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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 09.01.1996
Aktenzeichen: T-575/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 85 Absatz 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Gemeinschaftsrichter ist offensichtlich weder befugt, den Gemeinschaftsorganen, den Mitgliedstaaten oder natürlichen oder juristischen Personen Anordnungen zu erteilen noch sich auf Antrag einer natürlichen oder juristischen Person zur Vereinbarkeit des Verhaltens eines Mitgliedstaats oder einer natürlichen oder juristischen Person mit den Bestimmungen des Vertrages zu äussern, noch zwischen natürlichen oder juristischen Personen geschlossene Vereinbarungen ganz oder teilweise für nichtig zu erklären.

2. Wenn die Kommission mit einer Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 befasst wird, ist sie verpflichtet, die ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam zu prüfen, um festzustellen, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Jedoch verleiht Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 demjenigen, der eine Beschwerde nach diesem Artikel einlegt, keinen Anspruch auf eine Entscheidung der Kommission im Sinne des Artikels 189 des Vertrages über das Vorliegen eines Verstosses gegen Artikel 85 des Vertrages.

Daher muß die Kommission, wenn sie eine Beschwerde zurückweist, angeben, weshalb die aufmerksame Prüfung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sie nicht veranlasst hat, ein Verfahren zur Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 des Vertrages einzuleiten. Dabei kann sie die beanstandeten Vereinbarungen und Verhaltensweisen im Hinblick auf Artikel 85 insgesamt prüfen und die Gründe darlegen, aus denen ihrer Ansicht nach Artikel 85 Absatz 1, selbst wenn diese Verhaltensweisen gegen diese Vorschrift verstossen sollten, jedenfalls nach Artikel 85 Absatz 3 für auf diese Verhaltensweisen "unanwendbar" erklärt werden könne, so daß sie sich nicht für verpflichtet halte, das vom Beschwerdeführer gewünschte Verfahren aufgrund der aufmerksamen Prüfung der Beschwerde einzuleiten. Die Kommission kann somit für ihre Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde die Gründe aufführen, aus denen sie aufgrund der ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte der Auffassung war, daß die Vereinbarungen die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellten, ohne zuvor eine an die Vertragsparteien gerichtete Entscheidung über die Freistellung dieser Vereinbarungen erlassen oder sich endgültig zur Vereinbarkeit dieser Vereinbarungen mit Artikel 85 Absatz 1 äussern zu müssen.

3. Eine eine Beschwerde zurückweisende Entscheidung, die sich nicht endgültig zum Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 äussert und keine Freistellung im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 gewährt, enthält nur eine Beurteilung der betreffenden Vereinbarungen und Verhaltensweisen durch die Kommission. Daher hat sie dieselbe rechtliche Bedeutung wie die Verwaltungsschreiben über die Einstellung des Verfahrens

Daraus folgt, daß die Beurteilungen der Kommission in einer derartigen Entscheidung, mit der eine Beschwerde zurückgewiesen wird, das nationale Gericht, das über die Vereinbarkeit der vom Beschwerdeführer beanstandeten Vereinbarungen und Verhaltensweisen mit Artikel 85 Absatz 1 zu entscheiden hat, nicht daran hindern können, diese Vereinbarungen und Verhaltensweisen unter Berücksichtigung der ihm vorliegenden Gesichtspunkte nach Artikel 85 Absatz 2 des Vertrages für nichtig zu erklären. Daß die Beurteilungen der Kommission anders als bei einem Verwaltungsschreiben in einer anfechtbaren Handlung enthalten sind, ändert an diesem Ergebnis nichts, da derartige Beurteilungen nicht mit endgültigen Entscheidungen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 oder über eine Freistellung im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 verbunden sind, die unter den hierfür in der Verordnung Nr. 17 festgelegten Voraussetzungen zu erlassen sind.

Bei ihrer Prüfung der Frage, ob die betreffenden Vereinbarungen oder Verhaltensweisen mit den genannten Bestimmungen vereinbar sind, können die nationalen Gerichte diese Beurteilungen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung der Dienststellen der Kommission, berücksichtigen.

4. Hat die Kommission eine Verfügung über die Einstellung einer nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 eingelegten Beschwerde getroffen, ohne eine Untersuchung zu eröffnen, so umfasst die Rechtmässigkeitskontrolle durch den Gemeinschaftsrichter die Prüfung, ob die streitige Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder einen Rechtsfehler, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmißbrauch aufweist.

5. Die von einer natürlichen oder juristischen Person erhobene Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission, gegen einen Mitgliedstaat kein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, ist unzulässig.

Die Kommission ist nämlich nicht verpflichtet, ein Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages einzuleiten, sondern sie verfügt insoweit über ein Ermessen, das ein Recht einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinn zu verlangen, ausschließt.

Auch die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Entscheidung der Kommission, gegen einen Mitgliedstaat keine Richtlinie oder Entscheidung aufgrund der ihr nach Artikel 90 Absatz 3 des Vertrages zustehenden Befugnisse einzuleiten, ist unzulässig. Die Ausübung dieser Befugnisse ist nämlich nicht mit einer Verpflichtung der Kommission zum Tätigwerden verbunden.

6. Die Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages kann nur ausgelöst sein, wenn mehrere Voraussetzungen zusammentreffen: Es muß ein Schaden eingetreten sein, zwischen dem behaupteten Schaden und dem den Organen vorgeworfenen Verhalten muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen, und dieses Verhalten muß rechtswidrig sein.

Was den Schaden angeht, so hat der Kläger dem Gemeinschaftsrichter die Beweismittel für den Nachweis des Vorliegens und der Höhe des ihm angeblich entstandenen Schadens vorzulegen.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 9. Januar 1996. - Casper Koelman gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Verordnung Nr. 17 - Zurückweisung einer Beschwerde - Begründung - Nationales Gericht. - Rechtssache T-575/93.

Entscheidungsgründe:

Der der Klage zugrunde liegende Sachverhalt

1 Die Übertragung von Fernseh- und Radioprogrammen über Kabel stellt nach einem Urteil des Hoge Raad der Nederlanden eine "Veröffentlichung" im Sinne des Artikels 1 der Auteurswet (Urheberrechtsgesetz) dar; damit wird dieses Gesetz auf diese Dienstleistung anwendbar, und für die Berechtigten ° im Sinne der Auteurswet ° wird bezueglich dieser Programme das Recht, das Einverständnis zur Übertragung zu erteilen oder zu versagen, und für den Fall der Übertragung ein Anspruch auf Vergütung begründet.

2 Am 29. Mai 1985 schlossen die Vertreter der Gesellschaften zur Kabelübertragung von Fernseh- oder Radioprogrammen (im folgenden: Kabelgesellschaften) eine Rahmenvereinbarung mit den Berechtigten bezueglich der Fernseh- oder Radioprogramme, nach der diese Berechtigten mit jeder Kabelgesellschaft individuell zwei Mustervereinbarungen ° die eine über Fernseh-, die andere über Radioprogramme ° schließen konnten, in denen die Anwendung der Auteurswet auf die Übertragung dieser Programme näher geregelt wurde (im folgenden: Kabelvereinbarungen). Diese Vereinbarungen wurden seitdem mehrmals verlängert.

3 Die in der Mustervereinbarung über die Kabelübertragung von Fernsehprogrammen genannten Berechtigten waren zum damaligen Zeitpunkt die Fernsehveranstalter NOS, BRT, RTBF, ARD, ZDF, BBC, TF1, A2 und France 3, die Stiftung Sekam, die Vereinigung Agicoa und die Vereinigung Buma. Anläßlich einer Verlängerung dieser Mustervereinbarung traten die Fernsehveranstalter Nederland 3, RAI Uno und RTL+ hinzu. Der einzige in der Mustervereinbarung über die Kabelübertragung von Radioprogrammen genannte Berechtigte war die Buma.

4 Die Buma trat diesen Vereinbarungen in zweierlei Eigenschaft bei: erstens als Bevollmächtigte aller Inhaber von Urheberrechten in den Niederlanden, d. h. von Urheberrechten im Bereich der Musik, Rechten an der Aufführung von Werken der Musik, die in Verbindung mit einer Bühnendarbietung erfolgt, Rechten an Werken der Literatur, Rechten im Bereich der bildenden Künste und der Fotografie, Rechten an Filmwerken sowie eigenen Rechten der Sendeunternehmen, und zweitens als Vertreterin der Mitgliedsorganisationen der CISAC (Confédération internationale des sociétés d' auteurs et de compositeurs; in dieser internationalen Organisation sind die einzelnen nationalen Organisationen zusammengeschlossen, die die Inhaber der genannten Urheberrechte vertreten). Aufgrund dieser beiden Eigenschaften zieht die Buma die von den Kabelgesellschaften geschuldeten Vergütungen im Namen aller Rechtsinhaber ein.

5 Ausserdem besitzt die Buma ein Monopol als niederländische Organisation der Inhaber von Urheberrechten im Bereich der Musik. Nur ihr wurde nämlich durch Erlaß des Justizministers vom 24. März 1933 die Ermächtigung nach Artikel 30 A des Urheberrechtsgesetzes von 1912 verliehen, auf dem Gebiet der Urheberrechte im Bereich der Musik gewerblich als Vermittler aufzutreten. In diesem Rahmen schließt die Buma Wahrnehmungsverträge mit den Urhebern von Werken der Musik. Deshalb wird in der Mustervereinbarung über die Kabelübertragung von Radioprogrammen nur die Buma als Berechtigter angesehen.

6 Die Mustervereinbarungen sehen vor, daß die Berechtigten der Kabelgesellschaft die nichtausschließliche Erlaubnis zur Übertragung der Programme erteilen. Nach einer in den Mustervereinbarungen enthaltenen Gewährleistungsklausel übernehmen die Berechtigten, die Parteien der Mustervereinbarungen sind, jede finanzielle Haftung der Kabelgesellschaft, die aus Einwendungen resultiert, die innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Übertragung einer Sendung erfolgte, von einem Inhaber von Urheberrechten oder einem insoweit Berechtigten erhoben wurden, der nicht von einer Partei der Mustervereinbarungen vertreten wird und bei dem daher nicht davon ausgegangen werden kann, daß er der Übertragung zugestimmt hat. Bis zur Einreichung des Streithilfeschriftsatzes der Buma war eine Berufung auf diese Gewährleistungsklausel nicht erfolgt.

