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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 26.01.2006
Aktenzeichen: T-493/04
Rechtsgebiete: Satzung des Gerichtshofes, Verfahrensordnung


Vorschriften:

Satzung des Gerichtshofes Art. 40 Abs. 2
Satzung des Gerichtshofes Art. 53 Abs. 1
Verfahrensordnung Art. 115 § 1
Verfahrensordnung Art. 115 § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DER VIERTEN KAMMER DES GERICHTS

26. Januar 2006

"Deutscher Rechtsrahmen im Bereich der Postvorbereitungsdienste - Missbrauch einer beherrschenden Stellung - Diskriminierung von Postvorbereitern durch den deutschen Betreiber - Antrag auf Zulassung als Streithelfer - Kein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits"

Parteien:

In der Rechtssache T-493/04

Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Sedemund,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Whelan und H. Gading als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K (2004) 4001/3 der Kommission vom 20. Oktober 2004 über den deutschen Rechtsrahmen im Bereich der Postvorbereitungsdienste

erlässt

DER PRÄSIDENT DER VIERTEN KAMMER DES GERICHTS ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Am 20. Oktober 2004 erließ die Kommission die Entscheidung K (2004) 4001/3 über den deutschen Rechtsrahmen im Bereich der Postvorbereitungsdienste, insbesondere den Zugang von Eigenbeförderungsmittlern und Konsolidierern zum öffentlichen Postnetz und die damit verbundenen besonderen Tarife (BdKEP - Beschränkungen im Bereich der Postvorbereitung) (im Folgenden: Entscheidung).

2 In Artikel 1 der Entscheidung wird festgestellt, dass § 51 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 des deutschen Postgesetzes wie von der Deutschen Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation im Gesetzeszusammenhang ausgelegt insoweit gegen Artikel 86 Absatz 1 EG in Verbindung mit Artikel 82 EG verstößt, als die streitige nationale Vorschrift gewerbsmäßige Postvorbereiter, unabhängig davon, ob sie als Eigenbeförderungsmittler für einen einzigen Absender oder als Konsolidierer für mehrere Kunden auftreten, daran hindert, mengenmäßige Entgeltermäßigungen für die Einlieferung von Postsendungen bei Ausgangs- oder Eingangs-Briefzentren der Deutsche Post AG zu erhalten, und, bei der derzeitigen logistischen Ausstattung der Postämter, auch daran hindert, überhaupt in den Genuss von Entgeltermäßigungen für nachgeschaltete Einspeisung insgesamt zu kommen.

3 Nach Artikel 2 der Entscheidung unterrichtet die Bundesrepublik Deutschland die Kommission innerhalb von zwei Monaten ab der Zustellung der Entscheidung über die von ihr geplanten Maßnahmen zur Beendigung der in Artikel 1 festgestellten Zuwiderhandlungen.

4 Mit am 22. Dezember 2004 eingegangener Klageschrift hat die Deutsche Post AG Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben.

5 Eine Zusammenfassung der Klageschrift wurde im Amtsblatt der Europäischen Union C 31 vom 5. Februar 2005 veröffentlicht.

6 Mit am 8. März 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat An Post, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Dublin (Irland), vertreten durch Solicitor R. Heron, beantragt, in dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Deutsche Post AG zugelassen zu werden. An Post ist der nationale Postdienstleister für Irland und den Postverkehr zwischen diesem Land und dem Ausland.

7 Gemäß Artikel 116 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist der Streithilfeantrag den Parteien zugestellt worden.

8 Mit am 24. Juni 2005 eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission beantragt, den Streithilfeantrag als unbegründet zurückzuweisen, da An Post kein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits habe.

9 Unter dem Begriff des Interesses am Ausgang des Rechtsstreits müsse ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse an den Anträgen selbst und nicht nur, wie es hier der Fall sei, an den geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln verstanden werden. Das erforderliche Interesse dürfe sich nicht, wie im vorliegenden Fall, auf die Entscheidung abstrakter juristischer Streitfragen beschränken, sondern müsse in Bezug auf die konkreten Anträge einer Partei bestehen.

10 Die Deutsche Post AG hat innerhalb der ihr dazu gesetzten Frist keine Stellungnahme zu dem Streithilfeantrag abgegeben.

