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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.07.1996
Aktenzeichen: T-528/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag, Verordnung Nr. 17, Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EBU-Satzung


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 85 Abs. 1
EG-Vertrag Art. 85 Abs. 3
EG-Vertrag Art. 173
EG-Vertrag Art. 90 Abs. 2
Verordnung Nr. 17 Art. 19 Abs. 3 S. 1
Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten Art. 10
EBU-Satzung Art. 3 Abs. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine Entscheidung der Kommission, die die Satzungsbestimmungen einer berufsständischen Vereinigung von Rundfunk- und Fernsehanstalten nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages freistellt, beeinträchtigt eine Fernsehgesellschaft, die mit dieser Vereinigung und allen ihren Mitgliedern im Gemeinsamen Markt in Wettbewerb steht, insoweit in ihrer Wettbewerbsstellung, als sie es ermöglicht, diese Gesellschaft von den sich aus der Mitgliedschaft in der Vereinigung ergebenden Wettbewerbsvorteilen auszuschließen. Die Fernsehgesellschaft besitzt daher die Eigenschaft eines betroffenen Dritten im Sinne des Artikels 19 Absatz 3 Satz 1 der Verordnung Nr. 17 und hat einen Anspruch darauf, von der Kommission zu dem Verwaltungsverfahren für den Erlaß der Entscheidung hinzugezogen zu werden. In dieser Eigenschaft ist sie auch im Sinne des Artikels 173 des Vertrages als von der Entscheidung individuell betroffen anzusehen.

Hierbei kommt es nicht darauf an, daß sich die Gesellschaft darauf beschränkt hat, bei der von der Kommission durchgeführten Anhörung nur zugegen zu sein, ohne einen bestimmten Standpunkt zu vertreten, oder daß sie nicht die ihr in Artikel 19 Absatz 3 verliehenen Verfahrensrechte geltend gemacht hat. Zum einen unterliegt nämlich das in dieser Bestimmung vorgesehene Verfahrensrecht keiner Bedingung hinsichtlich der Art seiner Ausübung. Wollte man zum anderen die Klagebefugnis qualifizierter Dritter, denen in einem Verwaltungsverfahren Verfahrensrechte zustehen, von ihrer tatsächlichen Beteiligung an diesem Verfahren abhängig machen, so käme dies letztlich der Einführung einer zusätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzung in Form eines zwingenden Vorverfahrens gleich, das in Artikel 173 des Vertrages nicht vorgesehen ist.

Die fragliche Gesellschaft ist von der Entscheidung auch unmittelbar betroffen, wenn zwischen der Entscheidung, die keiner Durchführungshandlung bedarf, und der Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung der Gesellschaft ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.

2. Der Erlaß einer individuellen Freistellungsentscheidung durch die Kommission nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages setzt voraus, daß die Vereinbarung oder der Beschluß einer Unternehmensvereinigung alle vier in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfuellt. Ist auch nur eine der vier Voraussetzungen nicht erfuellt, muß die Freistellung abgelehnt werden. Um insbesondere beurteilen zu können, ob die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich aus den Aufnahmeregeln einer berufsständischen Organisation von Rundfunk- und Fernsehanstalten ergeben, die ihren Mitgliedern Wettbewerbsvorteile bietet, im Sinne der genannten Bestimmung unerläßlich sind, hat die Kommission zunächst zu prüfen, ob die Aufnahmeregeln objektiv und hinreichend bestimmt sind, so daß ihre einheitliche und nichtdiskriminierende Anwendung auf alle potentiellen aktiven Mitglieder möglich ist. Eine zutreffende Beurteilung der Frage, ob die fraglichen Beschränkungen unerläßlich waren, kann nämlich nur vorgenommen werden, wenn diese Voraussetzung erfuellt ist.

In diesem Zusammenhang kann die Kommission für die Gewährung der Freistellung nicht ohne weitere Rechtfertigung allein auf die Erfuellung einer besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe durch die Mitglieder der Vereinigung, die im wesentlichen unter Hinweis auf den Begriff der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages definiert wird, abstellen, da diese Bestimmung nicht anwendbar ist. Denn die Kommission kann sich, wenn sie eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages gewähren will, zwar im Rahmen einer Gesamtwürdigung auf Erwägungen im Zusammenhang mit der Verfolgung eines öffentlichen Interesses berufen; sie muß jedoch dartun, daß die mit den Regeln der Vereinigung verbundenen Wettbewerbsbeschränkungen durch solche Erwägungen unabweisbar geboten sind.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste erweiterte Kammer) vom 11. Juli 1996. - Metropole télévision SA und Reti Televisive Italiane SpA und Gestevisión Telecinco SA und Antena 3 de Televisión gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen - Vereinbarungen zwischen Unternehmen - Freistellungsentscheidung. - Verbundene Rechtssachen T-528/93, T-542/93, T-543/93 und T-546/93.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Rechtsstreits

1 Die Métropole Télévision SA (im folgenden: M6), die Klägerin in der Rechtssache T-528/93, ist ein privater Fernsehsender mit allgemeinem Programm, der von der zuständigen französischen Behörde die Erlaubnis erhalten hat, über einen Zeitraum von zehn Jahren auf terrestrischem Wege ein unverschlüsseltes landesweites Fernsehprogramm auszustrahlen.

2 Die Reti Televisive Italiane SpA (im folgenden: RTI), die Klägerin in der Rechtssache T-542/93, ist eine Gesellschaft italienischen Rechts, die von der zuständigen italienischen Behörde am 13. August 1992 drei verschiedene Konzessionen für die landesweite Verbreitung der von drei Sendern (Canale 5, Italia 1 und Retequattro) produzierten Fernsehprogramme erhielt, die von einem einzigen Betrieb übertragen und durch miteinander verbundene Sendeanlagen ausgestrahlt werden.

3 Die Gestevisión Telecinco SA (im folgenden: Telecinco), die Klägerin in der Rechtssache T-543/93, ist eine im März 1989 gegründete Gesellschaft spanischen Rechts, die von der zuständigen spanischen Behörde die Erlaubnis erhalten hat, über einen Zeitraum von zehn Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung einen privaten Fernsehsender zu betreiben.

4 Antena 3 de Televisión (im folgenden: Antena 3), die Klägerin in der Rechtssache T-546/93, ist eine am 7. Juni 1988 gegründete Gesellschaft spanischen Rechts, die von der zuständigen spanischen Behörde eine Konzession für die mittelbare Wahrnehmung der staatlichen öffentlichen Aufgabe des Fernsehens über einen Zeitraum von zunächst zehn Jahren erhalten hat.

5 Mit ihren Klagen begehren die Klägerinnen die Nichtigerklärung der Entscheidung 93/403/EWG der Kommission vom 11. Juni 1993 in einem Verfahren gemäß Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/32.150 ° EBU/Eurovisions-System) (ABl. L 179, S. 23, im folgenden: Entscheidung), die an die Europäische Rundfunk- und Fernseh-Union (früher Union européenne de radiodiffusion, jetzt Union européenne de radio-télévision; im folgenden: EBU) gerichtet ist.

6 Die nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages ergangene Entscheidung erklärt die Bestimmungen des Artikels 85 Absatz 1 für die Zeit vom 26. Februar 1993 bis zum 25. Februar 1998 für nicht anwendbar auf

° die Satzungsbestimmungen und sonstigen Regelungen der EBU betreffend den Erwerb von Fernsehrechten für Sportveranstaltungen,

° den Austausch von Sportprogrammen im Rahmen der Eurovision,

° den vertraglichen Zugang Dritter zu diesen Programmen.

Die EBU und das Eurovisionssystem

7 Die EBU ist eine 1950 gegründete berufsständische Vereinigung von Rundfunk- und Fernsehanstalten, die keinen Erwerbszweck verfolgt und ihren Sitz in Genf (Schweiz) hat. Nach Artikel 2 ihrer Satzung in der Fassung vom 3. Juli 1992 (im folgenden: EBU-Satzung) hat die EBU die Aufgabe, die Interessen ihrer Mitglieder in Programmfragen sowie rechtlichen, technischen und anderen Angelegenheiten zu vertreten und insbesondere den Austausch von Radio- und Fernsehprogrammen mit allen Mitteln ° z. B. durch Eurovision und Euroradio ° sowie jede andere Form der Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedern und mit den übrigen Rundfunkveranstaltern oder deren Zusammenschlüssen zu fördern sowie ihre aktiven Mitglieder bei Verhandlungen aller Art zu unterstützen oder auf Antrag ihrer aktiven Mitglieder für deren Rechnung selbst Verhandlungen zu führen. Nach ihrem Zusammenschluß mit ihrem osteuropäischen Pendant gehörten der EBU zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung 67 aktive Mitglieder in 47 Ländern des europäischen Sendegebiets an, von denen die meisten öffentlich-rechtliche Einrichtungen sind.

8 Als die EBU gegründet wurde, wurden Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen in Europa fast ausschließlich von Einrichtungen erbracht, die dem öffentlichen Sektor angehörten oder mit einer öffentlichen Aufgabe betraut waren und die oft ein Monopol besassen. Im Jahr 1984 ° kurz vor der Entstehung vorwiegend kommerzieller Rundfunk- und Fernsehunternehmen, durch die die zweite Hälfte der achtziger Jahre gekennzeichnet war ° nahm die EBU erstmals eine private Fernsehanstalt, die französische Gesellschaft Canal Plus, auf. Im Jahr 1986 erlaubte die EBU dem französischen Fernsehsender TF1, nach seiner Privatisierung aktives Mitglied zu bleiben. Im gleichen Zeitraum verlor der audiovisuelle Bereich infolge bedeutsamer technischer Entwicklungen seine ursprüngliche relative Einheitlichkeit. Neue Arten nationaler, regionaler oder grenzueberschreitender Anbieter, die teilweise auf bestimmte Programmbereiche (Kultur, Sport, Musik) spezialisiert waren oder sich durch Abonnements finanzierten ("Abonnentenfernsehen"), tauchten auf dem Markt auf, um sich die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen über Kabel und Satellit zunutze zu machen.

9 Die EBU-Satzung wurde am 9. Februar 1988 geändert, um, wie die EBU selbst angibt, "die Zahl der Mitglieder der Eurovision in Übereinstimmung mit deren Zielen und der Art ihres Tätigwerdens zu begrenzen", die sie als besondere Gruppe von Rundfunkanstalten kennzeichneten.

