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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.12.1996
Aktenzeichen: T-521/93
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 404/93 vom 13. Februar 1993, Verfahrensordnung, EG


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 404/93 vom 13. Februar 1993
Verfahrensordnung Art. 42 § 2 der
Verfahrensordnung Art. 48 § 2 der
EG Art. 215 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

3 Sowohl aus Artikel 42 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes als auch aus Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt sich, daß neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zu Tage getreten sind. Ein Urteil des Gerichtshofes, das die Gültigkeit einer Handlung der Gemeinschaftsorgane bestätigt, kann nicht als hinreichender Grund angesehen werden, der das Vorbringen eines neuen Angriffsmittels rechtfertigen kann, da die Gültigkeit solcher Handlungen ohnehin vermutet wird; ein Urteil solchen Inhalts bestätigt nur einen Rechtszustand, der dem Kläger bekannt war, als er seine Klage erhob.

4 Die Regelung der gemeinsamen Marktorganisation für Bananen für den Handel mit dritten Ländern, eingeführt durch die Verordnung Nr. 404/93, und insbesondere das für die Einfuhren und ihre Verteilung vorgesehene Zollkontingent stellt weder einen Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts noch einen Ermessensmißbrauch dar und weist somit keinerlei Regelwidrigkeit auf, die die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern auslösen könnte, deren Tätigkeit in der Einfuhr von Drittlandsbananen in die Gemeinschaft besteht.

Zwar war die Verordnung, was das Diskriminierungsverbot angeht, nicht auf die Herstellung einer Gleichbehandlung der verschiedenen Gruppen von Marktbeteiligten, auf die das Zollkontingent aufgeteilt wird, gerichtet, doch war deren unterschiedliche Behandlung naturgemäß mit dem Ziel einer Integration bisher abgeschotteter Märkte und einer Sicherung des Absatzes der Gemeinschaftserzeugung und der traditionellen AKP-Erzeugung verbunden.

Was den Grundsatz des Vertrauensschutzes betrifft, so kann ein Wirtschaftsteilnehmer kein wohlerworbenes Recht oder auch nur ein berechtigtes Vertrauen auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation geltend machen, die durch Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens verändert werden kann. Darüber hinaus kann niemand einen Verstoß gegen diesen Grundsatz geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gemacht hat.

Was das Grundrecht auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit angeht, so entspricht die von den traditionellen Vermarktern von Drittlandsbananen erlittene Beeinträchtigung dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft und tastet dieses Recht nicht in seinem Wesensgehalt an.

Was die Verteidigungsrechte angeht, so bestehen im Rahmen eines Verfahrens zum Erlaß einer auf einen Artikel des Vertrages gestützten Gemeinschaftshandlung für den Gemeinschaftsgesetzgeber nur die Anhörungspflichten, die der betreffende Artikel vorschreibt; der Anspruch auf rechtliches Gehör, das im Rahmen eines eine bestimmte Person betreffenden Verwaltungsverfahrens zu gewähren ist, lässt sich nicht auf ein Gesetzgebungsverfahren übertragen, das zum Erlaß von Maßnahmen allgemeiner Art führt.

In bezug auf einen möglichen Ermessensmißbrauch ist schließlich nicht ersichtlich, daß mit der Verordnung andere als die in ihr genannten Ziele erreicht werden sollen, da eine Entwicklungspolitik zugunsten der AKP-Staaten, wie sie mit der Verordnung verfolgt wird, mit den Zielen der gemeinsamen Agarpolitik völlig im Einklang steht; darüber hinaus dürfen die Gemeinschaftsorgane im Rahmen der Durchführung interner Politiken insbesondere im Agrarbereich nicht die internationalen Verpflichtungen ausser acht lassen, die die Gemeinschaft aufgrund des Abkommens von Lomé übernommen hat.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 11. Dezember 1996. - Atlanta AG, Atlanta Handelsgesellschaft Harder & Co. GmbH, Afrikanische Frucht-Compagnie GmbH, Cobana Bananeneinkaufsgesellschaft mbH & Co. KG, Edeka Fruchtkontor GmbH, International Fruchtimport Gesellschaft Weichert & Co. und Pacific Fruchtkontor GmbH gegen Rat der Europäischen Union und Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Gemeinsame Marktorganisation - Bananen - Einfuhrregelung - Schadensersatzklage. - Rechtssache T-521/93.

Entscheidungsgründe:

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

Lage vor Erlaß der Verordnung Nr. 404/93

1 Vor der Einführung einer gemeinsamen Marktorganisation für Bananen wurde die Nachfrage nach Bananen in den Mitgliedstaaten aus drei Versorgungsquellen gedeckt: zu etwa 20 % durch in der Gemeinschaft (insbesondere auf den Kanarischen Inseln und in den französischen überseeischen Departements) erzeugte Bananen (im folgenden: Gemeinschaftsbananen), zu etwa 20 % durch in einigen der Staaten, mit denen die Gemeinschaft das Abkommen von Lomé geschlossen hat (insbesondere bestimmte afrikanische Staaten sowie bestimmte Inseln in der Karibischen See), erzeugte Bananen (im folgenden: AKP-Bananen), und zu etwa 60 % durch in anderen Staaten (hauptsächlich in bestimmten Ländern Zentral- und Südamerikas) erzeugte Bananen (im folgenden: Drittlandsbananen).

2 Aufgrund des Protokolls zu dem in Artikel 136 EG-Vertrag vorgesehenen Durchführungsabkommen über die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete mit der Gemeinschaft (im folgenden: Bananenprotokoll) galt für Deutschland eine Sonderregelung, wonach dieses Land ein Jahreskontingent Bananen zollfrei einführen konnte, das nach der 1956 eingeführten Bezugsmenge berechnet wurde. Dieses Grundkontingent sollte entsprechend der fortschreitenden Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes schrittweise verringert werden.

Die Verordnung Nr. 404/93

3 Durch die Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 (ABl. L 47, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3290/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 über erforderliche Anpassungen und Übergangsmaßnahmen im Agrarsektor zur Anwendung der im Rahmen der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde geschlossenen Übereinkünfte (ABl. L 349, S. 105), wurde eine gemeinsame Marktorganisation für Bananen eingeführt. Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist die Fassung vom 13. Februar 1993.

