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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: T-61/99
Rechtsgebiete: EGV, Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998, Verordnung Nr. 4056/86


Vorschriften:

EGV Art. 81 Abs. 1
Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 Art. 2
Verordnung Nr. 4056/86 der Kommission Art. 1 Abs. 2 Verordnung Nr. 4056/86 der Kommission Art. 19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 11. Dezember 2003. - Adriatica di Navigazione SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Abgrenzung des relevanten Marktes - Begründung - Preisabsprache - Beweis für die Beteiligung am Kartell - Beweis für die Distanzierung - Diskriminierungsverbot - Geldbußen - Festsetzungskriterien. - Rechtssache T-61/99.

Parteien:

In der Rechtssache T-61/99

Adriatica di Navigazione SpA mit Sitz in Venedig (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte U. Feraro, M. Siragusa und F. M. Moretti, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und L. Pignataro, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24)

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke sowie des Richters R. García-Valdecasas und der Richterin P. Lindh,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2002

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die klagende Adriatica di Navigazione SpA ist eine Schifffahrtsgesellschaft mit öffentlicher Beteiligung, die Passagiere, Pkws und Lkws auf der Route Brindisi-Korfu-Igoumenitsa-Patras zwischen Griechenland und Italien befördert. Sie ist die einzige italienische Gesellschaft, die einen derartigen Roll-on-roll-off-Fährdienst zwischen Griechenland und Italien betreibt.

2 Auf die Beschwerde eines Fahrgastes, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken sehr ähnliche Fährpreise gälten, nahmen Beamte der Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4) in den Geschäftsräumen von sechs Fährdienstbetreibern - fünf in Griechenland und einem in Italien - Nachprüfungen vor.

3 Mit Entscheidung vom 21. Februar 1997 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, indem sie neun Gesellschaften, zu denen auch die Klägerin gehört, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandte.

4 Am 9. Dezember 1998 erließ die Kommission die Entscheidung 1999/271/EG in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24, im Folgenden: Entscheidung).

5 Die Entscheidung enthält folgende Bestimmungen:

"Artikel 1

(1) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Marlines SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für Roll-on-/Roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines und Strintzis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Marlines SA vom 18. Juli 1987 bis zum 8. Dezember 1989;

d) für Anek Lines vom 6. Juli 1989 bis zum Juli 1994.

(2) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Adriatica di Navigazione SpA, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Anek Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

d) für Adriatica di Navigazione SpA vom 30. Oktober 1990 bis zum Juli 1994.

Artikel 2

Gegen folgende Unternehmen werden wegen des in Artikel 1 festgestellten Verstoßes folgende Geldbußen festgesetzt:

- Minoan Lines: eine Geldbuße in Höhe von 3,26 Mio. ECU;

- Strintzis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,5 Mio. ECU;

- Anek Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,11 Mio. ECU;

- Marlines SA: eine Geldbuße in Höhe von 0,26 Mio. ECU;

- Karageorgis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1 Mio. ECU;

- Ventouris Group Enterprises SA: eine Geldbuße in Höhe von 1,01 Mio. ECU;

- Adriatica di Navigazione SpA: eine Geldbuße in Höhe von 0,98 Mio. ECU.

..."

6 Die Entscheidung war an sieben Unternehmen gerichtet: an Minoan Lines mit Sitz in Heraklion, Kreta (Griechenland) (im Folgenden: Minoan), Strintzis Lines mit Sitz in Piräus (Griechenland) (im Folgenden: Strintzis), Anek Lines mit Sitz in Chania, Kreta (im Folgenden: Anek), die Marlines SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Marlines), Karageorgis Lines mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Karageorgis), die Ventouris Group Enterprises SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Ventouris Ferries) und die Adriatica di Navigazione SpA mit Sitz in Venedig (Italien) (im Folgenden: Klägerin).

Verfahren und Anträge der Parteien

7 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 1. März 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben.

8 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen um schriftliche Beantwortung von Fragen und um Vorlage bestimmter Dokumente gebeten. Die Kommission hat diesem Ersuchen innerhalb der gesetzten Frist entsprochen.

9 Die Parteien haben in der Sitzung vom 3. Juli 2002 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

10 Die Klägerin beantragt,

- die Entscheidung, soweit diese sie betrifft, in vollem Umfang oder teilweise für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

11 Die Kommission beantragt,

- die Klage als unbegründet abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

12 Die Klägerin trägt im Rahmen ihres auf Nichtigerklärung der Entscheidung gerichteten Hauptantrags vor, dass die Kommission eine Reihe von Fehlern begangen habe, als sie festgestellt habe, dass die Klägerin gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) verstoßen habe. Mit ihrem ersten Klagegrund macht sie geltend, dass die Entscheidung einen Begründungsmangel hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Marktes und einen Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil aufweise. Mit ihrem zweiten Klagegrund beanstandet sie, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend dargetan, dass sie an dem Kartell, dass ihr in der Entscheidung zur Last gelegt werde, beteiligt gewesen sei. Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes macht sie geltend, dass die als belastende Beweise herangezogenen Unterlagen fehlerhaft gewürdigt und die Zuwiderhandlung falsch zugerechnet worden sei. Im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes trägt sie vor, dass die begangene Zuwiderhandlung falsch eingestuft worden sei. Mit dem dritten Klagegrund wird gerügt, bezüglich der Unternehmen, die auf derselben Route tätig seien wie die Klägerin, seien bei der Zurechnung der Zuwiderhandlung die Grundsätze der Billigkeit und der Gleichbehandlung verletzt worden. Der vierte Klagegrund wird daraus hergeleitet, dass in Ermangelung eines schweren Schadens für den Handel zwischen Mitgliedstaaten Artikel 85 des Vertrages fehlerhaft angewandt worden sei.

13 Ihren Hilfsantrag, der auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße gerichtet ist, stützt die Klägerin auf einen fünften Klagegrund, mit dem sie geltend macht, dass Artikel 19 der Verordnung Nr. 4056/86 verletzt sei, da die Kommission eine unverhältnismäßige Geldbuße gegen sie verhängt und die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung fehlerhaft beurteilt habe.

I - Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag und Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG), da die Entscheidung einen Begründungsmangel hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Marktes und einen Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil aufweise

Vorbringen der Parteien

14 Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe die Entscheidung auf der Grundlage einer fehlerhaften und unvollständigen Abgrenzung des relevanten Marktes erlassen, da sie ungerechtfertigterweise versäumt habe, die grundlegenden Unterschiede zwischen den Routen, den Betreibern der Routen und den verschiedenen Arten von Dienstleistungen zu berücksichtigen. Diese fehlerhafte Abgrenzung habe ihre Position im vorliegenden Fall sehr nachteilig berührt, da sie ein Unternehmen sei, das nur auf einer der von der Entscheidung betroffenen Routen tätig sei und 90 % seines Umsatzes durch die Beförderung von Passagieren, eine von der Entscheidung nicht erfasste Dienstleistung, erziele. Diese Besonderheiten hätten durch eine Beschränkung ihrer etwaigen Verantwortlichkeit mit Rücksicht auf die von ihr befahrene Route berücksichtigt werden müssen.

15 Im Einzelnen trägt sie vor, dass die Beförderung von Fracht und Lkws Besonderheiten gegenüber der Beförderung von Passagieren und Pkws aufweise, da im Frachtverkehr für gewöhnlich besonders wichtig sei, dass ein regelmäßiger Dienst angeboten werde, und zwar auch in der Nebensaison. Außerdem sei für Kunden dieser Art von Dienstleistungen die Nähe zwischen Verlade- und Entladehäfen und den Lieferorten der Waren wichtiger als die Preise. Privatpersonen achteten dagegen mehr auf Qualität und/oder Kosten des Dienstes als auf dessen Regelmäßigkeit (und Entfernung). Die Festlegung der drei betroffenen Routen als einheitlicher räumlicher Markt sei nicht präzise genug. Die drei Routen müssten als teilweise getrennte räumliche Märkte mit verschiedenen "Kundenreservoirs" angesehen werden.

16 Die Klägerin ergänzt, dass die hastige und oberflächliche Art und Weise, in der die Entscheidung die den relevanten Markt betreffenden Fragen behandele, einen Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages darstelle. Hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Marktes und der Art der Zuwiderhandlung bestehe ein Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil der Entscheidung. Im Gegensatz zu einigen Passagen der Gründe, in denen die vorgeworfenen Verhaltensweisen als eine einheitliche und umfassende Zuwiderhandlung dargestellt würden, werde im verfügenden Teil sowohl zwischen den Arten von Dienstleistungen, die Gegenstand von Kartellen gewesen seien, als auch zwischen den Routen, die von den vorgeworfenen Verhaltensweisen betroffen gewesen seien, klar unterschieden. Diese Vorgehensweise habe sich auf die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße ausgewirkt.

17 Die Klägerin beanstandet insbesondere, dass die Kommission sie für ein Gesamtkartell verantwortlich gemacht habe, das nicht nur die Beförderung von Fracht und Lkws, sondern auch die von Passagieren betroffen habe, und zwar nicht nur auf der einzigen Route, auf der sie selbst tätig sei, sondern auf allen Routen, die auf unterschiedliche Weise von den übrigen Adressatinnen der Entscheidung betrieben würden.

18 Die Klägerin unterstreicht in diesem Zusammenhang die konkreten Folgen, die eine derartige Art der Zurechnung von Zuwiderhandlungen habe. Es genüge, auf die Fälle von Fahrgästen hinzuweisen, die im streitigen Zeitraum die Dienste der Klägerin in Anspruch genommen hätten und die unter Berufung auf die Entscheidung, in der ein Kartell zur Festsetzung bestimmter Preisniveaus für den Seetransport (unter Umständen höherer als ohne das angebliche Kartell) festgestellt worden sei, gegen die Klägerin auf Schadensersatz klagten. Würde die Entscheidung bestätigt (rebus sic stantibus), so würde sie die Klagen von Personen rechtfertigen, die die Dienste der Klägerin im Bereich der Beförderung von Passagieren in Anspruch genommen hätten, und somit nicht nur die Klagen von Kunden im Bereich des Lkw-Transports. Unter diesen Umständen sei eine fehlerhafte Abgrenzung des Referenzmarktes, da sie sich auf die Zuordnung von Verantwortlichkeiten auswirke, ein schwerer Mangel, der zwangsläufig die Gültigkeit der Entscheidung berühre. Hätte die Kommission anerkannt, dass die drei von der Entscheidung betroffenen Routen zumindest hinsichtlich der Beförderung von Fracht und Lkws getrennte Märkte darstellten, so hätte sie die Klägerin nicht auch für die von anderen Gesellschaften auf anderen Routen erbrachten Dienstleistungen verantwortlich machen können. Außerdem wäre die Zuwiderhandlung, die ihr gegebenenfalls zur Last gelegt werden könne, unweigerlich weniger schwer gewesen, was sich spürbar auf die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße ausgewirkt hätte.

19 Die Kommission macht geltend, dass dieser Klagegrund unbegründet sei; da ausreichende Beweise dafür vorgelegen hätten, dass auf den drei geprüften Routen (Ancona-/Bari-/Brindisi-Patras) in ihrer Gesamtheit eine Zuwiderhandlung begangen worden sei, habe sie den relevanten Markt nicht anders abzugrenzen brauchen. Die Klägerin erläutere im Übrigen nicht, inwieweit ein Fehler bei der Abgrenzung des relevanten Marktes zur Ungültigkeit der Entscheidung führen würde.

20 Was das Angebot der fraglichen Reedereien angehe, so bildeten die drei Routen einen einheitlichen Markt, weshalb es nicht nötig gewesen sei, in Bezug auf die Nachfrage zu untersuchen, ob die Dienstleistungen der Beförderung von Passagieren und der Beförderung von Fracht austauschbar gewesen seien. Sie habe in ihrer Entscheidung in der Tat festgestellt, dass zwischen den Häfen von Ancona, Bari und Brindisi hinsichtlich der Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Griechenland und Italien ein gewisses Maß an Austauschbarkeit bestehe (vgl. Randnr. 5 der Entscheidung). Außerdem habe sie in den Randnummern 3, 20, 29, 31, 34, 36, 97 und 144 der Entscheidung festgestellt, dass bezüglich des Angebots der relevante Markt der Markt für Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Griechenland und Italien sei. Schließlich habe sich die Vereinbarung zwischen den Reedereien auf alle zwischen Griechenland und Italien erbrachten Roll-on-roll-off-Dienste bezogen, ohne danach zu unterscheiden, welche Gesellschaft auf welchen Routen tätig sei.

21 Was die räumliche Abgrenzung des relevanten Marktes angeht, so beruft sich die Kommission auf das Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94 (Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, so genanntes "PVC II"-Urteil, Slg. 1999, II-931, Randnr. 773), in dem das Gericht festgestellt habe, dass ein Unternehmen für ein Gesamtkartell zur Verantwortung gezogen werden könne, auch wenn es nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieses Kartells unmittelbar mitgewirkt habe, sofern es gewusst habe, dass die Absprache Teil eines Gesamtplans gewesen sei, der auf die Verfälschung des normalen Wettbewerbs gerichtet gewesen sei. Nach Auffassung der Kommission schließt daher der Umstand, dass die Klägerin an dem Kartell nur in Bezug auf die von ihr betriebene Route beteiligt war, nicht ihre Verantwortlichkeit für die gesamte Zuwiderhandlung aus, da sie über das Bestehen eines Gesamtplans der Reedereien zur Preisfestsetzung gewusst habe (Randnr. 117 der Entscheidung). Dass sie nur an einem Aspekt des Kartells beteiligt gewesen sei, der sich allein auf die Beförderungsdienste zwischen Brindisi und Patras bezogen habe, wirke sich deshalb nur auf den Grad ihrer Beteiligung an der Vereinbarung und ihre Verantwortlichkeit für diesen Aspekt der Vereinbarung aus, spiele aber bei der Abgrenzung des betreffenden Marktes keine Rolle. Die Kommission verweist insoweit auf die Randnummern 111 und 144 der Entscheidung, in denen festgestellt werde, dass die Vereinbarungen für die Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi Teil eines umfassenderen Systems von Absprachen seien, mit dem die Preise für die Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Griechenland und Italien festgesetzt würden, und folglich nicht als separate Zuwiderhandlungen, sondern als verschiedene Aspekte einer einheitlichen und kontinuierlichen Zuwiderhandlung zu betrachten seien.

22 Das Vorbringen, mit dem ein Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil der Entscheidung aufgezeigt werden solle, sei daher unbeachtlich und durch die Rechtsprechung des Gerichts (Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-308/94, Cascades/Kommission, Slg. 1998, II-925, Randnr. 156) überholt, wonach die Begründungserwägungen einer Entscheidung im Licht der allgemeinen Systematik der Entscheidung und der Mitteilung der Beschwerdepunkte auszulegen seien.

23 Die Kommission nimmt ferner Bezug auf die Rechtsprechung zu der Frage, wie weit hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Marktes die Pflicht zur Begründung von auf der Grundlage des Artikels 85 des Vertrages getroffenen Entscheidungen geht. Sie zitiert insbesondere das Urteil des Gerichts vom 21. Februar 1995 in der Rechtssache T-29/92 (SPO u. a./Kommission, Slg. 1995, II-289, Randnr. 74), in dem das Gericht festgestellt habe, dass die Festlegung des relevanten Marktes in einem Fall des Artikels 85 EG-Vertrag nicht dieselbe Rolle spiele wie in einem Fall des Artikels 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG).

24 Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Rechtsprechung im vorliegenden Fall heranzuziehen sei, und führt aus, dass sie die Entscheidung hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Marktes nur insoweit begründet habe, als sie dies für erforderlich gehalten habe, damit der Gemeinschaftsrichter die Rechtmäßigkeit der Entscheidung überprüfen könne, da die Klägerin im Verwaltungsverfahren keine Einwände zu diesem Punkt vorgetragen habe. Die Kommission beruft sich insoweit auf die ständige Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte, wonach die Begründung einer beschwerenden Entscheidung eine wirksame Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit ermöglichen und dem Betroffenen die erforderlichen Hinweise geben müsse, anhand deren er erkennen könne, ob die Entscheidung zutreffend begründet sei. Ob eine Begründung ausreiche, sei anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts der betreffenden Maßnahme, der Art der vorgetragenen Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten an Erläuterungen haben könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723; Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-334/94, Sarrió/Kommission, Slg. 1998, II-1439, Randnr. 341, und in der Rechtssache T-354/94, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Slg. 1998, II-2111, Randnr. 56). Aus der Antwort der Klägerin auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gehe hervor, dass sie weder die Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission in den Nummern 3 bis 6 der Mitteilung noch die Beurteilung der Wirkungen der Vereinbarung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten (Nr. 55 der Mitteilung der Beschwerdepunkte) beanstandet habe.

Würdigung durch das Gericht

25 Im Rahmen dieses ersten Klagegrundes wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe den relevanten Markt fehlerhaft und unvollständig abgegrenzt. Sie gliedert diesen Klagegrund in zwei Teile. Zum einen kritisiert sie die Art und Weise, in der die Kommission den relevanten Markt abgegrenzt hat, und macht geltend, dass Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auf den Sachverhalt fehlerhaft angewandt worden sei. Zum anderen trägt sie vor, dass die Kommission einen Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages begangen habe, da ein Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil der Entscheidung bestehe.

A - Zum Vorbringen, dass Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages mangels ausreichender Abgrenzung des relevanten Marktes fehlerhaft angewandt worden sei

26 Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe die Entscheidung erlassen, ohne zuvor den hier relevanten Markt zu prüfen. Wäre eine solche Prüfung erfolgt, hätte die Kommission die Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten von Dienstleistungen, die von den Unternehmen auf den verschiedenen Seerouten zwischen Griechenland und Italien angeboten würden, zutreffend beurteilen können. Dieser erste Teil des Klagegrundes wirft somit die Frage auf, welche Rolle der Abgrenzung des relevanten Marktes beizumessen ist, wenn die Kommission Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages anwendet, um ein Kartell von Unternehmen wie das im vorliegenden Fall zu ahnden.

