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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 02.07.1992
Aktenzeichen: T-61/89
Rechtsgebiete: EWG, Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen


Vorschriften:

EWG Art. 85 Abs. 1
EWG Art. 190
Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Da es gemeinschaftsrechtliche Vorschriften zur Erläuterung der im Anhang II zum EWG-Vertrag aufgeführten Begriffe nicht gibt und da einige Tarifnummern der Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens wörtlich in diesen Anhang übernommen worden sind, sind bei der Auslegung des genannten Anhangs die Erläuterungen zu dieser Nomenklatur zugrunde zu legen.

2. Der Geltungsbereich der Verordnung Nr. 26 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen wurde in deren Artikel 1 dahin beschränkt, daß die Verordnung nur für die Produktion der im Anhang II zum EWG-Vertrag aufgeführten Erzeugnisse und den Handel mit diesen gilt. Die Verordnung Nr. 26 ist daher auf die Produktion von nicht unter Anhang II zum EWG-Vertrag fallenden Erzeugnissen wie Tierhäute und -felle und den Handel damit selbst dann nicht anwendbar, wenn ein solches Erzeugnis einen Hilfsstoff für die Herstellung eines anderen Erzeugnisses darstellt, das seinerseits unter diesen Anhang fällt.

3. Der Begriff des Unternehmens umfasst im Rahmen des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform. Daß diese Einheit eine Genossenschaft gemäß den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats ist, ändert nichts an der wirtschaftlichen Natur der Tätigkeit dieser Genossenschaft.

4. Wenn die Gründung eines Unternehmens in der besonderen Rechtsform der Genossenschaft auch für sich genommen kein den Wettbewerb beeinträchtigendes Verhalten darstellt, so kann eine solche Organisationsform doch bei Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Genossenschaft tätig ist, ein geeignetes Mittel sein, um das Geschäftsgebaren der der Genossenschaft angeschlossenen Unternehmen so zu beeinflussen, daß damit der Wettbewerb auf dem Markt, auf dem diese Unternehmen ihre Geschäftstätigkeiten entfalten, eingeschränkt oder verfälscht wird.

Jede Genossenschaft kann sich nämlich zumindest in zweifacher Hinsicht auf den Wettbewerb auswirken. Zum einen beeinträchtigt eine Genossenschaft schon aufgrund der für sie maßgeblichen Grundsätze den freien Wettbewerb in ihrem satzungsgemässen Tätigkeitsbereich, da sie dank der genossenschaftsrechtlichen Grundsätze in je nach Mitgliedstaat unterschiedlichem Umfang der Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften entgeht, die für andere Gesellschaftsformen gelten. Zum anderen können die Verpflichtungen der Genossen, insbesondere die Pflichten in Zusammenhang mit der Genossenschaftstreue , aufgrund deren die Genossenschaft im allgemeinen ihren Mitgliedern als Gegenleistung für die ihnen gewährten besonderen Vorteile Liefer- oder Leistungsverpflichtungen auferlegt, Einfluß auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Genossenschaft selbst wie auf den freien Wettbewerb zwischen ihren Mitgliedern und gegenüber Dritten nehmen.

Es lässt sich daher weder die Auffassung vertreten, daß die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit durch eine Genossenschaft grundsätzlich der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag entzogen sei, noch geltend machen, daß die Anwendungsvoraussetzungen für die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln im Genossenschaftsbereich als solche von Natur aus andere seien als die, die für die anderen Formen der Organisation wirtschaftlicher Tätigkeit gelten. Wenn bei der Würdigung der Auswirkungen des Bestehens einer Genossenschaft auf den Markt die besonderen Eigenarten dieser Form gesellschaftlichen Zusammenschlusses berücksichtigt werden können, so muß dies unter Beachtung insbesondere des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag geschehen.

5. Bei der Prüfung, ob eine Wettbewerbsverbotsklausel unter das in Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag enthaltene Verbot fällt, ist zu untersuchen, wie sich der Wettbewerb gestalten würde, wenn es sie nicht gäbe. Um sich vorteilhaft auf den Wettbewerb auswirken zu können, muß das mit der Aufnahme einer solchen Klausel verfolgte Ziel selbst zum freien Wettbewerb beitragen können. Ferner muß das Wettbewerbsverbot selbst erforderlich und der Durchführung dieses Zieles angemessen sein.

6. Die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit sind im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des EWG-Vertrags zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, wie er sich auf dem Gemeinsamen Markt verhalten will.

7. Bei der Beurteilung einer Ausschließlichkeitsvereinbarung ist unter dem Blickwinkel des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag der tatsächliche wirtschaftliche Zusammenhang zu berücksichtigen, in dem diese sich auswirken kann. Je nach den Umständen und den tatsächlichen Voraussetzungen des Funktionierens des betreffenden Marktes kann nämlich eine ausschließliche Lieferpflicht, die dem Erzeuger den Absatz seiner Produkte und dem Wiederverkäufer die Versorgung sicherstellt, den Wettbewerb bei den Preisen und den dem Verbraucher gebotenen Dienstleistungen verstärken.

Von der Regel, daß die Bedeutung der ausschließlichen Lieferpflicht in dem tatsächlichen Zusammenhang zu prüfen ist, in dem sie sich auswirkt, kann nicht abgewichen werden, wenn eine solche Pflicht im Rahmen des Verhältnisses zwischen Genossenschaft und Mitgliedern besteht, weil die Sorge um Beachtung des Grundsatzes der Genossenschaftstreue keine Missachtung der Verbote des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag gestattet.

8. Das in Artikel 190 EWG-Vertrag verankerte Erfordernis einer ausreichend genauen Begründung gehört zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts, dessen Beachtung vom Gemeinschaftsrichter sicherzustellen ist, der gegebenenfalls eine etwaige Verkennung dieser Pflicht von Amts wegen aufgreifen kann.

Eine Entscheidung muß mit einer Begründung versehen sein, die in der Entscheidung selbst enthalten ist; sie kann nicht zum erstenmal und nachträglich vor dem Gemeinschaftsrichter erläutert werden, falls nicht aussergewöhnliche Umstände gegeben sind.

9. Eine Stellungnahme der zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats betreffend die Voraussetzungen der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften kann die Kommission, wenn sie von ihrer Befugnis zur Festsetzung von Geldbussen Gebrauch macht, in keiner Weise binden.

10. Die Einstufung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags als vorsätzlich setzt nicht voraus, daß sich das Unternehmen des Verstosses gegen ein durch diese Regeln festgelegtes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt vielmehr, daß es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, daß das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 2. JULI 1992. - DANSK PELSDYRAVLERFORENING GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - VERORDNUNG N. 26/62 - GENOSSENSCHAFT - WETTBEWERBSKLAUSEL - AUSSCHLIESSLICHE LIEFERVERPFLICHTUNGEN. - RECHTSSACHE T-61/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die vorliegende Rechtssache betrifft eine Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der diese festgestellt hat, daß bestimmte Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Dansk Pelsdyravlerforening (Dänischer Pelztierzuechterverband) Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellten, die betreffenden Zuechter aufgefordert hat, die Zuwiderhandlungen einzustellen und in Zukunft keine dieser Maßnahmen zu ergreifen, eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 abgelehnt und eine Geldbusse gegen Dansk Pelsdyravlerforening festgesetzt hat.

2 Dansk Pelsdyravlerforening (nachstehend: DPF oder Klägerin) ist eine dänische genossenschaftliche Vereinigung von über 5 000 Pelztierzuechtern, die fünf Regionalverbände umfasst. Zweck von DPF ist die Schaffung einer Verbindung zwischen den Regionalverbänden sowie einer solidarischen und gemeinschaftlichen Einstellung der dänischen Pelztierzuechter, die Leistung eines Beitrags zur Entwicklung der Pelztierzucht in Dänemark sowie die Vertretung der Interessen der Pelztierzuechter gegenüber Behörden und anderen Berufsgruppen.

3 DPF wird auch unter dem Namen Danske Pels Auktioner (nachstehend: DPA) tätig und vertreibt in diesem Rahmen die von seinen Mitgliedern erzeugten oder bearbeiteten Felle.

4 Jede Person oder Personengruppe, die Pelztiere zuechtet und Mitglied eines Regionalverbandes von DPF ist, gilt zugleich als (aktives oder Ehren-) Mitglied von DPF. Im übrigen können auch pelzverarbeitende Unternehmen als Mitglieder zugelassen werden.

5 DPF unterhält für seine Mitglieder einen Beratungs- und Betreuungsdienst, tierärztliche Einrichtungen, Fortbildungseinrichtungen sowie Forschungs- und Versuchseinrichtungen und veröffentlicht eine monatlich erscheinende Fachzeitschrift. Bestimmte Einrichtungen können von den Mitgliedern unentgeltlich, andere gegen Entgelt in Anspruch genommen werden.

6 DPF hat bestimmte Sondervorschriften zugunsten seiner Mitglieder geschaffen, insbesondere die Beistandsordnung für Notfälle, die sog. Jungtiervorschüsse sowie die Bestimmungen über die Aufnahme in das Verzeichnis der Qualitätszuechter.

7 DPA veranstaltet Fellversteigerungen, die öffentlich und für jedermann, seine Mitglieder oder andere Personen, zwecks Kauf oder Verkauf frei zugänglich sind.

8 Bei der betreffenden Ware handelt es sich um unbearbeitete Nerz-, Fuchs-, Waschbär- oder Iltisfelle. Im vorliegenden Fall sind lediglich die Nerz- und Fuchsfelle von Bedeutung. Die Felle werden im allgemeinen versteigert oder, seltener, unmittelbar an Pelzhändler verkauft. Die Zahl der Auktionslokale ist gering.

9 Dänemark erzeugt jährlich etwa 9 Millionen Nerz- und 240 000 Fuchsfelle. Die Mehrzahl der Felle dieser Tiere wird über von DPA durchgeführte Versteigerungen auf den Markt gebracht. Die auf diesen Versteigerungen von DPA verkauften Nerzfelle stellen ein Drittel der Weltproduktion dar. Rund 98 % der auf diesen Versteigerungen verkauften Felle werden ausgeführt.

10 Hudson' s Bay and Annings LTD (nachstehend: HBA), die sich seit 1986 Hudson' s Bay Company Properties (UK) Ltd nennt, ist das grösste Pelzauktionshaus im Vereinigten Königreich mit Tochtergesellschaften in Dänemark, den Niederlanden, Finnland, Schweden und Norwegen. In Dänemark und anderen Ländern arbeitet sie mit Handelsagenten, die für ihre Auktionen in London Pelze ankaufen und zusammentragen sollen.

11 Am 4. Januar 1985 legte HBA der Kommission gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, S. 204), einen Antrag auf Untersuchung eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 und 86 EWG-Vertrag durch DPF vor.

12 Am 27. August 1985 legte DPF der Kommission folgende Vereinbarungen und Beschlüsse vor:

a) Love for Dansk Pelsdyravlerforening (Satzung des Dänischen Pelztierzuechterverbandes),

b) Regler for avlernes kapitalfond (Bestimmungen des Zuechterkapitalfonds),

c) Regler for katastrofehjälpsordningen (Bestimmungen der Beistandsordnung für Notfälle).

DPF beantragte ein Negativattest, hilfweise eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag.

13 Am 30. März 1987 beschloß die Kommission die Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17.

14 Nachdem DPF Gelegenheit gegeben worden war, gemäß Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 und der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (ABl. 1963, S. 2268) zu den Beschwerdepunkten der Kommission Stellung zu nehmen, sowie nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung (nachstehend: Entscheidung) mit folgendem verfügenden Teil:

Artikel 1

1. Die nachstehend aufgeführten Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmten Verhaltensweisen von Unternehmen im Dänischen Pelztierzuechterverband stellen Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag dar:

a) § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung des Verbandes, der besagt, daß sich aktive Mitglieder unter anderem dazu verpflichten, die Verkäufe von Fellen in Wettbewerb zu den Verkaufstätigkeiten des Dänischen Pelztierzuechterverbandes weder durchzuführen noch in einer anderen Weise zu unterstützen, und die Anwendung dieser Bestimmung;

b) § 5 der Satzung betreffend die Beistandsregelung, wonach der Beistand verweigert wird, wenn der Versicherte im Schadensjahr oder dem vorangehenden Geschäftsjahr (15. August bis 14. August) Felle zum Verkauf über andere Absatzwege als Danske Pelsauktioner geliefert hat;

c) die einem Mitglied auferlegte Verpflichtung, seine gesamte Erzeugung zum Verkauf an DPA zu liefern, wenn

° er einen Jungtiervorschuß erhalten oder

° in das Qualitätsverzeichnis aufgenommen werden will;

d) § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung, der dem Pelzbearbeitungszentrum vorschreibt, Felle nur den Vertretern von DPA vorzulegen und keinen Verkauf von Fellen zur Weitergabe an andere Abnehmer als DPA zu vereinbaren.

2. Der Dänische Pelztierzuechterverband wird die in Absatz 1 festgestellten und noch bestehenden Zuwiderhandlungen einstellen und in Zukunft keine Maßnahmen ergreifen, die den gleichen Zweck verfolgen oder die gleiche Wirkung wie diese Beschränkungen haben.

3. Eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag für die in Absatz 1 Buchstaben a und b aufgeführten Bestimmungen kann nicht gewährt werden.

4. [nicht wiedergegeben]

Artikel 2

1. Gegen den Dänischen Pelztierzuechterverband wird eine Geldbusse von 500 000 (fünfhunderttausend) ECU für die von Artikel 1 bezeichneten Zuwiderhandlungen festgesetzt.

2. [nicht wiedergegeben]

Artikel 3 und 4

[nicht wiedergegeben].

15 In bezug auf Artikel 85 Absatz 1 stellt die Entscheidung fest, daß zum einen § 4 Teil 1 Buchstabe f der DPF-Satzung, zum anderen die ebenfalls in der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung enthaltene Lieferverpflichtung für die gesamte Fellproduktion, von der sowohl der Jungtiervorschuß und die Einbeziehung in die Beistandsregelung als auch die Teilnahme am Wettbewerb für die Aufnahme in das Qualitätsverzeichnis abhängig gemacht würden, eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckten oder bewirkten, und weist darauf hin, daß die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 durch Artikel 2 der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen (ABl. 1962, 30, S. 993) nicht ausgeschlossen werde.

16 Im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag gelangt die Entscheidung zu dem Ergebnis, daß sowohl bei § 4 Teil 1 Buchstabe f der DPF-Satzung als auch bei den übrigen angemeldeten Bestimmungen eine Freistellung nach dieser Vorschrift nicht erfolgen könne, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfuellt seien. Im übrigen fielen die Bestimmungen über die Gewährung des Jungtiervorschusses, die Voraussetzungen für die Aufnahme in das Qualitätsverzeichnis und die Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung, die der Kommission nicht formell gemeldet worden seien, nicht unter Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17; daher könne eine auf Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag gestützte Entscheidung für diese Vereinbarungen nicht erlassen werden.

17 Mit Schreiben vom 4. Juni 1987 und 26. November 1987 hatte DPF eine Änderung einzelner Bestimmungen vorgeschlagen. Der Entscheidung zufolge wurden diese Änderungsvorschläge jedoch mit Ausnahme der Bestimmungen über den Jungtiervorschuß nicht durchgeführt. Die Kommission erklärte, ihre Entscheidung über eine Freistellung bzw. ein Negativattest sei von der tatsächlichen Durchführung der vorgeschlagenen Änderungen und einer Überprüfung ihrer praktischen Anwendung abhängig.

Verfahren

18 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 18. Januar 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben, mit der sie in erster Linie die Nichtigerklärung der Entscheidung, hilfweise die Aufhebung oder Herabsetzung der festgesetzten Geldbusse anstrebt.

19 Das gesamte schriftliche Verfahren ist vor dem Gerichtshof abgelaufen.

20 Mit Beschlüssen vom 7. Juni 1989 hat der Gerichtshof das Königreich Belgien und das Königreich Dänemark als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen.

21 Mit Beschluß vom 15. November 1989 hat der Gerichtshof die Rechtssache gemäß Artikel 14 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften an das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften verwiesen.

22 Mit Beschluß vom 15. Mai 1990 hat das Gericht einen am 20. Februar 1990 eingereichten Antrag von Harald Andersen und Jörgen Hansen Pedersen auf Zulassung als Streithelfer zur Untersützung der Anträge der Kommission zurückgewiesen.

23 Mit Schreiben, die am 18. bzw. 21. März 1991 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben Klägerin und Beklagte die ihnen vom Gericht mit Schreiben des Kanzlers vom 14. Februar 1991 gestellten Fragen beantwortet.

24 In Anbetracht der Antworten auf diese Fragen hat das Gericht auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

25 Klägerin und Beklagte sowie das Königreich Belgien als Streithelfer haben in der mündlichen Verhandlung vom 2. Oktober 1991 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

26 Die Klägerin beantragt,

1) die Entscheidung der Beklagten vom 28. Oktober 1988 in der Sache IV/B-2/31.414 für nichtig zu erklären;

2) hilfsweise, die von der Beklagten in dieser Entscheidung festgesetzte Geldbusse aufzuheben oder herabzusetzen;

3) der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

27 Die Kommission beantragt,

1) die Klage als unbegründet abzuweisen,

2) der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

28 Das Königreich Belgien als Streithelfer beantragt, die Anträge der Klägerin für begründet zu erklären.

29 Das Königreich Dänemark als Streithelfer tritt sämtlichen Anträgen der Klägerin bei.

Zu den Hauptanträgen auf Nichtigerklärung der Entscheidung

30 Zur Stützung ihrer Hauptanträge hat die Klägerin einen einzigen Klagegrund vorgebracht, nämlich das Fehlen einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag, der sich in vier Teile gliedert. Die Klägerin macht zunächst geltend, die Kommission habe weder die Auswirkung der Verordnung Nr. 26 noch die der Grundsätze der gemeinsamen Agrarpolitik beachtet. Ferner müssten ihre genossenschaftliche Verfassung und ihr Satzungszweck berücksichtigt werden. Sie bekämpft sodann die Analyse des Funktionierens des relevanten Marktes durch die Kommission und macht schließlich geltend, daß ihre Satzung und die von ihr praktizierten allgemeinen Verkaufsbedingungen nicht gegen Artikel 85 EWG-Vertrag verstießen.