4 Nach der dritten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 404/93 "soll es [im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation] unter Einhaltung der Gemeinschaftspräferenz und der verschiedenen internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft möglich sein, Bananen aus der Gemeinschaft und aus den AKP-Staaten, den traditionellen Bananenlieferanten der Gemeinschaft, zu Preisen auf dem Gemeinschaftsmarkt abzusetzen, die sowohl den Erzeugern angemessene Erlöse gewährleisten als auch für die Verbraucher angemessen sind, ohne jedoch die Einfuhren von Bananen aus den anderen Bananen erzeugenden Drittländern zu behindern".

5 Die in Titel IV enthaltene Regelung für den Handel mit dritten Ländern sieht vor, daß die traditionellen Einfuhren von AKP-Bananen weiterhin zollfrei in die Gemeinschaft erfolgen können. Ein Anhang legt die Menge dieser Einfuhren auf 857 700 Tonnen fest und teilt sie zwischen den AKP-Staaten, den traditionellen Ausfuhrländern, auf.

6 Artikel 18 der Verordnung Nr. 404/93 bestimmt:

"(1) Jährlich wird ein Zollkontingent in Höhe von 2 Millionen Tonnen Eigengewicht für Einfuhren von Drittlandsbananen und nicht herkömmliche Einfuhren von AKP-Bananen eröffnet.

Im Rahmen dieses Zollkontingents wird auf Einfuhren von Drittlandsbananen eine Abgabe von 100 ECU/Tonne erhoben; nicht herkömmliche Einfuhren von AKP-Bananen unterliegen einem Zollsatz von Null.

...

(2) Ausserhalb des Kontingents gemäß Absatz 1

- unterliegen die nicht herkömmlichen Einfuhren von AKP-Bananen einer Abgabe von 750 ECU/[t];

- unterliegen die Einfuhren von Drittlandsbananen einer Abgabe von 850 ECU/[t].

..."

7 Artikel 19 Absatz 1 sieht vor:

"Das Zollkontingent wird ab 1. Juli 1993 anteilig wie folgt eröffnet:

a) 66,5 v. H. für die Gruppe der Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen und/oder nichttraditionelle AKP-Bananen vermarktet haben;

b) 30 v. H. für die Gruppe der Marktbeteiligten, die Gemeinschaftsbananen und/oder traditionelle AKP-Bananen vermarktet haben;

c) 3,5 v. H. für in der Gemeinschaft niedergelassene Marktbeteiligte, die ab 1992 mit der Vermarktung von anderen als Gemeinschafts- und/oder traditionellen AKP-Bananen beginnen.

..."

8 Gemäß Artikel 16 wird jährlich eine Bedarfsvorausschätzung über die Erzeugung und den Verbrauch in der Gemeinschaft sowie die voraussichtlichen Einfuhren und Ausfuhren erstellt; diese Bedarfsvorausschätzung kann erforderlichenfalls im Verlauf des Wirtschaftsjahres revidiert werden.

9 Artikel 18 Absatz 1 Unterabsatz 4 sieht die Möglichkeit einer Erhöhung des jährlichen Kontingents anhand der in Artikel 16 genannten Bedarfsvorausschätzung vor.

10 Artikel 20 ermächtigt die Kommission, die Bedingungen für die Übertragbarkeit der Einfuhrbescheinigungen festzulegen.

11 Durch Artikel 21 Absatz 2 wird das im Bananenprotokoll genannte Zollkontingent aufgehoben.

Lage der Klägerinnen

12 Die Klägerinnen sind Marktbeteiligte, deren Tätigkeit in der Einfuhr von Drittlandsbananen in die Gemeinschaft besteht. Die beiden an erster und an zweiter Stelle genannten Klägerinnen gehören zur Atlanta-Gruppe: Die erstgenannte ist eine Zwischen-Holdinggesellschaft, die zweitgenannte deren Tochtergesellschaft. Die erstgenannte Klägerin, auf die allein sich die vorliegende Schadensersatzklage bezieht (vgl. Randnrn. 16 und 28 dieses Urteils), macht geltend, daß eine andere ihrer Tochtergesellschaften, die Atlanta Handels- und Schiffahrts-Gesellschaft mbH, die mit der Abwicklung von Kühlschifftransporten beauftragt sei, durch das Inkrafttreten der Verordnung Nr. 404/93 einen Schaden erlitten habe. Die Atlanta Handels- und Schiffahrts-Gesellschaft mbH hatte drei Schiffe gechartert, die sie anschließend einer amerikanischen Gesellschaft zur Verfügung stellte. Diese Gesellschaft kündigte den Vertrag vor dem vorgesehenen Ende seiner Laufzeit, weil die Schiffe wegen der sich aus der Verordnung Nr. 404/93 ergebenden Beschränkungen der Bananeneinfuhr nicht mehr gebraucht würden. Die Atlanta Handels- und Schiffahrts-Gesellschaft mbH, die das vereinbarte Entgelt an den Schiffsvermieter weiterzahlen muß, hat ihre Schadensersatzansprüche gegen die Gemeinschaft an ihre Muttergesellschaft, die erstgenannte Klägerin, abgetreten.

Verfahren

13 Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 14. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag (jetzt Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag; im folgenden: Vertrag) auf teilweise Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 404/93 und gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 des Vertrages auf Verurteilung der Europäischen Gemeinschaft zum Ersatz des der erstgenannten Klägerin oder gegebenenfalls der Atlanta Handels- und Schiffahrts-Gesellschaft mbH entstandenen Schadens. Gegenstand des vorliegenden Urteils ist der zweite Teil dieser Klage, die zunächst unter der Nummer C-286/93, sodann unter der Nummer T-521/93 (vgl. Randnr. 21 dieses Urteils) in das Register eingetragen worden ist.

14 Mit Klageschrift, die am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 173 Absatz 1 des Vertrages die Nichtigerklärung von Titel IV und Artikel 21 Absatz 2 der Verordnung Nr. 404/93 beantragt (Rechtssache C-280/93).

15 Die Klägerinnen haben ausserdem am 4. Juni 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes gemäß den Artikeln 185 und 186 des Vertrages einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs von Titel IV der Verordnung Nr. 404/93, insbesondere ihrer Artikel 17 bis 20, und auf Erlaß jeder anderen dem Präsidenten des Gerichtshofes oder dem Gerichtshof angemessen erscheinenden einstweiligen Anordnung eingereicht (Rechtssache C-286/93 R).

