, daß die Existenz von Überwachungsmaßnahmen in keiner Weise die Einführung einer Ausgleichsabgabe ausschließt und daß schließlich, wenn eine Ausgleichsabgabe eingeführt worden ist, die Verpflichtung eines bestimmten Importeurs, diese zu entrichten, völlig unabhängig vom Preis der von ihm eingeführten Erzeugnisse besteht.

5. Die Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile durch die Verordnung Nr. 846/93 ist nicht unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit erfolgt, den die Gemeinschaftsorgane bei der Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik zu wahren haben.

Zum einen würde nämlich der Vorrang, der angeblich den Interessen der Landwirte gegenüber denjenigen der Verbraucher durch diese Maßnahme, die die Einhaltung des Grundsatzes der Gemeinschaftspräferenz gewährleisten soll, eingeräumt wurde, der jedoch nicht nachgewiesen worden ist, keinen solchen Verstoß darstellen, da nicht alle Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik gleichzeitig in vollem Umfang erreicht werden können und somit einem von ihnen ein zeitweiliger Vorrang eingeräumt werden kann.

Zum anderen ist der Rückgriff auf eine Ausgleichsabgabe als solcher weniger restriktiv für die Importeure als eine Aussetzung der Einfuhren, die nach der einschlägigen Gemeinschaftsregelung ebenfalls zulässig wäre, und bringt damit das Streben nach Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit zum Ausdruck, ohne daß auf den Umstand abgestellt werden müsste, daß die Nachteile einer Aussetzung der Einfuhren für eine bestimmte Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern geringer gewesen wären als diejenigen einer Ausgleichsabgabe.

6. Da nicht nachgewiesen worden ist, daß bei der Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile durch die Verordnung Nr. 846/93 ein Ausnahmefall vorgelegen hätte, in dem aufgrund von Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 über die gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse von der Einführung einer solchen Abgabe abgesehen werden kann, obwohl die Voraussetzungen, die die Kommission normalerweise hierzu verpflichten, vorliegen, kann ein Kläger nicht damit gehört werden, daß die Kommission durch die Einführung dieser Abgabe einen Ermessensmißbrauch begangen habe, da ein solcher nur denkbar ist, wenn ein weiter Ermessensspielraum besteht.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 15. DEZEMBER 1994. - UNIFRUIT HELLAS EPE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - AUSGLEICHSABGABE - PRODUKTE AUF DEM WEG NACH DER GEMEINSCHAFT - VERTRAUENSSCHUTZ - GRUNDSATZ DER VERHAELTNISMAESSIGKEIT - GLEICHBEHANDLUNG - ERMESSENSMISSBRAUCH. - RECHTSSACHE T-489/93.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen des Rechtsstreits

1 Der Rechtsstreit, dessen rechtlichen Rahmen die Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. L 118, S. 1, später mehrfach geändert) bildet, bezieht sich insbesondere auf die in dieser Verordnung vorgesehenen Schutzinstrumente für den Handel mit Drittländern, nämlich die Ausgleichsabgabe und die Schutzmaßnahmen.

2 Die Ausgleichsabgabe soll für Obst und Gemüse ein bestimmtes Preisniveau auf dem Gemeinschaftsmarkt sicherstellen. Artikel 23 der Verordnung Nr. 1035/72 sieht daher vor, daß jedes Jahr für jedes unter die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse fallende Produkt ein Referenzpreis festgesetzt wird, um "Störungen infolge von Angeboten aus dritten Ländern zu anormalen Preisen zu vermeiden". Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 bestimmt: "Liegt der Einfuhrpreis bei der Einfuhr eines Erzeugnisses aus einem Drittland an zwei aufeinanderfolgenden Markttagen um mindestens 0,6 ECU unter dem Referenzpreis, so wird ausser in Ausnahmefällen bei der Einfuhr dieses Erzeugnisses aus dem betreffenden Herkunftsland eine Ausgleichsabgabe erhoben. Diese Ausgleichsabgabe ist gleich der Differenz zwischen dem Referenzpreis und dem arithmetischen Mittel der beiden letzten, für das betreffende Herkunftsland verfügbaren Einfuhrpreise, nachstehend: 'mittlerer Einfuhrpreis' genannt. Dieser mittlere Einfuhrpreis wird nunmehr an jedem Markttag für jedes Herkunftsland errechnet, bis in bezug auf das betreffende Herkunftsland die Ausgleichsabgabe aufgehoben wird." Der in der Vorschrift genannte Einfuhrpreis entspricht gemäß Artikel 24 Absatz 3 der Verordnung der niedrigsten Notierung oder dem arithmetischen Mittel der niedrigsten Notierungen für mindestens 30 v. H. der auf allen repräsentativen Märkten, für die Notierungen vorliegen, vermarkteten Mengen aus dem betreffenden Herkunftsland.

3 Die Ausgleichsabgabe, die für alle Mitgliedstaaten gleich hoch ist, tritt zu den geltenden Zöllen hinzu (Artikel 25 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1035/72). Sie wird nicht geändert, sofern die Veränderung der Berechnungsfaktoren nach ihrer tatsächlichen Anwendung nicht an drei aufeinanderfolgenden Markttagen zu einer Veränderung ihres Betrages um mehr als 1,2 ECU führt, und sie wird aufgehoben, sobald der Einfuhrpreis an zwei aufeinanderfolgenden Markttagen mindestens so hoch liegt wie der Referenzpreis (Artikel 26 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72).

4 Zu den Schutzmaßnahmen bestimmt Artikel 29 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1035/72: "Im Handel mit dritten Ländern können geeignete Maßnahmen angewandt werden,... wenn in der Gemeinschaft der Markt für... Erzeugnisse aufgrund von Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht wird, die die Ziele des Artikels 39 des Vertrages gefährden könnten..." Artikel 29 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich lässt Schutzmaßnahmen ° u. a. für Äpfel ° zu, "wenn sich die... Rücknahme- oder Ankaufsmaßnahmen... auf erhebliche Mengen beziehen". Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2707/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 zur Festlegung der Voraussetzungen für die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf dem Sektor Obst und Gemüse (ABl. L 291, S. 3) bestimmt, daß als Schutzmaßnahmen die Aussetzung der Einfuhren oder Ausfuhren oder die Erhebung von Ausfuhrabgaben getroffen werden können. Für den in Artikel 29 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1035/72 vorgesehenen Fall können folgende Maßnahmen getroffen werden: "die Aussetzung der Einfuhren oder die Erhebung eines Zusatzbetrags in Höhe von 50 v. H. des Unterschieds zwischen dem Grundpreis und [einem für den Rücknahmepreis vorgesehenen Hoechstbetrag]. Dieser Zusatzbetrag kommt zu den Zöllen und gegebenenfalls zu den nach Artikel 25 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 eingeführten etwaigen Ausgleichsabgaben hinzu."

5 Schließlich bestimmt Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72, daß die "[Schutzmaßnahmen]... der besonderen Lage der Erzeugnisse Rechnung [tragen], die sich auf dem Weg nach der Gemeinschaft befinden. Sie dürfen sich nur auf Erzeugnisse erstrecken, deren Herkunfts- oder Bestimmungsland ein drittes Land ist. Sie können auf Einfuhren mit Herkunft aus oder Ursprung in bestimmten Ländern, Ausfuhren nach bestimmten Ländern, bestimmte Qualitäten, Grössensortierungen oder Sortengruppen beschränkt werden."