7 Diese Mustervereinbarungen wurden am 18. Dezember 1985 bei der Kommission zur Erlangung eines Negativattests oder einer Freistellung angemeldet.

8 Mit Schreiben vom 16. Juni 1986 antwortete A. C. Overbury, Direktor bei der Kommission, die Generaldirektion Wettbewerb beabsichtige nicht, die Prüfung der aufgrund der Wettbewerbsregeln angemeldeten Vereinbarungen fortzusetzen; deshalb sei dieses Verfahren eingestellt worden.

9 Vom 8. August 1989 an richtete der Kläger, der Komponist und Geschäftsführer einer Agentur für Werke der Fotografie ist, regelmässig Schreiben an die Kommission, in denen er diese auf die faktische Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten hinwies und den Abschluß der genannten Mustervereinbarungen beanstandete. Diese Schreiben mündeten am 26. Oktober 1990 in die Einreichung einer Beschwerde hinsichtlich dieser Mustervereinbarungen. Diese ursprüngliche Beschwerde wurde am 6. März 1992 dadurch ergänzt, daß der Kläger die Kommission ersuchte, die Unvereinbarkeit der Artikel 2, 3, 5, 6, 8 und 9 des am 23. Dezember 1986 zwischen der Buma und den Urhebern von Werken der Musik geschlossenen Musterwahrnehmungsvertrags mit dem Gemeinschaftsrecht festzustellen.

10 Der Kläger vertritt die Ansicht, aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Buma als Komponist sowie seiner weiteren gewerblichen Tätigkeit im Bereich der Urheberrechte an Werken der Fotografie habe er ein hinreichendes Interesse an der Einreichung dieser Beschwerde bei der Kommission.

11 Am 6. August 1992 hat der Kläger eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission erhoben, nachdem er diese mit Schreiben vom 8. April 1992 zum Tätigwerden aufgefordert hatte (Rechtssache T-56/92). Die Kommission teilte dem Kläger mit einem vom Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission, C. D. Ehlermann, unterzeichneten Schreiben vom 8. Oktober 1992 gemäß Artikel 6 der Verordnung (EWG) Nr. 99/63 der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268) mit, daß sie beabsichtige, seine Beschwerde zurückzuweisen, und forderte ihn auf, sich hierzu zu äussern.

12 Der Kläger äusserte sich mit Schreiben vom 8. November 1992.

13 Mit Schreiben vom 14. Oktober 1993, das von dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Kommissionsmitglied unterzeichnet war, wies die Kommission die Beschwerde des Klägers endgültig zurück.

14 Mit Beschluß vom 29. November 1993 in der Rechtssache T-56/92 (Kölman/Kommission, Slg. 1993, II-1267) hat das Gericht festgestellt, daß sich die Untätigkeitsklage erledigt hat (siehe oben, Randnr. 11).

15 Am 14. Dezember 1993 hat der Kläger eine Klage erhoben, mit der er zum einen gemäß Artikel 173 des Vertrages die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission, seine Beschwerde zurückzuweisen, und zum anderen gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 des Vertrages Ersatz des ihm angeblich entstandenen Schadens begehrt.

16 Durch Beschluß des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 7. Juni 1994 wurde die Vereinigung Buma als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

17 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

18 In der Sitzung hat der Anwalt des Klägers erklärt, er wünsche nicht, in der Verfahrenssprache mündlich zu verhandeln und die Fragen, die ihm das Gericht in der Verfahrenssprache stellen wolle, zu beantworten, da er diese Sprache nicht ausreichend beherrsche. Unter diesen Umständen hat auch die Kommission darauf verzichtet, mündlich zu verhandeln. Im Einvernehmen mit der Kommission hat das Gericht dem Anwalt des Klägers vorgeschlagen, einige Fragen, die es ihm stellen wolle, auf französisch zu beantworten. Obwohl die Übersetzung der zu stellenden Fragen ins Französische in der Sitzung sichergestellt war, hat der Anwalt des Klägers erklärt, er ziehe es angesichts der Vollständigkeit der Ausführungen des Klägers im schriftlichen Verfahren vor, daß das Gericht ihm keine Fragen mehr stelle. Das Gericht hat daraufhin lediglich der Kommission einige Fragen gestellt, die diese in der Verfahrenssprache beantwortet hat. Die Streithelferin war in der Sitzung nicht vertreten.

Anträge der Parteien

19 Der Kläger beantragt,

1) die Entscheidung der Kommission, auf seine Beschwerde vom 26. Oktober 1990 hinsichtlich der beiden sogenannten Kabelvereinbarungen vom 29. Mai 1985 und aller sich davon ableitenden Vereinbarungen, hinsichtlich der Beteiligung von Organisationen zur Wahrnehmung von Urheberrechten an Werken der Musik, die eine beherrschende Stellung innehaben, hinsichtlich der von der Buma angewandten Musterwahrnehmungsverträge und hinsichtlich der Rolle, die die niederländischen Behörden beim Zustandekommen der genannten Kabelvereinbarungen gespielt haben, nicht das Verfahren nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), einzuleiten, gemäß den Artikeln 173 und 174 des Vertrages für nichtig zu erklären;

den Urhebern die freie Wahl der Organisation zu garantieren, die sie mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betrauen wollen;

den Unternehmen, die sich mit der Wahrnehmung von Rechten befassen, einen redlichen Marktzugang zu garantieren und sie vor dem Mißbrauch beherrschender Stellungen durch Monopole im Bereich der Urheberrechte an Werken der Musik zu schützen;

2) festzustellen,

a) daß die beiden Kabelvereinbarungen für Radio und Fernsehen vom 29. Mai 1985 und alle davon abgeleiteten Vereinbarungen gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen;

b) daß die Musterkabelvereinbarung für Fernsehen vom 29. Mai 1985 und alle davon abgeleiteten Vereinbarungen gegen Artikel 7 EWG-Vertrag verstossen;

c) daß die Mitwirkung der Buma an den Kabelvereinbarungen in der Form, in der sie erfolgt ist, gegen Artikel 86 des Vertrages verstösst;

d) daß der niederländische Staat wegen der Rolle, die er beim Zustandekommen der Musterkabelvereinbarungen und bei deren praktischer Durchführung im Wege von Aufschlägen auf von gemeinnützigen Unternehmen ausgestellten Rechnungen gespielt hat, gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 90 verstösst;

e) daß die Artikel 2, 3, 5, 6, 8 und 9 der Einheitswahrnehmungsverträge der Buma gegen die Entscheidung 71/224/EWG der Kommission vom 2. Juni 1971 betreffend ein Verfahren nach Artikel 86 des Vertrages (IV/26.760 ° "GEMA"; ABl. L 134, S. 15) und gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstossen, da sie einen Mißbrauch der beherrschenden Stellung der Buma gegenüber den Urhebern darstellen;

3) über weitere Punkte zu entscheiden, die das Gericht für erheblich hält;

4) die Kommission zu verurteilen, seinen Schaden, dessen Höhe er auf mindestens 1 500 000 HFL veranschlagt, zumindest bis zu der Höhe zu ersetzen, die das Gericht dem Handeln der Kommission zurechnet;

5) der Kommission die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

20 Die Kommission beantragt,

° den Antrag zu 1, soweit er über einen Antrag auf Nichtigerklärung hinausgeht, sowie die Anträge zu 2, 3 und 4 jedenfalls für unzulässig zu erklären und die Klage im übrigen abzuweisen;

° hilfsweise, die Klage insgesamt abzuweisen;

° jedenfalls dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

21 Die Streithelferin beantragt,

° die Klage in allen Punkten für unzulässig zu erklären oder sie abzuweisen;

° dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Zur Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

22 Nach Ansicht der Kommission ist nur ein Teil des Antrags zu 1 des Klägers zulässig, während die übrigen Anträge offensichtlich nicht in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsrichters fielen oder aber unzureichend begründet und zu unbestimmt seien.

23 So macht die Kommission geltend, das Gericht, das im Rahmen einer Klage nach Artikel 173 des Vertrages nur befugt sei, Handlungen eines Gemeinschaftsorgans für nichtig zu erklären, könne nicht die vom Kläger mit dem Klageantrag zu 1 begehrten spezifischen Maßnahmen anordnen. Nach Artikel 176 des Vertrages sei es nämlich Sache des Organs, dessen Handlung für nichtig erklärt worden sei, die zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils notwendigen Maßnahmen zu treffen. Ebensowenig könne das Gericht Vereinbarungen zwischen natürlichen oder juristischen Personen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht prüfen, wie der Kläger in seinem Klageantrag zu 2 begehre. Diese Prüfung falle vielmehr in die Zuständigkeit der Kommission, an deren Stelle nicht das Gericht treten könne (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 6. Dezember 1989 in der Rechtssache T-131/89 R, Cosimex/Kommission, Slg. 1989, II-1, Randnr. 12, und vom 14. Dezember 1993 in der Rechtssache T-543/93 R, Gestevisión Telecinco/Kommission, Slg. 1993, II-1409, Randnrn. 24 f.).

24 Ausserdem sei der Klageantrag zu 3, "über weitere Punkte zu entscheiden, die das Gericht für erheblich hält", wegen mangelnder Bestimmtheit für unzulässig zu erklären.