1 Zur Anwendung der Verordnung Nr. 26 und zur Auswirkung der Grundsätze der gemeinsamen Agrarpolitik

Vorbringen der Parteien

31 Die Klägerin macht gemeinsam mit den Streithelfern geltend, bei der Beurteilung der Rechtmässigkeit der streitigen Vereinbarungen müssten die Auswirkungen der Verordnung Nr. 26 und die Ziele und Regeln der gemeinsamen Agrarpolitik berücksichtigt werden.

32 Die Felle von Pelztieren seien zwar in dem in Artikel 38 genannten Anhang II zum EWG-Vertrag nicht aufgeführt, doch könne ihre Tätigkeit gleichwohl nicht ohne Berücksichtigung der die gemeinsame Agrarpolitik beherrschenden Grundsätze und der von dieser verfolgten Ziele beurteilt werden. Alle ihre Tätigkeiten hingen mit der Aufzucht lebender Tiere zum Zweck des Verkaufs der Felle zusammen. Die Zucht von Pelztieren müsse als eine landwirtschaftliche Tätigkeit betrachtet werden. Das Pelztier zähle nämlich als "lebendes Tier" zu den landwirtschaftlichen Erzeugnissen des Anhangs II zum EWG-Vertrag. Die Zucht von Pelztieren habe 1957 einen unbedeutenden Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung der Mitgliedstaaten dargestellt. Dies erkläre, warum diese Tiere im Anhang II zum EWG-Vertrag nicht aufgeführt seien.

33 Ferner genüge sie vollauf den Zielen, die Artikel 39 EWG-Vertrag der gemeinsamen Agrarpolitik zugewiesen habe. Dank der Bemühungen der Klägerin habe sich die Zucht von Pelztieren in Dänemark beträchtlich entwickelt und weitgehend dazu beigetragen, für einen Teil der landwirtschaftlich tätigen Bevölkerung einen angemessenen Lebensstandard sicherzustellen.

34 Die Kommission erwidert, die Verordnung Nr. 26 gelte nur für die in Anhang II aufgeführten Erzeugnisse. Auch wenn es sich um ein Nebenprodukt eines der in Anhang II aufgeführten Produkte handelte, wäre die Verordnung Nr. 26 nicht anzuwenden (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Mai 1981 in der Rechtssache 61/80, Coöperatieve Stremsel- en Kleuselfabriek/Kommission, sog. "Lab-Urteil", Slg. 1981, 851). Im übrigen gestatte die Verordnung Nr. 26 nicht generell die Anwendung von Wettbewerbsbeschränkungen im landwirtschaftlichen Bereich.

35 Nach Auffassung der belgischen Regierung verstösst die Entscheidung der Kommission gegen die tragenden Grundsätze des genossenschaftlichen Zusammenschlusses in der Landwirtschaft. Die landwirtschaftliche Genossenschaft nehme mit der Schaffung von Zusammenschlüssen landwirtschaftlicher Erzeuger eine Ordnungsfunktion im Interesse ihrer Mitglieder wahr und begünstige daher den Wettbewerb sowohl bei ihren Mitgliedern als auch bei Dritten. Zwar habe die Verordnung Nr. 26 nur einen begrenzten Anwendungsbereich, doch gehörten auch andere als die in Anhang II zum EWG-Vertrag aufgeführten Produkte zur landwirtschaftlichen Erzeugung und ihre Erzeuger seien in landwirtschaftlichen Vereinigungen zusammengeschlossen. Im übrigen stehe die Landwirtschaft in der Entwicklung; daher finde die Verordnung Nr. 26 zunehmend weniger Anwendung auf mit der Landwirtschaft zusammenhängende Tätigkeiten. Da die Landwirtschaft in der europäischen Gemeinschaft durch ihre Familienstruktur gekennzeichnet sei, stelle der genossenschaftliche Zusammenschluß für diese Familienbetriebe eine Garantie für den Zugang zum Markt dar.

Würdigung durch das Gericht

36 Nach Artikel 42 EWG-Vertrag findet das Kapitel über die Wettbewerbsregeln, wie der Gerichtshof bereits in seinem Urteil vom 25. März 1981 in der Rechtssache 61/80 entschieden hat, auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als der Rat dies bestimmt. Nach Artikel 38 Absatz 3 EWG-Vertrag sind die Erzeugnisse, für die die Artikel 39 bis 46 EWG-Vertrag gelten, in der dem EWG-Vertrag als Anhang II beigefügten Liste aufgeführt, in die der Rat binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des EWG-Vertrags noch weitere Erzeugnisse aufnehmen konnte. Gemäß diesen Vertragsbestimmungen wurde der Geltungsbereich der Verordnung Nr. 26 in deren Artikel 1 dahin beschränkt, daß die Verordnung nur für die Produktion der im Anhang II zum EWG-Vertrag aufgeführten Erzeugnisse und den Handel mit diesen gilt.

37 Wie der Gerichtshof in seinem sog. "Lab-Urteil" entschieden hat, sind, da es gemeinschaftsrechtliche Vorschriften zur Erläuterung der im Anhang II zum EWG-Vertrag aufgeführten Begriffe nicht gibt und da einige Tarifnummern der Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens wörtlich in diesen Anhang übernommen worden sind, bei der Auslegung des genannten Anhangs die Erläuterungen zu dieser Nomenklatur zugrunde zu legen. Aus den Anmerkungen zu Kapitel 43 dieser Nomenklatur mit der Überschrift "Pelzfelle und künstliches Pelzwerk; Waren daraus" und aus dessen Inhalt ergibt sich, daß Häute und Felle zu diesem Kapitel 43 gehören, insbesondere solche von Füchsen (KN-Code 4301 60 00) und von Nerzen (KN-Code 4302 11 00). Dieses Kapitel ist in Anhang II nicht aufgeführt. Die Verordnung Nr. 26 ist daher auf die Produktion eines nicht unter Anhang II zum EWG-Vertrag fallenden Erzeugnisses selbst dann nicht anwendbar, wenn dieses einen Hilfsstoff für die Herstellung eines anderen Erzeugnisses darstellt, das seinerseits unter diesen Anhang fällt (sog. "Lab-Urteil" des Gerichtshofes vom 25. März 1981). Da Tierhäute und -felle in Anhang II nicht aufgeführt sind, der die landwirtschaftlichen Erzeugnisse abschließend aufführt, fallen Tierhäute und -felle nicht unter die Verordnung Nr. 26.

38 Dieser Feststellung steht nicht entgegen, daß zum einen die Aufzucht von Pelztieren in Dänemark als landwirtschaftliche Erzeugung betrachtet wird und sich zum anderen die Pelztierzuechter dieses Landes in einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben, deren Tätigkeiten zur Verwirklichung der von der gemeinsamen Agrarpolitik angestrebten, in Artikel 39 EWG-Vertrag angeführten Ziele beitragen sollen, selbst wenn man dies für erwiesen erachtete.

39 Der erste Teil des einzigen Klagegrundes, mit dem die Anwendung der Verordnung Nr. 26 geltend gemacht wird, ist daher nicht begründet.

2 Zur Auswirkung der genossenschaftlichen Struktur und des Satzungszwecks der Klägerin

Vorbringen der Parteien

40 Die Klägerin macht mit Unterstützung der Streithelfer geltend, ihre genossenschaftliche Verfassung und ihr Satzungszweck müssten sich bei der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles auswirken.

41 Die Tätigkeiten einer typischen Genossenschaft bestuenden in einer Zusammenarbeit zwischen unabhängigen Landwirten ° den Genossen ° aufgrund deren ihre Produkte in einem gemeinsamen Unternehmen bearbeitet und/oder von diesem abgesetzt (Produktions- und Absatzgenossenschaften) oder die bei der Urproduktion verwendeten Produkte gemeinsam eingekauft würden (Einkaufsgenossenschaften). Die Genossenschaftsform helfe daher, die individuelle oder Familienstruktur der Urproduktionsbetriebe dort, wo sie gerechtfertigt sei, aufrechtzuerhalten und das gemeinsame Unternehmen für Dienstleistungen zu beanspruchen (Einkauf, Verkauf, technischer Beistand usw.), die ein Mitglied für sich allein nicht erbringen könne; damit werde die Produktion gesteigert und ihre Qualität verbessert, die Wettbewerbsbedingungen würden gefestigt und infolgedessen die Preise gesenkt, zugleich aber auch ein Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Landbevölkerung geleistet. Bei den meisten Genossenschaften sei mit der Mitgliedschaft zwingend die Erfuellung bestimmter Pflichten gegenüber der Genossenschaft verbunden; die wichtigsten seien insbesondere die, daß die Mitglieder ihre Erzeugnisse über den Absatzweg der Genossenschaft verkaufen müssten und daß ihr Ausscheiden erst nach Ablauf einer bestimmten Frist möglich sei und unter Umständen geahndet werden könne. Diese Verpflichtungen seien notwendig, um die Genossenschaft (die nur über ein geringes Grundkapital verfüge) finanzieren zu können sowie das Interesse aller Mitglieder an der Aufrechterhaltung der gemeinsamen Tätigkeiten zu schützen. Im übrigen bedeuteten die Gemeinsamkeit der Interessen von Mitgliedern und Genossenschaft sowie die Solidarität und Loyalität, auf denen diese aufbaue, daß die Mitglieder davon Abstand nehmen müssten, gegen die Interessen der Genossenschaft zu handeln, zum Beispiel durch aktive Beteiligung an einer konkurrierenden Genossenschaft. Die wirtschaftlichen Rechte der Mitglieder einer Genossenschaft würden im übrigen aufgrund der unter deren Mitwirkung durchgeführten Verkäufe und nicht aufgrund ihres Kapitalbeitrags bestimmt; die Regel "Eine Person ° eine Stimme" sei bei einem genossenschaftlichen Zusammenschluß von wesentlicher Bedeutung.

42 Zum Verhältnis zwischen den genossenschaftlichen Grundsätzen und den Wettbewerbsvorschriften des EWG-Vertrags vertritt die Klägerin die Auffassung, eine Vereinigung, die im Einklang mit diesen Grundsätzen handele, verstosse nicht gegen diese Vorschriften. Insbesondere aus dem sog. "Lab-Urteil" des Gerichtshofes vom 25. März 1981 und namentlich aus den Erklärungen der französischen Regierung in dieser Rechtssache ergebe sich, daß "die Schaffung privilegierter Beziehungen der Betriebe untereinander und zwischen den Betrieben und der Genossenschaft" erforderlich sei (Randnr. 22), ohne daß diese Regeln als grundsätzlich mit Artikel 85 Absatz 1 unvereinbar angesehen werden könnten. Ein Urteil hierüber setze eine konkrete Prüfung der Verpflichtungen, die eine Genossenschaft ihren Mitgliedern auferlege, in jedem Einzelfall voraus.

43 Die Klägerin betrachtet sich als eine typische Genossenschaft im traditionellen Sinne, die zahlreiche Pelztierzuchtbetriebe auf Familiengrundlage zusammenschließe, um gemeinsame Probleme bei Einkauf, Qualitätskontrolle, Bekämpfung von Tierkrankheiten, Vertrieb der Endprodukte, Forschung und Entwicklung zu lösen.

Die Genossenschaftsform habe sie sowohl aus historischen ° in Dänemark würden Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Landwirtschaft traditionell genossenschaftlich organisiert und die Pelztierzucht habe sich im Rahmen der Landwirtschaft entwickelt ° als auch auch aus wirtschaftlichen Gründen gewählt ° die Form der Genossenschaft habe bei der Zucht von Pelztieren die Erhaltung von Familienbetrieben möglich gemacht. Daß die Felle mit Hilfe von Versteigerungen abgesetzt würden, unterscheide ihre Tätigkeit nicht von der anderer typischer Genossenschaften, da zahlreiche andere Agrarerzeugnisse auch auf Versteigerungen abgesetzt würden.

Bei Fellen, deren relevanter Markt der Weltmarkt sei, erfolgten die Großhandelsverkäufe mit Hilfe von Versteigerungen, die für die Preisbildung entscheidend seien. Nur auf diese Weise sei es den Pelztierzuechtern möglich, Felle der bestmöglichen Qualität bereit zu stellen, und könne ein Markt geschaffen werden, auf dem unter Umständen, die eine rationelle Preisbildung gestatteten, zahlreichen Käufern ein Angebot gemacht werde, das zuvor einer Auswahl unterlegen habe.

Der Pelzmarkt sei vollkommen transparent, da die von ihr veranstalteten Versteigerungen sowohl den Mitgliedern der DPF als auch Dritten offenstuenden. Ebenso stehe es ihren Mitgliedern frei, ihre Erzeugung ganz oder zum Teil über andere Vertriebskanäle abzusetzen. Im Gegensatz nämlich zu dem, was bei vielen anderen Genossenschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten vor sich gehe, habe sie niemals eine mit der Mitgliedschaft gekoppelte Absatzverpflichtung einführen wollen. Erst wenn ein Mitglied besondere Leistungen der Klägerin in Anspruch nehme (Beistand in Notfällen, Jungtiervorschuß usw.), müsse es eine beschränkte Verpflichtung zur Lieferung seiner Felle an die Genossenschaft in Kauf nehmen.

44 Die Kommission weist darauf hin, daß Zweck der klagenden Genossenschaft nicht nur die Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Behörden und anderen Tätigkeitsbereichen sei, sondern auch der Verkauf der Felle, die von ihren Mitgliedern erzeugt oder zugerichtet worden seien. Die Versteigerungen seien ein wichtiger Teil der Tätigkeiten der Klägerin, die in dieser Hinsicht nicht mit einer landwirtschaftlichen Genossenschaft verglichen werden könne. Im übrigen befasse sich das sog. "Lab-Urteil" vom 25. März 1981 nicht mit der Stellung der damals von der französischen Regierung angesprochenen landwirtschaftlichen Genossenschaften (Randnr. 25). Die französische Regierung habe seinerzeit auf die Existenz zahlreicher kleiner, lokaler Genossenschaften im landwirtschaftlichen Bereich aufmerksam machen wollen, bei denen man davon habe ausgehen müssen, daß sie unter Artikel 2 der Verordnung Nr. 26 fielen. Dies sei in der vorliegenden Sache nicht der Fall. Das betreffende Produkt falle nicht unter den Anhang II zum Vertrag. Die Klägerin sei ferner keine kleine, lokale Genossenschaft, sondern eine Genossenschaft, die eine herausragende Stellung auf dem betreffenden Markt einnehme. Im übrigen sei der Begriff des Unternehmens im Sinne des Artikels 85 EWG-Vertrag weder an bestimmte Rechtsformen noch an die Art der Beteiligung am Unternehmen gebunden (vgl. beispielsweise die Urteile des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie/Kommission, Slg. 1975, 1663, und vom 25. März 1981, sog. "Lab-Urteil").

45 Nach Auffassung der belgischen Regierung ist die Genossenschaft in einer Marktwirtschaft eine besondere Unternehmensform, die in der Mitte zwischen einem Unternehmen, bei dem sämtliche Wirtschaftseinheiten unabhängig seien, und einem Unternehmen liege, bei dem alle Wirtschaftseinheiten integriert seien. Das wesentliche Kennzeichen der Genossenschaft sei das zweifache Verhältnis zwischen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern. Das Mitglied der Genossenschaft sei zugleich Verwender der Dienstleistungen oder Lieferant der Produkte und Einleger von Kapital. Wer Mitglied der Genossenschaft werde, nehme ihre Vorteile in Anspruch. Es sei daher rechtens, daß ein Mitglied sich verpflichte, seiner Tätigkeit nicht durch die Veranstaltung von Konkurrenzverkäufen neben der oder gegen die Genossenschaft nachzugehen. Die wesentlichen Grundsätze der Genossenschaftsbewegung dürften nicht als Widerspruch zu Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag betrachtet werden. Als Zusammenführung kleiner Wirtschaftseinheiten stelle der genossenschaftliche Zusammenschluß eine Form der Konzentration dar, die einen wirklichen Wettbewerb fördere. Die Vereinbarungen, die Gegenstand der Entscheidung seien, gehörten zu den tragenden Grundsätzen des Genossenschaftswesens. Die Wettbewerbsvorschriften müssten unter Berücksichtigung der Marktrealität angewandt werden. In dem Urteil vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76 (Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875) habe der Gerichtshof anerkannt, daß Art und Intensität des Wettbewerbs verschieden sein könnten. Die in Artikel 39 EWG-Vertrag niedergelegten Zielsetzungen müssten bei der Prüfung der Einhaltung der Wettbewerbsregeln durch eine landwirtschaftliche Genossenschaft ebenfalls berücksichtigt werden, wie auch den Schlussanträgen des Generalanwalts Reischl zu den Urteilen des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 138/79 (Roquette Frères/Rat, Slg. 1980, 3333) und 139/79 (Maizena/Rat, Slg. 1980, 3393) zu entnehmen sei, in denen dieser ausgeführt habe, daß die Wettbewerbsprinzipien im Agrarbereich relativiert seien.

