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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: T-65/99
Rechtsgebiete: EGV, Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998, Verordnung Nr. 4056/86


Vorschriften:

EGV Art. 81
Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 Art. 1 Abs. 1
Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 Art. 2
Verordnung Nr. 4056/86 Art. 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 11. Dezember 2003. - Strintzis Lines Shipping SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 - Nachprüfung in den Räumlichkeiten einer anderen Gesellschaft als derjenigen, die Adressatin der Nachprüfungsentscheidung ist - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Staatliche Regelung über den Seeverkehr und Praxis der Behörden - Anwendbarkeit des Artikels 85 EG-Vertrag - Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung - Geldbuße - Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen. - Rechtssache T-65/99.

Parteien:

In der Rechtssache T-65/99

Strintzis Lines Shipping SA mit Sitz in Piräus (Griechenland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte K. Adamantopoulos, V. Akritidis und A. Papakrivopoulos, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt G. Athanassiou, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24)

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke sowie des Richters R. García-Valdecasas und der Richterin P. Lindh,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2002

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die klagende Strintzis Lines SA ist eine griechische Gesellschaft, die Fährschiffe betreibt, mit denen sie Passagiere und Kraftfahrzeuge auf Strecken in Griechenland sowie im Ausland befördert, und zwar auch auf dem Markt der Routen zwischen Griechenland und Italien (im Folgenden: Markt Griechenland/Italien), wo sie die Routen zwischen Patras und Ancona über Korfu und Igoumenitsa, zwischen Patras und Brindisi sowie zwischen Patras und Bari bedient.

2 Auf die im Jahr 1992 eingereichte Beschwerde eines Kunden, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken sehr ähnliche Fährpreise gälten, richtete die Kommission gemäß Artikel 16 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4) Auskunftsverlangen an bestimmte Fährdienstbetreiber. Anschließend nahm sie gemäß Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4056/86 in den Geschäftsräumen von sechs Fährdienstbetreibern - fünf in Griechenland und einem in Italien - Nachprüfungen vor.

3 Am 4. Juli 1994 erließ die Kommission die Entscheidung C(94) 1790/5, mit der der Gesellschaft Minoan Lines aufgegeben wurde, eine Nachprüfung zu dulden (im Folgenden: Nachprüfungsentscheidung). Am 5. und 6. Juli 1994 durchsuchten Bedienstete der Kommission die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, die, wie sich im Nachhinein herausstellte, der Gesellschaft European Trust Agencies (im Folgenden: ETA) gehörten, einer anderen rechtlichen Einheit als der in der Nachprüfungsentscheidung genannten. Bei der Nachprüfung erlangte die Kommission Kopien zahlreicher Dokumente, die später als Beweise gegen die verschiedenen von der Untersuchung betroffenen Unternehmen verwendet wurden.

4 In der Folge ergingen an die Klägerin und andere Reedereien weitere Auskunftsverlangen gemäß Artikel 16 der Verordnung Nr. 4056/86 mit der Aufforderung, nähere Auskünfte zu den bei den Nachprüfungen aufgefundenen Unterlagen zu erteilen.

5 Mit Entscheidung vom 21. Februar 1997 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, indem sie neun Gesellschaften, zu denen auch die Klägerin gehört, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandte.

6 Am 9. Dezember 1998 erließ die Kommission die Entscheidung 1999/271/EG in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24, im Folgenden: Entscheidung).

7 Die Entscheidung enthält folgende Bestimmungen:

"Artikel 1

(1) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Marlines SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für Roll-on-/Roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines und Strintzis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Marlines SA vom 18. Juli 1987 bis zum 8. Dezember 1989;

d) für Anek Lines vom 6. Juli 1989 bis zum Juli 1994.

(2) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Adriatica di Navigazione SpA, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Anek Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

d) für Adriatica di Navigazione SpA vom 30. Oktober 1990 bis zum Juli 1994.

Artikel 2

Gegen folgende Unternehmen werden wegen des in Artikel 1 festgestellten Verstoßes folgende Geldbußen festgesetzt:

- Minoan Lines: eine Geldbuße in Höhe von 3,26 Mio. ECU;

- Strintzis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,5 Mio. ECU;

- Anek Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,11 Mio. ECU;

- Marlines SA: eine Geldbuße in Höhe von 0,26 Mio. ECU;

- Karageorgis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1 Mio. ECU;

- Ventouris Group Enterprises SA: eine Geldbuße in Höhe von 1,01 Mio. ECU;

- Adriatica di Navigazione SpA: eine Geldbuße in Höhe von 0,98 Mio. ECU.

..."

8 Die Entscheidung war an sieben Unternehmen gerichtet: an Minoan Lines mit Sitz in Heraklion, Kreta (Griechenland) (im Folgenden: Minoan), Strintzis Lines mit Sitz in Piräus (Griechenland) (im Folgenden: Klägerin), Anek Lines mit Sitz in Chania, Kreta (im Folgenden: Anek), die Marlines SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Marlines), Karageorgis Lines mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Karageorgis), die Ventouris Group Enterprises SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Ventouris Ferries) und die Adriatica di Navigazione SpA mit Sitz in Venedig (Italien) (im Folgenden: Adriatica).

Verfahren und Anträge der Parteien

9 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 3. März 1999 in das Register der Kanzlei des Gerichts eintragen worden ist, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben.

10 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen um schriftliche Beantwortung einer Frage und um Vorlage bestimmter Dokumente gebeten. Die Kommission hat diesem Ersuchen innerhalb der gesetzten Frist entsprochen.

11 Die Parteien haben in der Sitzung vom 1. Juli 2002 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

12 Die Klägerin beantragt,

- die Entscheidung insgesamt für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, Artikel 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er die Dauer der zur Last gelegten Zuwiderhandlung betrifft, sowie die verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

13 Die Kommission beantragt,

- die Klage in vollem Umfang abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

14 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund macht sie die Rechtswidrigkeit der von der Kommission in den Geschäftsräumen von ETA vorgenommenen Nachprüfung geltend. Mit dem zweiten Klagegrund beanstandet sie, dass Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) aufgrund einer fehlerhaften und unvollständigen Beurteilung des Sachverhalts fehlerhaft auf den vorliegenden Fall angewandt worden sei. Mit ihrem dritten Klagegrund macht die Klägerin einen Begründungsmangel geltend.

15 Ihren Hilfsantrag auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbuße stützt die Klägerin auf einen Klagegrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Bestimmung der Höhe der Geldbuße, der in drei Teile aufgegliedert ist, mit denen eine fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, ihrer Dauer und der Höhe der Geldbuße gerügt wird.

I - Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung

Erster Klagegrund: Rechtswidrigkeit der von der Kommission in den Geschäftsräumen von ETA vorgenommenen Nachprüfung

Vorbringen der Parteien

16 Die Klägerin trägt vor, die von der Kommission im Juli 1994 in den Geschäftsräumen von ETA, des Agenten von Minoan, vorgenommene Nachprüfung sei rechtswidrig gewesen; das dabei gefundene Material könne daher nicht als Beweismittel verwendet werden.

17 Die Klägerin rechtfertigt ihr berechtigtes Interesse an einer Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Nachprüfung damit, dass eine ganze Reihe der Beweismittel, auf die sich die Kommission ihr gegenüber berufe, in den Geschäftsräumen von ETA aufgefunden worden seien. Desgleichen seien das Verhalten anderer betroffener Unternehmen sowie der Ablauf der vorliegenden Rechtssache in ihrer Gesamtheit unmittelbar von den Ergebnissen der rechtswidrigen Nachprüfung in den Geschäftsräumen von ETA beeinflusst worden. Aus diesem Grund und weil die bei dieser Gelegenheit gesammelten Dokumente sowie weitere, von anderen Unternehmen später eingereichte Dokumente von der Kommission allesamt als Beweismittel gegen sie verwendet worden seien, vertritt die Klägerin die Auffassung, dass sie ein berechtigtes Interesse daran habe, die Rechtswidrigkeit dieser Nachprüfung geltend zu machen.

18 Entgegen den Behauptungen der Kommission könne sie die Rechtswidrigkeit der in den Geschäftsräumen von ETA vorgenommenen Nachprüfung als Nichtigkeitsgrund für die Entscheidung auch dann geltend machen, wenn sie die Tatsachen in Bezug auf die Konsultationen über die Festsetzung der Tarife ausdrücklich eingeräumt habe. Dass sie bestimmte Tatsachen eingeräumt habe, bedeute keinesfalls, dass sie sich damit einverstanden erklärt habe, wie die Kommission diesen Sachverhalt beurteilt habe.

19 Die Klägerin bemerkt, dass die Nachprüfungsentscheidung an Minoan und nicht an deren Agenten ETA gerichtet gewesen sei. Entgegen den Behauptungen der Kommission seien ETA und Minoan nicht eine einzige wirtschaftliche und rechtliche Einheit. Zu dieser Schlussfolgerung sei die Kommission dadurch gelangt, dass sie eine geschäftliche Realität verkannt habe, nämlich die Tatsache, dass eine Gesellschaft wie Minoan, bei der breite Kreise der Bevölkerung am Aktienbesitz beteiligt seien, für die internationalen Routen gewöhnlich eine Gesellschaft wie die ETA mit der Vertretung ihrer Interessen betraue. Dies rechtfertige aber nicht, ETA mit Minoan gleichzusetzen. Die wirtschaftlichen Interessen von ETA könnten nämlich denen von Minoan zuwiderlaufen.

20 Die Klägerin bezweifelt außerdem, dass die Lehre von der wirtschaftlichen Einheit auch für Nachprüfungen durch die Kommission gelte. Die Kommission könne sich nicht auf diese Lehre berufen, um eine Nachprüfung bei einer anderen als derjenigen Gesellschaft vorzunehmen, an die sie die Nachprüfungsentscheidung gerichtet habe. Andernfalls würde die Kommission über die absolute Befugnis verfügen, unangekündigt Nachprüfungen in den Geschäftsräumen jedes Unternehmens vorzunehmen, das zur selben wirtschaftlichen Einheit wie die Gesellschaft gehöre, an die sie eine Nachprüfungsentscheidung richte, sofern sie nur eine Entscheidung von allgemeiner Geltung über die Durchführung von Nachprüfungen am Hauptsitz dieser Gesellschaft erlasse.

21 Schließlich habe die Kommission durch ihr Handeln die Verteidigungsrechte gegen einen willkürlichen Eingriff sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der ordnungsgemäßen Verwaltung, des beschränkten Eingriffs und der Rechtssicherheit verletzt.

22 Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Zunächst vertritt sie die Ansicht, dass die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes habe, da sie die Tatsachen, die durch die in den Geschäftsräumen von ETA gefundenen Dokumente bewiesen würden, bereits ausdrücklich eingeräumt habe. Außerdem wäre das verbotene Kartell auch dann festgestellt worden, wenn die fraglichen Dokumente nicht berücksichtigt worden wären.

23 Wenn die Klägerin vortrage, dass ihr Verhalten sowie das anderer betroffener Unternehmen anders gewesen wäre, wenn diese angeblich rechtswidrige Nachprüfung nicht durchgeführt worden wäre, so setze sie sich in völligen Widerspruch zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren zur uneingeschränkten Zusammenarbeit dieser Unternehmen, da der Umstand, dass die betroffenen Parteien die Tatsachen, auf die die Vorwürfe der Kommission gestützt seien, nicht bestritten hätten, von der Kommission als mildernder Umstand berücksichtigt worden sei, der eine Verringerung der Geldbuße rechtfertige (Randnr. 169 der Entscheidung). Sofern die Klägerin nunmehr zu verstehen gebe, dass diese Zusammenarbeit nur erfolgt sei, weil Beweismittel für den Abschluss und die Durchführung der streitigen Absprachen gefunden worden seien, schlage die Kommission dem Gericht vor, diesen Umstand im Rahmen der Ausübung der ihm zustehenden Befugnis zur Ermittlung der Höhe der Geldbuße zu würdigen und diese gegebenenfalls zu erhöhen.

24 Zur Rechtmäßigkeit der Nachprüfung trägt die Kommission vor, dass sich die Frage einer willkürlichen Nachprüfung vorliegend nicht stelle, da die Nachprüfung in Geschäftsräumen erfolgt sei, die im Rahmen der Geschäftstätigkeit von Minoan benutzt worden seien, d. h. von der Gesellschaft, die als Adressatin der Nachprüfungsentscheidung genannt gewesen sei. Diese Schlussfolgerung werde sowohl durch die Art und Weise bestätigt, in der sich Minoan Dritten präsentiert habe, als auch durch die Schiffsmanagementverträge, wonach ETA als Verwalter der Schiffe von Minoan handele. In der Schifffahrtsorganisation trete der Verwalter als unmittelbarer Repräsentant auf, der im Namen und für Rechnung des Reeders handele, den die Rechtswirkungen der vom Verwalter eingegangenen Verpflichtungen träfen und der letztlich die wirtschaftlichen Risiken trage. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus den Verträgen, die diese beiden Gesellschaften miteinander geschlossen hätten, dass ETA als Vermittler zwischen der Reedereigesellschaft und den mit dieser in Beziehung tretenden Agenten, Kunden, Banken sowie staatlichen Stellen und Hafenbehörden handele.

25 Die Kommission führt insoweit die ständige Rechtsprechung an, wonach ein Vermittler, der zugunsten desjenigen, den er vertrete, eine Tätigkeit ausübe, grundsätzlich als ein in dessen Unternehmen integriertes Hilfsorgan angesehen werden könne, das den Weisungen des Vertretenen zu folgen habe und sonach mit diesem Unternehmen ebenso wie ein Handlungsgehilfe eine wirtschaftliche Einheit bilde (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnr. 539). Der Kommission zufolge handelt ETA als ein in Minoan integriertes Organ, da Minoan ihr die laufende Verwaltung der logistischen und geschäftlichen Aufsicht über ihre Schiffe übertragen habe. Folglich zeichneten sich die beiden Gesellschaften in Bezug auf den Betrieb der von ETA verwalteten Schiffe durch ein einheitliches Vorgehen aus, und sie stellten eine einzige wirtschaftliche Einheit dar. Daher habe sich die Kommission hinsichtlich des Adressaten der Entscheidung und des Ortes, an dem die Nachprüfung durchzuführen gewesen sei, nicht geirrt.

26 Hilfsweise trägt die Kommission vor, selbst wenn ein Irrtum hinsichtlich des Adressaten der Nachprüfungsentscheidung vorgelegen hätte, sei daraus nicht abzuleiten, dass die Beweismittel nicht verwendet werden könnten, denn diese Folge sei nur für den Fall vorgesehen, dass die Kommission die ihr übertragenen Untersuchungsbefugnisse überschreite, damit diese Befugnisse so ausgeübt würden, dass die Wahrung der Rechte der betroffenen Unternehmen gewährleistet sei (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 26. März 1987 in der Rechtssache 46/87 R, Hoechst/Kommission, Slg. 1987, 1549, Randnr. 34).

Würdigung durch das Gericht

A - Zum berechtigten Interesse der Klägerin an der Geltendmachung dieses Klagegrundes

27 Die Kommission vertritt die Auffassung, die Klägerin habe kein berechtigtes Interesse an der Geltendmachung des auf die Rechtswidrigkeit der Nachprüfung in den ETA-Geschäftsräumen gestützten Nichtigkeitsgrundes, da die Klägerin die Tatsachen, die durch die dort gefundenen Dokumente bewiesen würden, ausdrücklich eingeräumt habe.