16 Der Gerichtshof hat mit Beschluß vom 21. Juni 1993 die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit sie auf Nichtigerklärung bestimmter Vorschriften der Verordnung Nr. 404/93 gerichtet war, jedoch festgestellt, daß sie anhängig bleibt, soweit sie auf die Verurteilung der Europäischen Gemeinschaft zum Ersatz des durch den Erlaß dieser Verordnung entstandenen Schadens gerichtet ist. Die Kostenentscheidung blieb vorbehalten (Rechtssache C-286/93, jetzt Rechtssache T-521/93, die vorliegende Klage).

17 Mit Schriftsätzen, die am 28. Juni 1993 und 12. Juli 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Französische Republik beantragt, in dieser Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden.

18 Der Gerichtshof hat mit Beschluß vom 6. Juli 1993 den Antrag der Klägerinnen auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als unzulässig zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten (Rechtssache C-286/93 R).

19 Mit Schriftsätzen, die zwischen dem 29. Juni 1993 und dem 12. Juli 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben die Republik Côte d'Ivoire, die Gesellschaft Terres Rouges Consultant, die Gesellschaft España et fils und die Gesellschaft Cobana Import beantragt, in dieser Rechtssache als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden.

20 Der Gerichtshof hat mit Entscheidung vom 15. Juli 1993 das Verfahren über die vorliegende Rechtssache gemäß Artikel 82a Absatz 1 Buchstabe b seiner Verfahrensordnung bis zum Abschluß des Verfahrens in der Rechtssache C-280/93 ausgesetzt.

21 Nachdem der Beschluß 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) am 1. August 1993 in Kraft getreten ist, ist die vorliegende Rechtssache mit Beschluß des Gerichtshofes vom 27. September 1993 an das Gericht verwiesen worden.

22 Der Gerichtshof hat am 5. Oktober 1994 die von der Bundesrepublik Deutschland eingereichte Nichtigkeitsklage abgewiesen (Rechtssache C-280/93, Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-4973). Im Anschluß an dieses Urteil ist die Aussetzung aufgehoben und das schriftliche Verfahren in der vorliegenden Rechtssache wieder eröffnet worden.

23 Mit Beschlüssen des Präsidenten der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts vom 9. März 1995 sind die Französische Republik und das Vereinigte Königreich als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen worden.

24 Mit Beschluß vom 14. Juli 1995 hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts die Streithilfeanträge der Republik Côte d'Ivoire, der Gesellschaft Terres Rouges Consultant, der Gesellschaft España et fils und der Gesellschaft Cobana Import zurückgewiesen und die Antragstellerinnen verurteilt, die durch ihre Streithilfeanträge bedingten Kosten zu tragen.

25 Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluß vom 1. Dezember 1993, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Dezember 1993, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Gültigkeit des Titels IV und des Artikels 21 Absatz 2 der Verordnung Nr. 404/93 zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese Fragen stellten sich in einem Rechtsstreit zwischen der Atlanta Fruchthandelsgesellschaft mbH und siebzehn weiteren Gesellschaften der Atlanta-Gruppe und dem Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft wegen der Zuweisung von Einfuhrkontingenten für Drittlandsbananen.

26 Der Gerichtshof hat am 9. November 1995 in Beantwortung der Fragen des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main festgestellt, daß die Prüfung des Titels IV und des Artikels 21 Absatz 2 der Verordnung Nr. 404/93 anhand der Begründung des Vorlagebeschlusses nichts ergeben hat, was die Gültigkeit dieser Vorschriften beeinträchtigen könnte (Urteil in der Rechtssache C-466/93, Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. [II], Slg. 1995, I-3799).

27 Die Parteien haben auf eine Aufforderung des Gerichts hin zwischen dem 8. Dezember 1994 und dem 6. Januar 1995 zu den möglichen Auswirkungen des genannten Urteils Deutschland/Rat auf den vorliegenden Rechtsstreit Stellung genommen. Zwischen dem 4. und dem 16. Januar 1996 haben sie auf eine Aufforderung des Gerichts hin zu den möglichen Auswirkungen des genannten Urteils Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) auf den vorliegenden Rechtsstreit Stellung genommen.

28 Gemäß dem Beschluß des Gerichtshofes vom 21. Juni 1993, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen wurde, soweit sie auf Nichtigerklärung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 404/93 gerichtet war, prüft das Gericht im folgenden nur den von den Klägerinnen gestellten Schadensersatzantrag.

Anträge der Parteien

29 Die Klägerinnen beantragen,

- festzustellen, daß die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft der Klägerin Atlanta AG zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der der Klägerin Atlanta AG bzw. der Atlanta Handels- und Schiffahrts-Gesellschaft mbH entsteht,

- die Beklagten zu verurteilen, die Kosten des Verfahrens zu tragen.

30 Der Rat beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen,

- die Klägerinnen zur Zahlung der gesamten Kosten einschließlich der Kosten für die Nichtigkeitsklage zu verurteilen.

31 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen,

- die Klägerinnen zur Zahlung der gesamten Kosten einschließlich der Kosten für die Nichtigkeitsklage zu verurteilen.

32 Die Französische Republik beantragt, - die Klage als unbegründet abzuweisen.

33 Das Vereinigte Königreich beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründetheit

34 Die Klägerinnen stützen ihren Schadensersatzantrag auf vierzehn Klagegründe, mit denen sie Rat und Kommission rechtswidriges Handeln vorwerfen. In ihren Erklärungen zu den Auswirkungen des genannten Urteils Deutschland/Rat und in ihrer Erwiderung haben die Klägerinnen dargelegt, daß sie an allen in der Klageschrift vorgetragenen Klagegründen festhielten, haben sich jedoch auf folgende vier Klagegründe konzentriert: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, Verletzung des Grundrechts der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit und Verletzung der Verteidigungsrechte. In ihrer Erwiderung sowie in ihren Erklärungen vom 16. Januar 1996 zu den Auswirkungen des Urteils Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) machen die Klägerinnen ausserdem geltend, selbst wenn das Gericht davon auszugehen hätte, daß die betreffenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 404/93 gültig seien, habe die Klägerin Altanta AG gleichwohl Anspruch auf Schadensersatz gemäß Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages. Das Gericht prüft zunächst diesen Klagegrund, bevor es anschließend die vier Klagegründe, auf die sich die Klägerinnen konzentriert haben, und schließlich die übrigen in der Klageschrift vorgetragenen Klagegründe prüfen wird.

Zum Klagegrund der Haftung des Rates für rechtmässiges legislatives Handeln

Vorbringen der Parteien

35 Die Klägerinnen machen geltend, daß nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, auch für legale Rechtsetzungsakte eine Haftung der Gemeinschaft bestehe, sofern der Gemeinschaftsgesetzgeber bestimmten Marktbeteiligten besondere Belastungen auferlege, die nicht auch alle anderen Marktbeteiligten träfen.