46 Die dänische Regierung weist darauf hin, daß die vorliegende Rechtssache Grundsatzfragen der Beziehungen zwischen dem Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft und dem Genossenschaftswesen aufwerfe. Das Gesellschaftskapital hänge bei der Genossenschaft anders als bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung von der Zahl der Mitglieder und dem von jedem Mitglied mit der Genossenschaft getätigten Umsatz ab. Die Genossenschaft beruhe auf dem Grundsatz freien Beitritts zu und freien Austritts aus der Genossenschaft. Überschüsse der Genossenschaft würden unter den Mitgliedern nach Maßgabe des von ihnen mit der Genossenschaft getätigten Umsatzes und nicht im Verhältnis zu ihrem Kapitalbeitrag verteilt. Alle Mitglieder verfügten unabhängig von ihrem Kapitalbeitrag über das gleiche Stimmrecht. Zweck der Genossenschaft sei es mithin, die Voraussetzungen für eine freiwillige, auf Gewinnerzielung gerichtete Zusammenarbeit im Interesse der Mitglieder zu schaffen. Die Struktur der Genossenschaft habe unmittelbaren Einfluß auf die Festlegung der Rechte und Pflichten der Mitglieder. Jedes Mitglied sei daher zu einem loyalen Verhalten gegenüber der Genossenschaft, das heisst gegenüber den anderen Mitgliedern, verpflichtet, und die Mitglieder seien insgesamt verpflichtet, den Interessen der Genossenschaft nicht unmittelbar zuwiderzuhandeln.

47 Das Genossenschaftswesen trägt nach Auffassung der dänischen Regierung zur Durchführung der in Artikel 39 EWG-Vertrag verankerten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik bei. Zwar erfasse die Verordnung Nr. 26 die Tätigkeit der Klägerin nicht, da es sich, weil Pelztierfelle in Anhang II zum EWG-Vertrag nicht aufgeführt seien, nicht um eine landwirtschaftliche Tätigkeit handele; diese Verordnung bringe indessen die Natur der Beziehungen zum Ausdruck, die im Verhältnis der Regeln der gemeinsamen Agrarpolitik zum Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft gelten müssten; infolgedessen müssten die besonderen Bedingungen der Agrarproduktion und die Vorteile, die mit der Verwendung der Genossenschaft als Organisationsform verbunden seien, mit berücksichtigt werden. Mithin verstosse eine Vereinbarung zwischen mehreren Personen zur Gründung einer Genossenschaft nicht gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag.

48 Die Klägerin sei eine typische Genossenschaft und setze sich, auch wenn sie einen durchaus erheblichen Gesamtumsatz habe, aus einer Anzahl kleiner und mittlerer Erzeuger zusammen. Die Lage sei mithin anders als in der sog. "Lab-Sache". Die Satzung der Klägerin lege nur die notwendigen Verbindungen zwischen den Mitgliedern und der Genossenschaft fest, von der ihre Wirksamkeit und damit ihre Fähigkeit abhänge, dem Weltwettbewerb entgegenzutreten, der für die Wettbewerbslage in der Gemeinschaft von herausragender Bedeutung sei.

Würdigung durch das Gericht

49 Artikel 85 EWG-Vertrag ist auf alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen anzuwenden, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken.

50 Die Klägerin ist als Unternehmen im Sinne des Artikels 85 EWG-Vertrag anzusehen, was sich im übrigen stillschweigend aus der vorstehenden Behandlung des ersten Teils des Klagegrundes ergibt, der auf die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 26 gestützt ist. Zum einen umfasst der Begriff des Unternehmens im Rahmen des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform (Urteil des Gerichtshofes vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90, Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979), zum anderen ist die Veranstaltung öffentlicher Versteigerungen von Fellen eine wirtschaftliche Tätigkeit. Daß die Klägerin eine Genossenschaft dänischen Rechts ist, ändert nichts an der wirtschaftlichen Natur der Tätigkeit dieser Genossenschaft. Zugleich ist die Klägerin als Unternehmensvereinigung zu betrachten, weil sie nach § 4 Teil 1 ihrer Satzung nicht nur dem Zusammenschluß natürlicher Personen dient, sondern auch dem von Aktiengesellschaften, offenen Handelsgesellschaften oder sonstigen Gesellschaftsformen, die ihrer Natur nach ebenfalls eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.

51 Es ist nunmehr die Erheblichkeit des Vorbringens der Klägerin und der Streithelfer zu prüfen, mit dem diese die Vereinbarkeit der für das Genossenschaftswesen maßgebenden Grundsätze mit dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht geltend machen. Wenn die Gründung eines Unternehmens in der besonderen Rechtsform der Genossenschaft auch für sich genommen kein den Wettbewerb beeinträchtigendes Verhalten darstellt, so kann eine solche Organisationsform doch bei Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Genossenschaft tätig ist, ein geeignetes Mittel sein, um das Geschäftsgebaren der der Genossenschaft angeschlossenen Unternehmen so zu beeinflussen, daß damit der Wettbewerb auf dem Markt, auf dem diese Unternehmen ihre Geschäftstätigkeiten entfalten, eingeschränkt oder verfälscht wird.

52 Jede Genossenschaft kann sich nämlich je nach dem Zusammenhang, in dem sie tätig wird, zumindest in zweifacher Hinsicht auf den Wettbewerb auswirken. Zum einen beeinträchtigt eine Genossenschaft wie die Klägerin schon aufgrund der für sie maßgeblichen Grundsätze den freien Wettbewerb in ihrem satzungsgemässen Tätigkeitsbereich, da sie dank der genossenschaftsrechtlichen Grundsätze in je nach Mitgliedstaat unterschiedlichem Umfang der Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften entgeht, die für andere Gesellschaftsformen gelten. Zum anderen können die Verpflichtungen der Genossen, insbesondere die Pflichten in Zusammenhang mit der "Genossenschaftstreue", aufgrund deren die Genossenschaft im allgemeinen ihren Mitgliedern als Gegenleistung für die ihnen gewährten besonderen Vorteile Liefer- oder Leistungsverpflichtungen auferlegt, durchaus Einfluß auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Genossenschaft selbst wie auf den freien Wettbewerb zwischen ihren Mitgliedern und gegenüber Dritten nehmen. Wenn daher bei der Würdigung der Auswirkungen des Bestehens einer Genossenschaft auf den Markt die besonderen Eigenarten dieser Form gesellschaftlichen Zusammenschlusses berücksichtigt werden können, so muß dies doch unter Beachtung insbesondere des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag geschehen. Die Klägerin und die Streithelfer können sich daher weder darauf berufen, daß die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit durch eine Genossenschaft grundsätzlich der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag entzogen sei, noch geltend machen, daß die Anwendungsvoraussetzungen für die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln im Genossenschaftsbereich als solche von Natur aus andere seien als die, die für die anderen Formen der Organisation wirtschaftlicher Tätigkeit gelten (vgl. hierzu das sog. "Lab-Urteil" vom 25. März 1981). Andernfalls könnte jeder Mitgliedstaat einen bestimmten Unternehmenstyp in seiner Wirtschaftsorganisation allein mit dem Ziel begünstigen, es den betreffenden Unternehmen in die Hand zu geben, sich dem für die Unternehmen geltenden gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht zu entziehen. Damit käme es zu einem Bruch der Gleichheit unter den Wirtschaftsteilnehmern, der mit den Grundlagen der Gemeinschaftsrechtsordnung unvereinbar wäre.

53 Dieses Ergebnis wird im vorliegenden Fall durch den bereits erwähnten Umstand bestärkt, daß die Klägerin nach ihrer Satzung als ordentliche Mitglieder nicht nur natürliche Personen unter den Zuechtern, sondern auch Aktiengesellschaften, offene Handelsgesellschaften oder sonstige Gesellschaftsformen aufnehmen kann.

54 Soweit bestimmte Tätigkeiten von den Bestimmungen über den Wettbewerb ausgenommen sein sollten, ist dies überdies im EWG-Vertrag ausdrücklich vorgesehen, worauf der Gerichtshof bereits in seinen Urteilen vom 30. April 1986 in den verbundenen Rechtssachen 209/84 bis 213/84 (Asjes, Slg. 1986, 1425) und vom 27. Januar 1987 in der Rechtssache 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission, Slg. 1987, 405) hingewiesen hat. Das ist gemäß Artikel 42 EWG-Vertrag namentlich bei der Produktion landwirtschaftlcher Erzeugnisse und dem Handel mit diesen der Fall. Diese Rechtsprechung, die bei der Prüfung von Tätigkeitsbereichen entwickelt wurde, gilt auch für Formen und Modalitäten der Organisation von Unternehmen oder der wirtschaftlichen Tätigkeit. Nun steht fest, daß keine Bestimmung des EWG-Vertrags die Voraussetzungen für die Anwendung des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts auf genossenschaftlich organisierte Unternehmen aufgehoben oder abgeändert hat. Solche Unternehmen können gegebenenfalls wie jedes andere Unternehmen auch die im EWG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmeregelungen für sich in Anspruch nehmen. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn die Tätigkeit der Klägerin in Anhang II zum EWG-Vertrag aufgeführt wäre und damit in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 26 fiele. So verhält es sich indessen, wie bereits festgestellt, im vorliegenden Fall nicht.

55 Aus alledem folgt, daß die Klägerin und die Streithelfer nicht mit Recht behaupten können, der Status der Klägerin als Genossenschaft oder ihr Satzungszweck habe irgendeinen Einfluß auf die Voraussetzungen der Anwendbarkeit der Gemeinschaftsregeln über den Wettbewerb.

56 Der zweite Teil des Klagegrundes, mit dem die Auswirkung der Genossenschaftsstruktur und des Satzungszwecks der Klägerin geltend gemacht wird, ist somit nicht begründet.

3 Zur Analyse des relevanten Marktes

Vorbringen der Klägerin

57 Die Klägerin schließt sich im wesentlichen der Definition des relevanten Marktes durch die Kommission an, beanstandet indessen, daß die Kommission die Funktionsweise des Marktes unzutreffend untersucht habe. Der Pelzmarkt mit Nerz- und Fuchsfellen als Hauptprodukten sei ein globaler Markt. Die Kosten für den Transport der Felle seien im Verhältnis zu deren Wert gering. Die Produktion werde von einer grossen Anzahl kleiner Produktionseinheiten sichergestellt. Die Rohpelze würden von etwa 1 000 gewerblichen Aufkäufern nachgefragt, die für die wichtigsten Pelzgroßhändler und -fabrikanten aus 30 Ländern tätig seien. Die Aufkäufer kauften die Pelze in Form von Partien, die aus einer grossen Anzahl von Fellen ähnlicher Art, Grösse, Qualität und Farbe bestuenden. Ein Zuechter könne für sich allein diese Voraussetzungen nicht erfuellen. Lediglich die Auktionshäuser seien nach Sammlung, Auswahl und Sortieren der Felle in der Lage, den Anforderungen der Aufkäufer zu entsprechen und dabei zugleich möglichst hohe Preise für die Felle zu erzielen. Bei der Wahl eines Absatzweges sei für den Zuechter entscheidend, seine Produkte möglichst teuer verkaufen zu können. Für die Aufkäufer zeige sich der Wettbewerb zwischen den Auktionshäusern bei der Auswahl, die diese bieten könnten, bei dem Vertrauen, daß sie in die Sortierung setzen könnten, sowie bei der Qualität der den Kunden angebotenen Dienstleistungen in Form insbesondere eines raschen und korrekten Versandes der Pelze. Aus dieser Untersuchung der Marktstruktur ergebe sich, daß es praktisch keine Möglichkeit eines wirksamen Pelzabsatzes gebe, wenn man eine grosse Anzahl kleinerer Absatzwege wähle oder auf den Direktverkauf an Einzelkunden zurückgreife. Im übrigen mache der Verkauf an private Wiederverkäufer nur einen sehr geringen Teil der Weltpelzproduktion aus und finde auch nur in Ländern statt, in denen die Produktion von Pelzen mengenmässig so geringfügig sei, daß der Handel mit ihnen keine wirkliche Bedeutung für die Wirtschaft des Landes habe.

58 Lege man diese Analyse des Marktes und der Absatzwege für Pelze zugrunde, so habe die Kommission in Randnummer 4 Absatz i der Entscheidung keine korrekte Analyse der Funktionsweise des Marktes vorgenommen, weil der Verkauf von Fellen an Pelzhändler ausserhalb der Versteigerungen nur in einem völlig unbedeutenden Umfang ohne jede Auswirkung auf die Strukturen des Weltmarktes stattfinde. Darüber hinaus beruhe die Darlegung in Randnummer 11 der Entscheidung, daß "die dänischen Zuchtbetriebe fast vollständig daran gehindert (werden), ihre Ware an Abnehmer in anderen Mitgliedstaaten selbst zu verkaufen", sowie in Randnummer 12, daß "die Mitglieder sogar daran gehindert (werden), die eigene Ware selbst zu verkaufen", auf einem Verständnis des Pelzmarktes, das nicht der Wirklichkeit entspreche.

Würdigung durch das Gericht

59 Dieser Teil des von der Klägerin geltend gemachten Klagegrundes beruht auf einer irrigen Auslegung der streitigen Entscheidung. In Randnummer 4 Absatz i der Entscheidung beschränkt sich nämlich die Kommission auf die Feststellung: "Die Felle werden üblicherweise auf öffentlichen Auktionen versteigert und zu einem geringeren Masse direkt an die Pelzhändler verkauft." Die in derselben Randnummer der Entscheidung angeführten Zahlen bestätigen diese Feststellung und die Verhältnisse dieser Zahlen zueinander werden im übrigen durch die in der Klageschrift angegebenen Daten vollauf bestätigt. Die Klägerin hat weiterhin nie bestritten, daß die Zuechter bei ihren Verkäufen den Absatzweg privater Verkäufe wählen können. Die Klägerin behauptet mithin zu Unrecht, die Kommission habe sich bei der Darstellung des Marktes auf eine übertriebene Bedeutung privater Verkäufe im Vergleich zu den Versteigerungen gestützt, die nicht der Wirklichkeit entspreche. Der Kommission kann mithin kein Tatsachenfehler bei der Würdigung der Modalitäten der Funktionsweise des Marktes angelastet werden.

60 Der dritte Teil des Klagegrundes, mit dem die Fehlerhaftigkeit der Beschreibung des Marktes geltend gemacht wird, ist folglich nicht begründet.

4 Zur Übereinstimmung der Satzung und der Allgemeinen Bedingungen der Klägerin mit Artikel 85 EWG-Vertrag

61 Zur Stützung dieses Teils des Klagegrundes führt die Klägerin vier Rügen an: Sie macht erstens geltend, daß ihre Satzung und ihre Allgemeinen Bedingungen nicht gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstießen. Zweitens wirft sie der Kommission vor, sie habe diese Vereinbarungen nicht in dem Zusammenhang gewürdigt, in dem sie Anwendung fänden. Drittens hätten die in der Entscheidung angesprochenen Bedingungen auf jeden Fall eine so geringe Auswirkung, daß es gestattet sei, sie aufgrund des Spürbarkeitserfordernisses unberücksichtigt zu lassen. Schließlich macht sie in ihrer Erwiderung geltend, daß auf jeden Fall die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erfuellt seien und die Kommission ihrem Antrag auf Freistellung gemäß Artikel 85 Absatz 3 habe stattgeben müssen.

62 Bei der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag kann sich die Beeinträchtigung des Wettbewerbs sowohl aus dem Zweck der betreffenden wettbewerbsbeschränkenden Maßnahme, vorliegend der Entscheidung des Unternehmenszusammenschlusses, als auch aus ihren Wirkungen auf den Markt ergeben. Bei der Prüfung des Wettbewerbs ist darauf abzustellen, wie er sich ohne die streitigen Vereinbarungen gestalten würde (vgl. unter anderen die Urteile des Gerichtshofes vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 56/65, Société Technique Minière, Slg. 1966, 282, und vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia/Kommission, Slg. 1985, 2545).

63 Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die streitigen Vereinbarungen unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fallen können, und sodann, falls dies bejaht werden muß, zu untersuchen, ob zum einen die hierdurch bezweckte oder bewirkte Beeinträchtigung des Wettbewerbs tatsächlich spürbar ist und ob die Vereinbarungen zum anderen unter den Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 gegebenenfalls freigestellt werden können. Dieser Prüfung hat eine Untersuchung der Bedeutung jeder einzelnen der streitigen Vereinbarungen im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 1 voranzugehen. In der Entscheidung werden insoweit vier Regelungen beanstandet. Es geht zunächst um das Wettbewerbsverbot in § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin, sodann um § 5 der Bestimmungen der Beistandsordnung für Notfälle, weiter um die ausschließlichen Lieferpflichten, von deren Einhaltung durch die Zuechter die Gewährung des Jungtiervorschusses und die Aufnahme in das Verzeichnis der Qualitätszuechter abhängig gemacht sind, und schließlich um § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung, wonach das Pelzbearbeitungszentrum die eingelagerten Felle außschließlich den Vertretern der Klägerin zeigen darf.