25 Schließlich sei auch der Schadensersatzantrag unzulässig, da sich der Klageschrift nicht eindeutig entnehmen lasse, welches Fehlverhalten der Kommission zur Last zu legen und welcher Schaden dem Kläger entstanden sei, und erst recht nicht, welcher Kausalzusammenhang zwischen dem angeblichen Fehlverhalten und dem behaupteten Schaden bestehen solle. Zur Höhe des Schadens nenne der Kläger nur einen Betrag, ohne irgendeinen Nachweis zu erbringen und ohne die Berechnungsweise für diesen Betrag anzugeben. Überdies könne in einem Fall, in dem das zur Last gelegte Fehlverhalten in einer Unterlassung bestehe, nur ein Schaden geltend gemacht werden, der nach dem Zeitpunkt entstanden sei, zu dem sich die Untätigkeit feststellen lasse.

26 Demgegenüber macht der Kläger geltend, das Gericht sei für alle seine Anträge zuständig.

27 Zu seinem Schadensersatzantrag trägt der Kläger vor, er habe klar dargelegt, daß die mangelnde Sorgfalt und die Trägheit der Kommission bei der Behandlung seiner Beschwerden einen Amtsfehler darstellten. Insbesondere der Umstand, daß die Kommission den Kläger nicht darüber unterrichtet habe, daß sie hinsichtlich der angemeldeten Mustervereinbarungen ein Negativattest erteilt habe, mache ihr Verhalten rechtswidrig.

Würdigung durch das Gericht

28 Im folgenden wird die Zulässigkeit der Anträge des Klägers in der Reihenfolge geprüft, in der sie in der Klageschrift gestellt werden.

29 Was erstens den Teil der Anträge zu 1 des Klägers angeht, mit dem dieser begehrt, "den Urhebern die freie Wahl der Organisation zu garantieren, die sie mit der Wahrnehmung ihrer Rechte betrauen wollen", und "den Unternehmen, die sich mit der Wahrnehmung von Rechten befassen, einen redlichen Marktzugang zu garantieren und sie vor dem Mißbrauch beherrschender Stellungen durch Monopole im Bereich der Urheberrechte an Werken der Musik zu schützen", so ist das Gericht nach ständiger Rechtsprechung nicht befugt, den Gemeinschaftsorganen, den Mitgliedstaaten oder natürlichen oder juristischen Personen Anordnungen zu erteilen (vgl. Beschluß Kölman/Kommission, a. a. O., Randnr. 18, und Urteil des Gerichts vom 12. Januar 1995 in der Rechtssache T-102/92, Viho/Kommission, Slg. 1995, II-17, Randnr. 28). Daher sind diese im Rahmen der Anträge zu 1 gestellten Anträge des Klägers unzulässig.

30 Zweitens fallen die Anträge zu 2 des Klägers offensichtlich nicht in die Zuständigkeit des Gerichts; sie sind daher für unzulässig zu erklären. Der Gemeinschaftsrichter ist nämlich nicht befugt, sich auf Antrag einer natürlichen oder juristischen Person zur Vereinbarkeit des Verhaltens eines Mitgliedstaats oder einer natürlichen oder juristischen Person mit den Bestimmungen des Vertrages zu äussern oder zwischen natürlichen oder juristischen Personen geschlossene Vereinbarungen ganz oder teilweise für nichtig zu erklären (vgl. Beschluß Kölman/Kommission, a. a. O., Randnr. 18).

31 Drittens bezeichnet der Antrag zu 3 des Klägers, "über weitere Punkte zu entscheiden, die das Gericht für erheblich hält", nicht seinen Gegenstand und weist daher nicht den Grad an Genauigkeit auf, der nach Artikel 19 der EG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts für seine Zulässigkeit erforderlich ist.

32 Folglich sind alle Anträge des Klägers mit Ausnahme des im ersten Teil seiner Anträge zu 1 gestellten Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission, seine Beschwerde zurückzuweisen, und des Antrags zu 4 auf Ersatz des ihm angeblich entstandenen Schadens für unzulässig zu erklären.

33 Zu bemerken ist schließlich, daß die Klageschrift wenig strukturiert und ihr Text ziemlich verworren ist und daß die vom Kläger für die Anträge auf Nichtigerklärung und Schadensersatz angeführten Gründe als solche nicht bezeichnet sind. Trotz dieser formalen Mängel enthält die Klageschrift jedoch ausreichende Angaben für eine Stellungnahme der Kommission zur Begründetheit der beiden Klagen und eine Ausübung der Kontrolle durch das Gericht (Urteil des Gerichtshofes vom 12. April 1984 in der Rechtssache 281/82, Unifrex/Kommission und Rat, Slg. 1984, 1969, Randnr. 15), so daß sie insoweit den Erfordernissen des Artikel 19 der EG-Satzung des Gerichtshofes und des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts genügt.

34 Demgemäß sind die Anträge auf Nichtigerklärung und auf Schadensersatz zulässig.

Zur Begründetheit

35 Unter Berücksichtigung der Ausführungen in den vorstehenden Randnummern geht das Gericht davon aus, daß der Antrag auf Nichtigerklärung tatsächlich auf vier Klagegründe gestützt wird. Mit dem ersten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages geltend gemacht, soweit sich die Kommission zur Zurückweisung der Beschwerde des Klägers hinsichtlich der Mustervereinbarungen auf die in dieser Bestimmung genannten Freistellungsvoraussetzungen bezogen habe, ohne zuvor eine Entscheidung über die Freistellung dieser Vereinbarungen getroffen zu haben. Der zweite Klagegrund besteht aus zwei Teilen. Mit seinem ersten Teil wird ein offensichtlicher Beurteilungsfehler geltend gemacht, soweit die Kommission die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers zu Unrecht auf die Feststellung gestützt habe, daß alle Mustervereinbarungen die Voraussetzungen des Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages erfuellten. Mit dem zweiten Teil dieses Klagegrunds wird der Kommission vorgeworfen, nicht berücksichtigt zu haben, daß die Buma beim Abschluß der Mustervereinbarungen gegen Artikel 86 des Vertrages verstossen habe, und es nicht als notwendig angesehen zu haben, im Lichte des Artikels 86 die Vereinbarkeit der Handlungen des niederländischen Staates mit Artikel 90 Absatz 1 des Vertrages zu prüfen. Der dritte Klagegrund wird auf einen Verstoß gegen Artikel 155 des Vertrages und Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 gestützt, soweit die Kommission mit der Begründung, die Beschwerde des Klägers weise insoweit für die Gemeinschaft kein hinreichendes Interesse auf, keine Untersuchung hinsichtlich der Vereinbarkeit der von der Buma mit den Urhebern von Werken der Musik geschlossenen Wahrnehmungsverträge mit dem Gemeinschaftsrecht eingeleitet habe. Mit dem vierten Klagegrund wird eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht, soweit die Kommission die Beschwerde zurückgewiesen habe, ohne darzulegen, weshalb das Verhalten der Buma gegenüber ihren Mitgliedern keine Untersuchung eines etwaigen Verstosses gegen Artikel 86 des Vertrages rechtfertige. Der Schadensersatzantrag wird schließlich darauf gestützt, daß die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verstossen habe, was zum Untergang der Foto-Agentur des Klägers geführt habe, in der er als Vermittler auf dem Gebiet der Urheberrechte an Werken der Fotografie tätig gewesen sei.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung

Erster Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages

° Vorbringen der Beteiligten

36 Der Kläger trägt vor, die Kommission habe dadurch gegen Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages verstossen, daß sie seine Beschwerde deshalb zurückgewiesen habe, weil die Mustervereinbarungen den in dieser Bestimmung genannten Freistellungsvoraussetzungen entsprächen, ohne jedoch insoweit eine Freistellungsentscheidung erlassen zu haben. Aus Gründen der Rechtssicherheit könne sich die Kommission jedoch auf diese Voraussetzungen nur berufen, nachdem sie eine Freistellungsentscheidung getroffen habe. Daher hätte die Kommission die Beschwerde nicht unter Hinweis auf die Anwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages zurückweisen dürfen.

37 Die Kommission hält dem entgegen, sie sei zur Zurückweisung einer Beschwerde befugt, ohne zuvor eine Entscheidung über die Freistellung der Vereinbarungen erlassen zu müssen, die vom Beschwerdeführer beanstandet und von den Parteien dieser Vereinbarungen bei ihr angemeldet worden seien.

° Würdigung durch das Gericht

38 Aufgrund dieses Klagegrunds soll das Gericht prüfen, ob die Kommission eine Beschwerde im Sinne des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 mit der Begründung zurückweisen kann, die vom Beschwerdeführer beanstandeten Vereinbarungen genügten jedenfalls den Erfordernissen des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages für eine Freistellung vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages, wenn sie nicht zuvor an die Parteien dieser Vereinbarungen, die diese im übrigen bei ihr angemeldet haben, eine Entscheidung gerichtet und sich nicht endgültig zu der Frage geäussert hat, ob diese Vereinbarungen gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstossen.

39 Wenn die Kommission mit einer Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 befasst wird, ist sie verpflichtet, die ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam zu prüfen, um festzustellen, ob diese eine Verhaltensweise erkennen lassen, die geeignet ist, den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (Urteil des Gerichts vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission, "Automec II", Slg. 1992, I-2223, Randnr. 79). Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts verleiht jedoch Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 demjenigen, der eine Beschwerde nach diesem Artikel einlegt, keinen Anspruch auf eine Entscheidung der Kommission im Sinne des Artikels 189 EWG-Vertrag über das Vorliegen eines Verstosses gegen Artikel 85 des Vertrages (Urteil des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1979 in der Rechtssache 125/78, GEMA/Kommission, Slg. 1979, 3173, Randnr. 17; Urteil des Gerichts vom 24. Januar 1995 in der Rechtssache T-114/92, BEMIM/Kommission, Slg. 1995, II-147, Randnr. 62).