28 Dass die Klägerin bestimmte Tatsachen eingeräumt hat, bedeutet jedoch keineswegs, dass sie darauf verzichtet hätte oder daran gehindert wäre, die Rechtmäßigkeit der Nachprüfungen durch die Kommission, anlässlich deren ihr Unterlagen, die Beweismittel für eine Zuwiderhandlung darstellen können, in die Hände gefallen sind, in Frage zu stellen. Auch wenn die Klägerin die Tatsachen in Bezug auf die Konsultationen über die Festlegung der Tarife ausdrücklich eingeräumt hat, kann es, wie sie vorträgt, nämlich sein, dass sie mit der Art und Weise, in der die Kommission die Dokumente, auf die die Entscheidung gestützt ist, oder mit der Art und Weise, in der die Kommission sie als Beweismittel für ein Kartell beurteilt hat, nicht einverstanden ist.

29 Wie nämlich das Gericht entschieden hat, ist "[d]ie Gefahr, dass ein Unternehmen, dessen Geldbuße als Gegenleistung für seine Zusammenarbeit herabgesetzt wurde, später eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung erhebt, mit der die Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und das dafür verantwortliche Unternehmen mit einer Sanktion belegt wurde, und dass es mit dieser Klage in erster Instanz vor dem Gericht oder im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof Erfolg hat,... eine normale Folge der Inanspruchnahme der im Vertrag und in der Satzung [des Gerichtshofes] vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten. Die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen, das mit der Kommission zusammengearbeitet hat und dessen Geldbuße deshalb herabgesetzt wurde, mit einer Klage Erfolg hat, kann somit keine Neubewertung des Umfangs der bei ihm vorgenommenen Herabsetzung rechtfertigen" (Urteil vom 28. Februar 2002 in der Rechtssache T-354/94, Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Slg. 2002, II-843, Randnr. 85).

30 Demnach ist festzustellen, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse daran hat, die Art und Weise, in der die fragliche Nachprüfung abgelaufen ist, in Zweifel zu ziehen, und dass der Antrag der Kommission, in Ausübung der Befugnisse zur unbeschränkten Nachprüfung die Geldbuße der Klägerin zu erhöhen, um ihr die Vorteile zu nehmen, die sie von der Kommission dadurch erhalten hat, dass sie die Tatsachen eingeräumt hat, zurückzuweisen ist.

B - Begründetheit

31 Die Klägerin wirft der Kommission im Rahmen dieses Klagegrundes im Wesentlichen vor, sie habe die Beweise, auf die die Entscheidung gestützt sei, rechtswidrig zusammengetragen, da sie sie bei einer Nachprüfung in den Geschäftsräumen eines Unternehmens erlangt habe, das nicht Adressat der Nachprüfungsentscheidung gewesen sei. Dadurch habe sie ihre Nachprüfungsbefugnisse missbraucht und gegen Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 und die allgemeinen Rechtsgrundsätze verstoßen.

32 Die Begründetheit dieses Klagegrundes ist unter Berücksichtigung der Grundsätze, denen die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission unterliegen, und des tatsächlichen Kontextes des Falles zu prüfen.

1. Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

33 Wie aus der 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 hervorgeht, soll diese Verordnung nach dem Willen des Gesetzgebers "die Entscheidungsbefugnisse und die Sanktionen, die erforderlich sind, um die Beachtung der Verbote gemäß Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 86 [des Vertrages] zu gewährleisten, sowie die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 umfassen".

34 Im Einzelnen sind die Befugnisse der Kommission zu Nachprüfungen vor Ort in Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 aufgeführt, der wie folgt lautet:

"Artikel 18

Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

(1) Die Kommission kann zur Erfuellung der ihr in dieser Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

Zu diesem Zweck verfügen die beauftragten Bediensteten der Kommission über folgende Befugnisse:

a) die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen zu prüfen,

b) Abschriften oder Auszüge aus Büchern und Geschäftsunterlagen anzufertigen,

c) mündliche Erklärungen an Ort und Stelle anzufordern,

d) alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten.

(2) Die mit der Nachprüfung beauftragten Bediensteten der Kommission üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung bezeichnet sind und in dem auf die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen für den Fall hingewiesen wird, dass die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt werden. Die Kommission unterrichtet die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, rechtzeitig vor der Nachprüfung über den Prüfungsauftrag und die Person des beauftragten Bediensteten.

(3) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, welche die Kommission in einer Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c) und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe d) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.

(4) Die Kommission erlässt die in Absatz 3 bezeichneten Entscheidungen nach Anhörung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.

(5) Bedienstete der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, können auf Antrag dieser Behörde oder auf Antrag der Kommission die Bediensteten der Kommission bei der Erfuellung ihrer Aufgaben unterstützen.

(6) Widersetzt sich ein Unternehmen einer aufgrund dieses Artikels angeordneten Nachprüfung, so gewährt der betreffende Mitgliedstaat den beauftragten Bediensteten der Kommission die erforderliche Unterstützung, damit diese ihre Nachprüfungen durchführen können. Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten vor dem 1. Januar 1989 und nach Anhörung der Kommission die erforderlichen Maßnahmen."

35 Da der Wortlaut des Artikels 18 der Verordnung Nr. 4056/86 mit dem des Artikels 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), übereinstimmt und diese beiden Verordnungen auf der Grundlage des Artikels 87 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 83 EG) erlassen wurden, um die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 EG-Vertrag und des Artikels 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) festzulegen, kann die Rechtsprechung zum Umfang der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission aus Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 auch im vorliegenden Fall herangezogen werden.

36 Entsprechend Artikel 87 Absatz 2 Buchstaben a und b des Vertrages bezweckt die Verordnung Nr. 17, die Beachtung der in den Artikeln 85 Absatz 1 und 86 des Vertrages genannten Verbote zu gewährleisten und die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 festzulegen. Die Verordnung soll damit sicherstellen, dass das in Artikel 3 Buchstabe f des Vertrages niedergelegte Ziel erreicht wird. Zu diesem Zweck räumt sie der Kommission weitgehende Ermittlungs- und Nachprüfungsbefugnisse ein; in ihrer achten Begründungserwägung heißt es, die Kommission müsse im gesamten Bereich des Gemeinsamen Marktes über die Befugnis verfügen, Auskünfte zu verlangen und Nachprüfungen vorzunehmen, "die erforderlich sind", um Verstöße gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages zu ermitteln (Urteile des Gerichtshofes vom 26. Juni 1980 in der Rechtssache 136/79, National Panasonic/Kommission, Slg. 1980, 2033, Randnr. 20, und vom 18. Mai 1982 in der Rechtssache 155/79, AM & S/Kommission, Slg. 1982, 1575, Randnr. 15). In diesem Sinne ist auch die 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 formuliert.

37 Der Gemeinschaftsrichter hat ferner auf die Bedeutung hingewiesen, die die Beachtung der Grundrechte und insbesondere der Verteidigungsrechte in allen Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrages hat, und in seinen Urteilen erläutert, wie im Verwaltungsverfahren sowie in den Vorstadien der Untersuchung und der Erlangung von Auskünften die Verteidigungsrechte und die Befugnisse der Kommission miteinander in Einklang zu bringen sind.

38 Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör von der Kommission sowohl in Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen führen können, als auch in Voruntersuchungsverfahren zu beachten ist, da verhindert werden muss, dass dieser Anspruch in Voruntersuchungsverfahren in nicht wieder gutzumachender Weise beeinträchtigt wird; insbesondere gilt dies bei Nachprüfungen, die für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können (Urteil des Gerichtshofes vom 21. September 1989 in den Rechtssachen 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, 2859, Randnr. 15).

39 Was insbesondere die der Kommission durch Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Nachprüfungsbefugnisse und die Frage angeht, inwieweit diese Befugnisse durch die Verteidigungsrechte eingeschränkt werden, so hat der Gerichtshof anerkannt, dass das Erfordernis eines Schutzes vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 19, und Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache C-94/00, Roquette Frères, Slg. 2002, I-9011, Randnr. 27). Der Gerichtshof hat entschieden, dass in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person einer Rechtsgrundlage bedürfen und aus den gesetzlich vorgesehenen Gründen gerechtfertigt sein müssen; diese Rechtsordnungen sehen daher, wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung, einen Schutz vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen vor.

40 Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die der Kommission in Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Befugnisse ihr die Erfuellung des ihr im EG-Vertrag erteilten Auftrags ermöglichen sollen, über die Beachtung der Wettbewerbsregeln im Gemeinsamen Markt zu wachen. Nach Absatz 4 der Präambel des Vertrages, nach Artikel 3 Buchstabe f und nach den Artikeln 85 und 86 sollen diese Regeln verhindern, dass der Wettbewerb entgegen dem öffentlichen Interesse zum Schaden der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher verfälscht wird. Die Ausübung dieser Befugnisse dient daher der Aufrechterhaltung der vom Vertrag gewollten Wettbewerbsordnung, die die Unternehmen unbedingt zu beachten haben (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 25).

41 Weiter hat der Gerichtshof ausgeführt, dass sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 17 als auch die Aufzählung der den Bediensteten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Artikel 14 dieser Verordnung erkennen lassen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können. Im Einzelnen hat der Gerichtshof festgestellt: "Dabei kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zu, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen" (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 26).

42 Der Gerichtshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen, eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrages auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments, zu erhalten, und in diesem Zusammenhang festgestellt (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 27): "Dieses Betretungsrecht wäre nutzlos, wenn sich die Bediensteten der Kommission darauf beschränken müssten, die Vorlage von Unterlagen oder Akten zu verlangen, die sie schon vorher genau bezeichnen können. Ein solches Recht impliziert vielmehr auch die Befugnis, nach anderen Informationsquellen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind. Ohne eine solche Befugnis wäre es der Kommission unmöglich, die für die Nachprüfung erforderlichen Informationen einzuholen, falls die betroffenen Unternehmen die Mitwirkung verweigern oder eine obstruktive Haltung einnehmen."

43 Aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben sich jedoch verschiedene Garantien der betroffenen Unternehmen gegen willkürliche oder unverhältnismäßige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre ihrer privaten Betätigung (Urteil Roquette Frères, Randnr. 43).

44 Nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 ist die Kommission verpflichtet, Nachprüfungsentscheidungen unter Angabe von Gegenstand und Zweck der Nachprüfung zu begründen, was, wie der Gerichtshof klargestellt hat, insofern ein grundlegendes Erfordernis darstellt, als dadurch nicht nur die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den betroffenen Unternehmen aufgezeigt werden soll, sondern auch diese Unternehmen in die Lage versetzt werden sollen, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren (Urteile Hoechst/Kommission, Randnr. 29, und Roquette Frères, Randnr. 47).

45 Zudem hat die Kommission in der Nachprüfungsentscheidung möglichst genau anzugeben, wonach gesucht wird, und die Punkte aufzuführen, auf die sich die Nachprüfung beziehen soll (Urteil National Panasonic/Kommission, Randnrn. 26 und 27). Dieses Erfordernis dient, wie der Gerichtshof entschieden hat, dem Schutz der Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen, da diese Rechte in schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden, wenn die Kommission den Unternehmen bei einer Nachprüfung erlangte Beweise entgegenhalten könnte, die in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand und dem Zweck dieser Nachprüfung stehen (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in der Rechtssache 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, 3137, Randnr. 18, und Roquette Frères, Randnr. 48).

46 Ferner ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen, gegen das die Kommission eine Nachprüfung angeordnet hat, diese Entscheidung gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) vor dem Gemeinschaftsrichter anfechten kann. Falls diese Entscheidung vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärt würde, wäre die Kommission dadurch gehindert, Unterlagen oder Beweisstücke, die sie sich im Zuge dieser Nachprüfung verschafft hat, im Verfahren wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft zu verwenden; andernfalls liefe sie Gefahr, dass die Entscheidung über den Wettbewerbsverstoß vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärt würde, soweit sie auf derartige Beweismittel gestützt wäre (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes in der Rechtssache Hoechst/Kommission, Randnr. 34, und vom 28. Oktober 1987 in der Rechtssache 85/87 R, Dow Chemical Nederland/Kommission, Slg. 1987, 4367, Randnr. 17, sowie Urteil Roquette Frères, Randnr. 49).

47 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist zu prüfen, ob der Klagegrund der Rechtswidrigkeit der Nachprüfung begründet ist.

2. Zur Begründetheit des Klagegrundes

48 Die Prüfung der Begründetheit dieses Klagegrundes setzt zunächst eine Darstellung der Umstände voraus, unter denen die Nachprüfung erfolgte.

a) Relevante und von den Parteien nicht bestrittene Tatsachen

49 Am 12. Oktober 1992 sandte die Kommission nach Eingang einer Beschwerde, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken ähnliche Fährpreise gälten, Minoan auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4056/86 ein Auskunftsverlangen an ihren Sitz (Agiou Titou 38, Heraklion, Kreta).

50 Am 20. November 1992 erhielt die Kommission ein von Herrn Sfinias unterzeichnetes Antwortschreiben auf Briefpapier von Minoan, auf dem oben links ein einziges Firmenzeichen, "Minoan Lines", abgebildet war, unter dem eine einzige Anschrift stand: "2 Vas. Konstantinou Av. (Stadion); 11635, ATHENS".

51 Am 1. März 1993 sandte die Kommission Minoan, wiederum an ihren Sitz in Heraklion, ein zweites Auskunftsverlangen.

52 Am 5. Mai 1993 wurde das Schreiben der Kommission vom 1. März 1993 durch ein erneut von Herrn Sfinias unterzeichnetes Schreiben auf Briefpapier von Minoan beantwortet, auf dem wiederum im Seitenkopf links ein einziges Firmenzeichen, "Minoan Lines", abgebildet war, unter dem aber diesmal keine Anschrift stand. Im Seitenfuß waren zwei Anschriften genannt, "INTERNATIONAL LINES HEAD OFFICES: 64B Kifisias Ave. GR, 151 25, Maroussi, Athens", und darunter "PASSENGER OFFICE: 2 Vassileos Konstantinou Ave, GR, 116 35 Athens".

53 Am 5. Juli 1994 begaben sich Bedienstete der Kommission in die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, und übergaben den Personen, die sie empfingen - wie sich später herausstellte, Angestellte von ETA -, die Nachprüfungsentscheidung sowie die Prüfungsaufträge D/06658 und D/06659 vom 4. Juli 1994, die vom Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb unterzeichnet waren und die Bediensteten der Kommission ermächtigten, die Nachprüfung durchzuführen.

54 Gestützt auf diese Dokumente verlangten die Bediensteten der Kommission von den Angestellten von ETA, der Durchführung der Nachprüfung zuzustimmen. Die Angestellten machten die Kommissionsbediensteten jedoch darauf aufmerksam, dass sie sich in den Geschäftsräumen von ETA befänden, dass sie von dieser angestellt seien und dass ETA eine unabhängige juristische Person und für Minoan lediglich als Agentin tätig sei. Die Bediensteten der Kommission bestanden nach einem Anruf bei ihren Vorgesetzten in Brüssel auf der Durchführung der Nachprüfung und wiesen die Angestellten von ETA darauf hin, dass für den Fall der Weigerung Zwangsmaßnahmen nach den Artikeln 19 Absatz 1 und 20 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 getroffen werden könnten; diese beiden Bestimmungen waren in der Nachprüfungsentscheidung genannt und in der Anlage zu dieser im Wortlaut zitiert. Außerdem ersuchten die Bediensteten der Kommission die Abteilung für Markt- und Wettbewerbsaufsicht des griechischen Handelsministeriums als für Wettbewerbsfragen zuständige nationale Stelle, einen ihrer Bediensteten zu den Geschäftsräumen von ETA zu senden.

55 Die Bediensteten der Kommission klärten die Angestellten von ETA nicht ausdrücklich darüber auf, dass sie einen Anwalt hinzuziehen konnten, sondern übergaben ihnen ein zweiseitiges Schreiben mit Erläuterungen zur Natur und zum üblichen Ablauf der Nachprüfung.