4.1 Zur wettbewerbsbeschränkenden Natur der streitigen Vereinbarungen

4.1.1 Zum Wettbewerbsverbot in § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin und zu den aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen in Zusammenhang mit der Durchführung dieser Klausel

64 Nach der Entscheidung stellt § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag dar, insbesondere weil diese Vereinbarung ein Wettbewerbsverbot zu Lasten der Mitglieder der Genossenschaft vorsehe und damit den dänischen Markt gegen Wettbewerber abschotte. In Randnummer 10 Absatz i der Entscheidung kommt die Kommission zu dem Ergebnis, daß § 4 Teil 1 Buchstabe f der DPF-Satzung (eine) wettbewerbsbeschränkende Bestimmung zu Lasten der DPF-Mitglieder sei, und fährt fort: Sie hindert die DPF-Mitglieder daran, als Verbindungsleute für Wettbewerber tätig zu werden. Auf diese Weise wird der dänische Markt gegen Wettbewerber abgeschottet. Die wettbewerbsbehindernde Wirkung dieser Bestimmung wurde noch durch abgestimmte Verhaltensweisen verschärft, die darin bestanden, daß die Mitglieder Wettbewerber überhaupt nicht mit ihren Erzeugnissen belieferten.

65 In § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin heisst es:

Der Mitgliederkreis des Dansk Pelsdyravlerforening besteht aus:

° aktiven Mitgliedern (Teil 1)

° [nicht wiedergegeben]

Aktives Mitglied ist jede Einzelperson oder Personenverbindung (Aktiengesellschaft, Offene Handelsgesellschaft oder sonstige Gesellschaft), die Pelztierzuechter und die Mitglied eines Regionalverbandes von Dansk Pelsdyravlerforening ist.

[nicht wiedergegeben]

f) [der] sich verpflichtet, Verkäufe nicht durchzuführen noch in anderer Weise Pelzverkäufe in Wettbewerb zur Tätigkeit von Dansk Pelsdyravlerforening zu unterstützen.

Vorbringen der Parteien

66 Nach Darstellung der Klägerin verpflichtet § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung, der 1946 eingeführt worden sei, als sie einen Auktionssaal übernommen und dessen Betrieb unter der Bezeichnung DPA begonnen habe, die Mitglieder lediglich, sich von Tätigkeiten fernzuhalten, die unmittelbar im Wettbewerb mit der Verkaufstätigkeit der Genossenschaft stuenden. So verhielte es sich insbesondere, wenn ein Genosse sich von einem Wettbewerber für eine Tätigkeit als Lagerzentrale, als Agent oder als Pelzaufkäufer für Rechnung eines Wettbewerbers verpflichten lasse. Diese Regelung enthalte keinerlei Lieferverpflichtung, da die Mitglieder vollkommen frei seien, sich ein Auktionshaus für den Verkauf ihrer Felle auszusuchen, ohne daß dies die geringste Auswirkung auf ihre Mitgliedschaft hätte. Eine solche Regelung sei im übrigen inhaltlich kennzeichnend für die Satzung einer Genossenschaft.

67 Bezueglich der Auswirkung auf die Wettbewerbslage macht die Klägerin geltend, die betreffende Regelung bedeute nicht, daß der dänische Markt gegen Wettbewerber abgeschottet werde. Jeder ihrer Wettbewerber könne nämlich jede Person mit Ausnahme ihrer Mitglieder verpflichten, um Felle zu kaufen, zu sammeln oder abzuliefern. Die Behauptung der Kommission, die einschränkende Wirkung werde durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen in Gestalt der Weigerung ihrer Mitglieder, Felle an ihre Wettbewerber zu liefern, noch verstärkt, sei unzutreffend.

68 Schließlich sei die Kommission in ihrem Schreiben vom 10. Oktober 1985 offensichtlich davon ausgegangen, daß diese Regelung nicht unter Artikel 85 Absatz 1 falle. Daß die Klägerin der Aufforderung in diesem Schreiben, eine ausdrückliche Bestimmung des Inhalts aufzunehmen, daß ihre Mitglieder berechtigt seien, ihre Felle über andere Absatzkanäle zu verkaufen, nicht gefolgt sei, sei darauf zurückzuführen, daß eine solche Bestimmung überfluessig sei und der dänischen Rechtstradition widerspreche, die im Genossenschaftsrecht auf dem Grundsatz beruhe, daß den Mitgliedern einer Genossenschaft erlaubt sei, was nicht ausdrücklich verboten sei.

69 Die Kommission weist zunächst darauf hin, daß die streitige Regelung sehr weit gefasst sei, was nahelege, daß eine Lieferverpflichtung gemeint sei. Überdies habe die Klägerin sich geweigert, die Tragweite dieser Regelung klarzustellen. Ferner gebe § 7 der Satzung der Leitung der Klägerin die Befugnis, ein Mitglied auszuschließen, und die Klägerin habe von dieser Befugnis bei zwei Mitgliedern Gebrauch gemacht, die Felle für Rechnung von HBA aufgekauft hätten.

70 Weiterhin schränke § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung, auch wenn man ihn so auslege, daß die Genossen lediglich verpflichtet würden, nur die Tätigkeiten zu unterlassen, die in unmittelbarem Wettbewerb zur Versteigerungstätigkeit der Klägerin stuenden, den Wettbewerb ein. Diese wettbewerbsbeschränkende Wirkung des Verbots werde durch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verstärkt, die dafür sorgten, daß Mitglieder Felle nicht an Wettbewerber lieferten. Im übrigen gehöre die streitige Regelung nicht zu den Bereichen, bei denen die Kommission und der Gerichtshof davon ausgegangen seien, daß ein Wettbewerbsverbot wegen der besonderen Umstände, unter denen es angewandt werde, nicht unter Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falle (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia/Kommission, a. a. O.).

71 Bei ihrem Schreiben vom 10. Oktober habe es sich offensichtlich weder um eine endgültige Stellungnahme noch um eine verbindliche Erklärung gehandelt (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Mai 1975 in der Rechtssache 71/74, Frubo/Kommission, Slg. 1975, 563, Randnrn. 19 und 20). In der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in ihrem Schreiben vom 15. Mai 1985 habe sie eindeutig erklärt, daß die streitige Regelung den Wettbewerb einschränke.

Würdigung durch das Gericht

72 Nach Maßgabe der Auseinandersetzung der Parteien hat das Gericht zum einen zu prüfen, ob die streitige Regelung, wie in der Entscheidung behauptet, ein gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossendes Wettbewerbsverbot enthält, und zum anderen, ob gegen denselben Artikel verstossende, aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen mit der Anwendung dieser Klausel einhergingen.

73 Was die erste Frage betrifft, ob die streitige Regelung ein gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossendes Wettbewerbsverbot enthält, so sind die Mitglieder von DPF nach dem Wortlaut dieser Regelung verpflichtet, sich nicht so zu verhalten, daß sie in unmittelbaren Wettbewerb mit den Verkaufstätigkeiten der Klägerin treten, auch wenn diese Regelung für sich genommen keine ausschließliche Lieferpflicht enthält. Ferner hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt, daß diese Regelung es, wie in der Entscheidung festgestellt, jedem Mitglied der Genossenschaft untersagt, Felle für andere Versteigerungen als die der Klägerin zusammenzutragen. Die Kommission hat daher ihre Annahme, daß diese Regelung ein Wettbewerbsverbot enthalte, nicht auf eine fehlerhafte Auslegung des § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung gestützt.

74 Aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1985, Remia/Kommission, ergibt sich, daß ein Wettbewerbsverbot in den Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fallen kann. Bei der Prüfung, ob eine solche Klausel unter das Verbot dieses Artikels fällt, ist zu untersuchen, wie sich der Wettbewerb gestalten würde, wenn es sie nicht gäbe. Um sich vorteilhaft auf den Wettbewerb auswirken zu können, muß das mit der Aufnahme einer solchen Klausel verfolgte Ziel zum freien Wettbewerb beitragen können. Ferner muß das Wettbewerbsverbot selbst erforderlich und der Durchführung dieses Zieles angemessen sein. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 689A0061.1

75 Im vorliegenden Fall hat das Gericht zu würdigen, ob § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung wegen der Beschränkungen des Wettbewerbs, die damit bezweckt oder bewirkt werden, als verboten zu betrachten ist, und insoweit zu prüfen, wie sich der Wettbewerb gestalten würde, wenn es eine solche Klausel nicht gäbe. In dieser Richtung ergibt sich aus der Entscheidung, daß die Satzung und die allgemeinen Bedingungen der Klägerin vor allem gegenüber dritten Wettbewerbern und nicht so sehr im Verhältnis der Genossenschaft zu ihren Mitgliedern eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag bezwecken oder bewirken.

76 Das Gericht hat bereits festgestellt, daß § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung es allen Mitgliedern verbietet, Felle für andere Auktionshäuser als das der Klägerin zusammenzutragen. Dabei handelt es sich um eine einfache Tätigkeit des Sammelns, Versendens oder Weiterversendens an die Auktionshäuser, die keinen besonderen Sachverstand erfordert, da in diesem Stadium keinerlei Auswahl oder Sortierung vorznehmen ist. Infolgedessen betrifft die streitige Regelung keine Tätigkeit, die die Zuechter lediglich mit Hilfe der Genossenschaft oder dank der innerhalb der Genossenschaft gewonnenen Erfahrung ausführen könnten, und verbietet damit den Mitgliedern der Klägerin die Ausübung einer Tätigkeit, die sie ausüben könnten, wenn diese Regelung nicht gelten würde.

77 Das Zusammentragen von Fellen durch Genossen für Rechnung Dritter ist auch nicht nur eine theoretische Möglichkeit, wie sich aus den Bemühungen von HBA ergibt, dänische Zuechter als Pelzsammelstellen zwecks Verkauf auf den von ihr veranstalteten Auktionen zu verpflichten.

78 Die Klägerin und die Streithelfer haben freilich vorgebracht, daß die Eigenschaft als Genosse es im allgemeinen mit sich bringe, daß bestimmte Verpflichtungen der Genossenschaft gegenüber zu erfuellen seien, und daß es rechtens sei, wenn die Mitglieder verpflichtet seien, ihre Produkte über die Genossenschaft zu verkaufen; diese Verpflichtung finde ihren Ursprung in dem geringen Kapital der Genossenschaften, in der Notwendigkeit, über den Absatzweg der Genossenschaft eine Garantie für den Verkauf zu erhalten, in der Ermöglichung der Finanzierung von deren Tätigkeiten sowie in der Sicherstellung der Interessen der anderen Mitglieder an der Aufrechterhaltung der erforderlichen gemeinsamen Tätigkeiten. Das ändert jedoch nichts daran, daß dieses Wettbewerbsverbot durch seinen allgemeinen, unbegrenzten und daher in bezug auf das von der Klägerin verfolgte Ziel unverhältnismässigen Umfang, da es jedem Mitglied der Genossenschaft untersagt, Felle für andere, von Wettbewerbern der Klägerin veranstaltete Auktionen zusammenzutragen, und damit diesen bei Berücksichtigung der überaus starken Marktstellung der Klägerin einen effektiven Zugang zum Markt sehr erschwert, unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fällt. Das Vorbringen der Klägerin und der Streithelfer kann unbeschadet seiner Bedeutung und der Beachtung, die es verdienen mag, dieses Ergebnis nicht entkräften, da es allenfalls im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag und die Möglichkeit einer Freistellung geprüft werden könnte.

79 Bezueglich des Vorbringens, aus dem Schreiben der Kommission vom 10. Oktober 1985 ergebe sich, daß § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung nicht unter Artikel 85 Absatz 1 falle, ist darauf hinzuweisen, daß es in diesem Schreiben lediglich heisst: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt neige ich zu der Annahme, daß die erste Beschränkung..., daß sich nämlich die Genossen verpflichten, keine Pelzverkäufe zu veranstalten, die zu denen der dänischen Pelztierzuechter in Wettbewerb treten könnten, und in keiner Weise den Pelzverkauf im Wettbewerb zu Dansk Pelsdyravlerforening zu unterstützen, nicht zu besonderen Problemen führen wird, wenn sie eine ausdrückliche Festlegung erhält, daß die Genossen ihre Pelze über andere Vertriebskanäle absetzen dürfen". Dieses Schreiben gibt also lediglich eine vorläufige Stellungnahme ohne nähere Prüfung wieder; ferner wird die Stellungnahme von einer Änderung der betreffenden Regelung abhängig gemacht. Die in solchen Worten formulierte Auffassung konnte weder die Klägerin annehmen lassen, daß die Kommission später nicht zu einer abweichenden Auffassung gelangen könne, noch konnte sie irgendein rechtmässiges Vertrauen der Klägerin begründen. Das Vorbringen in Zusammenhang mit dem Schreiben vom 10. Oktober 1985 ist daher zurückzuweisen.

80 Die Kommission hat also hinreichend dargetan, daß das Wettbewerbsverbot in § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin, wie es von dieser ausgelegt und angewendet wurde, geeignet ist, den Wettbewerb im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag einzuschränken.

81 Soweit es weiter um die Begründetheit der Feststellung: "Die wettbewerbsbehindernde Wirkung dieser Bestimmung wurde noch durch abgestimmte Verhaltensweisen verschärft, die darin bestanden, daß die Mitglieder Wettbewerber überhaupt nicht mit ihren Erzeugnissen belieferten", in Randnummer 10 Absatz i der Entscheidung geht, ist der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts zu bestimmen (vgl. zuletzt Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-11/89, Shell/Kommission, Slg. 1992, II-757). Danach sind die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des EWG-Vertrags zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, wie er sich auf dem Gemeinsamen Markt verhalten will.

82 Wie die Klägerin beanstandet hat, kann sich die genannte Behauptung der Kommission auf keinen Beleg für das Vorkommen solcher abgestimmter Verhaltensweisen stützen. Die Kommission beschränkt sich vielmehr in ihrer Entscheidung darauf, zum einen gewisse Verhaltensweisen festzustellen, ohne sie jedoch näher einzuordnen oder die sie kennzeichnenden Einzelheiten der Koordinierung und Zusammenarbeit anzugeben, aufgrund deren sie nach der angeführten Rechtsprechung unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fallen könnten, und zum anderen darauf hinzuweisen, daß die Klägerin sich geweigert habe, diesen Sachverhalt aufzuklären. Was das spätere Vorbringen der Kommission in ihren beim Gericht eingereichten Schriftsätzen betrifft, so besteht dieses, selbst wenn man es für geeignet hielte, der unzureichenden Begründung der Entscheidung insoweit abzuhelfen, doch zum einen nur aus einfachen Folgerungen, die mittelbar und abstrakt aus bestimmten allgemeinen Feststellungen gezogen werden, sowie zum anderen aus der Berufung auf Erklärungen von Zuechtern gegenüber dem Rechtsanwalt von HBA über den Ausschluß von zwei Genossen, die für deren Rechnung Felle zusammengetragen haben sollen, und über die möglicherweise unterschiedliche Auslegung der streitigen Regelung seitens einiger Zuechter.

83 Der Hinweis in Randnummer 10 Absatz i der Entscheidung auf angebliche abgestimmte Verhaltensweisen in Zusammenhang mit der Anwendung der streitigen Regelung beruht daher auf falschen Tatsachen und ist mit einem Rechtsfehler behaftet. Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung ist daher insoweit für nichtig zu erklären, als er mit der in a genannten Regelung abgestimmte Verhaltensweisen als Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag in Verbindung bringt.

4.1.2 Zu § 5 der Beistandsordnung für Notfälle

84 Die Entscheidung geht davon aus, daß § 5 der Beistandsordnung für Notfälle gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstösst, insbesondere weil diese Regelung ein Hindernis für den Marktzugang der Wettbewerber errichte, indem sie ihnen die Hauptversorgungsquelle für Pelze verschließe. In Randnummer 10 Absatz ii der Entscheidung gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, daß die Verpflichtung zur Lieferung der gesamten Fellproduktion, von der die Einbeziehung in die Beistandsregelung abhängig gemacht werde, die Wahlmöglichkeiten der Mitglieder beschränke und sie daran hindere, über den Absatz ihrer Ware unabhängig zu bestimmen. Die streitige Regelung bezwecke oder bewirke eine Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 (Randnr. 10 am Anfang).

85 § 5 der Beistandsordnung für Notfälle, mit dem die Mitglieder von DPF für die finanziellen Verluste infolge des Todes ihrer Tiere aufgrund von Seuchen entschädigt werden sollen, lautet wie folgt:

Der Anspruch auf Nothilfe entfällt, wenn der Versicherte oder jemand, für den er einzustehen hat,

[nicht wiedergegeben]

d) Felle zum Verkauf über andere Absatzkanäle als Danske Pels Auktioner im Schadensjahr (15. August°14. August) oder im voraufgegangenen Geschäftsjahr geliefert hat, ausgenommen jedoch zum Privatverbrauch abgesonderte Felle,

[nicht wiedergegeben].