40 Nach dieser Rechtsprechung muß die Kommission, wenn sie eine Beschwerde zurückweist, angeben, weshalb die aufmerksame Prüfung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sie nicht veranlasst hat, ein Verfahren zur Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 des Vertrages einzuleiten. Dabei kann sie die beanstandeten Vereinbarungen und Verhaltensweisen im Hinblick auf Artikel 85 insgesamt prüfen und die Gründe darlegen, aus denen ihrer Ansicht nach Artikel 85 Absatz 1, selbst wenn diese Vereinbarungen und Verhaltensweisen gegen diese Vorschrift verstossen sollten, jedenfalls nach Artikel 85 Absatz 3 für auf diese Vereinbarungen und Verhaltensweisen "unanwendbar" erklärt werden könne, so daß sie sich nicht für verpflichtet halte, das vom Beschwerdeführer gewünschte Verfahren aufgrund der aufmerksamen Prüfung der Beschwerde einzuleiten. Die Kommission konnte somit im vorliegenden Fall für ihre Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde die Gründe anführen, aus denen sie aufgrund der ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte der Auffassung war, daß die Mustervereinbarungen die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 erfuellten, ohne zuvor eine an die Vertragsparteien gerichtete Entscheidung über die Freistellung dieser Vereinbarungen erlassen oder sich endgültig zur Vereinbarkeit dieser Vereinbarungen mit Artikel 85 Absatz 1 äussern zu müssen.

41 Eine solche eine Beschwerde zurückweisende Entscheidung, die sich nicht endgültig zum Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 äussert und keine Freistellung im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 gewährt, enthält jedoch nur eine Beurteilung der betreffenden Vereinbarungen und Verhaltensweisen durch die Kommission. Daher hat sie dieselbe rechtliche Bedeutung wie die Verwaltungsschreiben über die Einstellung des Verfahrens (im folgenden: Verwaltungsschreiben), wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Juli 1980 in den verbundenen Rechtssachen 253/78 und 1/79 bis 3/79, Giry und Guerlain u. a., Slg. 1980, 2327, Randnr. 13, in der Rechtssache 37/79, Marty, Slg. 1980, 2481, Randnr. 10, und in der Rechtssache 99/79, Lancôme und Cosparfrance, Slg. 1980, 2511, Randnr. 11).

42 Daraus folgt, daß die Beurteilungen der Kommission in einer Entscheidung wie der vorliegenden, mit der eine Beschwerde zurückgewiesen wird, das nationale Gericht, das über die Vereinbarkeit der vom Beschwerdeführer beanstandeten Vereinbarungen und Verhaltensweisen mit Artikel 85 Absatz 1 zu entscheiden hat, nicht daran hindern können, diese Vereinbarungen und Verhaltensweisen unter Berücksichtigung der ihm vorliegenden Gesichtspunkte nach Artikel 85 Absatz 2 des Vertrages für nichtig zu erklären. Daß die Beurteilungen der Kommission anders als bei einem Verwaltungsschreiben in einer anfechtbaren Handlung enthalten sind, ändert an diesem Ergebnis nichts, da derartige Beurteilungen nicht mit endgültigen Entscheidungen über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 oder über eine Freistellung im Sinne des Artikels 85 Absatz 3 verbunden sind, die unter den hierfür in der Verordnung Nr. 17 festgelegten Voraussetzungen zu erlassen sind.

43 Ausserdem stellen die Beurteilungen der Kommission tatsächliche Gesichtspunkte dar, die die nationalen Gerichte bei ihrer Prüfung der Frage, ob die betreffenden Vereinbarungen oder Verhaltensweisen mit den genannten Bestimmungen vereinbar sind, gegebenenfalls unter Hinzuziehung der Dienststellen der Kommission (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Februar 1991 in der Rechtssache C-234/89, Delimitis, Slg. 1991, I-935, Randnrn. 43 bis 55), berücksichtigen können (vgl. Urteil Giry und Guerlain, a. a. O., Randnr. 13). Im vorliegenden Fall zählt zu diesen tatsächlichen Gesichtspunkten aber gerade die Bewertung der Kommission, daß "nicht von vornherein auszuschließen [ist], daß die Kabelvereinbarungen eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 bezwecken oder bewirken" (vgl. angefochtene Entscheidung, Nrn. 10 bis 12), während die Kommission von ihrer ausschließlichen Befugnis nach der Verordnung Nr. 17, eine Freistellung gemäß Artikel 85 Absatz 3 zu gewähren, noch keinen Gebrauch gemacht hat; aufgrund dessen bleibt die Befugnis des nationalen Gerichts, eine solche Vereinbarung für nichtig zu erklären, uneingeschränkt erhalten.

44 Nach alledem ist der Klagegrund zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund: offensichtlicher Beurteilungsfehler

° Vorbringen der Beteiligten

45 Mit dem ersten Teil dieses Klagegrunds macht der Kläger geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie ihrer Zurückweisung der Beschwerde zum Teil die Erwägung zugrunde gelegt habe, daß die Musterkabelvereinbarungen jedenfalls die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages erfuellten, so daß Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages, selbst wenn diese Vereinbarungen gegen ihn verstießen, für unanwendbar erklärt werden könne. Der Kläger sieht die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 im vorliegenden Fall als nicht erfuellt an.

46 Dazu führt der Kläger erstens aus, die Mustervereinbarungen trügen nicht zu einer Verbesserung der Herstellung oder Verbreitung von Fernseh- oder Radioprogrammen bei. Die Kommission habe nicht aufgezeigt, daß durch den Abschluß solcher allgemeiner Vereinbarungen, in die alle Beteiligten einbezogen würden, die Herstellung von Fernseh- oder Radioprogrammen gefördert und die Zahl der über das Kabelnetz übertragenen Programme erhöht werde. Im Gegenteil gebe es in den Ländern, in denen solche Vereinbarungen nicht geschlossen worden seien, ein ebenso grosses Angebot an über das Kabelnetz übertragenen Programmen.

47 Zweitens sei die ° nicht bewiesene ° Behauptung der Kommission zweifelhaft, daß derartige Vereinbarungen zu einem grösseren Programmangebot und einer Verringerung der Gefahr einer Störung der Sendungen infolge der Weigerung eines Rechtsinhabers oder eines Berechtigten führten, der Übertragung eines Programms zuzustimmen, an dem ihm ein Urheberrecht zustehe. Es sei daher fraglich, wie durch solche Vereinbarungen die Fernsehzuschauer oder Radiohörer angemessen an ihren Vorteilen beteiligt werden könnten, wenn derlei Vorteile überhaupt nicht bestuenden.

48 Drittens habe die Kommission nicht dargetan, daß der Abschluß dieser Mustervereinbarungen notwendig sei, um eine Übertragung von Fernseh- und Radiosendungen über das Kabelnetz unter Wahrung der betreffenden Urheberrechte zu gewährleisten. Vielmehr seien zwei alternative Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, die den Wettbewerb weniger beschränkten. Die eine sei eine Regelung an der Quelle zwischen dem Urheber und dem Erstverbreitenden, nach der dieser dem Urheber für die genehmigte Kabelübertragung des betreffenden Programms einen Zuschlag zahle. Bei der anderen Möglichkeit werde die Zahlung der urheberrechtlichen Vergütung durch ein System der automatischen Kennzeichnung gewährleistet, bei dem alle übertragenen Sendungen aufgrund eines kodierten elektronischen Signals registriert würden.

49 Viertens werde durch die in den Mustervereinbarungen enthaltenen Ausschließlichkeitsklauseln der Wettbewerb ausgeschaltet, da diese Klauseln bewirkten, daß nur die Berechtigten, die Parteien dieser Vereinbarungen seien, den Kabelgesellschaften die Übertragung von Fernseh- oder Radiosendungen mit urheberrechtlich geschützten Bestandteilen erlauben könnten. Mit diesen Mustervereinbarungen werde nämlich eine globale Lizenz zur Kabelübertragung von Programmen der beteiligten Fernseh- und Radioveranstalter angeboten, die sich sowohl auf die Urheberrechte der Berechtigten, die Parteien der Mustervereinbarungen seien, als auch auf die Urheberrechte anderer Rechtsinhaber und Berechtigten erstrecke, die nicht Parteien der Mustervereinbarungen seien. Dies sei wettbewerbswidrig, da anderen Vermittlern, die im Hinblick auf die Zahlung der für die Kabelübertragung der Programme geschuldeten urheberrechtlichen Vergütungen für nicht beteiligte Rechtsinhaber oder Berechtigte tätig werden wollten, der Zugang zu diesem Markt versperrt sei. Diese wettbewerbswidrige Wirkung werde noch dadurch verstärkt, daß ein Fernseh- oder ein Radioveranstalter, der Partei der Mustervereinbarungen sei, keine Kabelvereinbarung mehr mit einer Kabelgesellschaft schließen könne, die der Mustervereinbarung nicht entspreche. Ausserdem trage das gesetzliche Monopol der Buma, soweit diese als Vermittler tätig werde, der die Anwendung der Regelung über die Urheberrechte an Werken der Musik sicherstelle, auch im Hinblick auf andere Werke als solche der Musik zur Ausschaltung des Wettbewerbs durch die fraglichen Vereinbarungen bei, da dieses Monopol der Buma immer dann eine Mitwirkung sichere, wenn eine über das Kabelnetz übertragene Sendung ein Werk der Musik enthalte; dadurch würden von der Mitwirkung der Buma unabhängige Verhandlungen zwischen einem Fernseh- oder Radioveranstalter und einer Kabelgesellschaft verhindert.

50 Mit dem zweiten Teil dieses Klagegrunds macht der Kläger geltend, die angefochtene Entscheidung sei darüber hinaus mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler seitens der Kommission behaftet, soweit sie den Verstoß der Buma gegen Artikel 86 des Vertrages wegen des Abschlusses der Mustervereinbarungen und den Verstoß des niederländischen Staates gegen Artikel 90 Absatz 1 des Vertrages im Hinblick auf Artikel 86 des Vertrages betreffe. Aus der angefochtenen Entscheidung, wonach die Kommission keinen Grund gesehen habe, von sich aus die Beanstandungen zu prüfen, gehe nämlich hervor, daß die Kommission es unterlassen habe, festzustellen, daß einerseits die Buma ihre beherrschende Stellung als Vermittler auf dem Markt der Urheberrechte an Werken der Musik mißbräuchlich ausgenutzt habe, um diese Position auch auf damit zusammenhängenden Märkten zu erlangen, und daß andererseits der niederländische Staat Maßnahmen getroffen habe, die mit Artikel 90 Absatz 1 des Vertrages unvereinbar seien. So habe die Buma im Fall des gleichzeitigen Abschlusses von Mustervereinbarungen für die Kabelübertragung von Fernseh- und von Radioprogrammen die Vereinbarungen hinsichtlich der Fernsehprogramme gefördert; diese seien für sie im Hinblick auf die urheberrechtlichen Vergütungen lohnender, da sie für alle Arten von Urheberrechten Gebühren erhalte und nicht nur für Urheberrechte an Werken der Musik, wobei sie auf diejenigen Gebühren verzichte, die für die Übertragung von Radioprogrammen geschuldet würden, welche ohnehin nur Gegenstand einer von der Buma aufgrund ihres gesetzlichen Monopols geschlossenen Kabelvereinbarung sein könne.