56 Die Angestellten von ETA beschlossen schließlich nach einem Anruf bei ihrem Geschäftsführer, der zum fraglichen Zeitpunkt nicht in Athen war, die Nachprüfung zu dulden, erklärten aber, dass sie ihr fehlendes Einverständnis zu Protokoll geben würden.

57 Daraufhin begannen die Bediensteten der Kommission mit der Nachprüfung, die am Ende des folgenden Tages, des 6. Juli 1994, abgeschlossen wurde.

58 Schließlich ist festzustellen, dass ETA in ihrer Eigenschaft als Vertreterin von Minoan uneingeschränkt befugt war, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit als "Minoan Lines Athens" zu handeln, sich so zu bezeichnen und im Rahmen ihrer Agenturtätigkeit das Waren- und das Firmenzeichen von Minoan zu verwenden.

59 Demnach ergibt sich aus dem Sachverhalt Folgendes:

- Erstens war ETA bei der Ausübung und Verwaltung ihrer Tätigkeiten als Agentin und Vertreterin von Minoan befugt, im Verkehr und bei der Kommission als Minoan aufzutreten, so dass ihre Identität als Verwalterin der fraglichen Geschäftstätigkeit in der Praxis vollständig mit der von Minoan verschmolz;

- zweitens weist der Umstand, dass die Schreiben der Kommission an Minoan zur direkten Beantwortung an Herrn Sfinias weitergeleitet wurden, darauf hin, dass sowohl Minoan als auch ETA und Herr Sfinias bereits zu dem Zeitpunkt, als die Kommission erstmals tätig wurde, wussten, dass sich diese mit einer Beschwerde befasste; sie erfuhren auch, welcher Art die Beschwerde war, welchen Gegenstand das Auskunftsverlangen hatte und dass die Kommission auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4056/86 handelte, die in den fraglichen Schreiben zitiert war; indem Minoan die Schreiben zur Beantwortung an Herrn Sfinias weiterleitete, ermächtigte sie daher de facto nicht nur diesen, sondern auch ETA, im Rahmen der Untersuchung bei der Kommission als von Minoan ordnungsgemäß beauftragter Verhandlungspartner aufzutreten;

- drittens ergibt sich aus dem Vorstehenden sowie aus dem Umstand, dass Minoan die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit an ETA delegiert hatte, dass die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B in der Praxis das wahre Zentrum der Geschäftstätigkeit der "Minoan" und deshalb der Ort waren, an dem die Bücher und Geschäftsunterlagen über die betreffenden Tätigkeiten verwahrt wurden.

60 Die Geschäftsräume waren folglich Räumlichkeiten von Minoan als Adressatin der Nachprüfungsentscheidung im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 4056/86.

b) Zur Wahrung der Grundsätze, denen die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission unterliegt

61 Nach den Akten erfuellten sowohl die Prüfungsaufträge als auch die Nachprüfungsentscheidung, die die Beamten der Kommission den Angestellten von ETA vorlegten, die Voraussetzung der Bezeichnung des Gegenstands und des Zweckes der Nachprüfung. So sind auf anderthalb Seiten der Begründungserwägungen der Nachprüfungsentscheidung die Gründe dargestellt, aus denen die Kommission es für möglich hält, dass eine gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßende Absprache der wichtigsten Unternehmen auf den Routen zwischen Griechenland und Italien über die Fährpreise für Passagiere, Pkws und Lkws besteht. Die Kommission nennt die Hauptmerkmale des relevanten Marktes, die wichtigsten Unternehmen auf dem Markt, darunter Minoan, und die Marktanteile der auf den drei Routen tätigen Unternehmen und beschreibt im Detail, welche Art von Verhalten ihres Erachtens gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen könnte. Sie stellt fest, dass die Adressatin, d. h. Minoan, eines der wichtigsten Unternehmen auf dem relevanten Markt sei, und betont, dass dieses Unternehmen von der Untersuchung bereits wisse.

62 Sodann wird in Artikel 1 des verfügenden Teils der Nachprüfungsentscheidung festgestellt, dass durch die Nachprüfung ermittelt werden solle, ob die Methoden der Bildung der Preise oder Tarife, die von den im Roll-on-/Roll-off-Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien tätigen Unternehmen verlangt würden, gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstießen. Artikel 1 der Nachprüfungsentscheidung verpflichtet die Adressatin ferner zur Duldung der Nachprüfung und legt fest, welche Befugnisse die Bediensteten der Kommission im Rahmen der Nachprüfung haben. Artikel 2 nennt den Zeitpunkt, zu dem die Nachprüfung durchgeführt werden soll. Artikel 3 nennt die Adressatin der Entscheidung. Danach ist die Nachprüfungsentscheidung an Minoan gerichtet. Es werden drei mögliche Durchsuchungsorte genannt: Erstens Poseidonkai 28, Piräus, zweitens Poseidonkai 24, Piräus, und drittens Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, der Ort, an den sich die Bediensteten der Kommission schließlich begaben. Schließlich wird in Artikel 4 darauf hingewiesen, dass gegen die Nachprüfungsentscheidung vor dem Gericht geklagt werden könne, dass eine solche Klage aber nur dann aufschiebende Wirkung habe, wenn das Gericht dies beschließe.

63 In den Prüfungsaufträgen, die die Kommission ihren Bediensteten erteilte, werden diese ausdrücklich ermächtigt, im Einklang mit Sinn und Zweck der Nachprüfungsentscheidung vorzugehen, die zugleich als Anlage beigefügt ist.

64 Aus dem Inhalt dieser Maßnahmen geht somit klar hervor, dass die Kommission Indizien und Beweise für die Beteiligung von Minoan an dem vermuteten Kartell erlangen wollte und glaubte, diese u. a. in den Geschäftsräumen in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, finden zu können, die, wie sie meinte, Minoan gehörten. Insoweit ist daran zu erinnern, dass diese Anschrift auf dem Briefpapier aufgedruckt war, auf dem Minoan am 5. Mai 1993 das Auskunftsverlangen der Kommission vom 1. März 1993 beantwortete und das im Fuß folgende Angabe enthielt: "INTERNATIONAL LINES HEAD OFFICES: 64B Kifisias Ave. GR, 151 25, Maroussi, Athens".

65 Das Gericht ist der Auffassung, dass die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge alle Angaben enthielten, die die Angestellten von ETA benötigten, um beurteilen zu können, ob sie angesichts der Begründung der Entscheidung und der Kenntnis, die sie von der Natur und dem Umfang der Beziehungen zwischen ETA und Minoan hatten, verpflichtet waren, die Nachprüfung, die die Kommission in ihren Geschäftsräumen durchführen wollte, zuzulassen.

66 Was die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge angeht, wurden demnach die in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hinsichtlich des Besitzers der durchsuchten Geschäftsräume, d. h. von ETA, uneingeschränkt beachtet, da ETA als Verwalterin der Geschäfte von Minoan auf dem Markt für Roll-on-Roll-off-Fährdienste auf den Routen zwischen Griechenland und Italien beurteilen konnte, wie weit ihre Pflicht zur Zusammenarbeit mit den Bediensteten der Kommission ging, und da ihre Verteidigungsrechte angesichts des Umfangs der Begründung der genannten Maßnahmen und des ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit, gegen die Nachprüfungsentscheidung vor dem Gericht zu klagen, vollständig gewahrt waren. Dass weder ETA noch Minoan in der Folge Klage erhob, war allein ihre Entscheidung und entkräftet diese Feststellung nicht, sondern bestätigt sie eher.

67 Insoweit ist daran zu erinnern, dass ETA zwar rechtlich eine von Minoan unabhängige Einheit war, dass aber in ihrer Rolle als Vertreterin von Minoan und als Alleinverwalterin der von der Untersuchung der Kommission betroffenen Tätigkeiten ihre Person vollständig mit der ihrer Auftraggeberin verschmolz, weshalb sie dieselbe Pflicht zur Zusammenarbeit hatte wie diese.

68 Für den Fall, dass es Minoan erlaubt sein sollte, sich auf die Verteidigungsrechte von ETA als unabhängiger Einheit zu berufen, ist ferner festzustellen, dass diese Rechte zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt wurden. Weder etwaige eigene Tätigkeiten noch die eigenen Bücher und Geschäftsunterlagen von ETA waren Gegenstand der Nachprüfung.

69 Der Kommission kann unter den Umständen des vorliegenden Falles auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie davon ausging, dass Minoan an dem Ort in Athen, den die Bediensteten der Kommission aufsuchten, eigene Geschäftsräume habe, und dass sie deshalb die betreffende Anschrift in ihrer Nachprüfungsentscheidung als Anschrift eines der Geschäftszentren von Minoan nannte.

70 Sodann ist die Frage zu prüfen, ob die Kommission rechtmäßig handelte, als sie auf der Durchführung der Nachprüfung bestand.

71 Nach der oben zitierten Rechtsprechung muss die Kommission bei ihrer Nachprüfungstätigkeit die Beachtung der Grundsätze der Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinschaftsorgane und des Schutzes vor willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person sicherstellen (vgl. Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 19). Es wäre unverhältnismäßig und verstieße gegen die Verordnung Nr. 4056/86 und tragende Rechtsgrundsätze, würde der Kommission auf der Grundlage einer an eine bestimmte rechtliche Einheit gerichteten Nachprüfungsentscheidung ein allgemeines Recht zuerkannt, die Räumlichkeiten einer anderen rechtlichen Einheit zu betreten und dort Nachprüfungen durchzuführen, nur weil diese angeblich mit dem Adressaten der Nachprüfungsentscheidung eng verbunden ist oder die Kommission glaubt, sie könne dort Unterlagen des Adressaten finden.

72 Im vorliegenden Fall kann die Klägerin der Kommission jedoch nicht vorwerfen, dass sie ihre Nachprüfungsbefugnisse erweitert habe, indem sie die Geschäftsräume einer anderen Gesellschaft als der Adressatin der Entscheidung aufgesucht habe. Vielmehr ergibt sich aus den Akten, dass die Kommission sorgfältig und unter umfassender Beachtung ihrer Pflicht handelte, sich vor der Nachprüfung im Rahmen des Möglichen zu vergewissern, dass die Geschäftsräume, die sie durchsuchen wollte, tatsächlich die Geschäftsräume derjenigen rechtlichen Einheit waren, der ihre Ermittlung galt. Insoweit ist daran zu erinnern, dass zwischen der Kommission und Minoan ein Schriftwechsel stattgefunden hatte, in dessen Rahmen Minoan zwei Schreiben der Kommission mit zwei Schreiben beantwortet hatte, die von Herrn Sfinias unterzeichnet worden waren, der sich schließlich als Geschäftsführer von ETA herausstellte, ohne dass sie jedoch irgendeinen Hinweis auf die Existenz von ETA oder darauf gegeben hätte, dass sie auf dem Markt durch einen Alleinvertreter handele.

73 Darüber hinaus ist festzustellen, dass, wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung vorgetragen hat, ohne den Widerspruch der Klägerin zu erregen, im Verzeichnis der Mitglieder des Verbandes der griechischen Eigner von Fährschiffen der Name von Herrn Sfinias, der die beiden Schreiben im Namen von Minoan unterzeichnet hatte, genannt ist, dass in der von Minoan veröffentlichten Preisliste eine Generalagentur unter der Anschrift Kifisias 64B, Athen, erwähnt wird und dass schließlich im Telefonverzeichnis von Athen die Gesellschaft Minoan Lines unter der Anschrift aufgeführt ist, zu der sich die Bediensteten der Kommission begaben, um die Nachprüfung durchzuführen.

74 Zu klären bleibt, ob die Bediensteten der Kommission, nachdem sie erfahren hatten, dass ETA eine andere Gesellschaft war, für die ihnen keine Nachprüfungsentscheidung vorlag, den Ort hätten verlassen und gegebenenfalls mit einer Entscheidung hätten wiederkehren müssen, die an ETA gerichtet war und angemessen begründete, weshalb eine solche Nachprüfung im Rahmen der betreffenden Angelegenheit gerechtfertigt sei.

75 Angesichts der oben dargestellten besonderen Umstände konnte die Kommission mit gutem Grund die Auffassung vertreten, dass die "Erläuterungen" der Angestellten von ETA weder genügten, um sofortige Klarheit in der Frage der Unterscheidung zwischen den juristischen Personen zu schaffen, noch, um die Aussetzung der Kontrolle zu rechtfertigen, zumal, wie die Kommission unterstreicht, die Beantwortung der Frage, ob es sich um dasselbe Unternehmen handelte, eine Beurteilung in der Sache und insbesondere eine Auslegung des Umfangs des Geltungsbereichs von Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 erforderlich gemacht hätte.

76 Unter den Umständen des vorliegenden Falles durfte die Kommission, auch nachdem sie erfahren hatte, dass die aufgesuchten Geschäftsräume ETA und nicht Minoan gehörten, die Ansicht vertreten, dass sie gleichwohl als Räumlichkeiten anzusehen seien, die Minoan bei der Abwicklung ihrer Geschäfte nutze, und daher den Geschäftsräumen des Unternehmens gleichgestellt werden könnten, an das die Nachprüfungsentscheidung gerichtet war. Wie der Gerichtshof entschieden hat, kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, besondere Bedeutung zu, da der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den "Geschäftsräumen der Unternehmen" (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 26). Die Kommission durfte deshalb bei der Ausübung ihrer Nachprüfungsbefugnisse berücksichtigen, dass die Chancen, Beweismaterial für die vermutete Zuwiderhandlung zu finden, größer sind, wenn sie in den Räumlichkeiten sucht, von denen aus die von ihr untersuchte Gesellschaft in der Praxis für gewöhnlich ihre unternehmerische Tätigkeit betreibt.

77 Schließlich ist jedenfalls hinzuzufügen, dass der Nachprüfung durch die Kommission letztlich nicht widersprochen wurde.

78 Die Kommission hat deshalb, als sie in einem Fall wie dem vorliegenden auf der Durchführung der Nachprüfung bestand, ihre Untersuchungsbefugnisse aus Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 nicht überschritten.

c) Zur Beachtung der Verteidigungsrechte und zum Fehlen eines übermäßigen Eingriffs der öffentlichen Gewalt in die Betätigungssphäre von ETA

79 Wie oben festgestellt, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts zwar die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen der Kommission zu erhalten, doch muss diese ihrerseits die Beachtung der Verteidigungsrechte der von der Nachprüfung betroffenen Unternehmen sicherstellen und willkürliche oder unverhältnismäßige Eingriffe in die Sphäre der privaten Betätigung dieser Unternehmen unterlassen (Urteile Hoechst/Kommission, Randnr. 19, Dow Benelux/Kommission, Randnr. 30, Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in den Rechtssachen 97/87, 98/87 und 99/87, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, Slg. 1989, 3165, Randnr. 16; Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94, T-306/94, T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, so genanntes "PVC II"-Urteil, Slg. 1999, II-931, Randnr. 417).

80 Was die Beachtung der Verteidigungsrechte angeht, so haben es weder die Klägerin noch die rechtliche Einheit, der die Geschäftsräume gehörten, d. h. ETA, für angebracht gehalten, eine Klage gegen die Nachprüfungsentscheidung zu erheben, auf deren Grundlage die Nachprüfung erfolgt war, obwohl sie dies nach der ausdrücklichen Bestimmung in Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4056/86 hätten tun können.

81 Bezüglich der Klägerin genügt außerdem die Feststellung, dass sie sich auf ihr Recht beruft, im Rahmen ihrer Klage auf Nichtigerklärung der von der Kommission gemäß Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages erlassenen abschließenden Entscheidung die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Nachprüfung zu verlangen.