86 Die Funktionsweise der Nothilfeordnung, wie sie von der Klägerin ohne Widerspruch seitens der Kommission dargestellt worden ist und sich aus der Überprüfung der Satzung der Klägerin ergibt, beruht auf dem Gegenseitigkeitsprinzip und kann wie folgt zusaammengefasst werden. Ein Mitglied der Klägerin gehört nicht ohne weiteres der Nothilfeordnung an, da eine selbständige Einschreibung erforderlich ist. Das Mitglied kann jederzeit frei aus dieser Ordnung ausscheiden. Ein neu Beigetretener kann grundsätzlich erst nach einem Jahr der Zugehörigkeit Nothilfe beanspruchen. Die Gewährung der Nothilfe ist subsidiär gegenüber einer Versicherung, die der Versicherte über das gleiche Risiko abgeschlossen hat. Die Finanzierung der Nothilfeordnung wird durch einen Rückbehalt finanziert, den die Klägerin bei den Beträgen vornimmt, die jedes Jahr dem Betriebskonto der der Ordnung angeschlossenen Genossen gutzubringen sind. Da der dem Betriebskonto der Mitglieder gutzuschreibende Betrag im Verhältnis zum Wert der Felle verteilt wird, die sie zum Verkauf bei den von der Klägerin im laufenden Jahr veranstalteten Versteigerungen geliefert haben, ist jedes angeschlossene Mitglied an der Nothilfeordnung nach dem Wert der von ihm gelieferten Felle verhältnismässig beteiligt. Da die Satzungsbestimmungen der Klägerin die Festlegung sowohl des Kapital- wie des Betriebskontos vorsehen und die der Nothilfeordnung Angeschlossenen einen "Beitrag" in Form der besonderen Belastung ihres Betriebskontos zahlen, verfügen sie so in der Praxis über Beträge, die ansonsten hätten festgelegt werden müssen. Um die Gleichbehandlung der Genossen sicherzustellen, erhalten daher diejenigen, die nicht an der Nothilfeordnung teilnehmen, einen Betrag, der dem Betrag entspricht, der dem Betriebskonto der Angeschlossenen belastet worden ist.

Vorbringen der Parteien

87 Die Klägerin bestreitet die Wettbewerbswidrigkeit dieser Regelung. Die Nothilfeordnung, bei der die Genossen frei beitreten oder austreten könnten, sei 1959 zu einer Zeit geschaffen worden, als es noch nicht möglich gewesen sei, das Risiko von Tierseuchen gegen Zahlung einer angemessenen Prämie durch Versicherungsgesellschaften versichern zu lassen. Die Nothilfeordnung beruhe auf dem Bemühen um gegenseitige Absicherung der Mitglieder der Genossenschaft bei Tierseuchen entsprechend dem Genossenschaftsprinzip. Die Verpflichtung zur ausschließlichen Lieferung der Felle, die für die Mitglieder gelte, die der Nothilfeordnung beigetreten seien, sei mit Beschluß vom 23. Oktober 1967 eingeführt worden und beruhe darauf, daß es technisch unmöglich sei, einen Zuechter nur für einen Teil seines Tierbestandes an der Nothilfeordnung teilnehmen zu lassen. Bei einem bestimmten Tierbestand sei es nämlich tatsächlich unmöglich, den Anspruch auf Nothilfe durch Markierung oder irgendein anderes Verfahren auf bestimmte einzelne Tiere zu begrenzen, weshalb das System notwendigerweise den gesamten Tierbestand eines Zuchtbetriebes umfassen müsse.

88 Ferner sei eine Beschränkung der Nothilfeordnung auf bestimmte Tiere eines Tierbestandes nicht nur technisch unmöglich, sondern könnte auch zu Mißbräuchen führen. Aufgrund der Art der Finanzierung des Systems sei es unerläßlich, daß ein Mitglied der Klägerin, wenn es an der Finanzierung dieses Systems in einem der Bedeutung seiner Tätigkeit entsprechenden Umfang beteiligt werden solle, seines Anspruchs auf Entschädigung stets dann verlustig gehe, wenn es einen Teil der Felle von Tieren seines Bestandes über andere Absatzkanäle als die von der Klägerin veranstalteten öffentlichen Versteigerungen verkauft habe. Wenn man einem Genossen gestattete, an der Nothilfeordnung teilzuhaben, ohne ihm zugleich die Pflicht zur Lieferung aller seiner Felle an die Genossenschaft aufzuerlegen, so hätte dies zur Folge, daß der betreffende Genosse nach diesem System versichert wäre, ohne zu seiner Finanzierung beizutragen; dies aber wäre unvereinbar mit den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und der Solidarität, wie sie gerade in diesem Nothilfefonds zum Ausdruck kämen. Die ausschließliche Lieferpflicht gestatte es, eine durchgehende Anwendung des Grundsatzes sicherzustellen, daß alle an dem System Beteiligten in gleicher Weise zu seiner Finanzierung beitrügen.

89 Infolge des Eingreifens der Kommission sei die ausschließliche Lieferpflicht zwar anläßlich der von der Generalversammlung am 28. Oktober 1988 beschlossenen Satzungsänderungen abgeschafft worden. Jedoch würden die Risiken von Tierseuchen nicht mehr wie zuvor umfassend abgedeckt, falls nicht der der Nothilfeordnung angeschlossene Zuechter alle seine Felle an die Genossenschaft geliefert habe. Anderenfalls entspreche die dem beigetretenen Zuechter in Zukunft bei Tierseuchen gezahlte Entschädigung lediglich dem Teil der Verkäufe, die er über die Genossenschaft abgewickelt habe. Es gehe daher nicht an, die frühere Regelung und die nach der Satzungsänderung von 1988 geltende miteinander zu vergleichen; daß die Klägerin, um dem Wunsch der Kommission nachzukommen, aus rein praktischen Gründen dieses neue System eingerichtet habe, bedeute keineswegs, daß das frühere System gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen habe.

90 Wenn ferner die Nothilfeordnung in der beschriebenen Art und Weise und nicht nach dem Vorbild einer Regelung eingerichtet sei, bei der der Zuechter, der seinen Tierbestand gegen das Risiko von Tierseuchen versichern wolle, eine Prämie für jedes zu versichernde Tier zu entrichten habe, so hänge dies damit zusammen, daß eine solche Regelung dem dänischen Versicherungsrecht unterliege. Es sei ihr indessen untersagt, das Versicherungsgeschäft zu betreiben.

91 Die systematische Anwendung des Grundsatzes der Gleichheit aller Genossen sei nicht nur für sich genommen nicht wettbewerbswidrig, sondern benachteilige die Klägerin sogar gegenüber ihren Wettbewerbern. Sie sei nämlich nicht in der Lage gewesen, den grössten Zuechtern günstigere Konditionen wie etwa Rabatte oder Nachlässe einzuräumen, wie es ein Unternehmen im Versicherungsgeschäft tü. Die Auffassung der Kommission, die streitige ausschließliche Lieferpflicht habe den dänischen Markt gegen Wettbewerber abgeschottet, sei unzutreffend, da diese Regelung sie im Gegenteil gegenüber ihren Wettbewerber, insbesondere HBA, benachteiligt habe. Diese biete nämlich eine Versicherungsart an, die inhaltlich dem System entspreche, das sie 1988 eingerichtet habe, und für Zuechter, die bereit seien, ihr 40 % ihrer Fellerzeugung zu liefern, kostenlos sei. Ihre eigenen Mitglieder könnten sich dem von HBA eingerichteten Versicherungssystem ohne weiteres anschließen. Die Existenz eines Systems, das eine bessere Risikodeckung biete als die Nothilfeordnung, zeige, daß diese keine Behinderung ihrer Wettbewerber beim Zugang zum dänischen Markt darstelle. Die Kommission verkenne den wesentlichen Gesichtspunkt, daß nämlich das Angebot der Klägerin an ihre Mitglieder lediglich eines von zahlreichen Angeboten an Wirtschaftsteilnehmer sei, die selbst entscheiden könnten, ob und in welcher Weise sie das Risiko von Tierverlusten infolge von Seuchen versichern möchten.

92 Schließlich treffe die Auffassung der Kommission nicht zu, eine Rechtfertigung der Notwendigkeit einer ausschließlichen Lieferpflicht sei lediglich im Hinblick auf eine Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erheblich. Sollte allerdings das Gericht zu der Auffassung gelangen, daß die streitige Regelung unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 falle, dann müsse davon ausgegangen werden, daß sie für die Durchführung der Nothilfeordnung notwendig und daher eine individuelle Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu gewähren sei.

93 Nach Auffassung der Kommission ist der Umstand, daß ein Mitglied über seinen Beitritt zur Nothilfeordnung frei entscheiden könne, nicht entscheidend. Daß der Zuechter eine Vereinbarung mit der Klägerin treffen könne, um in den Genuß der von dieser bereitgestellten Nothilfe zu gelangen, oder davon absehen könne, sei kein hinreichender Grund, diese Vereinbarung als nicht wettbewerbsbeschränkend anzusehen. Mit Ausnahme bestimmter Fälle, die unter Umständen unter Artikel 86 EWG-Vertrag fielen, entscheide eine Vertragspartei immer frei, ob sie eine Vereinbarung abschließe. Es sei der Inhalt dieser Vereinbarung, um den es gehe, im vorliegenden Fall also die Bedeutung der ausschließlichen Lieferpflicht, die den Genossen auferlegt werde, die sich der Nothilfeordnung anschlössen.

94 Bei der Würdigung der Bedeutung dieser Entscheidungsmöglichkeit müssten zunächst die mit der Anwendung des § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung zusammenhängenden abgestimmten Verhaltensweisen berücksichtigt werden, die dazu führten, daß ein Mitglied, das seine genossenschaftlichen Rechte ausüben möchte, seine sämtlichen Felle über die von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen verkaufen müsse. Weiterhin sei der entscheidende Grund, aus dem die Nothilfeordnung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstosse, in dem Umstand zu sehen, daß ein solches System auf einer Ausschließlichkeitsklausel beruhe. Wie die Verordnungen (EWG) Nrn. 1983/83 und 1984/83 vom 22. Juni 1983 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen bzw. auf Gruppen von Alleinbezugsvereinbarungen (ABl. L 173, S. 1 und 5) zeigten, sei allseits bekannt, daß Ausschließlichkeit und ausschließlicher Vertrieb mit Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unvereinbar seien.

95 Die streitige ausschließliche Lieferpflicht beschränke ferner die Handlungsfreiheit der Genossen, die sich der Möglichkeit beraubt sähen, ihre Felle über andere Kanäle als die der Genossenschaft abzusetzen. Diese Ausschließlichkeitsklausel habe auch Wirkungen gegenüber Dritten, denen die Möglichkeit genommen sei, auf den von ihnen veranstalteten Versteigerungen die Tierfelle der Genossen zu verkaufen, die der Nothilfeordnung der Klägerin beigetreten seien. Dies sei eine unmittelbare Folge dieser Ausschließlichkeitsklausel, wie auch dem Urteil des Gerichtshofes vom 15. Mai 1975 in der Rechtssache 71/74 (Frubo/Kommission, a. a. O.) zu entnehmen sei. Infolgedessen seien die Versicherungsbedingungen, die andere im Wettbewerb mit der Klägerin stehende Unternehmen deren Mitgliedern anbieten könnten, von geringer Bedeutung.

96 Unbegründet sei das Vorbringen, daß die streitigen Regelungen für das Funktionieren der Nothilfeordnung unerläßlich seien. Dieses Vorbringen habe nämlich mit der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 nichts zu tun, sondern betreffe die Anwendung des Absatzes 3 dieser Bestimmung. Es sei überaus schwierig, zwei Kriterien für die Notwendigkeit einer Wettbewerbsbeschränkung gleichzeitig anzuwenden, wenn eines zu Artikel 85 Absatz 1, das andere zu Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag gehöre. Mit Rücksicht auf den Aufbau des Artikels 85 müsse diese Prüfung im Rahmen der Untersuchung der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 erfolgen. Zudem gehöre die mit einer ausschließlichen Lieferpflicht verknüpfte Nothilfeordnung zu keinem der besonderen Wirtschaftsbereiche, für die in der Praxis der Kommission oder der Rechtsprechung des Gerichtshofes anerkannt sei, daß eine ausschließliche Lieferpflicht unter bestimmten Umständen nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falle (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 161/84, Pronuptia, Slg. 1986, 353).

97 Es müsse bestritten werden, daß ein Versicherungssystem wie das von der Klägerin geschaffene eine Pflicht der Begünstigten zur ausschließlichen Lieferung von Fellen an die Genossenschaft zwingend voraussetze. Im übrigen sehe das neue, von der Klägerin im Oktober 1988 geschaffene System eine solche Pflicht nicht vor. Ferner zeige der Umstand, daß die Genossen, die nicht an der Nothilfeordnung beteiligt seien, nämlich ungefähr ein Viertel der Mitglieder der Genossenschaft, Beträge in Höhe der Beträge erhielten, die den Betriebskonten der dem System angeschlossenen Genossen belastet würden, daß dieses System durch die Versteigerung der von den Mitgliedern erzeugten Felle finanziert werde und daß es für sein Funktionieren nicht erforderlich sei, daß alle Felle auf diesen Versteigerungen verkauft würden.

Würdigung durch das Gericht

98 In der Entscheidung wird zwar feststellt, daß die Klägerin tatsächlich eine beherrschende Stellung auf dem betreffenden Markt innehabe; die streitige Regelung wird aber als Verstoß nicht gegen Artikel 86, sondern gegen Artikel 85 behandelt. Der Gerichtshof hat nun im Rahmen der Anwendung des Artikels 86 EWG-Vertrag entschieden, daß es ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft sei, wenn ein Unternehmen Abnehmer selbst auf ihren Wunsch durch eine Alleinbezugsvereinbarung an sich binde (Urteile des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, und vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C-62/86, AKZO/Kommission, Slg. 1991, I-3359); diese auf Artikel 86 beschränkte Rechtsprechung kann indessen nicht auf alle Fälle der Anwendung des Artikels 85 übertragen werden. Entgegen dem Vorbringen der Kommission verstossen nämlich Ausschließlichkeitsvereinbarungen, von denen einige sogar unter die Gruppenfreistellungsverordnungen Nrn. 1983/83 und 1984/83 fallen können, nicht als solche gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag. Wenn nämlich die Kommission aus der letztgenannten Freistellungsverordnung ableitet, daß eine ausschließliche Lieferpflicht ihrer Natur nach unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 fällt, so ist diesbezueglich darauf hinzuweisen, daß zwar die Gewährung der Freistellung für eine bestimmte Vereinbarung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag, wie der Gerichtshof entschieden hat, die vorherige Feststellung voraussetzt, daß diese Vereinbarung unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 fällt; dies kann jedoch nicht bedeuten, daß die in Artikel 85 Absatz 3 verankerte Möglichkeit, eine Freistellung für Gruppen von Vereinbarungen zu gewähren, die Annahme rechtfertigt, daß jede zu dieser Gruppe gehörende Vereinbarung deshalb notwendigerweise die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 1 erfuellt (Urteil vom 13. Juli 1966 in der Rechtssache 32/65, Italien/Rat und Kommission, Slg. 1966, 458).

99 Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Beurteilung einer Ausschließlichkeitsvereinbarung unter dem Blickwinkel des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag der tatsächliche wirtschaftliche Zusammenhang zu berücksichtigen, in dem diese sich auswirken kann (vgl. zuletzt zu einem ausschließlichen Bierlieferungsvertrag das Urteil des Gerichtshofes vom 28. Februar 1991 in der Rechtssache C-234/89, Delimitis, Slg. 1991, I-935; vgl. auch die Urteile des Gerichtshofes vom 30. Juni 1966, Société Technique Minière, a. a. O., und vom 11. Dezember 1980 in der Rechtssache 31/80, L' Oréal, Slg. 1980, 3775). Je nach den Umständen und den tatsächlichen Voraussetzungen des Funktionierens des betreffenden Marktes kann nämlich eine ausschließliche Lieferpflicht, die dem Erzeuger den Absatz seiner Produkte und dem Wiederverkäufer die Versorgung sicherstellt, den Wettbewerb bei den Preisen und den dem Verbraucher gebotenen Dienstleistungen auf dem betreffenden Markt verstärken, dessen Durchlässigkeit sie damit zu verbessern hilft.

100 Von dem Grundsatz, daß die Bedeutung der ausschließlichen Lieferpflicht in dem tatsächlichen Zusammenhang zu prüfen ist, in dem sie sich auswirkt, kann nicht mit der Begründung abgewichen werden, daß die Pflicht durch die Sorge um Beachtung des Grundsatzes der "Genossenschaftstreue" gerechtfertigt sei. Dieser Grundsatz nämlich kann eine Missachtung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag seitens der Genossenschaften, zu deren Gunsten den Mitgliedern die ausschließliche Lieferpflicht auferlegt wurde, weder dem Zweck noch der Wirkung nach rechtfertigen.

101 Die Regelung des § 5 Buchstabe d der Nothilfeordnung erlegte bis zu ihrer Aufhebung im Oktober 1988 den Mitgliedern, die an der von der Klägerin eingerichteten Nothilfe teilnehmen wollten, die Pflicht auf, dieser bei Meidung des Verlustes ihrer Ansprüche auf Nothilfe sämtliche Tierfelle ihrer Zuchtbetriebe zum Verkauf auf den von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen abzuliefern. Diese Pflicht betraf sowohl die Verkäufe im Laufe des Schadensjahres als auch die im voraufgegangenen Geschäftsjahr.

102 Im Lichte dieser Feststellung hat das Gericht zu prüfen, ob die ausschließliche Lieferpflicht der Genossen, die an der von der Klägerin eingerichteten Nothilfe teilnehmen wollten, eine Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckte, und darüber hinausgehend, ob die streitige Regelung wettbewerbsbeschränkende Wirkungen im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag hat. Demgegenüber hat das Gericht im Rahmen dieses Klagegrundes, der ausschließlich der Würdigung der streitigen Regelung im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag gilt, nicht zu untersuchen, ob diese Regelung die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erfuellt.