27 Nach der Rechtsprechung des Gerichts spielt die Festlegung des relevanten Marktes in einem Fall des Artikels 85 des Vertrages nicht dieselbe Rolle wie in einem Fall des Artikels 86 des Vertrages. In einem Fall des Artikels 86 hat die angemessene Festlegung des relevanten Marktes notwendig jeder Beurteilung eines angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens vorauszugehen (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in den Rechtssachen T-68/89, T-77/89 und T-78/89, SIV u. a./Kommission, Slg. 1992, II-1403, Randnr. 159), da vor dem Nachweis der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung die Existenz einer solchen Stellung auf einem bestimmten Markt nachgewiesen werden muss, was die vorherige Festlegung dieses Marktes voraussetzt. In einem Fall des Artikels 85 ist der relevante Markt festzulegen, um zu bestimmen, ob die Vereinbarung, der Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt. Deshalb kann im Rahmen des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages den Rügen, die gegen die Festlegung des Marktes durch die Kommission erhoben werden, keine eigenständige Bedeutung gegenüber den Rügen im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und der Beeinträchtigung des Wettbewerbs zukommen (Urteile des Gerichts SPO u. a./Kommission, Randnr. 75, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-348/94, Enso Española/Kommission, Slg. 1998, II-1875, Randnr. 232). Ferner ist entschieden worden, dass die Einwände gegen die Festlegung des relevanten Marktes unerheblich sind, wenn die Kommission auf der Grundlage der in der angefochtenen Entscheidung erwähnten Schriftstücke zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die fragliche Vereinbarung den Wettbewerb verfälschte und geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491, Randnr. 1094).

28 In den Randnummern 142 und 143 der Entscheidung hat die Kommission erläutert, weshalb im vorliegenden Fall die fragliche Vereinbarung den Wettbewerb verfälsche und geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Nach Randnummer 142 der Entscheidung steht fest, dass die Vereinbarung den Handel beeinträchtigt habe, weil sie bezweckt habe, die Festlegung einheitlicher Preise herbeizuführen, wodurch die Möglichkeit zum eigenständigen Handeln auf dem Markt eingeschränkt worden sei. Zu den Auswirkungen dieser Vereinbarung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten führt die Kommission in Randnummer 143 der Entscheidung aus, dass die Vereinbarung die Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Griechenland und Italien betreffe, d. h. Seewege, die 1992 noch an Bedeutung gewonnen hätten, da durch den Ausbruch des Krieges im ehemaligen Jugoslawien die Landverbindungen für Ein- und Ausfuhren zwischen Griechenland und den übrigen Staaten der Europäischen Union faktisch unterbrochen worden seien. Im Jahr 1993 seien auf den Routen zwischen Griechenland und Italien 1 316 003 Passagiere und 213 839 Güterfahrzeuge befördert worden; davon seien 49 % bzw. 38 % auf die Route Patras-Ancona entfallen, 35 % bzw. 38 % auf die Route Patras-Brindisi sowie 10 % bzw. 19 % auf die Route Patras-Bari. Die Kommission fügt hinzu: "Jegliche Vereinbarung, die sich auf die Nachfrage nach Dienstleistungen zwischen zwei Mitgliedstaaten auswirkt (wie z. B. eine Vereinbarung der Hauptanbieter einer Dienstleistung zur Festlegung des Preisniveaus), dürfte zu Verschiebungen der Nachfrage sowohl innerhalb der an der Vereinbarung beteiligten Gruppe von Unternehmen als auch außerhalb dieser Gruppe führen und damit die Struktur des Handels zwischen den Mitgliedstaaten auf dem entsprechenden Dienstleistungsmarkt verändern."

29 Da diese Feststellungen nicht bestritten werden, ist die Kommission auf der Grundlage der in der Entscheidung erwähnten Schriftstücke zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die fragliche Vereinbarung den Wettbewerb verfälschte und geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Im Licht der vorstehend zitierten Rechtsprechung sind die Einwände gegen die Abgrenzung des relevanten Marktes daher unerheblich, da mit ihnen nicht belegt werden kann, dass die Tatbestandsmerkmale des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages nicht erfuellt sind.

30 Wie die Klägerin aufzeigt, können die Rügen wegen der Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission auch andere Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages betreffen, wie z. B. die Reichweite des fraglichen Kartells, seinen einheitlichen oder umfassenden Charakter oder das Ausmaß der individuellen Beteiligung jedes der betroffenen Unternehmen. Bei diesen Gesichtspunkten handelt es sich zwar nicht um Tatbestandsmerkmale des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages, die wie das Bestehen einer Vereinbarung zwischen Unternehmen, die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten und die Beeinträchtigung des Wettbewerbs in dieser Bestimmung ausdrücklich vorgesehen sind. Es handelt sich aber um Gesichtspunkte, die mit dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für die Begehung kollektiver Zuwiderhandlungen, den der Gerichtshof in seinem Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-49/92 P (Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 78) ausdrücklich anerkannt hat, und mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit eng verknüpft sind.

31 Wie die Klägerin unterstreicht, sind die Risiken, die damit verbunden sind, dass die Kommission ein Unternehmen für komplexe Zuwiderhandlungen verantwortlich macht, ohne den relevanten Markt genau abzugrenzen, nicht zu vernachlässigen. Ein derartiger Mangel an Genauigkeit könnte nämlich erhebliche Folgen für die Beziehungen zwischen Dritten und den Unternehmen haben, an die eine Entscheidung gerichtet ist, in der ein Kartell geahndet wird. Es ist vorstellbar, dass Kunden der zur Verantwortung gezogenen Unternehmen unter Berufung darauf, dass in der Entscheidung die Existenz eines allgemeinen Preiskartells als erwiesen angesehen werde, versuchen werden, Ersatz der Schäden zu erlangen, die ihnen dadurch entstanden sind, dass sie im maßgeblichen Zeitraum für Beförderungsdienste Preise zahlen mussten, die höher waren als die Wettbewerbspreise.

32 Es ist daher wünschenswert, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung erlässt, in der die Beteiligung eines Unternehmens an einer komplexen, kollektiven und ununterbrochenen Zuwiderhandlung, wie sie bei Kartellen oft vorliegt, festgestellt wird, über die Prüfung der besonderen Tatbestandsmerkmale des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages hinaus berücksichtigt, dass eine solche Entscheidung nur insoweit zur persönlichen Verantwortlichkeit jedes ihrer Adressaten führen kann, als deren Beteiligung an den geahndeten kollektiven Verhaltensweisen nachgewiesen ist und diese zutreffend umrissen sind. Da eine derartige Entscheidung erhebliche Folgen für die Beziehungen der betroffenen Unternehmen nicht nur zur Verwaltung, sondern auch zu Dritten haben kann, hat die Kommission den oder die relevanten Märkte zu prüfen und in den Gründen der Entscheidung, in der eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages geahndet wird, genau genug zu bestimmen, um die Funktionsweise des Marktes, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, zu erfassen und gleichzeitig den wesentlichen Anforderungen der Rechtssicherheit zu genügen.

33 Insoweit ist festzustellen, dass das Gericht in seinem bereits zitierten Urteil SIV u. a./Kommission (Randnr. 159) das Vorbringen der Kommission verworfen hat, dass die schriftlichen Beweise für die fraglichen Absprachen, sofern sie klar und ausdrücklich seien, jedwede Untersuchung der Marktstruktur völlig überfluessig machten. Das Gericht hat die Auffassung vertreten, dass im Gegenteil "die angemessene Festlegung des relevanten Marktes notwendig jeder Beurteilung eines angeblich wettbewerbswidrigen Verhaltens vorauszugehen hat". Auf die Bedeutung einer derartigen Prüfung hatte bereits Generalanwalt Darmon in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1987, Slg. 1987, 405, Nr. 10 der Schlussanträge) wie folgt hingewiesen:

"Ob [die drei Voraussetzungen für das Verbot nach Artikel 85 Absatz 1 in einem bestimmten Fall erfuellt sind], ist "im Hinblick auf die tatsächlichen Begleitumstände" der Vereinbarung, des Verbandsbeschlusses oder des abgestimmten Verhaltens zu prüfen (Rechtssache 5/69, Völk, Slg. 1969, 295, Randnr. 7 der Entscheidungsgründe). Dabei muss zunächst der für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 im vorliegenden Fall relevante Markt unter Berücksichtigung seiner besonderen Merkmale ermittelt werden."

34 Schließlich hat die Kommission selbst die Bedeutung einer solchen Prüfung in ihrer Mitteilung über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) unterstrichen, in der es heißt:

"Mit dieser Bekanntmachung soll erläutert werden, wie die Kommission die Begriffe des sachlich und räumlich relevanten Marktes bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft... verwendet. Die Definition des Marktes dient der genauen Abgrenzung des Gebietes, auf dem Unternehmen miteinander in Wettbewerb stehen. Damit kann der Rahmen festgelegt werden, innerhalb dessen die Kommission das Wettbewerbsrecht anwendet. Hauptzweck der Marktdefinition ist die systematische Ermittlung der Wettbewerbskräfte, denen sich die beteiligten Unternehmen zu stellen haben. Mit der Abgrenzung eines Marktes in sowohl seiner sachlichen als auch seiner räumlichen Dimension soll ermittelt werden, welche konkurrierenden Unternehmen tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und sie daran zu hindern, sich einem wirksamen Wettbewerbsdruck zu entziehen. Nach Abgrenzung des Marktes ist es unter anderem möglich, Marktanteile zu berechnen, die aussagekräftige Informationen für die wettbewerbliche Würdigung der Marktposition oder die Anwendung von Artikel 85 darstellen."

35 Die Klägerin macht geltend, dass eine fehlerhafte Abgrenzung des Referenzmarktes, da sie sich auf die Zuordnung von Verantwortlichkeiten zu den betroffenen Unternehmen auswirke, ein schwerer Mangel sei, der zwangsläufig die Gültigkeit der Entscheidung berühre.

36 Sicherlich kann, wie die Klägerin ausführt, ein Fehler bei der Zuordnung von Verantwortlichkeiten seinen Ursprung in einer unzulänglichen und unklaren Abgrenzung des relevanten Marktes haben, d. h. aus einer unzureichenden Prüfung dieser Frage resultieren. Das Hauptrisiko einer unzulänglichen Abgrenzung des relevanten Marktes besteht darin, dass die Kommission sowohl bei der Beurteilung der genauen Art und des genauen Umfangs der jeweiligen Zuwiderhandlung oder des jeweiligen Kartells als auch mittelbar bei der Zuordnung individueller Verantwortlichkeiten zu den betroffenen Unternehmen Fehler begeht. Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass für jeden Fall gesondert zu prüfen ist, ob sich derartige Fehler auf die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung auswirken und diese daher für nichtig zu erklären ist.

37 Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, dass die Kommission aufgrund des Widerspruchs zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil der Entscheidung der Klägerin fälschlich Verantwortlichkeit zugerechnet habe, da sie sie für ein Gesamtkartell verantwortlich gemacht habe, das sowohl die Beförderung von Fracht und Lkws als auch die Beförderung von Passagieren betroffen habe, und zwar nicht nur auf der Route, auf der sie selbst tätig sei, sondern auf allen Routen, die auf verschiedene Weise von den Adressatinnen der Entscheidung betrieben würden.

38 In der Entscheidung wird die Klägerin aber nicht für ein Gesamtkartell auf den drei Routen zwischen Griechenland und Italien verantwortlich gemacht.

39 Nach dem Wortlaut der Entscheidung hat die Kommission nämlich im vorliegenden Fall zwei Zuwiderhandlungen geahndet: Artikel 1 Absatz 1 betrifft eine Preisabsprache für verschiedene Beförderungsdienste (Lkws, Passagiere, Pkws usw.), die im Roll-on-roll-off-Verkehr zwischen Patras und Ancona erbracht werden; Artikel 1 Absatz 2 betrifft eine Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari und Brindisi.

40 An der ersten Zuwiderhandlung, die von Juli 1987 bis Juli 1994 gedauert haben soll, sollen sich nur Unternehmen der Route Patras-Ancona beteiligt haben. Es handelt sich um Minoan, Anek, Karageorgis, Marlines und Strintzis. An der zweiten Zuwiderhandlung hingegen, die die Routen von Patras nach Bari und Brindisi betrifft und von Dezember 1989 bis Juli 1994 gedauert haben soll, sollen sich drei der auf diesen Routen tätigen Unternehmen (Adriatica, Ventouris Ferries und Strintzis), aber auch drei Unternehmen beteiligt haben, die nicht auf diesen Routen tätig sind (Minoan, Anek und Karageorgis). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kommission umgekehrt nicht festgestellt hat, dass sich die Unternehmen der südlichen Routen (von Patras nach Bari und Brindisi) an einer Absprache mit den Unternehmen der nördlichen Routen (von Patras nach Ancona) über die Preise für die letztgenannten Routen, auf denen sie sich nicht betätigten, beteiligt hätten.

41 Die Kommission ist der Ansicht, dass die Entscheidung nicht zwei separate Zuwiderhandlungen, sondern eine kontinuierliche Zuwiderhandlung betreffe. Sie macht geltend, dass Artikel 1 der Entscheidung im Licht der Gründe der Entscheidung zu lesen sei und dass in den Gründen stets auf eine einheitliche Vereinbarung auf den drei Routen (Ancona-/Bari-/Brindisi-Patras), die als ein einziger betroffener Markt angesehen würden, Bezug genommen werde. Die Kommission zitiert insbesondere Randnummer 144 der Entscheidung, in der sie festgestellt hat:

"Aus den genannten Gründen vertritt die Kommission die Auffassung, dass Minoan, Anek, Karageorgis, Marlines und Strintzis unter Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag an einer Vereinbarung beteiligt waren, indem sie sich über Preise für Roll-on-/Roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona verständigten. Die Kommission vertritt ebenfalls die Auffassung, dass sich Minoan, Anek, Karageorgis, Strintzis, Ventouris Ferries und Adriatica über die Höhe der Beförderungspreise für Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi verständigten. Diese Vereinbarungen bildeten einen Bestandteil eines umfassenden Absprachearrangements der Preisfestsetzung für Fährdienstleistungen zwischen Griechenland und Italien. Diese Vereinbarungen sind daher zwar als separate Zuwiderhandlungen, aber im Rahmen einer kontinuierlichen Zuwiderhandlung zu betrachten."

42 Der verfügende Teil der Entscheidung und deren Randnummer 144 geben unbestreitbar nicht denselben Gedanken wieder, da im verfügenden Teil nicht vom Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung die Rede ist.

43 Es ist aber daran zu erinnern, dass die Kommission Art und Ausmaß der von ihr geahndeten Zuwiderhandlungen im verfügenden Teil der Entscheidungen feststellt. Gerade soweit es um Umfang und Art der geahndeten Zuwiderhandlungen geht, kommt es grundsätzlich auf den verfügenden Teil und nicht auf die Gründe an. Nur dann, wenn der verfügende Teil nicht eindeutig formuliert ist, ist er unter Heranziehung der Gründe der Entscheidung auszulegen. Wie der Gerichtshof entschieden hat, ist für die Frage, an welche Personen sich eine Entscheidung richtet, in der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, der verfügende Teil der Entscheidung maßgeblich, sofern er keinen Anlass zu Zweifeln gibt (Urteil vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnr. 315).

44 Im vorliegenden Fall enthält der Wortlaut der Entscheidung keine Unklarheiten, er ist vielmehr eindeutig und genau. Aus diesem Wortlaut geht klar hervor, dass die Kommission zum einen eine Absprache zwischen den Gesellschaften der nördlichen Route (Patras-Ancona) über die Preise für diese Route und zum anderen eine Absprache zwischen allen von der Entscheidung betroffenen Unternehmen (mit Ausnahme von Marlines) über die Preise eines der auf den südlichen Routen (Patras-Bari und Patras-Brindisi) erbrachten Beförderungsdienste, und zwar desjenigen für Lkws, als erwiesen angesehen hat. Darüber hinaus wird im verfügenden Teil der Entscheidung nicht nur an keiner Stelle der einheitliche Charakter der Zuwiderhandlung erwähnt, vielmehr ist der verfügende Teil in seiner Beschreibung der geahndeten Zuwiderhandlungen auch besonders genau. Zum einen ist nämlich Artikel 1 der Entscheidung in zwei Absätze unterteilt, die verschiedene Unternehmen betreffen, und zum anderen stellt der verfügende Teil hinsichtlich der Gruppe von Unternehmen, die in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannt sind, klar, dass der Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darin besteht, dass diese Unternehmen Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws - d. h. nicht für die Beförderung von Passagieren - trafen, und zwar nur auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi. Die beiden Absätze des Artikels 1 der Entscheidung bezeichnen somit Zuwiderhandlungen, die aus zwei Gründen eigenständig sind: Sie betreffen verschiedene Unternehmen und unterscheiden sich nach Umfang oder Intensität.

45 Da der verfügende Teil der Entscheidung keine Unklarheiten enthält, ist bei der Prüfung der verschiedenen Klagegründe, die im vorliegenden Fall vorgebracht worden sind, davon auszugehen, dass die Kommission nicht eine einheitliche Zuwiderhandlung auf allen Routen, sondern zwei eigenständige Zuwiderhandlungen, eine auf der nördlichen Route (Artikel 1 Absatz 1) und eine auf den südlichen Routen (Artikel 1 Absatz 2), festgestellt und geahndet hat. Was die Klägerin angeht, so geht aus der Entscheidung klar hervor, dass sie nur insoweit verantwortlich gemacht wird, als es um die Zuwiderhandlung nach Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung geht.

46 Nach alledem ist dieser erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen. Ob sich der Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil der Entscheidung auf die Beurteilung der Verantwortlichkeit der Klägerin durch die Kommission ausgewirkt hat, ist gegebenenfalls im Rahmen der Prüfung der Klagegründe zu untersuchen, mit denen die Klägerin den Nachweis und die rechtliche Einordnung des in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannten Kartells beanstandet. Inwiefern sich dieser Widerspruch auf die gegen die Klägerin verhängte finanzielle Sanktion ausgewirkt hat, wird im Rahmen der Prüfung des fünften Klagegrundes, der die Geldbuße betrifft, untersucht.

B - Zum Vorbringen einer Verletzung der Begründungspflicht bei der Abgrenzung des relevanten Marktes

47 Nach ständiger Rechtsprechung muss die Begründung einer beschwerenden Entscheidung eine wirksame Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit ermöglichen und dem Betroffenen die erforderlichen Hinweise geben, anhand deren er erkennen kann, ob die Entscheidung zutreffend begründet ist. Ob eine Begründung ausreicht, ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts der Maßnahme, der Art der vorgetragenen Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten an Erläuterungen haben können (vgl. insbesondere Urteile des Gerichts vom 28. April 1994 in der Rechtssache T-38/92, AWS Benelux/Kommission, Slg. 1994, II-211, Randnr. 26, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-310/94, Gruber + Weber/Kommission, Slg. 1998, II-1043, Randnr. 209).

