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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 12.01.1994
Aktenzeichen: T-554/93 R
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2187/93, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2187/93 Art. 14
EWG-Vertrag Art. 173
EWG-Vertrag Art. 178
EWG-Vertrag § 215 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTS ERSTER INSTANZ VOM 12. JANUAR 1994. - ABBOTT TRUST UND ANDERE GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN UND KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - MILCHQUOTEN - VERFAHREN DES VORLAEUFIGEN RECHTSSCHUTZES - SICHERUNGSMASSNAHMEN. - RECHTSSACHE T-554/93 R.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Mit Klageschrift, die am 29. Oktober 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben A. Aharn, Lower Sunville, Aropatrick (Irland) und 588 andere Milcherzeuger, darunter die Antragsteller des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, gemäß Artikel 173, 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a und 14 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 des Rates vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6; im folgenden: Verordnung Nr. 2187/93), einerseits und auf Ersatz des Schadens, der ihnen durch die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13; im folgenden: Verordnung Nr. 857/84) entstanden ist, andererseits.

2 Mit besonderem Schriftsatz, der am 22. Dezember 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben einige Kläger des Verfahrens zur Hauptsache den Erlaß einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung des Vollzugs von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2187/93 für einen Zeitraum von drei Wochen ab Verkündung des in der Rechtssache T-555/93 R, Jones u. a./Rat und Kommission, ergehenden Beschlusses beantragt.

3 Die Antragsgegner haben in der Anhörung vom 6. Januar 1994 mündliche Ausführungen gemacht.

4 Der vorliegende Antrag auf einstweilige Anordnung steht in Zusammenhang mit den verschiedenen beim Gericht gestellten Anträgen auf einstweilige Anordnung, mit denen im wesentlichen die Aussetzung des Vollzugs von Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2187/93 begehrt wird.

5 Der für die Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung maßgebliche Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen.

6 Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder, u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061) hat der Gerichtshof entschieden, daß der Rat und die Kommission verpflichtet sind, den Schaden zu ersetzen, den die Kläger durch die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung insoweit erlitten haben, als diese Verordnungen keine Zuteilung einer Referenzmenge an die Erzeuger vorsahen, die in Erfuellung einer im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1) des Rates vom 17. Mai 1977 eingegangenen Verpflichtung während des von dem betreffenden Mitgliedstaat gewählten Referenzjahres keine Milch geliefert hatten.

7 Auf dieses Urteil des Gerichtshofes hin erließ der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Einholung der Stellungnahmen des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Verordnung Nr. 2187/93, durch die bestimmten Erzeugern von Milch und Milcherzeugnissen, die vorübergehend daran gehindert waren, ihre Tätigkeit auszuüben, eine pauschale Entschädigung angeboten wird sowie die Einzelheiten und Bedingungen für die Gewährung dieser Entschädigung festgelegt werden.

8 Gemäß Artikel 10 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 2187/93 war der Entschädigungsantrag spätestens bis zum 30. September 1993 an die vom jeweiligen Mitgliedstaat dafür benannte zuständige innerstaatliche Behörde zu richten. Diese hatte dem Erzeuger gemäß Artikel 14 Absatz 1 innerhalb von höchstens vier Monaten nach Eingang des Antrags im Namen und für Rechnung des Rates und der Kommission ein Angebot für eine Entschädigung zusammen mit einer Quittung über den Ausgleich aller Ansprüche zu übermitteln.

9 Wird das Angebot nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang angenommen, so sind die betreffenden Gemeinschaftsorgane, d. h. der Rat und die Kommission, gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2187/93 nicht mehr daran gebunden. Darüber hinaus bestimmt Artikel 14 Absatz 4, daß mit der Annahme des Angebots durch Rücksendung der als richtig anerkannten und unterzeichneten Quittung innerhalb der genannten Frist von zwei Monaten gegenüber den Gemeinschaftsorganen auf die Geltendmachung, ganz gleich in welcher Form, des dem Entschädigungsangebot zugrunde liegenden Schadens verzichtet wird.

Entscheidungsgründe

10 Gemäß Artikel 185 und 186 EWG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 4 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften kann das Gericht, wenn es dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

Vorbringen der Parteien

11 Nach Angaben der Antragsteller hat die Mehrzahl von ihnen bereits ein Entschädigungsangebot erhalten, so daß jeder, der es annehmen wolle, dies innerhalb von zwei Monaten nach Eingang tun - und zugleich auf die Geltendmachung jeglicher Ansprüche gegen den Rat und die Kommission verzichten - müsse, um nicht jedweden Anspruch auf die nach der Verordnung vorgesehene pauschale Entschädigung zu verlieren. In der Anlage zu ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung haben die Antragsteller die Abschrift eines Entschädigungsangebots vorgelegt, das einem von ihnen, nämlich der BGW & Co, zugegangen ist; dieses Angebot datiert vom 17. November 1993, so daß für diese Antragstellerin die Frist für die Mitteilung der Annahme, wie auch im Angebot festgestellt, am 18. Januar 1984 abläuft.