103 Was den Zweck der streitigen Regelung betrifft, so sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bei der Prüfung, ob eine Vereinbarung eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt, die von der Vereinbarung als solcher verfolgten Ziele im Lichte des wirtschaftlichen Zusammenhangs zu untersuchen, in dem sie anzuwenden ist (Urteil des Gerichtshofes vom 28. März 1984 in den verbundenen Rechtssachen 29/83 und 30/83, CRAM und Rheinzink/Kommission, Slg. 1984, 1679, Randnr. 26). Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist bei der Analyse des wirtschaftlichen Zusammenhangs zu untersuchen, in welchem Umfang die streitige Regelung, die eine ausschließliche Lieferpflicht festlegt, zum Aufbau der Nothilfeordnung und zu den Einzelheiten des Funktionierens der Genossenschaft gehört und in der Lage ist, die Voraussetzungen des Funktionierens des dänischen Pelzmarkts zu beeinträchtigen.

104 Was den Inhalt der streitigen Regelung und ihre Auswirkung auf die Autonomie der Entscheidung der Genossen angeht, ist nach dieser Regelung den Beteiligten an der Nothilfeordnung jede Form des Absatzes mit Ausnahme des Verkaufs auf den von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen auf die Dauer zweier Geschäftsjahre untersagt, während der Zeitraum, für den die Schadensdeckung sichergestellt ist, von Geschäftsjahr zu Geschäftsjahr auf ein Jahr begrenzt ist. Für die so letztlich bestehende Pflicht der Genossen, nicht nur sämtliche im Schadensjahr, sondern auch sämtliche im voraufgegangenen Geschäftsjahr abgesetzten Tierfelle zum Verkauf auf den von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen zu liefern bzw. geliefert zu haben, wenn sie für den infolge einer Seuche in einem bestimmten Geschäftsjahr entstandenen Schaden entschädigt werden möchten, hat die Klägerin keine Rechtfertigung vorgebracht. Bei der Würdigung der genauen Auswirkung dieser Verpflichtung auf die tatsächlichen Voraussetzungen des Funktionierens des Marktes ist nun aber die abschreckende Wirkung zu berücksichtigen, die eine solche Verpflichtung notwendigerweise auf die Beteiligten ausübt, da diesen nicht unbekannt ist, daß sie bei Ausscheiden aus dem System Gefahr laufen, bei einer Seuche im Verlaufe des Geschäftsjahres, für das ein erneuter Beitritt zum System erfolgt, nicht versichert zu sein. Unter diesen Umständen muß das Vorbringen, daß es den Genossen freisteht, dem System beizutreten oder es zu verlassen, in seiner Bedeutung relativiert werden. Infolgedessen trägt diese Regelung, die für das Funktionieren der Nothilfeordnung in keiner Weise nützlich ist, zur Trägheit des Systems und mithin zu einer Erstarrung der Verhaltensweisen der Wirtschaftsteilnehmer bei, deren Entscheidungsfreiheit sie unverkennbar einschränkt.

105 Im übrigen erbringen zum einen die von der Klägerin am 28. Oktober 1988 durchgeführten Satzungsänderungen, mit denen zugleich die streitige ausschließliche Lieferpflicht abgeschafft wurde und die die Klägerin nicht zum Anlaß genommen hat, vor dem Gericht irgendeinen Funktionsverlust der Nothilfeordnung vorzutragen, und zum anderen der Umstand, daß HBA, die ebenfalls ein Nothilfesystem eingerichtet hat, ihren Versicherten, wie die Klägerin selbst vorträgt, eine nicht ausschließliche, sondern lediglich auf 40 % der Gesamtverkäufe beschränkte Lieferpflicht auferlegt, für sich allein bereits den Nachweis, daß die Festlegung einer ausschließlichen Lieferpflicht der in Frage stehenden Art mit der Organisation und dem Funktionieren eines solchen Systems nichts zu tun hat.

106 Wenn die Klägerin geltend macht, daß die ausschließliche Lieferpflicht der Genossen dadurch gerechtfertigt werde, daß es technisch nicht möglich sei, nur bestimmte Tiere des Bestandes eines Zuechters zu versichern, und weiterhin rechtlich unmöglich sei, ein System der Versicherung "per capita" einzurichten, so nach ihrer Darstellung deshalb, weil das innerstaatliche dänische Recht ihr die Ausübung einer Versicherungstätigkeit verbietet. Die Klägerin räumt jedoch ein, daß die Genossen sich heute, anders als bei der seinerzeitigen Marktlage zur Zeit der Einrichtung der Nothilfeordnung im Jahre 1959, selbst gegen Tierseuchen versichern lassen können, was im übrigen auch durch die Satzungsbestimmung bestätigt wird, der zufolge die von der Klägerin gezahlte Entschädigung stets subsidiär im Verhältnis zu der aufgrund einer eigenen Versicherung bezogenen Entschädigung ist. Daraus folgt, daß die Entscheidung der Klägerin, jedenfalls bis zur Satzungsänderung vom 28. Oktober 1988 ein Nothilfesystem mit einer ausschließlichen Lieferpflicht für Felle beizubehalten, in keiner Weise mit dem ordentlichen Funktionieren der Genossenschaft zusammenhing, da den Zuechtern zum einen nunmehr andere Versicherungssysteme offenstanden und zum anderen die Einrichtung eines Versicherungssystems auf Gegenseitigkeit gegen die Risiken von Tierseuchen völlig unabhängig von einer etwa mit ihm einhergehenden ausschließlichen Lieferpflicht ist. Zudem kann sich die Klägerin wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auf keinen Fall auf die für sie geltenden nationalen Rechtsvorschriften berufen, um sich für die Zuwiderhandlung gegen Pflichten zu rechtfertigen, die ihr Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag auferlegt (vgl. zuletzt das Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1991 in der Rechtssache T-30/89, Hilti/Kommission, Slg. 1991, II-1439).

107 Aus alldem ergibt sich, daß die vorstehend in ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang untersuchte streitige Regelung, die den der Nothilfeordnung angeschlossenen Genossen eine ausschließliche Lieferpflicht bezueglich sämtlicher Felle ihrer Zuchtbetriebe auferlegt, die Unabhängigkeit des Marktverhaltens der Genossen in erheblichem Umfang mindert und zugleich in keiner Beziehung zum Funktionieren der Nothilfeordnung steht. Eine solche Regelung bezweckt daher nach ihrem Inhalt und ihrer Bedeutung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes und kann infolgedessen unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EGW-Vertrag fallen.

108 Was dann die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der streitigen Regelung betrifft, so brauchen zwar die Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn diese, wie festzustellen war, ersichtlich eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt (vgl. die Urteile des Gerichtshofes vom 30. Januar 1985 in der Rechtssache 123/83, BNIC, Slg. 1985, 391, und vom 27. Januar 1987, Verband der Sachversicherer/Kommission, a. a. O.); jedoch erscheint es angebracht, auch zu untersuchen, ob die streitige Regelung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bewirkt. Die maßgebende Frage bezueglich der Auswirkungen der streitigen Regelung im Hinblick auf Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag ist dabei, wie die Kommission dargelegt hat, nicht die, ob die Genossen der Nothilfeordnung frei beitreten können oder nicht. Die zu beantwortende Frage ist vielmehr die, ob die festgelegte ausschließliche Lieferpflicht, wie die Entscheidung meint, eine Beschränkung des Wettbewerbs zu Lasten der Mitglieder der Genossenschaft, deren Entscheidungsfreiheit sie einengt, und zu Lasten Dritter, deren Marktzugang sie erschwert, darstellt.

109 Nach Lage der Akten hat sich die betreffende Ausschließlichkeitsklausel im vorliegenden Fall in ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang wettbewerbswidrig auf den Markt ausgewirkt. Zum einen hat die Klägerin nämlich, wie bereits ausgeführt, eine starke Stellung auf dem Tierfellmarkt inne, zum anderen gehören 75 % der Mitglieder der Klägerin deren Nothilfeordnung an, die ihrerseits, wie bereits dargelegt, zu einer Erstarrung der Verhaltensweisen der Wirtschaftsteilnehmer geführt hat. Infolgedessen hat die betreffende Regelung durchaus eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung, weil sie den Wettbewerbern der Klägerin den Zugang zu dem betreffenden dänischen Markt erschwert. Sie kann mithin unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fallen.

110 Soweit die Entscheidung davon ausgeht, daß § 5 Buchstabe d der Regeln der Nothilfeordnung eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag bezweckt oder bewirkt, stützt sie sich somit nicht auf falsche Tatsachen und ist weder mit einem Rechts- noch mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet.

4.1.3 Zur ausschließlichen Lieferpflicht als Voraussetzung der Zahlung eines Jungtiervorschusses und zur Aufnahme in das Verzeichnis der Qualitätszuechter

111 Die Entscheidung geht davon aus, daß die einem Mitglied auferlegte Verpflichtung, seine gesamte Erzeugung an DPA zum Verkauf zu liefern, wenn er zum einen einen Jungtiervorschuß erhalten und zum anderen in das Qualitätszuechterverzeichnis aufgenommen werden wolle, eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstelle, insbesondere weil diese Verpflichtung, die die Hauptversorgungsquelle für Felle in Dänemark verschließe, den Wettbewerbern den Zugang zum Markt versperre.

112 Die Einrichtung des Jungtiervorschusses erlaubt es den Mitgliedern der Klägerin, einen Vorschuß zu erhalten, der so errechnet ist, daß die Futterkosten während des Zeitraums von der Geburt der Pelztiere bis zum Erreichen des Alters, in dem sie getötet werden können und der Zuechter ihr Fell verkaufen kann, abgedeckt sind. Das Muster eines Antrags auf Jungtiervorschuß, wie es sich aus den von der Klägerin vorgelegten Schriftstücken ergibt, hat folgenden Inhalt:

Das unterzeichnende Mitglied des Dansk Pelsdyravlerforening beantragt hiermit einen Jungtiervorschuß.

[nicht wiedergegeben]

Ich erkläre mich hiermit einverstanden, daß der genannte Vorschuß unter folgenden Bedingungen ausbezahlt wird:

1. Ich bin Mitglied der NOTHILFEORDNUNG des DANSK PELSDYRAVLERFORENING.

2. Ich verpflichte mich, meine gesamte Fellproduktion zum Verkauf durch DANSKE PELS AUKTIONER abzuliefern.

[nicht wiedergegeben].

113 Die Einrichtung des Qualitätszuechterverzeichnisses soll die Pelztierzuechter anregen, ihre Fellproduktion durch interne Vergleichswettbewerbe und die Möglichkeit zu verbessern, von den Erfahrungen der besten Zuchtbetriebe zu profitieren. Ein Mitglied der Klägerin, das in das Qualitätszuechterverzeichnis aufgenommen werden möchte, muß bestätigen, daß es seine gesamte Fellproduktion zum Verkauf auf den von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen abgeliefert hat.

Vorbringen der Parteien

114 Die Klägerin legt dar, das System des Jungtiervorschusses sei eingerichtet worden, um die Liquiditätsprobleme der Zuechter während des Zeitraums zwischen der Geburt der Tiere und dem Verkauf ihrer Felle zu lösen. Die Verpflichtung, die gesamte Erzeugung des Jahres, in dem der Zuechter den Jungtiervorschuß erhalten möchte, zum Verkauf auf den Versteigerungen der Klägerin abzuliefern, sei für sie das einzige Mittel um sicherzustellen, daß das Mitglied den ihm gewährten Vorschuß zurückzahle. Nach dänischem Recht habe sie nicht die Möglichkeit, ein Vorzugsrecht an den Tierfellen zu erhalten. Die Verpflichtung sei auf ein Jahr beschränkt, was einem natürlichen Aufzuchtzyklus entspreche. Diese Situation sei mit den meisten Verträgen dieser Art vergleichbar, wie sie ständig in der Landwirtschaft zur Anwendung gelangten. Verstösse gegen die Lieferpflicht würden nicht durch Ausschluß aus der DPF geahndet. Solche Verstösse würden auch sonst nicht geahndet, abgesehen davon, daß dann die Voraussetzungen für die Gewährung von Nothilfe nicht mehr erfuellt seien. Ferner könne sich der Zuechter, der einen Jungtiervorschuß erhalten habe, von der Lieferpflicht befreien, indem er diesen Vorschuß zurückzahle. Folglich stellten die Regeln über den Jungtiervorschuß keinen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag dar.

115 Zur ausschließlichen Lieferpflicht als Voraussetzung für die Aufnahme in das Qualitätszuechterverzeichnis macht die Klägerin geltend, eine der Voraussetzungen für die Beteiligung an diesem System sei die Ablieferung einer Mindestmenge von Fellen. Um einen zutreffenden Hinweis auf die Zuechter mit der besten Produktion zu erhalten, sei eine Pflicht zur Ablieferung der gesamten Produktion unerläßlich, damit ein Zuechter nicht lediglich seine besten Felle vorlege und der Teil seiner Produktion mit der schlechteren Qualität keine Berücksichtigung finde. Entgegen dem Vorschlag der Kommission sei es aus technischen Gründen nicht möglich, die Ablieferungspflicht auf blosse Musterbeispiele jeder Art und Farbe zu beschränken.

116 Nach Auffassung der Kommission ist die mit dem System des Jungtiervorschusses verbundene Ausschließlichkeitsklausel unvereinbar mit Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag, weil sich der Zuechter verpflichte, seine gesamte Fellproduktion an die Klägerin abzuliefern. Es sei nicht von Bedeutung, daß Verletzungen dieser Verpflichtung nicht durch den Ausschluß aus der Genossenschaft geahndet würden oder daß sich der Zuechter von Pelztieren, der einen Jungtiervorschuß erhalten habe, durch Rückzahlung dieses Vorschusses befreien könne. Der Zuechter bleibe verpflichtet, seine gesamte Produktion über die Versteigerungen der Klägerin zu verkaufen, weil der Jungtiervorschuß voraussetze, daß er der Nothilfeordnung angehöre. Ferner betreffe diese Verpflichtung im Gegensatz zu einem normalen Ankaufs- oder Verkaufsvertrag nicht eine im voraus festgelegte Zahl oder Menge zu einem vereinbarten Verkaufspreis.

117 Bezueglich des Qualitätszuechterverzeichnisses vertritt die Kommission die Auffassung, die ausschließliche Lieferpflicht der Teilnehmer sei eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag. Die Auswirkung auf den Wettbewerb sei erheblich, da die Hälfte aller Zuechter, normalerweise die grössten, eine Teilnahme an diesem System anstrebe.

Würdigung durch das Gericht

118 Zwischen den Partien ist unstreitig, daß ein Mitglied einen Jungtiervorschuß nur erhalten kann, wenn es seine gesamte Erzeugung des Jahres, für das es den Vorschuß erhält, zum Verkauf auf den Versteigerungen der Klägerin abliefert. Zwar hat die Klägerin vorgebracht, daß diese Verpflichtung die einzige Möglichkeit für sie sei, die Rückzahlung des Vorschusses durch das Mitglied sicherzustellen, da das dänische Recht die Erlangung eines Vorzugsrechts an den Tierfellen nicht zulasse. Es entspricht in der Tat gängiger Handelspraxis, grundsätzlich Sicherheiten für die Rückzahlung von Vorschüssen zu verlangen. Die Kommission hat indessen in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, daß der Fellpreis sich auf das Siebenfache des Jungtiervorschusses belaufe und die Klägerin mit den Einzelkonten ihrer Mitglieder über eine Sicherheit verfüge. In der Tat bestimmt § 8 der Bestimmungen des Zuechterkapitalfonds im drittletzten Absatz, daß ein Betrag, den ein Mitglied DPF oder DPA schuldet, nach Abrechnung seines Betriebskontos seinem Kapitalkonto belastet werden darf, wenn dieser nicht auf andere Weise eingezogen werden kann. Ferner ergibt sich aus § 7 in Verbindung mit § 25 der Satzung der Klägerin, daß die Genossenschaft berechtigt ist, ein Mitglied, das seine Schuld ihr gegenüber nicht begleicht, auszuschließen, wenn eine Einziehung auf den gängigen Verfahrenswegen sich als unmöglich erwiesen hat, und bei der Rückzahlung der auf dem Betriebs- und dem Kapitalkonto des Mitglieds festgelegten Beträge ihre Forderung diesem gegenüber durch Verrechnung einzuziehen. Damit bedarf die Klägerin entgegen ihrer Darstellung durchaus keiner zusätzlichen finanziellen Sicherstellung wie etwa der ausschließlichen Lieferpflicht, um sicher sein zu können, daß eine Rückzahlung der gewährten Jungtiervorschüsse erfolgt. Diese Verpflichtung wirkt sich dahin aus, daß zum einen die Mitglieder, die einen Jungtiervorschuß erhalten, nicht in völliger Unabhängigkeit über ihre Verkaufspolitik entscheiden können, und daß zum anderen der Zugang der Wettbewerber der Klägerin zum dänischen Markt erschwert wird. Unter diesen Umständen ist die ausschließliche Lieferpflicht, die mit der Gewährung eines Jungtiervorschusses verbunden ist, geeignet, im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag den Wettbewerb zu beschränken.

119 Was das Vorbringen betrifft, zum einen würden Verletzungen der Lieferpflicht nicht durch den Ausschluß aus der DPF geahndet, und zum anderen könne sich ein Zuechter, der einen Jungtiervorschuß erhalten habe, von der Lieferpflicht durch Rückzahlung des Vorschusses befreien, so mildern diese Praktiken den Zwangscharakter der sich aus der streitigen Regelung ergebenden ausschließlichen Lieferpflicht nicht. Zu dem Vorbringen, daß die Dauer der Verpflichtung mit der der meisten Verträge verglichen werden könne, die ständig in der Landwirtschaft zur Anwendung gelangten, weist das Gericht darauf hin, daß die etwaige Existenz vergleichbarer Verträge auf anderen Märkte nicht maßgebend für die Würdigung des wettbewerbsbeschränkenden Charakters der fraglichen Verpflichtung in ihrem eigenen Kontext ist, da der dargelegte Vergleich Märkte betrifft, die sich grundsätzlich von dem relevanten Markt unterscheiden. Zu diesem ist erneut auf die überaus starke Marktstellung der Klägerin hinzuweisen, die den wettbewerbsbeschränkenden Charakter der streitigen Regelung noch verstärkt.

