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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 29.11.2005
Aktenzeichen: T-64/02
Rechtsgebiete: EG, Verordnung Nr. 17


Vorschriften:

EG Art. 81
Verordnung Nr. 17 Art. 15 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Parteien:

In der Rechtssache T-64/02

Dr. Hans Heubach GmbH Co. KG mit Sitz in Langelsheim (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Montag und G. Bauer,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Castillo de la Torre als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt H.-J. Freund, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/437/EG der Kommission vom 11. Dezember 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.027 - Zinkphosphat) (ABl. 2003, L 153, S. 1) oder, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh und der Richter R. García-Valdecasas und J. D. Cooke,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2004

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1. Die Dr. Hans Heubach GmbH Co. KG (im Folgenden: Klägerin oder Heubach) ist eine deutsche Gesellschaft, die in der Herstellung und dem Vertrieb von organischen und anorganischen Pigmenten tätig ist, die vorwiegend als Komponenten bei der Herstellung von Druckfarben, Kunststoffen und Anstrichstoffen verwendet werden. Sie produziert und verkauft Zinkphosphat, darunter modifizierte Arten. Ihr weltweiter Umsatz belief sich im Jahr 2000 auf 71,02 Mio. Euro.

2. Obwohl Zinkorthophosphate leicht voneinander abweichende chemische Formeln aufweisen können, handelt es sich bei ihnen um ein homogenes chemisches Produkt, das im Folgenden mit dem Oberbegriff "Zinkphosphat" bezeichnet wird. Zinkphosphat wird auf der Grundlage von Zinkoxid und Phosphorsäure hergestellt. Es findet als korrosionshemmendes anorganisches Pigment breite Verwendung in der Anstrichstoffindustrie. Auf dem Markt wird es entweder als normales oder als modifiziertes bzw. "aktiviertes" Zinkphosphat vertrieben.

3. Im Jahr 2001 deckten die folgenden fünf europäischen Produzenten praktisch den gesamten Weltmarkt für Zinkphosphat ab: die Klägerin, die James M. Brown Ltd (im Folgenden: James Brown), die Société nouvelle des couleurs zinciques SA (im Folgenden: SNCZ), die Trident Alloys Ltd (im Folgenden: Trident) (ehemals Britannia Alloys and Chemicals Ltd [im Folgenden: Britannia]) und die Union Pigments AS (im Folgenden: Union Pigments) (ehemals Waardals AS). Von 1994 bis 1998 belief sich der Wert des Marktes für normales Zinkphosphat weltweit auf etwa 22 Mio. Euro pro Jahr und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) auf etwa 15 bis 16 Mio. Euro pro Jahr. Im EWR hielten Heubach, die SNCZ, Trident (ehemals Britannia) und Union Pigments vergleichbare Anteile am Markt für normales Zinkphosphat in der Größenordnung von rund 20 %. James Brown hielt einen deutlich niedrigeren Marktanteil. Zinkphosphatabnehmer sind die wichtigsten Anstrichstoffhersteller. Der Anstrichstoffmarkt wird von einigen wenigen multinationalen Chemiekonzernen beherrscht.

4. Am 13. und 14. Mai 1998 führte die Kommission in den Geschäftsräumen von Heubach, der SNCZ und von Trident gleichzeitig unangemeldete Nachprüfungen gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) durch. Vom 13. bis 15. Mai 1998 nahm die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) auf Ersuchen der Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 3 des Protokolls 23 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gleichzeitig eine unangemeldete Nachprüfung in den Geschäftsräumen von Union Pigments entsprechend Kapitel II Artikel 14 Absatz 2 des Protokolls 4 des Abkommens zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes vor.

5. Während des Verwaltungsverfahrens teilten Union Pigments und Trident der Kommission ihre Absicht zur uneingeschränkten Zusammenarbeit auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission vom 18. Juli 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit) mit und gaben Erklärungen zum Kartell ab (im Folgenden: Erklärung von Union Pigments bzw. Erklärung von Trident).

6. Am 2. August 2000 richtete die Kommission an die Unternehmen, die Adressaten der mit der vorliegenden Klage angefochtenen Entscheidung (siehe nachstehend Randnr. 7) sind, darunter die Klägerin, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte.

7. Am 11. Dezember 2001 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/437/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.027 - Zinkphosphat) (ABl. 2003, L 153, S. 1). Gegenstand dieses Urteils ist die Entscheidung, die den betroffenen Unternehmen zugestellt und der Klageschrift beigefügt ist (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Diese Entscheidung weicht in einigen Punkten von der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten ab.

8. In der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, dass vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998 ein Kartell bestanden habe, dem Britannia (Trident ab 15. März 1997), Heubach, James Brown, die SNCZ und Union Pigments angehört hätten. Dieses Kartell sei auf normales Zinkphosphat beschränkt gewesen. Die Kartellmitglieder hätten erstens eine Marktaufteilungsvereinbarung mit Absatzquoten für die einzelnen Produzenten eingeführt. Zweitens hätten sie bei jeder ihrer Zusammenkünfte "Tiefstpreise" oder "empfohlene Preise" festgelegt, die sie im Allgemeinen eingehalten hätten. Drittens seien in bestimmtem Umfang Abnehmer zugeteilt worden.

9. Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet:

"Artikel 1

Britannia ..., ... Heubach ..., James ... Brown ..., [die SNCZ], ... Trident ... und [Union Pigments] haben gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie sich an einer fortdauernden Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise im Zinkphosphatsektor beteiligten:

Die Zuwiderhandlung dauerte:

a) im Falle von ... Heubach ..., James ... Brown ..., [der SNCZ] und [Union Pigments]: vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998.

...

Artikel 3

Wegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung werden folgende Geldbußen verhängt:

(a) Britannia ...: 3,37 Millionen EUR

(b) ... Heubach ...: 3,78 Millionen EUR

(c) James ... Brown ...: 940 000 EUR

(d) [SNCZ]: 1,53 Millionen EUR

(e) Trident ...: 1,98 Millionen EUR

(f) [Union Pigments]: 350 000 EUR.

..."

10. Für die Bemessung der Geldbußen wandte die Kommission das Verfahren an, das sie in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und in der Mitteilung über die Zusammenarbeit dargestellt hat.

11. So hat die Kommission zunächst nach Maßgabe der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung einen "Grundbetrag" festgesetzt (vgl. Randnrn. 261 bis 313 der angefochtenen Entscheidung).

12. Zum ersten Kriterium hat sie die Ansicht vertreten, dass die Zuwiderhandlung unter Berücksichtigung der Art der untersuchten Verhaltensweise, ihrer tatsächlichen Auswirkungen auf den Zinkphosphatmarkt und des Umstands, dass sie den gesamten Gemeinsamen Markt und nach dessen Errichtung den gesamten EWR betroffen habe, als "besonders schwer" einzustufen sei (Randnr. 300 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission hat darauf hingewiesen, dass sie unbeschadet der besonders schweren Art der Zuwiderhandlung dem begrenzten Umfang des Produktmarktes Rechnung getragen habe (Randnr. 303 der angefochtenen Entscheidung).

13. Die Kommission hat bei den betroffenen Unternehmen eine "Differenzierung" vorgenommen, um zum einen die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit dieser Unternehmen, den Wettbewerb in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und zum anderen die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Randnr. 304 der angefochtenen Entscheidung). Zu diesem Zweck hat sie die betroffenen Unternehmen "entsprechend ihrem jeweiligen Gewicht auf dem betroffenen Markt" in zwei Kategorien unterteilt. Sie hat sich dabei auf den Umsatz gestützt, den jedes dieser Unternehmen mit dem Verkauf des betreffenden Erzeugnisses im letzten Jahr der Zuwiderhandlung im EWR erzielt hatte, wobei sie berücksichtigte, dass die Klägerin, Britannia (Trident vom 15. März 1997 an), die SNCZ und Union Pigments "mit annähernd gleichen Marktanteilen von jeweils über oder um 20 % die größten Hersteller von Zinkphosphat im EWR" waren (Randnrn. 307 und 308 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission ordnete die Klägerin, Britannia, die SNCZ, Trident und Union Pigments in die erste Kategorie ("Ausgangsbasis" 3 Mio. Euro) ein. James Brown, die einen "erheblich niedrigeren" Marktanteil hatte, wurde in die zweite Kategorie eingeordnet ("Ausgangsbasis": 750 000 Euro) (Randnrn. 308 und 309 der angefochtenen Entscheidung).

14. Zum Kriterium der Dauer hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass der der Klägerin zur Last gelegte Verstoß von "mittlerer" Dauer gewesen sei, da er vom 24. März 1994 bis zum 13. Mai 1998 gedauert habe (Randnr. 310 der angefochtenen Entscheidung). Sie erhöhte infolgedessen den Ausgangsbetrag für die Klägerin um 40 % und gelangte damit zu einem "Grundbetrag" von 4,2 Mio. Euro (Randnrn. 310 und 313 der angefochtenen Entscheidung).

15. Nach Ansicht der Kommission waren im vorliegenden Fall keine erschwerenden oder mildernden Umstände zu berücksichtigen (Randnrn. 314 bis 336 der angefochtenen Entscheidung). Sie wies das Argument der "schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen", unter denen die Zuwiderhandlungen stattgefunden hätten, ebenso wie die Berufung auf die Besonderheiten der betroffenen Unternehmen zurück (Randnrn. 337 bis 343 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission setzte daher "vor Anwendung der Mitteilung über die [Zusammenarbeit]" gegen die Klägerin eine Geldbuße von 4,2 Mio. Euro fest (Randnr. 344 der angefochtenen Entscheidung).

16. Im Übrigen wies die Kommission darauf hin, dass die gegen die einzelnen betroffenen Unternehmen zu verhängende Geldbuße die Grenze des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 nicht überschreiten dürfe. Im Falle der Klägerin blieb die Höhe der Geldbuße vor Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit unter dieser Obergrenze (Randnr. 345 der angefochtenen Entscheidung).

17. Die Kommission gewährte der Klägerin einen Nachlass von 10 % gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit, da Heubach in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt hatte, dass sie den darin dargelegten Sachverhalt im Wesentlichen nicht bestreite (Randnrn. 360, 363 und 366 der angefochtenen Entscheidung). Der endgültige Betrag der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße betrug somit 3,78 Mio. Euro (Randnr. 370 der angefochtenen Entscheidung).

Verfahren und Anträge der Parteien

18. Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 28. Februar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

19. Das Gericht (Fünfte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen aufgefordert, eine Reihe von Schriftstücken vorzulegen und verschiedene schriftliche Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem nachgekommen.

20. Die Parteien haben in der Sitzung vom 1. Juli 2004 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

21. Die Klägerin beantragt,

- Artikel 3 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, die Höhe der der Klägerin in der angefochtenen Entscheidung auferlegten Geldbuße herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen

22. Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Gründe

A - Zur Rüge der Rechtswidrigkeit

1. Vorbringen der Parteien

23. Die Klägerin macht geltend, Artikel 3 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung sei nichtig, weil dort die Geldbuße nach den Leitlinien festgesetzt worden sei, die ihrerseits gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstießen.

24. Nach Ansicht der Klägerin ist die Rüge der Rechtswidrigkeit zulässig. Das Vorbringen der Kommission, dass die Rechtswidrigkeit der Leitlinien nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führe, da Rechtsgrundlage für die Entscheidung allein Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 sei, sei zurückzuweisen.

25. Zur Begründetheit trägt die Klägerin erstens vor, dass Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 als generelles Gebot zu verstehen sei, Geldbußen im Verhältnis zum Umsatz der betroffenen Unternehmen zu bemessen. Nur so könne der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des fraglichen Unternehmens Rechnung getragen werden. Dagegen gingen die Leitlinien von pauschalen Bußgeldkategorien aus, die unabhängig vom Umsatz und damit unabhängig von der Wirtschaftskraft des betroffenen Unternehmens festgelegt würden. Insbesondere sähen sie unabhängig von der Größe des betroffenen Unternehmens einen pauschalen Betrag von mindestens 20 Mio. Euro für Zuwiderhandlungen vor, die als "besonders schwer" eingestuft würden.

26. Dieser Verstoß werde nicht dadurch geheilt, dass die Leitlinien eine Differenzierung nach bestimmten Kriterien zuließen, etwa nach der Art der begangenen Zuwiderhandlung, der tatsächlichen wirtschaftlichen Fähigkeit des Urhebers der Zuwiderhandlung, andere Wettbewerber in erheblichem Umfang zu schädigen, oder der geringen Bedeutung des betroffenen Marktes. Diese Differenzierung sei nämlich nur innerhalb der in den Leitlinien vorgesehenen Kategorien möglich.

27. Dem Vorbringen der Kommission, die insbesondere im Gesamtumsatz zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungskraft eines Unternehmens sei nur eines der von ihr zu berücksichtigenden Kriterien, hält die Klägerin entgegen, dass sie nicht bestreite, dass mehrere Kriterien zu berücksichtigen seien, sondern der Kommission vorwerfe, dies nicht auch zu ihren Gunsten getan zu haben. Nach der Rechtsprechung schlössen es die Leitlinien nicht aus, dass der Gesamtumsatz oder der Umsatz auf dem relevanten Produktmarkt der betroffenen Unternehmen "bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt [wird], damit allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewahrt bleiben und wenn die Umstände es erfordern" (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-23/99, LR AF 1998/Kommission, Slg. 2002, II-1705, Randnr. 283).

28. Zweitens trägt die Klägerin vor, durch die Bemessung von Geldbußen auf der Grundlage absolut festgelegter Beträge gäben die Leitlinien eine Methode vor, mit der die Größe mittelständischer Unternehmen wie der Klägerin verkannt werde. Heubach habe im Jahr 2000 weltweit einen Gesamtumsatz von 71 Mio. Euro und europaweit im selben Jahr mit normalem Zinkphosphat nur noch einen Umsatz von rund 3,48 Mio. Euro, d. h. etwa 4,9 % ihres Gesamtumsatzes, erzielt. Der Umsatz auf diesem Markt werde von einer kleinen Gruppe von nur sechs Mitarbeitern, unterstützt von einigen Angestellten, erwirtschaftet. Heubach habe mit normalem Zinkphosphat kaum Gewinne erzielt und des Öfteren sogar Verluste erlitten.

29. Die Ausgangsbeträge, auch der Betrag von mindestens 20 Mio. Euro für als "besonders schwer" eingestufte Zuwiderhandlungen, würden jedoch selbst dann angesetzt, wenn mittelständische Unternehmen betroffen seien. Im vorliegenden Fall habe diese "Pauschalisierung" zur Folge, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße im Verhältnis zum Gesamtumsatz bedeutend über den Geldbußen liege, die in anderen, hinsichtlich der Schwere der Zuwiderhandlung vergleichbaren Fällen verhängt worden seien. Die Klägerin stützt dieses Vorbringen auf mehrere andere Entscheidungen der Kommission, in denen diese verhältnismäßig niedrigere Geldbußen verhängt habe (Entscheidung 98/273/EG der Kommission vom 28. Januar 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag [Sache IV/35.733 - VW] [ABl. L 124, S. 60, im Folgenden: Entscheidung Volkswagen], Entscheidung 1999/210/EG der Kommission vom 14. Oktober 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag [Sache IV/F-3/33.708 - British Sugar plc, Sache IV/F-3/33.709 - Tate Lyle plc, Sache IV/F-3/33.710 - Napier Brown Company Ltd, Sache IV/F-3/33.711 - James Budgett Sugars Ltd] [ABl. 1999, L 76, S. 1, im Folgenden: Entscheidung British Sugar], Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998 in einem Verfahren gemäß Artikel 85 EG-Vertrag [Sache IV/35.691/E-4 - Fernwärmetechnik-Kartell] [ABl. 1999, L 24, S. 1, im Folgenden: Entscheidung Fernwärmetechnik]). Beispielsweise sei die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße gemessen an ihrem Umsatz bis zu 280-mal so hoch wie die in der Entscheidung British Sugar festgesetzte Geldbuße. Die Leitlinien seien, anders gesagt, rechtswidrig, weil sie in vom Unrechtsgehalt vergleichbaren Fällen zu umsatzdisproportionalen Geldbußen führten.

30. Auf das Argument der Kommission, dass diese die Größe der Klägerin berücksichtigt habe, indem sie den Ausgangsbetrag auf 3 Mio. Euro (vgl. vorstehend Randnr. 13) und nicht auf 20 Mio. Euro festgesetzt habe, entgegnet die Klägerin, dass die Pauschalisierung sich dennoch auf die verhängten Geldbußen auswirke und zu unverhältnismäßigen Geldbußen führe.

31. Drittens trägt die Klägerin vor, dass auch die in den Leitlinien vorgesehene Erhöhung der Grundbeträge aufgrund der Dauer der Zuwiderhandlung rechtswidrig sei. Bestimmte Zuwiderhandlungen, insbesondere Quotenabsprachen, erstreckten sich naturgemäß über mehrere Jahre. Diese lange Dauer werde bereits mit der Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer sanktioniert. Dadurch, dass die Leitlinien Aufschläge für Zuwiderhandlungen je nach deren Dauer vorsähen, werde das betroffene Unternehmen doppelt bestraft.

32. Einleitend äußert die Kommission Zweifel an der Zulässigkeit der Rüge der Rechtswidrigkeit, da die Leitlinien nicht die Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung darstellten. Auch wenn die Kommission die in den Leitlinien zur Bemessung von Geldbußen niedergelegte Methode vorliegend konkret angewandt habe, bleibe Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 die alleinige Rechtsgrundlage der Entscheidung. Selbst wenn die Leitlinien für rechtswidrig zu erklären wären, würde dies demnach nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führen.

33. Zur Begründetheit der Rüge führt die Kommission aus, dass sich aus den Urteilen des Gerichts vom 20. März 2002 zum Fernwärmetechnik-Kartell ergebe, dass die Leitlinien nicht gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verstießen (Urteile des Gerichts vom 20. März 2002 in den Rechtssachen T-9/99, HFB u. a./Kommission, Slg. 2002, II-1487, T-15/99, Brugg Rohrsysteme/Kommission, Slg. 2002, II-1613, T-16/99, Lögstör Rör/Kommission, Slg. 2002, II-1633, T-17/99, KE KELIT/Kommission, Slg. 2002, II-1647, T-21/99, Dansk Rørindustri/Kommission, Slg. 2002, II-1681, T-28/99, Sigma Tecnologie/Kommission, Slg. 2002, II-1845, T-31/99, ABB Asea Brown Boveri/Kommission, Slg. 2002, II-1881, und insbesondere LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnrn. 223 bis 232 sowie 278 bis 291). Folglich sei diese Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

34. Nach Ansicht der Kommission ist das Vorbringen der Klägerin unbegründet, wonach sie, die Kommission, deren niedrige Umsatzzahlen hätte berücksichtigen müssen und sich nicht an die Relation zwischen Gesamtumsatz und festgesetzter Geldbuße in anderen Entscheidungen gehalten habe. Was die Entscheidung British Sugar angehe, so sei die Klägerin offensichtlich der Auffassung, dass die Kommission entweder den Ausgangsbetrag entsprechend der Schwere der Zuwiderhandlung auf 18 Mio. Euro (Ausgangsbetrag in der Sache British Sugar), multipliziert mit 280, d. h. auf 5,04 Milliarden Euro hätte festsetzen müssen oder den im Fall der Klägerin angesetzten Ausgangsbetrag von 3 Mio. Euro durch 280 hätte teilen müssen, um so zu einem Ausgangsbetrag von 10 000 Euro zu kommen. Die Klägerin übersieht nach Ansicht der Kommission, dass sie nach der Rechtsprechung einen Betrag festsetzen müsse, der die notwendige abschreckende Wirkung habe.