51 Was den ersten Teil dieses Klagegrunds angeht, so stellt die Kommission in Abrede, daß die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages im vorliegenden Fall nicht erfuellt seien. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung könne vielmehr nur bestätigt werden. So sehe sie nicht, wie sich bestreiten lasse, daß eine kollektive Kabelvereinbarung zur Erhöhung der Zahl der übertragenen Programme beitrage oder daß durch eine Kabelvereinbarung eine Übertragung sichergestellt werde, bei der keine Unterbrechungen oder Störungen durch die Weigerung eines Rechtsinhabers oder eines Berechtigten, seine Zustimmung zu erteilen, verursacht würden.

52 Die beiden weiteren vom Kläger vorgeschlagenen Methoden stellten nicht die Notwendigkeit des Abschlusses einer kollektiven Kabelvereinbarung in Frage, da sie keine vollwertigen Alternativen darstellten. Beim System der "Regelung an der Quelle" würden nicht die Probleme berücksichtigt, die oft zwischen den Inhabern von Urheberrechten oder den insoweit Berechtigten einerseits und den Kabelgesellschaften andererseits aufträten. Wie auch die Streithelferin hervorhebe, sehe das Kennzeichnungssystem nur eine Lösung für die Feststellung der aufgrund einer Übertragung geschuldeten Vergütungen vor; hiermit werde jedoch nicht das Problem der vorherigen Zustimmung gelöst. Ausserdem sei diese Möglichkeit nur bei der Übertragung von Werken der Musik sinnvoll; dagegen sei sie auf die Kabelübertragung etwa von Werken der Fotografie nicht anwendbar.

53 Zum Vortrag des Klägers, wegen der überragenden Vermittlerrolle der Buma werde durch die Mustervereinbarungen der Wettbewerb ausgeschaltet, führt die Kommission aus, die vom Kläger angeführten wettbewerbswidrigen Wirkungen ergäben sich hauptsächlich aus der gesetzlichen Monopolstellung der Buma, die nicht Gegenstand der Beschwerde sei, und nicht aus den Mustervereinbarungen selbst. Ausserdem gelte dieses gesetzliche Monopol der Buma nur für die Sendung von Werken der Musik; bei anderen Arten von Sendungen verfüge die Buma nicht über eine entsprechende Wettbewerbsstellung. Zur Rüge des Klägers, die Ausschließlichkeit der Zustimmung aller Berechtigten zur Kabelübertragung verstärke die wettbewerbswidrige Wirkung der Vereinbarung, bemerkt die Kommission, der Umstand, daß eine Einrichtung alle Rechte erworben habe oder alle Inhaber von Urheberrechten vertrete, habe nicht zur Folge, daß sie keine Vereinbarung mehr mit einer Kabelgesellschaft schließen könne.

54 Hinsichtlich des zweiten Teils dieses Klagegrunds ist der Kommission in Ermangelung überzeugender Beweise nicht ersichtlich, wie die Buma ihr gesetzliches Vermittlermonopol auf dem Markt der Urheberrechte an Werken der Musik zur Ausweitung ihrer beherrschenden Stellung auf dem Markt der Urheberrechte an Werken der Fotografie mißbräuchlich ausnutzen könne. Die Buma ziehe nämlich die für die Kabelübertragung von Werken der Fotografie geschuldeten Gebühren im Namen der Burapo ein, einer Organisation mit eigener Verwaltung, die die eingezogenen Beträge sodann unter den einzelnen Fotografen verteile.

55 Zu dem Teil der Beschwerde, der das Verhalten des niederländischen Staates betreffe, sei zu sagen, daß die Beschwerde auf der Grundlage der Verordnung Nr. 17 gegen die Buma und die übrigen Parteien der Mustervereinbarungen und nicht auf der Grundlage des Artikels 169 oder 90 Absatz 3 des Vertrages gegen den niederländischen Staat eingelegt worden sei. Für den Fall, daß das Gericht gleichwohl der Auffassung sein sollte, daß eine Beschwerde tatsächlich gegen den niederländischen Staat eingelegt worden sei, macht die Kommission hilfsweise geltend, sie habe insoweit keine Entscheidung erlassen, so daß diese Frage im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu prüfen sei.

° Würdigung durch das Gericht

56 Hat die Kommission eine Verfügung über die Einstellung einer nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 eingelegten Beschwerde getroffen, ohne eine Untersuchung zu eröffnen, so umfasst nach ständiger Rechtsprechung die Rechtmässigkeitskontrolle durch das Gericht die Prüfung, ob die streitige Entscheidung nicht auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder einen Rechtsfehler, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmißbrauch aufweist (Urteil des Gerichts vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache T-37/92, BEUC und NCC/Kommission, Slg. 1994, II-285, Randnr. 45).

57 Zum ersten Teil dieses Klagegrunds ist erstens festzustellen, daß die Kommission in Nummer 14 der angefochtenen Entscheidung erklärt hat, daß eine "kollektive, einheitliche Regelung der Zustimmung zur Übertragung von Radio- und Fernsehprogrammen die wirksamste und rationellste Methode ist, um eine rechtmässige Übertragung dieser Programme über das Kabelnetz in einer Situation sicherzustellen, in der eine Vielzahl von Berechtigten und Kabelbetreibern von der Erteilung der Zustimmung und der anschließenden Übertragung betroffen sind. Da sowohl inländische als auch ausländische Sender von dieser kollektiven Regelung betroffen sind, verbessert sie die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen im Gemeinsamen Markt". Der Kläger bestreitet diesen Vortrag jedoch unter Hinweis darauf, daß die Kabelübertragung von Fernseh- und Radioprogrammen in den Ländern, in denen es keine "kollektive, einheitliche Regelung der Zustimmung zur Übertragung von Radio- und Fernsehprogrammen" gebe, nicht weniger stark verbreitet sei, ohne jedoch das geringste Beweismittel zum Nachweis der Richtigkeit seiner Behauptung vorzulegen, obwohl die Kommission ihn hierzu in ihrem Schreiben vom 8. Oktober 1992 gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 aufgefordert hatte.

58 Der Kläger hat somit nicht bewiesen, daß die Auffassung der Kommission, eine solche kollektive, einheitliche Regelung der Zustimmung sei das wirksamste und rationellste Mittel, um die rechtmässige Kabelübertragung von Fernseh- und Radioprogrammen zu gewährleisten, mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist. Dieses Argument des Klägers ist daher zurückzuweisen.

59 Zweitens hat der Kläger zur Stützung des Arguments, daß die Verbraucher an dem durch die Verbesserung der Übertragung der Fernseh- und Radioprogramme entstehenden Gewinn in keiner Weise angemessen beteiligt würden, weder in seiner Stellungnahme vom 8. November 1992 zum Schreiben der Kommission vom 8. Oktober 1992 noch in der Klageschrift, noch in der Erwiderung einen Gesichtspunkt vorgetragen, der geeignet wäre, die Richtigkeit der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Auffassung in Frage zu stellen, daß den Verbrauchern durch die Kabelvereinbarungen ein grösseres Angebot an Fernseh- und Radioprogrammen zur Verfügung gestellt werden könne und die Gefahren einer Störung oder Unterbrechung der Übertragungen infolge von urheberrechtlichen Streitigkeiten auf ein Mindestmaß reduziert würden. Daraus folgt, daß auch dieses Argument des Klägers zurückzuweisen ist.

60 Drittens hat der Kläger hinsichtlich der in Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages aufgestellten Voraussetzung, daß die Mustervereinbarungen den beteiligten Unternehmen keine Beschränkungen auferlegen dürfen, die für die Verwirklichung der in dieser Bestimmung genannten Ziele nicht unerläßlich sind, gegenüber der Auffassung der Kommission, daß der Abschluß einer kollektiven Kabelvereinbarung zwischen den Berechtigten und jeder Kabelgesellschaft zur Verbesserung der Wirksamkeit der rechtmässigen Übertragung der Fernseh- und Radioprogramme unerläßlich sei, keine echte Alternative vorgeschlagen. Die erste vom Kläger vorgeschlagene Möglichkeit, die Zahlung der urheberrechtlichen Vergütungen für die Kabelübertragung von Fernseh- und Radioprogrammen an der Quelle, d. h. zwischen dem Erstverbreitenden und dem Inhaber des Urheberrechts, vorzusehen, könnte, wenn eine solche Regelung, wie der Kläger meint, überhaupt möglich wäre, es nicht verhindern, daß während der Verhandlungen über den Abschluß einer Vereinbarung zwischen dem Erstverbreitenden und einer Kabelgesellschaft über die Weiterverbreitung eines ausgestrahlten Programms Hindernisse auftreten. Überdies macht ein solches System den Abschluß individueller Vereinbarungen zwischen jeder Kabelgesellschaft und jedem Erstverbreitenden eines urheberrechtlich geschützten Werkes erforderlich. Da es sich hinsichtlich einzelner Teile eines Fernseh- oder eines Radioprogramms um mehrere Erstverbreitende handeln kann, kann die Kabelübertragung der betreffenden Programme durch den Abschluß solcher individueller Vereinbarungen anders als durch den Abschluß einer kollektiven Vereinbarung ersichtlich nicht genauso wirksam und rationell sichergestellt werden.