120 Was die Regeln der Aufnahme in das Qualitätszuechterverzeichnis und insbesondere die Verpflichtung der Beteiligten angeht, ihre gesamte Produktion zum Verkauf auf den von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen abzuliefern, ist das Gericht der Auffassung, daß diese Verpflichtung es den an der Aufnahme in das Qualitätszuechterverzeichnis Interessierten untersagt, einen anderen Absatzkanal als den der von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen zu benutzen. Unter den vorstehend definierten Voraussetzungen ist daher auch diese Regelung geeignet, den Wettbewerb zu beschränken.

121 Unbegründet ist weiter das Vorbringen der Klägerin, die Ablieferung der gesamten Produktion eines Teilnehmers sei notwendig, um eine ordnungsgemässe Bewertung der Qualität der Gesamtproduktion der Zuechter zu ermöglichen; um dieses Ziel zu erreichen, brauchen nämlich die für das Qualitätszuechterverzeichnis bestimmten Felle nicht über die Klägerin verkauft zu werden. Denn diese Tätigkeit hat keinerlei Beziehung zur Kontrolle der Qualität dieser Felle.

122 Wie bereits dargelegt, erfordert es die Beurteilung der Wirkungen der ausschließlichen Lieferpflicht, den wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, in dem diese Pflicht steht und zusammen mit anderen zu einer kumulativen Auswirkung auf den Wettbewerb führen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Februar 1991, Delimitis, a. a. O., Randnr. 14). Unter den Umständen des vorliegenden Falles beschränken die ausschließliche Lieferpflicht, die mit dem Qualitätszuechterverzeichnis verbunden ist, und die ausschließlichen Lieferpflichten in Zusammenhang mit der Nothilfeordnung und dem Jungtiervorschuß für sich genommen und in ihrer kumulativen Wirkung den Wettbewerb, weil den Wettbewerbern der Klägerin, da die Hauptversorgungsquelle für Felle in Dänemark ihnen weitgehend verschlossen ist, der Zugang zum Markt erschwert ist.

123 Die Kommission hat somit hinreichend dargetan, daß die Verpflichtung der Mitglieder, der Klägerin ihre gesamte Produktion zum Verkauf durch diese abzuliefern, wenn sie einen Jungtiervorschuß beantragen oder die Aufnahme in das Qualitätszuechterverzeichnis anstreben, geeignet ist, den Wettbewerb im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zu beschränken.

4.1.4 Zu § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung

124 In Randnummer 10 Absatz ii der Entscheidung wird ausgeführt:

Die in der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung enthaltene 100%-Lieferverpflichtung... beschränkt die Wahlmöglichkeiten der Mitglieder und hindert sie daran, über den Absatz ihrer Ware unabhängig zu bestimmen. Durch die Abschottung der wichtigsten Lieferquelle für Pelze in Dänemark wird ein Hindernis für den Marktzutritt von Wettbewerbern errichtet.

In Randnummer 14 der Entscheidung heisst es sodann:

Die Zuwiderhandlungen nahmen spätestens zu folgenden Zeitpunkten ihren Anfang:

[nicht wiedergegeben]

iv) die 100%-Verpflichtung in der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung: am 1. Januar 1973.

125 Aus den Akten ergibt sich, daß die Pelzbearbeitungskontrolle zum einen auf einer von der Klägerin geschaffenen Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung und zum anderen auf individuellen Verträgen zwischen der Klägerin und solchen Zuechtern beruht, die als Pelzbearbeitungszentrum anerkannt werden wollen. Diese Einzelverträge müssen sich an die Regelungen der Rahmenvereinbarung halten. Ein Pelzbearbeitungszentrum, das im Einzelfall von einem der Klägerin angeschlossenen Zuechter betrieben wird, ist ein spezialisierter Fachbetrieb, der nicht nur die Zurichtung der Felle seiner eigenen Tiere, sondern auch die der Felle anderer Zuechter vornimmt, die die Zurichtung ihrer Felle nicht selbst übernehmen wollen oder meinen, dazu nicht in der Lage zu sein. Die Klägerin verpflichtet sich, die Pelzbearbeitungszentren ständig zu kontrollieren.

126 § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung lautet:

Das Pelzbearbeitungszentrum verpflichtet sich, ausschließlich die Interessen von DPA zu verfolgen und insbesondere seine eigenen oder die ihm übergebenen Felle niemand anderem als Vertretern von DPA zu zeigen. Das Pelzbearbeitungszentrum ist ebenfalls verpflichtet, Verkäufe oder sonstige Belieferungen mit Fellen nicht an andere Aufkäufer oder Verkaufsorganisationen als DPA zu vermitteln.

Vorbringen der Parteien

127 Die Klägerin führt aus, die Beklagte erliege einem Irrtum, wenn sie in Randnummer 10 Absatz ii der Entscheidung von der in der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung enthaltene[n] 100%-Lieferverpflichtung spreche. Ihr Ziel sei es vielmehr gewesen, so viele Mitglieder wie möglich dazu zu bringen, ihre Felle selbst zuzurichten, weil dies ein wichtiger Abschnitt der Produktion und zugleich ein Rationalisierungsfaktor sei und die Zuechter so darüber hinaus ihre Kosten minimieren könnten. Um die Zuechter zu ermuntern, ihre Felle selbst zuzurichten, werde ihnen ständig Unterstützung gewährt, unter anderem durch die Veranstaltung von Spezialkursen. Nach der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung nehme die Klägerin eine Qualitätskontrolle der Zurichtung der Felle durch die betreffenden Zuchtbetriebe vor, die das Pelzbearbeitungszentrum auf eigene Rechnung betrieben. Aufgrund dieser Zusammenarbeit könne das Pelzbearbeitungszentrum die Stellung eines "Fachbetriebes für Pelzbearbeitung" erhalten. Im Gegenzug verpflichteten sich die Pelzbearbeitungszentren, nicht unmittelbar Tätigkeiten nachzugehen, die mit den Versteigerungen der Klägerin in Wettbewerb treten könnten, indem sie etwa als Vermittler oder als Sammelstelle für im Wettbewerb mit der Klägerin stehende Dritte tätig würden. Ein Pelzbearbeitungszentrum, das der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung beigetreten sei, könne Felle für jedermann zurichten. Jeder Zuechter könne seine Tiere nach deren Tötung abliefern und die Felle beim Pelzbearbeitungszentrum nach ihrer Zurichtung wieder abholen, um sie an beliebige Personen zu verkaufen.

128 Nach Auffassung der Kommission schränkt § 5 der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung die Entscheidungsfreiheit der Mitglieder der Klägerin ein und hindert sie, über den Absatz ihrer Ware unabhängig zu bestimmen. Diese Regelung führe dazu, daß der Zuechter, der seine Tiere zum Abziehen der Felle an das Pelzbearbeitungszentrum geliefert habe, nicht die Möglichkeit habe, das Zentrum etwa zu bitten, seine Felle einem der Wettbewerber der Klägerin zu zeigen. Wichtig sei insoweit, daß nicht der Zuechter selbst das Pelzbearbeitungszentrum auffordere, seine Felle nicht zu zeigen, und daß ein Zuechter, der das Pelzbearbeitungszentrum bitte, seine Felle möglichen Käufern zu zeigen, aufgrund der streitigen Regelung in der Vereinbarung eine Absage erhalte. Diese wettbewerbsbeschränkende Regelung verhindere, daß Zuechter ihre Felle an andere Auktionshäuser als das der Klägerin lieferten, da das Pelzbearbeitungszentrum nicht die Möglichkeit habe, ihre Produktion anderen Käufern oder Auktionshäusern zu zeigen. Ein solches Verbot erschwere die Lieferung von Fellen an andere Auktionshäuser als das der Klägerin ungemein und verstärke die anderweit festgelegten Lieferpflichten. Da es bereits ein Wettbewerbsverbot in der Satzung gebe, sei es überfluessig gewesen, es nochmals in die Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung aufzunehmen, aber die Klägerin habe es trotzdem getan und sich geweigert, diese Bestimmung auf Ersuchen der Kommission aufzuheben. Daß die streitige Regelung eine Pflicht beinhalte, die die Lieferung von Fellen an andere Auktionshäuser als das der Klägerin erschwere, bestätige, daß die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen des Wettbewerbsverbots durch eine abgestimmte Verhaltensweise in Form der Nichtbelieferung der Wettbewerber der Klägerin verstärkt worden seien. Diese Wettbewerbsbeschränkung betreffe sämtliche Zuechter, die das Abziehen der Felle in einem Pelzbearbeitungszentrum durchführen ließen, das der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung beigetreten sei, was für 1984/85 ungefähr 30 % und für 1987/88 20 % der Zuechter entspreche.

Würdigung durch das Gericht

129 Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90 (Technische Universität München, Slg. 1991, I-5469) entschieden:

"..., daß die Kommission in einem Verwaltungsverfahren, das komplexe technische Beurteilungen zum Gegenstand hat, über einen Beurteilungsspielraum verfügt, um ihre Aufgaben erfuellen zu können.

Soweit jedoch die Organe der Gemeinschaft über einen solchen Beurteilungsspielraum verfügen, kommt eine um so grössere Bedeutung der Beachtung der Garantien zu, die die Gemeinschaftsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt. Zu diesen Garantien gehören insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalles zu untersuchen, das Recht des Betroffenen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, und das Recht auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung. Nur so kann der Gerichtshof überprüfen, ob die für die Wahrnehmung des Beurteilungsspielraums maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben."

Der in Artikel 190 EWG-Vertrag verankerte Grundsatz einer ausreichend genauen Begründung gehört zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts, dessen Beachtung vom Gericht sicherzustellen ist, das gegebenenfalls eine etwaige Verkennung dieser Pflicht von Amts wegen aufgreifen kann (Urteile des Gerichtshofes vom 20. März 1959 in der Rechtssache 18/57, Nold/Hohe Behörde, Slg. 1959, 89, und des Gerichts vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache T-45/90, Speybrouck/Parlament, Slg. 1992, II-33).

Es ist daher zu prüfen, ob die in einem Rahmen komplexer wirtschaftlicher Bewertungen angesiedelte Entscheidung, soweit sie die Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung betrifft, unter Beachtung der vorstehend aufgeführten Grundsätze getroffen worden ist.

130 Eine Prüfung des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe d der Entscheidung ergibt, daß die Kommission davon ausgegangen ist, daß zwei Verbote nach § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellen: zum einen das Verbot gegenüber dem Pelzbearbeitungszentrum, anderen Aufkäufern als denen von DPA Felle zu zeigen, und zum anderen das Verbot gegenüber dem Pelzbearbeitungszentrum, Verkäufe oder jede sonstige Form der Lieferung an andere Aufkäufer als die von DPA vorzunehmen.

131 Bezueglich des Verbotes gegenüber dem Pelzbearbeitungszentrum, anderen Aufkäufern als denen von DPA Felle zu zeigen, kann das Gericht lediglich feststellen, daß dieser Abschnitt des verfügenden Teils in der Entscheidung selbst nicht begründet ist und die einzigen Darlegungen der Kommission hierzu sich in ihrer Klagebeantwortung und ihrer Gegenerwiderung finden. Nach ständiger Rechtsprechung muß indessen die Begründung einer Entscheidung in der Entscheidung selbst enthalten sein. Die Entscheidung kann nicht zum erstenmal und nachträglich vor dem Gemeinschaftsrichter erläutert werden, falls nicht aussergewöhnliche Umstände gegeben sind, an denen es aber im vorliegenden Fall fehlt (vgl. die Urteile des Gerichtshofes vom 26. November 1981 in der Rechtssache 195/80, Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861, vom 8. März 1988 in den verbundenen Rechtssachen 64/86, 71/86 bis 73/86 und 78/86, Sergio/Kommission, Slg. 1988, 1399, sowie das Urteil des Gerichts vom 20. März 1991 in der Rechtssache T-1/90, Pérez-Míngüz Casariego/Kommission, Slg. 1991, II-143). Es ist daher festzustellen, daß dieser Abschnitt des verfügenden Teils der Entscheidung einer ihn tragenden Begründung entbehrt und infolgedessen für nichtig erklärt werden muß.

132 Was das Verbot gegenüber dem Pelzbearbeitungszentrum betrifft, Verkäufe oder jede sonstige Form der Lieferung an andere Aufkäufer als die von DPA vorzunehmen, kann das Gericht lediglich feststellen, daß als einzige Begründung, die zur Stützung dieses Abschnitts des verfügenden Teils herangezogen werden könnte, diejenige über die angeblich in der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung enthaltene ausschließliche Lieferpflicht in den Randnummern 10 Absatz ii und 14 Absatz iv der Entscheidung in Frage kommt. Das Gericht ist indessen der Auffassung, daß weder der Wortlaut der streitigen Regelung noch die praktischen Modalitäten des Funktionierens der klagenden Genossenschaft eine solche ausschließliche Lieferpflicht erkennen lassen, wie dies im übrigen auch die Kommission in ihrer Klagebeantwortung stillschweigend, aber unverkennbar anerkannt hat.

133 § 5 der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung legt seinem Wortlaut nach als solcher keine ausschließliche Lieferpflicht fest, und zwar weder eine Verpflichtung der Zuechter, ihre gesamten Felle an die Pelzbearbeitungszentren, noch eine Pflicht der Pelzbearbeitungszentren, alle von ihnen zugerichteten Felle an die Klägerin zum Verkauf nur auf den von dieser veranstalteten Versteigerungen zu liefern.

134 Dieses Verständnis des Wortlauts wird durch eine Prüfung der Modalitäten der praktischen Funktionsweise der klagenden Genossenschaft bestätigt. Die Klägerin hat nämlich ohne Widerspruch seitens der Kommission vorgetragen, daß ein Pelzbearbeitungszentrum, das der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung beigetreten sei, die Zurichtung der Felle für jedermann übernehmen könne, und daß jeder Zuechter seine Tiere nach deren Tötung dem Pelzbearbeitungszentrum liefern, sie nach der Zurichtung wieder abholen und über private Versteigerungen an Pelzhändler oder an Wettbewerber der Klägerin zum Verkauf auf den von diesen veranstalteten Versteigerungen verkaufen könne (vgl. Randnr. 127 dieses Urteils). Ferner verpflichtet § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin zwar ihre Mitglieder, nicht in unmittelbarem Wettbewerb zu den Verkaufstätigkeiten der Klägerin tätig zu werden, legt selbst aber keine ausschließliche Lieferpflicht fest, da diese Regelung sich im wesentlichen dahin auswirkt, jedem Mitglied der Genossenschaft das Zusammentragen von Fellen für andere als die von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen zu untersagen (vgl. Randnr. 73 dieses Urteils).

135 Diese Feststellung wird weiter durch das eigene Vorbringen der Kommission in ihrer Klagebeantwortung und ihrer Gegenerwiderung bestätigt, da sich das beklagte Gemeinschaftsorgan auf die Darlegung beschränkt hat, die streitige Regelung sei eine Wettbewerbsbeschränkung und verstärke die anderweit bestehenden Verpflichtungen, ohne jedoch zu behaupten, daß § 5 der Vereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung selbst irgendeine ausschließliche Lieferpflicht festlege.

136 Hieraus folgt, daß die einzige Begründung der Entscheidung, die die Feststellung einer Zuwiderhandlung in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d des verfügenden Teils der Entscheidung bezueglich des Verbots gegenüber den Pelzbearbeitungszentren, Verkäufe oder eine sonstige Form der Lieferung zugunsten anderer Käufer als DPA durchzuführen, stützen könnte, fehlerhaft ist.

137 Nach alledem ist Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d der Entscheidung für nichtig zu erklären, ohne daß das Gericht zu prüfen hätte, ob die streitige Regelung den Wettbewerb beschränkt oder die Wirkung anderer in der Satzung der Klägerin enthaltener ausschließlicher Lieferpflichten verstärkt, weil die Kommission diese Rechtsbehauptung nicht in der Entscheidung selbst, sondern erstmals in den beim Gericht eingereichten Schriftsätzen aufgestellt hat. Es folgt weiterhin aus alledem, daß die Kommission in der Entscheidung der Klägerin eine abgestimmte Verhaltensweise lediglich in Zusammenhang mit § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin vorgeworfen hat, zu der sich das Gericht in Randnummer 83 dieses Urteils geäussert hat. Das Gericht hat daher, wie die Klägerin zu Recht geltend gemacht hat, auch Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als er einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag durch abgestimmte Verhaltensweisen feststellt.

4.2 Zur Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und zur spürbaren Einschränkung des Wettbewerbs

138 Die Kommission ist in der Entscheidung davon ausgegangen, der Handel zwischen Mitgliedstaaten werde beeinträchtigt, weil § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung der Klägerin und die ausschließliche Lieferpflicht, von der sowohl der Jungtiervorschuß und die Einbeziehung in die Beistandsregelung als auch die Teilnahme am Wettbewerb für die Aufnahme in das Qualitätsverzeichnis abhängig gemacht seien, durch die Errichtung eines Beinahemonopols beim Vertrieb und Verkauf von Nerz- und Fuchsfellen in Dänemark eine Einschränkung des Marktzutritts von Wettbewerbern bezweckt oder bewirkt hätten. Die Beschränkung bzw. Beseitigung des tatsächlichen Wettbewerbs habe zu einer Abschottung innerhalb des Gemeinsamen Marktes geführt, indem der dänische Pelzmarkt für Wettbewerber der Klägerin buchstäblich unzugänglich geworden sei, und wirke sich angesichts der Bedeutung des Rauchwarensektors in Dänemark (über 27 % der Weltnerzzucht) spürbar auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten aus.