6 Am 19. Februar 1993 erließ die Kommission die Verordnung (EWG) Nr. 384/93 mit Sondermaßnahmen zur Überwachung der Einfuhr von Äpfeln aus Drittländern (ABl. L 43, S. 33). Diese Verordnung ist auf Artikel 29 der Verordnung Nr. 1035/72 gestützt. Gemäß Artikel 1 der Verordnung Nr. 384/93 werden Äpfel bis zum 1. September 1993 nur gegen Vorlage einer Einfuhrlizenz zum freien Verkehr in der Gemeinschaft abgefertigt. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung unterliegt zum einen die Erteilung der Einfuhrlizenz der Stellung einer Sicherheit in Höhe von 1,5 ECU je 100 kg Nettogewicht und verfällt zum anderen die Sicherheit ganz oder teilweise, wenn die in der Lizenz angegebenen Mengen während ihrer Gültigkeitsdauer nicht oder nur teilweise zum freien Verkehr abgefertigt werden.

7 Am 7. April 1993 erließ die Kommission die Verordnung (EWG) Nr. 846/93 zur Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile (ABl. L 88, S. 30). Mit der Verordnung, die sich ausdrücklich auf Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 stützt, wurde die Abgabe auf 1,84 ECU je 100 kg Eigengewicht festgesetzt. Die Verordnung Nr. 846/93 trat am 9. April 1993 in Kraft.

8 Die Ausgleichsabgabe wurde u. a. durch die Verordnungen (EWG) Nrn. 915/93, 1396/93 und 1467/93 der Kommission vom 19. April 1993, 7. Juni 1993 und 15. Juni 1993 geändert, mit denen die Verordnung Nr. 846/93 zur Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile geändert wurde (ABl. L 94, S. 26, L 137, S. 9, und L 144, S. 11).

Sachverhalt und Verfahren

9 Die Klägerin befasst sich hauptsächlich mit der Einfuhr und der Ausfuhr von Obst und Gemüse. Anfang 1993 kaufte sie bei zwei Unternehmen mit Sitz in Chile ungefähr 2 Millionen kg Äpfel.

10 Die Äpfel wurden im Hafen von Valparaiso (Chile) auf zwei Schiffe zur Beförderung nach Griechenland verladen. Nach Darstellung der Klägerin verließ das erste Schiff Chile am 25. März 1993 und kam in Griechenland am 18. April 1993 an, das zweite Schiff soll Chile am 13. April 1993 verlassen haben und am 6. Mai 1993 in Griechenland angekommen sein.

11 Die Klägerin behauptet, sie habe die griechische Interventionsstelle bereits am 18. März 1993 mit Anträgen auf Erteilung von Einfuhrlizenzen befasst. Die von der Klägerin eingeführten Äpfel wurden der Ausgleichsabgabe nach der Verordnung Nr. 846/93 vom 7. April 1993 in der Fassung der Verordnungen Nrn. 915/93, 1396/93 und 1467/93 unterworfen.

12 Unter diesen Umständen hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 30. Juni 1993 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen worden ist, die vorliegende Klage erhoben.

13 Der Gerichtshof hat mit Beschluß vom 27. September 1993 die Rechtssache gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht verwiesen.

14 Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Das Gericht hat jedoch die Klägerin aufgefordert, bestimmte schriftliche Fragen zu beantworten.

15 Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 22. September 1994 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

16 Die Klägerin beantragt,

° die Verordnungen Nrn. 846/93, 915/93, 1396/93 und 1467/93 für nichtig oder für auf die Klägerin nicht anwendbar zu erklären;

° festzustellen, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft verpflichtet ist, der Klägerin für den gesamten Schaden (Verlust und entgangener Gewinn), den sie aufgrund der rechtswidrigen Vorschriften der genannten Verordnungen sowie aufgrund jeder Entscheidung oder Handlung, die in Anwendung dieser Verordnungen erfolgt ist oder erfolgen wird, Ersatz zu leisten; ferner festzustellen, daß sie zur Festlegung des Schadensersatzbetrags verpflichtet ist, der sowohl den bereits erlittenen, auf 104 614 783 DR geschätzten Schaden zuzueglich der vertraglichen Zinsen als auch den durch die rechtswidrigen und schädigenden Handlungen der Kommission noch entstehenden Schaden, dessen genaue Bemessung sich die Klägerin für die Zukunft vorbehält, einschließt, zu dem die gesetzlichen Zinsen ab Klageerhebung hinzukommen;

° jede weitere vom Gericht für notwendig oder nützlich gehaltene Maßnahme zu ergreifen;

° der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

17 Die Kommission beantragt,

° den Antrag auf Nichtigerklärung sowie den Antrag auf Schadensersatz als unzulässig abzuweisen;

° hilfsweise, die beiden Anträge als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit

Zu den Anträgen nach Artikel 173 EWG-Vertrag

18 Die Kommission hält die Anträge auf Nichtigerklärung der Verordnungen Nrn. 846/93, 915/93, 1396/93 und 1467/93 für offensichtlich unzulässig, weil die streitigen Handlungen Verordnungen von allgemeiner Geltung seien, die sämtliche Frischobsthändler der Gemeinschaft beträfen. Die Ausgleichsabgaben würden in fast mathematischer Weise festgelegt, sobald der Referenzpreis im Vergleich zu den repräsentativen Märkten ein bestimmtes Niveau erreiche; auf jeden Fall beträfen die streitigen Verordnungen die Klägerin nicht unmittelbar und individuell.

19 Die Klägerin macht geltend, sie sei durch die streitigen Verordnungen insoweit unmittelbar betroffen, als diese die nationalen Behörden zwängen, eine Ausgleichsabgabe für die betreffenden Produkte zu erheben, ohne ihnen einen Ermessensspielraum zu lassen. Darüber hinaus hält sie sich unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88 (Sofrimport/Kommission, Slg. 1990, I-2477) für durch die streitigen Verordnungen individuell betroffen, weil sie zu einer begrenzten Gruppe von Importeuren gehört habe, die gegenüber anderen Importeuren hinreichend abgegrenzt gewesen sei, weil die auf dem chilenischen Markt gekauften Äpfel den durch die Verordnung Nr. 384/93 eingeführten Überwachungsmaßnahmen unterworfen gewesen seien und sich ferner auf dem Weg nach der Gemeinschaft befunden hätten.

20 Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages, der bei Klageerhebung galt, macht nach ständiger Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 24. Februar 1987 in der Rechtssache 26/86, Deutz und Geldermann/Rat, Slg. 1987, 941, Randnr. 6) die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage eines einzelnen davon abhängig, daß die angefochtene Handlung, auch wenn sie in Form einer Verordnung erfolgt ist, in Wirklichkeit eine Entscheidung darstellt, die den Kläger unmittelbar und individuell betrifft. Wie das Gericht in seinem Beschluß vom 28. Oktober 1993 in der Rechtssache T-476/93 (FRSEA und FNSEA/Rat, Slg. 1993, II-1187, Randnr. 19) ausgeführt hat, bezweckt diese Vorschrift insbesondere, zu verhindern, daß die Gemeinschaftsorgane durch die blosse Wahl der Form einer Verordnung die Klage eines einzelnen gegen eine ihn unmittelbar und individuell betreffende Entscheidung ausschließen können (vgl. auch Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juni 1980 in den verbundenen Rechtssachen 789/79 und 790/79, Calpak/Kommission, Slg. 1980, 1949, Randnr. 7, und Deutz und Geldermann/Rat, a. a. O., Randnr. 6).