36 Der Rat sieht in diesem Vorbringen ein unzulässiges Nachschieben von Gründen. Nach Artikel 19 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes müsse eine Klageschrift eine Darstellung der Klagegründe enthalten, und nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts könnten neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt würden, die erst während des Verfahrens zu Tage getreten seien.

37 Die Klägerinnen hätten diesen Klagegrund weder in ihrer Klageschrift noch in ihrer Stellungnahme vom 5. Januar 1995 zu den Auswirkungen des Urteils Deutschland/Rat geltend gemacht.

38 Die Kommission teilt die Ansicht des Rates, daß die Frage der Haftung für rechtmässiges Handeln verspätet aufgeworfen worden sei.

Würdigung durch das Gericht

39 Sowohl aus Artikel 42 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, bei dem die Klage eingereicht worden ist, als auch aus Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ergibt sich, daß neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zu Tage getreten sind. Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Urteil des Gerichtshofes, das die Gültigkeit einer Handlung der Gemeinschaftsorgane bestätigt, nicht als hinreichender Grund angesehen werden, der das Vorbringen eines neuen Angriffsmittels rechtfertigen kann, da die Gültigkeit solcher Handlungen ohnehin vermutet wird; die genannten Urteile Deutschland/Rat und Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) haben nur einen Rechtszustand bestätigt, der den Klägerinnen bekannt war, als sie ihre Klage erhoben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 1. April 1982 in der Rechtssache 11/82, Dürbeck/Kommission, Slg. 1982, 1251, Randnr. 17).

40 Da die Klägerinnen im vorliegenden Fall keinen Grund angeführt haben, der das Vorbringen eines neuen Angriffsmittels, mit dem die Haftung des Rates für rechtmässiges Handeln geltend gemacht wird, rechtfertigen könnte, stellt das Gericht fest, daß dieser Klagegrund verspätet vorgebracht worden und daher unzulässig ist.

Zum Klagegrund des Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot

Vorbringen der Parteien

41 Die Klägerinnen nehmen zur Kenntnis, daß es der Gerichtshof im genannten Urteil Deutschland/Rat für gerechtfertigt erachtet hat, zwischen Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen vermarkten, auf der einen und Marktbeteiligten, die Gemeinschafts- und AKP-Bananen vermarkten, auf der anderen Seite zu unterscheiden. Sie sind jedoch der Auffassung, daß dieses Urteil auf die Frage des fehlenden Marktzugangs für die Marktbeteiligten der ersten Art nicht eingegangen sei, obwohl es im übrigen die Bedeutung dieses Zugangs stillschweigend anerkenne. Sie berufen sich insoweit auf Randnummer 74 des Urteils, in der festgestellt werde, daß eines der Ziele der Verordnung die Integration der bisher abgeschotteten Märkte sei. Nach Auffassung der Klägerinnen impliziert eine solche Integration, daß die Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen vermarkten, Zugang zu Gemeinschafts- und AKP-Bananen haben müssten.

42 Die Klägerinnen nehmen sodann Bezug auf den Beschluß des Gerichtshofes vom 29. Juni 1993 in der Rechtssache C-280/93 R (Deutschland/Rat, Slg. 1993, I-3667), nach dessen Randnummer 41 es "nicht hinreichend sicher ist, daß die beanstandete Aufteilungsregelung den deutschen Importeuren einen erheblichen Teil ihrer Marktanteile entziehen wird; insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb es diesen Importeuren nicht gelingen sollte, sich mit Gemeinschafts- und AKP-Bananen einzudecken".

43 Die Klägerinnen kommen zu dem Schluß, daß unter den hier gegebenen Umständen eine Diskriminierung der Marktbeteiligten, die Drittlandsbananen vermarkteten, gegenüber den Marktbeteiligten, die Gemeinschafts- und AKP-Bananen vermarkteten, vorliege, da erstere tatsächlich keinen Zugang zu Gemeinschafts- und AKP-Bananen hätten.

44 Der Rat weist diese Auslegung des genannten Urteils Deutschland/Rat zurück. Wie der Gerichtshof in diesem Urteil festgestellt habe, könne, wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber für den Erlaß einer Regelung die künftigen Auswirkungen dieser Regelung beurteilen müsse und sich diese Auswirkungen nicht genau vorhersehen ließen, seine Beurteilung nur dann beanstandet werden, wenn sie im Hinblick auf die Erkenntnisse, über die er zum Zeitpunkt des Erlasses der Regelung verfügt habe, offensichtlich irrig erscheine.

45 Der Gerichtshof habe festgestellt, daß der Beweis nicht erbracht sei, daß die vom Rat beschlossenen Maßnahmen zur Verwirklichung des mit der Verordnung Nr. 404/93 verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignet gewesen seien. Ferner bestreitet der Rat die Behauptung der Klägerinnen, daß Gemeinschafts- oder AKP-Bananen auf dem deutschen Markt nicht verfügbar seien.

Würdigung durch das Gericht

46 Das Diskriminierungsverbot gehört nach ständiger Rechtsprechung zu den tragenden Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts (vgl. Urteil Deutschland/Rat, a. a. O., Randnr. 67). Dieser Grundsatz verlangt, daß vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, eine Differenzierung wäre objektiv gerechtfertigt. Wie im genannten Urteil Deutschland/Rat bereits festgestellt wurde, befanden sich die Gruppen von Marktbeteiligten, auf die das Zollkontingent aufgeteilt wird, vor dem Erlaß der Verordnung Nr. 404/93 nicht in der gleichen Lage. Diese Gruppen waren von den erlassenen Maßnahmen auch in unterschiedlicher Weise betroffen, und der Gerichtshof hat insbesondere anerkannt, daß die Einfuhrmöglichkeiten für Marktbeteiligte, die sich traditionell im wesentlichen mit Drittlandsbananen versorgt hatten, nunmehr beschränkt wurden. Gleichwohl hat der Gerichtshof eine derartige unterschiedliche Behandlung als naturgemäß mit dem Ziel einer Integration bisher abgeschotteter Märkte und einer Sicherung des Absatzes der Gemeinschaftserzeugung und der traditionellen AKP-Erzeugung verbunden bezeichnet (Randnr. 74). Wie der Gerichtshof weiter ausgeführt hat, bezweckte der Mechanismus der Aufteilung des Zollkontingents auf die verschiedenen Gruppen von Marktbeteiligten, die Vermarkter von Gemeinschafts- und traditionellen AKP-Bananen zu veranlassen, sich mit Drittlandsbananen zu versorgen, ebenso wie er darauf abzielte, die Importeure von Drittlandsbananen dazu zu bewegen, Gemeinschafts- und AKP-Bananen zu vertreiben (Randnr. 83). Damit hat der Gerichtshof anerkannt, daß die Verordnung Nr. 404/93 nicht auf die Herstellung einer Gleichbehandlung der verschiedenen Gruppen von Marktbeteiligten gerichtet war.