10 Artikel 3 der EBU-Satzung in der Fassung vom 3. Juli 1992 lautet wie folgt:

"§ 1 Es gibt zwei Gruppen von Mitgliedern der EBU:

° aktive Mitglieder;

° assoziierte Mitglieder.

...

§ 3 Als aktive Mitglieder der EBU werden zugelassen Rundfunkanstalten oder deren Zusammenschlüsse aus einem Mitgliedsland der Internationalen Organisation für das Fernmeldewesen (ITU), das im Europäischen Sendegebiet im Sinne der dem Internationalen Fernmeldevertrag beigefügten Verordnung über Radiokommunikation liegt, die in diesem Land mit Genehmigung der zuständigen Behörden ein Rundfunkprogramm nationalen Charakters und nationaler Bedeutung ausstrahlen und ausserdem nachweisen, daß sie die folgenden Voraussetzungen erfuellen:

a) Sie sind verpflichtet, sämtliche Einwohner ihres Landes zu versorgen, und versorgen tatsächlich bereits zumindest einen wesentlichen Teil davon, wobei sie alle ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um in angemessener Zeit die Gesamtversorgung sicherzustellen.

b) Sie sind verpflichtet, ein vielseitiges und ausgewogenes Programm für alle Bevölkerungsschichten anzubieten, das einen angemessenen Anteil von Programmen für besondere und Minderheitsinteressen der verschiedenen Gruppen der Öffentlichkeit enthält und vom Verhältnis zwischen den Kosten und den Einschaltquoten der Sendungen unabhängig ist, und erfuellen diese Verpflichtung.

c) Sie produzieren einen wesentlichen Teil der ausgestrahlten Programme selbst und/oder lassen ihn unter ihrer eigenen Kontrolle produzieren."

11 Um den wohlerworbenen Rechten der alten Mitglieder Rechnung zu tragen, stellte Artikel 21 Absatz 2 der EBU-Satzung in der Fassung vom 9. Februar 1988 klar, daß Artikel 3 in seiner geänderten Fassung die Rechtsstellung der Anstalten nicht beeinträchtige, die bei seinem Inkrafttreten am 1. März 1988 bereits aktive Mitglieder gewesen seien, aber nicht alle dort genannten Voraussetzungen erfuellten. Diese Bestimmung ist in der Fassung der EBU-Satzung vom 3. Juli 1992 in Artikel 6 Absatz 1 Unterabsatz 2 enthalten.

12 Programme werden unter den aktiven Mitgliedern der EBU hauptsächlich im Rahmen der Eurovision ausgetauscht. Diese besteht seit 1954 und entspricht einem wesentlichen Teil der Ziele der EBU. Artikel 3 § 6 der EBU-Satzung in der Fassung vom 3. Juli 1992 bestimmt: Die 'Eurovision' ist ein von der EBU eingerichtetes und koordiniertes System des Austauschs von Fernsehprogrammen, das auf der Verpflichtung der Mitglieder beruht, sich gegenseitig ihre Berichterstattung über wichtige Ereignisse sowie ihre aktuellen Berichte und ihre Berichterstattung über sportliche und kulturelle Ereignisse, die in ihrem Land stattfinden, anzubieten, soweit sie für die übrigen Mitglieder der Eurovision von Interesse sein können, wodurch die Mitglieder auf diesen Gebieten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit eine Dienstleistung von hoher Qualität für ihr jeweiliges nationales Fernsehpublikum sicherstellen. Mitglieder der Eurovision sind die aktiven Mitglieder der EBU sowie die Zusammenschlüsse ihrer aktiven Mitglieder. Alle aktiven Mitglieder der EBU können sich an einem System des gemeinsamen Erwerbs und der gemeinsamen Nutzung von Eurovisionsrechten genannten Fernsehrechten (und der damit verbundenen Kosten) für internationale Sportveranstaltungen beteiligen.

13 Bis zum 1. März 1988 war die Inanspruchnahme der Leistungen der EBU und der Eurovision ihren Mitgliedern vorbehalten. Durch die Änderung von 1988 wurde Artikel 3 jedoch ein neuer § 6 angefügt, der für assoziierte Mitglieder der EBU und Nichtmitglieder einen Zugang zur Eurovision auf Vertragsbasis vorsah.

14 Aus den Akten geht hervor, daß die Klägerin M6 seit ihrer Gründung fünfmal (1987, 1988, 1989, 1990 und 1993) ihre Aufnahme in die EBU als aktives Mitglied beantragt hat. Ihr letzter, am 8. Februar 1993 gestellter Antrag wurde mit Schreiben vom 6. Juli 1993 abgelehnt. In diesem Schreiben wies der Generalsekretär der EBU insbesondere auf folgendes hin: "Gemäß den internen Richtlinien über die Auslegung der für den Fall der Mitgliedschaft zu erfuellenden Kriterien ist prima facie (mangels Gegenbeweises) davon auszugehen, daß M6 als kommerzielle Rundfunkanstalt nicht die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die EBU als aktives Mitglied erfuellt... Zwar ist der Rat [Verwaltungsrat der EBU] zu der Auffassung gelangt, daß sich M6 seit 1990 sowohl hinsichtlich des Versorgungs- als auch hinsichtlich des Programmauftrags positiv entwickelt hat, es liegt ihm jedoch nicht der Beweis vor, der für eine gegenteilige Schlußfolgerung notwendig wäre."

15 Mit Schreiben vom 27. März 1990 stellte die Klägerin Antena 3 bei der EBU einen Antrag auf Aufnahme als aktives Mitglied. Am 4. April 1990 teilte ihr die EBU mit, daß die Aufnahme neuer Mitglieder wegen der Notwendigkeit, bestimmte EBU-Regeln anzupassen, nicht vor 1991 erfolge. Schließlich wurde der Antrag durch der Klägerin mit Schreiben vom 3. Juni 1991 mitgeteilte Entscheidung des Verwaltungsrats der EBU abgelehnt. In diesem Schreiben hieß es insbesondere: "Diese Entscheidung beruht darauf, daß Ihre Anstalt nicht der Verpflichtung genügt, sämtliche Einwohner des Landes der Bewerberanstalt zu versorgen; dies ist aber in erster Linie nach Artikel 3 § 3 Buchstabe a der EBU-Satzung Voraussetzung für eine Zulassung als aktives Mitglied."

16 Dagegen haben die Klägerinnen RTI und Telecinco nie einen Antrag auf Aufnahme in die EBU gestellt.

Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

17 Aufgrund einer Beschwerde des Fernsehsenders Screensport über die Weigerung der EBU und ihrer Mitglieder, ihm Unterlizenzen für die Übertragung von Sportveranstaltungen zu gewähren, übersandte die Kommission der EBU am 12. Dezember 1988 eine erste Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie ausführte, eine Freistellung der Regeln über den Erwerb und die Nutzung von Fernsehrechten von Sportveranstaltungen im Rahmen des Eurovisionssystems könne dann ins Auge gefasst werden, wenn sich die EBU und ihre Mitglieder der Verpflichtung unterwürfen, Nichtmitgliedern für einen wesentlichen Teil der betreffenden Rechte zu angemessenen Bedingungen Unterlizenzen zu gewähren.

18 Am 3. April 1989 meldete die EBU bei der Kommission ihre Regeln über den Erwerb von Fernsehrechten für Sportveranstaltungen, den Austausch von Sportprogrammen im Rahmen der Eurovision und den vertraglichen Zugang Dritter zu diesen Programmen an und beantragte gleichzeitig ein Negativattest oder ersatzweise eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages. Nach diesen Regeln erfolgte der vertragliche Zugang Dritter zu den Fernsehrechten für Sportveranstaltungen, die die Mitglieder der EBU aufgrund von im Rahmen der Eurovision geschlossenen Vereinbarungen erworben hatten, über ein System der Vergabe von Unterlizenzen durch die EBU oder ihre Mitglieder, das es Nichtmitgliedern ermöglichte, ihre eigenen Sport- und Nachrichtenprogramme zu vervollständigen, sofern sie nicht selbst die Übertragungsrechte auf dem Markt erworben hatten. Nach dem sogenannten "Embargo-Prinzip" erhielten Nichtmitglieder grundsätzlich nur das Recht auf eine zeitversetzte Übertragung.

19 Mit Schreiben vom 18. Juli 1989 forderte die Kommission die Klägerin M6 auf, ihr deren Stellungnahme zu den von der EBU angemeldeten Regeln über den vertraglichen Zugang Dritter zu den von der EBU und ihren Mitgliedern erworbenen Rundfunkrechten zuzuleiten. Die Klägerin M6 äusserte mit Schreiben vom 15. Februar 1990 ihre Bedenken hinsichtlich dieser Regeln und beschwerte sich im übrigen darüber, daß sie insbesondere gegenüber anderen Privatsendern diskriminiert werde, die aktive Mitglieder der EBU seien.

20 Mit Schreiben vom 29. Juli 1989 setzte die Kommission die die Klägerin RTI kontrollierende Gesellschaft (Fininvest) über das Bestehen des Vorgangs EBU/Eurovisionssystem sowie das System der Unterlizenzen, das die EBU einführen wollte, in Kenntnis und stellte ihr anheim, sich hierzu innerhalb einer Frist von sechs Wochen zu äussern. Am 29. Januar 1990 teilte Fininvest ihre Einwände mit. Sie machte insbesondere geltend, die Vorschriften über die Vergabe von Unterlizenzen seien sehr allgemein gehalten, was ihre zuverlässige Beurteilung unmöglich mache.

21 Am 3. Juli 1990 führte die EBU nach Beratungen mit der Kommission ein erstes System der Vergabe von Unterlizenzen ein.

22 In ihrer nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, der ersten Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des EWG -Vertrages (ABl. 1962, S. 204), herausgegebenen Veröffentlichung 90/C 251/02 (ABl. C 251, S. 2) gab die Kommission ihre Absicht bekannt, hinsichtlich der bei ihr von der EBU angemeldeten Bestimmungen eine Entscheidung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages zu treffen. Nachdem Dritte ihre Einwände mitgeteilt hatten, führte die Kommission am 18. und 19. Dezember 1990 eine Anhörung der Beteiligten durch.

23 Die Klägerin M6 reichte mit Schreiben vom 5. November 1990 eine schriftliche Stellungnahme bei der Kommission ein, in der sie "äusserste Bedenken hinsichtlich des im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 251, S. 2, beschriebenen Systems der Vergabe von Unterlizenzen an Dritte für die Sportsendungen der EBU" äusserte. Die Klägerin M6 nahm ausserdem an der Anhörung vom 18. und 19. Dezember 1990 teil.