2. Würdigung durch das Gericht

35. Einleitend ist festzustellen, dass die Leitlinien zwar nicht die Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung darstellen, die nämlich auf der Verordnung Nr. 17 beruht, aber allgemein und abstrakt das Verfahren regeln, das die Kommission für die Bemessung der Geldbußen vorgesehen hat (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 274). Angesichts der möglichen Rechtswirkungen von Verhaltensregeln wie der Leitlinien und aufgrund der Tatsache, dass Letztere Vorschriften von allgemeiner Geltung enthalten, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung unstreitig angewandt worden sind, ist festzustellen, dass zwischen dieser Entscheidung und den Leitlinien ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Infolgedessen ist die Rüge der Rechtswidrigkeit zulässig.

36. Die Klägerin hält die Leitlinien für rechtswidrig, da sie entgegen dem Wortlaut des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, wonach die Geldbußen proportional zum Umsatz der betroffenen Unternehmen berechnet werden müssten, von pauschalisierten Bußgeldkategorien ausgingen, die unabhängig vom Umsatz festgesetzt worden seien. Die Tatsache, dass die Klägerin ein mittelständisches Unternehmen sei, sei daher nicht beachtet worden. Zudem werde die Dauer der Zuwiderhandlung in den Leitlinien zweimal berücksichtigt.

37. Entgegen der Ansicht der Klägerin gehen die Leitlinien nicht über den rechtlichen Sanktionsrahmen des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 hinaus. Die in den Leitlinien dargelegte allgemeine Methode für die Berechnung von Geldbußen beruht auf den beiden in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 genannten Kriterien, nämlich der Schwere des Verstoßes und der Dauer der Zuwiderhandlung, und beachtet die dort festgelegte Obergrenze in Bezug auf den Umsatz eines jeden Unternehmens (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnrn. 231 f., und Urteil des Gerichts vom 29. April 2004 in den Rechtssachen T-236/01, T-239/01, T-244/01 bis T-246/01, T-251/01 und T-252/01, Tokai Carbon u. a./Kommission, Slg. 2004, II-0000, Randnrn. 189 f.).

38. Die Kommission hat in den Leitlinien dargelegt, wie sie die für die Schwere und Dauer relevanten Faktoren würdigt und nach welcher Methode sie die Zuwiderhandlungen im Hinblick auf ihre Natur und die vorliegenden Umstände bewertet. Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verlangt nicht, dass die Höhe der Geldbuße proportional zum Umsatz des betroffenen Unternehmens festgesetzt wird. Aus der Bestimmung folgt lediglich, dass die Obergrenze von 10 % des Umsatzes des betroffenen Unternehmens nicht überschritten werden darf, wenn die Geldbuße 1 Mio. Euro übersteigt (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 278).

39. Zudem erlauben die Leitlinien es der Kommission, erforderlichenfalls die besondere Situation zu berücksichtigen, in der sich die kleinen und mittleren Unternehmen im Vergleich zu den Unternehmen befinden, die auf dem relevanten Markt oder insgesamt gesehen einen höheren Umsatz erzielen. Wie das Gericht dazu bereits entschieden hat, kann bei der Anwendung der Leitlinien der Umsatz der betroffenen Unternehmen eine Rolle spielen, wenn es um die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße geht, andere Wettbewerber in erheblichem Umfang zu schädigen, und um das Erfordernis, eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße zu gewährleisten, oder wenn der Tatsache Rechnung zu tragen ist, dass Großunternehmen in den meisten Fällen über ausreichende Ressourcen an juristischem und wirtschaftlichem Sachverstand verfügen, durch die sie besser erkennen können, in welchem Maße ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu gewärtigen sind. Der Umsatz der betroffenen Unternehmen kann auch bei der Ermittlung des jeweiligen Gewichts und damit der tatsächlichen Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb eine Rolle spielen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von ganz unterschiedlicher Größe beteiligt waren. Danach kann der Umsatz der Unternehmen einen Anhaltspunkt für die eventuell erzielten wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile oder andere besondere Merkmale der an dem Verstoß Beteiligten geben, die je nach den Umständen zu berücksichtigen sind (Urteile Lögstör Rör/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnrn. 295 f., und Dansk Rørindustri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 203).

40. Zu dem Vorbringen der Klägerin, die Leitlinien verstießen gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17, da sie einen Pauschalbetrag von mindestens 20 Mio. Euro bei besonders schweren Verstößen vorsähen, selbst wenn es sich um ein kleines oder mittleres Unternehmen handele, ist festzustellen, dass die in den Leitlinien angegebenen Grundbeträge nur "voraussichtliche" Beträge darstellen (Nr. 1 Abschnitt A). Der Kommission steht es daher frei, einen Grundbetrag unterhalb von 20 Mio. Euro festzusetzen. Obwohl die Zuwiderhandlung der Klägerin im vorliegenden Fall besonders schwer ist, hat die Kommission als Grundbetrag der Geldbuße 3 Mio. Euro festgesetzt, die weit unter dem Betrag von 20 Mio. Euro liegen, der in den Richtlinien für besonders schwere Verstöße angesetzt worden ist (Randnr. 309 der angefochtenen Entscheidung).

41. Gegenüber dem Argument der Klägerin, die Leitlinien führten zur Festsetzung von Geldbußen, die im Verhältnis zum Umsatz über den Geldbußen lägen, die gegenüber anderen Unternehmen in vergleichbaren früheren Fällen festgesetzt worden seien, ist zu betonen, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 234). Die Kommission ist nämlich dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der von der Verordnung Nr. 17 vorgegebenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnr. 109, und Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-304/94, Europa Carton/Kommission, Slg. 1998, II-869, Randnr. 89).

42. Wenn die Kommission gegen die Unternehmen, die an ein und derselben Zuwiderhandlung beteiligt sind, Geldbußen festsetzt, die angesichts der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung im Fall des jeweiligen Unternehmens gerechtfertigt sind, kann ihr nicht vorgehalten werden, dass für einige dieser Unternehmen die Geldbuße im Verhältnis zum Umsatz höher ausgefallen ist als die Geldbuße, die gegen andere Unternehmen in früheren Fällen verhängt worden ist (vgl. entsprechend Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 278).

43. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist zudem anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I-4411, Randnr. 33, und Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 236). In jeder Rechtssache sind aber die relevanten Gegebenheiten wie die Märkte, die Waren, die Länder, die Unternehmen und die Zeiträume, um die es geht, unterschiedlich. Infolgedessen ist die Kommission nicht verpflichtet, Geldbußen zu verhängen, die in allen der Schwere nach vergleichbaren Fällen im selben Verhältnis zum Umsatz stehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004 in der Rechtssache T-67/01, JCB Service/Kommission, Slg. 2004, II-0000, Randnrn. 187 bis 189).

44. Jedenfalls sind die in den Leitlinien vorgesehenen "pauschalen" Beträge nur Richtwerte, so dass daraus an sich kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgen kann.

45. Was das Argument der Klägerin angeht, die Leitlinien berücksichtigten die Dauer der Zuwiderhandlung zweimal, so sieht Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 ausdrücklich vor, dass bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße "neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung" zu berücksichtigen ist. Angesichts dieses Wortlauts kann, selbst wenn bestimmte Zuwiderhandlungen ihrem Wesen nach auf Dauer angelegt sind, der Kommission nicht verwehrt sein, die tatsächliche Dauer im konkreten Fall zu berücksichtigen. So haben Kartelle, die zwar langfristig angelegt sind, aber nach kurzer Zeit tatsächlichen Funktionierens von der Kommission entdeckt oder von einem Teilnehmer angezeigt werden, zwangsläufig eine weniger schädliche Wirkung als solche, die über einen langen Zeitraum tatsächlich funktionieren. Folglich ist stets zwischen der Dauer einer Zuwiderhandlung und ihrer Schwere, wie sie sich aus ihrem Wesen ergibt, zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 37, Randnr. 259).

46. Infolgedessen ist die Rüge der Rechtswidrigkeit zurückzuweisen.

B - Zu den auf eine Nichtigerklärung gerichteten Klagegründen

47. Die Klägerin führt fünf Gründe an. Mit dem ersten rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gegen die Leitlinien. Mit dem zweiten rügt sie einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit dem dritten rügt sie einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Mit dem vierten rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 7 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK). Mit dem fünften rügt sie einen Verstoß gegen Artikel 253 EG.

1. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gegen die Leitlinien

48. Für den Fall, dass die Leitlinien als rechtmäßig angesehen werden sollten, macht die Klägerin geltend, dass die Kommission sie dann fehlerhaft angewendet habe. Artikel 3 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung verstoße sowohl gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 als auch gegen die Leitlinien. Dieser Klagegrund umfasst drei Teile, mit denen die Klägerin geltend macht, dass

- die Kommission die Schwere der Zuwiderhandlung verkannt habe,

- die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass nur ein geringer Teil des Umsatzes der Klägerin betroffen gewesen sei, und dadurch gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und die Leitlinien verstoßen habe,

- die Kommission die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht berücksichtigt habe.

a) Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: Verkennung der Schwere der Zuwiderhandlung

49. Die Klägerin macht geltend, dass gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 bei der Bemessung der Geldbuße vor allem die Schwere der Zuwiderhandlung entscheidend sei. Im vorliegenden Fall sei die Einstufung der Zuwiderhandlung durch die Kommission als "besonders schwer" aufgrund der Art der Zuwiderhandlung und ihrer Auswirkungen auf den Markt (Randnr. 300 der angefochtenen Entscheidung) fehlerhaft. Die Kommission habe zum einen nicht alle relevanten Umstände, insbesondere nicht die gemäßigte Form der Zuwiderhandlung, berücksichtigt und zum anderen die von ihr zugrunde gelegten Umstände fehlerhaft beurteilt. Wenn sie die Zuwiderhandlung richtig bewertet hätte, hätte sie eine niedrigere Geldbuße festsetzen müssen.

50. Dieser erste Teil des ersten Klagegrundes umfasst vier Rügen, mit denen geltend gemacht wird, die Kommission habe Folgendes fehlerhaft gewürdigt:

- die Art der Zuwiderhandlung,

- die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt,

- die Krise im Zinkphosphatsektor als mildernden Umstand und

- den Umstand, dass sich die Zuwiderhandlung von anderen als besonders schwer bewerteten Kartellen unterscheide.

Zur Art der Zuwiderhandlung

- Vorbringen der Parteien

51. Die Klägerin trägt vor, die Kommission hätte die Zuwiderhandlung als eine gemäßigte Form der Zuwiderhandlung einstufen und deshalb eine niedrigere Geldbuße gegen sie festsetzen müssen. Zwar habe das Kartell einen ernsten Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dargestellt, doch sei die Gefahr für den Wettbewerb angesichts der gemäßigten Züge des Kartells verhältnismäßig gering gewesen. Nach ständiger Rechtsprechung seien "[b]ei der Bemessung von Geldbußen sämtliche Faktoren zu berücksichtigen, die für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung relevant sein können" (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491, Randnr. 4949, und Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, Randnrn. 120 und 129). In der Vergangenheit habe sich die Kommission an diese Rechtsprechung gehalten. Im vorliegenden Fall dagegen habe sie, während sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch die Umstände beachtet habe, die die gemäßigte Form der Zuwiderhandlung belegten, dieselben Umstände nach einer offenkundigen Wende in ihrer Bußgeldpolitik in der angefochtenen Entscheidung ausgeblendet. Im Übrigen habe die Kommission in der Klagebeantwortung ihren Standpunkt hinsichtlich der Bedeutung der gemäßigten Züge des Kartells geändert. Dort habe sie nämlich eingeräumt, dass diese Züge für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung relevant seien, auch wenn sie nichts an der Einstufung der Zuwiderhandlung als "besonders schwer" änderten.

52. Anschließend führt die Klägerin die Gründe an, warum die Zuwiderhandlung nicht als "besonders schwer" hätte eingestuft werden dürfen.

53. Erstens macht sie geltend, dass die Zuwiderhandlung die Form einer losen Absprache gehabt habe, für die die beteiligten Unternehmen keinerlei besondere Durchsetzungsmechanismen vorgesehen hätten. Obwohl die Kommission diese Tatsache in der Mitteilung der Beschwerdepunkte anerkannt habe, habe sie die Geldbuße in der angefochtenen Entscheidung nicht herabgesetzt. Dagegen habe sie in ihrer Entscheidung Polypropylen die Geldbuße niedriger angesetzt, weil die betroffenen Unternehmen keinen Durchsetzungsmechanismus vorgesehen hätten (Entscheidung 86/398/EWG der Kommission vom 23. April 1986 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags [IV/31.149 - Polypropylen] [ABl. L 230, S. 1, im Folgenden: Entscheidung Polypropylen], Randnr. 108). Eine Zuwiderhandlung ohne Durchsetzungsmechanismen wirke sich naturgemäß weniger nachteilig auf den Markt aus. Das Argument der Kommission, die vorliegende Rechtssache unterscheide sich dadurch von dem der Entscheidung Polypropylen zugrunde liegenden Fall, dass die Parteien der vorliegenden Vereinbarungen unter einem Erwartungsdruck gestanden hätten, der dieselbe Funktion und Wirkung wie ein formeller Durchsetzungsmechanismus gehabt habe, sei falsch. Entscheidend sei, dass weder in der Rechtssache Polypropylen noch in der vorliegenden Rechtssache Maßnahmen vorgesehen gewesen seien, um die Einhaltung der Quoten zu erzwingen.

54. Dem Vorbringen der Kommission, sie sei nicht verpflichtet, ihre frühere Praxis zu berücksichtigen, hält die Klägerin entgegen, dass die Kommission nach der Rechtsprechung sämtliche Faktoren zu berücksichtigen habe, die für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen relevant sein könnten (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnr. 4949). Daher könne die Kommission Faktoren, die sie in ihrer früheren Entscheidungspraxis als für die Schwere der Zuwiderhandlung relevant berücksichtigt habe, nicht "willkürlich und ohne schlüssige Begründung" außer Acht lassen. Überdies habe die Kommission das Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-347/94 (Mayr-Melnhof/Kommission, Slg. 1998, II-1751) verfälscht wiedergegeben. Nach diesem Urteil könne zwar "allein aus der Tatsache, dass die Kommission in ihrer früheren Entscheidungspraxis bestimmte Gesichtspunkte bei der Festlegung der Höhe der Geldbuße als mildernde Umstände angesehen hat, nicht abgeleitet werden, dass sie verpflichtet wäre, dies in einer späteren Entscheidung ebenfalls zu tun" (Randnr. 368). Diese Feststellung beziehe sich jedoch nicht auf die Verpflichtung der Kommission, alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Der fehlende Durchsetzungsmechanismus, der unbehinderte zwischenstaatliche Wettbewerb (vgl. nachstehend Randnr. 56) und die untergeordnete Rolle der Preise (vgl. nachstehend Randnr. 57) seien wesentliche Elemente für eine zutreffende Würdigung der Schwere der Zuwiderhandlung. Die Kommission habe alle für die betroffenen Unternehmen günstigen Umstände außer Acht gelassen, obwohl sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung wesentlich seien. In dem dem Urteil Mayr-Melnhof/Kommission zugrunde liegenden Fall sei es um eine sektorielle Krise gegangen, die vor allem als mildernder Umstand oder objektiver Faktor im Sinne der Nummer 5 der Leitlinien zu berücksichtigen gewesen sei und der im Hinblick auf die Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung geringere Bedeutung zukomme als den vorliegend von der Klägerin angeführten Umständen. Im Übrigen erlaube das Urteil LR AF 1998/Kommission (vorstehend zitiert in Randnr. 27) der Kommission nicht, ihre frühere Entscheidungspraxis außer Acht zu lassen. Die Feststellungen des Gerichts in diesem Urteil seien nämlich die Antwort auf das Vorbringen von LR AF gewesen, dass die Änderung des bisherigen Bußgeldniveaus durch die Leitlinien eine Verfälschung des rechtlichen Rahmens für die Ermittlung der festzusetzenden Geldbußen darstelle. Dieses Urteil erlaube es der Kommission nicht, die für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung relevanten Umstände außer Acht zu lassen.

55. Zum Vorbringen der Kommission, das Gericht habe in seinem Urteil vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-348/94 (Enso Española/Kommission, Slg. 1998, II-1875) festgestellt, dass das Fehlen von Maßnahmen zur Kontrolle der Umsetzung als solches keinen mildernden Umstand darstelle, bemerkt die Klägerin, dass diese Rechtsprechung für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung ohne Bedeutung sei. Außerdem habe das Gericht im Urteil vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-6/89 (Enichem Anic/Kommission, Slg. 1991, II-1623, Randnrn. 269 bis 271) das Fehlen eines Durchsetzungsmechanismus als mildernden Umstand gewertet.

56. Zweitens trägt die Klägerin vor, dass von dem Kartell Quoten ausschließlich auf europäischer Ebene zugeteilt worden seien. Die betroffenen Unternehmen hätten nicht versucht, Quoten für einzelne Länder festzulegen, so dass keine nationalen Märkte abgeschottet worden seien. Die Gefahr für den Wettbewerb sei dadurch von Anfang an begrenzt gewesen. Dennoch habe die Kommission diesen Umstand im vorliegenden Fall bei der Bemessung der Geldbuße nicht berücksichtigt, obwohl sie in ihrer Entscheidung 94/815/EG vom 30. November 1994 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (Sache IV/33.126 und 33.322 - Zement) (ABl. L 343, S. 1, im Folgenden: Entscheidung Zement) dem Umstand, dass die betroffenen Unternehmen länderweise Quoten festgesetzt und dadurch die nationalen Märkte abgeschottet hätten, besondere Bedeutung beigemessen habe.

57. Drittens habe die Preisabsprache im Unterschied zu anderen als "besonders schwer" eingestuften Zuwiderhandlungen eine untergeordnete Rolle gespielt. Zwar sei bei zahlreichen Treffen auch über Preise gesprochen worden, doch habe sich diese Diskussion vor allem am Anfang der Zuwiderhandlung in Klagen über das niedrige Preisniveau und die unterschiedlichen Preise in den Mitgliedstaaten erschöpft. Die bei den Treffen von 1994 und 1995 gefertigten handschriftlichen Notizen enthielten keine Preisangaben, weil die Preise zu Beginn des Kartells nicht festgelegt worden seien. Wie die Kommission in Randnummer 99 der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt habe, sei Grundlage des Kartells das Prinzip "nur Mengen, keine Preise" gewesen. Allerdings seien Mindestpreise bestimmt worden. Außerdem hätten die betroffenen Unternehmen lediglich Richtpreise festgelegt, die, wie die Kommission anerkannt habe, ihrer Natur nach geringere Auswirkungen hätten als Fixpreise. Die Klägerin betont, dass sie nicht den ermittelten Sachverhalt bestreite, sondern dessen Würdigung rüge.

58. Die Ansicht der Kommission, es gebe keinen tatsächlichen Unterschied zwischen dem in Rede stehenden Kartell und anderen Kartellen, in denen präzise Absprachen über Preis- und Quotenfestsetzungen mit wirksamen Durchsetzungsmechanismen getroffen worden seien, sei unzutreffend. Die Klägerin betont, dass die möglichen wettbewerbsbeschränkenden und integrationshemmenden Auswirkungen bei der vorliegenden Zuwiderhandlung wesentlich geringer seien.

59. Viertens trägt die Klägerin vor, dass es mit Ausnahme eines Kunden, Teknos Winter, und eines einzigen Falles, in dem James Brown einige kleine Unternehmen im Vereinigten Königreich zugeteilt worden seien, keine Zuteilung von Abnehmern gegeben habe.

60. Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass die Klägerin ihr nicht vorwerfe, den Rahmen ihres Beurteilungsermessens überschritten oder sonst Ermessensfehler begangen zu haben. Die Klägerin behaupte lediglich pauschal, dass die Kommission "willkürlich und ohne schlüssige Begründung" von ihrer früheren Entscheidungspraxis abgewichen sei.

61. Die Kommission meint, sie habe entsprechend den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen sämtliche für die Beurteilung der Art der Zuwiderhandlung relevanten Faktoren berücksichtigt und sie sei zu dem Schluss gekommen, dass es sich ihrem Wesen nach um eine besonders schwere Zuwiderhandlung gehandelt habe.

62. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Klägerin die einschlägige Rechtsprechung missverstanden habe. Zwar müsse die Kommission alle relevanten Umstände berücksichtigen, doch verlange die Rechtsprechung nicht, dass bestimmte Sachverhaltselemente, insbesondere die von der Klägerin im vorliegenden Fall betonten Umstände, immer zu einer Herabsetzung des Ausgangsbetrags für eine Geldbuße führen müssten. Nach der Rechtsprechung gebe es nämlich keine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien, die unbedingt berücksichtigt werden müssten. Im Übrigen hänge die Bedeutung der einzelnen Kriterien bei der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung von den Umständen des Einzelfalls ab.

63. Anschließend prüft die Kommission die Aspekte, die von der Klägerin für das Vorliegen eines gemäßigten Kartells angeführt worden sind. Nach ihrer Ansicht mindern diese Aspekte nicht die Schwere der Zuwiderhandlung. Die Kommission müsse keineswegs ihrer früheren Entscheidungspraxis folgen.

- Würdigung durch das Gericht

64. Einleitend ist festzustellen, dass die Klägerin nur die Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße begehrt. Sie ficht nicht Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung an und erkennt somit die Feststellungen der Kommission bezüglich ihrer Beteiligung am Kartell und an dem Verstoß gegen Artikel 81 EG als richtig an. In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hat sie erklärt, dass sie den dort dargelegten Sachverhalt im Wesentlichen nicht bestreite. Aus diesem Grund wurde die Höhe ihrer Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit um 10 % herabgesetzt (Randnrn. 360 und 363 der angefochtenen Entscheidung).

65. Das Argument der Klägerin, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung alle Umstände ausgeblendet, die die gemäßigte Form der Zuwiderhandlung belegten und die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt worden seien, ist zurückzuweisen. Die Kommission hat nämlich alle diese Umstände in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt. So ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Feststellung der Kommission (in Randnr. 67 der Mitteilung der Beschwerdepunkte), die "Absatz- und Quotenvereinbarung hatte eher die Form einer losen Absprache, bei der die Mitglieder keinen speziellen Durchsetzungsmechanismus zur Anwendung brachten", im Wesentlichen in die Randnummer 72 der angefochtenen Entscheidung übernommen worden. Die Aussage, die die Klägerin der Kommission zuschreibt, die aber in Wirklichkeit von Union Pigments stammt, dass nämlich das Kartell auf dem Prinzip "nur Mengen, keine Preise" (Randnr. 99 der Mitteilung der Beschwerdepunkte) basiert habe, findet sich in Randnummer 104 der angefochtenen Entscheidung wieder. Zudem ist die Kommission auf die Tatsache eingegangen, dass die Quoten ausschließlich auf europäischer Ebene angewandt worden sind und die betroffenen Unternehmen ihre heimischen Märkte nicht abschotteten (Randnrn. 267 und 273 der angefochtenen Entscheidung). Sie hat auch berücksichtigt, dass nur ein Abnehmer innerhalb des Kartells zugeteilt worden war (Randnrn. 270 und 277). Entgegen der Behauptung der Klägerin hat sie zu diesem Vorbringen in der angefochtenen Entscheidung Stellung genommen (Randnrn. 104, 274 und 290 bis 298).

66. Im Übrigen ist nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insbesondere die Art der Wettbewerbsbeschränkungen zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-224/00, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, Slg. 2003, II-2597, Randnr. 117 und die dort zitierte Rechtsprechung).

67. Die Klägerin bestreitet nicht, dass das Kartell Preise und Quoten auf europäischer Ebene festgelegt hat und zumindest ein Abnehmer zugeteilt wurde. Dazu ist zu bemerken, dass die ersten in Artikel 81 Absatz 1 Buchstaben a, b und c EG genannten Beispiele für Kartelle, die ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden,

"a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstigen Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen"

sind.

68. Daher hat die Rechtsprechung solche Zuwiderhandlungen als "besonders schwerwiegend" qualifiziert, insbesondere wenn es sich um horizontale Kartelle (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999 in der Rechtssache T-141/94, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 1999, II-347, Randnr. 675) oder um "offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft" handelt (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-148/89, Tréfilunion/Kommission, Slg. 1995, II-1063, Randnr. 109, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtsache T-311/94, BPB de Eendracht/Kommission, Slg. 1998, II-1129, Randnrn. 303 und 338).

69. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass zu den "besonders schweren" Verstößen im Sinne der Leitlinien "im Wesentlichen ... horizontale Beschränkungen wie z. B. Preiskartelle, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarktes, wie z. B. die Abschottung der nationalen Märkte oder Missbräuche marktbeherrschender Stellungen von Unternehmen in Quasi-Monopolstellung" gehören (Nr. 1 Abschnitt A Absatz 2 dritter Gedankenstrich).

70. Infolgedessen hat die Kommission die in Rede stehende Zuwiderhandlung aufgrund ihrer Art zu Recht als besonders schwer eingestuft. Dennoch sind die Aspekte zu prüfen, die von der Klägerin für den gemäßigten Charakter des Kartells angeführt worden sind.

71. Zum Argument der Klägerin, die Zuwiderhandlung habe die Form einer losen Absprache gehabt, zu deren Durchsetzung die beteiligten Unternehmen keine besonderen Mechanismen angewandt hätten, ist festzustellen, dass kein zwingender Vertrag erforderlich ist, damit ein Kartell zwischen Unternehmen eine verbotene Vereinbarung darstellt. Es genügt, dass die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003 in der Rechtssache T-59/99, Ventouris/Kommission, Slg. 2003, II-5257, Randnr. 52). Das Fehlen formeller Maßnahmen zur Kontrolle der Durchführung wirkt sich nicht unbedingt auf die Schwere der Zuwiderhandlung aus. Die lockere Durchführung eines unzulässigen Kartells schließt dessen Wirksamkeit nicht aus.

72. Auch wenn die Kommission in der Entscheidung Polypropylen die Geldbuße, wie vorstehend in Randnummer 41 erwähnt, herabgesetzt hatte, kann ihre frühere Entscheidungspraxis nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bilden.

73. Was die Absatz- und Quotenvereinbarung betrifft, so hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung eingeräumt, dass diese Vereinbarung eher "die Form einer losen Absprache [hatte, da] die Mitglieder keinen speziellen Durchsetzungsmechanismus zur Anwendung brachten" (Randnr. 72). Die Kommission hat jedoch auch festgestellt, dass "die Durchsetzung der Absatzquoten durch den Druck erreicht [wurde], der während der Zusammenkünfte des Kartells auf die Mitglieder ausgeübt wurde" (Randnrn. 72 und 276 der angefochtenen Entscheidung). Die Klägerin bestreitet nicht, dass von März 1994 bis Mai 1998 16 Zusammenkünfte des Kartells stattgefunden haben (Randnr. 70 der angefochtenen Entscheidung) und die beteiligten Unternehmen bei diesen Zusammenkünften Informationen über den Absatz ausgetauscht und über ihre jeweiligen Marktanteile gesprochen haben. Die Unternehmen tauschten nämlich ihre Daten über den Absatz von Zinkphosphat aus, indem sie die Zinkphosphatherstellerverbände als Vermittler einschalteten, und konnten auf diese Weise die Einhaltung der vereinbarten Marktanteile überprüfen (Randnrn. 69 und 284). Union Pigments hat angegeben, dass die Kartellmitglieder sich bei diesen Zusammenkünften oft gestritten und sich gegenseitig beschuldigt hätten, die vereinbarten Quoten überschritten zu haben. Die Durchsetzung dieser Quoten sei dann durch den Druck erreicht worden, der während dieser Zusammenkünfte ausgeübt worden sei (Nr. 67 der Erklärung von Union Pigments). Auch wenn Trident betont hat, dass es keine Ausgleichsregelung gegeben habe, hat sie doch bestätigt, dass die Teilnehmer bei den Zusammenkünften des Kartells sich gegenseitig beschuldigt und sich beschwert hätten, wenn ihre Marktanteile gesunken seien (Nr. 2.4.19 der Erklärung von Trident).

74. Im Übrigen ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass auf "die Zuteilung von Abnehmern ... als eine Art Ausgleich für den Fall zurückgegriffen [wurde], dass ein Unternehmen seine zugeteilten Quoten nicht erreicht hatte" (Randnr. 72). Dies wird von Union Pigments in ihrer Erklärung bestätigt, wonach 1995 der Abnehmer Teknos Winter (im Folgenden: Teknos) der SNCZ zugeteilt worden sei, um ihr ihre Quote von 24 % zu sichern (Nr. 67). Union Pigments hat auch ausgesagt, dass sie nicht versucht habe, zu einem bestimmten Zeitpunkt neue Abnehmer zu gewinnen, da dies zu Repressalien der anderen beteiligten Unternehmen geführt hätte (Nr. 77 der Erklärung von Union Pigments).

75. Die Klägerin bestreitet nicht, dass die realen Marktanteile der beteiligten Unternehmen jährlich betrachtet den zugedachten Anteilen sehr nahe gekommen sind (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Dies zeigt, dass das System zur Durchsetzung der Absatzvereinbarung wirksam gewesen ist, auch wenn es nicht mit einem förmlichen Sanktionssystem verbunden war.

76. Bezüglich der Preisvereinbarungen und der Zuteilung von Abnehmern hat die Kommission einen besonderen Durchsetzungsmechanismus zwar weder in der angefochtenen Entscheidung (vgl. z. B. Randnrn. 285 und 286) noch in ihren Schriftsätzen angegeben. Wie sich jedoch aus der Rechtsprechung ergibt, verfügt die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen über ein Ermessen, um das Unternehmen zur Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften zu bewegen (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59, und Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnr. 56). Angesichts der Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung und der vorstehend in den Randnummern 68 und 71 angeführten Rechtsprechung sowie angesichts der Folgen und Auswirkungen des Verstoßes (vgl. nachstehend Randnrn. 111 bis 118 und 129) ist das Gericht der Ansicht, dass die Kommission ihr Ermessen im vorliegenden Fall nicht überschritten hat.

77. Zum Argument der Klägerin, für den Wettbewerb habe keine große Gefahr bestanden, da das Kartell die Quoten nur auf europäischer Ebene festgesetzt habe, ist festzustellen, dass die Leitlinien Verstöße zur Abschottung der nationalen Märkte nur als Beispiele für Zuwiderhandlungen anführen, die als besonders schwer qualifiziert werden können (Nr. 1 Abschnitt A Absatz 2 dritter Gedankenstrich). Das Gericht hat in dem vorstehend in Randnummer 66 genannten Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission bereits entschieden, dass ein Kartell, das u. a. eine Festsetzung von Preiszielen umfasst, nicht schon deshalb einer Einstufung als besonders schwerer Verstoß entzogen ist, weil es sich um ein weltweites Kartell handelt, das keine Abschottung der nationalen Märkte innerhalb des Gemeinsamen Marktes betreibt (Randnrn. 123 bis 125). Die gleichen Erwägungen gelten für den vorliegenden Fall.

78. Was die von der Klägerin angeführte Entscheidung Zement betrifft, so hat die von der Kommission dort vorgenommene Qualifizierung der Abschottung der nationalen Märkte als besonders schwerer Verstoß für den vorliegenden Fall keine Bedeutung. Hätte das hier in Rede stehende Kartell zu einer Abschottung der nationalen Märkte geführt, hätte die Kommission eine noch höhere Geldbuße verhängen können. Nach den Leitlinien ermöglicht innerhalb "dieser einzelnen Kategorien und insbesondere bei den als schwer und besonders schwer eingestuften ... die Skala der festzusetzenden Geldbußen eine Differenzierung gemäß der Art des begangenen Verstoßes" (Nr. 1 Abschnitt A Absatz 3).

79. Zudem wurde nach der Aussage von Union Pigments bei der ersten Zusammenkunft des Kartells am 24. März 1994 beschlossen, dass "die Preise von einem Land zum anderen nicht so stark abweichen sollten, damit es zu keinen Verlagerungen über die Grenzen hinweg kommt" (Nrn. 51 und 74 der Erklärung von Union Pigments). Dies zeigt, dass die beteiligten Unternehmen im vorliegenden Fall die nationalen Märkte bis zu einem gewissen Grad abschotten wollten.

80. Zu dem Argument, die Zuwiderhandlung könne nicht als besonders schwer eingestuft werden, da die Preisabsprache nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe und sich lediglich auf Richtpreise bezogen habe, die ihrer Natur nach geringere Auswirkungen hätten als Fixpreise, hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Mitglieder des Kartells "Tiefst"- und/oder "empfohlene" Preise für Zinkphosphat vereinbart hätten (Randnr. 65).

81. Die Festsetzung eines Preises, sei es auch nur eines Richtpreises, beeinträchtigt den Wettbewerb dadurch, dass er sämtlichen Kartellteilnehmern die Möglichkeit gibt, mit hinreichender Sicherheit vorauszusehen, welche Preispolitik ihre Konkurrenten verfolgen werden (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1972 in der Rechtssache 8/72, Vereeniging van Cementhandelaren/Kommission, Slg. 1972, 977, Randnr. 21). Ganz allgemein bedeuten solche Kartelle einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt (Urteil Thyssen Stahl/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 68, Randnr. 675). Durch die Äußerung eines gemeinsamen Willens, ein bestimmtes Preisniveau bei ihren Erzeugnissen anzuwenden, bestimmen die Hersteller nämlich nicht mehr autonom, welche Marktpolitik sie verfolgen wollen, und verstoßen so gegen den Grundgedanken der Wettbewerbsvorschriften des Vertrages (Urteil BPB de Eendracht/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 68, Randnr. 192).

82. Aufgrund dieser Erwägungen ist das vorliegende Kartell einer Einstufung als besonders schwerer Verstoß nicht schon deshalb entzogen, weil es Richtpreise festgesetzt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnrn. 118 bis 120).

83. Zu dem Argument der Klägerin, die Preisabsprache habe nur eine "untergeordnete" Rolle gespielt, ist festzustellen, dass die Erklärung der Kommission (Randnr. 66 der angefochtenen Entscheidung), "Eckpfeiler" des Kartells sei die Zuteilung von Absatzquoten gewesen, nicht bedeutet, dass die Preisabsprache von untergeordneter Bedeutung gewesen ist. Die Quotenabsprache, die Absprache über die Abnehmer und die Absprache über die Festsetzung der Preise sind nämlich drei Aspekte eines einzigen Kartells. Die Schwere des Kartells ist aber im Wege einer Gesamtschau zu beurteilen. Angesichts der Art der vorliegenden Zuwiderhandlung hat die Kommission diese zu Recht als besonders schwer qualifiziert.

84. Jedenfalls ist das Gericht der Auffassung, dass die Preisabsprache ein wichtiger Aspekt des Kartells gewesen ist. Die Kommission hat im Übrigen schriftliche Beweise zusammengetragen, die zeigen, dass die empfohlenen Preise bei mehreren Zusammenkünften des Kartells erörtert wurden (Randnrn. 134, 139, 140, 162, 178 und 186 der angefochtenen Entscheidung). Entgegen der Behauptung der Klägerin war die Preisabsprache schon 1994 einer der Bestandteile des Kartells. Von den beteiligten Unternehmen hat im Verwaltungsverfahren nämlich nur die Klägerin geltend gemacht, dass diese Vereinbarung erst 1996 zustande gekommen sei (Randnr. 268 der angefochtenen Entscheidung). Wie vorstehend bereits erwähnt, hatten die beteiligten Unternehmen nach der Aussage von Union Pigments aber schon bei der ersten Zusammenkunft am 24. März 1994 beschlossen, dass die Preise nicht zu stark von einem Land zum anderen abweichen sollten (Nr. 51 der Erklärung von Union Pigments). Ebenso ergibt sich aus der Erklärung von Trident (Nr. 2.4.24), dass das Kartell die Preise bei jeder Zusammenkunft festlegte. Die schriftlichen Beweise für die ersten Zusammenkünfte sind nicht so umfangreich wie die für die späteren. Dennoch zeigt die Tagesordnung für die Sitzung vom 27. März 1995, dass beabsichtigt war, über die Preisentwicklung in Deutschland, Frankreich, den Benelux-Staaten, dem Vereinigten Königreich, den nordischen Ländern, den Vereinigten Staaten und in der übrigen Welt zu sprechen (Randnr. 121 der angefochtenen Entscheidung).

85. Schließlich berechtigt der Umstand, dass es - mit Ausnahme eines Kunden, Teknos, und eines einzigen Falles, in dem James Brown einige kleine Unternehmen im Vereinigten Königreich zugeteilt worden waren - keine Zuteilungen von Abnehmern gegeben hat, nicht zu dem Schluss, dass die Kommission diese Zuwiderhandlung nicht als besonders schwer einstufen durfte.

86. Die Klägerin bestreitet nicht, dass im Fall von Teknos, die zu den acht wichtigsten Anstrichstoffherstellern in Westeuropa gehört, eine Zuteilung erfolgt ist (Randnr. 52 der angefochtenen Entscheidung).

87. Die beteiligten Unternehmen erörterten regelmäßig, wem dieser Abnehmer zuzuweisen war, und belieferten ihn abwechselnd (Randnrn. 68, 96 f. der angefochtenen Entscheidung; Nrn. 63 und 67 der Erklärung von Union Pigments). Sie gestalteten das System der Zuteilung flexibel, um sicherzustellen, dass Teknos "keinen Verdacht hinsichtlich der Vereinbarung schöpfen würde" (Randnrn. 99 f. der angefochtenen Entscheidung). Das Gericht stellt fest, dass der Teknos anzubietende Preis Gegenstand dieser Absprache war, wobei festgelegt wurde, dass kein anderer Produzent das Preisangebot desjenigen Herstellers, der an der Reihe war, dieses Geschäft abzuschließen, unterbieten durfte (Randnr. 96 der angefochtenen Entscheidung und Nr. 2.4.22 der Erklärung von Trident).

88. Im Übrigen bestreitet die Klägerin auch nicht, dass James Brown einige kleinere Unternehmen zugeteilt wurden (Randnrn. 180 und 277 der angefochtenen Entscheidung). James Brown hat diese Zuteilungen nicht geleugnet.

89. Außerdem hat die Kommission aufgrund des Vermerks von Union Pigments vom 30. März 1995 festgestellt, dass die Zuteilung von Jotun erörtert wurde (Randnr. 277 der angefochtenen Entscheidung). Obwohl sich dieser Vermerk nicht unmittelbar auf die Zuteilung von Jotun bezieht, wird diese Feststellung von der Klägerin nicht direkt bestritten. Jotun gehört ebenfalls zu den acht wichtigsten Anstrichstoffherstellern in Westeuropa (Randnr. 52 der angefochtenen Entscheidung).

90. Infolgedessen hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass bestimmte Abnehmer zugeteilt wurden. Die Tatsache, dass nur einige und nicht alle auf dem Markt vorhandenen Abnehmer zugeteilt wurden, kann die Schlussfolgerung, dass das vorliegende Kartell ein besonders schwerer Verstoß ist, nicht in Frage stellen.

91. Aufgrund dieser Erwägungen ist die Rüge der Klägerin, dass die in Rede stehende Zuwiderhandlung ihrer Natur nach kein besonders schwerer Verstoß gewesen sei, zurückzuweisen.

