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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: T-52/02
Rechtsgebiete: Entscheidung 2003/437/EG, EG-Vertrag, EWR-Abkommen, Verordnung Nr. 17
Vorschriften:
Entscheidung 2003/437/EG Art. 3 | |
EG-Vertrag Art. 81 | |
EWR-Abkommen Art. 53 | |
Verordnung Nr. 17 Art. 15 Abs. 2 |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Parteien:
In der Rechtssache T-52/02
Société nouvelle des couleurs zinciques SA (SNCZ) mit Sitz in Bouchain (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Saint-Esteben und H. Calvet, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch F. Castillo de la Torre und F. Lelievre, dann durch F. Castillo de la Torre und O. Beynet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung des Artikels 3 der Entscheidung 2003/437/EG der Kommission vom 11. Dezember 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.027 - Zinkphosphat) (ABl. 2003, L 153, S. 1) oder, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh sowie der Richter R. García-Valdecasas und J. D. Cooke,
Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2004
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Sachverhalt
1. Die Société nouvelle des couleurs zinciques SA (im Folgenden: Klägerin oder SNCZ) ist ein französisches Unternehmen, das Zinkphosphate und Zink-, Strontium- und Barium-Chromate herstellt. Bei all diesen Produkten handelt es sich um anorganische Korrosionsschutzpigmente, die in der Anstrich- und Beschichtungsstoffindustrie Verwendung finden. Im Jahr 2000 betrug der Umsatz der SNCZ weltweit 17,08 Mio. Euro.
2. Obwohl Zinkorthophosphate leicht voneinander abweichende chemische Formeln aufweisen können, handelt es sich bei ihnen um ein homogenes chemisches Produkt, das im Folgenden mit dem Oberbegriff "Zinkphosphat" bezeichnet wird. Zinkphosphat wird auf der Grundlage von Zinkoxid und Phosphorsäure hergestellt. Es findet als korrosionshemmendes anorganisches Pigment breite Verwendung in der Anstrichstoffindustrie. Auf dem Markt wird es entweder als normales oder als modifiziertes bzw. "aktiviertes" Zinkphosphat vertrieben.
3. Im Jahr 2001 deckten die folgenden fünf europäischen Produzenten praktisch den gesamten Weltmarkt für Zinkphosphat ab: die Dr. Hans Heubach GmbH Co. KG (im Folgenden: Heubach), die James M. Brown Ltd (im Folgenden: James Brown), die SNCZ, die Trident Alloys Ltd (im Folgenden: Trident) (ehemals Britannia Alloys and Chemicals Ltd [im Folgenden: Britannia]) und die Union Pigments AS (ehemals Waardals AS) (im Folgenden: Union Pigments). Von 1994 bis 1998 belief sich der Wert des Marktes für normales Zinkphosphat weltweit auf etwa 22 Mio. Euro pro Jahr und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf etwa 15 bis 16 Mio. Euro pro Jahr. Im EWR hielten Heubach, die SNCZ, Trident (ehemals Britannia) und Union Pigments vergleichbare Anteile am Markt für normales Zinkphosphat in der Größenordnung von rund 20 %. James Brown hielt einen deutlich niedrigeren Marktanteil. Zinkphosphatabnehmer sind die wichtigsten Anstrichstoffhersteller. Der Anstrichstoffmarkt wird von einigen wenigen multinationalen Chemiekonzernen beherrscht.
4. Am 13. und 14. Mai 1998 führte die Kommission in den Geschäftsräumen von Heubach, der SNCZ und von Trident gleichzeitig unangemeldete Nachprüfungen gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) durch. Vom 13. bis 15. Mai 1998 nahm die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) auf Ersuchen der Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 3 des Protokolls 23 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gleichzeitig eine unangemeldete Nachprüfung in den Geschäftsräumen von Union Pigments entsprechend Kapitel II Artikel 14 Absatz 2 des Protokolls 4 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes vor.
5. Während des Verwaltungsverfahrens teilten Union Pigments und Trident der Kommission ihre Absicht zur uneingeschränkten Zusammenarbeit auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission vom 18. Juli 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit) mit und gaben Erklärungen zum Kartell ab (im Folgenden: Erklärung von Union Pigments bzw. Erklärung von Trident).
6. Am 2. August 2000 richtete die Kommission an die Unternehmen, die Adressaten der mit der vorliegenden Klage angefochtenen Entscheidung (siehe nachstehend Randnr. 7) sind, darunter die Klägerin, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. In ihrer Antwort vom 1. Dezember 2000 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat die Klägerin erklärt, den dort dargestellten Sachverhalt im Wesentlichen nicht zu bestreiten.
7. Am 11. Dezember 2001 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/437/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.027 - Zinkphosphat) (ABl. 2003, L 153, S. 1). Gegenstand dieses Urteils ist die Entscheidung, die den betroffenen Unternehmen zugestellt und der Klageschrift beigefügt ist (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Diese Entscheidung weicht in einigen Punkten von der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten ab.
8. In der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, dass vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998 ein Kartell bestanden habe, dem Britannia (Trident ab 15. März 1997), Heubach, James Brown, die SNCZ und Union Pigments angehört hätten. Dieses Kartell sei auf normales Zinkphosphat beschränkt gewesen. Die Kartellmitglieder hätten erstens eine Marktaufteilungsvereinbarung mit Absatzquoten für die einzelnen Produzenten eingeführt. Zweitens hätten sie bei jeder ihrer Zusammenkünfte "Tiefstpreise" oder "empfohlene Preise" festgelegt, die sie im Allgemeinen eingehalten hätten. Drittens seien in bestimmtem Umfang Abnehmer zugeteilt worden.
9. Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet:
"Artikel 1
Britannia ..., ... Heubach ..., James ... Brown ..., [die SNCZ], ... Trident ... und [Union Pigments] haben gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie sich an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise im Zinkphosphatsektor beteiligten:
Die Zuwiderhandlung dauerte:
a) im Falle von ... Heubach ..., James ... Brown ..., [der SNCZ] und [Union Pigments]: vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998.
...
Artikel 3
Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen verhängt:
(a) Britannia ...: 3,37 Millionen Euro
(b) ... Heubach ...: 3,78 Millionen Euro
(c) James ... Brown ...: 940 000 Euro
(d) [SNCZ]: 1,53 Millionen Euro
(e) Trident ...: 1,98 Millionen Euro
(f) [Union Pigments]: 350 000 Euro
..."
10. Für die Bemessung der Geldbußen wandte die Kommission das Verfahren an, das sie in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und in der Mitteilung über die Zusammenarbeit dargestellt hat.
11. So hat die Kommission zunächst nach Maßgabe der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung einen "Grundbetrag" festgesetzt (vgl. Randnrn. 261 bis 313 der angefochtenen Entscheidung).
12. Zum ersten Kriterium hat sie die Ansicht vertreten, dass die Zuwiderhandlung unter Berücksichtigung der Art der untersuchten Verhaltensweise, ihrer tatsächlichen Auswirkungen auf den Zinkphosphatmarkt und des Umstands, dass sie den gesamten Gemeinsamen Markt und nach dessen Errichtung den gesamten EWR betroffen habe, als "besonders schwer" einzustufen sei (Randnr. 300 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat darauf hingewiesen, dass sie unbeschadet der besonders schweren Art der Zuwiderhandlung dem begrenzten Umfang des Produktmarktes Rechnung getragen habe (Randnr. 303 der angefochtenen Entscheidung).
13. Die Kommission hat bei den betroffenen Unternehmen eine "Differenzierung" vorgenommen, um zum einen die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit dieser Unternehmen, den Wettbewerb in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und zum anderen die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Randnr. 304 der angefochtenen Entscheidung). Zu diesem Zweck hat sie die betroffenen Unternehmen "entsprechend ihrem jeweiligen Gewicht auf dem betroffenen Markt" in zwei Kategorien unterteilt. Sie hat sich dabei auf den Umsatz gestützt, den jedes dieser Unternehmen mit dem Verkauf des betreffenden Erzeugnisses im letzten Jahr der Zuwiderhandlung im EWR erzielt hatte, wobei sie berücksichtigte, dass die Klägerin, Britannia (Trident vom 15. März 1997 an), Heubach und Union Pigments "mit annähernd gleichen Marktanteilen von jeweils über oder um 20 % die größten Hersteller von Zinkphosphat im EWR" waren (Randnrn. 307 und 308 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission ordnete die Klägerin, Britannia, Heubach, Trident und Union Pigments in die erste Kategorie ("Ausgangsbasis" 3 Mio. Euro) ein. James Brown, die einen "erheblich niedrigeren" Marktanteil hatte, wurde in die zweite Kategorie eingeordnet ("Ausgangsbasis": 750 000 Euro) (Randnrn. 308 und 309 der angefochtenen Entscheidung).
14. Zum Kriterium der Dauer hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass der der Klägerin zur Last gelegte Verstoß von "mittlerer" Dauer gewesen sei, da er vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998 gedauert habe (Randnr. 310 der angefochtenen Entscheidung). Sie erhöhte infolgedessen den Ausgangsbetrag für die Klägerin um 40 % und gelangte damit zu einem "Grundbetrag" von 4,2 Mio. Euro (Randnrn. 310 und 313 der angefochtenen Entscheidung).
15. Nach Ansicht der Kommission waren im vorliegenden Fall keine erschwerenden oder mildernden Umstände zu berücksichtigen (Randnrn. 314 bis 336 der angefochtenen Entscheidung). Sie wies das Argument der "schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen", unter denen die Zuwiderhandlungen stattgefunden hätten, ebenso wie die Berufung auf die Besonderheiten der betroffenen Unternehmen zurück (Randnrn. 337 bis 343 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission setzte daher "vor Anwendung der Mitteilung über die [Zusammenarbeit]" gegen die Klägerin eine Geldbuße von 4,2 Mio. Euro fest (Randnr. 344 der angefochtenen Entscheidung).