Vorbringen der Parteien

139 Die Klägerin macht geltend, die streitigen Regelungen hätten eine so geringe Auswirkung auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel, daß sie nach dem Spürbarkeitserfordernis unberücksichtigt gelassen werden dürften. Kein Zuechter sei in der Lage, das Angebot und damit die Preise zu beeinflussen.

140 Die Kommission macht unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 25. Februar 1986 in der Rechtssache 193/83 (Windsurfing International/Kommission, Slg. 1986, 661) geltend, die streitigen Regelungen hinderten die Mitglieder der Genossenschaft daran, einen Teil ihrer Erzeugung in andere Mitgliedstaaten zum Verkauf zu schicken. Unter Hinweis auf das sog. "Lab-Urteil" vom 25. März 1981, a. a. O., Randnr. 13, vertritt sie die Auffassung, daß die sich aus den streitigen Regelungen ergebende Wettbewerbsbeschränkung geeignet sei, den Wettbewerb zwischen den Auktionshäusern zu unterbinden. Es sei ohne Bedeutung, daß die betreffenden Regelungen auch andere Zwecke verfolgten. HBA habe in den anderen nordischen Ländern einen weitaus grösseren Anteil der dort erzeugten Felle bezogen als in Dänemark. Die dänische Nerzfellerzeugung stelle 72 % der Erzeugung der Mitgliedstaaten dar und der Umsatz der Klägerin übersteige bei weitem 200 Millionen ECU.

Würdigung durch das Gericht

141 Um im Hinblick auf das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag die wettbewerbsbeschränkende Wirkung zu würdigen, die sich aus den streitigen Regelungen ergeben könnte, die nach Auffassung des Gerichts geeignet sind, einen solche Wirkung hervorzubringen, ist zu prüfen, ob sie zu einer hinreichend spürbaren Veränderung des Wettbewerbs in der Gemeinschaft geführt haben, also insbesondere zu untersuchen, ob die streitigen Regelungen "anhand objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen (lassen), daß sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder der Möglichkeit nach den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen (können)" (vgl. das Urteil des Gerichtshofes vom 30. Juni 1966, Société Technique Minière, a. a. O.). Es gilt daher herauszufinden, ob die streitigen Regelungen insbesondere geeignet sind, den Gemeinsamen Markt dadurch abzuschotten, daß die Wettbewerber der Klägerin praktisch keinen Zugang zum dänischen Markt haben, und dadurch die vom EWG-Vertrag gewollte wirtschaftliche Durchdringung zu verhindern.

142 Bei der Behandlung dieses Teils des Klagegrundes sind folgende Zahlen erheblich, die entweder von der Klägerin selbst geliefert oder aber von ihr nicht bestritten worden sind:

° Erstens stellt die dänische Nerzfellproduktion ungefähr 72 % der Gesamtproduktion der Mitgliedstaaten dar;

° zweitens hat DPA von in Dänemark im Jahresdurchschnitt erzeugten 9 Millionen Nerz- und 240 000 Fuchsfellen 1985/86 8 Millionen bzw. 185 000, 1986/87 8,3 Millionen bzw. 190 000 Stück verkauft;

° drittens werden 98 % der Nerzfelle exportiert.

Diese Ausfuhren erfolgen zu einem Anteil, der je nach Jahr zwischen 33 und 46 % schwankt, in die anderen Mitgliedstaaten; schließlich gehören der Klägerin nach deren Bekundung in der mündlichen Verhandlung 5 000 Zuechter an, während nur 50 bis 100 dänische Zuechter nicht zu ihren Mitgliedern zählen.

143 Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß ein erheblicher Teil der betreffenden Fellproduktion der Gemeinschaft unter der Geltung der streitigen Regelungen abgesetzt wird. Hieraus folgt, daß diese, die nach der Entscheidung des Gerichts geeignet sind, gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zu verstossen, damit auch geeignet sind, die Handelsströme aus ihrer natürlichen Richtung abzulenken und so den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Die Kommission ist daher unter diesen Umständen zu Recht davon ausgegangen, daß die Satzung und die Regelungen der Funktionsweise der klagenden Genossenschaft, die nach der Entscheidung des Gerichts geeignet sind, gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zu verstossen, eine spürbare Wirkung auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel ausüben.

144 Der Teil des Klagegrundes, der auf das Fehlen einer ausreichenden Beeinträchtigung des Wettbewerbs und des innergemeinschaftlichen Handels gestützt ist, ist daher zurückzuweisen.

4.3 Zur Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag

145 Die Kommission ist in der Entscheidung davon ausgegangen, daß die Satzung und die mitgeteilten Regeln eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 nicht rechtfertigten, weil die Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht erfuellt seien. Zum Jungtiervorschuß, zu den Voraussetzungen für die Aufnahme in das Qualitätszuechterverzeichnis und zur Rahmenvereinbarung zur Überprüfung der Pelzbearbeitung stellt die Entscheidung fest, daß diese nicht formell gemeldeten Bestimmungen nicht unter Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 fielen und daher eine Ausnahme nach Artikel 85 Absatz 3 nicht gerechtfertigt sei. Eine solche Ausnahme kann nach der Entscheidung auf keinen Fall gewährt werden, da diese Bestimmungen den Wettbewerb auf die gleiche Weise beschränken wie die gemeldeten Bestimmungen.

Vorbringen der Parteien

146 Die Klägerin vertritt in ihrer Erwiderung die Auffassung, daß die Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 EWG-Vertrag erfuellt seien und die Kommission auf jeden Fall dem von ihr gestellten Freistellungsantrtag nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag hätte stattgeben müssen.

147 Die Kommission macht geltend, sie habe in ihrer Entscheidung dargelegt, daß die Voraussetzungen für eine Freistellung nicht erfuellt seien, und die Klägerin habe dies in ihrer Klageschrift nicht bestritten. Infolgedessen sei dieser Klagegrund, der zum erstenmal in der Erwiderung vorgebracht worden sei, unzulässig.

Würdigung durch das Gericht

148 Dieser Klagegrund ist zum erstenmal in der Erwiderung geltend gemacht worden. Gemäß Artikel 42 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 11 Absatz 3 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften für das Verfahren vor dem Gericht entsprechend galt und dessen Fassung in Artikel 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts weitgehend übernommen worden ist, "können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind". Dieser Teil des Klagegrundes ist daher unzulässig.

149 Aus alldem ergibt sich, daß die Entscheidung in dem folgenden Umfang für nichtig zu erklären ist:

° Artikel 1 Absatz 1, soweit er mit der in Buchstabe a genannten Satzungsbestimmung abgestimmte Verhaltensweisen in Verbindung bringt, die eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellen sollen;

° Artikel 1 Absatz 1, soweit er abgestimmte Verhaltensweisen betrifft, die Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag darstellen sollen;

° Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d, soweit er eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag durch § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung feststellt;

° Artikel 1 Absatz 2, soweit er der Klägerin aufgibt, die angeblichen abgestimmten Verhaltensweisen einzustellen und § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung aufzuheben.

Zu den Hilfsanträgen auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbusse

Vorbringen der Parteien

150 Die Klägerin macht geltend, falls ihr ein Fehler bei der rechtlichen Beurteilung vorzuwerfen sei, sei dieser Fehler entschuldbar. Sie habe nicht daran gedacht, daß die Genossenschaften und ihre Tätigkeiten im Bereich der Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags auf einer anderen Grundlage beurteilt würden als nach den Rechtsvorschriften des dänischen Rechts. Mit einem Schreiben des Monopoltilsynet vom 24. September 1986 hätten die dänischen Wettbewerbsbehörden der Kommission mitgeteilt, daß sie weder für ein Einschreiten bei der Klägerin wegen ihrer Satzung noch für die Forderung, diese solle sich im Register des Monopoltilsynet eintragen lassen, eine Rechtsgrundlage gefunden hätten. Im übrigen habe sie sämtliche Satzungsbestimmungen, auf die sich die Entscheidung der Kommission gestützt habe, abgeändert, um ihren guten Willen zu zeigen.

151 In ihrer Erwiderung weist die Klägerin darauf hin, daß sie als Genossenschaft ihre Geschäftstätigkeit auf genossenschaftliche Grundsätze gestützt habe, denen in den meisten Ländern eine allgemeine, mit der Stellung als Mitglied verbundene Lieferpflicht entspreche. Ihre Bestimmungen seien weniger restriktiv, so daß sie mit Fug und Recht davon habe ausgehen können, daß eine Zuwiderhandlung gegen Wettbewerbsregeln nicht vorliege. Sie habe sich auf eine genossenschaftliche Tradition gestützt, die in allen Mitgliedstaaten gelte.

152 Unter Berufung auf die Wettbewerbssachen Frubo (Entscheidung 74/433/EWG der Kommission vom 25. Juli 1974, ABl. L 237, S. 16), Blumenkohl (Entscheidung 78/66/EWG der Kommission vom 2. Dezember 1977, ABl. 1978, L 21, S. 23), Lab (Entscheidung 80/234/EWG der Kommission vom 5. Dezember 1979, ABl. 1980, L 51, S. 19) und Blumenzucht (Entscheidung 88/491/EWG der Kommission vom 26. Juli 1988, ABl. L 262, S. 27) macht die Klägerin geltend, daß die Kommission gegen die betreffenden Genossenschaften keine Geldbussen verhängt habe, obwohl deren Tätigkeiten den Wettbewerb stärker eingeschränkt hätten, als dies vorliegend der Fall sei.

153 Die Kommission hält es für ausgeschlossen, daß die Klägerin einem entschuldbaren Rechtsirrtum erlegen sei. Die Beurteilung durch die dänischen Behörden beziehe sich ausschließlich auf das dänische Recht. Die Klägerin habe wissen müssen, daß sämtliche streitigen Bestimmungen, insbesondere die ausschließliche Lieferpflicht für ihre Versteigerungen, mit Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unvereinbar seien. Die Kommission habe berücksichtigt, daß die Klägerin nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte konkrete Änderungsvorschläge für ihre Satzung vorgelegt habe, um die beanstandeten Beschränkungen abzustellen. Sie müsse, wie den Urteilen "Pioneer" (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den verbundenen Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique Diffusion française, Slg. 1983, 1825) und "Anseau-Navewa" (Urteil des Gerichtshofes vom 8. November 1983 in den verbundenen Rechtssachen 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, Anseau-Navewa/Kommission, Slg. 1983, 3369) zu entnehmen sei, auf die abschreckende Wirkung ihres Vorgehens achten und eine grosse Zahl von Gesichtspunkten berücksichtigen, die in ihrer Art und Bedeutung je nach Typ und besonderen Umständen der Zuwiderhandlung unterschiedlich seien. Bei der Festsetzung der Geldbusse im vorliegenden Fall habe sie sich an diese Orientierungspunkte gehalten.

154 In den von der Klägerin angeführten Sachen sei die Kommission davon ausgegangen, daß eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 vorliege und eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag nicht möglich sei. Im übrigen sei es in all diesen Sachen mit Ausnahme der Lab-Sache um Produkte des in Artikel 38 EWG-Vertrag genannten Anhangs II gegangen. Darüber hinaus habe sie in der Sache Meldoc (Entscheidung 86/596/EWG der Kommission vom 26. November 1986, ABl. L 348, S. 50), bei der fünf Unternehmen und hierunter vier Genossenschaften des Milchsektors betroffen gewesen seien, höhere Geldbussen als vorliegend gegen die Klägerin festgesetzt.

155 Nach Auffassung der dänischen Regierung sollte keine Geldbusse gegen die Klägerin festgesetzt werden, weil deren Mitglieder die betreffende Satzung als einen normalen Bestandteil der besonderen Struktur der Genossenschaft und nicht als ein Mittel der Wettbewerbsbeschränkung betrachtet hätten. Vorliegend habe es keine schwerwiegende oder vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 EWG-Vertrag gegeben, was als mildernder Umstand berücksichtigt werden müsse.

Würdigung durch das Gericht

156 Was das Vorbringen der Klägerin angeht, sie sei in ihrem entschuldbaren Irrtum durch die Reaktion der dänischen Monopolbehörden bestärkt worden, so betrifft der Brief des Monopoltilsynet vom 24. September 1986 lediglich die Eintragung der Klägerin in das Register des Monopoltilsynet und ausserdem, soweit es die in der Entscheidung behandelten Bestimmungen anlangt, nur die Satzung der Klägerin. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes verpflichten zudem die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 5 EWG-Vertrag die Mitgliedstaaten, keine Maßnahmen zu treffen, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln beseitigen könnten. Infolgedessen kann ein Schreiben der nationalen, vorliegend dänischen Behörden betreffend die Voraussetzungen der Anwendung der Wettbewerbsvorschriften die Kommission in der Frage der Anwendung des Artikels 15 der Verordnung Nr. 17 in keiner Weise binden (Urteil des Gerichtshofes vom 28. März 1985 in der Rechtssache 298/83, CICCE/Kommission, Slg. 1985, 1105, Randnr. 27).

157 Ferner setzt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. zuletzt das Urteil vom 8. Februar 1990 in der Rechtssache C-279/87, Tipp-Ex/Kommission, Slg. 1990, I-261) die Einstufung einer Zuwiderhandlung als vorsätzlich nicht voraus, daß sich das Unternehmen des Verstosses gegen ein durch Artikel 85 EWG-Vertrag festgelegtes Verbot bewusst gewesen ist; es genügt vielmehr, daß es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, daß das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte.

158 Dies ist angesichts der einzelnen Regelungen, die die Zuechter zur Ablieferung ihrer gesamten Fellproduktion zum Verkauf auf den von der Klägerin veranstalteten Versteigerungen verpflichten, sowie der Rechtsnatur der in § 4 Teil 1 Buchstabe f der Satzung verankerten Wettbewerbsklausel und der kumulierten Wirkung dieser Regelungen vorliegend der Fall.

159 Auch die von der Klägerin angeführten Entscheidungen der Kommission konnten für sie kein Grund für eine berechtigte Erwartung und insbesondere für die Annahme sein, eine Genossenschaft sei grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Artikels 85 EWG-Vertrag entzogen. Aus diesen Entscheidungen ergibt sich im Gegenteil, daß die Kommission seit langem davon ausgeht, daß bestimmte Satzungsvorschriften von Genossenschaften gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen können. Aber auch das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe noch nie eine Geldbusse gegen eine Genossenschaft festgesetzt, trifft nicht zu. Mit Recht hat die Kommission auf ihre Entscheidung in der Sache Meldoc hingewiesen. Ferner hat die Kommission als mildernden Umstand berücksichtigt, daß die Anteile an der klagenden Genossenschaft in Händen von Erzeugern sind, deren Einkommen damit unmittelbar von der Ergebnissen der Genossenschaft abhängt.

160 Soweit es den guten Willen der Klägerin betrifft, der daraus zu ersehen sein soll, daß sie die streitigen Vorschriften abgeändert hat, so hat die Kommission, wie Randnummer 14 der Entscheidung ergibt, bereits mildernd berücksichtigt, daß die Klägerin konkrete Vorschläge zur Beendigung der beanstandeten Zuwiderhandlungen vorgelegt hat. Weiterhin kann die Kommission, auch wenn nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbusse neben der Schwere des Verstosses auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist, eine Geldbusse auch dann festsetzen, wenn das betreffende Unternehmen die gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossenden Bestimmungen abändert, da eine solche Änderung nur für die Zukunft wirkt.

161 Allerdings hat das Gericht vorstehend bereits entschieden, daß der verfügende Teil der Entscheidung, wie in Randnummer 149 dieses Urteils näher dargestellt, teilweise für nichtig zu erklären ist. Das Gericht hält in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles eine Herabsetzung der festgesetzten Geldbusse um 40 % für eine zutreffende Bewertung der Folgen dieser Entscheidung; dementsprechend ist eine Geldbusse von 300 000 ECU der Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft und der Dauer dieser Zuwiderhandlung angemessen.

162 Aus alldem ergibt sich, daß die Entscheidung in dem in Randnummer 149 dieses Urteils näher bestimmten Umfang für nichtig zu erklären, die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbusse von 500 000 auf 300 000 ECU herabzusetzen und die Klage im übrigen abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

163 Gemäß Artikel 87 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichts kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Da jede Partei teils obsiegt hat und teils unterlegen ist, sind bei gerechter Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles die Kosten gegeneinander aufzuheben. Im übrigen haben die der Klägerin beigetretenen Streithelfer gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung der Kommission vom 28. Oktober 1988 (IV/B-2/31.424, Hudson' s Bay ° Dansk Pelsdyravlerforening, ABl. L 316, S. 43) wird für nichtig erklärt, soweit er abgestimmte Verhaltensweisen als Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag feststellt.

2) Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe d dieser Entscheidung wird für nichtig erklärt.

3) Artikel 1 Absatz 2 dieser Entscheidung wird für nichtig erklärt, soweit er der Klägerin aufgibt, die angeblichen abgestimmten Verhaltensweisen einzustellen und § 5 der Rahmenvereinbarung zur Überwachung der Pelzbearbeitung aufzuheben.

4) Die in Artikel 2 dieser Entscheidung gegen die Klägerin verhängte Geldbusse wird auf 300 000 ECU festgesetzt.

5) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

6) Die Parteien sowie die Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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