Zu den Auswirkungen der Zuwiderhandlung

- Vorbringen der Parteien

92. Einleitend trägt die Klägerin vor, die Kommission habe ihre Feststellung des besonders schweren Charakters der Zuwiderhandlung in erster Linie auf deren Auswirkungen auf den Markt gestützt. Dabei seien der Kommission Beurteilungsfehler unterlaufen. Nach der Rechtsprechung hätte die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung alle Umstände berücksichtigen müssen, die für die Auswirkungen auf den Markt relevant sein könnten (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnr. 4949). In ihrer früheren Entscheidungspraxis habe die Kommission im Einklang mit dieser Rechtsprechung bekräftigt, dass die begrenzten Auswirkungen auf den Markt oder die nicht vollständige Umsetzung der Absprachen Faktoren seien, die in die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung einflössen (Entscheidung Polypropylen, Randnr. 108, und Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag [IV/34.466 - Griechische Fährschiffe] [ABl. L 109, S. 24, im Folgenden: Entscheidung Griechische Fährschiffe], Randnr. 162). In der Entscheidung Griechische Fährschiffe sei für die Kommission der Umstand, dass die Beteiligten die einschlägigen Preisvereinbarungen nicht vollständig umgesetzt hätten, sondern durch die Gewährung von Nachlässen Preiswettbewerb betrieben hätten, ein Grund dafür gewesen, die Zuwiderhandlung nur als schwer und nicht als besonders schwer einzustufen. Im vorliegenden Fall habe die Kommission dagegen nicht berücksichtigt, dass die fraglichen Absprachen nicht genau umgesetzt worden seien und nur geringe Auswirkungen auf den Markt gehabt hätten.

93. Die Klägerin macht erstens zur Durchführung der Zuwiderhandlung geltend, dass die Feststellung der Kommission, die Preisabsprache sei von den betroffenen Unternehmen sorgfältig umgesetzt worden, falsch sei. Zum Ersten habe die Kommission ihre Feststellung hinsichtlich der Durchführung der Preisabsprachen auf die Erklärung von Trident gestützt, dass die interne Preisliste dieses Unternehmens den jeweils vereinbarten Preis widergespiegelt habe (Randnr. 285 der angefochtenen Entscheidung). Damit habe die Kommission die Erklärung verfälscht. Trident habe nämlich auch festgestellt, dass ihrer Erfahrung nach "die bei den Zusammenkünften diskutierten Preise nicht eingehalten wurden und allgemein akzeptiert wurde, dass Verkäufe zu niedrigeren Preisen als den vereinbarten Richtpreisen erfolgten" (Punkt 2.4.25 der Erklärung von Trident). Diese Aussage werde durch die Erklärung von Union Pigments bestätigt, wonach die Festlegung von Preisen praktisch unmöglich gewesen sei und die Richtpreise in den skandinavischen Ländern nicht eingehalten worden seien (Nr. 60). Allein aus dem Umstand, dass Trident die Richtpreise in ihre interne Preisliste übernommen habe, lasse sich angesichts der Umstände nicht schließen, dass die in Rede stehenden Absprachen sorgfältig umgesetzt worden seien.

94. Zum Zweiten hätten die betroffenen Unternehmen normales Zinkphosphat zu niedrigeren als den vereinbarten Preisen verkauft, und Preisnachlässe seien die Regel gewesen. Insbesondere die Preise der Klägerin hätten deutlich unter den vom Kartell festgesetzten Richtpreisen gelegen. Der Preis von Zinkphosphat werde nämlich überwiegend vom Preis für Zinkoxid und damit von Zink bestimmt, da dieser den wesentlichen Teil der Produktionskosten ausmache. Der Zinkpreis habe im Zeitraum von 1990 bis 2000 heftigen Schwankungen unterlegen. Dass die Preise der Klägerin 1997 gestiegen seien, sei das Ergebnis des starken Zinkpreisanstiegs und nicht der Befolgung der Richtpreise gewesen. Im Übrigen habe Trident der Kommission Unterlagen übermittelt, die belegten, dass die betroffenen Unternehmen regelmäßig zu niedrigeren als den vereinbarten Preisen verkauft hätten. Zum Dritten hätten die betroffenen Unternehmen insbesondere angesichts der Gefahr von Einfuhren aus Drittstaaten ihre Preise niedrig halten müssen. Im Ergebnis hätten die betroffenen Unternehmen die Preisabsprachen entgegen den Feststellungen der Kommission nicht befolgt. Die Klägerin weist darauf hin, dass die Kommission in ihrer Klagebeantwortung zu diesem Vorbringen nicht Stellung genommen habe.

95. In der Entscheidung Griechische Fährschiffe habe die Kommission entschieden, die Geldbuße herabzusetzen und die Zuwiderhandlung nicht als besonders schwer, sondern als schwer einzustufen, da die Absprachen nicht vollständig umgesetzt worden seien. Die Kommission hätte sich vorliegend an diese Praxis halten müssen. Was das Argument anbelangt, die Kommission sei nicht an ihre frühere Entscheidungspraxis gebunden, so wiederholt die Klägerin, dass die Kommission alle für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung relevanten Umstände berücksichtigen müsse, einschließlich derjenigen, die sie in ihren früheren Entscheidungen für relevant gehalten habe. Nach der Rechtsprechung des Gerichts müssten die konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt in die Bemessung der Geldbuße einfließen (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-308/94, Cascades/Kommission, Slg. 1998, II-925, Randnrn. 172 ff.). Zum Vorbringen der Kommission, eine Geldbuße müsse nur herabgesetzt werden, wenn die Vereinbarung in keinem ihrer Teile angewandt worden sei, macht die Klägerin geltend, auch wenn nur ein Teil einer Vereinbarung nicht angewandt worden sei, sei dies zu berücksichtigen. Dass die Preisabsprache nicht umgesetzt worden sei, hätte für eine Herabsetzung der Geldbuße berücksichtigt werden müssen.

96. Zweitens habe die Kommission auch die Auswirkungen des Kartells auf den Markt fehlerhaft beurteilt. Die Feststellung der Kommission, die Zuwiderhandlung habe tatsächliche Auswirkungen auf den Markt gehabt, da die betroffenen Unternehmen 90 % des EWR-Marktes abgedeckt hätten, sei nicht richtig. Selbst wenn die beteiligten Unternehmen einen großen Teil des Marktes abdeckten, habe sich die Zuwiderhandlung jedenfalls nie auf modifizierte, sondern ausschließlich auf normale Zinkphosphate bezogen, die nur 55 % des europäischen Zinkphosphatmarktes ausmachten. Somit könne sich die Zuwiderhandlung nur auf einen Teil des europäischen Zinkphosphatmarktes ausgewirkt haben. Die Behauptung der Kommission, das Ausweichen der Abnehmer auf modifiziertes Zinkphosphat sei als tatsächliche Auswirkung auf den Markt anzusehen, sei zum einen in der angefochtenen Entscheidung nicht vorgetragen worden und ändere zum anderen nichts daran, dass die Zuwiderhandlung nur einen Teil des Marktes betroffen habe und ihre Auswirkungen deshalb von vornherein begrenzt gewesen seien. Des Weiteren hätten die betroffenen Unternehmen ihre wesentlichen Ziele nicht erreicht. Zum einen habe, da der Markt nie nach Ländern aufgeteilt worden sei, in den einzelnen Mitgliedstaaten "scharfer Wettbewerb um Kunden und damit Marktanteile" geherrscht. Die Klägerin legt dazu Schaubilder vor, um erhebliche Schwankungen ihres Absatzes in den einzelnen Mitgliedstaaten und damit den starken Wettbewerb auf dem fraglichen Markt zu belegen. Zum anderen sei die Aufteilung von Kunden im Kartell die Ausnahme gewesen. Schließlich seien die Richtpreise zu keinem Zeitpunkt erreicht worden, was die Existenz eines scharfen Wettbewerbs belege.

97. Die Auswirkungen des Kartells seien aus verschiedenen Gründen gering gewesen. Erstens seien die Zinkphosphatabnehmer große Unternehmen, die hinsichtlich der Preise über eine erhebliche Verhandlungsmacht verfügten und gezielt nach den günstigsten Angeboten suchten. Auf das Vorbringen der Kommission, diese Nachfragemacht relativiere die Auswirkungen des Kartells nicht, antwortet die Klägerin, dass sich Zuwiderhandlungen bei einer starken Position der Marktgegenseite wesentlich geringer auswirkten als bei nachfrageschwächeren Abnehmern. Zweitens hätten dritte Wettbewerber auf dem Markt und Substitutionsprodukte, darunter aus Drittländern eingeführtes Kalziumphosphat, den Preis von normalem Zinkphosphat erheblich unter Druck gesetzt. Drittens sei der Preis von Zinkphosphat während der Dauer der Zuwiderhandlung weitgehend vom Zinkpreis abhängig gewesen, dessen heftige Schwankungen den Preis von Zinkphosphat beeinflusst hätten. Daher habe sich eine Vereinbarung über den Zinkphosphatpreis nicht wirklich auswirken können. Viertens mache der Zinkphosphatpreis nur einen geringen Teil der Kosten des Endprodukts aus, nämlich 0,08 %. Die geringfügigen Änderungen aufgrund der Vereinbarungen hätten sich daher kaum negativ auf die Preise der Anstrichstoffe oder gar auf die Verbraucher ausgewirkt. Im Gegensatz zu ihrer früheren Praxis habe die Kommission vorliegend nicht untersucht, ob die Verbraucher geschädigt worden seien.

98. Die Feststellung der Kommission, dass auch geringe Auswirkungen bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung von Bedeutung seien, ändere nichts daran, dass die Kommission bei der Ermittlung der Schwere des Verstoßes den tatsächlichen Umfang der Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt berücksichtigen müsse. Die Zuwiderhandlung sei als umso weniger schwer einzustufen, je geringer die Auswirkungen auf den Markt seien (Urteil Cascades/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 95, Randnrn. 172 ff.).

99. Schließlich trägt die Klägerin vor, dass "nicht zuletzt" die mangelhafte Umsetzung der Absprachen nach Nummer 3 der Leitlinien als mildernder Umstand zur Minderung der Geldbuße in Ansatz zu bringen sei. In ihrer Erwiderung macht sie dagegen geltend, dass ihre Argumentation zur Untermauerung dieses Teils des ersten Klagegrundes die Frage betreffe, "ob eine mangelhafte Umsetzung von Vereinbarungen und ein geringer Umfang von Auswirkungen einer Zuwiderhandlung bei der Beurteilung der Schwere des Verstoßes ... berücksichtigt werden muss", nicht aber die Frage, ob die tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen ein Milderungsgrund sei.

100. Die Kommission trägt vor, sie sei nicht verpflichtet, den Grundbetrag der Geldbuße herabzusetzen, wenn nicht alle Teile der Absprache umgesetzt worden seien und die angestrebten Ergebnisse auf dem Markt nicht in vollem Umfang erreicht worden seien. Es gebe auch keine abschließende Liste von Kriterien zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung.

101. Die Kommission bestreitet, dass ihre Feststellungen fehlerhaft seien. Erstens hätten sich ihre Feststellungen hinsichtlich der Umsetzung der Zuwiderhandlung nicht auf die Preisfestsetzungen beschränkt, sondern auch die Zuteilung von Marktanteilen und zumindest eines Kunden umfasst (Randnrn. 72, 284, 286 und 287 der angefochtenen Entscheidung); die Klägerin habe diese Feststellungen nicht angegriffen. Die tatsächliche Umsetzung der Richtpreise sei nicht nur durch die Erklärung von Trident belegt worden, der zufolge ihre interne Preisliste die vereinbarten Preise widergespiegelt habe (Randnr. 285 der angefochtenen Entscheidung), sondern auch dadurch, dass die Durchschnittspreise der Klägerin den für Deutschland empfohlenen Preisen mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung gefolgt seien. Auch wenn die Richtpreise nicht vollkommen erreicht worden seien, bedeute dies jedenfalls nicht, dass die Klägerin nicht ihren Beitrag zur Umsetzung der Absprachen geleistet habe. Die Vereinbarung von Marktanteilsquoten und Zielpreisen eröffne den betroffenen Unternehmen Verhaltensspielräume zur Ausbeutung ihrer Abnehmer. In der Rechtsprechung sei darauf hingewiesen worden, dass ein Unternehmen, das sich auf dem Markt nicht in der im Kartell vereinbarten Weise verhalten habe, möglicherweise nur versuche, das Kartell zu seinem Vorteil auszunutzen (Urteil Cascades/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 95, Randnr. 230). Von einer "tatsächlichen Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße" im Sinne der Leitlinien könne daher keine Rede sein.

102. Zweitens bestreitet die Kommission, die Auswirkungen des Kartells auf den Markt fehlerhaft beurteilt zu haben. Obwohl die Zuwiderhandlung nur normales und nicht auch modifiziertes Zinkphosphat betroffen habe, habe das Kartell praktisch doch die weltweite Produktion von Zinkphosphat kontrolliert. Selbst wenn die Zuwiderhandlung ein Ausweichen der Abnehmer auf modifiziertes Zinkphosphat zur Folge gehabt hätte, wäre jedoch auch diese Reaktion als tatsächliche Auswirkung der Zuwiderhandlung anzusehen. Des Weiteren habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anerkannt, dass die von den betroffenen Unternehmen angestrebten Ergebnisse nicht in vollem Umfang erreicht worden seien (Randnr. 297). Dennoch habe die Zuwiderhandlung erhebliche Auswirkungen auf den Markt gehabt. Diese Auswirkungen würden dadurch belegt, dass zum einen die von den betroffenen Unternehmen tatsächlich erzielten Marktanteile praktisch denen entsprochen hätten, die ihnen in der Absatzvereinbarung zugeteilt worden seien (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung), und zum anderen die Durchschnittspreise der Klägerin zeitlich versetzt genau den Richtpreisen gefolgt seien. Diese Entwicklung der Durchschnittspreise zeige auch, dass die Schwankungen des Zinkpreises, auch wenn sie den Preis von Zinkphosphat beeinflusst hätten, nichts an den Folgen der von den Kartellmitgliedern festgelegten Maßnahmen geändert hätten. Jedenfalls erkläre die Klägerin nicht, warum das Kartell über einen Zeitraum von vier Jahren Richtpreise festgelegt habe, wenn der Preis von Zinkphosphat allein durch den Zinkpreis bestimmt worden sei (Randnrn. 92 bis 94, 104, 274 und 285 der angefochtenen Entscheidung).

103. Zu den Gründen, die von der Klägerin für die geringen Auswirkungen der Zuwiderhandlung angeführt werden, trägt die Kommission vor, dass auch geringe Auswirkungen, wie sie von der Klägerin eingeräumt würden, bei der Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung von Bedeutung seien. Dessen ungeachtet seien die von der Klägerin dazu vorgetragenen Argumente nicht stichhaltig.

- Würdigung durch das Gericht

104. In Nummer 1 Abschnitt A der Leitlinien verpflichtet sich die Kommission ausdrücklich, bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes neben seiner Art und dem Umfang des betreffenden räumlichen Marktes die konkreten Auswirkungen auf den Markt zu berücksichtigen, sofern diese messbar sind. Im vorliegenden Fall sind alle diese Kriterien in Randnummer 300 der angefochtenen Entscheidung aufgeführt worden.

105. Entgegen der Behauptung der Klägerin hat die Kommission ihre Feststellung zur Schwere der Zuwiderhandlung nicht "in erster Linie" auf deren Wirkungen gestützt. Sie hat den Wirkungen der Zuwiderhandlung nicht mehr Bedeutung beigemessen als den anderen Kriterien. Sie hat die Bedeutung der konkreten Auswirkungen sowohl durch die Feststellung, dass es "äußerst schwierig" sei, Schlussfolgerungen zu den Wirkungen eines solchen Kartells zu ziehen (Randnr. 279), als auch durch die Berücksichtigung des Umstands, dass die betroffenen Unternehmen nicht alle ihre Ziele erreicht haben (Randnr. 297), eingeschränkt.

106. Nach der Rechtsprechung muss sich die Kommission bei der Beurteilung der konkreten Auswirkungen einer Zuwiderhandlung auf den Markt auf den Wettbewerb beziehen, der normalerweise ohne eine Zuwiderhandlung geherrscht hätte (vgl. Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnr. 150 und die dort zitierte Rechtsprechung).

107. Was die Vereinbarung über die Absatzquoten betrifft, so hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass sie "sorgfältig" umgesetzt worden ist (vgl. vorstehend Randnrn. 73 und 74 sowie die Randnrn. 72, 284 und 287 der angefochtenen Entscheidung). Wie vorstehend in Randnummer 75 ausgeführt, kamen "die realen Marktanteile der fünf Produzenten [jährlich betrachtet] den jeweils zugeteilten Anteilen sehr nahe" (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung). Daraus hat die Kommission zu Recht den Schluss gezogen, dass die Absatzquoten den Markt beeinflusst haben. Außerdem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass diese Vereinbarung den Wettbewerb beeinträchtigte, da sie zu einer größeren Preisstabilität führte (vgl. auch Randnr. 114 der angefochtenen Entscheidung). Wegen der Stabilität der Marktanteile bestand daher keine Notwendigkeit für die aggressive Preisdrückerei, die während des Preiskriegs früherer Jahre geherrscht hatte (vgl. Randnrn. 74 f. und 114 f. der angefochtenen Entscheidung).

108. Nach Ansicht der Klägerin belegen die Absatzschwankungen auf den nationalen Märkten, dass die Vereinbarung keine Auswirkungen gehabt habe. Dazu ist festzustellen, dass die Quoten europaweit festgelegt wurden. Auch wenn der Absatz in den einzelnen Mitgliedstaaten geschwankt hat, ändert dies somit nichts daran, dass die auf europäischer Ebene festgelegten Quoten eingehalten wurden.

109. Unter diesen Umständen müssen die konkreten Auswirkungen der Quotenvereinbarung, des "Eckpfeilers" des Kartells (Randnr. 66 der angefochtenen Entscheidung), als rechtlich hinreichend nachgewiesen angesehen werden.

110. Die Preisvereinbarung ist nach der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellung ebenfalls sorgfältig umgesetzt worden (Randnrn. 283 und 285). Die Klägerin bestreitet diese Feststellung.

111. Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission zu Recht festgestellt hat, dass die in Rede stehende Vereinbarung sich auf Preisziele bezogen hat (vgl. vorstehend Randnr. 80). Die Durchführung einer Vereinbarung, die auf Preisziele und nicht auf Festpreise gerichtet ist, bedeutet nicht, dass ein dem vereinbarten Preisziel entsprechender Preis angewendet wird, sondern dass sich die Parteien um eine Annäherung an ihre Preisziele bemühen (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnr. 271).

112. Nach Auffassung des Gerichts haben sich die Parteien vorliegend um eine Annäherung an ihre Preisziele bemüht. Bei jeder Zusammenkunft wurde die Höhe der Preise erörtert und wurden Preisempfehlungen festgelegt (vgl. vorstehend Randnr. 84). Eine solche Festlegung beeinträchtigt zwangsläufig den Wettbewerb auf dem Markt. Dadurch wurde der Verhandlungsspielraum der Käufer bei den Preisen eingeengt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T 307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 1999, II-931, Randnr. 745). Wie vorstehend in Randnummer 81 ausgeführt, beeinträchtigt die Festsetzung eines Preises, sei es auch nur eines Richtpreises, den Wettbewerb dadurch, dass er sämtlichen Kartellteilnehmern die Möglichkeit gibt, mit hinreichender Sicherheit vorauszusehen, welche Preispolitik ihre Konkurrenten verfolgen werden (Urteil Vereeniging van Cementhandelaren/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 81, Randnr. 21).