11 Im Gegensatz zur Kommission vertritt An Post die Ansicht, ein unmittelbares und spezifisches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits zu haben. Da mit dem Urteil des Gerichts die einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ausgelegt werden würden, werde es unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtsstellung von An Post haben und die Verpflichtungen festlegen, die ihr nach Artikel 82 EG als Universalpostdienstleister in Irland oblägen.

12 Wenn die Entscheidung vom Gericht nicht für nichtig erklärt werde, erleide An Post einen schweren Schaden. Die in der Entscheidung vorgesehene und/oder An Post durch die irische Kommunikationsregulierungsbehörde auferlegte Verpflichtung des nationalen Postdienstleisters, nachgeschaltete Einspeisung zu ermöglichen, würde An Post Kosten in Höhe von mehreren Millionen Euro pro Jahr verursachen.

13 Der Antrag auf Zulassung als Streithelferin ist nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, und nach Artikel 115 §§ 1 und 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ordnungsgemäß gestellt worden.

14 Nach dem genannten Artikel 40 Absatz 2 steht das Recht, einem beim Gericht anhängigen Rechtsstreit beizutreten, allen Personen zu, die ein berechtigtes Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits glaubhaft machen.

15 Dieser Begriff ist nach dem Gegenstand des betreffenden Rechtsstreits selbst zu bestimmen und als ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse daran zu verstehen, wie die Klageanträge selbst beschieden werden, und nicht als ein Interesse an den geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln oder -argumenten. Denn unter dem "Ausgang" des Rechtsstreits ist die beim angerufenen Gericht beantragte Endentscheidung zu verstehen, wie sie sich im Tenor des Urteils niederschlagen würde (Beschluss des Gerichts vom 4. Februar 2004 in der Rechtssache T-14/00, Coöperatieve Aan- en Verkoopvereniging Ulestraten, Schimmert en Hulsberg u. a./Kommission, Slg. 2004, II-497, Randnr. 11).

16 Insofern ist für die Zulassung einer Streithilfe zu prüfen, ob der Streithelfer durch die angefochtene Handlung unmittelbar betroffen ist und sein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits erwiesen ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 26. Juli 2004 in der Rechtssache T-201/04 R, Microsoft/Kommission, Slg. 2004, II-0000, Randnr. 32).

17 Im vorliegenden Fall kann An Post ihren Streithilfeantrag nur auf die nachteiligen Auswirkungen stützen, die sich aufgrund der Ähnlichkeit zwischen ihrer Stellung als Universalpostdienstleister in Irland und der des entsprechenden deutschen Unternehmens Deutsche Post AG mittelbar aus einem Urteil ergeben könnten, mit dem der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung abgewiesen wird, in der die Unvereinbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften über die Erbringung von Postdienstleistungen durch die Deutsche Post AG mit den gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsbestimmungen festgestellt wird.

18 Zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hat das Gericht über die Vereinbarkeit von postrechtlichen Bestimmungen zu befinden, durch die die rechtliche Stellung von An Post nicht berührt wird, und eine eventuelle Nichtigerklärung der Entscheidung käme nur der Deutsche Post AG zugute (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 17. Juni 1997 in den Rechtssachen C-151/97 P(I) und C-157/97 P(I), National Power und PowerGen, Slg. 1997, I-3491, Randnr. 73).

19 Daraus folgt, dass An Post kein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes glaubhaft gemacht hat.

20 Folglich ist der Streithilfeantrag zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

21 Nach Artikel 87 § 1 der Verfahrensordnung wird über die Kosten im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, entschieden.

22 Da der vorliegende Beschluss das Verfahren in Bezug auf An Post beendet, ist über die mit ihrem Streithilfeantrag verbundenen Kosten zu entscheiden.

23 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

24 Da die Kommission keinen Kostenantrag gestellt hat, ist zu entscheiden, dass An Post und die Kommission jeweils ihre eigenen mit dem Streithilfeverfahren zusammenhängenden Kosten tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DER VIERTEN KAMMER DES GERICHTS

beschlossen:

1. Der Antrag auf Zulassung als Streithelferin wird zurückgewiesen.

2. An Post und die Kommission tragen jeweils ihre eigenen mit dem Streithilfeverfahren zusammenhängenden Kosten.

Luxemburg, den 26. Januar 2006



Ende der Entscheidung

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