24 Die Klägerin RTI hat gegenüber der Kommission nicht schriftlich Stellung genommen. Sie nahm jedoch an der Anhörung vom 18. und 19. Dezember 1990 teil.

25 Mit Schreiben vom 5. November 1990 teilte die Klägerin Telecinco der Kommission ihre Stellungnahme zum Vorgang EBU/Eurovisionssystem mit. Sie ersuchte die Kommission, den Freistellungsantrag nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages für die angemeldete Regelung abzulehnen. Auch die Klägerin Telecinco nahm an der Anhörung vom 18. und 19. Dezember 1990 teil.

26 Die Klägerin Antena 3 hat keine schriftlichen Erklärungen bei der Kommission eingereicht und nicht an der Anhörung vom 18. und 19. Dezember 1990 teilgenommen.

27 Am 24. Juni 1991 übersandte die Kommission der EBU eine zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie ausführte, daß das System der Vergabe von Unterlizenzen "nicht annehmbar" sei. Daraufhin legte die EBU der Kommission am 8. November 1991 eine neue Regelung für den vertraglichen Zugang von Nichtmitgliedern vor, in der der Kommission zufolge die meisten der von den betroffenen Dritten beanstandeten Klauseln des vorhergehenden Systems der Vergabe von Unterlizenzen gestrichen worden waren.

28 Nachdem die EBU am 26. Februar 1993 im Einvernehmen mit der Kommission eine überarbeitete Neufassung der Regeln über das System der Vergabe von Unterlizenzen vorgelegt hatte, erließ die Kommission die Entscheidung.

Die Entscheidung

29 In der Entscheidung wird festgestellt, daß die Satzungsbestimmungen und die internen Regeln der EBU über die gemeinsame Aushandlung, den gemeinsamen Erwerb und die gemeinsame Nutzung von Fernsehrechten für Sportveranstaltungen und die dazugehörigen, von Fall zu Fall getroffenen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedern dieser Vereinigung eine erhebliche Beschränkung, wenn nicht in vielen Fällen sogar eine Ausschaltung des Wettbewerbs zwischen diesen Mitgliedern bezweckten und bewirkten, die gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstießen (Randnrn. 47 bis 49). Die Mitglieder der EBU könnten durch das gemeinsame Aushandeln und den gemeinsamen Erwerb der Rechte ihre Marktposition zum Nachteil ihrer unabhängigen Wettbewerber stärken (Randnr. 51). Die (insbesondere in Artikel 3 § 3 der EBU-Satzung niedergelegten) Regeln über die Aufnahme in die EBU verfälschten teilweise den Wettbewerb gegenüber den rein kommerziellen Sendern, die nicht als aktive Mitglieder der EBU zugelassen würden (Randnr. 50). Schließlich werde der Handel zwischen Mitgliedstaaten insoweit beeinträchtigt, als das Eurovisionssystem den grenzueberschreitenden Erwerb und die grenzueberschreitende Nutzung von Fernsehrechten betreffe; dies treffe insbesondere auf den gemeinsamen Erwerb und die gemeinsame Nutzung der Rechte zwischen Mitgliedern aus verschiedenen Ländern und auf den Austausch des entsprechenden Fernsehsignals zwischen ihnen zu (Randnr. 53).

30 Die Kommission räumt in ihrer Entscheidung dennoch ein, daß das Eurovisionssystem und die ihm zugrunde liegenden Regeln eine Reihe von Vorteilen im Sinne von Artikel 85 Absatz 3 böten, die den gemeinsamen Erwerb und die gemeinsame Nutzung der Rechte, den Austausch des Signals und dessen Transport im gemeinsamen Netz und schließlich den vertraglichen Zugang für Nichtmitglieder beträfen (Randnr. 58).

31 Die Freistellung wird unter zwei Auflagen gewährt. Erstens dürfen die EBU und ihre Mitglieder gemeinsame Fernsehrechte für Sportveranstaltungen nur im Rahmen von Vereinbarungen erwerben, die ihrerseits eine der beiden folgenden Möglichkeiten enthalten: Entweder sie gestatten es der EBU und deren Mitgliedern, Dritten den Zugang zu den Fernsehrechten zu gewähren, oder sie gestatten es den Inhabern der Rechte, Dritten diesen Zugang nach der Zugangsregelung oder, vorbehaltlich der Zustimmung der EBU, unter für die Dritten günstigeren Bedingungen zu gewähren (Artikel 2 Absatz 1). Zweitens begründet die Entscheidung für die EBU die Verpflichtung, die Kommission von allen Änderungen und Ergänzungen der angemeldeten Regeln, von allen Schiedsverfahren betreffend Streitigkeiten im Rahmen der Zugangsregelung und von allen Entscheidungen über Aufnahmeanträge Dritter in Kenntnis zu setzen (Artikel 2 Absatz 2).

Verfahrensablauf

32 Die Klägerinnen M6, RTI, Telecinco und Antena 3 haben ihre Klagen mit Klageschriften erhoben, die am 5., 16. und 18. Oktober 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind.

33 Die Kommission hat in der Rechtssache T-546/93 am 25. Januar 1994 eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

34 Mit Anträgen, die am 9. Februar, 2. und 10. März 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die EBU in der Rechtssache T-528/93, die Radiotelevisione Italiana SpA (im folgenden: RAI) in der Rechtssache T-542/93 und die Radiotelevisión Española (im folgenden: RTVE) in den Rechtssachen T-543/93 und T-546/93 beantragt, als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden. Diesen Anträgen ist durch Beschlüsse des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 28. März, 17. Mai und 6. Mai 1994 stattgegeben worden.

35 Mit am 10. März 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Antrag hat die Sociedade Independente de Comunicação SA (im folgenden: SIC) beantragt, in der Rechtssache T-542/93 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin RTI zugelassen zu werden. Ihrem Antrag ist durch Beschluß des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom 13. Juni 1994 stattgegeben worden.

36 Mit Beschluß vom 29. September 1994 hat das Gericht (Erste erweiterte Kammer) beschlossen, die Entscheidung über die von der Kommission in der Rechtssache T-546/93 erhobene Einrede dem Endurteil vorzubehalten.

37 Das schriftliche Verfahren ist in der Rechtssache T-528/93 mit der Einreichung der Stellungnahme der Klägerin M6 zum Schriftsatz der Streithelferin EBU am 19. August 1994, in der Rechtssache T-542/93 mit der Einreichung der Stellungnahme der Kommission zu dem von der Streithelferin SIC eingereichten Schriftstück am 2. März 1995, in der Rechtssache T-543/93 mit der Einreichung der Stellungnahme der Klägerin Telecinco zum Schriftsatz der Streithelferin RTVE am 14. August 1994 und in der Rechtssache T-546/93 mit der Einreichung der Stellungnahmen der Kommission und der Streithelferin RTVE zu den von der Klägerin Antena 3 am 13. und 20. Februar 1995 eingereichten Schriftstücken am 9. März 1995 beendet worden.

38 Nach Abschluß des schriftlichen Verfahrens in jeder der vier Rechtssachen und auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen und als prozeßleitende Maßnahme die Kommission aufgefordert, schriftlich zwei Reihen von Fragen zu beantworten.

39 Durch Beschluß des Präsidenten der Ersten erweiterten Kammer vom 11. April 1995 sind die vorliegenden Rechtssachen zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung verbunden worden.

Anträge der Beteiligten

40 In der Rechtssache T-528/93 beantragt die Klägerin M6,

° der Kommission vorab aufzugeben, die Satzung der EBU und die übrigen Regeln über das Eurovisionssystem zu übermitteln;

° die Entscheidung vom 11. Juni 1993 für nichtig zu erklären;

° der Kommission und der EBU die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

41 Die Kommission beantragt,

° den Verpflichtungsantrag von M6 zurückzuweisen;

° die Klage von M6 abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

42 In der Rechtssache T-542/93 beantragt die Klägerin RTI,

° der EBU aufzugeben, das Protokoll über die zwischen der RAI und dem Nationalen Olympischen Komitee Italiens über die Übertragung von Sportveranstaltungen geschlossene Vereinbarung vorzulegen;

° die Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 1993 für nichtig zu erklären;

° der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

43 Die Kommission beantragt,

° die Klage von RTI für unzulässig zu erklären;

° hilfsweise, ihren Beweisantrag als unzulässig zurückzuweisen und die Klage als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

° der Streithelferin SIC die der Kommission durch deren Streitbeitritt entstandenen Kosten aufzuerlegen.

44 In der Rechtssache T-543/93 beantragt die Klägerin Telecinco,

° die Klage für zulässig zu erklären;

° die Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 1993 für nichtig zu erklären und allgemein alle Maßnahmen zu ergreifen, die das Gericht zur Wiederherstellung der Gemeinschaftsregelung über den Wettbewerb auf dem relevanten Markt für erforderlich hält;

° der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

° der Streithelferin RTVE ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

45 Die Kommission beantragt,

° die Klage von Telecinco abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

46 In ihrer Klageschrift in der Rechtssache T-546/93 beantragt die Klägerin Antena 3,

° die Entscheidung vom 11. Juni 1993 für nichtig zu erklären;

° der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

47 In ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit der Kommission beantragt die Klägerin Antena 3,

° die Einrede der Kommission für unbegründet zu erklären und die Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage dem Endurteil vorzubehalten;

° hilfsweise, die Klage für zulässig zu erklären;

° die Kostenentscheidung vorzubehalten.

48 Die Kommission beantragt,

° die Klage von Antena 3 für unzulässig zu erklären, hilfsweise, sie als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

49 Die SIC, Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin RTI in der Rechtssache T-542/93, beantragt,

° die Klage für begründet und demgemäß die Entscheidung der Kommission vom 11. Juni 1993 für nichtig zu erklären;

° der Beklagten die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

50 Die EBU, Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission in der Rechtssache T-528/93, beantragt,

° die Klage von M6 abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

51 Die RAI, Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission in der Rechtssache T-542/93, beantragt,

° die Klage von RTI für unzulässig zu erklären;

° hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

52 Die RTVE, Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission in den Rechtssachen T-543/93 und T-546/93, beantragt,

° die Klagen von Telecinco und Antena 3 abzuweisen;

° diesen Klägerinnen die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit

Zulässigkeit der Klage in der Rechtssache T-546/93 (Antena 3)

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

53 Nach Auffassung der Kommission, der sich die Streithelferin RTVE im wesentlichen anschließt, ist die Klage der Klägerin Antena 3 unzulässig, da die Entscheidung die Klägerin nicht unmittelbar und individuell im Sinne des Artikel 173 des Vertrages betreffe, wie er seit dem Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62 (Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 197, 211) in ständiger Rechtsprechung ausgelegt worden sei. Ausser ihrer Zugehörigkeit zu einer allgemeinen, abstrakten Gruppe, die alle Fernsehgesellschaften umfasse, die mit der EBU oder deren aktiven Mitgliedern hinsichtlich des Erwerbs der Fernsehrechte an internationalen Sportveranstaltungen in Wettbewerb stuenden, weise die Klägerin Antena 3 keine persönlichen Eigenschaften oder besondere, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebende Umstände nach, die sie in gleicher Weise wie den Adressaten der Entscheidung im Sinne der angeführten Rechtsprechung individualisierten.