21 Nach gefestigter Rechtsprechung kann auch die Möglichkeit, die Anzahl oder sogar die Identität der Rechtssubjekte, auf die eine Maßnahme zu einem gegebenen Zeitpunkt anwendbar ist, mehr oder weniger genau zu bestimmen, den Verordnungscharakter dieser Maßnahme nicht in Frage stellen, wenn feststeht, daß diese Anwendung aufgrund einer in der Maßnahme im Zusammenhang mit deren Zielsetzung umschriebenen objektiven Rechts- oder Sachlage erfolgt (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 16. April 1970 in der Rechtssache 64/69, Compagnie française commerciale et financière/Kommission, Slg. 1970, 221, Randnr. 11, vom 5. Mai 1977 in der Rechtssache 101/76, Koninklijke Scholten Honig/Rat und Kommission, Slg. 1977, 797, Randnr. 23, vom 16. März 1978 in der Rechtssache 123/77, Unicme u. a./Rat, Slg. 1978, 845, Randnr. 16, Calpak/Kommission, a. a. O., Randnr. 9, vom 30. September 1982 in der Rechtssache 242/81, Roquette Frères/Rat, Slg. 1982, 3213, Randnr. 7, Deutz und Geldermann/Rat, a. a. O., Randnr. 8, vom 24. November 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-15/91 und C-108/91, Buckl u. a./Kommission, Slg. 1992, I-6061, Randnr. 25, vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-213/91, Abertal u. a./Kommission, Slg. 1993, I-3177, Randnr. 17, und vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 18, sowie Beschluß FRSEA und FNSEA/Rat, a. a. O., Randnr. 19). Wirtschaftsteilnehmer können nur dann als von einer allgemein geltenden Maßnahme eines Gemeinschaftsorgans individuell betroffen angesehen werden, wenn ihre Rechtsstellung aufgrund einer Sachlage berührt wird, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebt und sie in ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten (vgl. dazu Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 211, 238, und Codorniu/Rat, a. a. O., Randnr. 20, sowie Beschluß des Gerichtshofes vom 21. Juni 1993 in der Rechtssache C-257/93, Van Parijs u. a./Rat und Kommission, Slg. 1993, I-3335, Randnr. 9, und Beschluß FRSEA und FNSEA/Rat, a. a. O., Randnr. 20).

22 Im vorliegenden Fall begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 846/93 zur Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile sowie bestimmter weiterer Verordnungen, mit denen der Betrag der Abgabe geändert wurde.

23 Nach Auffassung des Gerichts beziehen sich die streitigen Verordnungen, mit denen eine Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile festgelegt wurde, nicht speziell auf die Klägerin, sondern betreffen sie nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Importeur chilenischer Äpfel und damit ebenso wie jeden anderen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in der gleichen Lage befindet.

24 Dem Vorbringen der Klägerin, die unter Berufung auf das Urteil Sofrimport/Kommission, a. a. O., geltend macht, sie sei hinreichend dadurch individualisiert, daß ihre Produkte zu dem Zeitpunkt, als mit den streitigen Verordnungen die Ausgleichsabgabe eingeführt worden sei, bereits auf dem Weg nach der Gemeinschaft gewesen seien, kann nicht gefolgt werden. In der Rechtssache Sofrimport/Kommission hatte dieses Unternehmen nämlich insbesondere die Nichtigerklärung der Verordnung (EWG) Nr. 962/88 der Kommission vom 12. April 1988 zur Aussetzung der Erteilung von Einfuhrlizenzen für Tafeläpfel mit Ursprung in Chile (ABl. L 95, S. 10) sowie die Nichtigerklärung der Verordnung (EWG) Nr. 984/88 der Kommission vom 14. April 1988 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 962/88 (ABl. L 98, S. 37) beantragt. Der Gerichtshof hatte in dieser Rechtssache zum einen festgestellt, daß sich die Klägerin in der Lage befand, auf die Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 Bezug nimmt, wonach die Kommission verpflichtet ist, beim Erlaß derartiger Maßnahmen der besonderen Lage der Erzeugnisse Rechnung zu tragen, die sich auf dem Weg nach der Gemeinschaft befinden. Die Importeure, deren Erzeugnisse sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung auf dem Weg nach der Gemeinschaft befanden, bildeten nach Auffassung des Gerichtshofes eine geschlossene Gruppe, die sich aus dem Kreis aller übrigen Importeure chilenischer Äpfel hinreichend heraushob. Zum anderen vertrat der Gerichtshof die Auffassung, daß diese Importeure, da Artikel 3 Absatz 3 ihnen einen besonderen Schutz angedeihen lasse, auf der Gewährung dieses Schutzes bestehen durften und insoweit in der Lage sein mussten, Klage zu erheben. Der Gerichtshof hat daher entschieden, daß die von Sofrimport erhobene Nichtigkeitsklage zulässig sei, soweit sie die Anwendung von Schutzmaßnahmen auf Erzeugnisse auf dem Weg nach der Gemeinschaft betreffe.

25 Im vorliegenden Fall bildeten die Importeure, deren Erzeugnisse zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 846/93 zur Einführung einer Ausgleichsabgabe auf dem Weg nach der Gemeinschaft waren, nach Auffassung des Gerichts ebenfalls eine geschlossene Gruppe von Personen, die im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung feststellbar waren. Dieser Umstand reicht indessen nach der vorstehend (Randnr. 21) angeführten Rechtsprechung nicht aus, um diese Wirtschaftsteilnehmer allein deswegen als von dieser Verordnung individuell betroffen anzusehen. Die Zulässigkeit der vorliegenden Nichtigkeitsklage setzt nämlich nach den in der Rechtssache Sofrimport/Kommission aufgestellten Kriterien ferner voraus, daß die Regelung über die Einführung von Ausgleichsabgaben der Kommission die Verpflichtung auferlegt, der besonderen Situation der Erzeugnisse auf dem Weg nach der Gemeinschaft Rechnung zu tragen.

26 Weder Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72, der bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Einführung einer Ausgleichsabgabe vorsieht, noch irgendeine andere Vorschrift über die Ausgleichsabgabe erlegt indessen der Kommission ° im Gegensatz zu dem, was Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 für die Schutzmaßnahmen vorsieht ° die Verpflichtung auf, die besondere Lage der Erzeugnisse auf dem Weg nach der Gemeinschaft zu berücksichtigen, wenn sie eine Verordnung zur Einführung einer Ausgleichsabgabe erlässt.

27 Das Gericht ist ferner der Auffassung, daß auch der Umstand, daß die von der Klägerin gekauften Äpfel den Überwachungsmaßnahmen nach der Verordnung Nr. 384/93 unterworfen wurden, die Klägerin nicht gegenüber allen anderen Importeuren von Äpfeln individualisieren kann. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Maßnahmen nach der Verordnung Nr. 384/93, deren Rechtmässigkeit im vorliegenden Fall nicht in Frage steht, auf die Überwachung jeder Einfuhr von Äpfeln ohne Rücksicht auf ihren Ursprung in die Gemeinschaft gerichtet waren und damit die Klägerin ebenso wie jeden anderen Importeur von Äpfeln betrafen. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht geltend machen, daß sie gerade wegen der Anwendung der Überwachungsmaßnahmen nach der Verordnung Nr. 384/93 durch die Verordnungen zur Einführung und Änderung der Ausgleichsabgabe in gleicher Weise wie ein Adressat einer Einzelentscheidung in ihrer Rechtsstellung berührt werde.