61 Zur Stützung der auf einem System der automatischen Kennzeichnung der übertragenen Programme beruhenden zweiten Methode hat der Kläger als Anlage zu seinem Schreiben vom 6. März 1992 an die Kommission eine Werbeanzeige der Firma Broadcast Data System, die ein System mit der Bezeichnung "Record Track, AD Track, Radiotrack und Royalty Track" anbietet, vorgelegt, die folgenden Wortlaut hat:

"A method for instantaneously gathering and reporting data about songs and commercials being broadcast. Broadcast Data Systems offers four airplay monitoring information services for different segments of the music, advertising and radio industries" ("Ein System zur sofortigen Sammlung und Übermittlung von Daten über gerade ausgestrahlte Musik- und Werbebeiträge. Broadcast Data Systems bietet für verschiedene Zweige der Musik-, Werbe- und Rundfunkbranche vier Informationsdienste für Sendeueberwachung an");

"Record Track lets record companies and associated businesses quickly, easily track songs being played on radio, music TV and cable stations nationwide" ("Record Track ermöglicht es Musikproduktionsfirmen und Unternehmen damit zusammenhängender Branchen, landesweit die Verbreitung von Musikstücken im Radio, auf Musik-Fernsehkanälen und über Kabelnetze schnell und einfach aufzuspüren");

"Royalty Track allows performing rights societies to expand substantially their ability to monitor the on-air use of copyrighted music" ("Mit Royalty Track können Gesellschaften zum Schutz von Aufführungsrechten ihre Möglichkeiten erheblich erweitern, die durch Ausstrahlung erfolgende Nutzung urheberrechtlich geschützter Musik zu überwachen").

62 Schon aufgrund dieser Werbeanzeige lässt sich sagen, daß das vom Kläger vorgeschlagene System nur geeignet ist, die Übertragung akustischer Signale festzustellen. Dagegen kann durch die Anwendung dieses Systems nicht die Übertragung optischer Signale wie von Bildern oder ° worum es dem Kläger besonders geht ° Werken der Fotografie festgestellt werden. Dieses System kann infolgedessen nicht als echte Alternative zum Abschluß einer kollektiven Vereinbarung dargestellt werden.

63 Demgemäß hat der Kläger nicht nachgewiesen, daß die Argumentation der Kommission insoweit mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist.

64 Was viertens die letzte Voraussetzung des Artikels 85 Absatz 3 angeht, wonach durch die fraglichen Vereinbarungen nicht der Wettbewerb für einen wesentlichen Teil des Marktes ausgeschaltet werden darf, so macht die Kommission in der angefochtenen Entscheidung geltend, daß es die Mustervereinbarungen "den Kabelbetreibern [ermöglichen], aufgrund eines einzigen Vertrags eine Lizenz zu erhalten, die sich auf alle Urheberrechte der Berechtigten und der durch diese vertretenen Dritten erstreckt". Weiter führt die Kommission aus: "Den Kabelbetreibern steht es jedoch frei, individuelle Vereinbarungen mit Berechtigten zu schließen, wenn sie z. B. eine gezieltere Auswahl von Sendern übertragen wollen" (Nr. 17 der angefochtenen Entscheidung).

65 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Kommission nicht behauptet hat, die Zustimmung der Berechtigten, die Parteien der Mustervereinbarungen sind, schließe auch die Zustimmung der Rechtsinhaber oder Berechtigten, die nicht Parteien der Mustervereinbarungen oder bei ihnen vertreten sind, zur Kabelübertragung ihrer Werke ein.

66 Daher impliziert die Beurteilung der Kommission nicht, daß andere Vermittler auf dem Gebiet der Urheberrechte als die, die Parteien der Mustervereinbarungen oder bei ihnen vertreten sind, nicht berechtigt wären, Einzelvereinbarungen mit den Kabelgesellschaften zu schließen, in denen die Zahlung der urheberrechtlichen Vergütungen geregelt wird, die wegen der Übertragung derjenigen Werke geschuldet werden, im Hinblick auf die diese Vermittler tätig werden. Das Argument des Klägers geht insoweit also ins Leere, da es auf einer unrichtigen Bewertung der in der angefochtenen Entscheidung dargestellten Beurteilung der Kommission beruht.

67 Überdies bezieht sich die Klausel in der Präambel der Mustervereinbarung für Fernsehprogramme, die vom Kläger als "Ausschließlichkeitsklausel" bezeichnet wird, tatsächlich auf das Ausschließlichkeitsrecht der Berechtigten, der Kabelübertragung geschützter Werke zuzustimmen. Der Kläger verkennt insoweit Tragweite und Natur dieser Klausel, indem er ihr eine rechtsbegründende Wirkung zuschreibt, die sie nicht hat. In der vom Kläger beanstandeten Klausel sichern die Berechtigten, die Parteien der Mustervereinbarung sind, den übrigen Parteien der Mustervereinbarung lediglich zu, daß sie nach den anwendbaren Rechtsvorschriften über ein ausschließliches Recht verfügen, um diese Parteien der Mustervereinbarung dazu zu veranlassen, ihnen gegenüber Verpflichtungen einzugehen. Im übrigen rechtfertigt sich die von den Berechtigten in Artikel 6 dieser Mustervereinbarung eingegangene Verpflichtung, jede finanzielle Haftung zu übernehmen, die sich aus den Forderungen von nicht bei der Mustervereinbarung vertretenen Inhabern von Urheberrechten oder insoweit Berechtigten für den Fall der Übertragung von Werken ergeben könnten, an denen diesen Schutzrechte zustehen, nur durch die Erklärung der Berechtigten, die Parteien der Mustervereinbarung sind, in der vom Kläger beanstandeten Klausel der Präambel. Daher ist es diesen Berechtigten wegen der in dieser Klausel der Präambel genannten Ausschließlichkeit nicht grundsätzlich verwehrt, gegebenenfalls nach Einschaltung weiterer Vermittler auf dem Markt und, sofern es sich um die Übertragung von Werken der Musik handelt, möglicherweise gleichzeitiger Einschaltung der Buma ° wegen ihres gesetzlichen Monopols °, andere Vereinbarungen als die Mustervereinbarungen zu schließen, die aber ebenfalls die Kabelübertragung ihrer Programme zum Gegenstand haben. Weder die Aufnahme dieser Klausel in die Mustervereinbarung noch dieses gesetzliche Monopol sind somit geeignet, die Bewertung der Kommission, daß die fragliche Mustervereinbarung die letzte Voraussetzung des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages einhalte, in Frage zu stellen. Auch insoweit hat der Kläger also nicht bewiesen, daß die Kommission bei der angefochtenen Entscheidung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

68 Da der Kläger nach alledem nicht bewiesen hat, daß die Kommission die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 des Vertrages offensichtlich fehlerhaft beurteilt hat, ist der erste Teil des zweiten Klagegrunds zurückzuweisen.

69 Was den zweiten Teil dieses Klagegrunds betrifft, wonach die Buma ihre beherrschende Stellung auf dem Markt der Urheberrechte an Werken der Musik mißbräuchlich ausgenutzt habe, um eine entsprechende Stellung auf damit zusammenhängenden Märkten zu erlangen, so hat die Kommission es wegen des Fehlens konkreter und eindeutiger Hinweise des Klägers abgelehnt, von sich aus zu prüfen, ob Artikel 86 des Vertrages durch die Buma verletzt wurde (Nrn. 20 und 21 der angefochtenen Handlung). Unter Berücksichtigung des Inhalts der Beschwerde des Klägers (Nr. 46 der Beschwerde), ihrer Ergänzung vom 6. März 1992 und der Stellungnahme des Klägers vom 8. November 1992 (Nr. 11 dieser Stellungnahme) zum Schreiben der Kommission vom 8. Oktober 1992 (Nr. 19 dieses Schreibens) ist festzustellen, daß diese Bewertung durch die Kommission nicht das Ergebnis eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers ist. Der einzige, recht abstrakte Hinweis des Klägers besteht nämlich in der Behauptung, eine Kabelgesellschaft, die eine Mustervereinbarung für die Übertragung von Radioprogrammen beschlossen habe, sei nicht verpflichtet, für die Übertragung dieser Programme Gebühren an die Buma zu entrichten, wenn sie gleichzeitig eine Mustervereinbarung für die Übertragung von Fernsehprogrammen schließe. Dieses Argument ist jedoch zurückzuweisen. Prüft man Artikel 8 Absatz der Mustervereinbarung über die Übertragung von Radioprogrammen (wonach dann, wenn die Kabelgesellschaft die Vereinbarung über die Übertragung von Radioprogrammen und zugleich die Vereinbarung über die Übertragung von Fernsehprogrammen schließt, die Gebühr, die sie nach der letztgenannten Vereinbarung zahlt, die nach der erstgenannten Vereinbarung geschuldete Gebühr einschließt) in Verbindung mit Artikel 9 der Mustervereinbarung über die Übertragung von Fernsehprogrammen (die die Methode zur Berechnung der Gebühr festlegt, die von der Kabelgesellschaft als Gegenleistung für die ihr erteilte Genehmigung zur Übertragung der Fernsehprogramme geschuldet wird), so ist zunächst festzustellen, daß, wie die Streithelferin in ihrem Schriftsatz (Randnr. 39) ausgeführt hat, dann, wenn eine Kabelgesellschaft die Vereinbarung über die Übertragung von Radioprogrammen und zugleich diejenige über die Übertragung von Fernsehprogrammen geschlossen hat, die nach Artikel 9 der letztgenannten Vereinbarung gezahlte Gebühr nicht nur die für die Übertragung von Fernsehprogrammen, sondern auch die für die Übertragung von Radioprogrammen geschuldete Gebühr umfasst. Zweitens haben die Berechtigten nach Artikel 10 Absatz 7 der Mustervereinbarung über die Übertragung von Fernsehprogrammen die "ausschließliche Befugnis", die in dieser Weise von ihrem Bevollmächtigten, hier der Buma, eingenommenen Gebühren zu verteilen. Folglich kann der sich auf die Übertragung von Radioprogrammen beziehende Teil dieser Gebühren bei dieser Verteilung den Berechtigten hinsichtlich dieser Radioprogramme zugewiesen werden. Daher ist die Behauptung des Klägers nicht als erwiesen anzusehen, daß Radioprogramme dann gebührenfrei angeboten werden, wenn auch eine Vereinbarung über die Übertragung von Fernsehprogrammen geschlossen wurde. Die vom Kläger in seiner Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz vorgelegten wenig zuverlässigen Berechnungen können diese Schlußfolgerung nicht in Frage stellen. Im übrigen konnte das Gericht in der mündlichen Verhandlung hierzu vom Anwalt des Klägers nicht die gewünschten Klarstellungen erhalten (siehe oben, Randnr. 18).