82 Ferner steht fest, dass die Kommission nicht verpflichtet war, eine gerichtliche Ermächtigung und/oder polizeiliche Hilfe zu beantragen, um die Nachprüfung durchführen zu können, da sich die Angestellten von ETA der Nachprüfung am Ende nicht mehr widersetzten. Eine Nachprüfung wie die im vorliegenden Fall ist deshalb als Nachprüfung anzusehen, die im Zusammenwirken mit dem betroffenen Unternehmen durchgeführt wurde. Diese Feststellung wird nicht dadurch entkräftet, dass Kontakt zur griechischen Wettbewerbsbehörde aufgenommen wurde und sich ein Bediensteter dieser Behörde zum Ort der Nachprüfung begab, da eine derartige Maßnahme in Artikel 18 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4056/86 für die Fälle, in denen sich das Unternehmen der Nachprüfung nicht widersetzt, vorgesehen ist. Unter diesen Umständen kann keine Rede von einem übermäßigen Eingriff der öffentlichen Gewalt in die Betätigungssphäre von ETA die Rede sein, da keine Anhaltspunkte dafür genannt worden sind, dass die Kommission über die von den Angestellten von ETA angebotene Zusammenarbeit hinausgegangen sei (in diesem Sinne Urteil PVC II, Randnr. 422).

C - Ergebnis

83 Nach alledem hat die Kommission im vorliegenden Fall sowohl hinsichtlich der von ihr erlassenen Nachprüfungsmaßnahmen als auch hinsichtlich der Art und Weise, in der die Nachprüfung später durchgeführt wurde, völlig rechtmäßig gehandelt und dabei die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen gewahrt und den allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, wonach die Sphäre der privaten Betätigung natürlicher und juristischer Personen vor unverhältnismäßigen oder willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt geschützt ist, uneingeschränkt beachtet.

84 Dieser Klagegrund ist somit für unbegründet zu erklären.

Zweiter Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag auf den vorliegenden Fall, da die Unternehmen nicht über die erforderliche Handlungsfreiheit verfügt hätten, weil ihr Verhalten durch den gesetzlichen Rahmen und die Anreize der griechischen Behörden vorgegeben gewesen sei

Vorbringen der Parteien

85 Die Klägerin räumt ein, dass sie wie die meisten auf dem Markt Griechenland/Italien tätigen Schifffahrtsgesellschaften, die Passagiere und Kraftfahrzeuge beförderten, über eine recht große Zahl von Jahren hinweg an Verhandlungen zur Festsetzung der auf diesem Markt anwendbaren Tarife teilgenommen habe.

86 Sie wirft der Kommission jedoch vor, sie habe die relevanten Tatsachen unvollständig beurteilt, indem sie die Auswirkungen, die der gesetzliche Rahmen für die Handelsschifffahrt in Griechenland, das Eingreifen des Ministeriums für die Handelsmarine auf dem Markt Griechenland/Italien und die Belastung der betroffenen Unternehmen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf die Tätigkeit dieser Gesellschaften gehabt habe, völlig außer Acht gelassen habe.

87 Diese Verkennung des Kontextes, in dem sich der Sachverhalt ereignet habe, habe bei der Kommission dazu geführt, dass sie zu Unrecht der Auffassung gewesen sei, dass die fraglichen Unternehmen bezüglich der Preispolitik auf den internationalen Teilstrecken der zwischen Griechenland und Italien führenden Routen eine ausreichende Handlungsfreiheit besessen hätten, und daher einen offensichtlichen Fehler begangen habe, indem sie Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag für anwendbar gehalten habe.

88 Um darzutun, dass sie im streitigen Zeitraum bei der Festlegung der internationalen Tarife keine Handlungsfreiheit besessen habe, verweist die Klägerin zunächst auf die Auswirkungen des griechischen gesetzlichen Rahmens für die Schifffahrt, insbesondere auf die Wirkungen des Gesetzes Nr. 4195/29 über den unlauteren Wettbewerb in der Passagierschifffahrt.

89 Sie weist auf die Bedeutung hin, die Griechenland den Strecken zwischen Griechenland und Italien beimesse, und erinnert daran, dass diese Strecken einen Abschnitt auf griechischem Hoheitsgebiet umfassten (von Patras/Igoumenitsa bis Korfu). Die Genehmigung der entsprechenden Verbindungen und die Festsetzung einheitlicher Preise für den inländischen Teil dieser Routen sei nach den griechischen Rechtsvorschriften Sache des Ministeriums für die Handelsmarine. Im Einzelnen würden die Tarife durch ministerielle Entscheidung auf Vorschlag des Verbandes der griechischen Küstenschifffahrtsreeder nach Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für die Küstenschifffahrtslinien festgesetzt. Für den inländischen Teil der Routen gälten das Gesetz über das öffentliche Seerecht (Kapitel über die Küstenschifffahrt, Artikel 158 bis 180a), das vorgenannte Gesetz Nr. 4195/29 und das Gesetzesdekret Nr. 288/69 über die Kontrolle der Fahrten griechischer Passagierschiffe zwischen griechischen Häfen und Häfen anderer Mittelmeerländer.

90 Die Artikel 1, 2 und 4 des Gesetzes Nr. 4195/29 enthielten Verpflichtungen und Verbote für die zwischen Griechenland und Italien operierenden Gesellschaften, die den rein griechischen Teil der Routen erfassten. Die Kommission habe die Auswirkungen dieses Gesetzes dadurch falsch beurteilt, dass sie nur seinen Wortlaut und nicht seinen Inhalt geprüft habe, d. h. die Art und Weise, in der dieses Gesetz auf den gesamten Markt Griechenland/Italien angewandt werde. Dieses Gesetz untersage "für die Routen ins Ausland jede Senkung der Tarife für die Beförderung von Passagieren und Waren, die zum Zweck des unlauteren Wettbewerbs erfolgt und zu Preisen führt, die unseriös niedrig und gemessen an einer angemessenen und fairen Vergütung der geleisteten Dienste und den Anforderungen an Sicherheit und Komfort der Passagiere unverhältnismäßig sind oder die niedriger als die im betreffenden Hafen allgemein verlangten Preise sind". Da die Unternehmen verpflichtet gewesen seien, die Bedienung der Routen im Winter aufrechtzuerhalten, seien sie bereit gewesen, die Tarife sehr stark zu senken, um einen Teil der Überschusskapazität zu decken, deren Aufrechterhaltung ihnen vorgeschrieben gewesen sei. Eine Politik niedriger Preise auf einem bestimmten Markt würde somit unvermeidlich zu einem Preiskrieg und zu Tarifen führen, "die unseriös niedrig und gemessen an... de[n] geleisteten Dienste[n]... unverhältnismäßig" seien und die Anwendung des Gesetzes Nr. 4195/29 sowie mit großer Sicherheit das unmittelbare Eingreifen des Ministeriums für die Handelsmarine bewirken würden. Auch wenn dieses Gesetz nur ein Mindestpreisniveau festlege, sei seine tatsächliche Wirkung daher, für die Gesellschaften, die mit der Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienste betraut seien, jede Möglichkeit des Preiswettbewerbs zu beschränken. Die Kommission habe demzufolge die tatsächlichen Folgen dieses Gesetzes für den in Rede stehenden Markt falsch beurteilt, da sie nicht verstanden habe, dass dieses Gesetz in Verbindung mit der Verpflichtung zur Erbringung der fraglichen Dienste den betroffenen Gesellschaften keine andere Möglichkeit gelassen habe, als sich abzustimmen, um ihre Tarife zu vereinheitlichen.

91 Sodann trägt die Klägerin vor, das Gesetzesdekret Nr. 288/69, das für alle unter griechischer Flagge fahrenden Passagierschiffe gelte, die in griechischen Häfen Reisende nach anderen Mittelmeerhäfen an Bord nähmen, erlege den Schiffseignern sehr strenge Verpflichtungen auf. Nach den Artikeln 2 und 3 dieses Gesetzesdekrets hätten die Eigner dem Ministerium für die Handelsmarine eine schriftliche Erklärung mit Angabe aller Routen zu übermitteln; von diesen Routen dürften sie nicht abweichen.

92 Nationale Routen könnten erst bedient werden, nachdem das Ministerium für die Handelsmarine für jedes Schiff eine "Betriebsgenehmigung" ausgestellt habe. Dieses Ministerium sei im Wesentlichen der Auffassung, dass der internationale Teil der Routen eine natürliche Verlängerung des inländischen Teils darstelle, wie dies der Umstand zeige, dass das Ministerium im Fall zweier Schiffe der Klägerin (Ionian Island und Ionian Galaxy) in der Betriebsgenehmigung das Endziel der Schiffe vermerkt habe. Schließlich habe das Ministerium zumindest in den letzten 15 Jahren keine Betriebsgenehmigung für Fahrten zwischen Patras und Korfu erteilt, wenn diese Fahrten nicht nach italienischen Häfen weitergeführt worden seien.

93 In Anbetracht der Anwendung dieser Rechtsvorschriften durch das Ministerium für die Handelsmarine seien den Unternehmen, die die Routen zwischen Griechenland und Italien und auch das inländische Teilstück der Fahrstrecken bedienten, schwere Verpflichtungen auferlegt worden, die wie die Verpflichtungen nach der Regelung der Küstenschifffahrt als gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen einzustufen seien. Diese Verpflichtungen umfassten im Einzelnen: die ganzjährige Bedienung von Routen nach einem regelmäßigen Zeitplan; eine regelmäßige Verkehrsverbindung unter der ganzen Woche, die unter den größten Unternehmen aufzuteilen sei; die obligatorische Kontrolle der Häufigkeit von Schiffsstilllegungen; spezifische Regelungen für die Güterbeförderung, insbesondere die Verpflichtung, unabhängig von Auslastung oder Saison einen Anteil der Plätze Nutzfahrzeugen vorzubehalten; die Einhaltung der für den inländischen Teil der Fahrstrecke festgelegten Preise sowie der vom Ministerium für die Handelsmarine festgelegten Hoechst- und Mindestpreise für den internationalen Teil des Marktes Griechenland/Italien, um die Kapazität das ganze Jahr über verfügbar zu halten, unabhängig von dem sehr starken Rückgang der Nachfrage im Winter.

94 Die Klägerin führt weiter aus, dass diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nur diejenigen Gesellschaften beträfen, die die internationalen Routen, aber auch die Verbindungen Patras-Igoumenitsa-Korfu bedienten. Diese Verpflichtungen hingen unmittelbar mit dem Bedürfnis dieser Gesellschaften zusammen, eine Betriebsgenehmigung für den inländischen Teil der Routen zu bekommen und zu behalten, denn wenn sie diese Verpflichtungen nicht einhielten, könne es dazu kommen, dass ihnen die Betriebsgenehmigung entzogen werde, die für das nationale Verkehrsgewerbe vorgeschrieben sei.

95 Diese Verpflichtungen zeigten, dass das unmittelbare Ziel des Eingreifens des Ministeriums für die Handelsmarine auf diesem Markt darin bestehe, eine in zeitlicher Hinsicht ausgewogene Verteilung aller auf dem Markt Griechenland/Italien verfügbaren Kapazitäten nach Modalitäten herzustellen, die das ganze Jahr und die gesamte Woche über einen regelmäßigen Fluss von Personen, Fahrzeugen und Waren gewährleisteten.

96 Hinzu komme, dass die Gesellschaften aufgrund der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine keine Möglichkeit hätten, ihre Schiffe in den Wintermonaten abzuziehen und auf anderen, rentableren Märkten einzusetzen, weil die Verkehrsverbindung Patras-Korfu-Igoumenitsa-Italien im Winter eine notwendige Voraussetzung dafür sei, auf diesem Markt in der Tourismussaison tätig zu sein. Da die Verpflichtung, diese Fahrtziele das ganze Jahr über zu bedienen, nicht aufgrund der Nachfrage gerechtfertigt sei, verlange sie eine Überkapazität, die die Lebensfähigkeit dieser Gesellschaften gefährden könnte, wenn sie nicht mit der Aufforderung des Ministeriums einherginge, die Preise vernünftig, insbesondere unter Einhaltung bestimmter Mindestpreise, festzulegen.

97 Sodann trägt die Klägerin vor, der fragliche Markt zeichne sich durch eine große Transparenz aus: Die beteiligten Gesellschaften würden die Parameter für die Preise und die inländischen Strecken aufgrund der jährlichen Sitzungen des Beratenden Ausschusses für die Festlegung der inländischen Tarife und der Strecken sehr genau kennen, und diese Parameter ähnelten den für die internationalen Routen geltenden. Alle Reeder seien daher ganz und gar in der Lage gewesen, die Situation ihrer Konkurrenten genau zu kennen, was zu einer natürlichen Angleichung der Tarife für alle Routen zwischen Griechenland und Italien geführt habe.

98 Das praktische Ergebnis der Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sei das Vorhandensein struktureller Überkapazitäten auf dem Markt, was bei einem freien Wettbewerb nicht aufrechtzuerhalten sei. Unter diesen Umständen bestehe die einzige Lösung darin, eine Konvergenz der Preise herbeizuführen, insbesondere was die Mindestpreise angehe. Die Verhandlungen zum Zweck der Konvergenz der Tarife seien daher ein Mittel gewesen, um die vom Ministerium verlangten gemeinwirtschaftlichen Dienste zu erbringen. Schließlich habe die griechische Regierung dieses Verhalten der Schifffahrtsgesellschaften mittelbar gebilligt.

99 Die Klägerin trägt insoweit vor, das Ministerium für die Handelsmarine habe präventiv die mit dem Gesetz Nr. 4195/29 auf dem Markt Griechenland/Italien vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erlassen, und es habe, um die Überschusskapazitäten auf einem für den Markt Griechenland/Italien wettbewerbsfähigen Preisniveau zu halten, die betroffenen Gesellschaften veranlasst, die Preistabelle innerhalb strikt festgelegter Hoechst- und Mindestgrenzen zu halten, die Tarife nicht über die Inflationsrate hinaus anzuheben und sie nicht so stark zu senken, dass sie zwischen den betroffenen Gesellschaften zu einem Preiskrieg führen würden.

100 Die Klägerin macht außerdem die Auswirkungen des Gesetzes Nr. 4195/29 auf die Handlungsfreiheit der Gesellschaften geltend und führt weiter aus, dass das Ministerium für die Handelsmarine im streitigen Zeitraum zwar nie drastisch eingeschritten sei, um den fraglichen Markt von Grund auf neu zu ordnen, wie dies nach dem Gesetz Nr. 4195/29 möglich gewesen wäre, doch sei dies darauf zurückzuführen, dass die beteiligten Gesellschaften seine Anweisungen beachtet, seine nationale Politik zugunsten der Routen zwischen Griechenland und Italien unterstützt und ihre Tarife vernünftig nach Maßgabe seiner "Ermahnungen" festgelegt hätten.

101 Außerdem hätten die "Wünsche", "Ermahnungen" oder "Empfehlungen" des Ministeriums an die beteiligten Unternehmen praktisch bindenden Charakter, da diese eine Betriebsgenehmigung sowohl für den Markt Griechenland/Italien als auch für andere inländische Linien (Küstenschifffahrt) verfügten. Demzufolge habe die Klägerin nicht die Wahl gehabt, ob sie die gemeinwirtschaftlichen Dienste habe leisten wollen.