28 Selbst wenn also bewiesen wäre, daß die Erzeugnisse der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 846/93 auf dem Weg nach der Gemeinschaft waren, würde sich daraus nicht ergeben, daß die Klägerin von dieser Verordnung oder den anderen später erlassenen Verordnungen zur Änderung der Verordnung Nr. 846/93 individuell betroffen ist.

29 Unter diesen Umständen ist die Klage als unzulässig abzuweisen, soweit sie auf die Nichtigerklärung der Verordnungen Nrn. 846/93, 915/93, 1396/93 und 1467/93 gerichtet ist, ohne daß geprüft werden müsste, ob die Klägerin von den streitigen Verordnungen unmittelbar betroffen ist.

Zu den Anträgen nach den Artikeln 178 und 215 EWG-Vertrag

30 Die Kommission vertritt die Auffassung, daß die Schadensersatzanträge offensichtlich unbegründet seien, weil sie eng mit den Anträgen auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnungen zusammenhingen.

31 Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Schadensersatzklage ein selbständiger Rechtsbehelf ist, der im System der Klagemöglichkeiten des Vertrages seine eigene Funktion hat (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 26. Februar 1986 in der Rechtssache 175/84, Krohn/Kommission, Slg. 1986, 753, Randnr. 32). Aus dieser Rechtsprechung zum selbständigen Charakter des Schadensersatzantrags folgt, daß die Feststellung der Unzulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung für sich genommen nicht zur Unzulässigkeit des Schadensersatzantrags führt (vgl. Beschluß Van Parijs u. a./Rat und Kommission, a. a. O., Randnr. 14).

32 Das Gericht hat daher über die Anträge auf Verurteilung der Gemeinschaft zum Ersatz des der Klägerin durch den Erlaß der streitigen Verordnungen angeblich entstandenen Schadens zu entscheiden.

Zur Begründetheit

Vorbemerkungen

33 Die Klägerin macht geltend, die Handlungen und Unterlassungen, auf die sich ihre Nichtigkeitsgründe stützten, stellten Amtsfehler der Kommission dar, die ihr einen schweren Schaden zugefügt hätten, dessen Ersatz sie begehre. In den Anträgen ihrer Klageschrift hat die Klägerin den erlittenen Schaden mit 104 614 783 DR beziffert, zu denen vertragliche und gesetzliche Zinsen ab Klageerhebung hinzukommen sollen.

34 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin zur Stützung ihrer Anträge auf Nichtigerklärung sechs Gründe geltend gemacht hat. Der erste betrifft eine Verletzung des Artikels 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72, der zweite einen angeblichen Ermessensmißbrauch, der dritte einen Mangel der Begründung der streitigen Handlungen, der vierte eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, der fünfte eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der sechste schließlich eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes.

35 Sodann ist zu bemerken, daß die Handlungen, auf denen nach dem Vorbringen der Klägerin der behauptete Schaden beruht, rechtsetzende Handlungen sind. Insoweit weist das Gericht darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung die Haftung der Gemeinschaft für eine rechtsetzende Handlung, die wirtschaftspolitische Entscheidungen voraussetzt, nur durch eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm ausgelöst werden kann (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 2. Juni 1976 in den verbundenen Rechtssachen 56/74 bis 60/74, Kampffmeyer u. a./Rat und Kommission, Slg. 1976, 711, Randnr. 13, vom 25. Mai 1978 in den verbundenen Rechtssachen 83/76 und 94/76, 4/77, 15/77 und 40/77, HNL u. a./Rat und Kommission, Slg. 1978, 1209, Randnr. 4, und vom 4. Oktober 1979 in der Rechtssache 238/78, Ireks-Arkady/Rat und Kommission, Slg. 1979, 2955, Randnr. 9).

36 Da die Einführung einer Ausgleichsabgabe durch eine rechtsetzende Handlung erfolgt, die wirtschaftspolitische Entscheidungen voraussetzt, ist die Begründetheit der vorliegenden Klage nach Maßgabe dieser Erfordernisse zu prüfen. Dementsprechend ist zu prüfen, in welchem Umfang die einzelnen Nichtigkeitsgründe auf die Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm gestützt sind.

37 Der erste Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Artikels 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 geltend gemacht wird, gliedert sich in zwei Teile: Die Klägerin trägt erstens vor, die mit der Ausgleichsabgabe belegten chilenischen Äpfel seien von höherer Qualität als die Äpfel gewesen, für die der Referenzpreis errechnet worden sei, so daß die Kommission einen schwerwiegenden und offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe, als sie eine Ausgleichsabgabe eingeführt habe. Da sich die Klägerin bei diesem ersten Teil des Klagegrundes in Wirklichkeit darauf beschränkt, einen angeblichen offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission bezueglich der Qualität der eingeführten chilenischen Äpfel zu beanstanden, ohne aus diesem offensichtlichen Fehler unmittelbar die Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm abzuleiten, kann dieser Teil des Klagegrundes, der übrigens durch den Akteninhalt in keiner Weise belegt wird, eine ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft nicht begründen.

38 Mit dem zweiten Teil des Klagegrundes wird geltend gemacht, die Verordnung Nr. 846/93 hätte die besondere Lage der Erzeugnisse berücksichtigen müssen, die sich zum Zeitpunkt ihres Erlasses auf dem Weg nach der Gemeinschaft befunden hätten.

39 Das Gericht ist dagegen der Auffassung, daß sich nur dieser zweite Teil des Klagegrundes, der im übrigen mit dem sechsten im vorliegenden Fall geltend gemachten Klagegrund übereinstimmt, auf eine Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm bezieht, nämlich des Grundsatzes des Vertrauensschutzes (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 14. Mai 1975 in der Rechtssache 74/74, Slg. 1975, 533, Randnr. 44, Sofrimport/Kommission, a. a. O., Randnr. 26, und vom 19. Mai 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 15).

40 Zum zweiten Nichtigkeitsgrund, der sich auf einen Ermessensmißbrauch stützt, ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ein Ermessensmißbrauch eines Gemeinschaftsorgans, im vorliegenden Fall der Kommission, bei Erlaß eines Rechtsetzungsaktes die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft begründen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 6. Juni 1990 in der Rechtssache C-119/88, ÄRPO u. a./Kommission, Slg. 1990, I-2189, Randnr. 19).

41 Was den dritten Klagegrund angeht, mit dem die mangelnde Begründung der streitigen Akte geltend gemacht wird, so entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß die unzureichende Begründung eines Rechtsetzungsaktes die Haftung der Gemeinschaft nicht auslösen kann (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 15. September 1982 in der Rechtssache 106/81, Kind/EWG, Slg. 1982, 2885, Randnr. 14, und ÄRPO u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 20). Im übrigen zeigt eine Prüfung der Begründungserwägungen der streitigen Verordnungen auf jeden Fall, daß diese im Hinblick auf die Anforderungen des Artikels 190 des Vertrages ausreichend begründet sind.

42 Zu den übrigen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründen ist darauf hinzuweisen, daß sie nach ständiger Rechtsprechung alle die Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm betreffen. Dies gilt für den vierten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit geltend gemacht wird (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Januar 1987 in der Rechtssache 281/84, Zuckerfabrik Bedburg u. a./Rat und Kommission, Slg. 1987, 49), für den fünften Klagegrund, der auf eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gestützt wird (vgl. Urteil HNL u. a./Rat und Kommission, a. a. O., Randnr. 5), und für den sechsten Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes geltend gemacht wird (vgl. Urteile Sofrimport/Kommission, a. a. O., Randnr. 26, Mulder u. a./Rat und Kommission, a. a. O., Randnr. 15, und CNTA/Kommission, a. a. O., Randnr. 44).