113. Im Übrigen hat die Kommission aus den internen Preisanweisungen von Britannia und Trident zu Recht abgeleitet, dass die Preisvereinbarung durchgeführt wurde. Diese Anweisungen stimmen nämlich mit den bei den Zusammenkünften vereinbarten Tiefstpreisen fast völlig überein (vgl. auch Nr. 2.4.25 der Erklärung von Trident und Randnrn. 92 und 285 der angefochtenen Entscheidung). Trident hat eingeräumt, dass diese Anweisungen Grundlage für die Preisverhandlungen mit den Kunden gewesen sind (Nr. 2.4.26 der Erklärung von Trident). In diesen Preisanweisungen ist auch angegeben, dass es sich hierbei um "Mindestpreisniveaus" handelt und dass sie "nicht ohne vorherige Absprache mit [Name eines Mitarbeiters] gesenkt werden sollten", d. h. ohne Absprache mit der Person, die für Trident (ehemals Britannia) an den Zusammenkünften des Kartells teilgenommen hatte. Auch wenn die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass sämtliche beteiligten Unternehmen solche Anweisungen erteilt haben, stellen die Anweisungen von Trident und Britannia ein wichtiges Beweismittel dar (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II-1711, Randnrn. 340 bis 342, und Cascades/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 95, Randnr. 194).

114. Außerdem beschwerten sich nach Aussage von Trident die betroffenen Unternehmen bei den Zusammentreffen häufig über die Höhe der Verkaufspreise. Dabei zogen sie die empfohlenen Preise zum Vergleich heran (Nrn. 2.4.27 und 3.1.2 der Erklärung von Trident).

115. Selbst wenn die Kommission nicht ausführlich nachgewiesen hat, dass die Preisvereinbarung "sorgfältig" durchgeführt worden ist, und selbst wenn sie keinen besonderen Durchführungsmechanismus festgestellt hat (vgl. vorstehend Randnr. 76), ist sie daher dennoch zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Vereinbarung umgesetzt wurde.

116. Zu den Auswirkungen der Preisvereinbarung haben Union Pigments und Trident, die am engsten mit der Kommission zusammengearbeitet haben (Randnr. 366 der angefochtenen Entscheidung) mehrfach erklärt, dass diese Vereinbarung die "Preiskohärenz" verbessert oder zu einem Anstieg der Marktpreise geführt hat. Die genannten Unternehmen haben eingeräumt, dass einer der Vorteile der Beteiligung am Kartell das Ende des Preiskriegs gewesen sei (Nr. 49 der Erklärung von Union Pigments und Nr. 3.1.1[c] der Erklärung von Trident; vgl. auch Randnrn. 84 und 103 der angefochtenen Entscheidung). Infolgedessen hat das Kartell zu einem Anstieg der Preise auf dem Markt geführt. Aus dem Vermerk von Union Pigments vom 30. März 1995, der also aus dem entscheidungserheblichen Zeitraum stammt, ergibt sich ebenfalls, dass die Preisinitiativen zu einem Anstieg der Preise auf dem Markt geführt haben. In demselben Vermerk führt Union Pigments unter den Vorteilen des Kartells die Tatsache an, dass sie vom "ersten Quartal 1995 an höhere Preise" habe erzielen können. Im Übrigen hat Union Pigments in ihrer Erklärung bestätigt, dass sich als Resultat des Kartells - ausgenommen in den nordischen Ländern - eine von Jahr zu Jahr bessere "Preiskohärenz" eingestellt habe (Nr. 73 der Erklärung von Union Pigments). Die Klägerin hat erklärt, dass die Festlegung von Preisen nach Aussagen von Union Pigments "praktisch unmöglich" gewesen sei und die Richtpreise in den skandinavischen Ländern nicht eingehalten worden seien. Dazu ist festzustellen, dass Union Pigments in ihrer Erklärung ausgesagt hat, dass es "schwierig", nicht aber, dass es "praktisch unmöglich" gewesen sei, durch Wechselkursschwankungen bedingte Preisunterschiede zwischen den einzelnen Ländern auszuschließen (Nr. 60 der Erklärung von Union Pigments).

117. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass nach der Aussage von Trident die bei den Zusammenkünften diskutierten Preise nicht in vollem Umfang eingehalten worden seien und allgemein akzeptiert worden sei, dass Verkäufe zu geringeren als den vereinbarten Richtpreisen vorgenommen worden seien (Nr. 2.4.25 der Erklärung von Trident). Das Argument, dass die Verkaufspreise nicht völlig mit den empfohlenen Preisen übereingestimmt hätten, ist von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigt worden (Randnrn. 275, 291 und 297). Das Gericht stellt dazu fest, dass das Kartell nur Preisziele und keine Festpreise festgesetzt hat. Die Tatsache, dass bei den Verkäufen die vereinbarten Zielpreise von den Unternehmen unterlaufen wurden, bedeutet nicht, dass das Kartell wirkungslos geblieben ist. Der Nutzen, den die Mitglieder aus dem Kartell gezogen haben, bestand in der gegenseitigen Kenntnis der Ausrichtung der Preise bei den Verhandlungen mit den jeweiligen Kunden. Zudem hat Trident eingeräumt, dass die ihrer Erklärung beigefügten Tabellen zeigten, dass ihre Durchschnittspreise von Anfang 1995 an höher waren als vorher. Dies lässt nach Ansicht von Trident den Schluss zu, dass die Stabilität der Preise auf einem höheren Niveau auf die Sitzungen des Kartells zurückzuführen ist (Nr. 3.2.7 der Erklärung von Trident). Trident hat auch bestätigt, dass die Schwankungen ihrer Verkaufspreise die vom Kartell empfohlenen Preise widerspiegelten (Nrn. 2.4.26 und 3.2.5 der Erklärung von Trident).

118. Somit ergibt sich aus den objektiven Feststellungen der wichtigsten Unternehmen, die mit der Kommission zusammengearbeitet haben, dass die Preisinitiativen die Höhe der Preise auf dem Markt beeinflusst haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 112, Randnrn. 746 f.).

119. Die Klägerin macht geltend, dass die Auswirkungen des Kartells aus verschiedenen weiteren Gründen gering gewesen seien.

120. Erstens führt sie an, dass Zinkphosphatabnehmer Großunternehmen seien, die hinsichtlich der Preise über eine erhebliche Verhandlungsmacht verfügten und gezielt nach den günstigsten Angeboten suchten. Dazu ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht das Gegenteil behauptet hat (Randnrn. 51, 52 und 339). Trotz dieser Macht der Abnehmer konnte die Kommission zu Recht davon ausgehen, dass die Wettbewerbsbedingungen durch das betreffende Kartell verfälscht wurden.

121. Zweitens behauptet die Klägerin, die Präsenz von dritten Wettbewerbern auf dem Markt und die Existenz von Substitutionsprodukten einschließlich des aus Drittländern eingeführten Kalziumphosphats hätten den Preis von normalem Zinkphosphat erheblich unter Druck gesetzt. Normale Zinkphosphate machten außerdem nur 55 % des europäischen Zinkphosphatmarktes aus, so dass die Zuwiderhandlung sich nur auf einen Teil des europäischen Marktes habe auswirken können. Die Kommission hat in ihrer Antwort auf eine Frage des Gerichts eingeräumt, dass sie keine eingehendere Untersuchung des relevanten Marktes durchgeführt hat und die Entscheidung sich ausschließlich auf normales Zinkphosphat bezieht. Obwohl die Kommission in ihrer Entscheidung (Randnrn. 45 f. der angefochtenen Entscheidung) auf teilweise mit Zinkphosphat austauschbare Stoffe einschließlich des Kalziumphosphats und modifizierter Zinkphosphatarten verweist, hat sie die Bedeutung dieser Austauschstoffe nicht geprüft und insbesondere nicht festgestellt, ob das normale Zinkphosphat zum gleichen Markt gehört wie diese Austauschstoffe.

122. Vorab ist festzustellen, dass die Kommission in einer Entscheidung nach Artikel 81 EG zu einer Abgrenzung des Marktes verpflichtet ist, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht beurteilt werden kann, ob die Vereinbarung zwischen Unternehmen, der Beschluss von Unternehmensvereinigungen oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es jeweils geht, geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, oder eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt oder bewirkt (Urteile des Gerichts vom 15. September 1998 in den Rechtssachen T-374/94, T-375/94, T-384/94 und T-388/94, European Night Services u. a./Kommission, Slg. 1998, II-3141, Randnrn. 93 bis 95 und 105, und vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T-62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II-2707, Randnr. 230). Zudem kann der Umsatz, der mit den Waren erzielt wurde, auf die sich eine wettbewerbsbeschränkende Praxis bezog, einen zutreffenden Anhaltspunkt dafür liefern, wie stark diese Praxis den normalen Wettbewerb beeinträchtigt hat (Urteile des Gerichts vom 11. März 1999 in der Rechtssache T-151/94, British Steel/Kommission, Slg. 1999, II-629, Randnr. 643, und vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-220/00, Cheil Jedang/Kommission, Slg. 2003, II-2473, Randnr. 91).

123. Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin nur den genauen Umfang der Wirkungen des Kartells (vgl. vorstehend Randnr. 94). Sowohl in ihren Schriftsätzen als auch in der mündlichen Verhandlung (vgl. vorstehend Randnr. 107) hat sie nämlich Auswirkungen der Zuwiderhandlung eingeräumt.

124. Zudem steht fest, dass die betroffenen Unternehmen 90 % der Produktion von normalem Zinkphosphat kontrollierten. Selbst wenn man unterstellt, dass der relevante Produktmarkt auch andere Produkte umfasste, hat er doch weitgehend unter der Kontrolle der betreffenden Unternehmen gestanden. Da die Kommission konkrete Beweise für die Auswirkungen der Zuwiderhandlung (vgl. vorstehend Randnrn. 107 bis 118), insbesondere die objektiven Feststellungen der Hersteller selbst aus dem entscheidungserheblichen Zeitraum, vorgelegt hat, ist das Gericht der Auffassung, dass sie die Auswirkungen der Zuwiderhandlung hinreichend nachgewiesen hat. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Kommission die Bedeutung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung abgeschwächt hat (vgl. vorstehend Randnr. 105).

125. Im Übrigen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu einem Argument der SNCZ, dem zufolge die mögliche Substitution des Zinkphosphats durch andere Produkte beweise, dass die Zuwiderhandlung keine tatsächlichen Auswirkungen gehabt habe, festgestellt, dass diese mögliche Substitution nicht nachgewiesen sei und die SNCZ sogar eingestanden habe, dass Kalziumphosphat immer noch nur in relativ kleinen Mengen eingesetzt werde (Randnr. 297 der angefochtenen Entscheidung). Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die angeblichen Austauschprodukte "den Preis für Zinkphosphat erheblich unter Druck gesetzt haben". Dagegen hat Union Pigments eindeutig erklärt, dass die Klägerin höhere Preise für normales Zinkphosphat habe erreichen wollen, um die Wettbewerbsfähigkeit des modifizierten Zinkphosphats zu erhöhen (Nr. 59 der Erklärung von Union Pigments und deren Vermerk vom 25. März 1995). Daher ist das Argument der Klägerin, die Substitutionsmöglichkeit habe die Auswirkungen des Kartells begrenzt, zurückzuweisen. Außerdem ergibt sich aus der Erklärung von Union Pigments, dass die Einfuhren aus Drittländern gering geblieben sind (Nrn. 33 f. der Erklärung von Union Pigments).

126. Drittens hat die Klägerin behauptet, dass die kräftige Erhöhung ihrer Preise 1997 auf der kräftigen Erhöhung des Zinkpreises beruht habe und nicht mit den Zielpreisen zusammenhänge. Dazu ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich erklärt hat, dass möglicherweise mehrere Faktoren die Preisentwicklung des betreffenden Produktes beeinflusst hätten (Randnr. 279 der angefochtenen Entscheidung). So hat sie insbesondere eingeräumt, dass Zinkphosphat stark vom Zinkmetallpreis abhänge (Randnr. 339). Die Kommission war zu Recht der Ansicht, dass dieser Faktor nicht überbewertet werden sollte. Einen starken Preisanstieg bei Zinkmetall gab es nämlich nur 1997, während das Kartell seit 1994 bestand (Randnr. 340 der angefochtenen Entscheidung). Zudem ist der Zinkpreis 1997 zwar stark angestiegen, doch ergibt sich aus der Anlage 6 zur Klageschrift, dass dieser Preis Ende 1997 auch wieder stark gefallen ist, ohne dass aber der Zinkphosphatpreis der Klägerin ebenso zurückgegangen wäre (vgl. Randnr. 340 der angefochtenen Entscheidung).

127. Jedenfalls sind für die Festsetzung der allgemeinen Höhe der Geldbußen nicht die Wirkungen des tatsächlichen Verhaltens eines Unternehmens, auf das sich dieses beruft, sondern die Wirkungen der Zuwiderhandlung, an der es beteiligt gewesen ist, in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-49/92 P, Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 152, und Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnrn. 160 und 167).

128. Viertens macht die Klägerin geltend, Zinkphosphat mache nur einen geringen Teil der Kosten des Endprodukts aus, nämlich 0,08 %, so dass sich die geringfügigen Änderungen durch die Vereinbarungen kaum negativ auf die Preise für die Anstrichstoffe oder gar auf die Verbraucher ausgewirkt hätten. Obwohl die Kommission nicht bestritten hat, dass Zinkphosphat nur einen geringen Teil der Kosten des Endprodukts ausmacht (Randnrn. 48 und 53 der angefochtenen Entscheidung), ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung nicht, dass sie diesen Faktor für die Bemessung der Geldbußen berücksichtigt hat. Nach der Rechtsprechung kann der Wert des Produktes je nach Fall zu den Umständen gehören, die bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnrn. 120 f.). Im vorliegenden Fall musste die Kommission nach Auffassung des Gerichts diesen Umstand nicht für die Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung und insbesondere nicht für die Beurteilung der Auswirkungen des Kartells berücksichtigen. Die Tatsache, dass Zinkphosphat nur einen geringen Teil der Kosten des Endprodukts ausmacht, ist für die Schwere der Zuwiderhandlung irrelevant und ändert, wie die Kommission ausgeführt hat, nichts daran, dass die Marktbedingungen für die Kunden verfälscht wurden. Wäre Zinkphosphat ein bedeutsamerer Kostenfaktor gewesen, hätte die Zuwiderhandlung noch weiterreichende Auswirkungen gehabt. Zudem ist die Kommission nicht zu dem Nachweis verpflichtet, dass ein Kartell die Verbraucher schädigt, um es als besonders schweren Verstoß qualifizieren zu können.

129. Die Vereinbarung über die Kunden ist nach Ansicht des Gerichts, auch wenn die Kommission keinen besonderen Durchführungsmechanismus festgestellt hat (vgl. vorstehend Randnr. 76), zumindest in einem gewissen Umfang durchgeführt worden. Dabei wurde u. a. neben dem Teknos anzubietenden Preis auch vereinbart, dass kein anderer Produzent das Preisangebot desjenigen Herstellers, der "an der Reihe" war, dieses Geschäft abzuschließen, unterbieten würde (vgl. vorstehend Randnr. 87). Das Verbot, an einen Kunden unterhalb eines vereinbarten Preises zu verkaufen, weil dieser einem anderen Unternehmen zugeteilt worden ist, wirkt sich eindeutig auf den Wettbewerb aus, der normalerweise bestanden hätte.

130. Was die Gesamtheit der Vereinbarungen betrifft, so wurden, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat (Randnr. 298), die beanstandeten Verhaltensweisen über mehr als vier Jahre praktiziert. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass die Hersteller diese Verhaltensweisen seinerzeit als völlig wirkungs- und nutzlos angesehen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 112, Randnr. 748). Außerdem steht fest, dass das Kartell aufgrund eines Preiskriegs entstanden ist und u. a. diesen beendigen sollte. Wie vorstehend in Randnummer 116 angeführt, war einer der Vorteile einer Beteiligung an dem Kartell für die betroffenen Unternehmen die Beendigung des Preiskriegs (Nr. 49 der Erklärung von Union Pigments und Nr. 3.1.1[c] der Erklärung von Trident; vgl. auch Randnrn. 84 und 103 der angefochtenen Entscheidung). Die Teilnahme an dem Kartell über mehr als vier Jahre zeigt auch, dass die betroffenen Unternehmen diesen Preiskrieg im Wesentlichen erfolgreich beendet haben. Daraus folgt, dass sie ihre Preise angepasst haben, um ein höheres Preisniveau zu erreichen als das, das ohne ein Kartell geherrscht hätte.

131. Schließlich macht die Klägerin in der Klageschrift als mildernden Umstand geltend, dass die Zuwiderhandlung nicht tatsächlich umgesetzt worden sei.

132. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, ist bei einer von mehreren Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen Unternehmens zu prüfen (Urteile des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623, und Kommission/Anic Partecipazioni, vorstehend zitiert in Randnr. 127, Randnr. 150), um festzustellen, ob in seinem Fall erschwerende oder mildernde Umstände vorliegen.

133. Unter Nummer 3 ("mildernde Umstände") der Leitlinien findet sich eine nicht erschöpfende Liste von Umständen, die zu einer Herabsetzung des Grundbetrags führen können, u. a. die tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen (Nr. 3 zweiter Gedankenstrich). Daher ist zu prüfen, ob die von der Klägerin vorgetragenen Umstände belegen können, dass sie in der Zeit, in der sie an den rechtswidrigen Vereinbarungen beteiligt war, sich deren Anwendung tatsächlich entzogen hat, indem sie sich auf dem Markt wettbewerbskonform verhalten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnrn. 4872 bis 4874, und Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnr. 268).

134. Die Klägerin hat in keiner Weise nachgewiesen, dass sie sich der Durchführung des Kartells durch ein wettbewerbskonformes Marktverhalten tatsächlich entzogen hat. Sie bestreitet nicht, dass sie an den Kartellsitzungen teilgenommen hat und Informationen über die Absätze mit den anderen betroffenen Unternehmen ausgetauscht hat. Sie ist sowohl an der Absatzvereinbarung als auch an der Vereinbarung über die Zuteilung von Kunden beteiligt gewesen. Das Gericht hat die Behauptung der Klägerin, sie habe die Preisvereinbarung nicht angewandt, bereits zurückgewiesen. Somit greift dieses Argument nicht durch.

135. Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Kartell konkrete Auswirkungen hatte.

Zur Nichtberücksichtigung der Krise des Sektors als mildernden Umstand

- Vorbringen der Parteien

136. Die Klägerin wirft der Kommission vor, die Krise im europäischen Zinkphosphatsektor nicht als mildernden Umstand berücksichtigt zu haben. In der Vergangenheit habe die Kommission bei der Bemessung von Geldbußen den Standpunkt vertreten, dass Strukturkrisen einen mildernden Umstand darstellten (Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag [IV/E-1/35.860-B - Nahtlose Stahlrohre] [ABl. 2003, L 140, S. 1; im Folgenden: Nahtlose Stahlrohre] und Entscheidung 98/247/EGKS der Kommission vom 21. Januar 1998 in einem Verfahren nach Artikel 65 EGKS-Vertrag [Sache IV/35.814 - Legierungszuschlag] [ABl. 1998, L 100, S. 55; im Folgenden: Entscheidung Legierungszuschlag], Randnr. 83). Die wirtschaftliche Lage in der Zinkphosphatindustrie sei ohne weiteres mit der in der Entscheidung Legierungszuschlag geschilderten Krisensituation vergleichbar. In der letztgenannten Entscheidung habe die Berücksichtigung der schwierigen Wirtschaftslage des Sektors zu einer Bußgeldminderung zwischen 10 % und 30 % geführt. Die Krise auf dem Zinkphosphatmarkt sei jedoch größer gewesen und habe während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung bestanden. Der durch die Notierung an den Warenbörsen öffentlich bekannte Zinkpreis sei ständig Schwankungen ausgesetzt gewesen. Aufgrund der wirtschaftlichen Stärke der Abnehmer von Zinkphosphat hätten die häufigen Steigerungen des Zinkpreises nur schwer an diese weitergegeben werden können, während die Abnehmer einen starken Druck auf die Zinkphosphathersteller ausgeübt hätten, um die Weitergabe von Senkungen des Zinkpreises an sich zu erreichen. Die Krise sei durch einige oben beschriebene Faktoren verschärft worden, u. a. durch die Gefahr von Billigimporten aus Ländern außerhalb des EWR und den Umstand, dass Kalziumphosphat zunehmend als Ersatz für normales Zinkphosphat eingesetzt worden sei. Infolgedessen sei der Umsatz der Klägerin beim Absatz von normalem Zinkphosphat in den 90er Jahren um etwa 20 % gesunken.