47 Der Gerichtshof hat es ferner als im Rahmen der Einführung einer gemeinsamen Marktorganisation erforderlich bezeichnet, daß die Verordnung Nr. 404/93 das Volumen der Einfuhr von Drittlandsbananen in die Gemeinschaft beschränkt habe (Randnr. 82).

48 Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, daß nicht nachgewiesen sei, daß der Rat Maßnahmen erlassen habe, die zur Erreichung des mit der Verordnung Nr. 404/93 verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignet gewesen wären (Randnr. 95).

49 Im genannten Urteil Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) hat der Gerichtshof zudem festgestellt, daß die von den Klägerinnen angeführten Schwierigkeiten bei der Anwendung der Verordnung Nr. 404/93 keinen Einfluß auf die Gültigkeit der Verordnung haben können (Randnr. 11). Ebensowenig können die von den Klägerinnen angeführten konkreten Auswirkungen des Erlasses der Verordnung Nr. 404/93 im vorliegenden Fall vom Gericht berücksichtigt werden, das die Frage der Rechtmässigkeit der Verordnung Nr. 404/93 nur anhand der von den Klägerinnen vorgebrachten Klagegründe zu prüfen hat.

50 Die Klägerinnen haben somit nicht nachgewiesen, daß die beklagten Organe gegen das Diskriminierungsverbot verstossen haben; dieser Klagegrund ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Zum Klagegrund eines Verstosses gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Parteien

51 Die Klägerinnen weisen zunächst darauf hin, daß der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht zu den Klagegründen gehöre, die Deutschland in der genannten Rechtssache Deutschland/Rat vorgebracht habe.

52 Sie räumen sodann ein, daß sie kein berechtigtes Vertrauen auf den Fortbestand der Verhältnisse vor dem 1. Juli 1993 geltend machen könnten, daß sie jedoch hätten erwarten dürfen, daß geeignete Übergangsmaßnahmen getroffen würden, damit sie sich schrittweise der neuen Regelung anpassen könnten. Eine Übergangsregelung hätte es ihnen ermöglicht, ihre Verluste abzumildern und Arbeitsplätze zu erhalten oder wenigstens schrittweise abzubauen.

53 Da eine solche Übergangsregelung fehle, könne der Schaden, den sie erlitten hätten, nur durch eine Entschädigung wiedergutgemacht werden. Zur Stützung ihres Vorbringens berufen sich die Klägerinnen auf das Urteil des Gerichtshofes vom 14. Mai 1975 in der Rechtssache 74/74 (CNTA/Kommission, Slg. 1975, 533, Randnr. 47), in dem der Gerichtshof entschieden habe, daß die Gemeinschaft einem Wirtschaftsteilnehmer unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes den Schaden zu ersetzen habe, der ihm aus dem Wegfall von Ausgleichsbeträgen bei der Durchführung von Ausfuhrgeschäften, die er abgeschlossen habe, entstanden sei.

54 Der Rat macht geltend, daß der Gerichtshof entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im genannten Urteil Deutschland/Rat die Frage des Verstosses gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geprüft habe. Den Gründen des Urteils lasse sich entnehmen, daß der Gerichtshof das Fehlen von Übergangsmaßnahmen nicht als einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes angesehen habe.

Würdigung durch das Gericht

55 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes zählt zu den tragenden Grundsätzen der Gemeinschaft. Die Wirtschaftsteilnehmer dürfen freilich nicht auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation vertrauen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können. Dies gilt insbesondere auf einem Gebiet wie dem der Marktorganisationen, deren Zweck eine ständige Anpassung an die Veränderungen der wirtschaftlichen Lage mit sich bringt (vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-133/93, C-300/93 und C-362/93, Crispoltini u. a., Slg. 1994, I-4863, Randnr. 57). Deutschland hat zwar unter den Klagegründen, die es in der Rechtssache Deutschland/Rat vorgebracht hat, nicht den Grundsatz des Vertrauensschutzes aufgeführt, doch hat der Gerichtshof in diesem Urteil gleichwohl auch bekräftigt, daß ein Wirtschaftsteilnehmer kein wohlerworbenes Recht oder auch nur ein berechtigtes Vertrauen auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation geltend machen kann, die durch Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens verändert werden kann (Randnr. 80).

56 Zudem war die Möglichkeit eines Verstosses gegen diesen Grundsatz auch in den Vorabentscheidungsfragen des vorlegenden Gerichts in der Rechtssache Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) angesprochen worden. Mit der Feststellung, daß das vorlegende Gericht keine für die Ungültigkeit sprechenden Gründe angeführt habe, die zu einer anderen Beurteilung der Frage der Gültigkeit der Verordnung Nr. 404/93 hätten führen können, hat der Gerichtshof jedoch einen solchen Verstoß verneint.

57 Niemand kann einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gemacht hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. September 1995 in der Rechtssache T-571/93, Lefebvre u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2379, Randnr. 72). Die Klägerinnen haben keinen Beweis dafür erbracht, daß es solche Zusicherungen in der früheren Praxis der Kommission oder im konkreten Kontext der Einführung der hier in Rede stehenden Marktorganisation gegeben hätte.

58 Folglich haben die Klägerinnen einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen; der Klagegrund eines Verstosses gegen diesen Grundsatz ist daher zurückzuweisen.

Zum Klagegrund einer Verletzung des Grundrechts der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit

Vorbringen der Parteien

59 Die Klägerinnen machen geltend, daß die Grundrechte im genannten Urteil Deutschland/Rat nur in abstrakt-genereller Form, nicht aber als subjektive Abwehrrechte eines einzelnen Marktbeteiligten geprüft worden seien. Sie bitten daher das Gericht um eine Entscheidung der Frage, ob die konkrete Anwendung der Verordnung Nr. 404/93 auf ihren Fall sie in ihren Grundrechten verletze.