16. Im Übrigen wies die Kommission darauf hin, dass die gegen die einzelnen betroffenen Unternehmen zu verhängende Geldbuße die Grenze des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 nicht überschreiten dürfe. Daher wurde die Geldbuße der Klägerin vor Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit auf 1,7 Mio. Euro und die von Union Pigments auf 700 000 Euro ermäßigt. Die Geldbußen der anderen Unternehmen vor Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit lagen unter dieser Obergrenze (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung).
17. Die Kommission gewährte der Klägerin einen Nachlass von 10 % gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit, da die SNCZ in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hatte, dass sie den dort dargestellten Sachverhalt im Wesentlichen nicht bestreite (Randnrn. 360, 363 und 366 der angefochtenen Entscheidung). Der endgültige Betrag der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße betrug somit 1,53 Mio. Euro (Randnr. 370 der angefochtenen Entscheidung).
Verfahren und Anträge der Parteien
18. Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 27. Februar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
19. Das Gericht (Fünfte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, ein Schriftstück vorzulegen und eine schriftliche Frage zu beantworten. Die Kommission ist dem nachgekommen.
20. Die Parteien haben in der Sitzung vom 2. Juli 2004 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
21. Die Klägerin beantragt,
- Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;
- hilfsweise, die Höhe der Geldbuße herabzusetzen;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen
22. Die Kommission beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Gründe
23. Die Klägerin führt für ihre Klage drei Gründe an. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, mit dem zweiten einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und mit dem dritten einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17
Vorbringen der Parteien
24. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kommission mit der Festsetzung des Ausgangsbetrags in einer Höhe von 3 Mio. Euro, der 17 % ihres weltweiten Umsatzes entspreche, gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstoßen habe. Dieser Betrag übersteige die nach dieser Bestimmung zulässige Höchstgrenze für Geldbußen.
25. Erstens verstoße eine solch willkürliche Festsetzung des Ausgangsbetrags gegen den ausdrücklichen Wortlaut des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17. Diese Bestimmung biete der Kommission die Möglichkeit, den ersten Grenzwert von 1 Mio. Euro bis zu einem Betrag in Höhe von 10 % des Umsatzes zu überschreiten, schließe aber eine Methode aus, nach der der Ausgangsbetrag zunächst über der Höchstgrenze von 10 % festgesetzt werde, anschließend die Geldbuße aber ermäßigt werde, um der genannten Bestimmung zu genügen. Die im vorliegenden Fall angewandte Berechnungsmethode, nach der im Fall der Klägerin ein Ausgangsbetrag von 3 Mio. Euro festgesetzt worden sei, d. h. in Höhe von 17 % ihres weltweiten Umsatzes, sei daher nicht rechtmäßig.
26. Die Kommission verfälsche den Wortlaut des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, wenn sie behaupte, nach dieser Bestimmung müsse die Geldbuße, die gegen ein Unternehmen endgültig festgesetzt werde, "herabgesetzt" werden, wenn sie die Grenze von 10 % des Umsatzes "überschreite". Diese Bestimmung sehe nämlich keine Herabsetzung auf diese Grenze von 10 % vor, sondern beziehe sich ausdrücklich auf den Fall, dass die ursprünglich unter der Grenze von 10 %, d. h. zwischen 1 000 Euro und 1 Mio. Euro festgesetzte Geldbuße auf einen Betrag "bis zu 10 % angehoben" werde.
27. Das Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-9/99 (HFB u. a./Kommission, Slg. 2002, II-1487) biete keine Stütze für die Ansicht der Kommission, dass der Ausgangsbetrag über die Grenze von 10 % des Umsatzes des betroffenen Unternehmens hinaus festgesetzt werden könne. In diesem Urteil habe das Gericht dazu Stellung genommen, dass die Kommission einen "Zwischenbetrag", der die Grenze von 10 % überschritten habe, "bei ihrer Berechnung", nicht aber als "Ausgangspunkt" dieser Berechnung herangezogen habe. Somit habe das Gericht nicht die Möglichkeit geprüft, dass der Ausgangsbetrag über der Grenze von 10 % festgesetzt werde. Diese Auslegung werde durch die Feststellung des Gerichts bestätigt, dass sich nur "bestimmte bei ihrer Berechnung berücksichtigte Faktoren nicht auf den Endbetrag der Geldbuße [auswirken]" (Urteil HFB u. a./Kommission, Randnr. 452). Bei der von der Kommission angewandten Methode wirkten sich sämtliche "Faktoren" grundsätzlich nicht auf den Endbetrag aus, ausgenommen die Ermäßigung wegen "Zusammenarbeit", da die Kommission diese Ermäßigung erst vornehme, nachdem sie den Zwischenbetrag auf die Grenze von 10 % herabgesetzt habe. Im Übrigen sei zu beachten, dass das Urteil HFB u. a./Kommission ebenso wie die anderen von der Kommission im Rahmen dieses Klagegrundes genannten Urteile nur teilweise in der amtlichen Sammlung veröffentlicht worden sei, wobei die nicht veröffentlichten Stellen dieser Urteile mit Sicherheit nach Auffassung des Gemeinschaftsrichters keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung enthielten.
28. Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Art der Festsetzung des Ausgangsbetrags im vorliegenden Fall gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstoße, da er eine Berücksichtigung des Faktors der Dauer der Zuwiderhandlung bei der Höhe der zu verhängenden Geldbuße ausschließe. Nach dieser Bestimmung müsse die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße "neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung" berücksichtigen. Im vorliegenden Fall habe die Kommission nach der Festsetzung des Ausgangsbetrags auf 3 Mio. Euro, was die Grenze von 10 % bei weitem überschreite, diesen Betrag um 40 % erhöht, um der "durchschnittlichen" Dauer der Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen, und habe den Ausgangsbetrag damit auf 4,2 Mio. Euro angehoben. Wenn aber der nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung festgesetzte Ausgangsbetrag die Obergrenze von 10 % des Umsatzes bei weitem überschreite, sei eine weitere Anpassung des Betrages nach Maßgabe der Dauer völlig unmöglich und nur eine rein theoretische Übung, die die Beachtung des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 lediglich vortäusche.
29. Da die Kommission die der Klägerin zur Last gelegte Zuwiderhandlung als einen Verstoß von mittlerer Dauer beurteilt habe, hätte sie den mäßigenden Einfluss dieses Umstands berücksichtigen müssen, da normalerweise eine schwerere Geldbuße gegen die Klägerin hätte verhängt werden müssen, wenn sie nicht nur eine "besonders schwere", sondern auch eine "lange" oder "sehr lange" Zuwiderhandlung begangen hätte. Die Festsetzung einer Sanktion ohne Berücksichtigung der Dauer der Zuwiderhandlung sei für die Wettbewerbspolitik "äußerst schädlich", da den Unternehmen, insbesondere den kleinen und mittleren, kein Anreiz mehr geboten werde, die Dauer ihrer Beteiligung am Kartell zu begrenzen.
30. Zu der Frage, ob das Urteil HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, einschlägig sei, wenn es um die Berücksichtigung der Dauer einer Zuwiderhandlung gehe, trägt die Klägerin zunächst vor, dass das Gericht in diesem Urteil über eine Einrede der Rechtswidrigkeit der Leitlinien entschieden und daher Einwände allgemeiner Art gegen diese geprüft habe. Dagegen handele es sich im vorliegenden Fall darum, ob die konkrete Berechnung speziell im Fall der Klägerin mit Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 vereinbar sei. Sodann weist die Klägerin darauf hin, dass das Gericht in dem genannten Urteil nur mit dem Fall befasst gewesen sei, dass "bestimmte berücksichtigte Faktoren" sich nicht auf den Endbetrag der Geldbuße auswirkten (Randnr. 453). Es habe nicht zum Faktor der Dauer Stellung genommen. Da es sich bei diesem um einen der beiden in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 genannten Faktoren handele, müsse er unbedingt berücksichtigt werden und sich auf den Endbetrag der Geldbuße auswirken, wolle man der Verordnung Nr. 17 nicht jede Verbindlichkeit und jede praktische Wirksamkeit nehmen (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-21/99, Dansk Rørindustri/Kommission, Slg. 2002, II-1681, Randnr. 203).
31. Schließlich wirft die Klägerin der Kommission vor, den Faktor der Zusammenarbeit nach der Anwendung der Regelung über die Obergrenze von 10 % berücksichtigt zu haben, obwohl sie den Grundbetrag wegen der Dauer der Zuwiderhandlung vor Anwendung der Regelung über die Obergrenze erhöht habe. Diese Vorgehensweise habe dazu geführt, dass der Faktor der Zusammenarbeit, der in den Leitlinien vorgesehen sei, eine unmittelbare Auswirkung auf die tatsächliche Geldbuße habe und die Unternehmen dazu bewege, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Umgekehrt zögen die Unternehmen aus dem in der Verordnung des Rates vorgesehenen Faktor der Dauer nur einen theoretischen Gewinn, so dass für sie kein Anreiz bestehe, die Zuwiderhandlung möglichst schnell zu beenden.
32. Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Art, in der der Ausgangsbetrag festgesetzt worden sei, d. h. weit oberhalb der Grenze von 10 %, gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstoße, da er die Berücksichtigung erschwerender oder mildernder Umstände bei der Höhe der festzusetzenden Geldbuße ausschließe. Nach der Rechtsprechung und ihren eigenen Leitlinien könne die Kommission keine Methode anwenden, die eine tatsächliche Berücksichtigung dieser Umstände unmöglich mache, da sie in die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung eingingen, die ein Kriterium nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 darstelle (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen T-202/98, T-204/98 und T-207/98, Tate Lyle u. a./Kommission, Slg. 2001, II-2035, Randnr. 109).