102 Die Klägerin zieht daraus die Schlussfolgerung, dass der griechische rechtliche Rahmen, die Praxis des Ministeriums für die Handelsmarine sowie die von diesem auferlegten Verpflichtungen, das Erfordernis einer rechtzeitigen Planung, das ungewisse Nachfragevolumen in der Tourismussaison, die Gefahr einer drakonischen Änderung der Kosten aufgrund der nicht vorherzusehenden jährlichen Abwertung der griechischen Drachme, die Verpflichtung, ihre Vorhaben im Rahmen der obligatorischen Verhandlungen für den inländischen Teil der Routen offenzulegen, und das Erfordernis, den Empfehlungen des Ministeriums für die Handelsmarine nachzukommen, die Tarife für den internationalen Abschnitt des Marktes Griechenland/Italien in den Grenzen der Inflation festzulegen, sie dazu gezwungen hätten, sich in gewissem Maß vor einem Wettbewerb zu schützen, auf den sie nicht durch Unterbrechung oder Verringerung ihrer Tätigkeiten habe reagieren können. Andernfalls wäre das vom Ministerium auf diesem Markt angestrebte "Gleichgewicht" durch ein einseitiges Vorgehen gleich welcher Gesellschaft gefährdet gewesen mit Folgen, die für das Ministerium für die Handelsmarine wenig wünschenswert gewesen wären (z. B. Unterbrechung der Güterbeförderung, hohe Preise, Handelskrieg zwischen den Gesellschaften und unvermeidliche Verringerung der bestehenden Kapazitäten). Die Klägerin räumt ein, dass sich die Konvergenz der Preise unter diesen Umständen durch Rahmenabkommen zwischen den Unternehmen konkretisiert habe, sie führt aber aus, dass diese Abkommen jedem Unternehmen die Möglichkeit belassen hätten, von ihnen Abstand zu nehmen, da sie weder Verpflichtungen noch Klauseln auferlegt hätten, um ihre Einhaltung zu sichern.

103 Die Rahmenabkommen zur Festlegung der Höhe der Tarife hätten keine nachteiligen Auswirkungen auf den Preiswettbewerb auf dem Markt der von Fährschiffern zwischen Griechenland und Italien erbrachten Dienstleistungen gehabt, weil ein solcher Wettbewerb einfach nicht bestanden habe. Der gesetzliche Rahmen habe die Möglichkeit für die Unternehmen beschränkt, die Preise auf dem von ihnen (aufgrund wirtschaftlicher Kriterien) gewünschten Niveau festzusetzen, und den relevanten Markt völlig transparent gemacht.

104 Zur Veranschaulichung dessen weist die Klägerin zunächst darauf hin, dass, wie die Ständige Vertretung Griechenlands in ihrem Schreiben vom 17. Mai 1995 an die Kommission ausgeführt habe, das Ministerium für die Handelsmarine die Tarife für die Inlandsrouten einschließlich des inländischen Teils der internationalen Routen festlege, während die Unternehmen die Tarife für den internationalen Teil der Fahrstrecken frei festlegten. Außerdem habe die Ständige Vertretung Griechenlands in Bezug auf die Tarife für den internationalen Teil der Fahrstrecken im selben Schreiben darauf hingewiesen, dass das Ministerium für die Handelsmarine zum Schutz der nationalen Interessen Griechenlands die Anwendung der Preise durch die Unternehmen prüfe und sie darin bestärke, ihre Preise auf einem wettbewerbsfähigen, nicht sehr hohen Niveau zu halten, so dass die jährlichen Teuerungen jedenfalls nicht die Grenzen der Inflation überschritten. Überdies habe das Ministerium eingeräumt, dass die Freiheit der Unternehmen, ihre Preise autonom festzulegen, durch das Gesetz Nr. 4195/29 beschränkt werde, das insbesondere die Festlegung unseriös niedriger und gemessen an den geleisteten Diensten unverhältnismäßiger Preise verbiete. Schließlich habe die Ständige Vertretung Griechenlands auch ausgeführt, dass es das grundlegende Bestreben der Regierung sei, mit allen Mitteln den Zusammenbruch des Marktes infolge eines etwaigen Handelskriegs zwischen den auf diesem Markt tätigen Unternehmen zu verhindern.

105 Für die Klägerin ergibt sich daraus, dass das Ministerium für die Handelsmarine und das Gesetz Nr. 4195/29 Hoechst- und Mindestpreise festsetzten und dass die Tarife auf den internationalen Routen mittelbar und partiell von den Tarifen beeinflusst seien, die der Staat für den inländischen Teil der internationalen Routen festlege. Diese Beeinflussung erkläre sich dadurch, dass die Festlegung der Tarife für den inländischen Teil der Routen derjenigen für den internationalen Teil der Routen entspreche, da alle Daten, die für die Festlegung der Tarife für den inländischen Teil der Routen relevant seien (Kosten je Einheit, Lohnkosten, Verwendung der Kapazitäten, verfügbare zusätzliche Kapazitäten usw.), denjenigen völlig gleichartig seien, die für die Festlegung der Tarife auf dem internationalen Teil der Routen verwendet würden. Folglich sei immer dann, wenn es für das Ministerium für die Handelsmarine Gründe gebe, die Tarife für den inländischen Teil der Fahrstrecken (vorsorglich) zu erhöhen, auch die Anhebung der für den internationalen Teil der Routen geltenden Tarife geboten.

106 Die Kommission habe die Frage, die die Klägerin ihr schon von den ersten Stadien des Verwaltungsverfahrens an gestellt habe, nämlich die Frage nach der Bedeutung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt Griechenland/Italien, nicht wirklich behandelt. Sie habe sich darauf beschränkt, den griechischen Behörden eine einzige fragmentarische und irreführende Frage des Inhalts zu stellen, inwieweit das Ministerium für die Handelsmarine den betreffenden Gesellschaften mit einem Entzug der Betriebsgenehmigung gedroht hätte, falls sie untereinander keine Einigung über die Tarife auf dem internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien erzielen sollten. Das Ministerium für die Handelsmarine habe den Reedern zwar nicht unmittelbar die Verpflichtung auferlegt, sich über die auf dem internationalen Teil der Fahrstrecken geltenden Tarife zu einigen; die Kommission hätte jedoch die griechische Regierung fragen müssen, welche Konsequenzen es gehabt hätte, wenn die betreffenden Gesellschaften die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wie die griechische Regierung sie bezeichne, nicht erfuellt hätten, den Ermahnungen des Ministeriums für die Handelsmarine, die Tarife für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien ohne Überschreitung der Inflationsrate anzupassen, nicht nachgekommen wären und unlautere Wettbewerbspraktiken angewandt hätten. Hätte die Klägerin die von den griechischen Behörden auferlegten Verpflichtungen nicht erfuellt, so hätte dies ihrer Meinung nach zum Entzug ihrer Betriebsgenehmigung geführt und weitere nachteilige Konsequenzen für sie bedeutet.

107 Unter diesen Umständen habe die Klägerin wegen Beachtung des griechischen gesetzlichen Rahmens, der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine in Bezug auf die Festlegung der Tarife auf dem Markt Griechenland/Italien und der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sowie aufgrund der damit auf diesem Markt herrschenden Transparenz ihre Handlungsfreiheit bei der Festlegung der für den Markt Griechenland/Italien geltenden Preise verloren.

108 Das Verhalten der Klägerin könne daher nicht unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EG-Vertrag fallen. Die rechtliche Würdigung durch die Kommission sei falsch, weil sie von der These ausgehe, dass die Verhandlungen über die Tarife für die Beförderung von Passagieren, Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen zwischen Griechenland und Italien von den Gesellschaften gewollt gewesen seien, während sie das Resultat verschiedener Eingriffe des Ministeriums für die Handelsmarine gewesen seien, das sich hierfür auf den in Griechenland geltenden gesetzlichen Rahmen habe stützen können.

109 Die Klägerin vertritt die Ansicht, der vorliegende Fall sei mit dem Sachverhalt der Rechtssache vergleichbar, die zum Urteil des Gerichts vom 18. September 1996 in der Rechtssache T-387/94 (Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1996, II-961, Randnr. 65) geführt habe, in dem das Gericht entschieden habe, dass ein Unternehmen seine Handlungsfreiheit verloren habe, wenn sich aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien ergebe, dass ihm sein Verhalten von den nationalen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks, etwa die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, aufgezwungen worden sei, die ihm erhebliche Verluste verursachen könnten. Die Klägerin führt außerdem das Urteil Suiker Unie u. a./Kommission (Randnrn. 63 bis 73) an, in dem der Gerichtshof zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das von der Kommission beanstandete Verhalten in Anbetracht der Auswirkungen der italienischen Regelung auf den Wettbewerb nicht unter Artikel 85 EG-Vertrag falle, und insbesondere ausgeführt habe, dass die Kommission dem Umstand, dass die den betroffenen Unternehmen vorgeworfenen Verhaltensweisen in wesentlichen Zügen durch diese Regelung und die daran anknüpfende Praxis maßgebend beeinflusst worden seien, nicht hinreichend Rechnung getragen und daher einen für die Beurteilung der behaupteten Zuwiderhandlungen erheblichen Gesichtspunkt vernachlässigt habe.

110 Die Kommission habe nicht geprüft, inwieweit die besonderen Umstände des Falles zur Unanwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag führen könnten, obwohl diese Umstände klar aus den Schreiben der griechischen Behörden an die Kommission hervorgingen.

111 Die Kommission tritt der Behauptung, dass die Anwendungsvoraussetzungen von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag nicht vorlägen, und insbesondere den Gedanken entgegen, dass diese Vorschrift bei einer mangelnden Handlungsfreiheit der betreffenden Unternehmen bei der Festlegung der Tarife für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien nicht anwendbar sei.

112 Zunächst hätten, wie die Klägerin selbst einräume, die von ihr für die These der mangelnden Handlungsfreiheit angeführten Faktoren - in ihrer Gesamtheit oder gesondert - die betreffenden Gesellschaften keineswegs und in keiner Weise gezwungen, die Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien einvernehmlich festzulegen. Keine gesetzliche Vorschrift und auch nicht die Haltung der staatlichen Stellen habe diese Gesellschaften rechtlich oder tatsächlich verpflichtet, die in der Entscheidung genannten Vereinbarungen zu treffen. Außerdem hätten diese Faktoren den Wettbewerb in Bezug auf die Festlegung der internationalen Tarife - unmittelbar oder mittelbar - nicht beseitigt.

113 Sodann bestreitet die Kommission, dass es den Unternehmen an Handlungsfreiheit gefehlt habe, wozu nach dem Vorbringen der Klägerin der griechische gesetzliche Rahmen, die Anwendung des Gesetzes Nr. 4195/29 über den unlauteren Wettbewerb und die Anreize der griechischen Behörden, in einer bestimmten Weise zu handeln, geführt hätten.

114 Bezüglich des angeblichen Einflusses des von den griechischen Behörden auf die Handlungsfreiheit der Klägerin ausgeübten Druckes bestreitet die Kommission, dass das streitige Kartell auf Initiative der griechischen Behörden vereinbart worden sei, die diese Praxis als Mittel zur Umsetzung ihrer nationalen Politik auf dem Markt Griechenland/Italien indirekt gebilligt hätten.

115 Die Kommission bestreitet außerdem das weitere Vorbringen der Klägerin zur fehlerhaften Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag auf den vorliegenden Fall.

116 Sie wendet sich erstens gegen das Argument der Klägerin, dass es in Anbetracht einer Art von "Gewöhnung" der Gesellschaften an die obligatorischen Verhandlungen nicht möglich gewesen sei, genau die Grenzen dessen zu bestimmen, was im Rahmen der regelmäßigen Verhandlungen erlaubt gewesen sei. Die Kommission trägt vor, dass nach ständiger Rechtsprechung der Umstand, ob sich die Klägerin eines Verstoßes gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag bewusst gewesen sei, belanglos sei. Es genüge der Nachweis, dass sie gewusst habe, dass das streitige Verhalten, das sie gezeigt habe, den Wettbewerb habe beschränken können (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique Diffussion Française/Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnr. 112).

117 Zweitens habe die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin den Inhalt der Schreiben der Ständigen Vertretung Griechenlands und des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine tatsächlich berücksichtigt, wonach die griechischen Behörden der Klägerin zufolge die meisten anderen Wettbewerbsparameter als die Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien im Wesentlichen geregelt hätten (Randnrn. 101 bis 105 der Entscheidung).

118 Drittens entgegnet die Kommission auf das Argument, die Vereinbarung habe keine bindende Wirkung gehabt, dass es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes für die Annahme, dass eine Beschränkung in einer Absprache im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag bestehe, genüge, dass sie ein getreuer Ausdruck des Willens der betreffenden Unternehmen sei, ohne dass erforderlich sei, dass diese Vereinbarung die Wesensmerkmale eines bindenden Vertrages aufweise. Was die Möglichkeit unterschiedlicher Preisgestaltung angehe, so seien die Grenzen der fraglichen Abweichungen zum Teil von den betroffenen Gesellschaften vereinbart worden, wie sich aus den Beweismitteln ergebe.

Würdigung durch das Gericht

119 Nach der Rechtsprechung gelten die Artikel 85 und 86 des Vertrages nur für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, die die Unternehmen aus eigener Initiative an den Tag legen (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 20. März 1985 in der Rechtssache 41/83, Italien/Kommission, Slg. 1985, 873, Randnrn. 18 bis 20, vom 19. März 1991 in der Rechtssache C-202/88, Frankreich/Kommission, Slg. 1991, I-1223, Randnr. 55, vom 13. Dezember 1991 in der Rechtssache C-18/88, GB-Inno-BM, Slg. 1991, I-5941, Randnr. 20, sowie vom 11. November 1997 in den Rechtssachen C-359/95 P und C-379/95 P, Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Slg. 1997, I-6265, Randnr. 33). Wird den Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben oder bilden diese einen rechtlichen Rahmen, der selbst jede Möglichkeit eines Wettbewerbsverhaltens ihrerseits ausschließt, so sind die Artikel 85 und 86 nicht anwendbar. In einem solchen Fall findet die Wettbewerbsbeschränkung nicht, wie diese Vorschriften voraussetzen, in selbständigen Verhaltensweisen der Unternehmen ihre Ursache (Urteil Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Randnr. 33; Urteile des Gerichts vom 7. Oktober 1999 in der Rechtssache T-228/97, Irish Sugar/Kommission, Slg. 1999, II-2969, Randnr. 130, und vom 30. März 2000 in der Rechtssache T-513/93, Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali/Kommission, Slg. 2000, II-1807, Randnr. 58).

120 Dagegen sind die Artikel 85 und 86 des Vertrages anwendbar, wenn sich herausstellt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen lassen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden kann (Urteile des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 126, sowie Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Randnr. 34; Urteile des Gerichts Irish Sugar/Kommission, Randnr. 130, und Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali/Kommission, Randnr. 59).

121 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit, ein bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten vom Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages deshalb auszunehmen, weil es den betreffenden Unternehmen durch die geltenden nationalen Rechtsvorschriften vorgeschrieben wird oder diese jede Möglichkeit eines Wettbewerbsverhaltens ausschließen, von den Gemeinschaftsgerichten restriktiv behandelt worden ist (Urteile Van Landewyck u. a./Kommission, Randnrn. 130 und 133, sowie Italien/Kommission, Randnr. 19; Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1985 in den Rechtssachen 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, Slg. 1985, 3831, Randnrn. 27 bis 29; Urteile des Gerichts vom 18. September 1996 in der Rechtssache T-387/94, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1996, II-961, Randnrn. 60 und 65, sowie Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali/Kommission, Randnr. 60).

122 Fehlt es an einer zwingenden Rechtsvorschrift, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, kann die Kommission somit nur dann auf eine fehlende Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen schließen, wenn sich aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien ergibt, dass diesen ihr Verhalten von den nationalen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten (Urteil Asia Motor France u. a./Kommission, Randnr. 65).

123 Im vorliegenden Fall geht das Vorbringen der Klägerin dahin, dass der in Griechenland bestehende rechtliche Rahmen und die Politik des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine die Autonomie der Reedereien insbesondere hinsichtlich der Festsetzung der Preise für die Inlandsrouten und den inländischen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien entscheidend eingeschränkt hätten. Die Reedereien seien deshalb zu Kontakten, Abstimmungen und Verhandlungen über die grundlegenden Parameter ihrer Geschäftspolitik wie die Preise genötigt gewesen.