70 Soweit schließlich dieser Teil der Beschwerde gegen Handlungen des niederländischen Staates gerichtet ist, nämlich gegen die Einräumung des gesetzlichen Monopols auf dem Gebiet der Vertretung der Urheber von Werken der Musik an die Buma, so braucht nicht geprüft zu werden, ob die bei der Kommission eingelegte Beschwerde ausschließlich auf Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 beruhte oder ob sie auch Rügen gegenüber dem niederländischen Staat enthielt, derentwegen die Kommission ein Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages einleiten oder von ihren Befugnissen nach Artikel 90 Absatz 3 des Vertrages Gebrauch machen sollte.

71 Zum einen ist nämlich die Kommission nach ständiger Rechtsprechung nicht verpflichtet, ein Verfahren nach Artikel 169 des Vertrages einzuleiten, sondern sie verfügt insoweit über ein Ermessen, das ein Recht einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinn zu verlangen, ausschließt. Im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 169 des Vertrages haben somit die Personen, die eine Beschwerde eingelegt haben, nicht die Möglichkeit, beim Gemeinschaftsrichter eine Klage gegen die Entscheidung der Kommission zu erheben, ihre Beschwerde nicht weiterzuverfolgen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1989 in der Rechtssache 247/87, Star Fruit/Kommission, Slg. 1989, 291, Randnrn. 10 bis 14, und Beschluß des Gerichts vom 23. Januar 1995 in der Rechtssache T-84/94, Bilanzbuchhalter/Kommission, Sgl. 1995, II-101, Randnr. 23). Zum anderen ist nach gefestigter Rechtsprechung die Ausübung des durch Artikel 90 Absatz 3 des Vertrages eingeräumten Ermessens bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der staatlichen Maßnahmen mit den Vorschriften des Vertrages nicht mit einer Pflicht der Kommission zum Einschreiten verbunden (Urteil des Gerichts vom 27. Oktober 1994 in der Rechtssache T-32/93, Ladbroke Racing/Kommission, Slg. 1994, II-1015, Randnrn. 36 bis 38; Beschluß Bilanzbuchhalter/Kommission, a. a. O., Randnr. 31). Somit steht natürlichen oder juristischen Personen, die die Kommission zum Tätigwerden gemäß Artikel 90 Absatz 3 des Vertrages auffordern, nicht das Recht zu, eine Klage gegen die Entscheidung der Kommission zu erheben, von den ihr insoweit eingeräumten Befugnissen keinen Gebrauch zu machen.

72 Infolgedessen kann der Kläger jedenfalls nicht gegen die Weigerung der Kommission vorgehen, ein Verfahren nach Artikel 169 einzuleiten oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung nach Artikel 90 Absatz 3 des Vertrages zu erlassen. Daher kommt es auf die Beantwortung der Frage, ob die Beschwerde über den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 17 hinausging und die Kommission es gegebenenfalls zu Recht abgelehnt hat, die Rolle des niederländischen Staates in dieser Angelegenheit zu prüfen, nicht an.

73 Mithin ist auch der zweite Teil des zweiten Klagegrunds zurückzuweisen.

74 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 155 des Vertrages und Artikel 3 der Verordnung Nr. 17

° Vorbringen der Beteiligten

75 Soweit die Zurückweisung der Beschwerde den von der Buma mit ihren Mitgliedern geschlossenen Einheitswahrnehmungsvertrag betrifft, steht der Kläger auf dem Standpunkt, daß die Kommission weder befugt gewesen sei, die Prüfung der Beschwerde unter Hinweis darauf abzulehnen, daß ein Vorgehen in diesem Bereich nicht zu den Prioritäten ihrer Wettbewerbspolitik gehöre, noch, ihn an die nationalen Gerichte zu verweisen, ausser wenn die Kommission diese Entscheidung innerhalb von drei Monaten nach Einlegung der Beschwerde getroffen hätte. Dann hätte nämlich der Kläger noch vor Ablauf der Fristen vor den nationalen Gerichten Klage erheben können. Ausserdem hinderten ihn die sehr hohen Kosten eines Verfahrens vor den nationalen Gerichten an der Erhebung einer Klage.

76 Die Kommission entgegnet, nach dem Urteil Automec II (a. a. O.) könne sie bei der Behandlung der bei ihr anhängigen Verfahren unterschiedliche Prioritäten setzen und dabei als Prioritätsmaßstab auf das Gemeinschaftsinteresse abstellen, sofern in der Entscheidung dargelegt werde, weshalb der betreffenden Beschwerde nicht die erforderliche Priorität zukomme. Da dieser Teil der Beschwerde mangels Gemeinschaftsinteresses zurückgewiesen worden sei, was in der fraglichen Entscheidung klar und genau dargelegt worden sei, gehe der Klagegrund völlig fehl.

77 Die Kommission lässt ebensowenig gelten, daß finanzielle Schwierigkeiten die Nichtinanspruchnahme der Rechtsbehelfe vor den nationalen Gerichten durch den Kläger rechtfertigen könnten. Wenn ihm die Mittel fehlten, könne er kostenlose Prozeßkostenhilfe in Anspruch nehmen oder die vor Gericht entstehenden Kosten dadurch teilen, daß er eine Vereinigung von Personen, die sich in der gleichen Lage befänden, gründe, die dann vor Gericht auftreten könne.

° Würdigung durch das Gericht

78 Mit diesem Klagegrund bezweifelt der Kläger lediglich die Befugnis der Kommission, dem Prioritätsgrad einer Beschwerde festzulegen; er wendet sich jedoch nicht gegen die Begründung der Kommission für die Zurückweisung der Beschwerde in diesem Punkt, ausser soweit die Kommission ihre Entscheidung damit gerechtfertigt hat, daß sie ihn auf die Möglichkeit verwiesen hat, zur Geltendmachung seiner Rechte eine Klage bei den nationalen Gerichten zu erheben.

79 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission jedoch befugt, bei der Prüfung einer bei ihr anhängigen Beschwerde unterschiedliche Prioritäten zu setzen (Urteil Automec II, a. a. O., Randnr. 83). Ausserdem hat der Kläger nicht bewiesen, daß ihm die tatsächliche Möglichkeit einer Klageerhebung bei den nationalen Gerichten, mit der er gegen die angebliche mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch die Buma hätte vorgehen wollen, genommen worden ist. Im übrigen konnte das Gericht hierzu in der mündlichen Verhandlung vom Anwalt des Klägers nicht die gewünschten Klarstellungen erhalten (siehe oben, Randnr. 18).

80 Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

Vierter Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

° Vorbringen der Beteiligten

81 Nach Ansicht des Klägers hat die Kommission gegen ihre Begründungspflicht verstossen, indem sie seine Beschwerde zurückgewiesen habe, ohne die Gründe anzugeben, die sie veranlasst hätten, das Vorliegen einer mißbräuchlichen Ausnutzung der beherrschenden Stellung der Buma gegenüber ihren Mitgliedern zu verneinen. Dieser Mißbrauch bestehe darin, daß die Buma für den Fall des gleichzeitigen Abschlusses von Fernseh- und Radio-Kabelvereinbarungen mit einer Kabelgesellschaft auf die für die Übertragung von Radioprogrammen geschuldeten Gebühren verzichte, um Vereinbarungen zur Verbreitung von Fernsehsendungen schließen zu können (siehe Artikel 8 Absatz 3 der Mustervereinbarung über Radiosendungen), die zwar für sie als Unternehmen, nicht aber für die ihr angehörenden Komponisten lohnender seien.

82 Die Kommission erwidert, diese Rüge sei nicht Gegenstand der Beschwerde.

° Würdigung durch das Gericht

83 In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung, wonach die Begründung die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben muß, daß der Kläger zur Wahrnehmung seiner Rechte die tragenden Gründe für die Maßnahme erkennen und der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15), ist festzustellen, daß die von der Kommission insoweit gegebene Begründung angemessen ist, da das Gericht, wie die Ausführungen zum zweiten Teil des zweiten Klagegrunds (siehe oben, Randnrn. 69 bis 73) und zum dritten Klagegrund (siehe oben, Randnrn. 78 bis 80) zeigen, in der Lage gewesen ist, die Rechtmässigkeit der Antwort der Kommission auf die Beschwerde des Klägers zu überprüfen, soweit diese Beschwerde die angebliche mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung durch die Buma betrifft.

84 Demgemäß ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

Zum Schadensersatzantrag

Vorbringen der Beteiligten

° Zum Fehlverhalten

85 Der Kläger trägt vor, das die Haftung der Gemeinschaft auslösende Fehlverhalten ergebe sich aus einem Verstoß der Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung. Die Kommission habe es nämlich versäumt, eine Entscheidung zu erlassen, in der sie den betreffenden Unternehmen öffentlich klar mitgeteilt hätte, daß sie es wünsche, daß es neben der Verwertungsgesellschaften im Rahmen der Monopole für die Wahrnehmung der Urheberrechte an Werken der Musik keine weiteren Vermittler mehr gebe. Ausserdem habe die Kommission dem Kläger jahrelang verschwiegen, daß sie nicht beabsichtige, den Kartellen auf dem Gebiet der Kabelübertragung weiter nachzugehen; gleichzeitig habe die Kommission den Kläger dazu angehalten, keine Beschwerde einzulegen, womit sie die frühestmögliche Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung, die zu einer positiven Entscheidung geführt hätte, verhindert und damit seinen Interessen geschadet habe.