33. Viertens lasse die von der Kommission für die Bemessung der Geldbußen angewandte Methode nicht erkennen, welche Elemente sie für die Festsetzung des Ausgangsbetrags heranziehe. Auch wenn die Leitlinien einen "voraussichtlichen" Betrag von 20 Mio. Euro für besonders schwere Verstöße anführten, habe die Kommission die Unangemessenheit solcher Beträge in Fällen erkannt, in denen dieser "Mindestbetrag" wie im vorliegenden Fall bei allen betroffenen kleinen oder mittleren Unternehmen die Obergrenze von 10 % ihres Umsatzes bereits bei weitem überschreite. Nach Ansicht der Klägerin würde sich "diese völlige Unbestimmtheit, die bei einer Maßnahme, die 'die Transparenz und Objektivität der Entscheidungen' gewährleisten soll, zumindest einzigartig ist, in völlige Beliebigkeit verwandeln, wenn die Kommission darüber hinaus die ihr nach Artikel 15 Absatz 2 vorgeschriebenen Kriterien außer Betracht lassen könnte".
34. Die Kommission macht unter Hinweis u. a. auf die Rechtsprechung des Gerichts in den so genannten Rechtssachen "Fernwärmerohre" (Urteile HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, Urteile des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-15/99, Brugg Rohrsysteme/Kommission, Slg. 2002, II-1613, Randnr. 150, und in der Rechtssache T-16/99, Lögstör Rör/Kommission, Slg. 2002, II-1633, Randnr. 292) geltend, dass die Klägerin Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 unzutreffend auslege und der erste Klagegrund daher zurückzuweisen sei.
35. Das von der Klägerin in ihrer Erwiderung vorgetragene Argument, die Leitlinien enthielten keinen allgemeinen Hinweis, der die Höhe im Voraus erkennen lasse, die der Ausgangsbetrag normalerweise erreichen müsse, ist nach Ansicht der Kommission unzulässig, da es ein neues Angriffsmittel darstelle. Dieses Vorbringen habe nichts mit einem eventuellen Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 zu tun, der den ersten Klagegrund bilde, und könne daher nicht als Fortführung dieses Klagegrundes angesehen werden. Jedenfalls gehe das Argument fehl, da die Leitlinien Hinweise für den Ausgangsbetrag gäben.
Würdigung durch das Gericht
36. Die Klägerin wirft der Kommission vor, gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstoßen zu haben, da der von ihr für die Bemessung der Geldbuße herangezogene Ausgangsbetrag, d. h. 3 Mio. Euro, der 17 % des Umsatzes des Unternehmens ausmache, die in dieser Bestimmung vorgesehene Obergrenze von 10 % überschreite. Dieses Argument ist zurückzuweisen.
37. Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 kann die "Kommission ... gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million Rechnungseinheiten oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig ... gegen Artikel [81] Absatz [1] ... des Vertrages verstoßen". Weiter heißt es dort, dass bei "der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ... neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen" ist.
38. Die Bestimmung des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, wonach die Kommission Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen kann, schreibt vor, dass der Endbetrag der Geldbuße, der gegen ein Unternehmen festgesetzt wird, herabzusetzen ist, wenn er 10 % des Umsatzes des Unternehmens übersteigt, unabhängig von den Zwischenberechnungen, mit denen der Dauer und der Schwere der Zuwiderhandlung Rechnung getragen werden soll. Somit gilt die Höchstgrenze von 10 % gemäß dieser Bestimmung nur für den von der Kommission festgesetzten Endbetrag der Geldbuße (Urteil HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 451, Urteil des Gerichts vom 29. April 2004 in den Rechtssachen T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Tokai Carbon u. a./Kommission, Slg. 2004, II-0000, Randnrn. 367 f.).
39. Entgegen der Ansicht der Klägerin umfassen die "Zwischenbeträge" im Sinne der vorstehend in Randnummer 38 genannten Rechtsprechung den Ausgangsbetrag (vgl. in diesem Sinne Urteile HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 450, und Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, Randnrn. 183, 184 und 205; vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-230/00, Daesang und Sewon Europe/Kommission, Slg. 2003, II-2733, Randnr. 56).
40. Wenn die Kommission in ihre Berechnung einen Zwischenbetrag - einschließlich des Ausgangsbetrags - einbezieht, der die Höchstgrenze von 10 % des Umsatzes des betroffenen Unternehmens übersteigt, ist der Umstand, dass sich bestimmte bei dieser Berechnung berücksichtigte Faktoren nicht auf den Endbetrag der Geldbuße auswirken, nicht zu beanstanden. Dies ist nämlich die Folge des Verbots des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, die Höchstgrenze von 10 % des Umsatzes des betroffenen Unternehmens zu überschreiten (Urteil HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 453). Zu den "Faktoren", die sich möglicherweise nicht auf den Endbetrag der Geldbuße auswirken, gehört die Dauer der Zuwiderhandlung (Urteile HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnrn. 450 bis 453, und Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, Randnr. 251).
41. Zu dem Argument der Klägerin, der Faktor der Zusammenarbeit komme nach der Anwendung der Obergrenze von 10 % zum Tragen und wirke sich damit unmittelbar auf die Höhe der Geldbuße aus, genügt die Feststellung, dass dieses Verfahren sicherstellt, dass die Mitteilung über die Zusammenarbeit ihre praktische Wirksamkeit in vollem Umfang entfaltet: Würde der Grundbetrag vor Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit die Obergrenze von 10 % weit übersteigen, und könnte diese Grenze nicht unmittelbar auf ihn angewandt werden, wäre der Anreiz des betroffenen Unternehmens, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, weit geringer, da der Endbetrag der Geldbuße in jedem Fall, mit oder ohne Zusammenarbeit, auf 10 % herabgesetzt würde (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 38, Randnrn. 352 bis 354).
42. Das Argument der Klägerin, es gebe keine allgemeinen Hinweise in den Leitlinien, die die Höhe im Voraus erkennen ließen, die der Ausgangsbetrag erreichen müsse, ist zurückzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit dieses Vorbringens zu entscheiden wäre (vgl. vorstehend Randnr. 35). Es genügt die Feststellung, dass die Leitlinien für die besonders schweren Verstöße als "voraussichtliche" Geldbußen Beträge oberhalb von 20 Mio. Euro angeben (Nr. 1 Abschnitt A dritter Gedankenstrich Absatz 2). Genaue Angaben zum Ausgangsbetrag für alle denkbaren Verstöße sind nicht möglich. Im Übrigen ergibt sich aus Nummer 1 Abschnitt A dritter Gedankenstrich Absatz 2 klar, dass die Geldbußen unterhalb von 20 Mio. Euro festgesetzt werden können, so dass das Argument der Klägerin, die Leitlinien seien nicht auf die kleinen und mittleren Unternehmen zugeschnitten, zurückzuweisen ist. Die Leitlinien erlauben der Kommission außerdem, gegebenenfalls die besondere Situation zu berücksichtigen, in der sich die kleinen und mittleren Unternehmen befinden (Urteil Lögstör Rör/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 34, Randnr. 295).
43. Den Leitlinien ist klar zu entnehmen, dass die Geldbußen, die gegen die kleinen und mittleren Unternehmen festgesetzt werden, die an besonders schweren Zuwiderhandlungen teilgenommen haben, nicht nur unter dem Betrag von 20 Mio. Euro liegen können, sondern auch bis zu der Obergrenze von 10 % gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 angehoben werden können. Die Rüge der Klägerin, es gebe insoweit keine allgemeinen Hinweise, ist daher zurückzuweisen.
44. Somit ist der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
45. Einleitend weist die Klägerin darauf hin, dass unter Berücksichtigung der Ermäßigung von 10 % nach der Mitteilung über die Zusammenarbeit die gegen sie verhängte Geldbuße die höchste sei, die nach dem Gesetz gegen sie habe festgesetzt werden können, da sie sich auf 9 % ihres weltweiten Umsatzes belaufe. Ihrer Kenntnis nach habe die Kommission in 40 Jahren noch nie eine Entscheidung von solcher Härte erlassen. Daher habe die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen.
46. Der zweite Klagegrund besteht aus drei Teilen, in denen die Klägerin geltend macht, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch folgende Handlungen verletzt worden sei:
- Die gegen sie festgesetzte Geldbuße sei völlig unverhältnismäßig, insbesondere im Verhältnis zu den Geldbußen anderer Unternehmen sowohl in dieser Rechtssache als auch in früheren Rechtssachen;
- die Kommission habe ihren weltweiten Umsatz zur Ermittlung der Obergrenze ihrer Geldbuße herangezogen;
- die Kommission habe das Verhältnis des Gesamtumsatzes der Klägerin zu ihrem Umsatz, den sie mit dem Verkauf des betreffenden Produktes erzielt habe, außer Betracht gelassen.
Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße sei völlig unverhältnismäßig
- Vorbringen der Parteien
47. Nach Ansicht der Klägerin hat die willkürliche Festsetzung des Ausgangsbetrags im vorliegenden Fall in einer Höhe, die die Obergrenze von 10 % bei weitem übersteige, zu einer offenkundig unverhältnismäßigen Sanktion geführt. Sie trägt dazu vor, sie habe, da in ihrem Fall der Ausgangsbetrag sich auf 17 % ihres weltweiten Umsatzes, d. h. 170 % des gesetzlichen Höchstbetrags, belaufen habe, "gewusst", dass gegen sie die Höchstgeldbuße verhängt werden würde, obwohl nichts eine solche Härte gerechtfertigt habe. Insbesondere stehe die Höhe der Geldbuße in keinem Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung sowie zur Größe und individuellen Verantwortlichkeit der Klägerin. Die gegen sie verhängte Sanktion beruhe auf einem Ansatz, bei dem jede Berücksichtigung der konkreten Situation ausgeschlossen sei. Die Kommission habe selbst eingeräumt, dass die von der Klägerin begangene Zuwiderhandlung von "mittlerer" und keinesfalls von "langer" Dauer gewesen sei.