124 Daher ist zu prüfen, ob die hier vorgeworfenen Verhaltensweisen ihre Ursache in den nationalen Rechtsvorschriften oder in der Praxis der griechischen Behörden haben oder ob sie zumindest zum Teil auf dem Willen der Klägerin und der übrigen an den Vereinbarungen beteiligten Unternehmen beruhen. Zu prüfen ist somit, ob der rechtliche Rahmen und die Politik des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine zusammen bewirkt haben, dass die Autonomie der Unternehmen hinsichtlich der Festlegung ihrer Preispolitik auf den Routen zwischen Griechenland und Italien aufgehoben und somit jede Möglichkeit eines Wettbewerbs zwischen den Unternehmen beseitigt wurde.

125 Die Handelsschifffahrt in Griechenland wird durch das Gesetz über das öffentliche Seerecht, das Gesetz über das private Seerecht und andere Sonderregelungen mit Bestimmungen über unlauteren Wettbewerb im Seeverkehr, darunter insbesondere das Gesetz Nr. 4195/29 über unlauteren Wettbewerb und das am 1. Januar 1979 im Hinblick auf den Beitritt der Hellenischen Republik zu den Europäischen Gemeinschaften in Kraft getretene Gesetz Nr. 703/77 über den freien Wettbewerb, geregelt.

126 Das griechische Ministerium für die Handelsmarine trifft im Rahmen der ihm durch die genannten Rechtsvorschriften eingeräumten Befugnisse folgende Maßnahmen: a) die Erteilung von "Betriebsgenehmigungen" für die Inlandsrouten einschließlich des inländischen Teils internationaler Strecken; b) die Genehmigung einheitlicher, verbindlicher Preise für die Inlandsverbindungen oder für den inländischen Teil internationaler Verbindungen, wie den Abschnitt Patras-Igoumenitsa-Korfu; c) die alljährliche Genehmigung der Verbindungen; d) die Überwachung der Stilllegung der Schiffe, um den Betrieb der obligatorischen Verbindungen zu gewährleisten; e) die Verpflichtung der Reedereien, miteinander Verhandlungen zu führen, um die Verbindungen zu planen und zu koordinieren, bevor das Ministerium für die Handelsmarine die Routenpläne für das folgende Jahr im Rahmen neuer Verhandlungen mit den Gesellschaften genehmigt.

127 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Erteilung von Betriebsgenehmigungen, die Festsetzung verbindlicher Preise, die alljährliche Genehmigung von Strecken und die Überwachung der Stilllegung der Schiffe durch das griechische Ministerium für die Handelsmarine die Inlandsrouten und nicht die internationalen Routen betreffen. Außerdem hat die Kommission in ihren Schriftsätzen, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, darauf hingewiesen, dass die mit der Betriebsgenehmigung verbundene Verpflichtung zur Durchführung regelmäßiger Fahrten nur für die unter griechischer Flagge fahrenden Schiffe gelte, und zwar nur in Bezug auf Inlandsrouten und auf den inländischen Teil internationaler Routen. Weiter hat die Kommission, ohne dass ihr insoweit widersprochen worden wäre, ausgeführt, dass die Unternehmen frei wählen könnten, ob sie internationale Routen mit inländischem Teil oder ohne einen solchen oder sogar nur Inlandsrouten befahren wollten. Habe sich ein Unternehmen entschieden, internationale Routen ohne inländischen Teil zu befahren, brauche es somit keine Betriebsgenehmigung und müsse die damit verbundenen Verpflichtungen nicht erfuellen.

128 Ferner verlangte das Ministerium für die Handelsmarine zum Zweck der Festsetzung der Preise für die Inlandsrouten von den Reedereien, ihm umfassende Vorschläge für jede Inlandsroute zu unterbreiten und die vorgeschlagenen Beträge anhand der Betriebskosten, der Inflation, der Rentabilität der Routen, der Häufigkeit der Fahrten usw. zu begründen. Anschließend genehmigte das Ministerium auf der Grundlage der vorgeschlagenen Preise, ihrer Begründung und anderer, allgemeinerer Kriterien, die mit der Gesamtpolitik der Regierung zusammenhingen, sowie nach Stellungnahme der Preis- und Einkommenskommission des griechischen Finanzministeriums die Vorschläge oder änderte sie; dies geschah in der Praxis durch Festsetzung der Preise. Die behördliche Festsetzung der Preise für den inländischen Teil der entsprechenden Verbindungen soll sich deshalb auf die Preise des internationalen Teils der Routen zwischen Griechenland und Italien auswirken, da diese Preise eine entsprechende Funktion hätten wie Richtpreise.

129 Die griechischen Rechtsvorschriften über unlauteren Wettbewerb und insbesondere Artikel 2 des Gesetzes Nr. 4195/29 untersagen "für die Routen ins Ausland jede Senkung der Tarife für die Beförderung von Passagieren und Waren, die zum Zweck des unlauteren Wettbewerbs erfolgt und zu Preisen führt, die unseriös niedrig und gemessen an einer angemessenen und fairen Vergütung der geleisteten Dienste und den Anforderungen an Sicherheit und Komfort der Passagiere unverhältnismäßig sind oder die niedriger als die im betreffenden Hafen allgemein verlangten Preise sind". Artikel 4 des Gesetzes Nr. 4195/29 bestimmt:

"Führt die Preisfestsetzungsfreiheit auf den Routen ins Ausland zu unlauterem Wettbewerb, so kann das Schifffahrtsministerium (Abteilung für die Handelsmarine) neben der Anwendung der Bestimmungen der vorstehenden Artikel nach Stellungnahme des Rates für die Handelsmarine Unter- und Obergrenzen für die Preise für die Beförderung von Passagieren und Waren auf griechischen Passagierfähren auf den Verbindungen zwischen den griechischen und den ausländischen Häfen festsetzen. Die Unter- oder Überschreitung dieser Grenzen ist verboten; gegen Zuwiderhandelnde können die in Artikel 3 genannten Sanktionen verhängt werden."

130 Ferner ist vorgetragen worden, dass das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien Anreize biete, die Preise im internationalen Streckenteil niedrig zu halten und bei den jährlichen Erhöhungen ein Überschreiten der Inflationsrate und jede Form von Handelskrieg untereinander zu vermeiden, damit es nicht eingreifen und Gebrauch von seinen Befugnissen aus dem Gesetz Nr. 4195/29 machen müsse.

131 Das Ministerium für die Handelsmarine hat in seinem in Randnummer 101 der Entscheidung erwähnten Schreiben vom 23. Dezember 1994 Folgendes auf das Schreiben der Kommission vom 28. Oktober 1994 geantwortet:

"...

Was das Memorandum von Strintzis Lines angeht, so habe ich keine besonderen Anmerkungen und möchte nur darauf hinweisen, dass sich das Ministerium nicht in die Preisfestsetzungspolitik der Gesellschaften auf den internationalen Routen einschaltet. Wir werden nur bei der Festsetzung der Preise für die Verbindungen zwischen griechischen Häfen tätig.

Wie ich Ihnen bereits bei unserem Treffen im September erläutert habe, kommt nach Ansicht Griechenlands dem Meereskorridor zwischen den Häfen an seiner Westküste und den Häfen an der Ostküste Italiens größte Bedeutung für das eigene Land und für die Gemeinschaft zu, da dies die einzige wichtige direkte Verbindung zwischen Griechenland und dem Rest der Europäischen Union ist.

Es liegt daher in unserem nationalen Interesse und im Gemeinschaftsinteresse, dass die Schiffe ganzjährig zwischen Griechenland und Italien fahren, damit unsere Ein- und Ausfuhren und der Passagierverkehr erleichtert werden. Sie werden außerdem verstehen, dass wir daran interessiert sind, dass die Tarife wettbewerbsfähig, aber auch so festgelegt sind, dass der Beförderungspreis niedrig bleibt, damit unsere Ein- und Ausfuhren auf den europäischen Märkten wettbewerbsfähig bleiben.

Um zu der speziellen Frage zu kommen, die Sie mir gestellt haben, so muss ich sagen, dass ich im Memorandum von Strintzis nichts entdeckt habe, was mich zu dieser Schlussfolgerung veranlassen könnte.

Ich bin mir sicher, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Es ist undenkbar und kommt überhaupt nicht in Frage, dass das Ministerium mit dem Entzug von Betriebsgenehmigungen für die Verbindungen zwischen Inlandshäfen droht, wenn Gesellschaften eine Einigung über die Preise der internationalen Verbindungen ablehnen.

Wie Sie den beigefügten einschlägigen Rechtsvorschriften entnehmen können, ist die vom Ministerium erteilte Betriebsgenehmigung für die Inlandsverbindungen mit bestimmten Verpflichtungen verbunden (ganzjähriger Betrieb, Häufigkeit der Fahrten usw.); wenn diese Verpflichtungen nicht beachtet werden, kann das Ministerium die Genehmigung entziehen. Darüber hinaus werden die Preise periodisch durch Ministerialbeschluss festgelegt. Diese Sondervorschriften betreffen die Schiffe von Gesellschaften, die Betriebsgenehmigungen für den inländischen Teil der Strecke zwischen Griechenland und Italien haben (Patras-Igoumenitsa-Korfu)..."

132 Mit Schreiben vom 17. März 1995 (siehe Randnr. 103 der Entscheidung) hat der Stellvertreter des Ständigen Vertreters der Hellenischen Republik bei den Europäischen Gemeinschaften wie folgt auf ein Schreiben der Kommission vom 13. Januar 1995 geantwortet:

"1. Die griechische Regierung misst dem ungestörten Betrieb der Seeverbindung zwischen den westgriechischen Häfen (hauptsächlich Patras, Igoumenitsa und Korfu) und den italienischen Häfen von Ancona, Bari, Brindisi und Triest große Bedeutung bei.

...

Der ganzjährige, regelmäßige und ununterbrochene Betrieb der Verbindungen zwischen den griechischen und den italienischen Häfen trägt entscheidend dazu bei, die Entwicklung der griechischen Ein- und Ausfuhren, die auch den Gemeinschaftshandel insgesamt berührt, zu erleichtern und sicherzustellen.

Das Interesse der griechischen Regierung und insbesondere des Ministeriums für die Handelsmarine, das die nationale Politik im Bereich des Seeverkehrs ausarbeitet, ist deshalb darauf gerichtet, den reibungslosen Betrieb der Verbindung zwischen Griechenland und Italien zu erhalten.

Die auf dieser Route angebotenen Dienste werden von uns daher als Dienstleistungen eingestuft, die im öffentlichen Interesse unseres Landes liegen. Sie werden deshalb verstehen, dass der griechischen Regierung sehr daran gelegen ist, die Lebensfähigkeit dieser Route zu erhalten, indem mit allen Mitteln ein Preiskrieg verhindert wird, der nicht nur die reibungslose Abwicklung unseres Ein- und Ausfuhrhandels, sondern auch einen reibungslosen Fahrzeug- und Personenverkehr behindern könnte. Wie bereits gesagt, besteht unser Hauptanliegen darin, den Verkehr auf dieser Seeroute ganzjährig sicherzustellen und zu verhindern, dass die Verkehrsströme infolge eines Preiskrieges austrocknen.

2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen und der daraufhin eingenommenen Standpunkte haben die zuständigen Abteilungen des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine Entscheidungen getroffen, um die Frage des reibungslosen Fahrzeugverkehrs für die einzelnen Jahreszeiten möglichst angemessen zu regeln. Dementsprechend sind Maßnahmen ergriffen worden, damit auf Passagier- und Fahrzeugfähren stets eine bestimmte Zahl von Plätzen für Güterkraftfahrzeuge reserviert ist und der Parkraum der Schiffe insbesondere in den Sommermonaten, wenn der Passagierverkehr lebhafter ist, nicht bereits durch Pkws ausgelastet ist. Auf diese Weise ist es ermöglicht worden, den Warenstrom zu erhalten und die reibungslose Versorgung der Märkte sicherzustellen.

Ferner ist auf strenge Beachtung der Streckenpläne der Schiffe geachtet worden, damit Verspätungen vermieden werden, aber auch, damit Fragen wie das Vorhandensein angemessener Liegeplätze in den Zielhäfen der Schiffe geregelt werden können, um deren Sicherheit zu gewährleisten und die Dienstleistungen für die beförderten Passagiere und Kraftfahrzeuge zu verbessern.

3. Was die von den Reedereien verlangten Frachtraten angeht, so weisen wir darauf hin, dass sich die Tätigkeit des Ministeriums für die Handelsmarine als zuständiger Behörde für die Schifffahrtskontrolle hinsichtlich der Frachtraten für die Küstenverbindungen auf die Festsetzung der Preise für die inländische Küstenschifffahrt beschränkt. Auf den internationalen Routen wird auch in den Fällen, in denen die Fahrt Zwischenstopps in griechischen Häfen umfasst (z. B. Patras-Korfu-Ancona), zwar die Strecke zwischen den griechischen Häfen durch eine genehmigte Preisliste geregelt, die Preise für die Fahrt zwischen Griechenland und Italien von den Betreibern der Linie aber frei festgesetzt. In diesem Fall wird der Gesamtpreis der für einen Endzielort in Italien ausgestellten Fahrkarte durch den staatlich festgesetzten Preis für den griechischen Beförderungsabschnitt beeinflusst, selbstverständlich jedoch nur mittelbar und partiell.

Was die Preise für Reisen ins Ausland betrifft, die, wie bereits gesagt, frei festgesetzt werden, so gibt das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien Anreize, die Preise niedrig und wettbewerbsfähig zu halten und auf jeden Fall zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschreiten. Unsere nationalen Interessen verlangen nämlich, dass unser Ausfuhrhandel wettbewerbsfähig und unsere Einfuhren so billig wie möglich bleiben. Auf dieser Grundlage können die Reedereien ihre Preise anhand ihrer eigenen geschäftlichen und wirtschaftlichen Kriterien festlegen.

Diese Freiheit wird durch die griechischen Rechtsvorschriften dann beschränkt, wenn sie zu unlauterem Wettbewerb führt. Im Einzelnen soll das Gesetz Nr. 4195/29 (Kopie in der Anlage) einen unlauteren Wettbewerb zwischen Reedereien verhindern, die Linien zwischen Griechenland und dem Ausland betreiben, indem insbesondere unseriös niedrige Preise, das gleichzeitige Auslaufen von zwei oder mehr dieselbe Route befahrenden Schiffen aus demselben Hafen und die Nichtdurchführung der angekündigten Fahrt (mit Ausnahme bestimmter Fälle höherer Gewalt - Artikel 3) untersagt werden. Im Fall unlauteren Wettbewerbs kann das Ministerium für die Handelsmarine Preisunter- und -obergrenzen festsetzen (Artikel 4). In diesem Rahmen gibt das Ministerium den Gesellschaften informelle Anreize, ihre Preise niedrig zu halten und zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschreiten.

4. Die vorstehenden Ausführungen erschienen uns notwendig, um zu verdeutlichen, dass der Seeverkehr zwischen Patras und Italien, der ohne jede staatliche Hilfe durch private Initiative eingerichtet wurde, weiter ungestört funktionieren muss, damit die dort eingesetzten Schiffe die im öffentlichen Interesse unseres Landes liegenden Leistungen erbringen, da diese Seeverbindung die einzige direkte Verbindung zu den Ländern der Europäischen Union ist.

5. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass der rechtliche Rahmen für die Erteilung und den Entzug der Betriebsgenehmigungen, die, wie bereits gesagt, nur für die inländischen Verbindungen in Griechenland gelten, bestimmt, dass das Ministerium für die Handelsmarine die Betriebsgenehmigung entziehen kann, wenn die Gesellschaft die in ihrer Betriebsgenehmigung angegebenen Verpflichtungen nicht beachtet (z. B. ordnungsgemäße Durchführung der angekündigten Fahrten, jährliche Stilllegungszeit, angemessene Häufigkeit der Fahrten)."