48 Im vorliegenden Fall beziehen sich die Randnummern 3, 5 und 144 der Entscheidung darauf, wie die Kommission die relevanten Märkte abzugrenzen beabsichtigte. In Randnummer 3 der Entscheidung heißt es: "Maßgeblich ist der Markt für den Roll-on-roll-off-Fährschiffverkehr zwischen Griechenland und Italien." In Randnummer 5 der Entscheidung erklärt die Kommission, dass sie es im Sinne des vorliegenden Verfahrens "nicht für erforderlich [erachtet], den Grad der Austauschbarkeit zwischen diesen Routen im Einzelnen zu untersuchen, da die in diesem Verfahren untersuchten Praktiken zumindest während eines Teils des betreffenden Zeitraums alle drei Hauptrouten betrafen". In Randnummer 144 der Entscheidung wird festgestellt, dass die Vereinbarungen für die drei Routen "einen Bestandteil eines umfassenden Absprachearrangements der Preisfestsetzung für Fährdienstleistungen zwischen Griechenland und Italien [bildeten]", was die Kommission veranlasst hat, von "einer kontinuierlichen Zuwiderhandlung" auszugehen. Einer Gesamtschau dieser Randnummern konnte die Klägerin entnehmen, dass die Kommission tatsächlich alle Routen zwischen Griechenland und Italien als einen einzigen Markt ansah.

49 Der Entscheidung als Ganzem konnte die Klägerin aber unstreitig eine fehlende Kohärenz zwischen den zitierten Passagen der Gründe und dem verfügenden Teil entnehmen, auf die sie sich zu Recht beruft. Wie bereits festgestellt, war der Wortlaut des verfügenden Teils der Entscheidung eindeutig und genau; die Klägerin war daher in der Lage, die genaue Bedeutung der Entscheidung, in der zwei verschiedene Kartelle geahndet werden, zu erfassen, und kann dementsprechend versuchen, aufzuzeigen, dass die Kommission bei der Berechnung ihrer Geldbuße im Rahmen ihrer Bestrafung davon ausgegangen ist, dass es sich im vorliegenden Fall um eine einheitliche Zuwiderhandlung handele.

50 Daraus folgt, dass es der Klägerin möglich gewesen ist, die Entscheidung anzufechten, und dass das Gericht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung wirksam überprüfen kann.

51 Schließlich werden die Beweismittel, die die Kommission verwendet hat, um zu belegen, dass die Klägerin an dem sie betreffenden Aspekt des geahndeten Kartells, d. h. an der Absprache über die Beförderungspreise für Lkws auf der Route Patras-Brindisi, beteiligt war, in den Randnummern 122 bis 126 klar bezeichnet und untersucht. Außerdem wird das Vorbringen der Klägerin in den Randnummern 56, 57, 75, 80, 87, 92 und 96 der Entscheidung dargestellt und geprüft.

52 Die Klägerin kann deshalb nicht geltend machen, dass es ihr wegen der Unzulänglichkeit der Begründung der Entscheidung nicht möglich gewesen sei, die Entscheidung in voller Kenntnis der Sache vor dem Gericht anzufechten.

53 Auch der zweite Teil des ersten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen. Der erste Klagegrund ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: mangelnde Beweise für die Beteiligung der Klägerin an der Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf der Route Brindisi-Patras

Zum ersten Teil: fehlerhafte Beurteilung der als belastende Beweise verwendeten Unterlagen und falsche Zurechnung der Zuwiderhandlung

- Vorbringen der Parteien

54 Die Klägerin räumt ein, dass ihr Vertreter für Griechenland an zwei Treffen von auf den Routen zwischen Griechenland und Italien tätigen Unternehmen teilgenommen habe, die am 25. Oktober 1990 und am 24. November 1993 stattgefunden hätten. Sie habe sich jedoch nicht an der ihr vorgeworfenen Kollusion beteiligt, da sie sich weder bei diesen Treffen noch bei anderer Gelegenheit Preisabsprachen mit konkurrierenden Unternehmen angeschlossen habe. Sie habe stets ihre geschäftliche Unabhängigkeit gewahrt, die auch daraus ersichtlich werde, dass sie für die Erbringung der fraglichen Dienstleistung andere Bedingungen gestellt habe als ihre griechischen Konkurrenten, die eine "unverantwortliche" Politik von Preisnachlässen, Rabatten und Zahlungsaufschüben verfolgt hätten, die es ihnen erlaubt habe, zahlreiche Kunden zu gewinnen.

55 Die Klägerin macht geltend, dass die Schriftstücke, die in Bezug auf sie selbst in der Entscheidung berücksichtigt worden seien (vgl. Randnr. 117), d. h. die Faxe von Strintzis vom 8. Dezember 1989, 5. September 1990 und 30. Oktober 1990, das Schreiben von Minoan vom 2. November 1990, das Fax vom 22. Oktober 1991 an Anek, das Schriftstück von Minoan vom 25. Februar 1992, das Fernschreiben von Minoan vom 7. Januar 1993 und das Fernschreiben der European Trust Agency (im Folgenden: ETA) vom 24. November 1993, keine Beweiskraft hätten.

56 Die Untersuchung der Kommission habe ergeben, dass Minoan, Anek, Strintzis, Karageorgis und Marlines seit 1987 die Preise für die Beförderung von Passagieren und Lkws auf der Route Patras-Ancona koordiniert hätten und dass sich diese Gesellschaften seit 1989/90 auch für die Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi interessiert hätten, "um über eine zuverlässige und sichere Berechnungsgrundlage zur Ermittlung der Preisunterschiede zwischen den einzelnen Kategorien nach Maßgabe der Entfernung in Seemeilen zu verfügen".

57 Der erste Beweis, den die Kommission dafür vorgelegt habe, dass die Gesellschaften der Route Patras-Ancona daran interessiert gewesen seien, Kontakt mit den Betreibern der Routen Bari-Patras und Brindisi-Patras aufzunehmen, das Fax von Strintzis vom 8. Dezember 1989 an Anek, Minoan, Karageorgis und die Gesellschaft HML, enthalte keinen auch nur indirekten Verweis auf sie selbst.

58 Sodann erwähnt die Klägerin das Treffen, das am 25. Oktober 1990 zwischen den verschiedenen Betreibern stattfand. Sie habe deutlich vor diesem Treffen beschlossen, zum November 1990 ihre Preise zu erhöhen und bestimmte Geschäftsbedingungen zu ändern. Da die Preiserhöhungen bereits vorher beschlossen gewesen seien, wie die Kommission in Randnummer 18 der Entscheidung anerkenne, sei es falsch, zu behaupten, dass sich die Parteien bei diesem Treffen über die Erhöhung der Preise abgesprochen hätten.

59 Dass ihr Vertreter vor Ort an dem Treffen teilgenommen habe, könne nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass sie eine Preisabsprache mit ihren Konkurrenten getroffen oder sich einer solchen Absprache angeschlossen habe. Ihr Vertreter habe keine Entscheidungsbefugnisse gehabt und keine Verpflichtungen in ihrem Namen eingehen können. Außerdem setze ein Kartell zwar nicht die Beachtung ausdrücklicher Regeln voraus, doch müssten bestimmte Merkmale vorliegen, die hier fehlten, wie eine Willensübereinstimmung zwischen den Beteiligten hinsichtlich desselben unerlaubten Gegenstands, im vorliegenden Fall laut Kommission die Festsetzung gemeinsamer Preisniveaus. Die Klägerin habe daher zwar ihre Konkurrenten über die von ihr geplante Preispolitik unterrichtet, indem sie ihnen die Preise sowie verschiedene begleitende Änderungen (Abschaffung der Preisnachlässe für Rückfahrkarten und der kostenlosen Verköstigung von Lkw-Fahrern) mitgeteilt habe, die sie unabhängig beschlossen habe, doch habe sie sich nicht einem gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Kartell angeschlossen, da nichts in ihrem Verhalten einen Willen erkennen lasse, die Geschäftsstrategien durch die Festsetzung gemeinsamer Preise zu koordinieren.

60 Im Schriftwechsel zwischen den betroffenen Unternehmen erscheine ihr Name nur in zwei der zahlreichen Dokumente, die im Verlauf der Untersuchung zusammengetragen worden seien.

61 Was das erste Dokument angeht, ein Fax vom 30. Oktober 1990, in dem Strintzis u. a. die Klägerin - im Anschluss an eine Zusammenkunft, an der die Klägerin, wie sie von vornherein eingeräumt hat, teilgenommen hatte - um Bestätigung ihrer Zustimmung zu den vereinbarten Preisen bat, und das insbesondere die Preise enthielt, die zum 5. November 1990 in Kraft gesetzt werden sollten, so macht die Klägerin geltend, dass es kein Dokument gebe, das von einem späteren Zeitpunkt als dieses Fax datiere und ihre Zustimmung zu der betreffenden Vereinbarung belege. Sie könne nicht beschuldigt werden, sich irgendeiner Vereinbarung angeschlossen zu haben, nur weil sie an einem Treffen teilgenommen habe, und folglich habe sie nichts zu bestätigen gehabt. Dass die in Kraft getretenen Preise den Preisen in dem Fax entsprächen, beweise keineswegs, dass sich die Klägerin einer Vereinbarung angeschlossen habe, da sie diese Preise unabhängig und vor dem Treffen festgesetzt habe. Ebenso wenig dürfe überraschen, dass die Preise zum selben Zeitpunkt (5. November 1990) in Kraft getreten seien, da die Preise für das jeweils folgende Jahr in der Regel zum Herbstende in Kraft träten.

62 Zum zweiten Dokument, einem Fernschreiben von ETA vom 24. November 1993 an Minoan, führt die Klägerin aus, dass es sich um eine interne Mitteilung handele, durch die eine Muttergesellschaft, Minoan, von ihrer Agentin, ETA, unterrichtet worden sei, dass bei einem Treffen am 24. November 1993, an dem die Klägerin nach eigenem Einverständnis teilgenommen hatte, mehrere Gesellschaften eine Einigung über die Preise, die vom 16. Dezember 1993 an gelten sollten, erzielt hätten. In diesem Fernschreiben werde die Klägerin erwähnt und erklärt, dass sie - zusammen mit anderen namentlich genannten Gesellschaften - angekündigt habe, dass sie geringere Preiserhöhungen (zwischen 5 % und 10 %) vornehmen wolle als Minoan (ungefähr 15 %). Die Klägerin macht jedoch geltend, dass ihr Name irrtümlich genannt sei; sie habe nämlich keineswegs beabsichtigt, 1994 die Preise zu erhöhen, da sie die Wirkungen der Einführung der Mehrwertsteuer habe ausgleichen müssen, wie der Umstand zeige, dass sie in der Folge ihre Preise beibehalten habe (vgl. Randnr. 125 der Entscheidung).

63 Ferner unterstreicht die Klägerin, dass in diesem Dokument von einer früheren Vereinbarung die Rede sei, an deren Stelle die neue Absprache getreten sei, ohne dass jedoch erläutert werde, für welchen Zeitraum und welche Unternehmen die Vereinbarung gegolten habe. Die Erwähnung von "14 Unternehmen" könne nicht gegen sie verwendet werden, da angesichts der großen Zahl von Fährschiffbetreibern auf den Routen zwischen Griechenland und Italien die Zahl der Teilnehmer an dem besagten Treffen deutlich höher hätte sein können. Schließlich sei dieses Dokument von Dritten verfasst worden und an Dritte gerichtet und erwähne die Klägerin nur, um darauf hinzuweisen, dass sie eine andere Meinung vertrete als die Gesellschaft, zu der der Verfasser des Dokuments gehöre; deshalb könne es keinen unwiderlegbaren Beweis dafür darstellen, dass sich die Klägerin einer Preisabsprache für das Jahr 1994 angeschlossen habe.

64 Sodann verweist die Klägerin auf zwei Schriftstücke, die ihre Ausführungen bestätigen sollen. Zum einen handele es sich um das Fernschreiben vom 1. Dezember 1993 (Anlage 24 zur Klageschrift), in dem ihre Geschäftsführung es als Reaktion auf das von ihrem Vertreter vor Ort erstellte Protokoll des Treffens ausdrücklich abgelehnt habe, sich dem von den griechischen Reedern vorgeschlagenen Kartell anzuschließen. Dieses Dokument sei unbestreitbar ein klares und unwiderlegbares Indiz dafür, dass sie sich von jeder Art von abgestimmtem Vorgehen distanziert und ihre geschäftliche Unabhängigkeit behauptet habe, weshalb die Beweiskraft des Fax von ETA in Frage gestellt sei. Zum anderen sei der Beschluss, die Entscheidung, für 1994 keine Preiserhöhung vorzunehmen, vorab durch einen Anruf der Klägerin beim Geschäftsführer von ETA, Herrn Sfinias - der das Treffen organisiert habe -, bestätigt worden und sei auch durchgeführt worden, wie die Kommission in Randnummer 125 der Entscheidung einräume.

65 Die Klägerin geht ferner auf den Beweiswert ihrer Teilnahme an dem Treffen von 24. November 1993 ein und macht geltend, dass sie nur teilgenommen habe, um sich über das Vorgehen der griechischen Betreiber im Zusammenhang mit der kurz zuvor eingeführten gemeinschaftlichen Mehrwertsteuer zu informieren. Die Klägerin habe es für unerlässlich gehalten, zu erfahren, ob die griechischen Reeder beabsichtigten, die Regelung anzuwenden, oder ob sie sie umgehen wollten, da der Klägerin im letztgenannten Fall ein geschäftlicher Schaden entstanden wäre.

66 Die Klägerin räumt ein, dass die Erörterungen bei diesem zweiten Treffen u. a. die Beförderungspreise für Lkws betroffen hätten, und zwar auch auf der Route Brindisi-Patras. Sie habe es jedoch abgelehnt, die von den anderen Betreibern vereinbarten Preise anzuwenden; wie aus dem erwähnten Fernschreiben vom 1. Dezember 1993 hervorgehe, habe sie im Gegenteil geplant, ihre Preise beizubehalten.

67 Die Klägerin macht geltend, dass es keine Beweise dafür gebe, dass sie vor dem Treffen vom 25. Oktober 1990, in der Zeit zwischen den beiden fraglichen Treffen oder nach dem zweiten Treffen weitere Kontakte mit den konkurrierenden Betreibern gehabt habe.

68 Sodann trägt sie vor, dass weder das Fax vom 8. Dezember 1989 noch das Fernschreiben von Strintzis vom 5. September 1990 an sie gerichtet gewesen seien oder sie ausdrücklich oder implizit erwähnten.

69 Was das Schreiben von Minoan vom 2. November 1990, das Fernschreiben von Karageorgis vom 22. Oktober 1991, das Schriftstück von Minoan vom 25. Februar 1992 und das Fernschreiben von Minoan vom 7. Januar 1993 angehe, so ergebe sich aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte zweifelsfrei, das diese Dokumente in Bezug auf den ihr vorgeworfenen Sachverhalt entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht relevant seien.

70 Was das Schreiben von Minoan vom 2. November 1990 im Anschluss an das Treffen vom 25. Oktober 1990 angehe, so sei die darin enthaltene und in der Entscheidung (Randnr. 20) wiedergegebene Erklärung, dass "die Preise von den Betreibern aller Fährverbindungen zwischen Griechenland und Italien gemeinsam festgelegt wurden", in ihrem Kontext zu sehen. Dieses Schreiben betreffe sie nicht, da sie nur Beschlüsse mitgeteilt habe, die sie bereits unwiderruflich getroffen habe, und da sie nichts genehmigt habe oder habe genehmigen lassen.

71 Das in Randnummer 28 der Entscheidung zitierte Schriftstück von Minoan vom 25. Februar 1992 nenne namentlich nur Ventouris Ferries und betreffe ausdrücklich und konkret nur die Routen nach Ortona, Bari und Ancona, ohne auch nur implizit Bezug auf sie selbst oder die Route nach Brindisi zu nehmen. Dieses Schriftstück könne deshalb nicht als Beweis gegen sie verwendet werden.

72 Was das Fernschreiben angehe, das Minoan am 7. Januar 1993 an Strintzis, Anek und Karageorgis gerichtet habe und in dem eine Anpassung der Beförderungspreise für "Fahrzeuge" auf den Routen zwischen Griechenland und Italien vorgeschlagen werde, so bestehe eindeutig kein Zusammenhang mit ihren Aktivitäten, da die Route Brindisi-Patras in diesem Fernschreiben kein einziges Mal erwähnt werde.

73 Das Fernschreiben vom 22. Oktober 1991 schließlich (Randnr. 22 der Entscheidung) hätten Karageorgis, Minoan und Strintzis an Anek gesandt, um sich darüber zu beschweren, dass diese ihre Preise auf der Route Patras-Triest nicht erhöht habe. Zwar sei daneben auch von einer Vereinbarung zwischen elf Unternehmen die Rede gewesen, doch würden weder der Zeitraum, in dem diese Vereinbarung habe gelten sollen, noch der Name der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen genannt, obwohl zum fraglichen Zeitpunkt mehr als elf Unternehmen auf der Route zwischen Griechenland und Italien tätig gewesen seien. Die Schlussfolgerung der Kommission, dass sich das Fernschreiben auf die Vereinbarung beziehe, die die griechischen Gesellschaften bei der Zusammenkunft vom 25. Oktober 1990 getroffen hätten, werde nicht durch Beweise untermauert.

74 Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, dass die Kommission ihr nicht vorwerfen könne, sie habe sich an einer Vereinbarung zur Festsetzung gemeinsamer Preise beteiligt, da sie nicht bewiesen habe, dass ihre Preise mit den Preisen ihrer Konkurrenten, die dem angeblichen Kartell angehört hätten, übereingestimmt hätten. Es genüge aber die Feststellung, dass die Anlage zum Fernschreiben vom 30. Oktober 1990, die laut Kommission die Existenz eines Kartells belege und dessen Inhalt offenlege, für die Klägerin Preise ankündige, die keineswegs mit den in demselben Schriftstück genannten Preisen ihrer Konkurrenten HML und Medline übereinstimmten. Diese Preisunterschiede würden in Randnummer 124 der Entscheidung auch eingeräumt, wo die Kommission ausführe:

"... Zudem sind Preisunterschiede zwischen Adriatica und den griechischen Betreibern auf der gleichen Route auch aus dem Fax von Strintzis ersichtlich."