43 Das Gericht hat daher die Klagegründe der Klägerin zu prüfen, mit denen i) eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, ii) eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, iii) eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und iv) ein Ermessensmißbrauch gerügt werden.

Zur angeblichen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Parteien

44 Mit dem ersten und dem sechsten Klagegrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt. Zum Nachweis der Verletzung dieses Grundsatzes bringt sie im wesentlichen vier Argumente vor.

45 Sie ist erstens der Auffassung, das Ziel sowohl des Vorbehalts der "Ausnahmefälle" in Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 als auch des im vorliegenden Fall analog anzuwendenden Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 sei es, die Gemeinschaftsimporteure der in den genannten Verordnungen angeführten Erzeugnisse gegen die nachteiligen Auswirkungen der möglichen Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane zu schützen. Die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe für Wirtschaftsteilnehmer, deren Erzeugnisse auf dem Weg nach der Gemeinschaft seien, stelle somit einen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstossenden Akt der Kommission dar.

46 Die Klägerin macht zweitens geltend, die Einführung besonderer Überwachungsmaßnahmen zusammen mit der Stellung einer Sicherheit durch die Verordnung Nr. 384/93 stelle bereits eine erste Schutzmaßnahme dar, die ihrem Wesen nach die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe für die Unternehmen, die sich ihr freiwillig und guten Glaubens unterworfen hätten, ausgeschlossen habe. Die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe sei nicht vorhersehbar gewesen, da sie zu folgendem paradoxen Ergebnis führe: Bei Nichteinfuhr der Waren laufe der Importeur Gefahr, die in der Verordnung Nr. 384/93 vorgesehene Sicherheit zu verlieren, während er sich bei der Einfuhr der Erhebung einer Ausgleichsabgabe gegenübersehe, auch wenn er keinen Fehler begangen habe, der diese Erhebung rechtfertige.

47 Die Klägerin bringt drittens vor, daß die Auferlegung einer Ausgleichsabgabe auch deshalb völlig unwahrscheinlich gewesen sei, weil der Eingangspreis ihrer Erzeugnisse um 40 % bis 63 % höher gewesen sei als der Referenzpreis.

48 Schließlich trägt die Klägerin vor, der Abschluß eines Kooperationsrahmenabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Chile am 20. Dezember 1990 (ABl. 1991, L 79, S. 1) habe ein Klima des Vertrauens zwischen der Gemeinschaft und Chile geschaffen, das den Erlaß einseitiger Maßnahmen ohne vorherige Verhandlung ausgeschlossen habe.

49 Die Kommission legt dar, daß der Vorbehalt der "Ausnahmefälle" in Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 lediglich die Fälle betreffe, in denen die Zahlen zur Festsetzung einer Ausgleichsabgabe führen müssten, diese Festsetzung aber nicht notwendig sei, weil das betreffende Handelsvolumen zu unbedeutend sei. Die chilenischen Äpfel könnten indessen angesichts des bedeutenden Volumens ihrer Einfuhren nicht unter diesen Vorbehalt fallen.

50 Die Kommission ist der Auffassung, daß sich die Klägerin auf eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes hätte berufen können, wenn sie sich einer Schutzmaßnahme gegenübergesehen hätte, die keine Ausnahme für unterwegs befindliche Erzeugnisse vorgesehen hätte. Im vorliegenden Fall handele es sich aber um eine ständig angewandte Regelungsmaßnahme, die auf die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse zurückgehe, und nicht um eine Schutzmaßnahme, die eine aussergewöhnliche Maßnahme unter bedrohlichen konjunkturellen Bedingungen sei. Eine Ausnahme für unterwegs befindliche Waren würde der Maßnahme, mit der zur Regelung der Märkte für Obst und Gemüse eine Ausgleichsabgabe eingeführt werde, jede Wirksamkeit und jede praktische Wirkung nehmen. Das Handelsabkommen zwischen der Gemeinschaft und der Republik Chile stehe in keinem ihr erkennbaren Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsstreit.

Würdigung durch das Gericht

51 Nach ständiger Rechtsprechung kann sich jeder Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat, auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Ist ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer jedoch in der Lage, den Erlaß einer Gemeinschaftsmaßnahme vorauszusehen, die seine Interessen berühren kann, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 1. Februar 1978 in der Rechtssache 78/77, Lührs, Slg. 1978, 169, Randnr. 6, und vom 11. März 1987 in der Rechtssache 265/85, Van den Bergh en Jurgens/Kommission, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44).

52 Es ist also zu prüfen, ob ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer Anfang 1993 die Einführung einer Ausgleichsabgabe auf chilenische Äpfel hätte voraussehen können.

53 Es ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission, wenn sie feststellt, daß der Einfuhrpreis bei der Einfuhr eines Erzeugnisses aus einem Drittland an zwei aufeinanderfolgenden Markttagen um mindestens 0,6 ECU unter dem Referenzpreis liegt, gemäß Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 ausser in Ausnahmefällen eine Ausgleichsabgabe auf diese Erzeugnisse einführt. Angesichts der Automatik der Anwendung dieser Vorschrift ist das Gericht der Auffassung, daß ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer normalerweise so zu betrachten ist, daß er in der Lage ist, die Erhebung einer Ausgleichsabgabe auf die Erzeugnisse, die unter den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1035/72 fallen, vorauszusehen.

54 Zu dem Vorbringen der Klägerin, die die Auffassung vertritt, ihre Lage stelle einen "Ausnahmefall" nach Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 dar, der insbesondere die auf dem Weg nach der Gemeinschaft befindlichen Erzeugnisse von jeder Ausgleichsabgabe freistellen wolle, ist darauf hinzuweisen, daß es in Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 wie folgt heisst: "Liegt der Einfuhrpreis bei der Einfuhr eines Erzeugnisses aus einem Drittland an zwei aufeinanderfolgenden Markttagen um mindestens 0,6 ECU unter dem Referenzpreis, so wird ausser in Ausnahmefällen bei der Einfuhr dieses Erzeugnisses aus dem betreffenden Herkunftsland eine Ausgleichsabgabe erhoben." Nach Ansicht des Gerichts ist der Vorbehalt der "Ausnahmefälle" dahin auszulegen, daß er sich ausschließlich auf Sachlagen bezieht, in denen die Kommission von der Erhebung einer Ausgleichsabgabe absieht, obwohl alle Voraussetzungen für deren Erhebung vorliegen. Diese Vorschrift ermöglicht es indessen der Kommission nicht, wenn sie eine Ausgleichsabgabe einführt, hiervon bestimmte Erzeugnisse wie die Erzeugnisse auf dem Weg nach der Gemeinschaft auszunehmen.

55 Der Vorbehalt der "Ausnahmefälle" in Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 konnte daher bei der Klägerin keine berechtigte Erwartung begründen, daß ihre Erzeugnisse, auch wenn sie auf dem Weg nach der Gemeinschaft waren, nicht mehr mit einer Ausgleichsabgabe belegt werden könnten.

56 Ferner ist zu prüfen, ob Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72, der die Kommission im Hinblick auf den Schutz des berechtigten Vertrauens der Wirtschaftsteilnehmer (vgl. Urteil Sofrimport/Kommission, a. a. O., Randnr. 26) verpflichtet, beim Erlaß von Schutzmaßnahmen der besonderen Lage der Erzeugnisse Rechnung zu tragen, die sich auf dem Weg nach der Gemeinschaft befinden, im Wege der Analogie, wie die Klägerin verlangt, auf eine Verordnung, mit der eine Ausgleichsabgabe eingeführt wird, anzuwenden ist.