133 In diesen beiden Schreiben der griechischen Behörden wird zwar betont, dass das geordnete Funktionieren und die Regelmäßigkeit des Betriebes der Seeverbindungen zwischen Griechenland und Italien eine wichtige nationale Angelegenheit ist, doch bestätigen die Schreiben, dass der Abschluss von Preisabsprachen für die internationalen Routen weder durch das griechische Recht noch durch die Politik der griechischen Behörden vorgeschrieben wird.

134 Zwar geht aus den Erklärungen der griechischen Behörden gegenüber der Kommission hervor, dass eines ihrer Hauptanliegen darin bestand, ganzjährig einen regelmäßigen Betrieb der Seeverbindungen nach Italien sicherzustellen, und dass sie die schädlichen Auswirkungen fürchteten, die unlautere Wettbewerbshandlungen wie z. B. ein Preiskrieg haben konnten. Weiter steht fest, dass das Gesetz dem Ministerium für die Handelsmarine zur Verhinderung derartiger Handlungen die Befugnis zur Festsetzung von Preisunter- und -obergrenzen gab. Gleichwohl wäre eine Abstimmung über die Preise auch in einem solchen Fall auf keinen Fall berechtigt, da die einzelnen Unternehmen die Freiheit behalten würden, innerhalb der fraglichen Ober- und Untergrenzen selbständig ihre Preise zu beschließen. Außerdem bestätigen die Erklärungen in den vorstehend geprüften Schreiben, dass die Preise für die Seerouten zwischen Griechenland und Italien von den auf diesen Routen tätigen Gesellschaften frei festgesetzt werden. Ferner folgt aus diesen Erklärungen unbestreitbar, dass das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Ausfuhren und der Angemessenheit der Einfuhrpreise keine Anreize dazu gab, in Absprache miteinander die Preise zu erhöhen, sondern lediglich dazu, ihre Preise niedrig und wettbewerbsfähig zu halten und auf jeden Fall zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschritten.

135 Daraus folgt, dass alle Reedereien, die auf den genannten Routen tätig sind, über beträchtliche Autonomie bei der Festlegung ihrer Preispolitik verfügten und daher stets den Wettbewerbsregeln unterlagen. Die zitierten Schreiben zeigen, dass nach Ansicht der griechischen Behörden die uneingeschränkte Anwendung der Wettbewerbsregeln und damit das Verbot von Preisabsprachen nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages die Reedereien weder rechtlich noch tatsächlich daran hinderten, die ihnen durch die griechische Regierung übertragene Aufgabe zu erfuellen. Dass die Ständige Vertretung der Hellenischen Republik in ihrem Schreiben vom 17. März 1995 den Betrieb der Verbindungen zwischen Griechenland und Italien als "Dienstleistung im öffentlichen Interesse" einstufte, ist daher für die Zwecke der Anwendung des Artikels 85 des Vertrages nicht relevant. Aus denselben Gründen braucht nicht geprüft zu werden, ob die Kommission zu Recht das Vorbringen zurückweist, dass die von der Entscheidung betroffenen Unternehmen nach Gemeinschaftsrecht als mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraute Unternehmen im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 2 EG) anzusehen seien.

136 Die Angaben in den fraglichen Schreiben bestätigen, dass sich die Klägerin nicht auf ein Zusammentreffen von Faktoren berufen kann, die die Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien beeinflusst und die Autonomie der Unternehmen bei der Planung und Festlegung ihrer Preispolitik beschränkt hätten. Die Schreiben bestätigen, dass sich das griechische Ministerium für die Handelsmarine nur insoweit in die Preisfestsetzungspolitik der Gesellschaften auf den internationalen Routen einmischte, als es ihnen informelle Anreize gab, ihre Preise niedrig zu halten und zu vermeiden, dass die jährlichen Preiserhöhungen die Inflationsrate überschritten. Angesichts dieses Verhaltens der griechischen Behörden blieb auf dem Markt eindeutig die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden konnte.

137 Zu ergänzen ist, dass das Gesetz Nr. 4195/29 kein Verbot der Senkung der Preise für die internationalen Routen enthält. Zwar untersagt dieses Gesetz, das jeden unlauteren Wettbewerb zwischen den Reedereien, die auf den Routen zwischen griechischen und ausländischen Häfen tätig sind, verhindern soll, insbesondere Senkungen der Preise auf ein unseriös niedriges Niveau, das gleichzeitige Auslaufen von zwei oder mehreren dieselbe Route befahrenden Schiffen aus demselben Hafen und die Nichtdurchführung der angekündigten Fahrt (mit Ausnahme von Fällen höherer Gewalt) (Artikel 2), doch nimmt es den beschuldigten Unternehmen nicht "jeden Handlungsspielraum". Das Gesetz bestätigt im Gegenteil, dass jedes Unternehmen seine Preispolitik grundsätzlich nach seinem Ermessen festlegen kann, solange es keine unlautere Wettbewerbshandlung begeht. Das Verbot unlauterer Wettbewerbshandlungen kann keineswegs so verstanden werden, dass den fraglichen Unternehmen der Abschluss von Vereinbarungen vorgeschrieben wird, die die Festsetzung der Preise für die internationalen Routen zum Gegenstand haben. Da es an einer zwingenden Rechtsvorschrift fehlt, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, kann sich die Klägerin nur dann auf fehlende Handlungsfreiheit berufen, wenn sie objektive, schlüssige und übereinstimmende Indizien dafür beibringt, dass den Unternehmen dieses Verhalten von den griechischen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten.

138 Die Angaben in den oben zitierten Schreiben der griechischen Behörden zeigen aber, dass diese keineswegs eine Maßnahme erlassen oder eine Praxis eingeführt haben, die als "übermächtiger Druck" angesehen werden könnte, durch den die Reedereien zum Abschluss von Preisabsprachen bewegt werden sollten. Die Klägerin kann daher nicht geltend machen, dass den betreffenden Unternehmen bei der Festlegung ihrer Preispolitik jeder Handlungsspielraum genommen worden sei und dass ihnen das von der Kommission vorgeworfene wettbewerbswidrige Verhalten durch die geltenden nationalen Rechtsvorschriften oder die Politik der griechischen Behörden vorgeschrieben worden sei.

139 Was die Anreize des Ministeriums für die Handelsmarine angeht, die Preise für die internationalen Routen niedrig zu halten und bei den jährlichen Preiserhöhungen nicht die Inflationsrate zu überschreiten, so verweist das Schreiben dieses Ministeriums auf informelle "Anreize", spricht aber keineswegs von einer "einseitigen Anordnung". Die Gesellschaften hatten somit die Möglichkeit, den informellen Anreizen zu widerstehen, ohne deshalb den Erlass irgendwelcher staatlicher Maßnahmen fürchten zu müssen. Im Übrigen schließt das griechische Ministerium in seinem Schreiben vom 23. Dezember 1994 ausdrücklich aus, dass es mit dem Entzug der Betriebsgenehmigungen für die inländischen Routen drohen könne, wenn die Gesellschaften keine Einigung über die Preise für die internationalen Routen erzielten.

140 Was den Umstand angeht, dass das griechische Ministerium für die Handelsmarine nach dem Gesetz Nr. 4195/29 im Fall unlauteren Wettbewerbs Preisunter- und -obergrenzen zur Verhinderung eines Preiskrieges festlegen kann, so ist festzustellen, dass das betreffende Gesetz den beschuldigten Unternehmen nicht "jeden Handlungsspielraum" nimmt, sondern ihnen eine gewisse Freiheit bei der Festlegung ihrer Preispolitik gibt, soweit sie nicht unlautere Wettbewerbshandlungen begehen. Nach Artikel 4 dieses Gesetzes darf das Ministerium für die Handelsmarine die fraglichen Preisunter- und -obergrenzen nämlich nur festlegen, wenn das Recht der Unternehmen, eigenständig die Preise für die Routen ins Ausland festzusetzen, zu unlauteren Wettbewerbshandlungen führt.

141 Nach alledem ist dieser Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Dritter Klagegrund: Unzureichende Begründung der Entscheidung

Vorbringen der Parteien

142 Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe die Entscheidung in Bezug auf mehrere von ihr im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Argumente unzureichend begründet.

143 Erstens, da sich die Kommission nicht zu den Auswirkungen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf den Umfang der Handlungsfreiheit geäußert habe, über die die betroffenen Unternehmen bei der Festlegung der für das internationale Teilstück der Fahrstrecken geltenden Tarife verfügt hätten, weise die Entscheidung einen Begründungsmangel auf. Insbesondere habe die Kommission nicht geprüft, inwieweit der griechische gesetzliche Rahmen, die Anreize der griechischen Behörden und die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der betroffenen Unternehmen Faktoren gewesen seien, die zur Unanwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag geführt hätten. Zweitens gebe die Entscheidung nicht die Gründe an, aus denen die Kommission die Bemerkungen außer Acht gelassen habe, die die Klägerin mit den Schreiben der Ständigen Vertretung Griechenlands und des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine zur Bestätigung der Auswirkungen dieser Faktoren auf die Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen vorgelegt habe. Drittens habe die Kommission nicht hinreichend begründet, weshalb die Argumente der Klägerin zur Unanwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag auf den vorliegenden Sachverhalt hätten zurückgewiesen oder außer Acht gelassen werden müssen.

144 Die Kommission sei zwar nicht verpflichtet gewesen, in der Entscheidung alle Argumente der betroffenen Unternehmen wiederzugeben; nach ständiger Rechtsprechung müsse sie allerdings die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführen, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukomme (Urteil Asia Motor France u. a./Kommission, Randnr. 104) und die eine unmittelbare Beziehung zu der Rechtssache hätten (Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-15/89, Chemie Linz/Kommission, Slg. 1992, II-1275, Randnr. 328). Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe dargetan, dass die Erwägungen zu den vom Ministerium für die Handelsmarine auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die Rechtssache von Bedeutung seien. Diese Erwägungen seien in der Entscheidung aber nicht einmal erwähnt worden (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1995 in der Rechtssache C-360/92 P, Publishers Association/Kommission, Slg. 1995, I-23).

145 Die Kommission vertritt die Ansicht, die Begründung der Entscheidung ermögliche es der Klägerin, deren Richtigkeit nachzuprüfen. In der Entscheidung habe sie zu den genannten Argumenten der Klägerin ausführlich Stellung genommen, indem sie die Gesichtspunkte, auf die sich die Klägerin gestützt habe, ausdrücklich erwähnt habe.

Würdigung durch das Gericht

146 Wie die Klägerin selbst einräumt, ist die Kommission nicht verpflichtet, in ihrer Entscheidung alle Argumente der Parteien wiederzugeben. Sie muss allerdings die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführen, denen nach dem Aufbau der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (Urteile Asia Motor France u. a./Kommission, Randnr. 104, und Chemie Linz/Kommission, Randnr. 328).

147 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich aber aus den Randnummern 98 bis 108 der Entscheidung, dass die Kommission zu den Argumenten der Klägerin in Bezug auf die Auswirkungen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf den Umfang der Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen und somit zur Frage der Anwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag auf den vorliegenden Sachverhalt ausführlich Stellung genommen hat. Desgleichen ergibt sich aus den Randnummern 101, 103, 105, 106 und 108 der Entscheidung, dass sich die Kommission konkret auf die von der Klägerin angeführten Schreiben der griechischen Behörden bezogen hat.

148 Die Klägerin kann auch nicht behaupten, ihre Argumente zu den vom Ministerium für die Handelsmarine auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen seien außer Acht gelassen worden. Das Bestehen solcher Verpflichtungen konnte sich zwar für die Rechtssache als wichtig erweisen, doch war dies nur einer von mehreren Gesichtspunkten, die die Klägerin zum Beleg der sich aus dem gesetzlichen Rahmen und aus der von den griechischen Behörden verfolgten Politik ergebenden mangelnden Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen angeführt hatte. Es ist festzustellen, dass der Standpunkt der Kommission zu dieser Frage in den Randnummern 98 bis 108 der Entscheidung sehr wohl dargelegt wurde und dass insbesondere das Argument, es bestuenden gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, in Randnummer 99 der Entscheidung im Rahmen der dort ausgeführten Antworten der Kommission auf das Argument des Verlustes der Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen ausdrücklich genannt wurde. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht behaupten, dass die Kommission die Entscheidung nicht hinreichend begründet habe, indem sie auf das Argument der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen keine präzise Antwort gegeben habe. Schließlich kann die Klägerin, wie die Kommission bemerkt, ihr jedenfalls nicht vorwerfen, dass sie diese Argumente nicht eingehender geprüft habe, da die fraglichen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht den internationalen Abschnitt der Routen zwischen Griechenland und Italien betreffen.

149 Dieser Klagegrund ist daher nicht stichhaltig.

II - Zum Hilfsantrag auf Herabsetzung des Betrages der Geldbuße

150 Für ihren Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der verhängten Geldbuße macht die Klägerin geltend, dass die Kommission bei der Bestimmung der Höhe der ihr auferlegten Geldbuße sowohl Schwere als auch Dauer der Zuwiderhandlung fehlerhaft beurteilt und damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe.

A - Erster Teil: Fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

151 Die Klägerin trägt vor, die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße sei unverhältnismäßig, da die Kommission bestimmte Faktoren in Bezug auf die Schwere der Zuwiderhandlung nicht gewürdigt habe. Sollte die Zuwiderhandlung vorliegen, so sei sie wegen der begrenzten, wenn nicht ganz und gar fehlenden Auswirkungen der fraglichen Vereinbarung und ihrer geringen räumlichen Reichweite von geringerer Bedeutung im Sinne der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien).

152 Erstens habe die Kommission dem griechischen gesetzlichen Rahmen und dem vom griechischen Ministerium für die Handelsmarine ausgeübten Druck nicht genügend Rechnung getragen, obwohl nach der Rechtsprechung wesentliche Auswirkungen des nationalen gesetzlichen Rahmens auf den Markt einen mildernden Umstand darstellten (Urteile Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, Randnrn. 94 und 96, und Suiker Unie u. a./Kommission, Randnrn. 618 bis 620). Im vorliegenden Fall habe die Kommission für die Prüfung der Grenzen, innerhalb deren die Gesellschaften miteinander hätten konkurrieren können, und für die Form, die dieser Wettbewerb auf dem fraglichen Markt angenommen habe, kein Interesse gezeigt. Schließlich habe die Kommission nicht der Tatsache Rechnung getragen, dass die Preisnachlässe den einzigen Bereich dargestellt hätten, auf dem ein Wettbewerb möglich gewesen sei; eine solche Sachlage habe der Gerichtshof im Urteil Suiker Unie u. a./Kommission (Randnrn. 70 und 71) kritisiert.

153 Zweitens sei den Verbrauchern kein Schaden entstanden, was sich darin zeige, dass die Kommission den betroffenen Gesellschaften keine unzulässige Preiserhöhung vorgeworfen habe. Vielmehr hätten die Benutzer von der regelmäßigen und ununterbrochenen Verkehrsverbindung zu den fraglichen Zielen zu sehr niedrigen Preisen und mit sehr modernen und sicheren Schiffen eher profitiert.

154 Drittens sieht die Klägerin einen Widerspruch darin, dass ihr ein schwerer Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht zur Last gelegt werde, weil sie sich an einer Praxis beteiligt habe, die nach Meinung der griechischen Regierung der Verwirklichung eines der Ziele der Gemeinschaft, nämlich der Förderung und Entwicklung des innergemeinschaftlichen Handels, diene.