54 Erstens äussere sich die Entscheidung nicht zu der Frage, ob die Anwendung der Regeln über die Aufnahme in die EBU durch deren Verwaltungsorgane auf konkrete Fälle rechtmässig sei. Daher sei die Klägerin Antena 3 durch die Ablehnung ihres Aufnahmeantrags nicht in eine Situation gebracht worden, die sie aus dem Kreis aller übrigen Wettbewerber der EBU heraushebe. Zweitens verleihe auch die Wahrnehmung der dem spanischen Staat obliegenden grundlegenden öffentlichen Aufgabe der Veranstaltung von Fernsehen der Klägerin Antena 3 keine besondere Eigenschaft, die sie in gleicher Weise wie den Adressaten der Entscheidung individualisieren könnte. Denn die Klägerin sei nicht der einzige Fernsehsender in Spanien, der diese Eigenschaft besitze, und andere europäische Unternehmen befänden sich in der gleichen Situation.

55 Ausserdem habe die Klägerin Antena 3 im Gegensatz zu den Klägerinnen M6, RTI und Telecinco nach der gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 erfolgten Veröffentlichung keine Stellungnahme eingereicht und auch nicht an der von der Kommission am 18. und 19. Dezember 1990 durchgeführten Anhörung teilgenommen. Zwar sei im Wettbewerbsrecht die Beteiligung eines Unternehmens, das nicht Adressat einer Entscheidung sei, am Verwaltungsverfahren, das zu dieser Entscheidung geführt habe, grundsätzlich nicht das einzige Kriterium für die Individualisierung im Sinne des Artikels 173 des Vertrages. Im vorliegenden Fall sei jedoch das einzige Kriterium, das die Klägerin Antena 3 individualisieren und damit ihre Klage zulässig machen könne, eben ihre Beteiligung am Verfahren für den Erlaß der Entscheidung nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 gewesen. Wenn die Klägerin die ihr in dieser Bestimmung zuerkannten Verfahrensrechte ausgeuebt hätte, wäre sie dadurch ohne weiteres in gleicher Weise wie der Adressat der Entscheidung individualisiert worden (Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 1986 in der Rechtssache 75/84, Metro/Kommission, Slg. 1986, 3021, Randnrn. 20 bis 23).

56 Die Klägerin Antena 3 macht geltend, auch wenn die Entscheidung nicht als Zurückweisung ihrer bei der Kommission nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 17 eingereichten Beschwerden vom 27. Februar und 2. März 1992 angesehen werden könne, sei sie unabhängig davon, daß sie nicht von sich aus am Verfahren für den Erlaß der Entscheidung teilgenommen habe, dennoch individuell betroffen im Sinne des Urteils Plaumann.

57 Tatsächlich komme es nicht auf eine Beteiligung an dem dem Erlaß einer Entscheidung vorausgehenden Verwaltungsverfahren, sondern darauf an, in welchem Masse diese Beteiligung dazu beitrage, Dritte, die nicht Adressaten der Entscheidung seien, gemäß dem Urteil Plaumann in eine Situation zu bringen, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebe und sie daher in ähnlicher Weise individualisiere wie den Adressaten. Insoweit habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76 (Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875) bei seiner Entscheidung, die Klage der Klägerin gegen eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung der Kommission für zulässig zu erklären, nicht nur berücksichtigt, daß die Klägerin eine Beschwerde nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 17 erhoben habe, sondern insbesondere auch, daß der von der Klägerin gestellte Antrag auf Zulassung zum streitigen Vertriebssystem abgelehnt worden sei. Im genannten Urteil Metro/Kommission vom 22. Oktober 1986 sei der Gerichtshof davon ausgegangen, daß die Klagebefugnis der Klägerin nicht nur an die Abgabe einer Stellungnahme nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 gebunden sei, sondern sich insbesondere auch aus der Ablehnung ihres Antrags auf Zulassung zum fraglichen Vertriebssystem ergebe.

58 Im vorliegenden Fall gehöre die Klägerin Antena 3 zu einer engeren Gruppe als derjenigen, die durch alle übrigen Fernsehsender gebildet würde, die mit der EBU oder deren Mitgliedern in Wettbewerb stuenden. Sie gehöre nämlich der ohne weiteres feststellbaren Gruppe von Personen an, die vor Erlaß der Entscheidung ihre Aufnahme in die EBU und die Eurovision beantragt hätten, deren Antrag in diskriminierender Weise abgelehnt worden sei, obwohl sie die Voraussetzungen für eine Aufnahme objektiv erfuellt hätten, und die daraufhin von diesem System ausgeschlossen worden seien. Der Inhalt der Entscheidung selbst widerspreche der Auffassung der Kommission, daß die konkrete Anwendung der Regeln über die Aufnahme in die EBU nicht Gegenstand dieser Entscheidung sei. Aus Nummer 83 der Entscheidung gehe hervor, daß die "angemessene und nichtdiskriminierende" Anwendung dieser Regeln eine Voraussetzung für die Gewährung und die Aufrechterhaltung der nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages gewährten Freistellung sei. Im übrigen unterscheide sie sich von jedem anderen Fernsehsender aufgrund ihrer besonderen Eigenschaft als die Stelle, die die "dem Staat obliegende grundlegende öffentliche Aufgabe der Veranstaltung von Fernsehen" wahrnehme, die sie in Spanien mit dem dort einzigen Mitglied der EBU teile. Daher sei ihre Klage für zulässig zu erklären.

Würdigung durch das Gericht

59 Nach Artikel 173 des Vertrages kann eine natürliche oder juristische Person nur dann gegen eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung Klage erheben, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betrifft. Da die Entscheidung an die EBU gerichtet war, ist zu prüfen, ob die Klägerin Antena 3 die beiden Voraussetzungen dieser Vorschrift erfuellt.

60 Nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Bestimmungen des Vertrages über das Klagerecht der Bürger nicht restriktiv ausgelegt werden; angesichts des Schweigens des Vertrages kann daher eine solche Einschränkung nicht vermutet werden. Personen, die nicht Adressat einer Entscheidung sind, können nur dann geltend machen, individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (vgl. Urteil des Gerichtshofes Plaumann/Kommission, a. a. O., 223, und Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den verbundenen Rechtssachen T-447/93, T-448/93 und T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971, Randnr. 34).

61 Die Klägerin Antena 3 ist ein Unternehmen, das mit der EBU und allen ihren Mitgliedern im Gemeinsamen Markt in Wettbewerb steht. Im engeren Rahmen des spanischen Marktes ist sie unmittelbarer Wettbewerber der RTVE, des einzigen auf diesem Markt tätigen Mitglieds der EBU. Daraus folgt, daß die Entscheidung die Klägerin Antena 3 insoweit in ihrer Wettbewerbsstellung beeinträchtigt, als sie es durch die freigestellten Satzungsbestimmungen ermöglicht, die Klägerin von den sich aus der Mitgliedschaft in der EBU ergebenden Wettbewerbsvorteilen auszuschließen. Die Klägerin Antena 3 ist daher, wie die Kommission selbst einräumt, als betroffener Dritter im Sinne des Artikels 19 Absatz 3 Satz 1 der Verordnung Nr. 17 anzusehen. In dieser Eigenschaft hatte die Klägerin also Anspruch darauf, von der Kommission zu dem dem Erlaß der Entscheidung vorausgehenden Verwaltungsverfahren hinzugezogen zu werden. In dieser Eigenschaft ist sie ausserdem als von dieser Entscheidung individuell betroffen im Sinne des Artikels 173 des Vertrages anzusehen (vgl. entsprechend Urteile des Gerichtshofes vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, Randnrn. 24 bis 26, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnrn. 18 bis 20; vgl. in diesem Sinne auch Beschluß des Gerichtshofes vom 30. September 1992 in der Rechtssache C-295/92, Landbouwschap/Kommission, Slg. 1992, I-5003, Randnr. 12).

62 Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin Antena 3 im vorliegenden Fall nicht die ihr in Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 verliehenen Verfahrensrechte geltend gemacht und in dem dem Erlaß der Entscheidung vorausgehenden Verwaltungsverfahren keine schriftliche oder mündliche Stellungnahme abgegeben hat. Wollte man nämlich die Klagebefugnis qualifizierter Dritter, denen in einem Verwaltungsverfahren Verfahrensrechte zustehen, von ihrer tatsächlichen Beteiligung an diesem Verfahren abhängig machen, so käme dies letztlich der Einführung einer zusätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzung in Form eines zwingenden Vorverfahrens gleich, die in Artikel 173 des Vertrages nicht vorgesehen ist (vgl. Urteile des Gerichts vom 27. April 1995 in der Rechtssache T-96/92, Comité central d' entreprise de la Société générale des grandes sources u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1213, Randnrn. 35 und 36, und in der Rechtssache T-12/93, Comité central d' entreprise de la société anonyme Vittel u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1247, Randnrn. 46 und 47).

63 Die Klagebefugnis der Klägerin Antena 3 wird auch dadurch bestätigt, daß diese ihre Aufnahme in die EBU beantragt hatte und dieser Antrag vor Erlaß der Entscheidung abgelehnt worden war. Dieser besondere Umstand ist ebenfalls geeignet, die Klägerin in gleicher Weise wie den Adressaten der Entscheidung zu individualisieren, unabhängig davon, ob sie sich zur Frage der Rechtmässigkeit der Anwendung der in der Entscheidung freigestellten Aufnahmeregeln durch die Organe der EBU auf konkrete Fälle geäussert hat (vgl. Urteile vom 25. Oktober 1977, Metro/Kommission, a. a. O., Randnr. 13, und vom 22. Oktober 1986, Metro/Kommission, a. a. O., Randnrn. 18 bis 23).