60 Sie verweisen insbesondere auf die Schließung ihrer Niederlassungen und die Massenentlassungen, die sie seit dem Erlaß der Verordnung Nr. 404/93 hätten vornehmen müssen, und machen geltend, daß die angefochtene Verordnung sie in ihrem Grundrecht auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit verletze.

61 Nach Auffassung des Rates geht aus dem genannten Urteil Deutschland/Rat hervor, daß sich kein traditioneller Marktbeteiligter bei Drittlandsbananen auf eine Verletzung des Grundrechts der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit berufen könne.

Würdigung durch das Gericht

62 Die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gehört nach ständiger Rechtsprechung zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, sie kann jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen und muß im Hinblick auf ihre soziale Funktion gesehen werden. Dies bedeutet, daß einem Wirtschaftsteilnehmer das Recht, seine Tätigkeit auszuüben, nicht willkürlich genommen werden darf; ein bestimmtes Geschäftsvolumen oder ein bestimmter Marktanteil werden ihm damit jedoch nicht garantiert. Der Schutz der Wirtschaftsteilnehmer kann keinesfalls auf blosse kaufmännische Interessen oder Chancen ausgedehnt werden, deren Ungewißheit zum Wesen wirtschaftlicher Tätigkeit gehört (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Mai 1974 in der Rechtssache 4/73, Nold/Kommission, Slg. 1974, 491, Randnr. 14). Folglich kann die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit namentlich im Rahmen einer gemeinsamen Marktorganisation Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und keinen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismässigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 265/87, Schräder, Slg. 1989, 2237, Randnr. 15).

63 Wie der Gerichtshof insoweit im genannten Urteil Deutschland/Rat bereits entschieden hat, entspricht der mit der Verordnung Nr. 404/93 vorgenommene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der traditionellen Vermarkter von Drittlandsbananen dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft und tastet dieses Recht nicht in seinem Wesensgehalt an (Randnr. 87). Ausserdem ist nochmals darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof im genannten Urteil Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) festgestellt hat, daß die von den Klägerinnen angeführten Schwierigkeiten bei der Anwendung der Verordnung Nr. 404/93 und die sich daraus für ihre Tätigkeit ergebenden Folgen keinen Einfluß auf die Gültigkeit der Verordnung haben können (Randnr. 11).

64 Der Klagegrund einer Verletzung des Grundrechts der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Zum Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte

Vorbringen der Parteien

65 Die Klägerinnen weisen darauf hin, daß die Beachtung der Verteidigungsrechte durch die Grundrechte garantiert sei und daß sie den Anspruch auf rechtliches Gehör in Verwaltungsverfahren umfasse, die zu Sanktionen oder anderen Maßnahmen führen könnten (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in den verbundenen Rechtssachen 97/87, 98/87 und 99/87, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, Slg. 1989, 3165, Randnr. 12). Die Kommission habe vor Erlaß der Verordnung Nr. 404/93 zur Bedingung für eine Anhörung gemacht, daß alle Marktbeteiligten "mit einer Stimme" sprächen. Wegen der gegensätzlichen Interessen der einzelnen Marktbeteiligten sei es aber unmöglich gewesen, diese Bedingung zu erfuellen. Ihre Nichtanhörung durch die Kommission habe dazu geführt, daß die Gemeinschaftsorgane die besondere Lage einer klar abgegrenzten Gruppe von Marktbeteiligten völlig unberücksichtigt gelassen hätten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes stelle ein solches Verhalten des Gemeinschaftsgesetzgebers einen schweren Rechtsverstoß dar (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 16, und vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88, Sofrimport/Kommission, Slg. 1990, I-2477, Randnr. 27).

66 Die Klägerinnen bestreiten die vom Rat in der Klagebeantwortung aufgestellte Behauptung, daß die Beachtung der Verteidigungsrechte der Marktbeteiligten einschließlich der Klägerinnen im genannten Urteil Deutschland/Rat geprüft worden sei, und machen geltend, daß der Gerichtshof hierauf nicht eingegangen sei.

67 Auf das Vorbringen des Rates, daß es einen Anspruch auf rechtliches Gehör in einem Verfahren, das zum Erlaß einer Rechtsvorschrift führe, nicht gebe, erwidern die Klägerinnen, daß für den einzelnen kein Unterschied darin bestehe, ob seine Rechtsstellung durch das Ergebnis eines Verwaltungsverfahrens oder durch das Ergebnis eines Gesetzgebungsverfahrens beschnitten werde. Gerade in einem Bereich, in dem das Ermessen der Gemeinschaftsorgane so weit reiche wie im Agrarrecht, müsse der Gemeinschaftsgesetzgeber vor Verabschiedung des betreffenden Rechtsakts allen Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

68 Der Rat trägt vor, er sei nach den Vertragsbestimmungen keineswegs verpflichtet gewesen, vor dem Erlaß der Verordnung Nr. 404/93 die betroffenen Wirtschaftskreise zu konsultieren. Eine Konsultation der Vertreter der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens erfolge im Gesetzgebungsverfahren der Gemeinschaft lediglich in der Form einer Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses; diese Anhörung habe bei der Verordnung Nr. 404/93 stattgefunden.

69 Zu dem von den Klägerinnen angeführten Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994 in den verbundenen Rechtssachen T-39/92 und T-40/92 (CB und Europay/Kommission, Slg. 1994, II-49), wonach der Grundsatz des rechtlichen Gehörs unter allen Umständen zu beachten sei, bemerkt der Rat, daß sich diese Ausführungen des Gerichts nur auf Verfahren bezögen, die zu Entscheidungen führten, die sich an bestimmte Personen richteten, oder die zu Rechtsakten führten, die diese Personen unmittelbar und individuell beträfen. Der Gerichtshof habe im vorliegenden Fall die von den Klägerinnen erhobene Klage auf Nichtigerklärung einiger Bestimmungen der Verordnung Nr. 404/93 durch den Beschluß vom 21. Juni 1993 mit der Begründung abgewiesen, daß die Klägerinnen nicht unmittelbar und individuell betroffen gewesen seien.