137. Die Mehrheit der aktiven Zinkphosphathersteller habe bestätigt, dass sich der Sektor in einer wirtschaftlichen Krise befunden habe (Randnr. 337 der angefochtenen Entscheidung). Aus der angefochtenen Entscheidung ergebe sich, dass die Kommission selbst einräume, dass die wirtschaftliche Situation des Marktes schwierig gewesen sei (Randnr. 339 der angefochtenen Entscheidung). Dennoch habe sie es abgelehnt, diese Krise als mildernden Umstand anzuerkennen, der eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige. Damit habe sie sich in Widerspruch zur Gemeinschaftsrechtsprechung (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-12/89, Solvay/Kommission, Slg. 1992, II-907, Randnr. 340) und zu ihrer eigenen früheren Entscheidungspraxis gesetzt.

138. Die Kommission weist diese Rüge zurück und macht geltend, dass sie keineswegs anerkannt habe, dass es auf dem Markt für Zinkphosphat eine Strukturkrise gegeben habe (Randnrn. 339 f. der angefochtenen Entscheidung). Zudem handele es sich bei ihrer Analyse einer möglichen Krise auf dem Markt um die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten, so dass die Überprüfung durch den Gemeinschaftsrichter auf die Fragen beschränkt sei, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden seien, ob die Begründung ausreichend sei, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt worden sei und ob keine offensichtliche fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorlägen (Urteil des Gerichtshofes vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C-7/95 P, Deere/Kommission, Slg. 1998, I-3111, Randnr. 34). Derartige Klagegründe oder Rügen mache die Klägerin nicht geltend.

- Würdigung durch das Gericht

139. Nach Ansicht des Gerichts kann sich die Klägerin nicht auf eine Krise im Zinkphosphatsektor berufen. Dazu genügt der Hinweis auf die Feststellung des Gerichts im Urteil Lögstör Rör/Kommission, vorstehend zitiert in Randnummer 33 (Randnrn. 319 f.), in der Rechtssache Fernwärmetechnik, wonach die Kommission nicht verpflichtet ist, die schlechte Finanzlage des betroffenen Sektors als mildernden Umstand zu berücksichtigen. Das Gericht hat dort ebenfalls bestätigt, dass die Kommission nicht deshalb, weil sie in früheren Rechtssachen die wirtschaftliche Situation des Sektors als mildernden Umstand berücksichtigt hat, diese Praxis unbedingt fortsetzen muss (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-13/89, ICI/Kommission, Slg. 1992, II-1021, Randnr. 372). Wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, entstehen Kartelle im Allgemeinen nämlich dann, wenn eine Branche in Schwierigkeiten ist (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 37, Randnr. 345).

140. Jedenfalls hat die Kommission entgegen der Behauptung der Klägerin eine Krise im Zinkphosphatsektor nicht anerkannt. Sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass angesichts der Sättigung des Marktes, seiner starken Abhängigkeit vom Zinkmetallpreis und der Kaufkraft der Abnehmer die wirtschaftliche Situation schwierig gewesen sei (Randnr. 339 der angefochtenen Entscheidung). Strukturelle Probleme bestanden ihrer Ansicht nach auf dem Markt dagegen nicht. Nach der Feststellung in Randnummer 340 der angefochtenen Entscheidung gab es bei Zinkmetall nur 1997 eine kräftige Preiserhöhung, während das Kartell seit 1994 bestand. Den Akten lässt sich außerdem nicht entnehmen, dass es auf dem betreffenden Markt größere Schwierigkeiten gab.

Zum Vergleich mit anderen Kartellen

- Vorbringen der Parteien

141. Die Klägerin trägt vor, eine Prüfung der jüngeren Fälle, in denen die Kommission Zuwiderhandlungen als besonders schwer eingestuft habe, zeige, dass die vorliegende Zuwiderhandlung nicht in diese Kategorie falle. Alle diese Fälle unterschieden sich von dem vorliegenden durch einen wesentlich höheren Organisationsgrad, den Einsatz bedeutend schärferer Mittel und stärkere Auswirkungen auf den Markt (Entscheidung Zement, vorstehend zitiert in Randnr. 56, Randnr. 65, Entscheidung Fernwärmetechnik, vorstehend zitiert in Randnr. 29, Randnr. 63, und Entscheidung 2003/2/EG der Kommission vom 22. November 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG und Artikel 53 EWR-Abkommen [Sache COMP/E-1/37.512 - Vitamine] [ABl. 2003, L 6, S. 1; im Folgenden: Entscheidung Vitamine]).

142. Die Kommission hätte den vorliegenden Fall nicht in dieselbe Kategorie wie die oben beschriebenen Fälle einordnen dürfen. Erstens hätten die im vorliegenden Fall betroffenen Unternehmen nie Quoten für einzelne Länder festgesetzt und ihre Inlandsmärkte nicht geschützt. Zweitens habe sich die Zuwiderhandlung nicht auf eine ganze Reihe von Produkten, sondern ausschließlich auf normales Zinkphosphat bezogen. Drittens seien Zinkphosphate von geringer Bedeutung für den Anstrichstoffmarkt, da sie nur einen minimalen Teil der Kosten von Anstrichstoffen, den einzigen Produkten, in denen Zinkphosphat verwendet werden könne, ausmachten, und es sei kein Verbraucher zu Schaden gekommen. Viertens hätten Preise eine geringe Rolle gespielt, und Sanktionsmaßnahmen seien nicht vorgesehen gewesen. Die Kommission räume ein, dass die Zuwiderhandlungen in den vorstehend in Randnummer 141 genannten Fällen noch schwerer gewesen seien als die im vorliegenden Fall. Daher sei unverständlich, warum die Kommission gegen die Klägerin eine Geldbuße festgesetzt habe, die die gegen die Unternehmen in den genannten Fällen verhängten Geldbußen um ein Vielfaches übersteige. Beispielsweise sei die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße im Verhältnis zu ihrem Gesamtumsatz 21-mal höher als die gegen den "Anführer" des Fernwärmetechnik-Kartells verhängte Geldbuße.

143. Die Kommission weist diese Rüge mit dem Hinweis zurück, die in Rede stehende Zuwiderhandlung sei bereits wegen ihres Gegenstands, der Zuweisung von Marktanteilsquoten und der Preisabsprachen über den gesamten EWR, als besonders schwer eingestuft worden. Dem Umstand, dass die von der Klägerin genannten Kartelle weitere Merkmale aufgewiesen hätten, die die Schwere der dort begangenen Zuwiderhandlungen betroffen hätten, habe die Kommission in Übereinstimmung mit den Leitlinien innerhalb der Kategorie der besonders schweren Zuwiderhandlungen Rechnung tragen können, ohne deshalb die Zuwiderhandlung, an der sich die Klägerin beteiligt habe, als schwer einordnen zu müssen. Die Kommission verweist darauf, dass der gegen die Klägerin angesetzte Ausgangsbetrag im unteren Bereich des Rahmens angesiedelt sei, den die Leitlinien als voraussichtlichen Betrag für schwere Zuwiderhandlungen vorsähen. Dem Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe gegen sie eine härtere Geldbuße festgesetzt als gegen die Beteiligten in den anderen angeführten Fällen, hält die Kommission entgegen, dass die Festsetzung der Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein könne, und verweist dazu auf die oben wiedergegebenen Argumente.

- Würdigung durch das Gericht

144. Es ist daran zu erinnern, dass das horizontale Kartell, an dem die Klägerin beteiligt war, Beschränkungen umfasste, die in der Festsetzung von Absatzquoten, Preiszielen und der Zuteilung von Kunden bestanden. Wie vorstehend in den Randnummern 67 bis 70 ausgeführt, ist eine Zuwiderhandlung, die Quoten und die Festsetzung von Preisen, auch wenn es nur Richtpreise sind, umfasst, besonders schwerwiegend. Zudem hat diese Zuwiderhandlung den Markt beeinflusst (vgl. vorstehend Randnrn. 107 bis 130). Sie hat sich auf den gesamten Gemeinsamen Markt und nach seiner Gründung auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum bezogen. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission die Zuwiderhandlung daher zu Recht als einen besonders schweren Verstoß qualifiziert.

145. Auch wenn es Rechtssachen gegeben hat, in denen die Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht noch ausgeprägter waren, kann dies nicht zu dem Schluss führen, dass die Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall kein besonders schwerer Verstoß gewesen ist. Nach den Leitlinien ermöglicht die Skala der festzusetzenden Geldbußen innerhalb der Kategorien der minder schweren, der schweren und der besonders schweren Verstöße eine Differenzierung gemäß der Art des begangenen Verstoßes (Nr. 1 Abschnitt A Absatz 3). Zudem liegen die im vorliegenden Fall festgesetzten Geldbußen weit unterhalb des voraussichtlichen Mindestbetrags für besonders schwere Verstöße (vgl. vorstehend Randnr. 40). Obwohl die Kommission diese Zuwiderhandlung als einen besonders schweren Verstoß qualifiziert hat, hat sie diesen Fall anders als die anderen besonders schweren Fälle bewertet, in denen viel höhere Geldbußen verhängt wurden.

146. Zu dem Argument, gegen die Klägerin sei eine viel härtere Geldbuße verhängt worden als gegen die Teilnehmer an anderen, früheren Kartellen, genügt die Feststellung, dass die Kommission, sofern sie die Höchstgrenze des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 beachtet, bei der Bemessung der Geldbußen nicht unbegrenzt an einer bestimmten Praxis festhalten muss. Wie vorstehend in Randnummer 41 festgestellt, ist die Kommission dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der in der Verordnung Nr. 17 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 109, und Urteil Europa Carton/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 89).

147. Im Übrigen ist die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen entsprechend der Schwere und der Dauer der betreffenden Zuwiderhandlung nicht verpflichtet, die Geldbuße von Beträgen ausgehend zu berechnen, die auf dem Umsatz der betreffenden Unternehmen beruhen (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 278).

148. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist außerdem anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteil Ferriere Nord/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 43, Randnr. 33, und Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 236). Die Kommission muss weder für den Gesamtbetrag der festgesetzten Geldbuße noch für dessen Aufgliederung in verschiedene Bestandteile eine mathematische Formel anwenden (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-354/94, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Slg. 1998, II-2111, Randnr. 119).

149. Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

b) Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: Nichtberücksichtigung des Umstands, dass nur ein geringer Teil des Umsatzes der Klägerin betroffen war

Vorbringen der Parteien

150. Die Klägerin macht geltend, die Kommission müsse nach ständiger Rechtsprechung bei der Bemessung der Geldbuße den Fällen Rechnung tragen, in denen der von dem fraglichen Unternehmen mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten erzielte Umsatz nur einen verhältnismäßig geringen Teil seines Gesamtumsatzes ausmache (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 121, und Schlussanträge des Generalanwalts Slynn in dieser Rechtssache, Urteile des Gerichts vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache T-77/92, Parker Pen/Kommission, Slg. 1994, II-549, Randnr. 94, und Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnr. 5026). Der im Jahr 2000 von der Klägerin auf europäischer Ebene mit normalem Zinkphosphat erzielte Umsatz habe nur 4,9 % ihres Gesamtumsatzes ausgemacht, d. h. 3,48 Mio. Euro. Trotzdem habe die Kommission diesen Umstand bei der Bemessung der Geldbuße außer Betracht gelassen und damit gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gegen die Leitlinien verstoßen.

151. Es genüge nicht, dass die Kommission den EWR-weiten Produktumsatz für die Bestimmung des relativen Gewichts der einzelnen Unternehmen berücksichtigt habe, da sie nach der Rechtsprechung bei der Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße bei jedem der betroffenen Unternehmen den Umsatz in dem jeweiligen Sektor im Verhältnis zum Gesamtumsatz berücksichtigen müsse. Im Übrigen werde das Problem auch nicht dadurch gelöst, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihre Absicht kundgetan habe, dem begrenzten Umfang des Zinkphosphatmarktes Rechnung zu tragen.

152. Die Klägerin bestreitet das Vorbringen der Kommission, wonach diese in der angefochtenen Entscheidung der Diversifizierung Rechnung getragen habe, und macht geltend, dass dieser Umstand dort nicht einmal erwähnt werde. Der Auslegung der Schlussanträge des Generalanwalts Slynn in der Rechtssache Musique diffusion française u. a./Kommission durch die Kommission, wonach sie die Diversifizierung nur bei einer Berechnung der Geldbuße als Prozentsatz des Gesamtumsatzes zu berücksichtigen habe, hält die Klägerin entgegen, dass die Kommission in ihrer Klagebeantwortung implizit das Gegenteil eingeräumt habe. Dort behaupte sie zum einen, sie habe vorliegend die Diversifizierung berücksichtigt, und zum anderen, dass dem Element der Diversifizierung zwar nur "geringe Bedeutung", aber eben doch Bedeutung zukomme.

153. Die Kommission bestreitet das Vorbringen der Klägerin. Sie führt u. a. aus, sie habe berücksichtigt, dass nur ein geringer Anteil des Umsatzes der Klägerin auf normales Zinkphosphat entfalle, auch wenn sie diesen Umstand in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich erwähne. Der Teil des Umsatzes, der auf die von der Zuwiderhandlung betroffenen Waren entfalle, liefere in der Tat einen Anhaltspunkt für das Ausmaß dieser Zuwiderhandlung. Doch habe sie im Einklang mit der Rechtsprechung dem Umsatz, der mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Waren erzielt worden sei, im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien keine übermäßige Bedeutung beigemessen (Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 121, und Urteil Parker Pen/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 150, Randnrn. 89 und 94).

Würdigung durch das Gericht

154. Nach gefestigter Rechtsprechung darf weder dem einen noch dem anderen der verschiedenen Umsätze eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige Bedeutung zugemessen werden, so dass die Festsetzung einer angemessenen Geldbuße nicht das Ergebnis eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Waren nur einen geringen Teil dieses Umsatzes ausmachen (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnrn. 120 f., und Urteil Parker Pen/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 150, Randnr. 94). So sah das Gericht im Urteil Parker Pen/Kommission den Klagegrund eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als begründet an, weil die Kommission nicht berücksichtigt hatte, dass der Umsatz mit den Erzeugnissen, auf die die Zuwiderhandlung abzielte, im Verhältnis zum Gesamtabsatz des betroffenen Unternehmens gering war.

155. Da die Kommission die Höhe der gegen die Klägerin festzusetzenden Geldbuße nicht nach Maßgabe des Gesamtumsatzes des Unternehmens berechnet hat, kann sich dieses nicht auf das vorstehend in Randnummer 150 zitierte Urteil Parker Pen/Kommission berufen (Urteil ABB Asea Brown Boveri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 156).

156. Die angefochtene Entscheidung zeigt, dass die Kommission entsprechend der Rechtsprechung für die Festsetzung der Geldbuße eine ganze Reihe anderer Faktoren als den Gesamtumsatz berücksichtigt hat, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, ihre tatsächlichen Auswirkungen, das Gewicht der betroffenen Unternehmen auf dem Markt, die abschreckende Wirkung der Geldbußen und den begrenzten Umfang des relevanten Marktes (vgl. Randnrn. 262 bis 309; vgl. in diesem Sinne Urteile ABB Asea Brown Boveri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 157, Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 37, Randnr. 202, und vom 9. Juli 2003 in der Rechtssache T-230/00, Daesang und Sewon Europe/Kommission, Slg. 2003, II-2733, Randnr. 60).

157. Aus diesen Gründen ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

c) Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Rechtsfehler wegen Nichtberücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin

Vorbringen der Parteien

158. Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe bei der Bemessung der Geldbuße die begrenzte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens entgegen den Leitlinien außer Acht gelassen. Mit Schreiben vom 15. November 2001 habe die Klägerin die Kommission ersucht, ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten in dem betreffenden Sektor zu berücksichtigen, darunter die Tatsache, dass sie in den Jahren 2000 und 2001 bedeutende Verluste und einen Umsatzeinbruch von rund 20 % erlitten habe. Die Bilanz der Klägerin vom 31. Dezember 2000 weise eine Bilanzsumme von 40 Mio. Euro aus, darunter 21 Mio. Euro Bankverbindlichkeiten. Die Eigenkapitaldeckung habe nur 5 % der Bilanzsumme betragen, was eine prekäre Lage gewesen sei. Doch die Kommission habe es abgelehnt, diese Schwierigkeiten in der angefochtenen Entscheidung zu berücksichtigen, und damit gegen die Leitlinien verstoßen, wonach bei der Bemessung einer Geldbuße die besonderen Merkmale der betreffenden Unternehmen zu berücksichtigen seien, darunter "ihre tatsächliche Steuerkraft in einem gegebenen sozialen Umfeld" (Nr. 5 Buchstabe b). Die Kommission habe somit einen Rechtsfehler begangen. Sollte die Klägerin die vorliegend festgesetzte Geldbuße zahlen müssen, sei ihre Existenz bedroht.

159. Die Kommission bestreitet jeglichen Rechtsfehler bei der Beurteilung der finanziellen Situation der Klägerin. Das Unternehmen habe im Verwaltungsverfahren keine hierfür ausreichenden Informationen vorgelegt. Im Übrigen habe die Klägerin in ihrem Schreiben vom 15. November 2001 weder erwähnt, dass sie nicht in der Lage sei, eine Geldbuße in bestimmter Höhe zu zahlen, noch Ausführungen zu dem in den Leitlinien genannten "gegebenen sozialen Umfeld" gemacht. Beim Erlass der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission daher keine Veranlassung gehabt, genauere Informationen zur finanziellen Situation der Klägerin einzuholen, wie sie es im Fall von Trident getan habe (Randnrn. 367 f. der angefochtenen Entscheidung).

160. Eine Herabsetzung der Geldbuße, die das Gericht im Rahmen seiner unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis vornehmen könne, komme auch im Licht der Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift nicht in Betracht. Die Klägerin habe nicht belegt, dass das Überleben ihres Unternehmens durch die fragliche Geldbuße ernsthaft gefährdet sei.

Würdigung durch das Gericht

161. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission nicht verpflichtet, bei der Bemessung der Geldbuße die schlechte Finanzlage eines betroffenen Unternehmens zu berücksichtigen, da die Anerkennung einer solchen Verpflichtung darauf hinauslaufen würde, den am wenigsten den Marktbedingungen angepassten Unternehmen einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (vgl. Urteile LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 308, HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 596, und vom 19. März 2003 in der Rechtssache T-213/00, CMA CGM u. a./Kommission, Slg. 2003, II-913, im Folgenden: Urteil FETTCSA, Randnr. 351 und die dort zitierte Rechtsprechung).