48. Die Festsetzung der höchsten Geldbuße gegen ein mittelständisches Unternehmen widerspreche den von der Rechtsprechung und in den Leitlinien der Kommission aufgestellten Grundsätzen. Das Gericht habe die Leitlinien bestätigt, indem es festgestellt habe, dass es angebracht sein könne, die festgesetzten Beträge zu gewichten, "vor allem wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren, und folglich den allgemeinen Ausgangsbetrag dem besonderen Charakter jedes Unternehmens anzupassen" (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001 in der Rechtssache T-48/98, Acerinox/Kommission, Slg. 2001, II-3859, Randnr. 80). In dem genannten Urteil habe das Gericht auch das von einer der Klägerinnen auf ihre geringen Marktanteile gestützte Argument mit der Begründung zurückgewiesen, dass in erster Linie die "Größe" und die "Wirtschaftskraft" des Unternehmens zu berücksichtigen seien (Randnrn. 89 f.). Für das Gericht sei die Berücksichtigung der Größe des Unternehmens, unabhängig von dessen Marktanteilen, von wesentlicher Bedeutung. Im vorliegenden Fall habe die Kommission den Umstand, dass die Klägerin ein besonders bescheidenes mittelständisches Unternehmen sei und ein "erheblicher Größenunterschied" zwischen den verschiedenen betroffenen Unternehmen bestanden habe, völlig außer Acht gelassen.
49. Die Leitlinien seien in keiner Weise auf kleine und mittlere Unternehmen zugeschnitten. Bei besonders schweren Verstößen sähen sie nämlich eine "voraussichtliche" Geldbuße in Höhe von mehr als 20 Mio. Euro vor. Eine Geldbuße in dieser Größenordnung setze aber einen Umsatz von mindestens 200 Mio. Euro voraus, d. h. einen Umsatz, der elfmal so hoch sei wie der der Klägerin.
50. Eine der Folgen der willkürlichen Methode der Kommission für die Festsetzung der Geldbußen sei, dass die großen Unternehmen milder bestraft würden als die kleinen und mittleren. Erstens sei es im vorliegenden Fall offenkundig unangemessen, dass gegen große Unternehmen für genau die gleichen Verstöße Geldbußen verhängt worden seien, die weniger als halb so hoch wie die gegen kleine und mittlere Unternehmen verhängten Geldbußen seien. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf eine Tabelle in der Klageschrift, aus der sich die Höhe der Geldbußen ergibt, die gegen die einzelnen beschuldigten Unternehmen festgesetzt worden sind. Nach ihrer Ansicht ist die gegen sie festgesetzte Geldbuße die höchste und praktisch doppelt so hoch wie die Geldbuße von Heubach, obwohl die beiden Unternehmen zur Last gelegten Zuwiderhandlungen genau gleich schwer gewesen seien und genau gleich lang gedauert hätten. Die Klägerin bemerkt dazu, dass sie sich auf das prozentuale Verhältnis zum Umsatz und nicht auf absolute Beträge beziehe. Zweitens werde das Missverhältnis ebenso deutlich, wenn man die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße mit der Geldbuße anderer Unternehmen in ähnlichen Fällen vergleiche. So sei in der Entscheidung 2001/716/EG der Kommission vom 18. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP.D.2 37.444 - SAS/Maersk Air und Sache COMP.D.2 37.386 - Sun Air/SAS und Maersk Air [ABl. L 265, S. 15], im Folgenden: Entscheidung SAS) die SAS nach Gewährung einer Ermäßigung von 10 % gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit zu einer Geldbuße von 0,79 % ihres weltweiten Umsatzes verurteilt worden, d. h. zu einer Geldbuße, die im Verhältnis zum Umsatz nur ein Elftel der Geldbuße der Klägerin betragen habe. Für ein Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von fast 5 Milliarden Euro sei eine Geldbuße von 0,79 % ihres Umsatzes unbedeutend, während für die Klägerin mit einem Umsatz von 17 Mio. Euro eine Geldbuße von 1,53 Mio. Euro gewaltig sei (Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T-62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II-2707, Randnrn. 336 und 347).
51. Der Behauptung der Kommission, sie habe die Größe der Klägerin berücksichtigt, da der Ausgangsbetrag auf 3 Mio. Euro und nicht entsprechend den Leitlinien auf 20 Mio. Euro festgesetzt worden sei, hält die SNCZ in ihrer Erwiderung entgegen, die Kommission habe damit auf die Feststellung des Gewichts der Geldbuße im Verhältnis zur Größe des Unternehmens völlig verzichtet. Die Kommission argumentiere nämlich mit absoluten Beträgen und spreche damit der Bezugnahme auf den Umsatz, um das Gewicht einer Geldbuße für ein bestimmtes Unternehmen zu beurteilen, jede Bedeutung ab. Die Leitlinien schlössen aber "nicht aus, dass diese Umsätze bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden, damit allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern" (Urteil HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 447). Im vorliegenden Fall hätte die Kommission den Umsatz bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigen müssen, um einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vermeiden. Eine Reihe wichtiger Bestimmungen in der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, und Berichtigung ABl. 1990, L 257, S. 13, in der Fassung der Verordnung [EG] Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997, ABl. L 180, S. 1) und die Vorschriften für die kleinen und mittleren Unternehmen zeigten die entscheidende Bedeutung des Kriteriums des Umsatzes.
52. Zu dem Argument der Kommission, es sei nicht zu beanstanden, dass die gegen bestimmte Unternehmen festgesetzte Geldbuße, bezogen auf den Umsatz, höher sei als die Geldbuße anderer Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung beteiligt seien, bemerkt die Klägerin, dass die einschlägige Rechtsprechung nur für die Unternehmen gelte, die sich hinsichtlich der Faktoren bezüglich der "Schwere" und "Dauer" in einer anderen Lage befänden. Dagegen habe die Rechtsprechung nicht die Frage beantwortet, die sich im vorliegenden Fall stelle, in dem die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße, bezogen auf ihren Umsatz, fast doppelt so hoch sei wie die Geldbuße von Heubach, obwohl beide Unternehmen sich in der gleichen Lage befänden.
53. Der Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei im vorliegenden Fall umso offenkundiger, als die Kommission bei der Bestimmung der Höhe der Geldbuße Ermessensfehler begangen habe. Insbesondere habe sie weder die von ihr selbst in den Leitlinien aufgestellten Grundsätze noch ihre frühere Praxis berücksichtigt. Erstens habe sie im vorliegenden Fall außer Betracht gelassen, dass die Klägerin, ein mittelständisches Unternehmen, nicht einmal über eine Rechtsabteilung verfüge. Die Kommission habe in bestimmten Fällen von der Festsetzung einer Geldbuße gegen kleine Unternehmen abgesehen, die das Gemeinschaftsrecht und das nationale Recht nicht hinreichend gekannt hätten (Entscheidung 82/897/EWG der Kommission vom 15. Dezember 1982 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag [IV/C-30.128 Toltecs-Dorcet] [ABl. L 379, S. 19]). Unter Hinweis darauf, dass die betroffenen Unternehmen die Eintragung sämtlicher Zusammenkünfte in den Terminkalendern hätten stehen lassen, fügt die Klägerin hinzu, dass die Kommission nicht hinreichend nachgewiesen habe, dass diese Unternehmen sich der Rechtswidrigkeit der betreffenden Verhaltensweisen tatsächlich bewusst gewesen seien.
54. Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission im Allgemeinen mildere Geldbußen verhänge, wenn sie die Wettbewerbsvorschriften erstmals in einem neuen Kontext anwende (Entscheidung 92/521/EWG der Kommission vom 27. Oktober 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag [IV/33.384 und 33.378 - Vertrieb der Pauschalarrangements anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 1990] [ABl. L 326, S. 31, Randnr. 125]). Der Pressemitteilung der Kommission im vorliegenden Fall sei zu entnehmen, dass die Beklagte rechtswidrige Verhaltensweisen, an denen kleine und mittlere Unternehmen beteiligt gewesen seien, erstmals so streng sanktioniert habe. Infolgedessen hätte gegen die Klägerin nicht die Höchstgeldbuße verhängt werden dürfen.
55. Drittens trägt die Klägerin vor, die Kommission habe keine außergewöhnliche Schädigung der Verbraucher aufzeigen können. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf den von der Kommission selbst (Randnr. 303 der angefochtenen Entscheidung) als "begrenzt" angesehenen Umfang des Zinkphosphatmarktes, das Vorhandensein von Substitutionserzeugnissen (Randnr. 45 der angefochtenen Entscheidung) und die Größe der Abnehmer (Randnr. 51 der angefochtenen Entscheidung).
56. Schließlich stellten nach den Leitlinien "die von den Beteiligten an dem Verstoß eventuell erzielten wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile" ein wichtiges Kriterium bei der Bemessung der Geldbuße dar. Die Kommission habe aber niemals behauptet, dass die Klägerin irgendeinen Vorteil aus der Zuwiderhandlung gezogen habe.
57. Die Kommission widerspricht dem Vorbringen der Klägerin. Sie weist darauf hin, dass die gegen das Unternehmen verhängte Geldbuße 9 % seines Umsatzes im letzten Geschäftsjahr ausmache. Daher sei die Behauptung der Klägerin, diese Geldbuße sei "die höchste, die nach dem Gesetz gegen sie habe festgesetzt werden können", falsch, da sie weniger als 10 % ihres Umsatzes darstelle. Entgegen der Behauptung der Klägerin habe die Kommission nicht nur strengere Sanktionen als die gegen Britannia verhängt, sondern auch in mehreren Fällen die gegen ein Unternehmen festgesetzte Geldbuße ermäßigt, um die Obergrenze von 10 % einzuhalten (Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998 in einem Verfahren gemäß Artikel 85 EG-Vertrag [Sache IV/35.691/E-4 - Fernwärmetechnik-Kartell] [ABl. 1999, L 24, S. 1; im Folgenden: Entscheidung Fernwärmetechnik], Randnr. 176 [in Bezug auf das Unternehmen Lögstör], und Entscheidung 2002/271/EG der Kommission vom 12. Juli 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen [COMP/E-1/36.490 - Graphitelektroden] [ABl. 2002, L 100, S. 1], Randnr. 199 [in Bezug auf das Unternehmen UCAR]). Im Übrigen seien die Argumente der Klägerin zur Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße unbegründet.