Würdigung durch das Gericht

70 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen lässt sich der Anspruch auf rechtliches Gehör, das im Rahmen eines eine bestimmte Person betreffenden Verwaltungsverfahrens zu gewähren ist, nicht auf ein Gesetzgebungsverfahren übertragen, das zum Erlaß von Maßnahmen allgemeiner Art führt. Das genannte Urteil CB und Europay/Kommission fügt sich in die ständige Rechtsprechung im Bereich des Wettbewerbs ein, wonach die Unternehmen, gegen die der Verdacht eines Verstosses gegen die Regeln des Vertrages besteht, mit ihren Erklärungen anzuhören sind, bevor Maßnahmen, insbesondere Sanktionen, gegen sie verhängt werden. Diese Rechtsprechung ist jedoch in ihrem spezifischen Kontext zu sehen und kann nicht auf ein gemeinschaftliches Gesetzgebungsverfahren erstreckt werden, das zum Erlaß von Rechtsvorschriften führt, die eine wirtschaftspolitische Entscheidung einschließen und für alle betroffenen Marktbeteiligten gelten.

71 Zudem bestehen im Rahmen eines Verfahrens zum Erlaß einer auf einen Artikel des Vertrages gestützten Gemeinschaftshandlung für den Gemeinschaftsgesetzgeber nur die Anhörungspflichten, die der betreffende Artikel vorschreibt. Wie der Gerichtshof im Urteil vom 29. Oktober 1980 in der Rechtssache 138/79 (Roquette Frères/Rat, Slg. 1980, 3333) entschieden hat, spiegelt die an verschiedenen Stellen im Vertrag vorgesehene Verpflichtung, das Parlament anzuhören, auf Gemeinschaftsebene ein grundlegendes demokratisches Prinzip wider, nach dem die Völker durch eine Versammlung ihrer Vertreter an der Ausübung der hoheitlichen Gewalt beteiligt sind.

72 Ausserdem erfolgt eine Konsultation der Vertreter der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens im Gesetzgebungsverfahren der Gemeinschaft in der Form einer Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses. Im vorliegenden Fall sind das Parlament und dieser Ausschuß vor dem Erlaß der Verordnung Nr. 404/93, wie im Vertrag vorgesehen, angehört worden.

73 Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen war die Kommission nicht verpflichtet, darüber hinaus die verschiedenen Gruppen der auf dem gemeinschaftlichen Bananenmarkt tätigen Marktbeteiligten anzuhören. Der Gemeinschaftsgesetzgeber kann durchaus die besondere Lage verschiedener Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern berücksichtigen, ohne sie alle einzeln anzuhören. Insoweit hat der Gerichtshof im genannten Urteil Deutschland/Rat entschieden, daß die Klägerin nicht nachgewiesen hat, daß der Rat offensichtlich ungeeignete Maßnahmen erlassen oder angesichts der Erkenntnisse, über die er zum Zeitpunkt des Erlasses der Regelung verfügte, eine offensichtlich irrige Beurteilung vorgenommen hat (Randnr. 95). Da die Verordnung Nr. 404/93 Bestimmungen enthält, die die Vermarkter von Drittlandsbananen betreffen, hat der Gerichtshof somit bereits stillschweigend anerkannt, daß es der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht versäumt hat, die Interessen dieser Gruppe von Marktbeteiligten zu berücksichtigen.

74 Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, daß der Klagegrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte zurückzuweisen ist.

Zu den Klagegründen eines Verstosses gegen die Vorschriften zur Regelung des Rechtsetzungsverfahrens, eines Verstosses gegen Artikel 190 des Vertrages, eines Verstosses gegen das Bananenprotokoll, der Wahl einer falschen Rechtsgrundlage, eines Verstosses gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, einer Verletzung des Eigentumsrechts, einer Verletzung der Wettbewerbsregeln, eines Verstosses gegen das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen und eines Verstosses gegen das Vierte Abkommen von Lomé

Vorbringen der Parteien

75 Was den Klagegrund eines Verstosses gegen die Regelung des Rechtsetzungsverfahrens angeht, machen die Klägerinnen im wesentlichen geltend, daß der Rat das Initiativrecht der Kommission nicht beachtet habe und daß das Parlament erneut hätte angehört werden müssen, nachdem der ursprüngliche Vorschlag der Kommission geändert worden sei. Zum Klagegrund eines Verstosses gegen Artikel 190 des Vertrages machen die Klägerinnen geltend, daß die Verordnung Nr. 404/93 keine hinreichende Begründung enthalte. Zum Klagegrund eines Verstosses gegen das Bananenprotokoll tragen die Klägerinnen vor, daß der Rat nicht die Befugnis gehabt habe, dieses Protokoll zu ändern. Zur Stützung des Klagegrundes der Wahl einer falschen Rechtsgrundlage führen die Klägerinnen aus, daß es die gewählte Rechtsgrundlage nicht erlaube, den Erzeugern, die AKP-Bananen vermarkteten, auf dem Gemeinschaftsmarkt angemessene Erlöse zu gewährleisten, und daß auch für die Zollanhebung eine falsche Rechtsgrundlage gewählt worden sei. Zum Klagegrund eines Verstosses gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit machen die Klägerinnen im wesentlichen geltend, daß die Verordnung Nr. 404/93 dadurch gegen diesen Grundsatz verstosse, daß die Beschränkungen, denen sie die Einfuhr von Drittlandsbananen unterwerfe, unverhältnismässig seien. Den Klagegrund einer Verletzung des Eigentumsrechts stützen die Klägerinnen im wesentlichen darauf, daß sie durch die Einfuhrbeschränkungen und die Regelung der Aufteilung des Zollkontingents enteignet worden seien. Was den Klagegrund einer Verletzung der Wettbewerbsregeln angeht, machen die Klägerinnen im wesentlichen geltend, daß die Einfuhrbeschränkungen und das System der Einfuhrbescheinigungen, die in der Verordnung Nr. 404/93 vorgesehen seien, den Wettbewerb zwischen den Marktbeteiligten in der Gemeinschaft verfälschten. Den Klagegrund eines Verstosses gegen das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (im folgenden: GATT) stützen die Klägerinnen darauf, daß die sich aus den Artikeln 17 und 18 der Verordnung Nr. 404/93 ergebenden Einfuhrbeschränkungen gegen die Regeln des GATT verstießen. Zum Klagegrund eines Verstosses gegen das Vierte Abkommen von Lomé machen die Klägerinnen im wesentlichen geltend, daß die Verordnung Nr. 404/93 gegen die Artikel 168 und 169 dieses Abkommens verstosse.

76 Rat und Kommission sind der Meinung, dieses gesamte Vorbringen sei vom Gerichtshof bereits in den genannten Urteilen Deutschland/Rat und Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) zurückgewiesen worden.