75 Die Kommission habe demnach nicht dargetan, dass sich die Klägerin einem Kartell angeschlossen habe, das die Festsetzung gemeinsamer Preise betroffen habe. Da aber unter diesen Umständen die Übereinstimmung der Preise - oder gegebenenfalls deren Anpassung - von der Vereinbarung nicht "bewirkt", sondern "bezweckt" werde und in der Entscheidung nicht nachgewiesen werde, dass letztgenanntes Tatbestandsmerkmal des Artikels 85 des Vertrages vorliege, fehle der Entscheidung jegliche Grundlage, die eine Verurteilung der Klägerin oder die Verhängung einer Geldbuße rechtfertigen könne.

76 Die Klägerin unterstreicht, dass ihre Beteiligung an zwei Treffen, mit der kein gegen das Wettbewerbsrecht verstoßendes Ziel verfolgt worden sei, der keine Umsetzung gefolgt sei und die durch die Geschäftsbeschlüsse der Gesellschaft überholt sei, nicht genüge, um ihre Verantwortlichkeit zu begründen.

77 Die Klägerin ergänzt, dass ihre Situation der Lage des Unternehmens Prat Carton in der Rechtssache "Karton" entspreche, in der das Urteil Sarrió/Kommission ergangen sei, in dem das Gericht erstmals festgestellt habe, dass die bloße Teilnahme an einem Treffen auch dann, wenn keine ausdrückliche Distanzierung erfolgt sei, unter Umständen keinen hinreichenden Beweis für die Beteiligung eines Unternehmens an einem Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darstelle.

78 Die Klägerin schließt daraus, dass ihr keine Beteiligung an einer Absprache mit den griechischen Reedern über gemeinsame Preise für die Beförderung von Lkws zwischen Griechenland und Italien zur Last gelegt werden könne und dass die Entscheidung, soweit sie die Klägerin betreffe, in vollem Umfang für nichtig zu erklären sei.

79 Die Kommission trägt einleitend vor, dass die Klägerin mit dem vorstehenden Vorbringen anscheinend versuche, den in der Entscheidung festgestellten Sachverhalt zu bestreiten, und dass das Gericht in einem solchen Fall die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße erhöhen müsse, da der Klägerin in Randnummer 169 der Entscheidung eine Herabsetzung um 20 % mit der Begründung gewährt worden sei, dass sie den der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugrunde liegenden Sachverhalt nicht bestritten habe.

80 Die Kommission weist das Hauptargument der Klägerin zurück, es sei nicht gerechtfertigt, von einer Willensübereinstimmung zwischen den betreffenden Unternehmen zu sprechen, da die Preiserhöhungen bereits vor dem Treffen vom 25. Oktober 1990 beschlossen worden seien.

81 Zunächst könne die Klägerin nicht leugnen, dass der Umstand, dass über mehrere Jahre bei den Treffen zwischen den Schifffahrtsunternehmen Preisinitiativen beschlossen und Informationen über die verschiedenen Tarife ausgetauscht worden seien, zeige, dass ein gemeinsamer Wille bestanden habe, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten, was nach der Rechtsprechung eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darstelle (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69, Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 112, und vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 86).

82 Was das Fehlen einer Willensübereinstimmung angehe, so hätten die auf der Route nach Ancona tätigen Unternehmen die auf den Routen nach Bari und Brindisi tätigen Unternehmen eindeutig um gemeinsame Festsetzung der Preise gebeten (vgl. Fernschreiben vom 5. September 1990).

83 Sodann nimmt die Kommission Bezug auf die in der Entscheidung berücksichtigten Beweise, die insbesondere aus ausdrücklichen Nennungen der Klägerin in bestimmten Dokumenten bestehen. Sie macht geltend, dass das Fax von Strintzis vom 30. Oktober 1990 ein eindeutiges Indiz dafür sei, dass bereits vor dem Treffen eine Vereinbarung getroffen worden sei und dass die Klägerin ihren Willen zum Ausdruck gebracht habe, die Preise gemeinsam mit ihren Konkurrenten festzusetzen. Dass das Fax von ETA vom 24. November 1993 an Minoan nicht an die Klägerin gerichtet worden sei, sei unbeachtlich, da es vom Organisator des Treffens (ETA) verfasst worden sei und deshalb einen eindeutigen Beweis für die Ergebnisse des Treffens vom 24. November 1993 darstelle. Dem internen Vermerk von Adriatica vom 1. Dezember 1993 habe sie zu Recht beschränkte Beweiskraft zugesprochen, da es andernfalls für ein Unternehmen, das sich an einem Kartell beteiligt habe, leicht wäre, sich seiner Verantwortlichkeit zu entziehen, indem es interne Dokumente vorlege, die beweisen sollten, dass es sich vom Inhalt der Vereinbarung distanziere.

84 Zum Vorbringen, die in der Entscheidung festgestellten Verhaltensweisen seien der Klägerin zu Unrecht zugerechnet worden, da diese nur an zwei Treffen teilgenommen habe, vertritt die Kommission die Auffassung, dass sie in der Teilnahme der Klägerin an den beiden Treffen zu Recht ein eindeutiges Indiz für die Beteiligung der Klägerin am Kartell gesehen habe, da die "Feststellung, mit welcher Regelmäßigkeit ein Unternehmen an den Herstellersitzungen teilgenommen hat,... nicht dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung [berührt], sondern den Grad seiner Beteiligung" (Urteil PVC II, Randnr. 939).

85 Was schließlich das angebliche Fehlen von Beweisen für Kontakte zwischen den Betreibern der Routen von Patras nach Ancona und von Patras nach Bari/Brindisi angehe, so sei in der Entscheidung, insbesondere in Randnummer 117, in der die verschiedenen Schriftstücke genannt seien, die fortlaufende Verhandlungen und Absprachen zwischen den betreffenden Gesellschaften belegten, ausführlich begründet, dass es nach dem Treffen vom 25. Oktober 1990 bis zum 24. November 1993 derartige Kontakte gegeben habe.

86 Schließlich werde die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell von 1992 bis Anfang 1993 durch die Feststellungen in den Randnummern 28 und 29 der Entscheidung bewiesen, aus denen hervorgehe, dass die für 1991 festgesetzten Preise auch 1992 gegolten hätten. Was die Zeit davor betreffe, bestätige die bloße Teilnahme am Treffen vom 25. November 1990, dass sich die Klägerin zwecks gemeinsamer Festsetzung der Preise an dem Kartell beteiligt habe. Für die Zeit nach dem Treffen vom 24. November 1993 schließlich habe sie die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell aus einem Umkehrschluss hergeleitet, wie in Randnummer 126 der Entscheidung festgestellt werde, wonach es keine Beweise dafür gebe, dass die Klägerin, nachdem sie sich dem Kartell angeschlossen habe, nach dem 24. November 1993 ausgeschieden sei.

87 Schließlich weist die Kommission das Vorbringen zurück, es gebe keine Beweise dafür, dass die Klägerin ihre Preise an die von ihren Konkurrenten beschlossenen Preise angepasst habe.

- Würdigung durch das Gericht

A - Vorbemerkungen

88 Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (insbesondere Urteile Chemiefarma/Kommission, Randnr. 112, Van Landewyck u. a./Kommission, Randnr. 86, und PVC II, Randnrn. 715, 719 und 720).

89 Die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, auf die in der Rechtsprechung abgestellt wird, verlangen nicht die Ausarbeitung eines eigentlichen "Plans"; sie sind vielmehr im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrages zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt zu betreiben gedenkt. Es ist zwar richtig, dass dieses Selbständigkeitspostulat nicht das Recht der Unternehmen beseitigt, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, zu dem man sich selbst entschlossen hat oder das man in Erwägung zieht (Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, Randnrn. 173 und 174, und Urteil PVC II, Randnr. 720).

90 Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission bei Streitigkeiten über das Vorliegen von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen hat, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-185/95 P, Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I-8417, Randnr. 58).

91 Ist jedoch bewiesen, dass ein Unternehmen an offenkundig wettbewerbswidrigen Zusammenkünften teilgenommen hat, obliegt es diesem, anhand von Indizien nachzuweisen, dass es an diesen Zusammenkünften ohne irgendwelche wettbewerbswidrigen Absichten teilgenommen hat, und zu beweisen, dass es seine Konkurrenten auf seine andere Zielsetzung hingewiesen hat (Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-199/92 P, Hüls/Kommission, Slg. 1999, I-4287, Randnr. 155, und in der Rechtssache C-235/92 P, Montecatini/Kommission, Slg. 1999, I-4539, Randnr. 181). Wird der Nachweis der Distanzierung nicht erbracht, kann auch die Tatsache, dass dieses Unternehmen sich nicht nach den Ergebnissen dieser Zusammenkünfte gerichtet hat, es nicht von seiner vollen Verantwortlichkeit befreien, die durch seine Beteiligung am Kartell begründet ist (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-347/94, Mayr-Melnhof/Kommission, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 135, und Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnr. 1389).

B - Zu den belastenden Schriftstücken, die in der Entscheidung als Beweise für die der Klägerin vorgeworfene Zuwiderhandlung verwendet worden sind

92 Aus dem verfügenden Teil der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission der Auffassung war, dass Minoan, Anek, Karageorgis, Ventouris Ferries, Strintzis und die Klägerin gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen hatten, indem sie Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi trafen. In Randnummer 126 der Entscheidung erläutert die Kommission ihren Standpunkt bezüglich der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung, um die es im vorliegenden Fall geht. Sie stellt fest, dass vieles für eine laufende Absprache zwischen den genannten Gesellschaften spreche. Die Klägerin habe sich spätestens am 30. Oktober 1990 dem Kartell angeschlossen, indem sie sich damit einverstanden erklärt habe, ihre Lkw-Beförderungspreise für 1991 anzupassen. Die Kommission vertritt ferner die Auffassung, dass es direkte Beweise für die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell im Jahr 1993 gebe und dass es bei dem Treffen vom 24. November 1993 zu Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Mitbewerbern über die Anpassung der Lkw-Beförderungspreise der Klägerin ab Dezember 1993 gekommen sei. Schließlich gebe es keine Beweise dafür, dass die Klägerin, nachdem sie sich dem Kartell angeschlossen habe, während dieses Zeitraums ausgeschieden sei; demnach habe die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell bis zum Juli 1994 gedauert.

93 Im Folgenden sind die Beweismittel zu prüfen, anhand deren die Kommission zu derartigen Schlüssen hinsichtlich der Existenz des Kartells auf den Routen von Patras nach Bari und Brindisi, des Beitritts der Klägerin zu dem Kartell und der Dauer ihrer Beteiligung gelangt ist.

1. Zum Bestehen einer Absprache über die Beförderungspreise für Lkws auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi

94 Die Kommission trägt vor, dass die Betreiber der Route nach Ancona die Betreiber der Routen nach Bari und Brindisi eindeutig gebeten hätten, sich an einer Absprache zur gemeinsamen Festsetzung der Preise zu beteiligen. Die Kommission beruft sich auf eine Reihe von Schriftstücken, die nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Verhaltensweisen bewiesen, an denen sich sowohl die auf der Route Patras-Ancona tätigen Gesellschaften als auch die auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi tätigen Gesellschaften beteiligt hätten. Es handele sich insbesondere um eine Preisliste, die vom 10. Dezember 1989 an auf den drei Routen habe gelten sollen (Fax vom 8. Dezember 1989), sowie um das Fernschreiben vom 24. November 1993, das auf das Treffen vom selben Datum Bezug nehme, an dem die Betreiber der beiden Routen teilgenommen hätten.

95 Das erste Dokument ist ein Fax von Strintzis vom 8. Dezember 1989 an Minoan, Anek, Karageorgis und die griechische Gesellschaft Hellenic Mediterranean Lines, dem eine Preisliste für die einzelnen Verbindungen und Lkw-Kategorien beigefügt ist, die vom 10. Dezember 1989 an auf den drei betroffenen Routen, d. h. Patras-Ancona, Patras-Bari und Patras-Brindisi, gelten sollte. Der Verfasser des Fax erklärt:

"Beigefügt finden Sie in Kopie die Beförderungspreise für Lkws für die Routen zwischen Griechenland und Italien, denen auch Ventouris Ferries zugestimmt hat."

96 Dieses Fax, das zwischen den Betreibern der verschiedenen Verbindungen zwischen Griechenland und Italien gewechselt wurde, ist somit ein eindeutiges Indiz dafür, dass es zwischen den betreffenden Gesellschaften eine Vereinbarung zur Festsetzung der Beförderungspreise für Lkws auf den drei Routen gab. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht zu den Adressaten dieses ersten Fax zählt und dass die Kommission dieses Schriftstück daher nicht als Beweis für die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell ansieht. Laut Kommission hat sich die Klägerin dem Kartell am 30. Oktober 1990 angeschlossen.

97 Die Existenz des Kartells wird auch durch andere Dokumente bestätigt, die spätere Ereignisse erwähnen, und zwar ein Fernschreiben vom 5. September 1990, ein Fax vom 30. Oktober 1990, ein Fernschreiben vom 22. Oktober 1991, ein Schriftstück vom 25. Februar 1992, das ETA Minoan gesandt hat, ein Fernschreiben vom 7. Januar 1993 und ein Fernschreiben vom 24. November 1993.

2. Zur Beteiligung der Klägerin an dem Kartell auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi

98 Die Klägerin räumt ein, dass ihr Vertreter für Griechenland an zwei Treffen von Betreibern der Routen zwischen Griechenland und Italien teilgenommen habe, die am 25. Oktober 1990 und 24. November 1993 stattgefunden hätten. Sie habe sich jedoch nicht an der ihr von der Kommission vorgeworfenen Kollusion beteiligt, da sie sich weder bei diesen Treffen noch bei anderer Gelegenheit Preisabsprachen mit konkurrierenden Unternehmen angeschlossen habe.

a) Zum Treffen vom 25. Oktober 1990 und zum Fax vom 30. Oktober 1990

99 Das erste Dokument, das die Kommission als direkten Beweis dafür angesehen hat, dass die Klägerin ihr Vorgehen mit dem ihrer Konkurrenten abgestimmt habe und mit der Preisfestsetzung einverstanden gewesen sei, ist das Fax, das Strintzis am 30. Oktober 1990 acht Unternehmen sandte, und zwar der Klägerin, Anek, Hellenic Mediterranean Lines, Karageorgis, Minoan, der Gesellschaft Med Lines, Strintzis und Ventouris Ferries. In diesem Fax heißt es:

"Wir übermitteln hiermit die endgültige Vereinbarung über Beförderungspreise für Lkws. Bitte bestätigen Sie Ihre Zustimmung zum Inhalt. Wir schlagen vor, die Preise am 1. November bekannt zu geben und sie - wie vereinbart - am 5. November 1990 in Kraft zu setzen."

100 Die Klägerin räumt ein, dass ihr Vertreter vor Ort von den Gesellschaften der Route nach Ancona eingeladen worden sei, an einem Treffen teilzunehmen, das am 25. Oktober 1990 unter Beteiligung sämtlicher auf dem Markt tätiger Betreiber und somit auch der Betreiber der Routen nach Ancona, Bari und Brindisi stattgefunden habe. Ihr Vertreter habe sich darauf beschränkt, die Informationen der vertretenen Unternehmen zur Kenntnis zu nehmen und den Anwesenden die neuen Preise mitzuteilen, die die Klägerin nach bereits gefasstem Beschluss zum 5. November 1990 in Kraft setzen und bekannt machen wollte.

101 Wie die Kommission unterstreicht, genügt dieses von der Klägerin nicht bestrittene Verhalten bereits, um von einem Verstoß der Klägerin gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auszugehen, da Unternehmen sich jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme untereinander enthalten müssen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potenziellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, zu dem man sich selbst entschlossen hat oder das man in Erwägung zieht (Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, Randnrn. 173 und 174). Verhaltensweisen wie die von der Klägerin eingeräumten fallen folglich ohne weiteres unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages, auch wenn nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Klägerin der Bitte um Bestätigung der Vereinbarung über die im Fax vom 30. Oktober 1990 mitgeteilten Preislisten gefolgt war.

102 Die Klägerin könnte daher, selbst wenn sie beschlossen haben sollte, ihre neuen Preise und den Zeitpunkt des Inkrafttretens vorab und eigenständig festzusetzen, nicht geltend machen, dass dieser Umstand beweise, dass sie sich nicht einem gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Kartell angeschlossen habe. Im Gegenteil, da sie an dem im Fax vom 30. Oktober 1990 erwähnten Treffen vom 25. Oktober 1990 teilnahm, Adressatin dieses Fax war, die Preise, die sie vom 5. November 1990 an anwenden wollte, in dem Fax korrekt wiedergegeben sind und schließlich die von ihr beschlossenen Preise den von den anderen Gesellschaften beschlossenen Preisen entsprachen, konnte die Kommission zu dem Schluss gelangen, dass die Klägerin im Rahmen der fraglichen Vereinbarung eine wichtige Rolle gespielt hatte.

103 Das Gegenvorbringen der Klägerin greift nicht durch.

104 Die Klägerin betont, dass sie die Anwendung der fraglichen Preise vor dem Treffen und eigenständig beschlossen habe. Sie legt hierfür jedoch keine Beweise vor. Außerdem behauptet sie, sie habe sich vorab an die Agenturen gewandt, um ihnen durch Fernschreiben die Preise, die sie zum 5. November 1990 beschlossen habe, mitzuteilen, macht aber nicht geltend, dass dies vor dem Treffen erfolgt sei. Aus der Kopie dieses Fernschreibens geht dessen Datum nicht hervor. In Wirklichkeit wird durch dieses Fernschreiben (Anlage 18 zur Klageschrift) nur bestätigt, dass die den Agenturen mitgeteilten Preislisten den Preislisten im Fax vom 30. Oktober 1990 entsprechen.