162. Diese Rechtsprechung wird nicht durch Nummer 5 Buchstabe b der Leitlinien in Frage gestellt, wonach die tatsächliche Steuerkraft eines Unternehmens zu berücksichtigen ist. Letztere ist nämlich nur "im gegebenen sozialen Umfeld" relevant, d. h. im Licht der Folgen, die die Zahlung der Geldbuße u. a. in Form einer Zunahme der Arbeitslosigkeit oder einer Beeinträchtigung der dem betreffenden Unternehmen vor- und nachgelagerten Wirtschaftssektoren hätte (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 37, Randnr. 371). Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was eine Würdigung dieses "gegebenen sozialen Umfelds" erlaubte.

163. Dass eine Maßnahme einer Gemeinschaftsbehörde zum Konkurs oder zur Auflösung eines bestimmten Unternehmens führt, ist nach dem Gemeinschaftsrecht an und für sich nicht verboten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 52/84, Kommission/Belgien, Slg. 1986, 89, Randnr. 14, und vom 2. Juli 2002 in der Rechtssache C-499/99, Kommission/Spanien, Slg. 2002, I-6031, Randnr. 38). Die Auflösung eines Unternehmens in seiner bestehenden Rechtsform kann zwar die finanziellen Interessen der Eigentümer, Aktionäre oder Anteilseigner beeinträchtigen, bedeutet aber nicht, dass auch die durch das Unternehmen repräsentierten personellen, materiellen und immateriellen Mittel ihren Wert verlieren (Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 37, Randnr. 372).

164. Im Übrigen hat die Klägerin der Kommission vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nur spärliche Informationen zu ihrer finanziellen Lage übermittelt. Sie hat nichts zu ihrer tatsächlichen Steuerkraft oder zu einem "gegebenen sozialen Umfeld" vorgetragen. Selbst in ihren Schriftsätzen in diesem Verfahren hat die Klägerin durch nichts belegt, dass sie die gegen sie festgesetzte Geldbuße, die nur 5,3 % ihres Gesamtumsatzes ausmacht, nicht bezahlen könnte.

165. Somit ist festzustellen, dass die Kommission im Rahmen ihres Ermessens den Standpunkt einnehmen konnte, dass die finanziellen Schwierigkeiten der Klägerin nicht zu berücksichtigen waren.

166. Somit ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

2. Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

a) Vorbringen der Parteien

167. Die Klägerin macht geltend, dass die verhängte Geldbuße, selbst wenn die angefochtene Entscheidung nicht gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und die Leitlinien verstieße, außer Verhältnis zu der begangenen Zuwiderhandlung, der Größe der Klägerin und dem Umfang des relevanten Marktes stünde.

168. Erstens habe die Kommission die Ziele des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verkannt und damit gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit verstoßen. Bei der Bemessung von Geldbußen habe die Kommission sowohl repressive als auch Abschreckungsziele zu verfolgen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, 703). Der Abschreckungsaspekt umfasse die Generalprävention und die Spezialprävention, mit der das betroffene Unternehmen zu einem gesetzesgemäßen Verhalten zurückgeführt werden solle. Diese Spezialprävention werde nicht erreicht, wenn die Geldbuße über das hinausgehe, was das betroffene Unternehmen nach seiner wirtschaftlichen Leistungskraft zahlen könne. Im vorliegenden Fall habe die Kommission weder die Ziele der Spezialprävention noch die aufgrund der Marktkrise deutlich eingeschränkte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin berücksichtigt. Auf das Vorbringen der Kommission, sie habe den Umfang des Marktes und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens berücksichtigt, entgegnet die Klägerin, die Kommission habe lediglich den Umfang des Zinkphosphatmarktes in eingeschränktem Maß berücksichtigt und nicht die besondere Situation der Klägerin analysiert.

169. Zweitens habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Klägerin mit Zinkphosphat kaum Gewinne und tatsächlich in mehreren Jahren Verluste erwirtschaftet habe. Diese Unterlassung stehe im Widerspruch zu Nummer 5 Buchstabe b der Leitlinien, wo die Kommission ihre Absicht bekunde, bei der Bemessung einer Geldbuße zu berücksichtigen, dass die Urheber einer Zuwiderhandlung keinen Gewinn erzielt hätten.

170. Im Übrigen berufe sich die Kommission fortdauernd darauf, dass sie nicht verpflichtet sei, für die Klägerin günstige Umstände zu berücksichtigen, auch wenn diese relevant seien. Die systematische Ausblendung dieser Umstände führe zu einer unangemessen und unverhältnismäßig hohen Geldbuße.

171. Drittens zeige eine Prüfung der früheren Entscheidungen der Kommission, dass ein Missverhältnis zwischen der festgesetzten Geldbuße einerseits und der fraglichen Zuwiderhandlung sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin andererseits bestehe. In der Entscheidung Legierungszuschlag habe die Kommission den Ausgangsbetrag auf 4 Mio. Euro festgesetzt, obwohl die Umsätze der betroffenen Unternehmen den der Klägerin weit überstiegen hätten (Randnr. 76 der Entscheidung Legierungszuschlag). In der Entscheidung Volkswagen habe die Kommission festgestellt, dass sich Volkswagen an einer besonders schweren Zuwiderhandlung beteiligt und gegen einen Grundsatz des Vertrages, nämlich die Schaffung eines Gemeinsamen Marktes, verstoßen habe (Randnr. 213). Deshalb habe die Kommission gegen Volkswagen eine Geldbuße von 102 Mio. Euro verhängt, d. h. eine Geldbuße, die nur etwa 0,146 % des Gesamtumsatzes des Volkswagen-Konzerns entsprochen habe. Die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße sei im Verhältnis zu ihrem Umsatz 60-mal höher als die gegen Volkswagen verhängte. Die eklatante Unverhältnismäßigkeit der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße werde noch deutlicher, wenn man sich vor Augen führe, dass die gegen Volkswagen verhängte Geldbuße bereits die höchste jemals gegen ein Einzelunternehmen verhängte Geldbuße gewesen sei. Zudem sei diese Geldbuße vom Gericht auf 90 Mio. Euro herabgesetzt worden (Urteil Volkswagen/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 122). Im Übrigen sei gegen British Sugar, die Anführerin eines Preiskartells mit besonders hohen Marktanteilen, ein Ausgangsbetrag von 18 Mio. Euro, d. h. 0,015 % ihres Gesamtumsatzes, festgesetzt worden. Der gegen die Klägerin festgesetzte Ausgangsbetrag sei, gemessen an ihrem im Jahr 2000 erzielten Umsatz, etwa 280-mal so hoch wie der gegen British Sugar festgesetzte. Dieses Missverhältnis sei durch nichts zu rechtfertigen. Die Klägerin verweist auf andere Entscheidungen der Kommission, um zu unterstreichen, dass mit der gegen sie festgesetzten Geldbuße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen worden sei (Entscheidungen Fernwärmetechnik, vorstehend zitiert in Randnr. 29, und Nahtlose Stahlrohre, vorstehend zitiert in Randnr. 136). Im Ergebnis habe die Kommission im vorliegenden Fall die Gesamtgröße der Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt und damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Auch wenn die Kommission über einen gewissen Ermessensspielraum verfüge, um das Niveau von Geldbußen anzuheben, so könne dies nur unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit geschehen.

172. Auf den Einwand der Kommission, der Vergleich mit ihrer früheren Praxis gehe fehl, da er nur den Umsatz erfasse, entgegnet die Klägerin, dass die von ihr angeführten Fälle in der Sache noch schwerwiegendere Umstände betroffen hätten, als es vorliegend der Fall sei. Außerdem hätten, anders als es hier der Fall sei, in jenen Fällen keine Umstände vorgelegen, die für ein gemäßigtes Kartell gesprochen hätten. Trotzdem sei die Geldbuße vorliegend viel höher als in den anderen Fällen. Im Übrigen sei das Argument der Kommission, dass die genannten Fälle nicht maßgebend seien, da sie aus dem Jahr 1998 stammten, zurückzuweisen, da alle von ihr angeführten Entscheidungen nach dem Erlass der Leitlinien ergangen seien, mit denen eine bedeutende Anhebung des Niveaus der Geldbußen einhergegangen sei.

173. Schließlich behaupte die Kommission zu Unrecht, die Klägerin vergleiche "Äpfel mit Birnen". Die Kommission rüge, dass die Klägerin die Geldbuße zum einen im Rahmen des nachstehend wiedergegebenen, auf einen Begründungsmangel gestützten Klagegrundes als Prozentsatz des relevanten EWR-Produktumsatzes (nachstehend Randnr. 213) und zum anderen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes als Prozentsatz des weltweiten Gesamtumsatzes errechnet habe. Nach Ansicht der Klägerin sind beide Vergleiche gültig und belegen die Unangemessenheit der Geldbuße. Die Klägerin habe die beiden Vergleiche nicht vermischt. In ihrer Erwiderung stellt die Klägerin beim Vergleich mit der früheren Praxis der Kommission die Geldbuße und den EWR-weiten Produktumsatz von Volkswagen der Geldbuße und dem Produktumsatz der Klägerin gegenüber. Im Verhältnis zum EWR-weiten Produktumsatz sei gegen die Klägerin eine rund 450-mal höhere Geldbuße als gegen Volkswagen verhängt worden, was einen klaren Beleg dafür darstelle, dass die Kommission die Diversifizierung der Klägerin rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen habe.

174. Die Kommission erklärt, sie habe weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen noch einen Ermessensfehler begangen. Erstens trägt sie zu den Zielen der Geldbuße vor, dass die Abschreckung nicht nur des betroffenen Unternehmens selbst, sondern auch dritter Unternehmen ein legitimes Ziel sei (Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache ACF Chemiefarma/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 168, Randnrn. 172 bis 176, vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 49/69, BASF/Kommission, Slg. 1972, 713, Randnr. 38, und Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnrn. 106 und 109). Wenn es trotz der umfangreichen Entscheidungspraxis der Kommission immer noch zu derart offenkundigen und massiven Wettbewerbsverstößen wie im vorliegenden Fall komme, habe gerade das Abschreckungsziel der Geldbuße besonderes Gewicht (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen T-202/98, T-204/98 und T-207/98, Tate Lyle u. a./Kommission, Slg. 2001, II-2035, Randnrn. 144 f.). Im Übrigen habe die Kommission die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin berücksichtigt, indem sie den Ausgangsbetrag auf 3 Mio. Euro festgesetzt habe, d. h. weit unterhalb des Rahmens der voraussichtlichen Beträge, den die Leitlinien für besonders schwere Zuwiderhandlungen vorsähen.

175. Zweitens bedeute die Möglichkeit, die Gewinnerzielung als erschwerenden Umstand zu berücksichtigen, nicht, dass das Fehlen eines Vorteils als Umstand zu berücksichtigen sei, der zu einer Herabsetzung der Geldbuße führe (Urteile Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnrn. 4881 f., und LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 307).

176. Drittens ergebe sich aus einem Vergleich mit der früheren Entscheidungspraxis der Kommission nicht, dass im vorliegenden Fall mit der Geldbuße die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit missachtet worden seien. Die Klägerin vergleiche lediglich die Höhe der Geldbußen im Verhältnis zum Umsatz der betroffenen Unternehmen, obwohl die Verhältnismäßigkeit der Geldbuße nach der Rechtsprechung anhand sämtlicher Umstände der Zuwiderhandlung beurteilt werden müsse (Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 112, Randnr. 1215). Im Übrigen beträfen alle von der Klägerin angeführten Entscheidungen der Kommission Geldbußen gegen Großunternehmen. Die Kommission könne nicht gegen Großunternehmen Geldbußen in astronomischer Höhe festsetzen, nur um das von der Klägerin geforderte Verhältnis zum Umsatz zu wahren. Ebenso wenig könne sie gegen kleinere Unternehmen wie die Klägerin Geldbußen festsetzen, die unter der Bagatellgrenze lägen und keinerlei abschreckende Wirkung hätten.

177. Unter Verweisung auf ihr Vorbringen zu den anderen vorstehenden Klagegründen trägt die Kommission vor, die Vergleiche, die die Klägerin mit den früheren Bußgeldentscheidungen anstelle, seien schon im Ansatz verfehlt. Gerade weil die Kommission entgegen der Behauptung der Klägerin die unterschiedliche Größe der betroffenen Unternehmen bei der Bemessung der Geldbuße ordnungsgemäß berücksichtigt habe, könne Heubach nicht ernsthaft verlangen, dass die Kommission die Geldbuße von 3 780 000 Euro durch 450 hätte teilen und so eine Geldbuße von 8 400 Euro festsetzen müssen, um die Relation zu der gegen Volkswagen verhängten Geldbuße in Bezug auf den relevanten EWR-Umsatz zu wahren.

b) Würdigung durch das Gericht

178. Die Klägerin wirft der Kommission im ersten Teil ihres Angriffsmittels, mit dem sie einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Angemessenheit rügt, vor, diese Grundsätze verletzt zu haben, da sie die Ziele der Spezialprävention und die wirtschaftliche Leistungskraft des Unternehmens außer Acht gelassen habe.

179. Nach der Rechtsprechung gehört die Befugnis der Kommission, Geldbußen gegenüber Unternehmen zu verhängen, die vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 81 Absatz 1 EG oder Artikel 82 EG verstoßen, zu den Befugnissen, die der Kommission eingeräumt worden sind, um sie in die Lage zu versetzen, die ihr durch das Gemeinschaftsrecht übertragene Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Diese Aufgabe umfasst mit Sicherheit die Pflicht, einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden; sie beinhaltet aber auch den Auftrag, eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 105).

180. Infolgedessen ist die Kommission befugt, das Niveau der Geldbußen mit dem Ziel festzusetzen, deren abschreckende Wirkung zu verstärken, wenn Zuwiderhandlungen einer bestimmten Art wegen des Gewinns, den einige der betroffenen Unternehmen daraus ziehen können, immer noch verhältnismäßig häufig sind, obwohl ihre Rechtswidrigkeit von Beginn der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik an feststand (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 108).

181. Wie sich aus der vorstehend zitierten Rechtsprechung ergibt, besteht das Abschreckungsziel, das die Kommission bei der Bemessung einer Geldbuße verfolgen darf, darin, zu gewährleisten, dass Unternehmen die im Vertrag für ihre Tätigkeiten in der Gemeinschaft oder im EWR festgelegten Wettbewerbsregeln beachten. Die abschreckende Wirkung einer wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft festgesetzten Geldbuße darf daher nicht allein nach Maßgabe der besonderen Situation des verurteilten Unternehmens bestimmt werden (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnr. 110).

182. Zudem ist es nach Nummer 1 Abschnitt A Absatz 4 der Leitlinien nötig, bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes "die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und den Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet".

183. Die angefochtene Entscheidung zeigt, dass die Kommission der wirtschaftlichen Fähigkeit der Klägerin, den Wettbewerb zu schädigen, sowie der Notwendigkeit, die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet, Rechnung getragen hat (Randnrn. 304 bis 309). Nach Auffassung des Gerichts ist die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße im Verhältnis zur Größe des Unternehmens nicht unverhältnismäßig. Die Klägerin erzielte im Jahr 2000 weltweit einen Umsatz von 71,018 Mio. Euro. Die festgesetzte Geldbuße, die sich auf 3,78 Mio. Euro beläuft, stellt nur 5,3 % ihres Gesamtumsatzes dar. Im Übrigen ist nicht dargetan worden, dass die Klägerin zur Zahlung dieser Geldbuße nicht in der Lage wäre (vgl. vorstehend Randnr. 164). Im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung kommt das Gericht jedenfalls zu dem Ergebnis, dass die Höhe der Geldbuße angesichts der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung angemessen ist.

184. Was den zweiten Teil dieses Angriffsmittels betrifft, dem zufolge die Kommission gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, da sie nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin mit dem in Rede stehenden Produkt praktisch keine Gewinne und in mehreren Jahren sogar Verluste in diesem Marktsegment erwirtschaftet habe, so ist festzustellen, dass die Höhe der festgesetzten Geldbuße zwar in einem angemessenen Verhältnis stehen muss zur Dauer der festgestellten Zuwiderhandlung und zu den anderen Faktoren, die für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes eine Rolle spielen, darunter zu dem Gewinn, den das betreffende Unternehmen aus seinem Verhalten ziehen konnte (Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T-229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II-1689, Randnr. 127), doch steht nach der Rechtsprechung die Tatsache, dass ein Unternehmen aus der Zuwiderhandlung keinen Vorteil gezogen hat, der Verhängung einer Geldbuße nicht entgegen, soll diese ihren abschreckenden Charakter nicht verlieren (Urteile Ferriere Nord/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 43, und FETTCSA, vorstehend zitiert in Randnr. 161, Randnr. 340).

185. Somit musste die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen das Fehlen eines aus der betreffenden Zuwiderhandlung gezogenen Vorteils nicht berücksichtigen (Urteile Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnr. 4881, und FETTCSA, vorstehend zitiert in Randnr. 161, Randnr. 341).

186. Zwar kann die Kommission nach ihren Leitlinien (Nr. 2 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich) die Geldbuße wegen erschwerender Umstände erhöhen, um den Betrag der aufgrund der Verstöße unrechtmäßig erzielten Gewinne zu übertreffen, doch bedeutet dies nicht, dass sie sich damit für die Zukunft verpflichtet hätte, unter allen Umständen für die Bemessung der Geldbuße den mit der festgestellten Zuwiderhandlung verbundenen finanziellen Vorteil zu ermitteln (Urteil FETTCSA, vorstehend zitiert in Randnr. 161, Randnrn. 342 f.). Anders ausgedrückt kann das Fehlen eines solchen Vorteils nicht als mildernder Umstand anerkannt werden.

187. Somit ist die Rüge der Klägerin, dass die Frage der Vorteile aus der Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt worden sei, zurückzuweisen.

188. Der dritte Teil des Angriffsmittels, der sich auf einen Vergleich mit früheren Entscheidungen der Kommission stützt, ist aus den vorstehend in den Randnummern 41 bis 43 genannten Gründen zurückzuweisen.

189. Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

3. Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz

a) Vorbringen der Parteien

190. Die Klägerin trägt erstens vor, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen, indem sie bei der Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 den Produktumsatz von Heubach im Vergleich zum Gesamtumsatz außer Acht gelassen habe. Die gegen die SNCZ festgesetzte Geldbuße sei entsprechend dieser Obergrenze von 4,2 Mio. Euro auf 1,7 Mio. Euro herabgesetzt worden, da die SNCZ im Jahr 2000 nur einen Umsatz von 17,08 Mio. Euro erzielt habe. Dagegen sei die Klägerin aufgrund ihres Umsatzes von 71,018 Mio. Euro nicht in den Genuss einer solchen Herabsetzung gekommen. Diese Ungleichbehandlung ergebe sich aus den Strukturunterschieden zwischen den beiden Unternehmen. Als Familienunternehmen, das seine Geschäfte im Wesentlichen unter dem Dach einer GmbH Co. KG zusammengefasst habe, sei sie nämlich benachteiligt, da sie einen vergleichsweise hohen Gesamtumsatz erziele. Bei der Bestimmung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbuße habe sich die Kommission ausschließlich auf diesen hohen Gesamtumsatz gestützt, obwohl der größte Teil der Aktivitäten der Klägerin mit den von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkten nichts zu tun habe. Dagegen erziele der Konzern, dem die SNCZ angehöre, einen Umsatz von 278,8 Mio. Euro, habe aber seine anderen Aktivitäten auf verschiedene Gesellschaften verteilt, so dass auf die SNCZ nur ein Umsatz von 17,08 Mio. Euro entfallen sei. Immerhin belaufe sich der von der SNCZ mit dem fraglichen Produkt erzielte Umsatz auf 22,9 % ihres Gesamtumsatzes. Die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße sei demnach, "bezogen auf den Produktumsatz", mehr als doppelt so hoch wie die gegen die SNCZ festgesetzte. Nach der Rechtsprechung müsse das Verhältnis zwischen dem Produkt- und dem Gesamtumsatz von der Kommission berücksichtigt werden, um solche Ungleichheiten zu vermeiden.