Würdigung durch das Gericht

77 Der Klagegrund eines Verstosses gegen die Vorschriften zur Regelung des Rechtsetzungsverfahrens beim Erlaß der Verordnung Nr. 404/93 ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 27 bis 43) zurückgewiesen worden; der Klagegrund eines Verstosses gegen Artikel 190 des Vertrages ist im Urteil Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) (a. a. O., Randnrn. 12 bis 18) zurückgewiesen worden; der Klagegrund eines Verstosses gegen das Bananenprotokoll ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 113 bis 118) zurückgewiesen worden; der Klagegrund der Wahl einer falschen Rechtsgrundlage ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 53 bis 57) zurückgewiesen worden; der Klagegrund eines Verstosses gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 88 bis 97) zurückgewiesen worden; der Klagegrund einer Verletzung des Eigentumsrechts ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 77 bis 79) zurückgewiesen worden; der Klagegrund einer Verletzung der Wettbewerbsregeln ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 58 bis 62) zurückgewiesen worden; der Klagegrund eines Verstosses gegen die Regeln des GATT ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 103 bis 112) zurückgewiesen worden, und der Klagegrund eines Verstosses gegen das Vierte Abkommen von Lomé ist im Urteil Deutschland/Rat (a. a. O., Randnrn. 100 bis 102) zurückgewiesen worden.

78 Alle diese Klagegründe sind auch hier aus den vom Gerichtshof in den genannten Urteilen Deutschland/Rat und Atlanta Fruchthandelsgesellschaft u. a. (II) dargelegten und in Randnummer 77 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Gründen als unbegründet zurückzuweisen.

Zum Klagegrund eines Ermessensmißbrauchs

Vorbringen der Parteien

79 Die Klägerinnen machen geltend, daß die durch die Verordnung Nr. 404/93 geschaffene Einfuhrregelung den Erzeugern, die AKP-Bananen vermarkteten, "angemessene Erlöse" gewährleisten solle, daß dieses Ziel jedoch nicht auf der Grundlage von Artikel 43 Absatz 2 des Vertrages verfolgt werden könne. Die mit der Verordnung vorgenommene Aufteilung des Zollkontingents stehe in keinem nachvollziehbaren Verhältnis zu dem Ziel, die Gemeinschaftsproduktion und die Verpflichtungen zur Abnahme von AKP-Bananen zu schützen, sondern bezwecke die Bevorzugung der Importeure von Gemeinschafts- und AKP-Bananen. Mit der Verordnung Nr. 404/93 würden folglich in Wirklichkeit andere Ziele als die angegebenen verfolgt.

80 Rat und Kommission haben sich nicht im einzelnen zu diesem Klagegrund geäussert. Der Rat hat jedoch allgemein darauf hingewiesen, daß der Gerichtshof im genannten Urteil Deutschland/Rat ausgeführt habe, daß die Verordnung Nr. 404/93 mit den Zielen der gemeinsamen Agarpolitik im Einklang stehe und daß sie die von den Artikeln 39, 42 und 43 des Vertrages gezogenen Grenzen nicht überschreite. Die Kommission hat in ihren Erklärungen zum Fortgang des Verfahrens im Anschluß an das genannte Urteil Deutschland/Rat bemerkt, daß sämtliche von den Klägerinnen gegen die Verordnung Nr. 404/93 geltend gemachten Klagegründe vom Gerichtshof bereits geprüft worden seien.

Würdigung durch das Gericht

81 Ein Rechtsakt kann ermessenmißbräuchlich sein, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, daß er zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen wurde (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1990 in der Rechtssache C-323/88, Sermes, Slg. 1990, I-3027, Randnr. 33). Wie der Gerichtshof im genannten Urteil Deutschland/Rat bereits entschieden hat, steht eine Entwicklungspolitik zugunsten der AKP-Staaten, wie sie mit der Verordnung verfolgt wird, mit den Zielen der gemeinsamen Agarpolitik völlig im Einklang; darüber hinaus dürfen die Gemeinschaftsorgane im Rahmen der Durchführung interner Politiken insbesondere im Agrarbereich nicht die internationalen Verpflichtungen ausser acht lassen, die die Gemeinschaft aufgrund des Abkommens von Lomé übernommen hat (Randnrn. 53 bis 57). Zudem verfolgt die Verordnung Nr. 404/93 nach der ausdrücklichen Feststellung des Gerichtshofes das Ziel der Sicherung des Absatzes der Gemeinschaftserzeugung und der traditionellen AKP-Erzeugung (Randnr. 74).

82 Die Klägerinnen haben somit keinerlei Nachweis erbracht, daß mit der Verordnung andere als die in ihr genannten Ziele erreicht werden sollen; dieser Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Ergebnis

Nach ständiger Rechtsprechung geht aus Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages hervor, daß das Eingreifen der ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft und die Entstehung eines Schadensersatzanspruchs vom Zusammentreffen einer Reihe von Voraussetzungen abhängt, nämlich davon, daß das den Organen vorgeworfene Verhalten rechtswidrig ist, daß ein tatsächlicher Schaden vorliegt und daß ein Kausalzusammenhang zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden besteht. Geht es um Rechtsvorschriften, deren Erlaß wirtschaftspolitische Entscheidungen voraussetzt, kann die Haftung der Gemeinschaft zudem nur durch eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer höherrangigen, den einzelnen schützenden Rechtsnorm ausgelöst werden. In einem normativen Kontext wie dem vorliegenden kann die Haftung der Gemeinschaft nur ausgelöst werden, wenn das handelnde Organ die Grenzen seiner Befugnisse offenkundig und erheblich überschritten hat (vgl. Urteil Mulder u. a./Rat und Kommission, a. a. O., Randnr. 12).

83 Aus allen vorstehenden Erwägungen ergibt sich jedoch, daß keinerlei rechtswidriges Verhalten der Beklagten festgestellt werden kann, das die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft auslösen könnte. Folglich ist die Klage abzuweisen, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen für die Haftung der Gemeinschaft erfuellt sind.

Kostenentscheidung:

Kosten

84 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind und der Rat und die Kommission beantragt haben, ihnen die Kosten aufzuerlegen, sind den Klägerinnen ihre gesamten eigenen Kosten sowie die dem Rat und der Kommission im Rahmen der vorliegenden Rechtssache entstandenen Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. Randnrn. 16 und 18 dieses Urteils) aufzuerlegen. Gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen sämtliche Kosten dieses Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes als Gesamtschuldnerinnen.

3. Die Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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