105 Die Klägerin kann ihre Beteiligung an der betreffenden Vereinbarung nicht unter Berufung auf das Schreiben des griechischen Verbandes der Eigner von Küstenpassagierschiffen vom 24. Oktober 1990 an die Zeitung Kerdos verneinen. Dieses Schreiben betrifft nur die neuen Beförderungspreise für Lkws auf der Route Ancona-Patras, die vom 20. Oktober 1990 an galten. Zwar konnte dieses Dokument belegen, dass die Vereinbarung für die Route Patras-Ancona schon vor dem Treffen bestand, doch konnte es nicht als Beweis dafür dienen, dass die griechischen Gesellschaften die neuen Preise für die Route Patras-Brindisi vor dem Treffen vom 25. Oktober 1990 gemeinsam festgesetzt hatten oder dass die Klägerin den auf dem Markt tätigen Betreibern ihre neuen Preise vor dem Treffen mitgeteilt hatte.

106 Das Vorbringen, dass nichts im Verhalten der Klägerin einen Willen erkennen lasse, die Geschäftsstrategien durch die Festsetzung gemeinsamer Preise zu koordinieren, ist daher zurückzuweisen.

107 Auch das Vorbringen, es gebe keine Beweise für den wettbewerbswidrigen Zweck der Vereinbarung, ist zurückzuweisen, da das Vorliegen einer Vereinbarung zwischen den Hauptbetreibern der Routen zwischen Griechenland und Italien, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt, im vorliegenden Fall klar belegt ist (vgl. Fernschreiben vom 30. Oktober 1990 und die oben dargestellten Dokumente).

108 Der Antrag der Klägerin, der Kommission aufzugeben, den zweiten Lkw-Tarif für 1991 - der im November 1990 in Kraft treten sollte - zu den Akten zu geben, den die Klägerin vorgelegt haben will und der dem Gericht nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, ist daher zurückzuweisen.

b) Zum Treffen vom 24. November 1993

109 Laut Entscheidung (Randnr. 37) fand am 24. November 1993 ein Treffen statt, bei dem 14 Schifffahrtsunternehmen vertreten waren und dessen Zweck die Anpassung der Preise auf den Strecken von Patras nach Ancona, Brindisi und Bari im Jahr 1994 war. In einem vom selben Tag datierenden Fernschreiben von ETA an die Zentrale von Minoan heißt es:

"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns auf dem heutigen Treffen auf eine Anpassung des Tarifs für die Fahrzeugbeförderung um ca. 15 % geeinigt haben,... die schon am 16. Dezember 1993 in Kraft treten soll.

Darüber sind wir sehr zufrieden, denn zunächst standen wir ja vor dem Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war. Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch und gelangten schließlich zum oben genannten Prozentsatz.

..."

110 Dieses Fernschreiben belegt, dass es Versuche gab, zu einer Willensübereinstimmung zwischen bestimmten Gesellschaften hinsichtlich des Verhaltens auf dem Markt zu gelangen, und dass schließlich genaue Einigung über den Umfang der Preisanpassungen und den Zeitpunkt, zu dem die Preise in Kraft treten sollten, erzielt wurde. Die plausibelste Auslegung des letzten Absatzes geht dahin, dass er darauf hinweist, dass es eine frühere Vereinbarung über die Differenzierung der Beförderungspreise für Lkws zwischen Ancona, Bari und Brindisi gab.

111 Die Klägerin räumt ein, dass sie am Treffen vom 24. November 1993 teilgenommen habe und dass bei diesem Treffen die Beförderungspreise für Lkws u. a. auf der Route Brindisi-Patras erörtert worden seien. Sie bestreitet jedoch die Richtigkeit der Erklärung des Verfassers des Fernschreibens, dass sie angekündigt habe, sie wolle geringere Preiserhöhungen (zwischen 5 % und 10 %) vornehmen als Minoan (ungefähr 15 %). Die Klägerin macht geltend, dass ihr Name irrtümlich genannt sei; sie habe nämlich keineswegs beabsichtigt, 1994 die Preise zu erhöhen, da sie die Wirkungen der Einführung der Mehrwertsteuer habe ausgleichen müssen, wie der Umstand zeige, dass sie in der Folge ihre Preise beibehalten habe (vgl. Randnr. 125 der Entscheidung).

112 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Wie bereits festgestellt, obliegt es nach der Rechtsprechung einem Unternehmen, dessen Teilnahme an offenkundig wettbewerbswidrigen Zusammenkünften bewiesen ist, anhand von Indizien nachzuweisen, dass es an diesen Zusammenkünften ohne irgendwelche wettbewerbswidrigen Absichten teilgenommen hat, und zu beweisen, dass es seine Konkurrenten auf seine andere Zielsetzung hingewiesen hat (Urteile Hüls/Kommission, Randnr. 155, und Montecatini/Kommission, Randnr. 181). Da die Klägerin selbst den wettbewerbswidrigen Zweck des Treffens vom 24. November 1993 eingeräumt hat, kann sie derartige Indizien nicht beibringen.

113 Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Fernschreiben vom 24. November 1993 hinsichtlich der Unternehmen und des Zeitraums, für den von einer früheren Vereinbarung die Rede ist, an deren Stelle die neue Absprache getreten sei, nicht genau genug sei, da sie zu den wenigen namentlich genannten Unternehmen gehört und ihre Teilnahme an einem vorangegangenen wettbewerbswidrigen Treffen bewiesen ist.

114 Dagegen spricht nicht, dass das Schriftstück von Dritten verfasst und an Dritte gerichtet wurde und dass es die Klägerin nur erwähnt, um darauf hinzuweisen, dass sie eine andere Meinung vertritt als die Gesellschaft, zu der der Verfasser des Schriftstücks gehört.

115 Das Vorbringen der Klägerin, sie habe stets ihre geschäftliche Unabhängigkeit gewahrt (was die Kommission nicht zu bestreiten scheint), greift nicht durch.

116 Erstens wirft die Entscheidung, wie die Kommission unterstreicht, der Klägerin nicht vor, dass sie die mit ihren Konkurrenten vereinbarten Preise angewandt habe, sondern nur, dass sie sich an einer Vereinbarung beteiligt habe, mit der die Parteien bezweckt hätten, Verkaufspreise und sonstige Geschäftsbedingungen festzulegen (Randnr. 141 der Entscheidung).

117 Zweitens ergibt sich aus einer vergleichenden Untersuchung der Preisvorschläge in der dem Fax vom 30. Oktober 1990 beigefügten Preisliste (Spalte Adriatica), aus dem Fernschreiben der Klägerin an die Agenturen und auch aus der Tabelle, die als Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegt wurde und in der die Agenturen über die vom 5. November 1990 an geltenden neuen Beförderungspreise für Lkws unterrichtet wurden, dass die vorgeschlagenen und mitgeteilten Preise bei jeder Fahrzeugkategorie sowohl in griechischen Drachmen als auch in italienischen Lire identisch sind.

118 Drittens kann ohnehin nach ständiger Rechtsprechung die Tatsache, dass sich ein Unternehmen nicht nach den Ergebnissen von Zusammenkünften mit offensichtlich wettbewerbsfeindlichem Gegenstand richtet, es nicht bereits von seiner vollen Verantwortlichkeit befreien, die durch seine Beteiligung am Kartell begründet ist, wenn es sich nicht offen vom Inhalt der Zusammenkünfte distanziert hat (Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, Randnr. 135).

119 Aus denselben Gründen ist das Vorbringen unbeachtlich, dass die Klägerin bei der Erbringung der fraglichen Dienstleistung eine andere Politik von Preisnachlässen und Zahlungsaufschüben verfolgt habe als ihre griechischen Konkurrenten, dass die von ihr Ende der 90er Jahre festgelegten Preise 10 % niedriger seien als die Preise der anderen Gesellschaften auf derselben Route (HML und Medline), dass sie weiterhin den US-amerikanischen Dollar als Preiseinheit verwendet habe, dass weder die Modalitäten für die Zahlung von Frachtgeld noch die Anwendung der Bedingungen für etwaige Preisnachlässe für Kunden, noch die Frage der Provisionen für die Beschaffung von Frachteinnahmen im Kartell erörtert worden seien, dass es keinerlei Mechanismen oder Mittel zur Kontrolle des Verhaltens im Rahmen des angeblichen Kartells gegeben habe und dass weder eine Einigung über die Beibehaltung unveränderter Marktanteile noch die Frage der Anwendung und Berechnung von Preiszuschlägen (etwa für Stromanschluss oder Beförderung gefährlicher Fracht) im Verlauf des Treffens auch nur angesprochen worden seien.

120 Auch das Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission ihren Standpunkt im Wesentlichen auf die Prämisse gestützt habe, dass die Preise alle zwei Jahre angepasst worden seien, damit sie die Beteiligung der Klägerin in der Zeit von Oktober 1990 bis November 1993 nicht beweisen müsse, ist zurückzuweisen. Aus den Randnummern 124 bis 126 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission die Beteiligung der Klägerin an der Vereinbarung in der Zeit von 1991 bis 1993 keineswegs auf die bloße Behauptung gestützt hat, dass die Preisanpassung alle zwei Jahre stattfinde, sondern dass sie erklärt hat, dass vor dem Hintergrund einer laufenden Absprache der Umstand, dass sich die Klägerin von der Vereinbarung in diesem Referenzzeitraum nicht losgesagt habe, den Schluss auf ihre Beteiligung zulasse.

121 Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass ihr Vertreter vor Ort derjenige gewesen sei, der an dem Treffen teilgenommen habe, und dass dieser keine Entscheidungsbefugnisse gehabt habe und keine Verbindlichkeiten in ihrem Namen habe eingehen können. Insoweit genügt die Feststellung, dass nicht bestritten wird, dass der Vertreter der Klägerin für Griechenland von den anderen Gesellschaften als solcher angesehen wurde und dass daher seine Handlungen und Erklärungen auf dem Markt in der Tat als Handlungen und Erklärungen der Klägerin verstanden wurden.

c) Zur Fortdauer der Zuwiderhandlung während der Zeit zwischen den Treffen vom 25. Oktober 1990 und 24. November 1993

122 Die Klägerin macht geltend, dass es keine Beweise dafür gebe, dass zwischen ihr und den konkurrierenden Betreibern während der Zeit zwischen den beiden Treffen weitere Kontakte stattgefunden hätten. Sie verweist auf Randnummer 126 der Entscheidung und wirft der Kommission hinsichtlich des Fernschreibens von Anek vom 22. Oktober 1991, in dem das abgestimmte Vorgehen "der 11 Unternehmen und 36 Schiffe auf den Fährrouten Griechenland-Italien" erwähnt wird, vor, sie habe aus dem bloßen Umstand, dass in dem Fernschreiben von elf Unternehmen die Rede sei, geschlossen, dass eines davon die Klägerin sein müsse.

123 Ferner macht die Klägerin geltend, dass die Feststellungen der Kommission in offensichtlichem Widerspruch zu den Ausführungen des Gerichts im Urteil vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache T-43/92 (Dunlop Slazenger/Kommission, Slg. 1994, II-441, Randnr. 79) stuenden, wonach die Kommission die Beweismaterialien untersuchen müsse, um rechtlich hinreichend die Dauer einer Zuwiderhandlung zu belegen und dabei den Grundsatz der Rechtssicherheit zu beachten, der verlange, dass sich die angeblichen Beweismaterialien auf Fakten bezögen, die zeitlich nahe genug beieinander lägen. Die Klägerin fragt sich, wie die Kommission ihre Behauptung, dass die Klägerin vom 30. Oktober 1990 bis zum 24. November 1993 einem Preiskartell angehört habe, auf das Fernschreiben vom 22. Oktober 1991 an Anek stützen könne, wenn dieses Fernschreiben keine genaue Feststellung des Zeitraums ermögliche, in dem das angebliche Kartell der elf Unternehmen existiert habe, und keine Gewissheit biete, dass sich die drei Verfasser auf die Klägerin bezögen.

124 Die Kommission trägt vor, dass erwiesen sei, dass nach dem Treffen vom 25. Oktober 1990 bis zum 24. November 1993 Kontakte stattgefunden hätten, und beruft sich hierfür auf verschiedene in Randnummer 117 der Entscheidung angeführte Schriftstücke, die fortlaufende Verhandlungen und Absprachen zwischen den betreffenden Gesellschaften belegten (Faxe von Strintzis vom 8. Dezember 1989, 5. September 1990 und 30. Oktober 1990, Schreiben von Minoan vom 2. November 1990, Fax vom 22. Oktober 1991 an Anek, Schriftstück von Minoan vom 25. Februar 1992, Fernschreiben von Minoan vom 7. Januar 1993 und Fernschreiben von ETA vom 24. November 1993).

125 Nach der Rechtsprechung folgt, was den Beweis der behaupteten Dauer einer Zuwiderhandlung angeht, aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit, dass die Kommission, soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, zumindest Beweismaterialien beibringen muss, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (Urteil Dunlop Slazenger/Kommission, Randnr. 79).

126 Zu prüfen ist, ob die Kommission zu Recht die Auffassung vertritt, dass das Schriftstück vom 2. November 1990 sowie die Fernschreiben vom 22. Oktober 1991 und 7. Januar 1993 zusammen mit den oben geprüften Schriftstücken genügen, um zu belegen, dass die Zuwiderhandlung, die in den vorstehenden Randnummern als erwiesen angesehen worden ist, zwischen den beiden Treffen, an denen die Klägerin nach eigenem Eingeständnis teilnahm, ununterbrochen fortdauerte.

127 Erstens geht aus einem Schriftstück vom 2. November 1990 (Randnr. 20 der Entscheidung) hervor, dass Minoan ihren Agenten nach dem Treffen vom 25. Oktober 1990 die Preise mitteilte, die zum 5. November 1990 in Kraft treten sollten, und dabei erklärte, dass diese Preise von den Betreibern aller Fährverbindungen zwischen Griechenland und Italien festgelegt worden seien.

128 Zweitens (vgl. Randnr. 22 der Entscheidung) sandten Karageorgis, Minoan und Strintzis am 22. Oktober 1991 Anek ein Fernschreiben, in dem sie sie aufforderten, "die zwischen den 11 Unternehmen und 36 Schiffen der Fährrouten Griechenland-Italien geschlossene Vereinbarung aufrechtzuerhalten". Die Klägerin war im maßgeblichen Zeitraum unstreitig auf der Route Patras-Brindisi tätig, und es ist bewiesen worden, dass sie im Oktober 1990 an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws beteiligt gewesen war. Unter diesen Umständen konnte die Kommission, da das Beweismaterial in dem Kontext auszulegen ist, in dem die in ihm erwähnten Ereignisse stattgefunden haben, und in Zusammenhang mit dem übrigen Beweismaterial zu bringen ist, ungeachtet der fehlenden Nennung der Namen der fraglichen Unternehmen aufgrund aller ihr vorliegenden Angaben annehmen, dass die Klägerin sehr wahrscheinlich zu den am Kartell beteiligten "11 Unternehmen" gehörte, auf die sich der Verfasser des Fernschreibens bezog.

129 Drittens hieß es in einem Fernschreiben von Minoan vom 7. Januar 1993 an Strintzis, Anek und Karageorgis, in dem eine Anpassung der Beförderungspreise für Fahrzeuge auf den Routen zwischen Griechenland und Italien vorgeschlagen wurde: "Wir möchten darauf hinweisen, dass seit der letzten Anpassung des Fahrzeugtarifs zwei Jahre vergangen sind." Daraus ist zu schließen, dass die Kartellmitglieder während der Zeit zwischen dem Treffen vom 25. Oktober 1990 und dem 7. Januar 1993 keine Anpassung der am 5. November 1990 in Kraft getretenen Preise vorgenommen hatten und dass die für 1991 festgesetzten Preise auch 1992 galten. Dieses Schriftstück belegt, dass das Kartell auf der Route Patras-Brindisi fortbestand, da, wie die Kommission unterstreicht, der Begriff "Fahrzeug" so allgemein ist, dass er auch Lkws umfasst.

130 Nach alledem und weil sich die Klägerin nicht von dem Kartell distanziert hat (siehe unten), konnte ihr zur Last gelegt werden, dass sie während der Zeit zwischen den beiden Treffen dem Kartell angehört habe. Der von der Klägerin behauptete Umstand, dass sie ihre Preise jedes Jahr während der fraglichen Zeit erhöht habe, obwohl die Kartellmitglieder keine Preiserhöhung vorgesehen hätten, genügt nicht, um einen Verstoß der Klägerin gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zu verneinen. Zum einen hatte sich die Klägerin nicht für eine Preissenkung, sondern für eine Preiserhöhung entschieden, und zum anderen konnte eine derartige Änderung dadurch bedingt sein, dass die Preise ausgeglichen werden mussten, um den im maßgeblichen Zeitraum eingetretenen Währungsschwankungen Rechnung zu tragen. Schließlich ist festzustellen, dass die Prüfung des tatsächlichen Verhaltens der Klägerin nur von relativer Bedeutung bei der Beurteilung der Frage ist, ob eine Zuwiderhandlung vorlag, da feststeht, dass sie vor und nach diesem Zeitraum an Treffen teilgenommen hatte, bei denen die Vertreter der beteiligten Unternehmen auf eine Weise vorgingen, die eindeutig nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages untersagt ist.

131 Aus der Gesamtheit dieser Schriftstücke ergibt sich, dass die Kommission davon ausgehen konnte, dass während der Zeit zwischen den beiden Treffen die Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi fortbestand und dass die Klägerin daran beteiligt war.

d) Zur fehlenden Distanzierung

132 Die Klägerin macht geltend, dass sie ihrem Vertreter, nachdem dieser für Griechenland an dem fraglichen Treffen teilgenommen habe, am 1. Dezember 1993 förmlich durch ein internes Schreiben mitgeteilt habe, dass er im Rahmen seiner Geschäftsführung auf keinen Fall zur Beteiligung an Absprachen mit anderen Unternehmen befugt sei. Dieser schriftlichen Mitteilung sei zum einen eine mündliche Mitteilung an den Organisator des Treffens, Herrn Sfinias, gefolgt, damit dieser erfahre, dass die Klägerin die bei dem Treffen erörterte Preiserhöhungspolitik nicht unterstütze, und diese Ablehnung den anderen Unternehmen mitteile, und zum anderen der Beschluss, keine Preiserhöhung vorzunehmen, was in krassem Widerspruch zu den Behauptungen in dem Fax von Minoan vom 24. November 1993 stehe. Nach Ansicht der Klägerin beweisen diese Schriftstücke, dass sie sich bezüglich der bei dem Treffen erörterten Fragen distanziert habe.