64 Die Klägerin Antena 3 ist von der Entscheidung auch unmittelbar betroffen. Hierzu genügt die Feststellung, daß zwischen der Entscheidung, die keiner Durchführungshandlung bedarf, und der Beeinträchtigung der Wettbewerbsstellung von Antena 3 ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.

65 Die von Antena 3 erhobene Klage ist somit für zulässig zu erklären.

Zulässigkeit der Klage in der Rechtssache T-542/93 (RTI)

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

66 Die Kommission, deren Auffassung sich die Streithelferin RAI anschließt, stellt die Zulässigkeit der Klage mit der Begründung in Frage, die Klägerin RTI habe zum einen keine schriftliche Stellungnahme im Anschluß an die Veröffentlichung nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 abgegeben und sich zum anderen in der von der Kommission am 18. und 19. Dezember 1990 durchgeführten Anhörung jedes Kommentars zu dem Vorgang enthalten.

67 Erstens solle es die in Artikel 19 Absatz 3 vorgesehene Veröffentlichung der Kommission ermöglichen, vor Erlaß einer Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu verfügen, um in voller Kenntnis der Sachlage zu entscheiden. Die Klage eines betroffenen Dritten zuzulassen, der die ihm durch die Verordnung Nr. 17 verliehenen Verfahrensrechte nicht in Anspruch genommen und demgemäß von sich aus im Verwaltungsverfahren keine schriftliche Stellungnahme abgegeben habe, laufe auf eine Zweckentfremdung der Tätigkeit des Gemeinschaftsrichters hinaus. Die von diesem ausgeuebte Kontrolle würde sich nicht mehr auf die Beachtung der fraglichen Rechte beziehen, sondern ein Ersatzverfahren für das in der Verordnung vorgesehene Verfahren darstellen. Der einzige Fall, in dem die aktive Beteiligung eines betroffenen Dritten nicht als notwendige Voraussetzung für die Ausübung seines Rechts zur Klageerhebung angesehen werden könnte, sei derjenige, daß der Betroffene aus ihm nicht zurechenbaren Gründen keine Kenntnis vom Verfahren gehabt habe.

68 Zweitens komme der Umstand, daß sich die Klägerin RTI während der Anhörung vom 18. und 19 Dezember 1990 jedes Kommentars enthalten habe, ausserdem einer Zustimmung zum Verfahren gleich, zumindest komme darin jedoch ein mangelndes Interesse der Klägerin am Verfahren zum Ausdruck; diese Umstände schlössen es aus, daß sie als von der Entscheidung individuell betroffen angesehen werden könne.

69 Schließlich sei die Unzulässigkeit der Klage aufgrund eines Umkehrschlusses aus dem Urteil des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-2/93 (Air France/Kommission, Slg. 1994, II-323, Randnrn. 44 bis 46) festzustellen. Im vorliegenden Fall liege keines der drei tatsächlichen Merkmale vor, von denen das Gericht die Zulässigkeit einer Klage abhängig gemacht habe, nämlich aktive Beteiligung der Klägerin am Vorverfahren, Beurteilung durch die Kommission unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Lage der Klägerin und aktive Beteiligung der Klägerin an der tatsächlichen Situation, die Gegenstand dieser Beurteilung sei.

70 Die Klägerin RTI führt zunächst aus, sie stehe mit dem einzigen italienischen Mitglied der EBU, der RAI, auf dem italienischen Markt in direktem Wettbewerb hinsichtlich des Erwerbs von Fernsehrechten wie auch des Verkaufs von Werbezeiten. Dieses Wettbewerbsverhältnis sei somit nicht allgemeiner Natur. Es werde vielmehr durch die Regeln über Organisation und Funktionsweise der EBU in spezifischer Weise beeinflusst.

71 Die Abgabe einer Stellungnahme im Anschluß an eine Mitteilung nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 sowie die aktive Beteiligung an einer Anhörung könnten zwar für die Annahme sprechen, daß ein Dritter von einem Verfahren tatsächlich betroffen sei, und möglicherweise sogar eine Vermutung für das Bestehen eines berechtigten Interesses begründen. Diese Merkmale könnten jedoch keinesfalls zu notwendigen Voraussetzungen für die Bejahung eines Klageinteresses erhoben werden. Insoweit sei das angeführte Urteil Metro/Kommission vom 22. Oktober 1986 (Randnr. 21) so zu verstehen, daß die Beteiligung am Verwaltungsverfahren einen zusätzlichen Gesichtspunkt im Rahmen des Nachweises eines berechtigten Klageinteresses und keine Conditio sine qua non für das Bestehen dieses Interesses darstelle.

72 Da die Klägerin RTI somit bewiesen habe, daß sie sich angesichts der besonderen Auswirkungen der Entscheidung auf ihre eigene Situation in einer Lage befinde, die mit der des Adressaten der Entscheidung vergleichbar sei, sei es nicht mehr erforderlich, auf die auf der Beteiligung am Vorverfahren beruhende Vermutung zurückzugreifen.

73 Zumindest lasse sich ° entgegen der Auffassung der Kommission ° die Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren am blossen Umstand der Teilnahme am Verfahrensablauf festmachen. Daß im vorliegenden Fall die Klägerin RTI keine besondere Stellungnahme abgegeben oder Einwände erhoben habe, sei darauf zurückzuführen, daß es ihr aus ihr nicht zurechenbaren sachlichen Gründen unmöglich gewesen sei, die Tragweite einer etwaigen Freistellungsentscheidung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 mit der gebotenen Genauigkeit zu beurteilen. Dieses Verhalten könne jedenfalls nicht einer Zustimmung gleichgesetzt werden, die nur in bezug auf gerichtlich anfechtbare endgültige Entscheidungen in Betracht komme und sich auch nur aus einer ausdrücklichen Anerkennung oder aus Handlungen ergeben könne, die mit dem Willen, einen Rechtsbehelf in Anspruch zu nehmen, unvereinbar wären.

Würdigung durch das Gericht

74 Im vorliegenden Fall lässt sich nicht bestreiten, daß die Klägerin RTI im Sinne des Artikels 173 des Vertrages von der Entscheidung individuell betroffen ist.

75 Als Fernsehsender, der mit der EBU und allen ihren Mitgliedern im Gemeinsamen Markt sowie mit dem einzigen aktiven Mitglied der EBU im beschränkteren Rahmen des italienischen Marktes in Wettbewerb steht, ist die Klägerin RTI durch die Entscheidung insoweit in ihrer Wettbewerbsstellung beeinträchtigt, als diese es durch die freigestellten Satzungsregeln ermöglicht, die Klägerin von den sich aus der Mitgliedschaft in der EBU ergebenden Wettbewerbsvorteilen auszuschließen. Sie besaß daher die Eigenschaft eines betroffenen Dritten im Sinne des Artikels 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 und hatte somit einen Anspruch darauf, von der Kommission zu dem Verfahren für den Erlaß der Entscheidung hinzugezogen zu werden; diese Situation individualisiert sie in gleicher Weise wie den Adressaten der Entscheidung (siehe oben, Randnr. 61).

76 Dem steht nicht entgegen, daß sich die Klägerin RTI darauf beschränkt hat, bei der von der Kommission durchgeführten Anhörung nur zugegen zu sein, ohne einen bestimmten Standpunkt zu vertreten. Denn das in Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Verfahrensrecht unterliegt keiner Bedingung hinsichtlich der Art seiner Ausübung.

77 Ebenso wie die Klägerin in der Rechtssache T-546/93 (siehe oben, Randnr. 64) ist die Klägerin RTI von der streitigen Entscheidung auch unmittelbar betroffen.

78 Infolgedessen ist die Klage von RTI für zulässig zu erklären.

Zur Begründetheit

79 Die Klägerin M6 führt vier Nichtigkeitsgründe an, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften über den Erlaß der Entscheidung, zweitens Fehler und Begründungsmängel, mit denen die Entscheidung behaftet sei, drittens eine fehlerhafte Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages und viertens einen Verstoß gegen Artikel 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten geltend macht.

80 Die Klägerin RTI macht vier Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund wird auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften gestützt, da die Kommission nicht die Verfahrensvorschrift des Artikels 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 beachtet habe. Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin einen Ermessensmißbrauch geltend, da die Kommission die Befugnisse, die ihr der Vertrag zum Schutz des Wettbewerbs verleihe, zum Zweck der Reglementierung des betreffenden Sektors ausgeuebt habe. Der dritte Klagegrund wird auf eine in tatsächlicher Hinsicht fehlerhafte Beurteilung der Umstände gestützt, die die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 rechtfertigten. Der vierte Klagegrund wird auf eine fehlerhafte Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 gestützt, die durch den behaupteten tatsächlichen Fehler vorgegeben sei.

81 Die Klägerin Telecinco macht sechs Klagegründe geltend, von denen der erste auf eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, der zweite auf einen offensichtlichen Irrtum, der dritte auf einen Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsregelung, insbesondere die Artikel 85 Absatz 3, 86 und 90 des Vertrages, der vierte auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung der Unternehmen, der fünfte auf einen Ermessensmißbrauch und der sechste auf die Unzuständigkeit der Kommission für den Erlaß der Entscheidung gestützt ist.

82 Die Klägerin Antena 3 macht vier Klagegründe geltend. Erstens enthalte die Entscheidung eine offensichtlich fehlerhafte Würdigung der tatsächlichen Umstände. Zweitens werde in der Entscheidung Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages offensichtlich fehlerhaft ausgelegt und falsch angewandt. Drittens werde in ihr Artikel 85 Absatz 3 offensichtlich fehlerhaft ausgelegt und falsch angewandt. Viertens sei sie mit einem Ermessensmißbrauch behaftet.

83 Zu prüfen ist der den vier Klagen gemeinsame Klagegrund, mit dem im wesentlichen eine fehlerhafte Auslegung und eine falsche Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages geltend gemacht werden. Die beiden Teile dieses Klagegrunds sind nacheinander zu prüfen; sie beziehen sich zum einen auf den diskriminierenden Charakter der Regeln über die Aufnahme in die EBU, der einer Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 Buchstabe a hätte entgegenstehen müssen, und zum anderen auf die Berücksichtigung des Begriffes der besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe, die der Entscheidung zufolge den Mitgliedern der EBU übertragen sei, bei der Anwendung dieser Bestimmung.