86 Die Kommission stellt in Abrede, gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verstossen zu haben, soweit es einen solchen Grundsatz überhaupt gebe. Zwar seien zwischen dem ersten Schreiben des Klägers und der endgültigen Entscheidung der Kommission tatsächlich acht Jahre verstrichen; jedoch sei diese Entscheidung nur drei Jahre nach Einreichung der Beschwerde ergangen, was im vorliegenden Fall als angemessene Frist anzusehen sei. Die so späte Einreichung der Beschwerde des Klägers sei nur diesem zuzurechnen, wie aus einem Schreiben seines Anwalts vom 19. September 1990 an Direktor A. C. Overbury der Kommission hervorgehe.

° Zum Schaden und zum ursächlichen Zusammenhang

87 Der Kläger veranschlagt die Höhe seines Schadens auf 1 500 000 HFL, was dem Fünffachen seines geschätzten Jahreseinkommens entspreche; dieser Schaden sei durch die kombinierten Wirkungen der zahlreichen aufreibenden und kostspieligen Verfahren, die er habe anstrengen müssen, sowie durch die faktische schleichende Entwertung seiner Urheberrechte verursacht worden. Diese Situation habe dazu noch zur Auflösung seiner Foto-Agentur geführt.

88 Die Kommission bemerkt dazu, diese Schätzung des entstandenen Schadens sei durch kein einziges Beweismittel gestützt. Auch könne der Schaden nicht durch ihr Verhalten verursacht worden sein, da der Kläger nicht das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Untergang seines Unternehmens und dem Vollzug der fraglichen Vereinbarung dargetan habe.

Würdigung durch das Gericht

89 Nach gefestigter Rechtsprechung kann die Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages nur ausgelöst sein, wenn mehrere Voraussetzungen zusammentreffen: Es muß ein Schaden eingetreten sein, zwischen dem behaupteten Schaden und dem den Organen vorgeworfenen Verhalten muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen, und dieses Verhalten muß rechtswidrig sein (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 28. April 1971 in der Rechtssache 4/69, Lütticke/Kommission, Slg. 1971, 325, Randnr. 10).

90 Im vorliegenden Fall ist zunächst zu prüfen, ob die Behauptungen bewiesen sind, mit denen der Kläger dartun will, daß die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemässen Verwaltung verstossen habe.

91 Insoweit behauptet der Kläger zum einen, daß die Kommission es unterlassen habe, den betroffenen Unternehmen klar zu sagen, daß ihrer Ansicht nach keine Unternehmen mehr als Vermittler auf dem Gebiet der Urheberrechte tätig werden sollten, sondern nur noch Verwertungsgesellschaften im Rahmen der Monopole für die Wahrnehmung der Urheberrechte an Werken der Musik, und zum anderen, daß die Kommission ihre Absicht verschwiegen habe, den Kartellen auf dem Gebiet der Kabelübertragung nicht nachzugehen, wobei sie, um eine Verwaltungsuntersuchung und gegebenenfalls eine positive Entscheidung zu verhindern, dem Kläger nahegelegt habe, keine Beschwerde einzulegen; mit alledem habe die Kommission gegen die Interessen des Klägers gehandelt.

92 Indessen hat der Kläger weder das geringste Beweismittel vorgelegt noch den geringsten Hinweis gegeben, die den Nachweis des Bestehens einer Absicht der Kommission ermöglicht hätten, für eine Ausschaltung der als Vermittler auf dem Gebiet der Urheberrechte tätigen Unternehmen zu sorgen.

93 Zudem ist auch der zweite Vorwurf des Klägers gegenüber der Kommission nicht begründet. Zunächst geht nämlich aus dem Schriftverkehr zwischen dem Kläger und der Kommission, wie er von diesem auf Aufforderung des Gerichts im Konvolut D mit ergänzenden Anlagen eingereicht worden ist, hervor, daß der Kläger vor Einreichung seiner Beschwerde am 26. Oktober 1990 Kenntnis von einem Verwaltungsschreiben erlangt hatte, das die Kommission an die Beteiligten gesandt hatte, die die Mustervereinbarungen angemeldet hatten.

94 So befasste der Kläger die Kommission mit der Frage erstmals in einem Schreiben vom 8. August 1985, in dem er sich über das "faktische Monopol" der "Urheberrechtsgesellschaften" beschwerte. Erst in seinem Schreiben vom 25. August 1985 an die Kommission erwähnte der Kläger die Mustervereinbarungen, ohne jedoch den Grund hierfür zu nennen. Er erwähnte diese Mustervereinbarungen schließlich erneut im Schreiben vom 2. Juli 1989, d. h. etwa vier Jahre später, in dem er der Kommission mitteilte, daß er eine Klage erhoben habe, mit der er vor den niederländischen Gerichten die Nichtigerklärung dieser Vereinbarungen begehre. Die Kommission antwortete ihm mit Schreiben vom 21. November 1989, daß den Parteien der angemeldeten Mustervereinbarungen am 16. Juni 1986 ein Verwaltungsschreiben gesandt worden sei, und kündigte ferner an, daß sich der Kommissionsbeamte Blömendaal mit ihm in Verbindung setzen werde, um zusätzliche Informationen für die Prüfung der Frage zu erhalten, ob die Mustervereinbarungen gegenwärtig mit dem Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft vereinbar seien. Aus diesen Umständen ergibt sich, daß die Kommission den Kläger, sechs Monate nachdem sie dessen Schreiben erhalten hatte, das erstmals konkret die Mustervereinbarungen zum Gegenstand hatte, über die Anmeldung der Mustervereinbarungen und die Versendung eines Verwaltungsschreibens unterrichtete. Zu diesem Zeitpunkt hatte zum einen der Kläger noch nicht angekündigt, daß er bei der Kommission nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 eine Beschwerde einlegen wolle, und zum anderen zog die Kommission ausdrücklich eine weitere Prüfung der fraglichen Vereinbarungen in Betracht, was sie dem Kläger auch mitteilte. Daher wird durch die dem Gericht von den Parteien vorgelegten Beweismittel nicht der Nachweis erbracht, daß die Kommission dem Kläger absichtlich verschwiegen hätte, daß sie ein Verwaltungsschreiben an die Beteiligten der Mustervereinbarungen, die diese bei ihr angemeldet hatten, gerichtet habe.

95 Sodann geht aus einem Schreiben der Kommission vom 22. Mai 1992, das sich auf ein von den Parteien nicht vorgelegtes Schreiben des Anwalts des Klägers vom 19. September 1990 bezieht, hervor, daß der Kläger damals noch keine Beschwerde eingelegt hatte, weil er "eerst door middel van informele contacten de materie dusdanig wenste te bewerken en rangschikken, dat in een klacht geen onnodige ballast zou behöven te worden meegevörd" ("zunächst anhand informeller Kontakte die Angelegenheit vorbereiten und ordnen will, damit in einer Beschwerde kein unnötiger Ballast mitgeführt zu werden braucht"). Die Zeitspanne, die zwischen dem ersten Schreiben des Klägers an die Kommission vom 8. August 1985 und dem Schreiben des Anwalts des Klägers an die Kommission vom 19. September 1990 lag, ist somit nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen der eigenen Entscheidung des Klägers zuzurechnen und ergibt sich nicht aus dem Verhalten der Kommission während dieses Zeitraums. Darüber hinaus ist zu dem Zeitraum nach dem 19. September 1990 zu bemerken, daß selbst dann, wenn sich herausstellen sollte, daß die Kommission in irgendeiner Weise versucht hat, den Kläger von der Einlegung einer Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 abzuhalten, was von diesem keineswegs bewiesen worden ist, diese Bemühungen offensichtlich nicht dazu angetan waren, den Kläger von seiner Absicht abzubringen, da er diese Beschwerde am 26. Oktober 1990, also kaum einen Monat später, eingelegt hat.

96 Der Kläger hat mithin die von ihm behaupteten Tatsachen nicht bewiesen. Daher lässt sich kein Fehlverhalten feststellen, das geeignet wäre, die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages auszulösen.

97 Was im übrigen den Schaden angeht, so hat der Kläger nach gefestigter Rechtsprechung dem Gemeinschaftsrichter die Beweismittel für den Nachweis des Vorliegens und der Höhe des ihm angeblich entstandenen Schadens vorzulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 21. Mai 1976 in der Rechtssache 26/75, Roquette frères/Kommission, Slg. 1976, 677, Randnrn. 22 bis 24). Der Kläger hat sich jedoch insoweit darauf beschränkt, die Höhe des ihm angeblich entstandenen Schadens auf 1 500 000 HFL, einen Betrag, der dem Fünffachen seines geschätzten Jahreseinkommens entspreche, zu veranschlagen, ohne für diesen Antrag einen Beweis vorzulegen. Unbestreitbar wird durch eine solche Veranschlagung jedoch weder das Vorliegen noch die Höhe des Schadens nachgewiesen, für den Ersatz begehrt wird. Mithin hat der Kläger nicht das Vorliegen des Schadens und damit auch nicht dessen Höhe nachgewiesen.

98 Da nach alledem im vorliegenden Fall weder das Fehlverhalten noch der Schaden nachgewiesen sind, ist der Schadensersatzantrag zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

99 Nach Artikel 87 Absatz 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist und die Beklagte sowie die Streithelferin beantragt haben, den Kläger zur Tragung der Kosten zu verurteilen, sind ihm die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Anträge des Klägers werden als unzulässig zurückgewiesen, soweit sie nicht auf die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 14. Oktober 1993, die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen, oder auf Schadensersatz gerichtet sind.

2. Im übrigen werden der Antrag auf Nichtigerklärung und der Schadensersatzantrag als unbegründet zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Ende der Entscheidung

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