133 Die Klägerin trägt vor, dass, wenn man im vorliegenden Fall den Nachweis einer offenen Distanzierung vom Ziel des Kartells verlange, dies auf einen unmöglichen Beweis hinauslaufe, und schlägt deshalb vor, die Bedeutung des Ausdrucks "sich offen distanzieren" zu präzisieren. In einem Kontext, in dem das Fehlen von Protokollen und von Vermerken der Teilnehmer über den Inhalt der Gespräche die Regel sei, verlange das Kriterium der Distanzierung keine schriftliche Erklärung an die Konkurrenten. Sollte das Gericht es nicht für ausreichend halten, wenn so klar Position bezogen werde, wäre daraus zu schließen, dass das Erfordernis der Distanzierung kein Kriterium für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Verteidigungsvorbringens sei, sondern bereits als solches ein Bestandteil des Vorwurfs der Zuwiderhandlung, da es dem beschuldigten Unternehmen keine Möglichkeit biete, seine Redlichkeit zu beweisen.

134 Die Kommission macht geltend, dass der interne Vermerk vom 1. Dezember 1993 nur beschränkte Beweiskraft habe, da es andernfalls für ein an einem Kartell beteiligtes Unternehmen leicht wäre, sich seiner Verantwortlichkeit zu entziehen, indem es ganz einfach interne Schriftstücke vorlege. Außerdem sei dieser Wille, die Absprache nicht einzuhalten, nicht nach außen erkennbar gemacht worden: Ein schlichter Telefonanruf (der von der Klägerin bei ETA) lasse nicht den Schluss zu, dass sich die Klägerin wirklich von der Vereinbarung losgesagt habe.

135 Die Lehre von der offenen Distanzierung ist Bestandteil eines in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatzes, wonach ein Unternehmen, das an Zusammenkünften mit rechtswidrigem Inhalt teilgenommen hat, nur dann von seiner Verantwortlichkeit befreit ist, wenn der Beweis erbracht ist, dass es sich ausdrücklich vom Inhalt der Zusammenkünfte distanziert hat (Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-141/89, Tréfileurope/Kommission, Slg. 1995, II-791; Urteile Sarrió/Kommission und PVC II). Es ist Sache des betreffenden Unternehmens, die Distanzierung darzutun, indem es beweist, dass es ohne jede wettbewerbsfeindliche Einstellung an den Zusammenkünften teilgenommen hat, und dartut, dass es seine Konkurrenten darauf hingewiesen habe, dass es mit einer anderen Einstellung als diese an den Zusammenkünften teilnehme (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-15/89, Chemie Linz/Kommission, Slg. 1992, II-1275, Randnr. 135). Der Begriff der offenen Distanzierung als Voraussetzung für die Befreiung von der Verantwortlichkeit ist daher eng auszulegen.

136 Zwar sind interne Weisungen wie die der Klägerin, die klarstellen, dass das Unternehmen nicht beabsichtigt, sich den einem Kartell angehörenden Konkurrenten anzuschließen, eine als positiv anzusehende interne organisatorische Maßnahme. Was die Zurechnung einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages angeht, konnte jedoch die Kommission, da diese internen Weisungen nicht publik gemacht worden waren, nicht davon ausgehen, dass sich die Klägerin vom Kartell distanziert habe.

137 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin handelt es sich nicht um die Erbringung eines unmöglichen Beweises. Um in den Genuss der mit der Distanzierung verbundenen Befreiung zu kommen, muss das Unternehmen, das an Zusammenkünften mit wettbewerbswidrigem Zweck teilgenommen hat, den anderen dort vertretenen Gesellschaften lediglich hinreichend klar mitteilen, dass es entgegen dem äußeren Anschein mit den von diesen unternommenen, verbotenen Schritten nicht einverstanden ist. Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass derartige Zusammenkünfte in einem Kontext stattfänden, der durch das Fehlen von Protokollen und Vermerken der Teilnehmer gekennzeichnet sei, kann an der Bedeutung der offenen Distanzierung, die für eine Befreiung von der Verantwortlichkeit erforderlich ist, nichts ändern. Im Gegenteil, in einem solchen Kontext kann nur ein Unternehmen, das beweist, dass es seine fehlende Zustimmung entschlossen und klar zum Ausdruck gebracht hat, das in der Rechtsprechung verlangte Kriterium der offenen Distanzierung erfuellen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich aus dieser Rechtsprechung nicht, dass der Nachweis der Distanzierung eines Unternehmens allein von den Behauptungen seiner Konkurrenten abhängt. Nachzuweisen ist, dass das Vorgehen, das das Unternehmen gewählt hat, um sich offen zu distanzieren, tatsächlich dazu geführt hat, dass seine fehlende Zustimmung den anderen bei der Zusammenkunft vertretenen Unternehmen bekannt geworden ist.

138 Das interne Schriftstück der Geschäftsführung der Klägerin vom 1. Dezember 1993 genügt daher nicht als Beweis für die Distanzierung. Mangels urkundlicher Beweise hat auch der Umstand keine Beweiskraft, dass dieser internen Mitteilung eine mündliche Mitteilung durch Anruf beim Organisator des Treffens, Herrn Sfinias, gefolgt sein soll, damit dieser erfahre, dass die Klägerin die bei dem Treffen erörterte Preiserhöhungspolitik nicht unterstütze, und diese Ablehnung den anderen Unternehmen mitteile. Hätte sich die Klägerin von dem Gegenstand der Vereinbarung wirklich distanzieren wollen, so hätte sie ihren Konkurrenten beim Treffen vom 24. November 1993 oder zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich klar mitteilen können, dass sie nicht mehr als Partei der Vereinbarung angesehen werden wolle. Schließlich ist, da die in einem internen Schriftstück geäußerte Absicht der Klägerin, die Absprache nicht einzuhalten, nicht nach außen erkennbar gemacht worden ist, die Annahme erlaubt, dass ein derartiges Verhalten ein Versuch war, die übrigen Mitglieder des Kartells hinsichtlich der Erwartung, dass die Absprache eingehalten werde, zu täuschen, was, wie die Kommission unterstreicht, die Beteiligung (selbst die absprachewidrige) des Unternehmens am Kartell selbst bestätigen würde.

139 Demnach hat die Klägerin nicht die Distanzierung bewiesen, die nach der Rechtsprechung erforderlich ist, damit ihre Teilnahme an dem Treffen nicht als Beweis für die Beteiligung an dem Kartell angesehen wird.

140 Unter diesen Umständen ist das Vorbringen, die Klägerin habe ihren Beschluss, für 1994 keine Preiserhöhung vorzunehmen, eigenständig und vor dem Treffen gefasst, nicht als Gesichtspunkt anzusehen, der die vorstehenden Ausführungen entkräftet, die den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an dem Kartell betreffen. Ein derartiger Beschluss ist als solcher kein Beweis für eine Distanzierung. Dasselbe gilt für das Vorbringen hinsichtlich der Gründe, aus denen die Klägerin an dem Treffen teilgenommen haben will. Hierzu ist festzustellen, dass das Schriftstück keinerlei Hinweis darauf enthält, dass die Teilnehmer des Treffens die Frage der Einführung und Anwendung der gemeinschaftlichen Mehrwertsteuer erörtert hatten.

e) Zum Vorbringen, die Klägerin habe nur an zwei Treffen teilgenommen

141 Die Klägerin macht geltend, dass ihr Fall so besonders sei, dass ihre Teilnahme an zwei Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck nicht ausreiche, um ihre Beteiligung an dem Kartell als erwiesen anzusehen. Ihre Situation entspreche der Lage des Unternehmens Prat Carton in der Rechtssache "Karton", in der das Urteil Sarrió/Kommission ergangen sei, in dem das Gericht festgestellt habe, dass die bloße Teilnahme an einem Treffen auch dann, wenn keine ausdrückliche Distanzierung erfolgt sei, unter Umständen keinen hinreichenden Beweis für die Beteiligung eines Unternehmens an einem Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darstelle.

142 Es ist jedoch daran zu erinnern, dass im vorliegenden Fall die Teilnahme der Klägerin an zwei Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck nicht bestritten wird und dass als erwiesen angesehen worden ist, dass diese beiden Treffen im Rahmen einer fortdauernden Absprache auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi stattfanden. Die Überlegungen, die das Gericht dazu veranlasst haben, im Urteil Sarrió/Kommission eine Beteiligung von Prat Carton an dem Kartell zu verneinen, die auf dem Umstand beruhten, dass dieses Unternehmen nur an einer einzigen Sitzung teilgenommen habe und später den in dieser Sitzung getroffenen Beschlüssen nicht gefolgt sei, weshalb der Inhalt der Sitzung für das Unternehmen Ausnahmecharakter gehabt habe, sind daher auf den Fall der Klägerin nicht übertragbar. Unter diesen besonderen Umständen hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass "diesem Unternehmen... nicht vorgeworfen werden [kann], sich vom Inhalt der Erörterungen auf dieser Sitzung nicht offen distanziert zu haben" (Urteil Sarrió/Kommission, Randnr. 211).

143 Schließlich hat das Gericht festgestellt, dass die Regelmäßigkeit, mit der ein Unternehmen an den Sitzungen zwischen Unternehmen teilgenommen hat, nicht dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung berührt, sondern den Grad seiner Beteiligung (Urteil PVC II, Randnr. 939). Daher ist zwischen dem Nachweis der Beteiligung an einem Kartell und der Beurteilung des Grades der Beteiligung, die bei der Festsetzung der Geldbuße von Bedeutung ist, zu unterscheiden. Genau dies hat die Kommission im vorliegenden Fall getan, indem sie die eingeschränkte Beteiligung der Klägerin an dem Kartell bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt und ihr eine Ermäßigung gewährt hat, weil sie nur Mitläufer gewesen sei (Randnr. 164 der Entscheidung).

144 Nach alledem hat die Kommission in der Beteiligung der Klägerin an den beiden fraglichen Treffen zu Recht ein eindeutiges Indiz für ihre Beteiligung an dem Kartell gesehen.

f) Ergebnis

145 Da die Beteiligung der Klägerin an dem in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannten Kartell rechtlich hinreichend bewiesen worden ist, ist der erste Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum zweiten, hilfsweise vorgetragenen Teil: fehlerhafte Einstufung der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung

146 Die Klägerin macht hilfsweise geltend, dass die Kommission die Art von Zuwiderhandlung, die sie möglicherweise begangen habe, nicht angemessen beurteilt habe. Da sich die Klägerin auf die Mitteilung geschäftlicher Informationen beschränkt habe, habe sie sich allenfalls an einem Austausch von Informationen über die Beförderungspreise für Lkws und nicht an einem Kartell beteiligt, denn sie habe stets davon abgesehen, sich mit ihren Konkurrenten über die zu verfolgende Geschäftspolitik abzustimmen. Dieser Informationsaustausch sei aber unbestreitbar eine weniger schwere Zuwiderhandlung als ein Kartell.

147 Die Kommission stützt ihre Entscheidung im vorliegenden Fall nicht auf einen bloßen wettbewerbswidrigen Austausch geschäftlicher Informationen zwischen Konkurrenten. Die Entscheidung ist auf die Feststellung gestützt, dass eine fortdauernde Preisabsprache für die Beförderung von Kraftfahrzeugen auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi bestanden habe. Es ist als erwiesen angesehen worden, dass die in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannten Unternehmen einschließlich der Klägerin über mehrere Jahre bei Treffen Preisinitiativen beschlossen und Informationen über die verschiedenen Tarife für die Beförderung von Lkws austauschten, dass diese Initiativen Ausdruck eines gemeinsamen Willens waren, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten, und dass die Kommission diese Umstände deshalb als Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages einstufen konnte. Diese Feststellung ist aufgrund eines Konglomerats von Schriftstücken und Erklärungen einiger der genannten Unternehmen erfolgt, die die Existenz des Kartells rechtlich hinreichend beweisen.

148 Schließlich ist festzustellen, dass sich die vertretenen Unternehmen bei den Treffen, an denen die Klägerin teilgenommen hat, nicht auf einen Informationsaustausch beschränkten. Es genügt, beispielsweise an den Wortlaut des Fax von Strintzis vom 30. Oktober 1990 und insbesondere an die Bezugnahme auf die endgültige Vereinbarung zu erinnern, die als Beweis dafür anzusehen ist, dass diese Vereinbarung den Abschluss einer Reihe von Erörterungen zwischen allen beteiligten Schifffahrtsunternehmen einschließlich der Klägerin bildete, die der Festsetzung der Preise dienten. Das Vorbringen der Klägerin im Rahmen dieses Teils des Klagegrundes greift daher nicht durch.

149 Dieser zweite Teil ist deshalb zurückzuweisen.

150 Der zweite Klagegrund ist daher in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Billigkeit und des Diskriminierungsverbots

Vorbringen der Parteien

151 Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beweise, die die Kommission gegen sie verwendet habe, mit den Beweisen für die Beteiligung anderer Unternehmen wie AK Ventouris und HML an der Zuwiderhandlung vergleichbar seien. Da die Kommission festgestellt habe, dass sie keine ausreichenden Beweise habe, um diese Unternehmen zu bestrafen, habe sie fast identische Sachverhalte ohne Rechtfertigungsgrund unterschiedlich behandelt und folglich einen eindeutigen Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages begangen. Die Erwägungen, aus denen die Kommission diesen Unternehmen keine Zuwiderhandlung zur Last gelegt habe, hätten im Hinblick auf die Position der Klägerin auch für diese gelten können.

152 Die Klägerin beanstandet, dass die Beteiligung von AK Ventouris an dem Treffen vom 23. November 1993 nicht als ausreichendes Indiz angesehen worden sei, um diesem Unternehmen eine Beteiligung an dem Kartell vorzuwerfen, während die Beteiligung der Klägerin an zwei Treffen als wettbewerbswidrig eingestuft worden sei.

153 Dasselbe gelte für HML, die Gesellschaft, die in zwei Schriftstücken (Faxe von Strintzis vom 30. Oktober 1990 und vom 8. Dezember 1989) genannt werde und bezüglich deren die Kommission über eine vom Vertreter von HML unterzeichnete Preisliste als Beweis für die Zustimmung dieser Gesellschaft zu den vereinbarten Preisen verfüge. Die Klägerin kritisiert, dass die Kommission es im Fall von HML abgelehnt habe - offenkundig nach dem hier gar nicht anwendbaren Grundsatz, dass die bloße Teilnahme an einem einzigen Treffen nicht als ausreichendes Indiz für eine Zuwiderhandlung angesehen werden könne -, das Verhalten eines Unternehmens zu verurteilen, das sich eindeutig einer wettbewerbswidrigen Absprache angeschlossen habe, während ersichtlich sei, dass sie selbst bestraft worden sei, obwohl es keine Dokumente gebe, in denen ihre Zustimmung zum Abschluss einer Absprache geäußert werde. Schließlich werde der Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages dadurch bestätigt, dass die Kommission keine Rechtfertigungsgründe für die unterschiedliche Behandlung nenne.

154 Was schließlich die Gesellschaft Med Link angehe, so sei diese 1993 an die Stelle der Gesellschaft Med Lines getreten; dies ergebe sich aus dem "Lloyd's Register of Ships" sowie aus dem "Skolarikos, Greek Merchant Marine Directory". Die Kommission hätte die Erklärungen von Med Link leicht zurückweisen können und habe, indem sie dieser keine Zuwiderhandlung zur Last gelegt habe, nicht nur gegen Artikel 85 des Vertrages verstoßen, sondern auch gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Gleichbehandlung.

155 Die Entscheidung müsse deshalb wegen Verletzung des allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung und des allgemeinen Diskriminierungsverbots, beides tragende Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, sowie wegen einer unzureichenden und widersprüchlichen Begründung für nichtig erklärt werden.

156 Die Kommission macht geltend, dass dieser Klagegrund unbegründet sei. Nach ständiger Rechtsprechung müsse die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besage, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf einen zugunsten anderer begangenen Rechtsverstoß berufen könne (Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, Randnr. 334, und Cascades/Kommission, Randnr. 259). Im vorliegenden Fall bestehe ein Rechtsverstoß allenfalls darin, dass die Entscheidung nicht an AK Ventouris gerichtet worden sei, und nicht darin, dass sie an die Klägerin gerichtet worden sei.

Würdigung durch das Gericht

157 Nach ständiger Rechtsprechung muss die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besagt, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf einen zugunsten anderer begangenen Rechtsverstoß berufen kann (Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, Randnr. 334, und Cascades/Kommission, Randnr. 259).

158 Das Vorbringen der Klägerin greift daher nicht durch, da oben festgestellt worden ist, dass die Kommission ihr zu Recht vorgeworfen hat, sich an dem in der Entscheidung genannten Kartell beteiligt zu haben. Selbst wenn die Kommission aufgrund einer unzutreffenden Beurteilung der verfügbaren Beweise einen Fehler begangen hätte, indem sie die Entscheidung nicht auch an andere Gesellschaften wie HML, Med Link und AK Ventouris richtete, kann die Klägerin aus einem derartigen Fehler, der nicht ihre Beteiligung an dem Kartell betrifft, keinen Vorteil erlangen.

159 Schließlich ist jedenfalls festzustellen, dass sich die Klägerin entgegen ihrem Vorbringen nicht in der gleichen Lage befindet wie diese anderen Unternehmen. Die Lage der Klägerin unterschied sich nämlich von der von AK Ventouris, da die Klägerin an zwei Treffen teilgenommen und drei Jahre lang dem Kartell angehört hatte, während AK Ventouris nur an einem einzigen Treffen teilgenommen hatte. Was HML betrifft, so wurde diese Gesellschaft nur in einem einzigen Schriftstück genannt, dem Fax von Strintzis vom 30. Oktober 1990 (Randnr. 117 der Entscheidung); die Kommission hat darauf hingewiesen, dass die Erwähnung dieser Gesellschaft in Randnummer 16 der Entscheidung ein Versehen sei, in Wirklichkeit sei dort die Gesellschaft ML gemeint (Mediterranean Lines oder Med Lines). Was schließlich Med Link angeht, so hatte die Kommission Schwierigkeiten, zu ermitteln, ob diese die Nachfolgerin von Med Lines war, ein ganz anderer Sachverhalt als bei der Klägerin.