Zum Klagegrund eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages

1. Die Regeln über die Aufnahme in die EBU und Artikel 85 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages

° Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

84 Alle Klägerinnen machen im wesentlichen geltend, die Kommission habe bei der Prüfung, die sie im Hinblick auf eine Freistellung der Regeln über die Bedingungen der Aufnahme aktiver Mitglieder in die EBU, wie sie in Artikel 3 Absatz 3 der EBU-Satzung enthalten seien, vorgenommen habe, Fehler in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht sowie Unterlassungen begangen.

85 Erstens sei in der Entscheidung zu Unrecht festgestellt worden, daß diese Regeln eine grundlegende Unterscheidung zwischen Fernsehsendern mit besonderer, im öffentlichen Interesse liegender Aufgabe ° wie den Mitgliedern der EBU ° und den neuen kommerziellen Fernsehsendern widerspiegele, die im allgemeinen die in diesen Regeln vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfuellten. Nach Auffassung der Klägerinnen M6 und Antena 3 geht jedoch aus der EBU-Satzung nicht hervor, daß deren Mitgliedern eine besondere, im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe übertragen worden sein müsse. Somit handele es sich um eine neue Voraussetzung, die durch die Entscheidung ohne Rechtfertigung hinzugefügt worden sei. Zusammen mit den Regeln über die Aufnahme neuer Mitglieder nach Artikel 3 Absatz 3 der EBU-Satzung verstärke diese Voraussetzung den diskriminierenden Charakter der EBU und des Eurovisionssystems, da sie es ermögliche, neue Sender wegen ihres kommerziellen Charakters von vornherein an der aktiven Mitgliedschaft in der EBU zu hindern, auch wenn sie die in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen für eine aktive Mitgliedschaft tatsächlich erfuellten. Dieser diskriminierende Charakter werde durch Artikel 6 Absatz 1 der EBU-Satzung bestätigt, in dem offen eingeräumt werde, daß nicht alle Mitglieder dieser Vereinigung die Aufnahmebedingungen erfuellten. Ein konkretes Beispiel hierfür sei Canal Plus.

86 Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe weder die Situation der Sender, die keine Mitglieder der EBU seien, noch diejenige der Mitglieder der EBU im Hinblick auf die freigestellten Aufnahmeregeln objektiv geprüft. Wenn sie dies getan hätte, hätte sie zwangsläufig festgestellt, daß zum einen eine Reihe von Sendern, die keine Mitglieder seien, die gleichen Merkmale aufwiesen wie bestimmte Mitglieder der EBU, ohne daß sie jedoch dieser Vereinigung hätten beitreten dürfen, und daß zum anderen bestimmte Mitglieder der EBU die in Artikel 3 Absatz 3 der EBU-Satzung aufgestellten Voraussetzungen in Wirklichkeit nicht erfuellten. Dabei weisen die Klägerinnen RTI und Telecinco darauf hin, daß die italienischen und die spanischen Rechtsvorschriften den privaten Inhabern von Fernsehkonzessionen besonders strenge Verpflichtungen hinsichtlich der Programmvielfalt und der eigenen Produktion auferlegten. Dabei seien die Beschränkungen für die Ausstrahlung von Werbebeiträgen für die Mitglieder der EBU und für Nichtmitglieder die gleichen. Dies genüge für eine Widerlegung der Feststellung der Kommission, daß in diesen Bereichen zwischen den kommerziellen und den der EBU angeschlossenen Sendern wesentliche Unterschiede bestuenden.

87 Nach Ansicht der Klägerin Antena 3 steht die Unterlassung dieser Prüfung in Widerspruch zu Randnummer 83 der Entscheidung, wonach die Kommission verpflichtet sei, während der Dauer der Freistellung nachzuprüfen, ob die Regeln über die Aufnahme in die EBU in angemessener und nichtdiskriminierender Weise angewandt würden. Mit der Gewährung der Freistellung sei die Kommission ohne eine vorherige Prüfung notwendig davon ausgegangen, daß diese Voraussetzung erfuellt sei.

88 Dem hält die Kommission entgegen, daß der Begriff der besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe im Kontext der Entscheidung nur die in der EBU-Satzung niedergelegten Aufnahmeregeln zusammenfassen solle und somit keine zusätzliche Voraussetzung für die aktive Mitgliedschaft in dieser Vereinigung sein könne. Dieser Begriff bezeichne die Pflichten und Obliegenheiten, die nach Artikel 3 Absatz 3 der EBU-Satzung an die Mitgliedschaft in dieser Vereinigung geknüpft seien, und sei keinesfalls mit dem Begriff des öffentlichen Unternehmens oder dem des Unternehmens, das mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Vertrages betraut sei, zu verwechseln.

89 Zu den Beanstandungen von Inhalt und Umfang ihrer Prüfung der Regeln über die Aufnahme in die EBU führt die Kommission zunächst aus, sie sei nach Artikel 85 Absatz 3 nicht verpflichtet, eine systematische Untersuchung der Durchführung dieser Regeln durch die EBU selbst vorzunehmen. Sie hätte die Entscheidung daher auch rechtmässig erlassen können, ohne die Anwendung des Artikels 3 Absatz 3 der EBU-Satzung auf jeden Einzelfall zu überprüfen.

90 Konkret sei die Kommission nicht verpflichtet gewesen, nachzuweisen, daß jedes Mitglied der EBU die in den fraglichen Satzungsregeln vorgesehenen Voraussetzungen erfuelle. Daß ein Mitglied der EBU ° wie Canal Plus ° aus historischen Gründen nicht alle Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 3 der EBU-Satzung erfuelle, mache ihre Untersuchung nicht insgesamt ungültig. Dennoch sei vorbehaltlos einzuräumen, daß es möglicherweise gegenwärtig private Fernsehsender gebe, die die fraglichen Voraussetzungen ebenfalls erfuellten. Schließlich habe sie sich nie zu der Frage geäussert, ob zugunsten einiger Mitglieder der EBU, die den geltenden Aufnahmekriterien nicht in vollem Umfang genügten, eine Ungleichbehandlung bestehe.

91 Es sei allerdings ihre Aufgabe, darüber zu wachen, daß die mit der Entscheidung freigestellten Regeln über die Aufnahme in die EBU von allen Beteiligten eingehalten würden. Insoweit sei die EBU nach der Entscheidung verpflichtet, die Kommission von allen Entscheidungen über Aufnahmeanträge Dritter in Kenntnis zu setzen. Falls ein Antrag auf Aufnahme in die EBU ohne Rechtfertigung abgelehnt werde, folge daraus nicht die Nichtigkeit der Entscheidung. Vielmehr läge eine Verletzung der Entscheidung durch die EBU, ihren Adressaten, vor.

92 Die Streithelferin EBU vertritt die Auffassung, die von ihr auf der Grundlage der streitigen Aufnahmeregeln getroffenen Aufnahme- oder Ablehnungsentscheidungen seien von der Kommission zu Recht nicht im Hinblick auf ihre Begründetheit in jedem Einzelfall, sondern im Hinblick darauf geprüft worden, daß die Zusammenarbeit auf das Maß dessen beschränkt werden müsse, was notwendig bzw. unerläßlich sei, um einen Zusammenhalt und eine Funktionsweise zu gewährleisten, die ihr eine Erreichung ihrer Ziele ermöglichten. Das ordnungsgemässe Funktionieren der freigestellten Regelung und die Aufrechterhaltung eines echten Wettbewerbs hingen vom gemeinsamen Nenner der Mitglieder der EBU ab, und dies sei die Wahrnehmung einer besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe.

° Würdigung durch das Gericht

93 Zunächst ist auf zweierlei hinzuweisen. Erstens setzt der Erlaß einer individuellen Freistellungsentscheidung voraus, daß die Vereinbarung oder der Beschluß einer Unternehmensvereinigung alle vier in Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages genannten Voraussetzungen erfuellt. Ist auch nur eine der vier Voraussetzungen nicht erfuellt, muß die Freistellung abgelehnt werden (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 61; Beschluß des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P, SPO u. a./Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 34; Urteile des Gerichts vom 15. Juli 1994 in der Rechtssache T-17/93, Matra Hachette/Kommission, Slg. 1994, II-595, Randnr. 104, und vom 21. Februar 1995 in der Rechtssache T-29/92, SPO u. a./Kommission, Slg. 1995, II-289, Randnrn. 267 und 286). Zweitens kommt der Beachtung der Garantien, die die Gemeinschaftsrechtsordnung im Verwaltungsverfahren gewährt, in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Organe der Gemeinschaft über einen Beurteilungsspielraum verfügen, um ihre Aufgaben erfuellen zu können, ganz besondere Bedeutung zu; zu diesen Garantien gehört insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, II-5469, Randnrn. 14 und 26, und Urteil des Gerichts vom 24. Januar 1992 in der Rechtssache T-44/90, La Cinq/Kommission, Slg. 1992, II-1, Randnr. 86).

94 Sodann ist auf Randnummer 50 der Entscheidung hinzuweisen, wonach die Regeln über die Aufnahme in die EBU den "Wettbewerb gegenüber rein kommerziellen Kanälen [in gewissem Umfang verfälschen], die... nicht Mitglied werden können" und daher nicht an der Rationalisierung und Kosteneinsparung im Rahmen des Eurovisionssystems teilhaben können. Den Randnummern 72 ff. zufolge sind die sich aus diesen Aufnahmeregeln ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen gleichwohl unerläßlich im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages.

95 Um die Rechtmässigkeit der Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt beurteilen zu können, hat das Gericht nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. z. B. das Urteil Metro/Kommission vom 25. Oktober 1977, a. a. O., Randnr. 20) zunächst zu prüfen ° wozu auch die Kommission verpflichtet war °, ob diese (in Randnr. 10 dieses Urteils wiedergegebenen) Aufnahmeregeln objektiv und hinreichend bestimmt sind, so daß ihre einheitliche und nichtdiskriminierende Anwendung auf alle potentiellen aktiven Mitglieder möglich ist. Eine zutreffende Beurteilung der Frage, ob die sich aus diesen Regeln ergebenden Wettbewerbsbeschränkungen unerläßlich waren, kann nämlich nur vorgenommen werden, wenn diese Voraussetzung erfuellt ist.

96 Nach dem Inhalt der Entscheidung ist festzustellen, daß die Kommission eine solche Prüfung nicht vorgenommen hat.

97 Weiter ist festzustellen, daß die in Artikel 3 Absatz 3 der EBU-Satzung aufgestellten Voraussetzungen, die sich auf die Versorgung der Bevölkerung, das Programm und die Produktion der ausgestrahlten Sendungen beziehen, keinen hinreichend bestimmten Inhalt haben. Da sie im wesentlichen auf nicht bezifferte quantitative Merkmale abstellen, sind sie unbestimmt und ungenau. In Ermangelung weiterer Angaben können sie daher nicht Grundlage einer einheitlichen und nichtdiskriminierenden Anwendung sein.