57 Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 11. Juli 1978 in der Rechtssache 6/78, Union française des céréales, Slg. 1978, 1675, Randnr. 4, und vom 12. Dezember 1985 in der Rechtssache 165/84, Krohn, Slg. 1985, 3997, Randnr. 14) können sich die Wirtschaftsteilnehmer auf die analoge Anwendung einer Verordnung, die normalerweise nicht auf sie anwendbar ist, berufen, wenn sie nachweisen, daß die rechtliche Regelung, die für sie gilt, mit derjenigen, deren analoge Anwendung sie fordern, eng verwandt ist und darüber hinaus eine Lücke aufweist, die mit einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts unvereinbar ist und durch analoge Anwendung geschlossen werden kann.

58 Daher müsste, um Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 im Rahmen des Artikels 25 der Verordnung Nr. 1035/72 analog anwenden zu können, eine Ausgleichsabgabe zunächst mit einer Schutzmaßnahme verwandt sein.

59 Insoweit bestimmt Artikel 29 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1035/72 u. a., daß Schutzmaßnahmen angewandt werden können, "wenn in der Gemeinschaft der Markt für... Erzeugnisse aufgrund von Einfuhren... ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht wird, die die Ziele des Artikels 39 des Vertrages gefährden könnten". Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2707/72 bestimmt, daß die Kommission beim Eintritt einer solchen Lage die "Aussetzung der Einfuhren" beschließen kann. Tritt die in Artikel 29 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich beschriebene Lage ein, d. h., beziehen sich die Rücknahme- oder Ankaufsmaßnahmen für Äpfel auf erhebliche Mengen, so kann die Kommission gemäß Artikel 3 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 2707/72 "die Aussetzung der Einfuhren oder die Erhebung eines Zusatzbetrags in Höhe von 50 v. H. des Unterschieds zwischen dem Grundpreis und [einem für den Rücknahmepreis vorgesehenen Hoechstbetrag]" beschließen.

60 Das Gericht ist der Ansicht, daß die der Kommission gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 auferlegte Verpflichtung, beim Erlaß von Schutzmaßnahmen der besonderen Lage der Erzeugnisse Rechnung zu tragen, die sich auf dem Weg nach der Gemeinschaft befinden, dadurch gerechtfertigt ist, daß die Schutzmaßnahmen, wie Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2707/72 klar erkennen lässt, im wesentlichen auf die Aussetzung der Einfuhren eines bestimmten Erzeugnisses in die Gemeinschaft abzielen. So wurde mit den Verordnungen der Kommission, um die es in der Rechtssache Sofrimport/Kommission, a. a. O., ging, die Erteilung von Einfuhrlizenzen für chilenische Äpfel ausgesetzt. Mit der Verpflichtung nach Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 soll also die berechtigte Erwartung der Wirtschaftsteilnehmer geschützt werden, daß ihre Erzeugnisse, die sich bereits auf dem Weg nach der Gemeinschaft befinden, bei ihrer Ankunft im Gemeinschaftsgebiet nicht zurückgewiesen werden.

61 Eine Ausgleichsabgabe kann demgegenüber nach Auffassung des Gerichts einen Wirtschaftsteilnehmer nicht daran hindern, die mit der Abgabe belegten Erzeugnisse in den Gemeinschaftsmarkt einzuführen. Eine Ausgleichsabgabe bezweckt ° anders als die Schutzmaßnahmen, die nach der Verordnung Nr. 2707/72 ernstlichen Störungen aufgrund von Einfuhren entgegenwirken sollen ° nicht, den Verkauf von nicht aus der Gemeinschaft stammenden Erzeugnissen auf dem Gemeinschaftsmarkt zu verhindern, sondern sie soll nur das Niveau der Preise auf diesem Markt dadurch schützen, daß der Einfuhrpreis global auf das Niveau des Referenzpreises angehoben wird.

62 Da eine Ausgleichsabgabe somit nicht eng mit einer Schutzmaßnahme verwandt ist, kann Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 nicht analog auf eine Maßnahme, mit der eine Ausgleichsabgabe eingeführt wird, angewandt werden.

63 Zu dem Argument, daß die Verordnung Nr. 384/93 zur Einführung besonderer Überwachungsmaßnahmen mit Stellung einer Sicherheit bereits eine erste Schutzmaßnahme dargestellt habe, die ihrer Natur nach die Erhebung einer Ausgleichsabgabe ausgeschlossen habe, ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 3 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 2707/72 ausdrücklich die Einführung einer Schutzmaßnahme vorsieht, die "gegebenenfalls zu den nach Artikel 25 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 eingeführten etwaigen Ausgleichsabgaben hinzu[kommt]". Da die Ausgleichsabgabe und die Schutzmaßnahme folglich zwei Maßnahmen sind, deren Koexistenz in der Verordnung Nr. 2707/72 ausdrücklich vorgesehen ist, kann die Klägerin sich nicht darauf berufen, daß der Erlaß einer Schutzmaßnahme bei ihr ein berechtigtes Vertrauen darauf geschaffen habe, daß eine Ausgleichsabgabe nicht mehr erhoben werden würde, selbst wenn man im übrigen davon ausgeht, daß die Klägerin vor Erlaß der Verordnung Nr. 846/93 eine Sicherheit gestellt hat, was nach dem Akteninhalt nicht erwiesen ist.

64 Zu dem Argument, der Einfuhrpreis der von der Klägerin eingeführten Erzeugnisse habe um 40 % bis 63 % über dem Referenzpreis gelegen, weshalb die Erhebung einer Ausgleichsabgabe unvorhersehbar gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 25 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1035/72 die Ausgleichsabgabe unabhängig von der Höhe des Einfuhrpreises einer bestimmten Ladung "für alle Mitgliedstaaten gleich hoch ist". Somit findet die Ausgleichsabgabe nach dem mit der Verordnung Nr. 1035/72, deren Rechtmässigkeit in der vorliegenden Rechtssache nicht bestritten worden ist, eingeführten System auf alle Einfuhren des betreffenden Erzeugnisses mit bestimmter Herkunft Anwendung, ohne daß die Verordnung Ausnahmen für solche Einfuhren vorsieht, bei denen der Einfuhrpreis den Referenzpreis übersteigt. Aus dem mit dieser Verordnung geschaffenen System geht im übrigen hervor, daß zu einem gegebenen Zeitpunkt der Marktpreis in irgendeinem Mitgliedstaat unter oder über dem Referenzpreis oder dem Einfuhrpreis im Sinne des Artikels 24 dieser Verordnung liegen kann. Dieser Umstand wirkt sich auf die Berechtigung des mit der Verordnung Nr. 1035/72 geschaffenen Systems nicht aus, das auf dem Grundsatz der Einheit im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik beruht und daher einen gemeinschaftlichen Referenzpreis festlegt, der einheitlich für das gesamte Gemeinschaftsgebiet und nicht, wie die Klägerin meint, für den Markt dieses oder jenes Mitgliedstaats gilt.

65 Somit konnte, selbst wenn man davon ausginge, daß im vorliegenden Fall erwiesen wäre, daß der Einfuhrpreis der von der Klägerin eingeführten Erzeugnisse über dem Referenzpreis lag, dieser Umstand bei der Klägerin kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, daß ihre Erzeugnisse nicht mit einer Ausgleichsabgabe belegt würden.