160 Demnach ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: fehlerhafte Anwendung des Artikels 85 des Vertrages mangels spürbarer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

Vorbringen der Parteien

161 Die Klägerin ist der Auffassung, dass das Tatbestandsmerkmal einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten im vorliegenden Fall nicht erfuellt sei. Sie macht insoweit geltend, dass die Angaben zum Transportvolumen und zur Zahl der Betreiber im maßgeblichen Zeitraum auf der Route Brindisi-Patras nicht nur zeigten, dass die Zahl der Überfahrten und die Zahl der beförderten Lkws ständig gestiegen seien, sondern auch, dass während dieser Zeit mehrere neue Betreiber auf dem Markt aufgetaucht seien. Da sich der Markt demnach normal weiterentwickelt habe, habe die Vereinbarung nicht die geringste Auswirkung auf ihn gehabt.

162 Die Kommission macht geltend, dass dieser Klagegrund unbegründet sei und dass unter den Umständen des vorliegenden Falles der Beweis für eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten bereits dann erbracht sei, wenn Verkehr zwischen Griechenland und Italien nachgewiesen werde. Dass die Vereinbarung außerdem zu einer Zunahme des Handels geführt habe, sei unerheblich.

Würdigung durch das Gericht

163 Die nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages erforderliche Schädigung des innergemeinschaftlichen Handels ist gegeben, wenn erwiesen ist, dass die Vereinbarung den natürlichen Fluss der Handelsströme ändert und auf diese Weise den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigt, indem sich der Handel aufgrund der Vereinbarung anders entwickelt, als er es ohne die Vereinbarung getan hätte (Urteile des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966 in den Rechtssachen 56/64 und 58/64, Consten und Grundig/Kommission, Slg. 1966, 322, 389, vom 15. Mai 1975 in der Rechtssache 71/74, Frubo/Kommission, Slg. 1975, 563, Randnr. 38, und vom 11. Juli 1985 in der Rechtssache 42/84, Remia/Kommission, Slg. 1985, 2545, Randnr. 22).

164 Da es sich im vorliegenden Fall um eine Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Seerouten zwischen Griechenland und Italien handelt, kann nicht bezweifelt werden, dass diese Absprache den Handel beeinträchtigen kann.

165 Das Vorbringen der Klägerin, dass das Transportvolumen und die Zahl der Betreiber im maßgeblichen Zeitraum auf der Route Brindisi-Patras ständig gestiegen seien, kann nicht berücksichtigt werden. Erstens ist anzunehmen, dass die Zahl der beförderten Lkws ohne das betreffende Kartell noch deutlicher hätte steigen können. Zweitens setzte die nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages erforderliche Beeinträchtigung des Handels nicht voraus, dass der Beweis für eine tatsächliche Beeinträchtigung erbracht wurde, da Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen betrifft, die die Einschränkung des Wettbewerbs und die Beeinträchtigung des Handels "bezwecken" oder "bewirken".

166 Folglich ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

II - Zum Hilfsantrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der mit der Entscheidung verhängten Geldbuße

167 Die Klägerin stützt ihren Hilfsantrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der mit der Entscheidung verhängten Geldbuße auf einen Klagegrund, mit dem sie geltend macht, dass die Kommission ihr gegenüber mit der Verhängung einer Geldbuße gegen die Verordnung Nr. 4056/86 verstoßen und dass sie die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung fehlerhaft beurteilt habe.

168 Die Klägerin beantragt hilfsweise, Artikel 2 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 0,98 Millionen ECU festgesetzt wird. Sollte das Gericht feststellen, dass bereits die passive Teilnahme an zwei Treffen mit einem möglicherweise wettbewerbswidrigen Inhalt einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darstelle, sei dieser Verstoß nicht so schwer, dass er mit einer Geldbuße geahndet werden könne. Die Klägerin unterstreicht insbesondere die Passivität ihres Verhaltens, ihre Distanzierung von den Beschlüssen, die bei den Zusammenkünften, an denen sie teilgenommen habe, gefasst worden seien, die sehr geringe Zahl belastender Beweise und die sehr eingeschränkte wirtschaftliche Auswirkung des angeblichen Kartells.

169 Nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 kann die "Kommission... gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million [Euro] oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von jedem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig... gegen Artikel 85 Absatz 1... des Vertrages verstoßen". Nach derselben Vorschrift ist "[b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße... neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen".

170 Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen im Rahmen der Verordnung Nr. 4056/86 über ein Ermessen verfügt, um die Unternehmen dazu anhalten zu können, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (in diesem Sinne analog Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996 in der Rechtssache T-49/95, Van Megen Sports/Kommission, Slg. 1996, II-1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II-1689, Randnr. 127).

171 Da festgestellt worden ist, dass die der Klägerin vorgeworfene Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend bewiesen worden ist, kann die Klägerin folglich nicht beanstanden, dass die Kommission gegen sie nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 eine Geldbuße verhängt hat.

172 Was die Höhe und die Angemessenheit der Geldbuße im Verhältnis zur vorgeworfenen Zuwiderhandlung angeht, erhebt die Klägerin eine Reihe von Vorwürfen bezüglich der Beurteilung der Schwere und Dauer der bei ihr festgestellten Zuwiderhandlung, die getrennt zu prüfen sind.

A - Zum ersten Teil: Verstoß gegen Artikel 19 der Verordnung Nr. 4056/86 bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

173 Die Klägerin führt aus, dass die Kommission sie in der Entscheidung zu Unrecht als mittelgroßes Unternehmen eingestuft habe, dass sie den Referenzumsatz fehlerhaft bewertet habe und dass sie gegen Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 verstoßen habe, da sie eine Geldbuße gegen sie verhängt habe, die sich auf mehr als 10 % ihres Umsatzes belaufen habe.

174 Die Kommission habe sie bei der Berechnung der Geldbuße aufgrund des Gesamtumsatzes, den sie 1993, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung bei fast allen Gesellschaften, erzielt habe, als mittelgroßes Unternehmen angesehen. Um die tatsächlichen Auswirkungen ihres Verhaltens auf den Wettbewerb im Sinne der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), richtig zu beurteilen, hätte sich die Kommission aber auf den Umsatz stützen müssen, der auf der von der angeblichen Zuwiderhandlung betroffenen Seeroute erzielt worden sei. Sie hätte sich somit im vorliegenden Fall auf den Umsatz stützen müssen, der durch die Beförderung von Lkws auf der Route Brindisi-Patras erzielt worden sei. Indem die Kommission für alle Gesellschaften den Gesamtumsatz des Jahres 1993 herangezogen habe, benachteilige sie ungerechtfertigterweise die Klägerin, da die ihr vorgeworfene Zuwiderhandlung nur eine einzige Fährverbindung, Brindisi-Patras, und auf dieser Route nur eine einzige Art von Dienstleistung betreffe (Beförderung von Lkws). Die Mehrzahl der beteiligten Gesellschaften sei aber für eine Zuwiderhandlung auf mehreren Routen - bei Minoan, Anek, Strintzis und Karageorgis sämtliche Routen - und bezüglich mehrerer Arten von Dienstleistungen - bei Minoan, Anek, Strintzis und Karageorgis sowohl die Beförderung von Passagieren als auch die Beförderung von Lkws - verantwortlich gemacht worden. Es sei unverständlich, weshalb eine Gesellschaft, der eine Zuwiderhandlung vorgeworfen werde, die nach ihren Auswirkungen auf den Wettbewerb und ihrer Dauer weit weniger schwer und deren Gegenstand beschränkter sei, auf der Grundlage ihres Gesamtumsatzes bestraft werde, der zu 95 % keinen Zusammenhang mit der angeblichen Zuwiderhandlung aufweise.

175 Außerdem habe die Kommission trotz ihrer Behauptung, dass sie den 1993 im Roll-on-roll-off-Verkehr erzielten Umsatz berücksichtigt habe, bei der Klägerin den Gesamtumsatz herangezogen, der höher sei als der allein durch die Roll-on-roll-off-Fährdienste erzielte Umsatz (1993: 81,2 Milliarden ITL statt 68,7 Milliarden ITL). Die Kommission habe zu keinem Zeitpunkt Kenntnis von ihrem Umsatz aus dem Roll-on-roll-off-Verkehr erlangt, da sie nie danach gefragt habe.

176 Da die Klägerin 1993 ungefähr 5 % ihres Gesamtumsatzes, d. h. 4,3 Milliarden ITL von insgesamt 81,2 Milliarden ITL, mit der Beförderung von Lkws auf der Route Brindisi-Patras erzielt habe, sei der Referenzumsatz, der für die Ermittlung ihrer Größe herangezogen worden sei, entsprechend zu verringern. Geschähe das, wäre ihr Umsatz im Verhältnis zu dem von Minoan weit niedriger, als durch den Faktor 0,4 in Randnummer 151 (Tabelle 1) der Entscheidung angegeben werde, und folglich sei sie eher als kleines Unternehmen anzusehen.

177 Schließlich entspreche die Geldbuße von 980 000 ECU, die gegen sie verhängt worden sei, 54 % des Umsatzes, den sie durch die von der Zuwiderhandlung erfasste Dienstleistung erzielt habe. Zwar verfüge die Kommission bei der Wahl des Referenzumsatzes über ein weites Ermessen, doch sei das Missverhältnis zwischen dem Gesamtumsatz und dem auf den vorliegenden Fall bezogenen Umsatz so groß, dass die Kommission in ihrem Fall aus eigenem Antrieb und aus grundlegenden Erwägungen der Billigkeit ihre Geldbuße auf der Grundlage des zweitgenannten und nicht des erstgenannten Umsatzes hätte berechnen müssen.

178 Weiter wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe gegen die mittelgroßen Unternehmen - zu denen die Klägerin gehört - eine Geldbuße verhängt, die sich auf 65 % des Betrages der Geldbußen der großen Unternehmen belaufen habe, was ein zu hoher und unverhältnismäßiger Prozentsatz sei, da das Verhältnis zwischen dem Umsatz von Minoan - dem Hauptbetreiber - und den Umsätzen der mittelgroßen Unternehmen zwischen 0,45 und 0,26 (bei der Klägerin 0,4) betragen habe und der niedrigste Faktor nahe bei dem Faktor des einzigen kleinen Unternehmens, Marlines, gelegen habe, gegen das eine Geldbuße in Höhe von 20 % des Betrages der Geldbußen der großen Unternehmen verhängt worden sei. Die Klägerin ergänzt, dass die Mehrzahl der mittelgroßen Unternehmen, was den Anteil vom Umsatz angehe, auf der Basis eines Grundbetrags bestraft worden sei, der einen höheren Anteil vom Umsatz ausmache als der Grundbetrag der gegen die beiden Hauptunternehmen verhängten Geldbußen (bei der Klägerin um 3,3 %).

179 Schließlich habe die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen im Widerspruch zu ihrer eigenen Erklärung in Randnummer 151 der Entscheidung gehandelt, wo es heißt: "[Das Jahr 1993] ist eine angemessene Grundlage, die der Kommission erlaubt, die Stellung und die Rolle der Unternehmen auf dem relevanten Markt zu ermitteln und so die tatsächlichen Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu ermessen." Zur Stützung ihrer Auffassung legt die Klägerin eine Tabelle vor, die belegen soll, dass sich die gegen sie verhängte Geldbuße auf 2,45 % ihres Gesamtumsatzes beläuft, während die Geldbuße gegen den Hauptanführer des Kartells, Minoan, nur 3,26 % des Gesamtumsatzes betrage, obwohl sich Minoan anders als die Klägerin an allen geahndeten Verhaltensweisen, und zwar während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung, die in der Entscheidung festgestellt worden sei, beteiligt habe. Dadurch habe die Kommission Gesellschaften wie die Klägerin benachteiligt, die in absoluten Zahlen strenger bestraft worden seien als die großen Unternehmen, obwohl diese an allen Zuwiderhandlungen während eines deutlich längeren Zeitraums beteiligt gewesen seien.

180 Die Kommission weist die Kritik der Klägerin als unbegründet zurück. Zunächst führt sie aus, dass sie in der Entscheidung ihre neue Methode zur Berechnung von Geldbußen angewandt habe, die in den Leitlinien dargestellt sei. Diese Vorgaben seien als Reaktion auf die Ausführungen des Gerichts in drei Urteilen vom 6. April 1995 veröffentlicht worden, in denen das Gericht unmissverständlich festgestellt habe, dass die Kommission alle Faktoren darlegen müsse, auf deren Grundlage sie Geldbußen festsetze (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in den Rechtssachen T-147/89, Société métallurgique de Normandie/Kommission, Slg. 1995, II-1057, T-148/89, Tréfilunion/Kommission, Slg. 1995, II-1063, Randnr. 142, und T-151/89, Société des treillis et panneaux soudés/Kommission, Slg. 1995, II-1191). Nach der neuen Methode entsprächen Geldbußen nicht einem Anteil des Gesamtumsatzes der betroffenen Unternehmen, da die Kommission als Grundlage eine absolute Zahl (in ECU) habe verwenden wollen, die sich nach der Schwere der Zuwiderhandlung als Ganzem richte. Diese Vorgehensweise stehe im Einklang mit der Rechtsprechung, in der die Möglichkeit anerkannt werde, bei der Berechnung der Geldbuße viele Faktoren zu berücksichtigen, anstatt dem Umsatz übermäßige Bedeutung beizumessen (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française/Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 121, und Urteil PVC II, Randnr. 1230). Dieser Ansatz sei Ausdruck des Gedankens, dass der Umsatz bei wirtschaftlicher Betrachtung keine sehr genauen Hinweise darauf gebe, welcher Schaden durch die Zuwiderhandlung verursacht worden sei oder welchen Gewinn das Unternehmen durch die Zuwiderhandlung möglicherweise erlangt habe, und somit auch keine sehr genauen Hinweise auf die Höhe der Geldbuße, die für eine hinreichend abschreckende Wirkung erforderlich sei. Die Festsetzung der Geldbußen gegen Unternehmen, die sich an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligt hätten, habe vielmehr nach Maßgabe der von jedem einzelnen Unternehmen gespielten Rolle (Anführerrolle oder bloß ausführende Rolle) und dem Ausmaß der Zusammenarbeit der Unternehmen mit der Kommission zu erfolgen. Der Schaden, den eine Zuwiderhandlung als Ganzes möglicherweise verursacht habe, und der Gewinn, den jeder der Beteiligten der Zuwiderhandlung erlangt habe, stuenden in der Praxis nicht zwangsläufig im Verhältnis zum jeweiligen Umsatz.

181 Die Kommission macht geltend, dass sie die Leitlinien auf den vorliegenden Fall uneingeschränkt angewandt habe. Dabei sei sie von der Annahme ausgegangen, dass eine Preisabsprache ein sehr schwerer Verstoß sei (Randnr. 147 der Entscheidung). Aufgrund der tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt und des Umstands, dass der betroffene räumliche Markt nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Marktes ausmache, habe sie jedoch die Auffassung vertreten, dass die fragliche Zuwiderhandlung nur als schwerer Verstoß anzusehen sei (Randnr. 150 der Entscheidung). Darüber hinaus habe sie die tatsächliche Fähigkeit der Urheber des Verstoßes berücksichtigt, einen erheblichen Schaden zu verursachen, und deshalb Beträge für die Geldbußen festgesetzt, die eine hinreichend abschreckende Wirkung entfalteten. Schließlich habe sie die Größe der Unternehmen berücksichtigt und gegen die größten Unternehmen höhere Geldbußen verhängt, wobei die Differenzierung auf der Grundlage der 1993 erzielten Umsätze als relativem Anhaltspunkt getroffen worden sei.

182 Diese Vorgehensweise stehe im Einklang mit der Rechtsprechung, da der Gemeinschaftsrichter niemals einer Festsetzung von Geldbußen nach Maßgabe eines Anteils vom Umsatz - sei es nun der Gesamtumsatz des Unternehmens oder der Umsatz auf dem Markt, auf dem die Zuwiderhandlung begangen worden sei - den Vorzug gegeben habe. Er habe von der Kommission nämlich stets erwartet, dass sie die Höhe der Geldbußen "den Umständen des Verstoßes und der Schwere der Zuwiderhandlung" anpasse (Urteil des Gerichtshofes vom 12. November 1985 in der Rechtssache 183/83, Krupp/Kommission, Slg. 1985, 3609, Randnr. 40) und dass sie bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insbesondere "die Art der erreichten Wettbewerbsbeschränkungen" berücksichtige (Urteil Chemiefarma/Kommission, Randnr. 176, und Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 45/69, Boehringer/Kommission, Slg. 1970, 769, Randnr. 53; Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994 in den Rechtssachen T-39/92 und T-40/92, CB und Europay/Kommission, Slg. 1994, II-49, Randnr. 143). Das Gericht habe den Grundsatz bestätigt, dass die Angemessenheit der Geldbußen "im Verhältnis zur Art und zur Schwere des... Verstoßes" zu beurteilen sei (Urteil CB und Europay/Kommission, Randnr. 147), und stets auf die wesentlichen Faktoren bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Pflicht der Kommission hingewiesen, sicherzustellen, dass ihr Vorgehen vor allem in Bezug auf solche Zuwiderhandlungen, die die Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft besonders beeinträchtigten, abschreckende Wirkung habe (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-13/89, ICI/Kommission, Slg. 1992, Randnrn. 352 und 385, und vom 22. Oktober 1997 in den Rechtssachen T-213/95 und T-18/96, SCK und FNK/Kommission, Slg. 1997, II-1739, Randnr. 246).

183 Der Gemeinschaftsrichter prüfe lediglich, ob die Kommission bei der Festsetzung der Geldbuße drei Voraussetzungen beachtet habe, und zwar müsse die Geldbuße im Verhältnis zur Art und zur Schwere der Zuwiderhandlung angemessen und für die Sicherstellung einer abschreckenden Wirkung erforderlich sein. Im zweiten Abschnitt seiner Würdigung untersuche er die Bedeutung, die Relevanz und die Geeignetheit der besonderen Faktoren, die die Kommission im konkreten Fall berücksichtigt habe, und im dritten Abschnitt prüfe er, ob die gewählten Faktoren richtig angewandt worden seien. Die Kommission könne daher unter der Kontrolle des Gerichtshofes eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigen, darunter auch - aber keineswegs zwingend - den Umsatz auf dem Markt, auf dem die Zuwiderhandlung begangen worden sei (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 8. Februar 1990 in der Rechtssache C-279/87, Tipp-Ex/Kommission, Slg. 1990, I-261, und des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-327/94, SCA Holding/Kommission, Slg. 1998, II-1373, Randnr. 184).