- Würdigung durch das Gericht
58. Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 ist bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Die Verhältnismäßigkeit der Geldbuße ist somit anhand sämtlicher Umstände der Zuwiderhandlung zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 1999, II-931, Randnr. 1215).
59. Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin nicht, vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998, d. h. mehr als vier Jahre, an einer besonders schweren Zuwiderhandlung im Sinne der Leitlinien teilgenommen zu haben.
60. Weiter ist festzustellen, dass der von der Kommission festgesetzte Ausgangsbetrag von 3 Mio. Euro weit unter der Mindestgrenze von 20 Mio. Euro liegt, die nach den Leitlinien normalerweise für diese Art von Zuwiderhandlungen gilt (vgl. Nr. 1 Abschnitt A Absatz 2 dritter Gedankenstrich). Der Endbetrag der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße beläuft sich auf 1,53 Mio. Euro. Das Gericht ist der Auffassung, dass unter Berücksichtigung einerseits der Schwere der Zuwiderhandlung, ihrer Dauer und der Rolle der Klägerin und andererseits der von der Klägerin im vorliegenden Fall angeführten Gesichtspunkte die Höhe der gegen sie festgesetzten Geldbuße nicht unverhältnismäßig ist.
61. Das Argument der Klägerin, die gegen sie festgesetzte Geldbuße sei angesichts der Größe des Unternehmens unverhältnismäßig, ist unbegründet. Zunächst ist ihre Behauptung, sie habe "gewusst", dass gegen sie die Höchstgeldbuße verhängt werde, da der Ausgangsbetrag sich auf 17 % ihres weltweiten Umsatzes belaufen habe, zurückzuweisen. Wenn das Verhalten der Klägerin es zugelassen hätte, hätte die Geldbuße nämlich aufgrund mildernder Umstände und der Mitteilung über die Zusammenarbeit erheblich ermäßigt werden können. Im vorliegenden Fall stellt die festgesetzte Geldbuße nicht die höchste Geldbuße dar, die die Kommission festsetzen konnte, da sie aufgrund der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 10 % ermäßigt wurde.
62. Sodann ist daran zu erinnern, dass der einzige ausdrückliche Hinweis auf den Umsatz in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 die Obergrenze betrifft, die eine Geldbuße nicht übersteigen darf. Diese Grenze ist so zu verstehen, dass sie sich auf den Gesamtumsatz bezieht (Urteil vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnr. 119). Unter Beachtung dieser Grenze kann die Kommission den Umsatz, den sie hinsichtlich des geografischen Gebietes und der betroffenen Produkte als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Geldbuße heranziehen will, grundsätzlich frei wählen (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491, Randnr. 5023), ohne dass sie verpflichtet wäre, genau auf den Gesamtumsatz oder den auf dem relevanten räumlichen oder Produktmarkt erzielten Umsatz abzustellen. Schließlich sehen die Leitlinien zwar nicht vor, dass die Geldbußen anhand eines bestimmten Umsatzes berechnet werden, stehen der Heranziehung eines solchen Umsatzes aber auch nicht entgegen, sofern die von der Kommission getroffene Wahl nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft ist (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 38, Randnr. 195).
63. Wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Kommission eine Differenzierung bei den Unternehmen für angemessen gehalten, um die "tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, den Wettbewerb in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet" (Randnr. 304 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem war es nach ihrer Ansicht nötig, "das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen". Als Grundlage für eine Beurteilung dieser Gesichtspunkte hat die Kommission den EWR-weiten Zinkphosphatumsatz im letzten Jahr der Zuwiderhandlung gewählt. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin mit einem Marktanteil von etwa 20 % einer der größten Zinkphosphathersteller im EWR war, und sie deshalb in die erste Gruppe eingeordnet (Randnr. 308 der angefochtenen Entscheidung). Als Ausgangsbetrag der Geldbuße wurden für alle Unternehmen der ersten Gruppe 3 Mio. Euro festgesetzt. Der Ausgangsbetrag für James Brown, die einen Marktanteil von etwa 5 % hatte, wurde auf 750 000 Euro festgesetzt.
64. Auch wenn die Kommission das relative Gewicht der betroffenen Unternehmen auf der Grundlage des EWR-weiten Zinkphosphatumsatzes verglichen hat, hat sie für die Einordnung der Unternehmen in zwei unterschiedliche Gruppen doch auch deren Marktanteile auf dem relevanten Markt berücksichtigt. Bei der Bestimmung der Marktanteile der betroffenen Unternehmen hat sich die Kommission zum einen auf die in der Tabelle in Randnummer 50 der angefochtenen Entscheidung angeführten Umsätze auf dem betreffenden Markt und zum anderen auf die Angaben in den Akten gestützt. Dieser Ansatz ist von der Klägerin nicht in Frage gestellt worden.
65. Bei der Untersuchung der "tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße, den Wettbewerb zu schädigen", die eine Beurteilung des tatsächlichen Gewichts dieser Unternehmen auf dem betreffenden Markt, d. h. ihren Einfluss auf diesen, umfasst, vermittelt der Gesamtumsatz nur ein unvollständiges Bild der Verhältnisse. Es lässt sich nämlich nicht ausschließen, dass ein mächtiges Unternehmen mit vielen unterschiedlichen Geschäftsbereichen auf einem spezifischen Produktmarkt nur am Rande vertreten ist. Ebenso wenig lässt sich ausschließen, dass ein Unternehmen mit einer starken Stellung auf einem räumlichen Markt außerhalb der Gemeinschaft auf dem Gemeinschaftsmarkt oder im EWR nur schwach vertreten ist. In diesen Fällen bedeutet der bloße Umstand, dass das betreffende Unternehmen einen hohen Gesamtumsatz erzielt, nicht unbedingt, dass es einen entscheidenden Einfluss auf den von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt ausübt. Der Gerichtshof hat daher in seinem Urteil vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-185/95 P, Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 139) hervorgehoben, dass die Marktanteile eines Unternehmens zwar nicht entscheidend für die Schlussfolgerung sein können, dass ein Unternehmen einer mächtigen Wirtschaftseinheit angehört, dass sie aber relevant für die Bestimmung des Einflusses sind, den das Unternehmen auf den Markt ausüben konnte (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-224/00, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, Slg. 2003, II-2597, Randnr. 193). Im vorliegenden Fall hat die Kommission sowohl den Marktanteil als auch den Umsatz der betreffenden Unternehmen auf dem relevanten Markt berücksichtigt, mit deren Hilfe das relative Gewicht des jeweiligen Unternehmens auf dem relevanten Markt bestimmt werden konnte.
66. Infolgedessen hat die Kommission bei ihrer Analyse der "tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit der Urheber der Verstöße" im Sinne von Nummer 1 Abschnitt A Absatz 4 der Leitlinien keinen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen.
67. Im Übrigen zeigt ein Vergleich der Umsätze, die die zur ersten Gruppe gehörenden Unternehmen auf dem betreffenden Markt erzielt haben und die in der Tabelle in Randnummer 50 der angefochtenen Entscheidung angeführt sind, dass es richtig war, diese Unternehmen in einer Gruppe zusammenzufassen und den gleichen Ausgangsbetrag für sie festzusetzen. So erzielte die Klägerin 1998 auf dem betreffenden Markt im EWR einen Umsatz von 3,9 Mio. Euro. Heubach, Trident und Union Pigments erzielten Umsätze von jeweils 3,7, 3,69 und 3,2 Mio. Euro. Britannia, die 1998 jede Wirtschaftstätigkeit eingestellt hatte, erzielte 1996 auf dem betreffenden Markt im EWR einen Umsatz von 2,78 Mio. Euro.
68. Wie die Klägerin zu Recht bemerkt hat, sehen die Leitlinien in Nummer 1 Abschnitt A Absatz 6 vor, dass bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung eine Differenzierung gerechtfertigt sein kann, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Acerinox/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 48, Randnr. 90). Im Übrigen verfügt die Kommission nach der Rechtsprechung zwar über ein gewisses Ermessen bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen und ist nicht verpflichtet, insoweit eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59), doch muss die Höhe der Geldbußen zumindest in einem angemessenen Verhältnis zu den anderen Faktoren stehen, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle gespielt haben (Urteil Tate Lyle u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 32, Randnr. 106). Daher muss, wenn die Kommission die betroffenen Unternehmen für die Bemessung der Geldbußen in Gruppen einteilt, die Bestimmung der Schwellenwerte für jede der auf diese Weise gebildeten Gruppen schlüssig und objektiv gerechtfertigt sein (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-23/99, LR AF 1998/Kommission, Slg. 2002, II-1705, Randnr. 298, und vom 19. März 2003 in der Rechtssache T-213/00, CMA CGM u. a./Kommission, Slg. 2003, II-913, im Folgenden Urteil FETTCSA, Randnr. 416).
69. Obwohl die Klägerin im Jahr 2000 nur einen Gesamtumsatz von 17 Mio. Euro erzielt hat, ist sie im vorliegenden Fall in die gleiche Gruppe wie Britannia, Heubach, Trident und Union Pigments mit einem Gesamtumsatz von 55,7, 71, 76 bzw. ca. 7 Mio. Euro eingeordnet worden. Trotzdem lässt sich hieraus kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder das Gleichbehandlungsgebot herleiten. Wie vorstehend in den Randnummern 63 und 64 erläutert, sind die verschiedenen Unternehmen in einer Gruppe zusammengefasst worden, da ihr Umsatz auf dem betreffenden Markt und ihre Marktanteile sehr ähnlich waren. Die Unternehmen auf dieser Grundlage in einer Gruppe zusammenzufassen, war schlüssig und objektiv gerechtfertigt. Im Übrigen ist der Größenunterschied zwischen der Klägerin und den anderen betroffenen Unternehmen nicht so bedeutend, dass Britannia in eine andere Gruppe hätte eingeordnet werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Daesang und Sewon Europe/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 39, Randnrn. 69 bis 77).
70. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass unter den gegebenen Umständen der Gesamtumsatz der Klägerin durch die Anwendung der Obergrenze von 10 % gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 ausreichend berücksichtigt worden ist. Wie vorstehend in den Randnummern 16 und 17 angegeben, wurde die Geldbuße der Klägerin auf 1,7 Mio. Euro herabgesetzt, um diese Grenze einzuhalten, bevor der Betrag wegen der Mitarbeit des Unternehmens noch einmal auf 1,53 Mio. Euro herabgesetzt wurde. Durch die Obergrenze von 10 % soll verhindert werden, dass die Geldbußen außer Verhältnis zur Größe des Unternehmens stehen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 62, Randnr. 119). Durch die Anwendung dieser Höchstgrenze ist im vorliegenden Fall sichergestellt worden, dass die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße ihrer Größe angemessen war. Da der Verstoß besonders schwer war und mehr als vier Jahre gedauert hat, hätte gegen die Klägerin eine sehr viel höhere Geldbuße verhängt werden können, wenn sie kein kleines Unternehmen gewesen und nicht in den Genuss der 10%igen Obergrenze gekommen wäre.
71. Die Klägerin macht geltend, es sei offenkundig unverhältnismäßig, dass für die gleichen Verstöße gegen die großen Unternehmen Geldbußen verhängt worden seien, die weniger als halb so hoch wie die Geldbußen der kleinen und mittleren Unternehmen seien. Im Fall von Britannia sei bei einem Umsatz von 17,08 Mio. Euro eine Geldbuße in Höhe von etwa 9 % ihres Umsatzes festgesetzt worden, während die Geldbuße von Heubach, deren Umsatz sich auf 71,018 Mio. Euro belaufen habe, nur 5,3 % dieses Umsatzes ausgemacht habe.
72. Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission gegen Heubach eine Geldbuße von 3,78 Mio. Euro und gegen die Klägerin eine Geldbuße von 1,53 Mio. Euro festgesetzt hat. Obwohl beide Unternehmen mehr als vier Jahre lang an einer besonders schweren Zuwiderhandlung teilgenommen haben und ein vergleichbares Gewicht auf dem Markt haben (vgl. vorstehend Randnr. 67), ist die Geldbuße von Heubach doppelt so hoch wie die der Klägerin.
73. Da die Kommission nicht verpflichtet ist, die Höhe der Geldbuße auf der Grundlage von Beträgen zu bestimmen, die auf dem Umsatz der betroffenen Unternehmen basieren, müssen, wenn die Geldbußen gegen mehrere Unternehmen festgesetzt werden, die an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligt sind, die von der Kommission für die betroffenen Unternehmen ermittelten endgültigen Beträge der Geldbußen nicht jeden Unterschied zwischen den Unternehmen bei den Gesamt- oder Produktumsätzen widerspiegeln (Urteil Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, Randnr. 202).
74. In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 in Fällen, in denen Geldbußen gegen mehrere Unternehmen festgesetzt werden, die an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligt sind, auch nicht verlangt, dass die gegen ein kleines oder mittleres Unternehmen festgesetzte Geldbuße, als Prozentsatz vom Umsatz ausgedrückt, nicht höher sein darf als die gegen die größeren Unternehmen festgesetzten Geldbußen. Aus dieser Bestimmung ergibt sich nämlich, dass sowohl bei den kleinen oder mittleren Unternehmen als auch bei den größeren Unternehmen für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt werden müssen. Wenn die Kommission gegen die an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt, die angesichts der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung im Fall des jeweiligen Unternehmens gerechtfertigt sind, ist nicht zu beanstanden, dass bei einigen Unternehmen die Geldbuße im Verhältnis zum Umsatz höher ist als bei anderen Unternehmen (Urteil Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, Randnr. 203).
75. Nach Ansicht der Klägerin gelten die vom Gericht im Urteil Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, aufgestellten Grundsätze nur für Unternehmen, die sich in Bezug auf die Faktoren, die die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung beträfen, in einer unterschiedlichen Lage befänden. Wenn die betroffenen Unternehmen sich in einer unterschiedlichen Lage befinden, versteht es sich jedoch von selbst, dass die von der Kommission ermittelten Geldbußen nicht jeden Unterschied zwischen den Unternehmen bei den Gesamt- oder Produktumsätzen widerspiegeln müssen. Diese Grundsätze gelten aber auch dann, wenn die betreffenden Unternehmen sich in der gleichen Lage befinden.
76. Das Argument der Klägerin, die Unverhältnismäßigkeit der festgesetzten Geldbuße werde deutlich, wenn man die Geldbuße mit der gegen andere Unternehmen in ähnlichen Fällen verhängten Geldbuße vergleiche, ist ebenfalls zurückzuweisen. Die Kommission ist nämlich nicht verpflichtet, Geldbußen proportional zum Umsatz und in völliger Übereinstimmung mit Geldbußen festzusetzen, die in anderen, früheren Fällen verhängt worden sind.
77. Die frühere Entscheidungspraxis der Kommission bildet nämlich nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen. Die Kommission ist nämlich dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der von der Verordnung Nr. 17 vorgegebenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 62, Randnr. 109, und Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 38, Randnr. 243).
78. Wenn die Kommission gegen die Unternehmen, die an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligt sind, Geldbußen festsetzt, die angesichts der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung im Fall des jeweiligen Unternehmens gerechtfertigt sind, ist nicht zu beanstanden, dass für einige dieser Unternehmen die Geldbuße im Verhältnis zum Umsatz höher ausgefallen ist als die Geldbuße, die gegen andere Unternehmen in früheren Fällen verhängt worden ist (vgl. entsprechend Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 68, Randnr. 278).
79. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist zudem anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I-4411, Randnr. 33, und Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 68, Randnr. 236). In jeder Rechtssache sind aber die relevanten Gegebenheiten wie die Märkte, die Waren, die Länder, die Unternehmen und die Zeiträume, um die es geht, unterschiedlich. Infolgedessen ist die Kommission nicht verpflichtet, Geldbußen zu verhängen, die in allen der Schwere nach vergleichbaren Fällen im selben Verhältnis zum Umsatz stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004 in der Rechtssache T-67/01, JCB Service/Kommission, Slg. 2004, II-0000, Randnrn. 187 bis 189).
80. Im Übrigen ist festzustellen, dass die von der Kommission in der von der Klägerin angeführten Entscheidung SAS festgesetzte Geldbuße (vgl. vorstehend Randnr. 50), selbst wenn sie keinen sehr hohen Prozentsatz vom Umsatz des betreffenden Unternehmens ausmachte, dennoch sehr bedeutend war, da sie sich auf fast 40 Mio. Euro belief. Dagegen hätte, wenn die Kommission gegen die Klägerin eine Geldbuße in Höhe von 0,79 % ihres Umsatzes - wie in der Entscheidung SAS - hätte festsetzen müssen, diese Geldbuße, die sich auf 134 939 Euro belaufen hätte, eindeutig keine abschreckende Wirkung gehabt.
81. Die von der Klägerin angeführten Beurteilungsfehler sind ebenfalls zurückzuweisen.
82. Erstens brauchte die Kommission den Umstand, dass die Klägerin keine Rechtsabteilung hatte, nicht zu berücksichtigen. Nach den Leitlinien "könnte auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Großunternehmen in den meisten Fällen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand und Ressourcen verfügen, anhand deren sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu gewärtigen sind" (Nr. 1 Abschnitt A Absatz 5). Wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, erlaubt ihr dieser Absatz eine Erhöhung der Geldbußen für Großunternehmen, schreibt ihr aber keine Ermäßigung der gegen kleinere Unternehmen festzusetzenden Geldbußen vor. Da die Unvereinbarkeit des in Rede stehenden Kartells mit den Wettbewerbsvorschriften in Artikel 81 Absatz 1 Buchstaben a bis c EG ausdrücklich festgestellt wird und in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden ist, kann die Klägerin nicht behaupten, dass ihr das einschlägige Recht nicht hinreichend bekannt gewesen sei. Im Übrigen ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die beschuldigten Unternehmen sich der Rechtswidrigkeit eines Kartells, das die Festsetzung von Richtpreisen, die Aufteilung des Marktes und die Zuteilung von Kunden vorsah, durchaus bewusst waren (Randnrn. 99 und 100, 125 und 253).
83. Jedenfalls ist für die Erfüllung des Tatbestands einer vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften nicht erforderlich, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen diese Vorschriften bewusst gewesen ist, sondern es genügt, dass es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, dass sein Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-143/89, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1995, II-917, Randnr. 41, und vom 16. Dezember 2003 in den Rechtssachen T-5/00 und T-6/00, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, Slg. 2003, II-5761, Randnrn. 396 f.).
84. Zweitens ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission hätte mildere Geldbußen verhängen müssen, da sie erstmals rechtswidrige Verhaltensweisen, an denen kleine und mittlere Unternehmen beteiligt seien, mit einer solchen Strenge verfolgt habe. Die Kommission muss nämlich keine milderen Geldbußen verhängen, wenn sie erstmals in einen besonderen Sektor eingreift. Sie muss die Geldbußen auch nicht abmildern, wenn kleine oder mittlere Unternehmen betroffen sind. Der Größe des Unternehmens wird nämlich durch die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 festgelegte Obergrenze und durch die Leitlinien Rechnung getragen. Abgesehen von diesen Erwägungen zur Größe gibt es keinen Grund, kleine oder mittlere Unternehmen anders als andere Unternehmen zu behandeln. Die Tatsache, dass die Unternehmen von kleiner oder mittlerer Größe sind, befreit sie, wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat (vgl. Randnr. 343 der angefochtenen Entscheidung), nicht von ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften.