66 Was schließlich das Argument angeht, daß der Abschluß eines Kooperationsrahmenabkommens zwischen der Gemeinschaft und der Republik Chile im Jahr 1990 ein Klima des Vertrauens zwischen der Gemeinschaft und diesem Staat geschaffen habe, das den Erlaß einseitiger Maßnahmen ohne vorherige Verhandlung ausgeschlossen habe, so genügt der Hinweis darauf, daß dieses Abkommen, wie eine Prüfung seiner Bestimmungen ergibt, keineswegs darauf gerichtet war, die Vorschriften der Verordnung Nr. 1035/72 über die Ausgleichsabgaben im Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und der Republik Chile zu ändern. Auch dieses Argument ist daher zurückzuweisen.

67 Nach alledem stellte die Einführung einer Ausgleichsabgabe auf aus Chile stammende Äpfel einen Fall dar, der von einem umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmer insbesondere in einem Bereich wie dem der gemeinsamen Marktorganisationen in Betracht gezogen werden musste, deren Zweck eine ständige Anpassung nach Maßgabe der Veränderungen der Wirtschaftslage mit sich bringt (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 16. Mai 1979 in der Rechtssache 84/78, Tomadini, Slg. 1979, 1801, Randnr. 22, vom 17. Juni 1987 in den verbundenen Rechtssachen 424/85 und 425/85, Frico u. a., Slg. 1987, 2755, Randnr. 33, und vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 33). Diese Feststellung ist noch zwingender, wenn man berücksichtigt, daß die Einfuhren von Äpfeln mit Ursprung in Chile in der Vergangenheit regelmässig mit Ausgleichsabgaben belegt wurden (siehe insbesondere die Verordnungen [EWG] der Kommission Nr. 1039/89 vom 20. April 1989, Nr. 1263/89 vom 8. Mai 1989, Nr. 1574/89 vom 6. Juni 1989 und Nr. 2580/92 vom 3. September 1992 zur Einführung einer Ausgleichsabgabe auf die Einfuhr von Äpfeln mit Ursprung in Chile, ABl. 1989, L 110, S. 45, L 126, S. 18, L 154, S. 15, sowie ABl. 1992, L 258, S. 12). Hat daher die Klägerin vor Erlaß der streitigen Verordnungen bestimmte Kaufverträge über Äpfel mit Ursprung in Chile geschlossen, so hat sie es sich selbst zuzuschreiben, wenn sie nicht mit der Möglichkeit der Einführung einer Ausgleichsabgabe gerechnet hat (vgl. Urteil Frico, a. a. O., Randnr. 34).

68 Die Prüfung des ersten und des sechsten Nichtigkeitsgrundes der Klägerin hat demnach keine Verletzung einer höherrangigen, die einzelnen schützenden Rechtsnorm erkennen lassen, die die Haftung der Gemeinschaft begründen könnte.

Zur angeblichen Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit

69 Mit ihrem vierten Nichtigkeitsgrund macht die Klägerin geltend, die Kommission habe gegen die Regel verstossen, nach der die Ziele des Artikels 39 EWG-Vertrag in ausgewogener Form zu verwirklichen seien, und damit den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt. Die Verwirklichung eines der Ziele des Artikels 39 EWG-Vertrag müsse nämlich anhand von Maßnahmen erfolgen, die die Verwirklichung der anderen Ziele so wenig wie möglich beeinträchtigten. Mit der Ausgleichsabgabe solle ° dies sei eines der in Artikel 39 EWG-Vertrag angeführten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik ° in selektiver Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung gewährleistet werden. Dieses Ziel sei auf Kosten eines anderen Zieles des Artikels 39 verfolgt worden, nämlich für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen. Wenn die Kommission eine Schutzmaßnahme habe festlegen wollen, hätte sie diese Maßnahme gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2707/72 auf die Märkte beschränken können, auf denen der Einfuhrpreis unter dem Referenzpreis gelegen habe. Der griechische Markt habe aufgrund der Einfuhren chilenischer Äpfel keine Probleme gehabt. Erzeugnisse, die auf dem Weg nach dem griechischen Markt gewesen seien, hätten daher von einer solchen Schutzmaßnahme ausgenommen werden können. Eine Gefahr, daß die Vermarktung chilenischer Äpfel in Griechenland andere Märkte in Unordnung gebracht hätte, habe angesichts der geographischen Entfernung Griechenlands und auch deshalb nicht bestanden, weil die sich hieraus ergebenden Transportkosten den innergemeinschaftlichen Handel mit diesen Äpfeln völlig uninteressant gemacht hätten.

70 Die Kommission ist der Auffassung, daß die Regel, wonach die Ziele des Artikels 39 EWG-Vertrag beim Erlaß von Maßnahmen der gemeinsamen Agrarpolitik in ausgewogener Weise zu berücksichtigen seien, den vorübergehenden Vorrang eines oder mehrerer dieser Ziele nicht ausschließe. Die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe auf chilenische Äpfel, die im allgemeinen Rahmen der betreffenden Regelungen geprüft worden sei, suche, mit minimalen Kosten einen Ausgleich für eine konjunkturelle Ausnahmesituation auf dem Markt für die betreffenden Erzeugnisse zu schaffen. Ausserdem sei die von der Klägerin vorgeschlagene Festlegung von Quoten eine sehr viel restriktivere Maßnahme als die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe. Eine Quote führe, wenn sie erst erschöpft sei, zu einem System des Verbotes der Einfuhren, während eine Ausgleichsabgabe lediglich die Einfuhren, ohne ihren Fortgang zu hindern, so weit verteuere, als der Markt die betreffenden Kosten absorbieren könne.

71 Das Gericht erinnert daran, daß nach ständiger Rechtsprechung die Gemeinschaftsorgane einem besonderen Ziel des Artikels 39 des Vertrages zeitweiligen Vorrang einräumen können, wenn die wirtschaftlichen Umstände dies gebieten (vgl. insbesondere Urteile des Gerichtshofes vom 20. September 1988 in der Rechtssache 203/86, Spanien/Rat, Slg. 1988, 4563, Randnr. 10, vom 19. März 1992 in der Rechtssache C-311/90, Hierl, Slg. 1992, I-2061, Randnr. 13, und vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93, Deutschland/Rat, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47). So hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 13. März 1968 in der Rechtssache 5/67 (Beus, Slg. 1968, 127, 147) entschieden, daß die Ziele des Artikels 39 des Vertrages, da sie "den Schutz der Interessen sowohl der Landwirte als auch der Verbraucher bezwecken,... nicht alle gleichzeitig in vollem Umfang erreicht werden [können]. Bei der Abwägung der genannten Interessen muß der Rat gegebenenfalls dem Prinzip der sogenannten 'Gemeinschaftspräferenz' Rechnung tragen..." Die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe soll insbesondere diese Gemeinschaftspräferenz gewährleisten (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 11. Februar 1988 in der Rechtssache 77/86, National Dried Fruit Trade Association, Slg. 1988, 757, Randnr. 32). Selbst wenn also die Kommission dem Ziel, der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten, auf Kosten der übrigen Ziele des Artikels 39 zeitweiligen Vorrang eingeräumt hätte, so würde daraus doch nicht notwendig folgen, daß sie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt hätte.