12 In Anbetracht der Anberaumung des Termins für die Anhörung in der Rechtssache T-555/93 R auf den 6. Januar 1994 ist nach Auffassung der Antragsteller davon auszugehen, daß der Beschluß des Präsidenten des Gerichts in dieser Rechtssache nicht ergeht, bevor eine Reihe der Antragsteller bereits eine Entscheidung über die Annahme oder Nichtannahme des Entschädigungsangebots haben treffen müssen.

13 Dadurch, daß den Antragstellern der in der Rechtssache T-555/93 R ergehende Beschluß nicht vor Ablauf der Frist für die Annahme oder Ablehnung des Entschädigungsangebots zugänglich sein werde, werde ihnen die Möglichkeit genommen, die Auswirkungen dieses Beschlusses auf ihren eigenen Fall zu bedenken, und sie würden gezwungen, eine Entscheidung zu treffen, die sie womöglich nicht getroffen hätten, wenn sie den Beschluß zur Kenntnis hätten nehmen können.

14 Die Antragsteller weisen schließlich darauf hin, daß die von ihnen beantragte vorläufige Aussetzung für sie - insbesondere aus finanziellen Gründen - von grösster Bedeutung sei, während keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß eine solche zeitlich begrenzte Aussetzung sich auf die Interessen der Gemeinschaft negativ auswirken würde.

15 In ihren mündlichen Ausführungen in der Anhörung haben sich der Rat und die Kommission gegen die von den Antragstellern beantragte vorläufige Aussetzung des Vollzugs von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2187/93 gewandt; hierbei haben sie geltend gemacht, erstens sei den von den Behörden des Vereinigten Königreichs gemachten Angaben zufolge noch kein Entschädigungsangebot abgesandt worden, und zweitens würde eine derartige Aussetzung gegen den Gleichheitssatz verstossen, da in anderen Mitgliedstaaten einige Erzeuger bereits das Entschädigungsangebot der Gemeinschaftsorgane erhalten und angenommen hätten.

Richterliche Würdigung

16 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß eine Reihe von Anträgen auf einstweilige Anordnung, darunter der in der Rechtssache T-555/93 R gestellte Antrag, mit denen die Aussetzung des Vollzugs von Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2187/93 begehrt wird, gegenwärtig anhängig sind. Die Anhörung hat in diesen Rechtssachen bereits am 6. Januar 1994 stattgefunden, und die entsprechenden Beschlüsse werden in den nächsten Wochen ergehen.

17 Zweitens ist festzustellen, daß - wie sich aus den Akten ergibt - einige der Antragsteller, die bereits ein Entschädigungsangebot erhalten haben, hierauf noch vor der Entscheidung des Präsidenten des Gerichts über die Anträge auf einstweilige Anordnung betreffend die Aussetzung des Vollzugs von Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2187/93 antworten mussten, so daß eine etwaige Aussetzung des Vollzugs dieser Vorschrift durch den Richter im Verfahren der einstweiligen Anordnung für sie keine Wirkung hätte.

18 Zum einen bedeutet nämlich die Annahme des Angebots, daß die Erzeuger gegenüber den Gemeinschaftsorganen auf die Geltendmachung jeglicher Ansprüche verzichten. Zum anderen hat die Ablehnung eines solchen Angebots zur Folge, daß die Gemeinschaftsorgane hieran nicht mehr gebunden sind. Daraus ergibt sich, daß auch dann, wenn eine Aussetzung des Vollzugs gewährt würde, dies ohne Auswirkung auf die notwendigen Folgen einer Anwendung des Artikels 14 Absätze 3 und 4 der Verordnung Nr. 2187/93 für diejenigen Erzeuger bliebe, deren Frist für die Annahme oder Ablehnung des Entschädigungsangebots zwischenzeitlich abgelaufen wäre.

19 Aufgrund dessen und vor allem in Anbetracht der befristeten Wirkung der beantragten Anordnung erscheint es im Interesse einer ordnungsgemässen Rechtspflege gerechtfertigt, als Maßnahme der Sicherung anzuordnen, daß die in Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2187/93 vorgesehene Frist erst zwei Wochen nach Verkündung des Beschlusses, mit dem das Verfahren der einstweiligen Anordnung in der Rechtssache T-555/93 R abgeschlossen wird, abläuft.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1) Die in Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 des Rates vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren, vorgesehene Frist läuft erst zwei Wochen nach Verkündung des Beschlusses, mit dem das Verfahren der einstweiligen Anordnung in der Rechtssache T-555/93 R abgeschlossen wird, ab.

2) Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Luxemburg, den 12. Januar 1994.

Ende der Entscheidung

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