184 Schließlich habe die Klägerin nicht beanstandet, dass die Kommission, nachdem sie den Schweregrad der Zuwiderhandlung nach Maßgabe der Art der Zuwiderhandlung und der durch die fragliche Vereinbarung herbeigeführten Art von Wettbewerbsbeschränkung festgelegt habe, die Beträge der Geldbußen an den unterschiedlichen Größen der Unternehmen ausgerichtet habe, indem sie den Umsatz, den die einzelnen Unternehmen 1993 auf dem Markt erzielt hätten, für den die Zuwiderhandlung festgestellt worden sei (die drei Routen zwischen Griechenland und Italien als Ganzes), als Kriterium herangezogen habe. Die Klägerin wende sich mit ihrem Vorbringen vielmehr erneut gegen die Abgrenzung des relevanten Marktes, der nach Ansicht der Klägerin auf die von ihr befahrene Route, d. h. die Route Patras-Bari-Brindisi, einzugrenzen sei.

185 Zu dem Vorbringen, dass sich die Geldbuße der Klägerin auf 65 % der Geldbußen der großen Fährdienstbetreiber belaufe, verweist die Kommission auf die Rechtsprechung des Gerichts (Urteil Martinelli/Kommission), wonach sie bei der Festsetzung der Geldbußen über ein gewisses Ermessen verfüge. Sie sei nicht verpflichtet, eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Randnr. 119) oder die Geldbußen gegen große Unternehmen genau proportional zu den Geldbußen gegen mittelgroße Unternehmen festzusetzen.

Würdigung durch das Gericht

186 Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe bei der Berechnung der Geldbuße den Umfang der gegen sie festgestellten Zuwiderhandlung außer Acht gelassen, die nur die Route Patras-Bari-Brindisi und lediglich die Beförderungspreise für Lkws betreffe, anders als das Kartell auf der Route Patras-Ancona, das auch die Beförderungspreise für Passagiere und deren Fahrzeuge betreffe. Die Klägerin sieht sich daher bei der Berechnung der Geldbußen gegenüber den übrigen Adressaten der Entscheidung, die sich aktiver an den von der Kommission geahndeten Verhaltensweisen beteiligt hätten, ungerecht behandelt. Die Kommission habe gegen die Klägerin auf diese Weise eine Geldbuße verhängt, die außer Verhältnis zur Bedeutung der ihr vorgeworfenen Zuwiderhandlung stehe. Außerdem habe die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen ihre eigene Berechnungsmethode, bei der laut Randnummer 151 der Entscheidung die Größe der Unternehmen verglichen werde, um "die Stellung und die Rolle der Unternehmen auf dem relevanten Markt zu ermitteln und so die tatsächlichen Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb" ermessen zu können, im Fall der Klägerin fehlerhaft angewandt.

187 Es ist daran zu erinnern, wie die Kommission im vorliegenden Fall den Grundbetrag der Geldbuße ermittelt hat.

188 Die Kommission ist bei der Berechnung der Geldbußen unstreitig von der in Randnummer 144 der Entscheidung dargestellten Überlegung ausgegangen, dass die beiden Kartelle, die sie in der Entscheidung nachgewiesen habe, Teil "einer kontinuierlichen Zuwiderhandlung" seien. Aufgrund des Umstands, dass die Zuwiderhandlung auf den drei Routen festgestellt worden sei, die als ein und derselbe Markt angesehen würden, sei der Grundbetrag der Geldbuße unter Berücksichtigung des Umsatzes festgesetzt worden, den die Unternehmen auf dem Gesamtmarkt für Fährdienste zwischen Griechenland und Italien erzielt hätten.

189 Aus den Randnummern 157 und 158 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei der Berechnung der Geldbußen von einem einheitlichen Grundbetrag für alle Unternehmen ausgegangen ist, der sich nach ihrer jeweiligen Größe richtete, ohne dabei jedoch danach zu differenzieren, ob sie an einer der geahndeten Zuwiderhandlungen oder an beiden beteiligt waren.

190 Wie bereits festgestellt, wird aus dem verfügenden Teil der Entscheidung aber klar, dass die Kommission zwei eigenständige Zuwiderhandlungen geahndet hat und dass der Klägerin nur vorgeworfen wird, sie habe sich an dem in Artikel 1 Absatz 2 geahndeten Kartell beteiligt, d. h. an dem Kartell, das die Beförderungspreise für Lkws auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi betrifft. Bei der Berechnung der Geldbuße der Klägerin ist die Kommission daher von der unrichtigen Prämisse ausgegangen, dass die Entscheidung eine einzige Zuwiderhandlung auf den drei Routen ahnde.

191 Die Kommission hat somit die Unternehmen, die an beiden Zuwiderhandlungen beteiligt waren, genauso bestraft wie die Unternehmen, die nur an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, und so gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Aus Gründen der Billigkeit und der Verhältnismäßigkeit müssen aber die Unternehmen, deren Beteiligung auf ein einziges Kartell beschränkt geblieben ist, weniger streng bestraft werden als die Unternehmen, die an allen streitigen Vereinbarungen beteiligt waren. Die Kommission kann die Unternehmen, denen die Entscheidung beide Zuwiderhandlungen zur Last legt, und die Unternehmen, denen wie der Klägerin nur eine der Zuwiderhandlungen zur Last gelegt wird, nicht gleich streng bestrafen.

192 Da die Klägerin nur für die Beteiligung an dem in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung geahndeten Kartell verantwortlich gemacht worden ist, ist gegen sie eine Geldbuße verhängt worden, die außer Verhältnis zur Bedeutung der begangenen Zuwiderhandlung steht.

193 Ferner ist festzustellen, dass die Kommission auf diese Weise ihre eigene Methode der Berechnung des Grundbetrags nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung fehlerhaft angewandt hat. Nach Randnummer 151 der Entscheidung hielt die Kommission es nämlich im vorliegenden Fall "wegen der beträchtlichen Größenunterschiede zwischen den Unternehmen für angebracht, gegen große Unternehmen höhere Geldbußen zu verhängen als gegen kleine". Die Tabelle in dieser Randnummer gibt Aufschluss über die Größe der betroffenen Unternehmen gemessen am Marktführer Minoan. Im letzten Satz dieser Randnummer hat die Kommission erklärt, was sie auch in ihren Schriftsätzen bestätigt hat, dass die Basis des Größenvergleichs der Umsatz der betroffenen Unternehmen aus Roll-on-roll-off-Diensten im Adriaverkehr 1993 sei, d. h. auf dem Markt, für den die Kommission die Zuwiderhandlung festgestellt hatte (die drei Routen zwischen Griechenland und Italien als Ganzes). Die Kommission stellt fest: "[Das Jahr 1993] ist eine angemessene Grundlage, die der Kommission erlaubt, die Stellung und die Rolle der Unternehmen auf dem relevanten Markt zu ermitteln und so die tatsächlichen Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu ermessen" (Randnr. 151 a. E.).

194 Außerdem werden die Adressaten der Entscheidung in dieser Tabelle in drei Gruppen aufgeteilt: große, mittelgroße und kleine Unternehmen. Nach der Tabelle war die Klägerin ein mittelgroßes Unternehmen, dessen Größe 40 % der Größe von Minoan ausmachte, ohne dass jedoch zwischen Unternehmen, die nur an einer der Vereinbarungen beteiligt waren (wie die Klägerin), und Unternehmen, die an beiden geahndeten Vereinbarungen beteiligt waren, unterschieden wurde. Zudem ergibt sich aus Randnummer 152 der Entscheidung, dass die Kommission der Auffassung war, dass der Grundbetrag der gegen die mittelgroßen Unternehmen einschließlich der Klägerin verhängten Geldbußen 65 % des Grundbetrags der gegen Minoan verhängten Geldbuße ausmachen müsse. Entsprechend diesem Ansatz zeigt die Tabelle in Randnummer 158 der Entscheidung, dass bei den mittelgroßen Unternehmen einschließlich der Klägerin der für die Schwere der Zuwiderhandlung festgesetzte Grundbetrag 1,3 Millionen ECU betrug, bei den großen Unternehmen dagegen 2 Millionen ECU.

195 Aus den Akten geht hervor, dass die Klägerin 1993, dem Jahr, das die Kommission beim Vergleich der Größe der Unternehmen als Referenzjahr herangezogen hat, nur einen kleinen Teil ihres Gesamtumsatzes mit der Tätigkeit erzielte, die Gegenstand der geahndeten Vereinbarung war, d. h. mit der Beförderung von Lkws auf der Route Brindisi-Patras.

196 Da die Kommission die relative Größe der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Gesamtumsatzes ermittelt und sich nicht darauf beschränkt hat, den Umsatz zu verwenden, den die Klägerin mit der Dienstleistung erzielte, um die es in dem geahndeten Kartell ging, hat sie einen Fehler bei der Anwendung des Faktors der relativen Größe, der in Randnummer 151 der Entscheidung als im vorliegenden Fall relevant für die Bestrafung der Unternehmen berücksichtigt wurde, auf den Fall der Klägerin begangen. Sie hat daher "die Stellung und die Rolle der Unternehmen auf dem relevanten Markt... und so die tatsächlichen Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb" nicht richtig beurteilt.

197 Da die Kommission im Fall der Klägerin ihre eigene Methode der Berechnung des Grundbetrags nach Maßgabe der Schwere falsch angewandt hat, braucht die Begründetheit der übrigen Rügen der Klägerin, mit denen weitere Fehler der Kommission bei der Beurteilung des Grundbetrags geltend gemacht werden, nicht geprüft zu werden.

198 Dieser Teil des Klagegrundes greift daher teilweise durch, was eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigt.

B - Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Artikel 19 der Verordnung Nr. 4056/86 bei der Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

1. Zur Reduzierung der Dauer der Zuwiderhandlung wegen Rechtmäßigkeit der Teilnahme der Klägerin an dem Treffen vom 24. November 1993 und Mangels an direkten Beweisen für die Fortsetzung der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

199 Die Klägerin beantragt, dass das Gericht, falls es entscheiden sollte, dass ihre Teilnahme an dem ersten Treffen als solche eine Zuwiderhandlung sei, Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung für nichtig erklärt, soweit darin erklärt wird, dass die festgestellte Zuwiderhandlung über den 25. Oktober 1991, den Zeitpunkt, zu dem die Vereinbarung vom 30. Oktober 1990 auf jeden Fall abgelaufen sei, hinaus fortgesetzt wurde. In diesem Fall sei die Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung zu reduzieren.

200 Die Kommission verweist das Gericht auf die Erklärungen, die sie vorgetragen hat, um das Vorliegen von Schriftstücken zu beweisen, die die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung belegen.

Würdigung durch das Gericht

201 Da festgestellt worden ist, dass die Beteiligung der Klägerin an der Vereinbarung für die Zeit vom 30. Oktober 1990 bis zum 24. November 1993 rechtlich hinreichend bewiesen ist, ist dieser Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

2. Zur Herabsetzung der Geldbuße wegen angeblicher Benachteiligung der Klägerin gegenüber Anek und Ventouris Ferries bei der Berechnung der Erhöhung der Geldbuße

Vorbringen der Parteien

202 Die Klägerin macht geltend, dass sie bei der Berechnung der Erhöhung der Geldbuße wegen der Dauer der Zuwiderhandlung anders als Anek und Ventouris Ferries behandelt worden sei. Die Geldbuße sei für jedes halbe Jahr der Dauer der Zuwiderhandlung um 5 % erhöht worden, und zwar bei allen Gesellschaften außer Anek und Ventouris Ferries, denen eine ungerechtfertigte Herabsetzung gewährt worden sei, die gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße. Die Kommission habe die Gesamtprozentsätze, zu denen sie gelangt sei, über die Maßen aufgerundet, indem sie einen Satz von 10 % pro Jahr und von 0,83 % pro Monat verwendet habe, während sie bei Anek und Ventouris Ferries zu wenig aufgerundet habe.

203 Die Kommission trägt vor, dass sich die Klägerin nicht auf einen etwaigen Rechtsverstoß bei der Berechnung der Geldbußen von Anek und Ventouris Ferries berufen könne, da der Grundsatz der Gleichbehandlung mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden müsse, und erinnert daran, dass sie nicht verpflichtet sei, bei der Festsetzung der Geldbuße eine genaue mathematische Formel anzuwenden (Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission).

Würdigung durch das Gericht

204 Nach den Randnummern 155 und 156 der Entscheidung ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Zuwiderhandlung bei Minoan, Strintzis und Karageorgis von langer Dauer und bei den anderen Gesellschaften einschließlich der Klägerin, von Anek und Ventouris Ferries von mittlerer Dauer gewesen sei. Sodann hat sie festgestellt, dass deshalb "[f]ür jedes Jahr der Zuwiderhandlung... ein Aufschlag in Höhe von 10 % im Fall von Minoan, Strintzis und Karageorgis, 20 % im Fall von Marlines bzw. 35 % bis 55 % im Fall der übrigen Unternehmen" gerechtfertigt sei. In Tabelle 2 sind die Aufschläge je Unternehmen angegeben.

205 Nach dieser Tabelle 2 ist der nach Maßgabe der Schwere berechnete Referenzbetrag zur Berücksichtigung der Dauer bei Anek um 45 %, bei Ventouris Ferries und 40 % und bei der Klägerin um 35 % erhöht worden.

206 Zunächst ist festzustellen, dass die Anwendung dieser Methode völlig im Einklang mit den Bestimmungen der Leitlinien zur Berücksichtigung der Dauer der Zuwiderhandlung bei der Berechnung der Geldbuße steht, nach deren Nummer 1 Teil B der Betrag bei einem "Verstoß von mittlerer Dauer (in der Regel zwischen einem und fünf Jahren): bis zu 50 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrags" ausmachen kann.

207 Die Kommission hat als erwiesen angesehen, dass die Klägerin vom 30. Oktober 1990 bis zum Juli 1994 dem Kartell angehört habe (Randnr. 154 der Entscheidung), d. h. drei Jahre und neun Monate. Folglich hat die Kommission im Fall der Klägerin die Vorgaben beachtet, die sie sich selbst mit den Leitlinien gemacht hatte, da sich die Geldbuße bei Verstößen von mittlerer Dauer auf bis zu 50 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrages belaufen kann. Betrachtet man den Fall der Klägerin isoliert, so könnte man sogar sagen, dass die Kommission sie besser behandelt hat, als erforderlich gewesen wäre, da es bei Verstößen von mittlerer Dauer (nach den Leitlinien zwischen einem und fünf Jahren) logisch gewesen wäre, für jedes Jahr der Zuwiderhandlung eine Erhöhung von 10 % festzusetzen. In diesem Fall hätte der Grundbetrag der Geldbuße wegen der Dauer bei der Klägerin um 39 % statt der tatsächlichen 37,5 % erhöht werden können.

III - Zum Antrag der Kommission auf Erhöhung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße

208 Die Kommission ist der Ansicht, dass die Klägerin den in der Entscheidung bewiesenen Sachverhalt bestritten habe, und macht im Rahmen des zweiten Klagegrundes geltend, dass das Gericht deshalb die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße erhöhen müsse, da der Klägerin in Randnummer 169 der Entscheidung eine Herabsetzung um 20 % mit der Begründung gewährt worden sei, dass sie den der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugrunde liegenden Sachverhalt nicht bestritten habe.

209 Diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden. Das Gericht hat nämlich im Urteil Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, das nach auf ein Rechtsmittel hin erfolgter Zurückverweisung durch den Gerichtshof ergangen ist, entschieden, dass "[d]ie Gefahr, dass ein Unternehmen, dessen Geldbuße als Gegenleistung für seine Zusammenarbeit herabgesetzt wurde, später eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung erhebt, mit der die Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und das dafür verantwortliche Unternehmen mit einer Sanktion belegt wurde, und dass es mit dieser Klage in erster Instanz vor dem Gericht oder im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof Erfolg hat,... eine normale Folge der Inanspruchnahme der im Vertrag und in der Satzung [des Gerichtshofes] vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten [ist]. Die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen, das mit der Kommission zusammengearbeitet hat und dessen Geldbuße deshalb herabgesetzt wurde, mit einer Klage Erfolg hat, kann somit keine Neubewertung des Umfangs der bei ihm vorgenommenen Herabsetzung rechtfertigen" (Randnr. 85).

IV - Ergebnis

210 Es ist festgestellt worden, dass gegen die Klägerin, die nur für die Beteiligung an dem in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung geahndeten Kartell für verantwortlich erklärt wurde, eine Geldbuße verhängt wurde, die außer Verhältnis zur Bedeutung der Zuwiderhandlung steht. Die Geldbuße der Klägerin ist daher herabzusetzen.

211 Aufgrund der Systematik der Entscheidung und des Umstands, dass die Kommission im vorliegenden Fall eine Methode anwenden wollte, die bezweckt, die spezielle Stellung der Unternehmen und die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlungen auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, ist die Geldbuße der Klägerin unter Berücksichtigung der Bedeutung festzusetzen, die der Verkehr auf den in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannten Routen (Patras-Bari und Patras-Brindisi) im Verhältnis zum Verkehr auf der in Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung genannten Route (Patras-Ancona) hat. Aus der Antwort der Kommission auf die Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen geht hervor, dass der Gesamtumsatz der Unternehmen, gegen die mit der Entscheidung Sanktionen verhängt wurden, 114,3 Millionen ECU beträgt. Nach den Akten entspricht der Umsatz, der mit den Beförderungsdiensten erzielt wurde, die Gegenstand des in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung sanktionierten Kartells auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi waren, ungefähr einem Viertel des berücksichtigten Gesamtumsatzes.

212 Aufgrund der vorstehend angeführten Umstände ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung der Auffassung, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße von 980 000 ECU auf 245 000 Euro herabzusetzen ist.

213 Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

214 Nach Artikel 87 § 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall sind der Klägerin ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Kommission aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Der Betrag der gegen Adriatica di Navigazione SpA verhängten Geldbuße wird auf 245 000 Euro festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Adriatica di Navigazione SpA trägt ihre eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten der Kommission. Die Kommission trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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