72 Nach Auffassung des Gerichts wird ferner das Argument der Klägerin, daß die Ausgleichsabgabe in selektiver Weise nur eines der Ziele des Artikels 39 des Vertrages, nämlich die Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung für die landwirtschaftliche Bevölkerung, auf Kosten eines anderen, ebenfalls in Artikel 39 genannten Zieles, nämlich die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen, habe sicherstellen sollen, durch keinen Umstand belegt, der beweisen könnte, daß die Auferlegung einer Ausgleichsabgabe zu einer Beeinträchtigung des letztgenannten Zieles geführt hätte. So hat die Klägerin keineswegs nachgewiesen, daß der Referenzpreis für Äpfel, den die Ausgleichsabgabe schützen sollte, in unangemessener Höhe festgesetzt worden wäre.

73 Zu dem Argument, die Kommission hätte anstelle einer Ausgleichsabgabe eine Schutzmaßnahme anordnen müssen, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2707/72 vorgesehene Schutzmaßnahme für den Fall, daß die Einfuhren eines bestimmten Erzeugnisses ernstliche Störungen auf dem Gemeinschaftsmarkt hervorrufen, die Aussetzung der Einfuhren ist. Auch wenn eine Ausgleichsabgabe die Einfuhren verteuert, so hat sie doch keine so schwerwiegende Auswirkung. Das Gericht ist daher der Auffassung, daß eine Ausgleichsabgabe gegenüber einer Schutzmaßnahme eine weniger restriktive Maßnahme darstellt (vgl. insbesondere Urteil National Dried Fruit Trade Association, a. a. O., Randnr. 26) und daß sich die Klägerin daher auf jeden Fall nicht darüber beschweren kann, daß keine Schutzmaßnahme angeordnet worden ist.

74 Auch wäre ein solches Argument, selbst wenn man einräumt, daß eine Schutzmaßnahme vorliegend für die Klägerin weniger restriktiv gewesen wäre, auf jeden Fall unerheblich. Zwar hat die Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Befugnisse darüber zu wachen, daß die den Wirtschaftsteilnehmern auferlegten Belastungen nicht über das hinausgehen, was zur Verwirklichung der Ziele, die die Behörde erreichen muß, erforderlich ist; doch folgt daraus nicht, daß diese Verpflichtung an den besonderen Verhältnissen eines bestimmten Wirtschaftsteilnehmers oder eines bestimmten Wirtschaftskreises zu messen ist (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 24. Oktober 1973 in der Rechtssache 5/73, Balkan-Import-Export, Slg. 1973, 1091, Randnr. 22).

75 Aus alledem ergibt sich, daß die Prüfung des vierten Nichtigkeitsgrundes der Klägerin nicht hat erkennen lassen, daß die Kommission beim Erlaß der streitigen Verordnungen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt hätte.

Zur angeblichen Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

76 Mit ihrem fünften Klagegrund macht die Klägerin geltend, sie befinde sich in einer weniger günstigen Lage als die anderen Einführer von Äpfeln gleicher Qualität, aber aus anderen Ländern. Der Umfang der Einfuhren von Äpfeln mit Ursprung in Südafrika, Neuseeland und Argentinien sei ebenfalls erheblich gewesen, ohne daß die Kommission Ausgleichsabgaben für diese Erzeugnisse festgesetzt hätte.

77 Die Kommission macht geltend, die Gleichbehandlung betreffe nur gleiche Situationen. Sie habe auch für Äpfel mit Ursprung in Südafrika und Neuseeland eine Ausgleichsabgabe festgesetzt; diese Abgaben seien getrennt für jedes Land errechnet worden, und die Auferlegung der gleichen Abgabe für Erzeugnisse, deren Preis bei der Einfuhr in die Gemeinschaft unterschiedlich sei, wäre eine diskriminierende Behandlung gewesen.

78 Das Gericht erinnert daran, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung die unterschiedliche Behandlung gleicher oder die gleiche Behandlung unterschiedlicher Situationen untersagt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 5. März 1980 in der Rechtssache 265/78, Ferwerda, Slg. 1980, 617, Randnr. 7).

79 Die Klägerin hat indessen nach Auffassung des Gerichts keinen Beweis für eine Verletzung dieses grundlegenden Prinzips des Gemeinschaftsrechts erbracht. Zum einen ist keineswegs bestritten, daß die Ausgleichsabgabe für alle Einfuhren chilenischer Äpfel gilt. Zum anderen hat die Klägerin, soweit es um Äpfel mit Ursprung in anderen Drittländern geht, nicht nachgewiesen, daß der Einfuhrpreis für diese Äpfel dem für chilenische Äpfel entsprochen und damit die Festsetzung der gleichen Ausgleichsabgabe erforderlich gemacht hätte.

80 Demnach hat die Prüfung des fünften Nichtigkeitsgrundes nicht ergeben, daß die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstossen hätte.

Zum angeblichen Ermessensmißbrauch

81 Die Klägerin trägt vor, die Festsetzung einer Ausgleichsabgabe durch die Verordnung Nr. 846/93 stelle eine verschleierte Maßnahme der Strukturpolitik dar, mit der die Probleme der Erzeugung von Äpfeln mittlerer Qualität hätten gelöst werden sollen.

82 Die Kommission vertritt die Auffassung, daß die Ausgleichsabgabe, so wie sie errechnet und festgesetzt worden sei, keinen Ermessensmißbrauch erkennen lasse. Strukturprobleme würden über den Mechanismus der Rücknahmen gelöst.

83 Das Gericht stellt fest, daß die Klägerin keinen konkreten Umstand vorgetragen hat, der belegen würde, daß die streitigen Verordnungen verschleierte Maßnahmen der Strukturpolitik wären.

84 Im übrigen ist das Gericht der Ansicht, daß die Gefahr eines Ermessensmißbrauchs nur dann besteht, wenn das betreffende Organ über einen weiten Ermessensspielraum verfügt. Wie bereits ausgeführt, verpflichtet aber Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72, die die Rechtsgrundlage für die Verordnung Nr. 846/93 darstellt, die Kommission ausser in Ausnahmefällen dazu, eine Ausgleichsabgabe einzuführen, wenn der Einfuhrpreis bei der Einfuhr eines Erzeugnisses aus einem Drittland an zwei aufeinanderfolgenden Markttagen um mindestens 0,6 ECU unter dem Referenzpreis liegt. Von einem Ermessensmißbrauch könnte daher im vorliegenden Fall nur dann die Rede sein, wenn ein "Ausnahmefall" im Sinne des Artikels 25 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 vorliegen würde. Da aber das Vorbringen der Klägerin, daß die Einzelheiten des vorliegenden Falles einen "Ausnahmefall" im Sinne dieser Vorschrift darstellten, zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Randnrn. 53 und 54), ist auch dieser Klagegrund zurückzuweisen.

85 Aus alledem ergibt sich, daß die Prüfung der einzelnen relevanten Nichtigkeitsgründe nicht hat erkennen lassen, daß die Kommission mit dem Erlaß der streitigen Verordnungen irgendeine höherrangige, die einzelnen schützende Rechtsnorm verletzt und damit die Haftung der Gemeinschaft ausgelöst hätte.

86 Demgemäß ist die Klage, ohne daß zu prüfen wäre, ob die anderen Voraussetzungen für eine Haftung der Gemeinschaft erfuellt sind, insoweit als unbegründet abzuweisen, als mit ihr die Verurteilung der Gemeinschaft zum Ersatz des der Klägerin angeblich entstandenen Schadens begehrt wird.

87 Folglich ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

88 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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