85. Im Übrigen kann nicht behauptet werden, dass die Kommission im vorliegenden Fall in einem neuen Umfeld tätig geworden ist. In der Entscheidung Fernwärmetechnik hatte sie nämlich bereits gegen kleine und mittlere Unternehmen, die an rechtswidrigen Verhaltensweisen beteiligt gewesen waren, hohe Geldbußen verhängt.
86. Drittens wirft die Klägerin der Kommission vor, keine außergewöhnliche Schädigung der Verbraucher geltend gemacht zu haben. Dazu genügt die Feststellung, dass die Unverhältnismäßigkeit der vorliegenden Geldbuße nicht mit dem Fehlen einer solchen außergewöhnlichen Schädigung begründet werden kann. Im Übrigen hat die Kommission zumindest mittelbar berücksichtigt, dass die Zuwiderhandlung nicht zu einer solchen Schädigung geführt hat. Zum einen hat sie den begrenzten Umfang des relevanten Marktes berücksichtigt und dementsprechend den Ausgangsbetrag auf 3 Mio. Euro festgesetzt (Randnr. 303 der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen hat sie anerkannt, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Zuwiderhandlung stattfand, u. a. wegen der starken Nachfragemacht der Abnehmer schwierig waren (Randnr. 339 der angefochtenen Entscheidung).
87. Nach Ansicht der Klägerin konnte die Kommission keine außergewöhnliche Schädigung der Verbraucher anführen, da es "Substitutionserzeugnisse" gegeben habe. Dieses Argument kann an dem vorstehend in Randnummer 86 festgestellten Ergebnis nichts ändern. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erläutert, sie habe mit ihrem Hinweis auf die Existenz von Substitutionserzeugnissen zu verstehen geben wollen, dass die Kommission den Markt nicht eingehend genug untersucht habe und die Zuwiderhandlung keine tatsächlichen Auswirkungen gehabt habe. Dazu ist festzustellen, dass die Klägerin die Substitutionserzeugnisse in ihren Schriftsätzen summarisch im Rahmen eines Hilfsarguments angeführt hat, bei dem es um die Verhältnismäßigkeit der Geldbuße und insbesondere um das Fehlen einer außergewöhnlichen Schädigung der Verbraucher ging. Es ist offenkundig, dass sie damit die Wirkungen der Zuwiderhandlung nicht allgemein in Frage gestellt und die Definition des Marktes nicht zurückgewiesen hat.
88. Jedenfalls hat die Kommission, wie das Gericht in seinem Urteil vom heutigen Tag in der Rechtssache T-64/02 (Heubach/Kommission, Slg. 2005, II-0000) entschieden hat, zu Recht festgestellt, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung tatsächliche Auswirkungen gehabt hat. Insbesondere hat sie hinreichend nachgewiesen, dass die Vereinbarung über die Absatzquoten, der "Eckpfeiler" des Kartells (Randnr. 66 der angefochtenen Entscheidung), sorgfältig umgesetzt wurde und die "realen Marktanteile der fünf Produzenten [jährlich betrachtet] den jeweils zugeteilten Anteilen sehr nahe [kamen]" (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem hat die Kommission bewiesen, dass die Preisvereinbarung sich konkret auf den Markt ausgewirkt hat. Nach den objektiven Feststellungen von Union Pigments und Trident, die am engsten mit der Kommission zusammengearbeitet haben, wirkten sich die Preisinitiativen auf die Höhe der Preise am Markt aus. Allgemeiner ist angesichts dessen, dass das Kartell u. a. einen Preiskrieg beenden sollte und die beanstandeten Verhaltensweisen länger als vier Jahre praktiziert wurden, festzustellen, dass die betroffenen Unternehmen diesen Preiskrieg im Wesentlichen beenden konnten und ihre Preise angepasst haben, um ein höheres Preisniveau zu erreichen als das, das ohne ein Kartell geherrscht hätte.
89. Zu dem Argument der Klägerin, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass Britannia mit dem in Rede stehenden Produkt praktisch keine Gewinne erwirtschaftet habe, ist zu bemerken, dass die Höhe der festgesetzten Geldbuße zwar in einem angemessenen Verhältnis stehen muss zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, darunter zu dem Gewinn, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte (Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II-1689, Randnr. 127), doch steht nach der Rechtsprechung die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegen, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren (Urteile Ferriere Nord/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 83, Randnr. 53, und FETTCSA, Randnr. 340).
90. Somit musste die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen das Fehlen eines aus der betreffenden Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils nicht berücksichtigen (Urteile Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 62, Randnr. 4881, und FETTCSA, Randnr. 341).
91. Zwar kann die Kommission nach ihren Leitlinien (Nr. 2 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich) die Geldbuße wegen erschwerender Umstände erhöhen, um den Betrag der aufgrund der Verstöße unrechtmäßig erzielten Gewinne zu übertreffen, doch bedeutet dies nicht, dass sie sich damit für die Zukunft verpflichtet hätte, unter allen Umständen für die Bemessung der Geldbuße den mit der festgestellten Zuwiderhandlung verbundenen finanziellen Vorteil zu ermitteln (Urteil FETTCSA, Randnrn. 342 f.). Anders ausgedrückt kann das Fehlen eines solchen Vorteils nicht als mildernder Umstand anerkannt werden.
92. Im vorliegenden Fall hat die Kommission die angefochtene Entscheidung nicht auf die Gewinne gestützt, die die Urheber der Zuwiderhandlung aus dieser gezogen hatten. Unter Berücksichtigung der vorstehend in den Randnummern 89 bis 91 angeführten Rechtsprechung hat sie insoweit keinen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen.
93. Nach alledem ist der erste Teil der zweiten Rüge zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil der zweiten Rüge: Die Kommission habe für die Bestimmung der Obergrenze von 10 % den weltweiten Umsatz der Klägerin zugrunde gelegt
- Vorbringen der Parteien
94. Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, da sie für die Bestimmung der Obergrenze von 10 % gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 den weltweiten Umsatz der Unternehmen zugrunde gelegt habe. Nach der Rechtsprechung dürfe die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen dem zugrunde zu legenden Umsatz keine "im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung" beimessen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 62, Randnr. 121). Nach der Lehre enthalte diese Stelle die "Warnung, die 10%-Regel nicht rein mathematisch anzuwenden, was gegen den ... 'Verhältnismäßigkeitsgrundsatz' verstoßen könnte" (I. Van Bael und J. F. Bellis, Droit de la concurrence de la Communauté économique européenne , Bruylant, Brüssel, 1991, S. 648). Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung anerkannt, dass für die Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße den tatsächlichen Auswirkungen des rechtswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb Rechnung getragen werden müsse (Randnr. 305 der angefochtenen Entscheidung). Sie habe es hierbei für angemessen gehalten, den EWR-weiten Produktumsatz als Grundlage für die Bemessung des jeweiligen Gewichts der betroffenen Unternehmen auf dem Markt zu nehmen (Randnr. 307 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hätte daher diese Argumentation bis zu Ende führen und die Grenze von 10 % für die Klägerin in Bezug auf ihren europaweiten Umsatz ermitteln müssen, der weniger als ein Viertel ihres weltweiten Umsatzes ausmache.
95. Die Kommission erklärt, sie habe die jeweiligen Marktanteile der Kartellmitglieder im EWR bei der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbußen berücksichtigt. Zwischen dieser Methode und der Regelung des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, wonach die Geldbuße, die gegen ein Unternehmen festgesetzt werden könne, die Grenze von 10 % seines weltweiten Umsatzes nicht überschreiten dürfe, gebe es keinen Zusammenhang.
- Würdigung durch das Gericht
96. Dem zweiten Teil des zweiten Klagegrundes kann nicht gefolgt werden. Zum einen ergibt sich aus Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 sowie aus der Rechtsprechung eindeutig, dass durch die Höchstgrenze von 10 % verhindert werden soll, dass die Geldbußen außer Verhältnis zur Größe des betroffenen Unternehmens stehen (vgl. vorstehend Randnr. 70). Daher ist für die Bestimmung dieser Grenze der Gesamtumsatz heranzuziehen (Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 62, Randnr. 119, und HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 541). Zum anderen wird der Umsatz, der mit dem Verkauf des von der Zuwiderhandlung betroffenen Produktes auf dem relevanten geografischen Markt erzielt worden ist, bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes herangezogen, um den Umfang der Zuwiderhandlung eines jeden Unternehmens auf diesem Markt zu bestimmen. Entgegen der Ansicht der Klägerin spricht nichts dagegen, dass unterschiedliche Umsätze für unterschiedliche Zwecke herangezogen werden können. Daher ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des zweiten Klagegrundes: Die Kommission habe das Verhältnis des Gesamtumsatzes der Klägerin zu ihrem Umsatz, den sie mit dem Verkauf des betreffenden Produktes erzielt habe, außer Betracht gelassen
- Vorbringen der Parteien
97. Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt, dass der mit dem betreffenden Produkt erzielte Umsatz im Verhältnis zu dem mit allen Erzeugnissen erzielten Gesamtumsatz vergleichsweise gering gewesen sei (Urteil des Gerichts vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache T-77/92, Parker Pen/Kommission, Slg. 1994, II-549, Randnr. 94).