98 Die Tatsache, daß es die EBU ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zufolge selbst für notwendig gehalten hat, eine Note zur Auslegung der ersten Aufnahmebedingung ("interne Richtlinie", nach der 90 % der Bevölkerung zu versorgen sind) herauszugeben, bestätigt diese Beurteilung.

99 Unter diesen Umständen hätte die Kommission zu dem Schluß gelangen müssen, daß sie nicht einmal in der Lage war, zu beurteilen, ob die entsprechenden Beschränkungen im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages unerläßlich waren. Sie durfte die EBU-Satzung daher nach dieser Bestimmung nicht freistellen.

100 Aus den gleichen Gründen ist die Kommission auch nicht in der Lage, gemäß Randnummer 83 der Entscheidung während der Dauer der Freistellung nachzuprüfen, "ob die Freistellungsbedingungen weiterhin erfuellt sind und ob insbesondere die Mitgliedschaftsbedingungen... in angemessener und nichtdiskriminierender Weise angewendet werden". Im übrigen hat sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß sie auf die nach Artikel 2 Absatz 2 der Entscheidung bei ihr eingegangenen Informationen zu den Entscheidungen der EBU über Aufnahmeanträge Dritter hin nicht tätig geworden ist.

101 Randnummer 83 der Entscheidung zeigt darüber hinaus, daß es die Kommission zu Unrecht für entbehrlich gehalten hat, vor der Gewährung der Freistellung die Anwendung der streitigen Aufnahmeregeln auf die Bewerbungen neuer Fernsehsender zu überprüfen. Aufgrund der von ihr selbst eingegangenen Verpflichtung, als Bedingung für die Aufrechterhaltung der streitigen Freistellung nachzuprüfen, ob die Aufnahmebedingungen in angemessener und nichtdiskriminierender Weise angewandt wurden, hätte die Kommission sich nämlich auch für verpflichtet halten müssen, eine solche Prüfung vor der Gewährung dieser Freistellung vorzunehmen. Dieser Schritt war um so mehr geboten, als die Aufnahme als aktives Mitglied der EBU aufgrund einer "Entscheidung der Vollversammlung auf Vorschlag des Verwaltungsrats" (Artikel 3 § 12 der EBU-Satzung) erfolgt und die Bewerber um eine Aufnahme in die EBU bei dieser Lage von den Entscheidungen eines Organs abhängig sind, das die aktiven Mitglieder dieser Vereinigung vertritt (vgl. in diesem Sinne Urteil La Cinq/Kommission, a. a. O., Randnr. 89).

102 Daraus folgt, daß die Kommission ihre Entscheidung auf eine fehlerhafte Auslegung des Artikels 85 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages gestützt hat, da sie nicht zunächst geprüft hat, ob die Aufnahmeregeln objektiv und hinreichend bestimmt sind, so daß ihre einheitliche und nichtdiskriminierende Anwendung möglich ist, um dann beurteilen zu können, ob diese Aufnahmeregeln im Sinne dieser Bestimmung unerläßlich waren.

103 Der erste Teil des Klagegrunds des Verstosses der vorgenannten Bestimmung ist daher begründet.

2. Der Begriff der besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe und Artikel 85 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages

° Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

104 Die Klägerinnen machen im wesentlichen geltend, daß der die Mitglieder der EBU kennzeichnende Begriff der "besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe" nicht nur diskriminierend sei, sondern auch mit der Prüfung der Befugnisse der Kommission nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages nichts zu tun habe. Die Entscheidung sei auf diesen Begriff gestützt worden, um die ° in der Mehrzahl öffentlichen ° Unternehmen, die Mitglieder der EBU seien, unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz durch einen Ausschluß vom Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages zu begünstigen. Die Kommission hätte die Freistellung nicht gewährt, wenn sie den Mitgliedsgesellschaften der EBU ° und nur ihnen ° dieses gemeinsame Merkmal nicht zuerkannt hätte.

105 Überdies habe die Kommission mit der Heranziehung dieses Begriffs im vorliegenden Fall Artikel 85 Absatz 3 falsch angewandt, um eine Ausnahme nach Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages zu gewähren, da die Mitglieder der EBU keine Unternehmen seien, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne der letztgenannten Bestimmung besonders betraut seien.

106 Dazu führt die Klägerin Telecinco aus, von der Wahrnehmung einer besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe durch ein Unternehmen könne nur dann gesprochen werden, wenn eine Behörde diesem in rechtlich verbindlicher Weise Aufgaben übertrage, die es sonst nicht freiwillig wahrnehmen würde. Die von den Fernsehsendern hinsichtlich der territorialen Versorgung, ihres Programms oder ihrer eigenen Produktion freiwillig getroffenen Entscheidungen oder freiwillig übernommenen Verpflichtungen könnten daher nicht als Aspekte einer diesen Sendern übertragenen besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe angesehen werden. Daher genüge es, die für die einzelnen Fernsehsender, die Mitglieder der EBU seien, geltenden nationalen rechtlichen Regelungen zu prüfen, um zu der Schlußfolgerung zu gelangen, daß die Wahrnehmung einer besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe nicht als gemeinsames Merkmal aller Mitglieder der EBU und nur dieser angesehen werden könne.

107 In diesem Zusammenhang wird ferner beanstandet, daß in der Entscheidung keine Prüfung der privilegierten öffentlichen Finanzierung (u. a. durch öffentliche Beihilfen, Zuschüsse, Genehmigungen von Haushaltsdefiziten), in deren Genuß die meisten Mitglieder der EBU kämen, vorgenommen worden sei. Die Streithelferin SIC gibt zu bedenken, zwar erlege der Staat den Mitgliedern der EBU möglicherweise besondere Belastungen auf, doch gewähre er ihnen auch ganz konkrete Ausgleichsleistungen. Diese Ausgleichsleistungen stellten im vorliegenden Fall einen relevanten Gesichtspunkt dar, den die Kommission sorgfältig und unparteiisch hätte prüfen müssen.

108 Die Kommission führt aus, zwar müssten die Wettbewerbsregeln des Vertrages in gleicher Weise auf öffentliche wie auf private Unternehmen angewandt werden; dies bedeute jedoch nicht, daß sie im Rahmen eines Freistellungsverfahrens nach Artikel 85 Absatz 3, ungeachtet der besonderen Bestimmungen des Artikels 90 Absatz 2, nicht die Besonderheiten des Wirtschaftssektors, in dem die öffentlichen oder privaten Unternehmen tätig würden, und deren Belastungen und Verpflichtungen berücksichtigen könnte. So könne sie nach Artikel 85 Absatz 3 in einem konkreten Sektor die Stellung einer Gruppe von Unternehmen in deren Beziehungen untereinander und zu Dritten berücksichtigen, ohne dabei den Gleichheitssatz zu verletzen. Eine solche Berücksichtigung der Besonderheiten eines bestimmten Wirtschaftssektors bedeute jedoch nicht, daß in einem anderen Wirtschaftssektor notwendig eine Freistellung für eine Vereinbarung oder eine beschränkende Verhaltensweise zu erteilen sei, die denselben Gegenstand habe.

109 Ausserdem greife die Entscheidung nicht der Beantwortung der Frage vor, ob die Mitglieder der EBU als Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Vertrages angesehen werden könnten.

110 Jedenfalls stütze sich die Entscheidung nur hilfsweise auf den Begriff der "im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe", der in seinem Kontext nur eine Art Zusammenfassung der in Artikel 3 Absatz 3 der EBU-Satzung vorgesehenen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in dieser Vereinigung darstelle. Im vorliegenden Fall habe sich die Kommission darauf beschränkt, die positiven Wirkungen der streitigen Entscheidungen und Vereinbarungen zu beurteilen und, hilfsweise, im Rahmen der Prüfung ihrer Unerläßlichkeit die Verpflichtungen zu berücksichtigen, die für die Mitgliedschaft in der EBU gälten.

111 Schließlich habe die Kommission keine eingehende Untersuchung des angeblichen Systems einer privilegierten Finanzierung der Mitglieder der EBU im Rahmen des Artikels 85 Absatz 3 vorgenommen, da der geeignete Rahmen für eine Untersuchung derjenige der Artikel 92 und 93 des Vertrages sei. Jedenfalls sei der Privilegcharakter dieses Systems von den Klägerinnen nicht bewiesen worden.

112 Die Streithelferin RAI weist darauf hin, daß die Kommission nach ihrer ständigen Übung, die insbesondere im Urteil Metro/Kommission vom 25. Oktober 1977 (Randnr. 43) bestätigt worden sei, bei ihren Erwägungen zur Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 auch anderen Aspekten des Sachverhalts als wettbewerbsrechtlichen, nämlich u. a. sozioökonomischen Aspekten, Rechnung trage. Gerade der Schutz des Pluralismus, eine in der Politik der Gemeinschaft auf dem Gebiet der audiovisuellen Medien als wesentlich angesehene Aufgabe, mache aber eine Beurteilung der Unterschiede zwischen Fernsehsendern, die eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe wahrnähmen, und rein kommerziellen Sendern unerläßlich. Jedenfalls sei die Entscheidung vor allem auf die rein wirtschaftlichen Vorteile gestützt, die sich aus den freigestellten Entscheidungen und Vereinbarungen ergäben.

113 Die Streithelferin RTVE vertritt die Auffassung, der Begriff "öffentliche Aufgabe" lasse sich nicht dem der "Verpflichtung aufgrund einer öffentlichen Aufgabe" gleichstellen. Letztgenannter Begriff finde sich in der gemeinschaftsrechtlichen Terminologie in dem Ausdruck "Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse", wie er in Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages stehe, wieder. Die Entscheidung gehe jedoch an keiner Stelle von dem Grundsatz aus, daß alle Mitglieder der EBU Rundfunkveranstalter seien, denen eine Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse übertragen worden sei, die voraussetze, daß sie satzungsmässigen Verpflichtungen aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme unterlägen. Die Entscheidung stelle zwar fest, daß sich einige Mitglieder der EBU in dieser Situation befänden, hebe aber zur Unterscheidung zwischen den Mitgliedern der EBU und den kommerziellen Sendern nur darauf ab, daß sich die Erstgenannten freiwillig dazu verpflichteten, ein vielseitiges Programm anzubieten, das sich unabhängig vom Verhältnis zwischen seinen Produktionskosten und seiner Rentabilität notwendig auch auf die weniger attraktiven Sportarten erstrecke.