191. Nach Auffassung der Klägerin sind die von der Kommission zur Widerlegung einer Ungleichbehandlung angeführten Urteile nicht einschlägig. In diesen Rechtssachen hätten die Klägerinnen gerügt, dass die Grundbeträge der Geldbußen einiger betroffener Unternehmen in diskriminierender Weise die Grenze von 10 % des Umsatzes nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 überschritten hätten, während dies bei anderen nicht der Fall gewesen sei (Urteile Brugg Rohrsysteme/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 155, und ABB Asea Brown Boveri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 185). Dagegen betreffe der vorliegende Fall eine Ungleichbehandlung, die aus der Nichtbeachtung des für die Bemessung der Geldbuße relevanten unterschiedlichen Diversifizierungsgrades der betroffenen Unternehmen resultiere.

192. Zweitens habe die Kommission, obwohl vier der sechs betroffenen Unternehmen Marktanteile in gleicher Höhe gehabt hätten, gegen diese Unternehmen völlig unterschiedliche Grundbeträge angesetzt. Die Grundbeträge hätten nämlich vor der Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit zwischen 700 000 und 4 200 000 Euro gelegen. Zur Vermeidung dieser Ungleichbehandlung hätte der hohe Diversifizierungsgrad der Klägerin berücksichtigt werden müssen.

193. Die Kommission hält diesen Klagegrund nicht für stichhaltig. Der Versuch der Klägerin in ihrer Erwiderung, die den Urteilen Brugg Rohrsysteme/Kommission und ABB Asea Brown Boveri/Kommission (vorstehend zitiert in Randnr. 33) zugrunde liegenden Fälle von dem vorliegenden Fall zu unterscheiden, gehe fehl. Die Entscheidung der Kommission sei dort ebenso wie hier gegen ein größeres und stärker diversifiziertes Unternehmen, auf das die Begrenzung der Geldbuße auf 10 % des Umsatzes nicht zur Anwendung gekommen sei, und gegen ein kleineres und weniger diversifiziertes Unternehmen, dessen Geldbuße auf 10 % seines Umsatzes herabgesetzt worden sei, ergangen (Urteil Brugg Rohrsysteme/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnrn. 155 f.).

194. Die Kommission weist auch das Argument der Klägerin zurück, sie habe gegen fünf der sechs betroffenen Unternehmen, die gleiche Marktanteile gehabt hätten, unterschiedliche Geldbußen verhängt, ohne die Diversifizierung dieser Unternehmen zu berücksichtigen. Nach Ansicht der Kommission könnten nämlich, wenn man diesem Argument folgte, die unterschiedliche Dauer der Zuwiderhandlung und die Obergrenze von 10 % des Umsatzes nicht berücksichtigt werden.

b) Würdigung durch das Gericht

195. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nur dann vor, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 66, Randnr. 69 und die dort zitierte Rechtsprechung).

196. Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, soll durch die Obergrenze des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 verhindert werden, dass die Geldbußen außer Verhältnis zur Größe des Unternehmens stehen. Da dafür aber allein der Gesamtumsatz einen ungefähren Anhaltspunkt liefern kann, muss sich diese Obergrenze auf den Gesamtumsatz beziehen (Urteile Musique diffusion française u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 41, Randnr. 119, und HFB u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 541).

197. Der von der Klägerin erhobene Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ist unbegründet. Die Kommission hat sich bei der Anwendung des Artikels 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 sowohl im Fall der Klägerin als auch in dem der SNCZ auf den Gesamtumsatz bezogen. Die Herabsetzung des Grundbetrags im Fall der SNCZ ist objektiv gerechtfertigt, da sie sich unmittelbar aus Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil ABB Asea Brown Boveri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 185).

198. Außerdem ist die Klägerin, bezogen auf den Gesamtumsatz, dreimal so groß wie die SNCZ. Daher kann es nicht als ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz angesehen werden, dass die Kommission gegen die SNCZ eine Geldbuße von 1,53 Mio. Euro und gegen die Klägerin eine Geldbuße von 3,78 Mio. Euro verhängt hat.

199. Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Ungleichbehandlung mit der Begründung berufen, die Kommission habe bei der Festlegung der Obergrenze den Produktumsatz von Heubach im Vergleich zum Gesamtumsatz außer Acht gelassen. Was den Vergleich mit der SNCZ betrifft, so ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die Zuwiderhandlung der SNCZ und nicht der Gruppe, zu der sie gehörte, zur Last gelegt hat (Randnr. 240 der angefochtenen Entscheidung). In Ermangelung von Beweisen für eine Beteiligung der Gruppe, zu der die SNCZ gehörte, lässt sich nicht behaupten, die Kommission habe im Fall der SNCZ in diskriminierender Weise die Obergrenze von 10 % ihres Umsatzes gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 zugrunde gelegt (vgl. in diesem Sinne Urteil ABB Asea Brown Boveri/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 33, Randnr. 181).

200. Ebenso wenig greift das Argument der Klägerin durch, die Kommission habe, obwohl fünf der sechs betroffenen Unternehmen gleiche Marktanteile gehabt hätten, für diese Unternehmen unterschiedliche Grundbeträge festgesetzt. Die Kommission hat nämlich für die Klägerin, Britannia, die SNCZ und Trident den gleichen Betrag, d. h. 3 Mio. Euro, als Ausgangsbasis für die Geldbuße festgelegt (Randnr. 309 der angefochtenen Entscheidung). Aufgrund der unterschiedlich langen Beteiligung der Unternehmen an der Zuwiderhandlung und der Anwendung der Höchstgrenze von 10 % des Umsatzes wurden die Grundbeträge vor der Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit modifiziert. Diese Modifizierungen ergeben sich unmittelbar aus Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und können daher nicht als eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes angesehen werden.

4. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 7 EMRK

a) Vorbringen der Parteien

201. Die Klägerin wirft der Kommission vor, gegen Artikel 7 EMRK verstoßen zu haben, indem sie die Geldbußen auf ein erheblich höheres Niveau angehoben habe, das zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung noch nicht bestanden habe. Nach Artikel 7 Absatz 1 dürfe "keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden". Der Grundsatz des Artikels 7 sei Teil des Grundrechtsschutzes der Gemeinschaft, den die Europäische Union ausdrücklich achte und den die Organe der Gemeinschaft auch in Wettbewerbssachen zu berücksichtigen hätten (Urteil des Gerichts vom 20. Februar 2001 in der Rechtssache T-112/98, Mannesmannröhren-Werke/Kommission, Slg. 2001, II-729, Randnrn. 60 und 77). Die Kommission habe 1998 mit dem Erlass der Leitlinien eine bedeutende Erhöhung des Bußgeldniveaus durchgesetzt. Anschließend habe sie im Herbst 2001 ohne gesetzliche Grundlage und ohne jede Änderung der Leitlinien das Bußgeldniveau in nie da gewesenem Umfang angehoben. In der angefochtenen Entscheidung vom 11. Dezember 2001 habe die Kommission das zweimal erhöhte Bußgeldniveau angewandt, obwohl die fraglichen Handlungen überwiegend vor dem Erlass der Leitlinien im Jahr 1998 begangen worden seien. Die Erhöhungen stellten eine Änderung des Strafrahmens dar, und ihre Anwendung auf die in Rede stehende Zuwiderhandlung verstoße gegen Artikel 7 EMRK.

202. Die Kommission könne sich auch nicht darauf berufen, dass die fraglichen Geldbußen die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Obergrenze von 10 % des Weltumsatzes nicht überschritten. Denn erst die Entscheidungspraxis der Kommission bestimme den "eigentlichen Strafrahmen". Die Sanktionsobergrenze nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 bedürfe der Konkretisierung durch die Entscheidungspraxis, damit der Grundsatz der Vorhersehbarkeit einer Strafdrohung gewahrt bleibe. Zum Argument der Kommission, sie verfüge im Hinblick auf die Anhebung des Bußgeldniveaus über einen Ermessensspielraum, bemerkt die Klägerin, dass dem Ausmaß der Anhebung durch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit Grenzen gesetzt seien.

203. Die Kommission habe die angefochtene Entscheidung erst am 11. Dezember 2001 erlassen, d. h. mehr als dreieinhalb Jahre nach dem Ende der Zuwiderhandlung (13. Mai 1998). Hätte die Kommission ihre Entscheidung einige Monate früher erlassen, so wäre die Geldbuße niedriger festgesetzt worden. Dieser willkürliche Zeitpunkt dürfe der Klägerin nicht durch die rückwirkende Anwendung einer neuen Politik der Kommission bezüglich des Bußgeldniveaus zum Nachteil gereichen.

204. Die Kommission trägt vor, die vorliegende Anwendung der Leitlinien verstoße nicht gegen das Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften. Erstens könne nach der Rechtsprechung die Einführung einer neuen Berechnungsmethode durch die Kommission, auch wenn diese Methode in einigen Fällen zu höheren Geldbußen führen könne, ohne aber die in dieser Verordnung festgelegte Obergrenze zu überschreiten, nicht als eine gegen das Gebot rechtmäßigen Handelns und den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßende rückwirkende Verschärfung der rechtlich in Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 geregelten Geldbußen angesehen werden (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnrn. 217 bis 224 sowie 233 bis 235). Zweitens weist die Kommission das Argument der Klägerin zurück, dass Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 nur dann dem Bestimmtheitserfordernis und dem Gebot der Vorhersehbarkeit genüge, wenn er durch die Verwaltungspraxis konkretisiert sei.

b) Würdigung durch das Gericht

205. Das Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften ist ein allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamer Grundsatz, der auch in Artikel 7 EMRK verankert ist, und gehört zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung der Gemeinschaftsrichter zu sichern hat (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1984 in der Rechtssache 63/83, Kirk, Slg. 1984, 2689, Randnr. 22, und Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 219).

206. Zwar sind nach Artikel 15 Absatz 4 der Verordnung Nr. 17 Entscheidungen der Kommission, mit denen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht festgesetzt werden, nicht strafrechtlicher Art (Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994 in der Rechtssache T-83/91, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1994, II-755, Randnr. 235), doch muss die Kommission in jedem Verwaltungsverfahren, das in Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrages zu Sanktionen führen kann, die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts und insbesondere das Rückwirkungsverbot beachten (vgl. entsprechend zu den Verteidigungsrechten Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461, Randnr. 7, und Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 220).

207. Nach Auffassung des Gerichts hat die Kommission nicht gegen die Grundsätze des Artikels 7 EMRK verstoßen. Die Unternehmen, gegen die ein Verwaltungsverfahren eingeleitet ist, das zu einer Geldbuße führen kann, müssen mit der Möglichkeit rechnen, dass die Kommission jederzeit eine Anhebung des Bußgeldniveaus gegenüber dem von ihr in der Vergangenheit festgelegten Niveau beschließen kann (vgl. vorstehend Randnr. 42).

208. Dies gilt nicht nur, wenn die Kommission das Bußgeldniveau in Einzelentscheidungen anhebt, sondern auch, wenn das Niveau durch die Anwendung allgemein geltender Verhaltensregeln wie der Leitlinien angehoben wird.

209. Daraus folgt, dass die neue Berechnungsmethode für die Geldbußen in den Leitlinien, wenn sie sich denn wirklich auf das Niveau der verhängten Geldbußen verschärfend ausgewirkt hat, für Unternehmen wie die Klägerin in der Zeit, in der sie die Zuwiderhandlung beging, durchaus voraussehbar war.

210. Es ist ohne Bedeutung, dass die Bemessung der Geldbußen gemäß der in den Leitlinien dargelegten Methode zu höheren Geldbußen führen konnte, als sie die Kommission in ihrer bisherigen Praxis verhängt hatte, da sie bei der Bemessung der Geldbußen über ein Ermessen verfügt, um das Verhalten der Unternehmen in dem Sinne lenken zu können, dass sie die Wettbewerbsvorschriften einhalten (Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 237, und HFB u. a./Kommission, zitiert vorstehend in Randnr. 33, Randnr. 494).

211. Aus diesen Gründen ist der Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot gerügt worden ist, zurückzuweisen.

5. Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 253 EG

a) Vorbringen der Parteien

212. Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe ihre Begründungpflicht nach Artikel 253 EG verletzt, weil sie nicht erläutert habe, warum sie eine Geldbuße festgesetzt habe, die die in ihrer früheren Entscheidungspraxis verhängten Geldbußen dermaßen überstiegen habe.

213. Aus der Rechtsprechung ergebe sich, dass die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen habe, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen müsse, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen könnten und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen könne (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnr. 4725). Es sei wünschenswert, dass die Unternehmen Kenntnis davon erhielten, wie die gegen sie verhängte Geldbuße berechnet worden sei (Urteile Tréfilunion/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 68, Randnr. 142, und Cimenteries CBR u. a./Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 51, Randnr. 4734); die Begründung habe besonders ausführlich zu sein, wenn die Geldbuße über die bisherige Entscheidungspraxis hinausgehe (Urteil des Gerichtshofes vom 17. November 1987 in den Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Slg. 1987, 4487, Randnr. 71). Vorliegend habe die Kommission eine Geldbuße von - vor der Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit - 4,2 Mio. Euro festgesetzt, was 111 % des EWR-weiten Produktumsatzes der Klägerin im Jahr 1998 entspreche. Die gegen die betroffenen Unternehmen angesetzten Grundbeträge erreichten zusammen 129 % bis 138 % des Gesamtwerts des europäischen Produktmarktes, d. h. 15 bis 16 Mio. Euro. Diese Beträge lägen weit über den von der Kommission in der Vergangenheit für vergleichbare Fälle angesetzten Geldbußen. Da die Kommission ungeachtet zahlreicher für die Klägerin günstiger Umstände von ihrer früheren Entscheidungspraxis abgewichen sei, hätte sie die Geldbußen ausführlicher begründen müssen.

214. Außerdem werde in der angefochtenen Entscheidung nicht angegeben, nach welcher Berechnungsmethode und auf welcher Berechnungsgrundlage die Kommission die Grundbeträge ermittelt habe. Die Kommission ziehe dort den EWR-weiten Produktumsatz heran (Randnr. 307 der angefochtenen Entscheidung), allerdings nur zur Bestimmung des relativen Gewichts der einzelnen Unternehmen auf dem Markt. Hinsichtlich der absoluten Höhe des Grundbetrags habe die Kommission nicht klar angegeben, ob sie den EWR-weiten oder weltweiten Produktumsatz oder den Gesamtumsatz der Klägerin herangezogen habe.

215. Die Kommission macht unter Hinweis auf ihre Argumente gegen die anderen oben dargestellten Klagegründe geltend, dass das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe bei der Bemessung der Geldbuße einen anomal hohen Ansatz zugrunde gelegt, in erheblichem Maße irreführend sei, da die Klägerin zwei völlig unterschiedliche Bezugsgrößen für die Beurteilung der Höhe von Geldbußen vergleiche. Doch auch wenn man zu dem Schluss kommen müsste, dass mit der angefochtenen Entscheidung das Bußgeldniveau erheblich angehoben worden sei, hätte die Kommission ihre Begründungspflicht nicht verletzt.

216. Zum Argument der Klägerin, in der angefochtenen Entscheidung werde der von der Kommission zur Bestimmung der absoluten Höhe des Ausgangsbetrags herangezogene Umsatz nicht angegeben, führt die Kommission aus, dass sie diese Höhe nicht auf den einen oder den anderen Umsatz gestützt habe, sondern auf die Schwere der Zuwiderhandlung, die sie nach deren Art, den Auswirkungen auf den Markt und dem Umfang des räumlich relevanten Marktes sowie dem begrenzten Umfang des relevanten Produktmarktes beurteilt habe.

b) Würdigung durch das Gericht

217. Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für den Erlass der Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63 und die dort zitierte Rechtsprechung).

218. Bei einer Bußgeldentscheidung gegen mehrere Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften der Gemeinschaft ist bei der Ermittlung des Umfangs der Begründungspflicht insbesondere zu berücksichtigen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln ist, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I-1611, Randnr. 54, und Urteil LR AF 1998/Kommission, vorstehend zitiert in Randnr. 27, Randnr. 378).

219. Im Rahmen der vorliegenden Klageanträge, die auf die Rechtmäßigkeit der Geldbuße, ihre Höhe und die Methode zu ihrer Berechnung beschränkt sind, ist dieser Klagegrund offensichtlich unbegründet. Die angefochtene Entscheidung enthält 370 Randnummern, von denen 118 (Randnrn. 252 bis 370) den Geldbußen gewidmet sind. In den Randnummern 262 bis 303 erläutert die Kommission ihre Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung. Sodann gibt sie an, wie sie zu dem Schluss gelangt ist, dass zwei Gruppen von Unternehmen unterschiedlich zu behandeln sind (Randnrn. 304 bis 309), und stellt anschließend ihre Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung (Randnrn. 310 bis 312) dar, um dementsprechend die Grundbeträge festzusetzen (Randnr. 313). Sie prüft, ob erschwerende oder mildernde Umstände vorliegen (Randnrn. 314 bis 336) und nimmt zur Anwendung der Mitteilung über die Zusammenarbeit Stellung (Randnrn. 346 bis 366). Die angefochtene Entscheidung enthält eine ausreichende und schlüssige Darstellung der Gesichtspunkte, die für die Bestimmung der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung in Betracht gezogen worden sind. Zudem zeigen die im Rahmen der ersten vier Klagegründe vorgetragenen Argumente, dass die Klägerin die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen durchaus verstanden hat.

220. Die von der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes vorgetragenen Vorwürfe lassen keine Schwierigkeiten beim Verständnis der Argumentation der Kommission oder der Darstellung der in Betracht gezogenen Gesichtspunkte erkennen. Die Rügen der Klägerin richten sich in erster Linie gegen die Höhe ihrer Geldbuße im Verhältnis zu den in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen festgesetzten Geldbußen. Bei diesem Vergleich geht es aber nicht um einen Begründungsmangel. Soweit er relevant ist, betrifft er die Frage, ob die Beurteilung der Kommission richtig ist.

221. Selbst wenn man unterstellt, dass die Entscheidung zu einer spürbaren Erhöhung des Bußgeldniveaus gegenüber früheren Entscheidungen geführt hat, hat die Kommission die Gründe, die sie dazu geführt haben, die Geldbuße der Klägerin in dieser Höhe festzusetzen, jedenfalls ausführlich dargelegt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74, Fabricants de papiers peints/Kommission, Slg. 1975, 1491, Randnr. 31).

222. Die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in der angefochtenen Entscheidung weder die Methode noch die Berechnung dargelegt wird, aufgrund deren die Kommission bei der Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung den Betrag von 3 Mio. Euro als Ausgangsbasis für die Gruppe der "größten Hersteller" gewählt hat (Randnrn. 308 f.). Die Begründungspflicht als ein wesentliches Formerfordernis verlangt von der Kommission nicht, in ihrer Entscheidung bezifferte Angaben zur Art der Berechnung der Geldbußen zu machen, sondern nur, die Gesichtspunkte wiederzugeben, anhand deren sie die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung bestimmen konnte (Urteil des Gerichtshofes vom 16. November 2000 in der Rechtssache C-291/98 P, Sarrió/Kommission, Slg. 2000, I-9991, Randnrn. 73 und 76, und Urteil des Gerichts vom 30. September 2003 in den Rechtssachen T-191/98, T-212/98 bis T-214/98, Atlantic Container Line u. a./Kommission, Slg. 2003, II-3275, Randnr. 1558).

223. Der fünfte Klagegrund ist somit ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

224. Somit ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

225. Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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