98. Die Kommission weist darauf hin, dass das vorstehend in Randnummer 97 zitierte Urteil Parker Pen/Kommission in einer Zeit erlassen worden sei, in der die Geldbußen im Verhältnis zum Umsatz der Unternehmen festgesetzt worden seien. Gegenwärtig gehöre der Gesamtumsatz zu den zahlreichen Gesichtspunkten, die die Kommission - vorbehaltlich einer gerichtlichen Überprüfung - berücksichtigen könne, aber nicht unbedingt berücksichtigen müsse. Wie das Gericht in seinem Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-327/94 (SCA Holding/Kommission, Slg. 1998, II-1373, Randnr. 184) festgestellt habe, sei "die Kommission nicht verpflichtet, bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung das Verhältnis zwischen dem Gesamtumsatz eines Unternehmens und dem Umsatz bei den Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, zu berücksichtigen".
- Würdigung durch das Gericht
99. Nach gefestigter Rechtsprechung darf weder dem einen noch dem anderen der verschiedenen Umsätze eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung zugemessen werden, so dass die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Waren nur einen geringen Teil dieses Umsatzes ausmachen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 62, Randnrn. 120 f., und Urteil Parker Pen/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 97, Randnr. 94). So sah das Gericht im Urteil Parker Pen/Kommission den Klagegrund eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als begründet an, weil die Kommission nicht berücksichtigt hatte, dass der Umsatz mit den Erzeugnissen, auf die die Zuwiderhandlung abzielte, im Verhältnis zum Gesamtabsatz des betroffenen Unternehmens gering war.
100. Da die Kommission im vorliegenden Fall die Höhe der gegen die Klägerin festzusetzenden Geldbuße nicht auf der Grundlage des Gesamtumsatzes des Unternehmens berechnet hat, kann sich dieses nicht mit Erfolg auf das vorstehend in Randnummer 97 zitierte Urteil Parker Pen/Kommission berufen (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-31/99, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, Slg. 2002, II-1881, Randnr. 156).
101. Die angefochtene Entscheidung zeigt (vgl. Randnrn. 262 bis 309), dass die Kommission entsprechend der Rechtsprechung für die Festsetzung der Geldbuße eine ganze Reihe anderer Faktoren als den Gesamtumsatz berücksichtigt hat, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, ihre tatsächlichen Auswirkungen, das Gewicht der betroffenen Unternehmen auf dem Markt, die abschreckende Wirkung der Geldbußen und den begrenzten Umfang des relevanten Marktes (vgl. in diesem Sinne Urteile ABB Asea Brown Boveri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 100, Randnr. 157, Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 38, Randnr. 202, und Daesang und Sewon Europe/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 39, Randnr. 60).
102. Jedenfalls stellt, wie die Kommission zu Recht ausgeführt hat, der Umsatz der Klägerin mit Zinkphosphaten einen verhältnismäßig erheblichen Teil ihres Gesamtumsatzes dar, nämlich mehr als 22,83 %. Folglich lässt sich nicht behaupten, dass die Klägerin nur einen geringen Teil ihres Gesamtumsatzes auf dem relevanten Markt erwirtschaftet hat.
103. Aus diesen Gründen ist der dritte Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen. Der zweite Klagegrund ist somit insgesamt zurückzuweisen.
Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung
Vorbringen der Parteien
104. Die Kommission macht geltend, die im vorliegenden Fall zur Festsetzung der Geldbußen angewandte Methode sei diskriminierend, da die Kommission bei einigen Unternehmen einen Ausgangsbetrag festgesetzt habe, der über der gesetzlichen Obergrenze liege.
105. Erstens habe die Kommission aufgrund dieser Vorgehensweise gegen die Klägerin automatisch die gesetzliche Höchstgeldbuße festgesetzt. Dagegen hätten die Unternehmen, die höhere Umsätze als die Klägerin gehabt hätten, sich hinsichtlich der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung aber in genau der gleichen Lage befunden hätten, sicher sein können, dass gegen sie eine Geldbuße unterhalb des gesetzlichen Höchstbetrags verhängt würde, da in ihrem Fall der Ausgangsbetrag unter diesem Betrag gelegen habe. Der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot werde besonders deutlich, wenn man die Lage von Britannia mit der von Heubach vergleiche. Obwohl die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen keinen Unterschied zwischen diesen beiden Unternehmen festgestellt habe, belaufe sich die Geldbuße von Heubach auf 5,3 % ihres Umsatzes und die der Klägerin auf 9 % ihres Umsatzes. Gegen die Klägerin sei somit eine Geldbuße verhängt worden, die, als Prozentsatz vom Umsatz ausgedrückt, 170 % der Geldbuße von Heubach betrage. Eine derartig unterschiedliche und völlig ungerechtfertigte Behandlung der beiden Unternehmen sei eine klare Diskriminierung. Dieser Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung beruhe auf der Weigerung der Kommission, für die Festsetzung der Geldbuße den Umsatz heranzuziehen.
106. In ihrer Erwiderung weist die Klägerin die von der Kommission vorgenommene Auslegung des Urteils Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, zurück.
107. Zweitens führe die Methode der Kommission im Fall von zwei Unternehmen, die an der Zuwiderhandlung unterschiedlich lang beteiligt gewesen seien, dennoch zur gleichen Sanktion, d. h. zur gesetzlichen Höchstgeldbuße. Gegen zwei Unternehmen mit dem gleichen, die Obergrenze von 10 % übersteigenden Ausgangsbetrag, von denen eines aber nur ein Jahr und das andere fünf Jahre an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, werde letztlich die gleiche Geldbuße in Höhe von 10 % ihres Weltumsatzes festgesetzt. Dies veranschauliche besonders deutlich den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im vorliegenden Fall.
108. Die Kommission bestreitet eine Diskriminierung der Klägerin. Obwohl diese im gleichen Umfang wie Heubach in der Lage gewesen sei, den Wettbewerb zu schädigen, sei die gegen sie verhängte Geldbuße gerade aufgrund der Anwendung der Höchstgrenze von 10 % des Gesamtumsatzes gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 von 4,2 auf 1,53 Mio. Euro herabgesetzt worden. Die unterschiedliche Behandlung zugunsten der Klägerin könne nicht als eine Diskriminierung angesehen werden und sei nach der Rechtsprechung des Gerichts (Urteile Brugg Rohrsysteme/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 34, Randnr. 155, und LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 68, Randnr. 300) die unmittelbare Folge der Höchstgrenze, die die Verordnung Nr. 17 für Geldbußen festgelegt habe.
Würdigung durch das Gericht
109. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 65, Randnr. 69, und Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-311/94, BPB de Eendracht/Kommission, Slg. 1998, II-1129, Randnr. 309).
110. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Tatsache, dass in ihrem Fall der Ausgangsbetrag die Obergrenze von 10 % übersteigt, nicht dazu geführt, dass automatisch die Höchstgeldbuße gegen sie verhängt worden ist (vgl. vorstehend Randnr. 61).
111. Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission, um der Wirtschaftsmacht der betroffenen Unternehmen Rechnung zu tragen und die Geldbußen in einer Höhe festzusetzen, die eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet, die Klägerin, Heubach, Trident, Britannia und Union Pigments in die gleiche Gruppe eingeordnet hat (Randnr. 304 der angefochtenen Entscheidung). Der Umstand, dass der Gesamtumsatz der Klägerin niedriger war als der von Heubach, Trident und Britannia, berechtigt nicht zu dem Schluss, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt worden ist.
112. Wie nämlich vorstehend in Randnummer 69 ausgeführt, zeigt der Vergleich der fraglichen Produktumsätze im EWR, dass diese Unternehmen zu Recht in der gleichen Gruppe zusammengefasst worden sind und der gleiche Ausgangsbetrag für sie festgesetzt worden ist.
113. Obwohl die Klägerin und Heubach beide länger als vier Jahre an einer besonders schweren Zuwiderhandlung beteiligt gewesen waren, beläuft sich die gegen die Klägerin endgültig festgesetzte Geldbuße, nämlich 1,53 Mio. Euro, auf weniger als die Hälfte der gegen Heubach festgesetzten Geldbuße, die 3,78 Mio. Euro beträgt. Diese unterschiedliche Behandlung zugunsten der Klägerin ist aufgrund der unterschiedlichen Größe der beiden Unternehmen objektiv gerechtfertigt, was bedeutet, dass der Klägerin die in der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Höchstgrenze zugute gekommen ist.
114. Da die von der Kommission ermittelten Endbeträge der Geldbußen für die betroffenen Unternehmen nicht jeden Unterschied zwischen ihnen bei ihren Umsätzen widerspiegeln müssen (vgl. vorstehend Randnr. 74), kann die Klägerin ihr nicht vorwerfen, dass gegen sie eine Geldbuße festgesetzt worden ist, die, als Prozentsatz vom Gesamtumsatz ausgedrückt, höher ist als die Geldbuße von Heubach (Urteil Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 30, Randnr. 210).
115. Zum Argument der Klägerin, die Methode der Kommission führe im Fall von zwei Unternehmen, die unterschiedlich lang an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, dennoch zur gleichen Sanktion, genügt die Feststellung, dass dieser Vorwurf sich aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht herleiten lässt und daher rein hypothetisch ist.
116. Schließlich ist zum Prinzip der Gleichbehandlung unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu bemerken, dass die Anwendung der Leitlinien im vorliegenden Fall es ermöglicht hat, den beiden Seiten dieses Grundsatzes gerecht zu werden. Zum einen waren alle betroffenen Unternehmen gemeinsam und gleichermaßen verantwortlich, da sie alle an einer besonders schweren Zuwiderhandlung teilgenommen hatten. Daher wurde diese Verantwortlichkeit in einem ersten Schritt nach Maßgabe der Merkmale dieser Zuwiderhandlung, d. h. ihrer Natur und ihrer Auswirkung auf den Markt, beurteilt. Dann modifizierte die Kommission diese Beurteilung in einem zweiten Schritt aufgrund der individuellen Gegebenheiten im Fall eines jeden betroffenen Unternehmens einschließlich seiner Größe, seiner Möglichkeiten, der Dauer seiner Beteiligung und seiner Mitwirkung.
117. Die dritte Rüge ist somit ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
118. Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Kostenentscheidung:
Kosten
119. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem dahin gehenden Antrag der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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