° Würdigung durch das Gericht

114 Im Rahmen der ihm gewöhnlich zustehenden Kontrollbefugnis hat das Gericht ° über die bereits getroffene Feststellung hinaus, daß ein die Nichtigerklärung der Entscheidung rechtfertigender Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages vorliegt ° noch zu prüfen, ob der Begriff der besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe, wie er in der Entscheidung verwendet wird, einen relevanten Gesichtspunkt darstellt, der bei der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages, insbesondere hinsichtlich der Voraussetzung des Buchstaben a, berücksichtigt werden kann. Ist dies nicht der Fall, hätte die Kommission, indem sie einen solchen Gesichtspunkt berücksichtigt hat, einen Rechtsfehler begangen, der ihre Beurteilung der Frage verfälschen konnte, ob die von ihr freigestellten Wettbewerbsbeschränkungen unerläßlich sind (vgl. Urteile des Gerichts La Cinq/Kommission, a. a. O., Randnr. 63, und vom 2. Mai 1995 in den verbundenen Rechtssachen T-163/94 und T-165/94, NTN Corporation und Koyo Seiko/Rat, Slg. 1995, II-1381, Randnrn. 113 und 114).

115 Entgegen der Auffassung der Kommission erweist sich der von ihr verwendete Begriff der besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe bei blosser Lektüre der Entscheidung als grundlegender Gesichtspunkt in deren Begründung. In der Entscheidung (Randnrn. 5, 11, 19, 20, 45, 60, 72 und 74) heisst es nämlich, daß die Wahrnehmung einer solchen besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe die Aufnahme als aktives Mitglied der EBU ermögliche und daß die mit dieser Aufgabe verbundenen Zwänge einen besonderen Status der EBU hinsichtlich der Wettbewerbsregeln rechtfertigten. Der Begriff der besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe, wie er von der Kommission definiert worden ist, ist also bestimmend für die Festlegung des Kreises der Personen, die durch die streitige Freistellung begünstigt werden.

116 Nach der Entscheidung ist die besondere, im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe namentlich gekennzeichnet durch die "Verpflichtung,... abwechslungsreiche kulturelle, bildende, wissenschaftliche und für Minderheiten bestimmte Programme... auszustrahlen und die ganze Bevölkerung eines Landes ungeachtet der Kosten zu versorgen" (Randnr. 5). Die Entscheidung greift damit im wesentlichen die Merkmale des Begriffes der besonderen Aufgabe der Betrauung mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Vertrages auf, wie er vom Gemeinschaftsrichter ausgelegt worden ist, nämlich im Sinne von Leistungen "zugunsten sämtlicher Nutzer, im gesamten Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats,... ohne Rücksicht auf Sonderfälle und auf die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Vorgangs" (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-320/91, Corbeau, Slg. 1993, I-2533, Randnr. 15). Bei der Bejahung der Frage, ob die Voraussetzung des Artikels 85 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages erfuellt ist, hat die Kommission somit Gesichtspunkte berücksichtigt, die zum Anwendungsbereich des Artikels 90 Absatz 2 des Vertrages gehören.

117 Da Artikel 90 Absatz 2 nach der Entscheidung selbst (Randnr. 78) jedoch unanwendbar ist, können Gesichtspunkte, die ihrem Wesen nach diesem Artikel entnommen sind, im vorliegenden Fall kein Kriterium für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 darstellen, sofern eine besondere Rechtfertigung fehlt.

118 Zwar kann sich die Kommission, wenn sie eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages gewähren will, im Rahmen einer Gesamtwürdigung auf Erwägungen im Zusammenhang mit der Verfolgung eines öffentlichen Interesses berufen. Im vorliegenden Fall hätte sie jedoch dartun müssen, daß solche Erwägungen die in der Entscheidung zugunsten der Mitglieder der EBU zugelassene Ausschließlichkeit der Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen geböten und daß diese Ausschließlichkeit unerläßlich sei, um den Mitgliedern der EBU eine angemessene Rendite ihrer Investitionen zu ermöglichen (Nr. 71).

119 In ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts zur Notwendigkeit einer solchen Ausschließlichkeit hat die Kommission jedoch unter Hinweis auf Randnummer 24 der Entscheidung lediglich ausgeführt, daß unterhalb einer gewissen "Schwelle" der Erwerb von Fernsehrechten für Sportveranstaltungen zu sehr hohen Preisen "wirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen sei" und daß sich "der Begriff der angemessenen Rendite... nicht in genauen Zahlen ausdrücken [lasse]", sondern eher einem "finanziellen Gesamtgleichgewicht der Rundfunkanstalten entspreche".

120 Aus diesen Ausführungen folgt, daß sich die Kommission nicht auf ein Mindestmaß konkreter wirtschaftlicher Daten gestützt hat, wie etwa auf die Zahlen für die Investitionen, die die Mitglieder der EBU in ihrem jeweiligen, wirtschaftlich unterschiedlichen nationalen Kontext getätigt haben, oder auf die spezifischen Berechnungen des Verhältnisses zwischen diesen Investitionen und den Einkünften aus der Übertragung der Sportveranstaltungen. Unter diesen Umständen ist die von der Kommission insoweit gegebene Begründung noch nicht einmal einer Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter in den von der Rechtsprechung gezogenen Grenzen zugänglich.

121 Jedenfalls könnte die Kommission die sich für die EBU-Mitglieder aus einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe ergebenden Belastungen und Verpflichtungen nur dann für eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 berücksichtigen, wenn sie, wie es die oben (Randnr. 93 dieses Urteils a. E.) angeführte Rechtsprechung verlangt, auch die weiteren in dieser Sache relevanten Gesichtspunkte, wie das etwaige Bestehen eines Systems des finanziellen Ausgleichs für diese Belastungen und Verpflichtungen, unbeschadet der Artikel 92 und 93 des Vertrages, sorgfältig und unparteiisch geprüft hat. Die Kommission hat jedoch ausdrücklich betont, daß es nicht notwendig sei, die angeblich privilegierte Finanzierung der EBU-Mitglieder im Rahmen des Artikels 85 Absatz 3 zu untersuchen, da allein die Artikel 92 und 93 des Vertrages den geeigneten Rahmen für diese Prüfung bildeten.

122 Ausserdem schließt es die Entscheidung durch die Freistellung der Aufnahmeregeln, die einer einheitlichen und nichtdiskriminierenden Anwendung nicht zugänglich sind (siehe Randnr. 97 dieses Urteils), nicht aus, daß die sich aus der Mitgliedschaft in der EBU ergebenden Vergünstigungen denjenigen Rundfunkanstalten, denen eine Aufgabe übertragen worden ist, die nach Auffassung der zuständigen nationalen Behörden im öffentlichen Interesse liegt, vorenthalten werden oder daß andere Rundfunkanstalten, die diese Eigenschaft nicht besitzen, diese Vergünstigungen weiter erhalten.

123 Folglich hat die Kommission dadurch, daß sie im vorliegenden Fall für die Gewährung einer Freistellung der Regeln von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages allein auf die Erfuellung einer besonderen, im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe abgestellt hat, die im wesentlichen unter Hinweis auf den Begriff der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Artikel 90 Absatz 2 des Vertrages definiert wird, ihrer Begründung eine fehlerhafte Auslegung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages zugrunde gelegt. Dieser Rechtsfehler war geeignet, ihre Beurteilung der Frage zu verfälschen, ob die von ihr freigestellten Wettbewerbsbeschränkungen unerläßlich sind.

124 Daher greift der zweite Teil des auf einen Verstoß gegen diese Bestimmung gestützten Klagegrunds durch.

125 Aus den Erwägungen zu den beiden Teilen des geprüften Klagegrunds folgt, daß die Kommission aufgrund einer fehlerhaften Auslegung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages zu der Schlußfolgerung gelangt ist, daß die von ihr freigestellten Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere diejenigen, die sich aus den Regeln über die Aufnahme in die EBU ergeben, unerläßlich im Sinne dieser Bestimmung seien.

126 Daher ist die Entscheidung für nichtig zu erklären, ohne daß über die weiteren geltend gemachten Klagegründe zu entscheiden ist und ohne daß die von den Klägerinnen beantragte Beweisaufnahme durchzuführen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

127 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

128 Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Klägerinnen sowie die SIC, Streithelferin in der Rechtssache T-542/93, beantragt haben, ihre Kosten der Kommission aufzuerlegen, ist diese zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten der Klägerinnen und der SIC zu verurteilen.

129 Da die Klägerin M6 beantragt hat, der EBU die durch deren Streithilfe in der Rechtssache T-528/93 verursachten Kosten aufzuerlegen, ist die EBU zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der der Klägerin M6 durch ihren Streitbeitritt entstandenen Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin RTI nicht beantragt hat, der RAI die Kosten aufzuerlegen, die durch deren Streitbeitritt in der Rechtssache T-542/93 entstanden sind, sind dieser Streithelferin nur deren eigene Kosten aufzuerlegen. Im Rahmen ihres Streitbeitritts in der Rechtssache T-543/93 hat die RTVE gemäß dem entsprechenden Antrag der Klägerin Telecinco nur ihre eigenen Kosten zu tragen. Da schließlich die Klägerin Antena 3 nicht beantragt hat, der RTVE die Kosten aufzuerlegen, die durch deren Beitritt in der Rechtssache T-546/93 entstanden sind, hat diese Klägerin ebenfalls nur ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Entscheidung 93/403/EWG der Kommission vom 11. Juni 1993 in einem Verfahren gemäß Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/32.150 ° EBU/Eurovisions-System) wird für nichtig erklärt.

2. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Klägerinnen und der Streithelferin Sociedade Independente de Comunicação SA.

3. Die Klägerin Reti Televisive Italiane SpA trägt die Kosten, die ihr durch den Streitbeitritt der Radiotelevisione italiana SpA entstanden sind. Die Klägerinnen Gestevisión Telecinco SA und Antena 3 de Televisión tragen die ihnen jeweils durch den Streitbeitritt der Radiotelevisión española entstandenen Kosten.

4. Die Streithelferin Rundfunk- und Fernseh-Union trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten, die der Klägerin Métropole télévision SA durch ihren Streitbeitritt entstanden sind. Die Streithelferinnen Radiotelevisione italiana SpA und Radiotelevisión española tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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