155 Die Kommission habe die Leitlinien nicht beachtet, indem sie die fragliche Zuwiderhandlung als schwer eingestuft habe, obwohl sie keinem der Elemente der in den Leitlinien enthaltenen Definition der schweren Verstöße entspreche. Nach diesen Leitlinien seien schwere Verstöße in den meisten Fällen horizontale oder vertikale Beschränkungen der gleichen Art wie minder schwere Verstöße, die jedoch entschlossener angewandt würden, deren Auswirkungen auf den Markt umfassender seien und die in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen könnten. Dabei könne es sich auch um den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen wie Verkaufsverweigerung, Diskriminierungen, Ausschließungen, Treuerabatte von einer beherrschenden Firma in der Absicht, Wettbewerber auszuschließen, usw. handeln. Die angebliche Zuwiderhandlung der Unternehmen sei im vorliegenden Fall aber nicht entschlossen begangen worden, habe keine umfassende Auswirkung auf den Markt gehabt, sei nicht in einem größeren Teil des Marktes zum Tragen gekommen und habe nicht im Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bestanden.

156 Abschließend trägt die Klägerin vor, dass ihr die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens nicht bewusst gewesen sei, da die beteiligten Gesellschaften sich wegen des Eingreifens der griechischen Regierung und der Anreize, die diese zu den verschiedenen vorgeworfenen Praktiken gegeben habe, nicht hätten vorstellen können, dass ihr Verhalten rechtswidrig sei.

157 Die Kommission tritt diesen Argumenten entgegen.

Würdigung durch das Gericht

1. Allgemeine Erwägungen

158 Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Höhe der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße unstreitig anhand der allgemeinen Methode für die Berechnung von Geldbußen ermittelt, die in den Leitlinien dargestellt ist, die auch auf Geldbußen nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 anwendbar sind. Die Anwendbarkeit der Leitlinien auf den vorliegenden Fall wird von der Klägerin auch nicht bestritten.

159 Nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 kann die "Kommission... gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million [Euro] oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von jedem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig... gegen Artikel 85 Absatz 1... des Vertrages verstoßen". Nach derselben Vorschrift ist "[b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße... neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen".

160 Nach Nummer 1 Absatz 1 der Leitlinien wird bei der Berechnung der Geldbußen der Grundbetrag nach Maßgabe der Schwere und der Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 errechnet.

161 Nach den Leitlinien wählt die Kommission als Ausgangspunkt bei der Berechnung der Geldbußen einen anhand der Schwere des Verstoßes ermittelten Ausgangsbetrag. Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Teil A Absatz 1). Dabei werden die Verstöße in drei Gruppen unterteilt: "minder schwere Verstöße", bei denen Geldbußen zwischen 1 000 Euro und 1 Million Euro in Betracht kommen, "schwere Verstöße", bei denen die Geldbußen zwischen 1 Million Euro und 20 Millionen Euro liegen können, und "besonders schwere Verstöße", für die Geldbußen oberhalb von 20 Millionen Euro vorgesehen sind (Nr. 1 Teil A erster bis dritter Gedankenstrich).

162 Was sodann die gebotene differenzierte Behandlung der Unternehmen betrifft, ermöglicht nach den Leitlinien innerhalb der einzelnen vorstehend genannten Kategorien von Zuwiderhandlungen und insbesondere bei den als "schwer" und "besonders schwer" eingestuften die Skala der festzusetzenden Geldbußen eine Differenzierung gemäß der Art des begangenen Verstoßes (Nr. 1 Teil A Absatz 3). Ferner ist die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Nr. 1 Teil A Absatz 4). Darüber hinaus kann auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Großunternehmen in den meisten Fällen dank ausreichender Ressourcen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand verfügen, mit dem sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu gewärtigen sind (Nr. 1 Teil A Absatz 5).

163 Innerhalb der drei oben beschriebenen Kategorien kann es in Fällen, in denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, z. B. bei Kartellen, angebracht sein, den festgesetzten Betrag zu gewichten, um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren, und infolgedessen den allgemeinen Ausgangsbetrag dem spezifischen Charakter jedes Unternehmens anzupassen (Nr. 1 Teil A Absatz 6).

164 Bei der Berücksichtigung der Dauer eines Verstoßes wird in den Leitlinien unterschieden zwischen Verstößen von kurzer Dauer (in der Regel weniger als ein Jahr), bei denen der anhand der Schwere ermittelte Ausgangsbetrag nicht zu erhöhen ist, Verstößen von mittlerer Dauer (in der Regel zwischen einem und fünf Jahren), bei denen dieser Betrag um bis zu 50 % erhöht werden kann, und Verstößen von langer Dauer (in der Regel mehr als fünf Jahre), bei denen dieser Betrag für jedes Jahr des Verstoßes um bis zu 10 % erhöht werden kann (Nr. 1 Teil B Absatz 1 erster bis dritter Gedankenstrich).

165 Anschließend enthalten die Leitlinien eine Liste von Beispielen für erschwerende und mildernde Umstände, die zu einer Erhöhung oder Herabsetzung des Grundbetrags führen können, und nehmen dann auf die Mitteilung vom 18. Juli 1996 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 207, S. 4) Bezug.

166 Als allgemeine Bemerkung wird in den Leitlinien hinzugefügt, dass der Endbetrag der nach diesem Schema ermittelten Geldbuße (Grundbetrag einschließlich der durch die erschwerenden oder mildernden Umstände bedingten prozentualen Auf- oder Abschläge) gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 in keinem Fall 10 % des Gesamtumsatzes der betroffenen Unternehmen übersteigen dürfe (Nr. 5 Buchstabe a). Ferner kann es den Leitlinien zufolge nach Durchführung der genannten Berechnungen je nach Fall angezeigt sein, im Hinblick auf die entsprechende Anpassung der vorgesehenen Geldbußen einige objektive Faktoren zu berücksichtigen, wie z. B. einen besonderen wirtschaftlichen Zusammenhang, die von den Beteiligten an dem Verstoß eventuell erzielten wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile und die besonderen Merkmale der betreffenden Unternehmen wie ihre tatsächliche Steuerkraft in einem gegebenen sozialen Umfeld (Nr. 5 Buchstabe b).

167 Folglich wird die Berechnung der Geldbußen auch nach der in den Leitlinien beschriebenen Methode anhand der beiden in Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 genannten Kriterien - Schwere des Verstoßes und Dauer der Zuwiderhandlung - unter Beachtung der dort festgelegten Obergrenze in Bezug auf den Umsatz jedes Unternehmens vorgenommen. Somit gehen die Leitlinien nicht über den in der genannten Bestimmung vorgegebenen rechtlichen Rahmen für Sanktionen hinaus (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-23/99, LR AF 1998/Kommission, Slg. 2002, II-1705, Randnrn. 231 und 232).

2. Begründetheit dieses Teils des Klagegrundes

168 Wie bereits festgestellt, werden Kartelle in den Leitlinien grundsätzlich zu den besonders schweren Zuwiderhandlungen gerechnet, eine Einstufung, die völlig im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts steht, wonach diese Art von Zuwiderhandlung zu den schwersten Wettbewerbsbeschränkungen zählt, zumal wenn das Kartell auf die Festsetzung von Preisen gerichtet ist.

169 Was den vorliegenden Fall und die Situation der Klägerin angeht, so ergibt sich aus den Randnummern 147 bis 150 der Entscheidung, dass die Kommission zwar (in Randnr. 147 der Entscheidung) erklärt hat, dass eine "Absprache über den Preis für die Beförderung von Passagieren und Fracht mit Roll-on-/Roll-off-Fährschiffen, wie sie von einigen der führenden Anbieter auf den fraglichen Strecken getroffen wurde,... von ihrem Wesen her ein sehr schwerer Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht [ist]", dass sie die fragliche Zuwiderhandlung jedoch tatsächlich nur als schweren Verstoß angesehen hat (Randnr. 150 der Entscheidung). Zu dieser Verminderung des Schweregrads ist sie aufgrund ihrer Feststellung gelangt, dass die "konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt... begrenzt waren" und dass die griechische Regierung "während der Dauer der Zuwiderhandlung darauf hingewirkt [hat], dass die Unternehmen ihre Tarife nicht über die Inflationsrate hinaus erhöhen", so dass die "Preise... auf einem Niveau gehalten [wurden], das zu den Niedrigsten im gemeinsamen Markt des Seeverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten gehört" (Randnr. 148 der Entscheidung). Darüber hinaus hat die Kommission berücksichtigt, dass die Zuwiderhandlung "nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Marktes, nämlich drei Verkehrsstrecken im Adriatischen Meer [, betraf]", ein Fährverkehr, der "im Verhältnis zu anderen Fahrtgebieten in der Gemeinschaft ein kleiner Markt" sei (Randnr. 149 der Entscheidung).

170 Die Kommission hat die Zuwiderhandlung somit in der Entscheidung zu Recht als schwer eingestuft.

171 Auch das Argument des Einflusses, den der griechische gesetzliche Rahmen gehabt haben soll, ist zurückzuweisen. Im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes wurde darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall der gesetzliche Kontext und das Verhalten der griechischen Behörden der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag nicht entgegenstanden, da die Unternehmen einen Spielraum zur Bestimmung ihrer Preispolitik behalten hatten. Daher ist die Lösung, die der Gerichtshof im Urteil Suiker Unie u. a./Kommission für das Problem, dass kein Wettbewerb verbleibt, gefunden hat, für den vorliegenden Fall irrelevant. Sodann genügt hinsichtlich dieses besonderen Kontextes die Feststellung, dass die Kommission ihn, wie sie vorträgt, tatsächlich als mildernden Umstand berücksichtigt hat. Aus Randnummer 163 der Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Kommission davon ausging, dass die in Griechenland übliche Praxis, wonach das Ministerium für die Handelsmarine die Inlandstarife nach Anhörung aller inländischen Anbieter durch Entscheidung festlege, dazu beigetragen haben könne, dass sich die griechischen Fährgesellschaften, die auch Strecken im Inland bedienten, nicht ganz im Klaren darüber gewesen seien, dass Konsultationen über die Festsetzung der Tarife für die Beförderung auf internationalen Strecken gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen. Dieser Umstand habe eine Verringerung der Geldbußen für alle Unternehmen um 15 % gerechtfertigt. Aus eben diesen Gründen kann die Klägerin auch nicht geltend machen, die Kommission habe außer Acht gelassen, dass ihr die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens nicht bewusst gewesen sei.

172 Das Argument, dass die fraglichen Absprachen den Verbrauchern keinen Schaden zugefügt hätten, da keine unzulässige Preiserhöhung erfolgt sei, und die Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Auswirkung auf den Markt gehabt habe, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin von der Kommission sehr wohl berücksichtigt worden, wie sich aus den Randnummern 148 und 149 der Entscheidung ergibt. In Randnummer 148 hat die Kommission festgestellt, dass "[d]ie konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt... begrenzt [waren]" und dass die griechische Regierung "während der Dauer der Zuwiderhandlung darauf hingewirkt [hat], dass die Unternehmen ihre Tarife nicht über die Inflationsrate hinaus erhöhen", so dass "[d]ie Preise... auf einem Niveau gehalten [wurden], das zu den niedrigsten im gemeinsamen Markt des Seeverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten gehört". Darüber hinaus hat die Kommission berücksichtigt, dass die Zuwiderhandlung "nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Markts, nämlich drei Verkehrsstrecken im Adriatischen Meer [betraf]", einen Fährverkehr, der im Verhältnis zu anderen Fahrtgebieten in der Gemeinschaft ein kleiner Markt sei (Randnr. 149 der Entscheidung). Gerade unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Kommission auf einen geringeren Grad der Schwere der Zuwiderhandlung erkannt und den Sachverhalt als schweren Verstoß anstatt als sehr schweren Verstoß eingestuft, den sie nach den Leitlinien hätte bejahen können.

173 Da im Übrigen feststeht, dass die Klägerin durch Beteiligung an Absprachen mit ihren Konkurrenten eine schwere Zuwiderhandlung gegen das Gemeinschaftsrecht begangen hat, kann sie nicht behaupten, dass sie sich an einer Praxis beteiligt habe, die nach Ansicht der griechischen Regierung die Ziele der Gemeinschaft verfolgt habe. Dem Ziel der Entwicklung des innergemeinschaftlichen Handels kann nicht mit Mitteln gedient werden, die nach den Bestimmungen des Vertrages ausdrücklich verboten sind.

174 Somit ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

B - Zweiter Teil: Fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

175 Die Klägerin wendet sich gegen die Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung durch die Kommission und trägt vor, dass für die Jahre 1987, 1988 und 1989 keine Preisvereinbarung geschlossen worden sei. In Bezug auf das Jahr 1987 verfüge die Kommission über keinen Beweis einer Vereinbarung zur Preispolitik. Die Verhandlungen von 1987 zwischen den Gesellschaften, an denen auch sie teilgenommen habe, beträfen ausschließlich die Tarife für das Jahr 1988. Zu den Jahren 1988 und 1989 macht die Klägerin geltend, dass die Verhandlungen zu keiner gemeinsamen Preisliste für die Beförderung von Passagieren geführt hätten, was durch die Tatsache belegt werde, dass die Tarife, die sie für diese Jahre veröffentlicht habe, sich von den Tarifen unterschieden, die die anderen Gesellschaften veröffentlicht hätten.

176 Die Kommission weist auf die Rechtsprechung hin, wonach der Beitritt zu Preisabsprachen als solcher eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag darstelle, und führt aus, dass die Beteiligung der Klägerin an den Tarifberatungen für die Jahre 1987, 1988 und 1989 durch die in den Randnummern 9, 10 und 12 der Entscheidung genannten Dokumente erwiesen sei. Schließlich hänge das Verbot einer Vereinbarung nicht davon ab, wie erfolgreich sie angewandt werde.

Würdigung durch das Gericht

177 Die Argumente der Klägerin zur Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung für die Bestimmung der Höhe der Geldbuße laufen darauf hinaus, die Beweismittel in Frage zu stellen, die die Kommission für Bestehen und Umfang einer Zuwiderhandlung vorgelegt hat. Die Klägerin beanstandet nämlich die Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung durch die Kommission, weil ihr zufolge keine Vereinbarung über die Tarife für die Jahre 1987, 1988 und 1989 geschlossen wurde. Somit ist zu prüfen, ob die Beweismittel für die Jahre 1987, 1988 und 1989 (Randnrn. 9 bis 12 der Entscheidung) für den Nachweis ausreichen, dass eine Absprache wie die von der Kommission festgestellte bestanden und die Klägerin sich in diesem Zeitraum an ihr beteiligt hat.

178 Insoweit ergibt sich aus der von der Klägerin nicht bestrittenen Darstellung des Sachverhalts in den Randnummern 9 bis 12 der Entscheidung und insbesondere aus dem von der Kommission angeführten Fernschreiben vom 15. März 1989, dass Minoan versucht hat, Anek zu überreden, sich an der am 18. Juli 1987 mit den anderen beschuldigten Gesellschaften, die diese Linie betrieben, getroffenen Vereinbarung zu beteiligen, und dass angesichts des Zögerns von Anek, der Vereinbarung beizutreten, die übrigen Unternehmen (Minoan, Karageorgis, Marlines und die Klägerin) beschlossen haben, zum 26. Juni 1989 gemeinsam dieselben Preise wie die von Anek für Lkws anzuwenden. Außerdem belegt ein Fernschreiben vom 22. Juni 1989, dass Minoan Anek diese Entscheidung mitgeteilt hat. Folglich konnte die Kommission annehmen, dass der Inhalt dieses Fernschreibens den Nachweis erbrachte, dass nicht nur eine Vereinbarung bestand, sondern dass die Klägerin daran teilgenommen hatte.

179 Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Nachweis der Absprache für das Jahr 1987 nicht erbracht sei, da die 1987 geführten Verhandlungen zwischen den Gesellschaften, an denen auch sie teilgenommen habe, nur die Tarife für das Jahr 1988 betroffen hätten. Es ist jedoch festzustellen dass, wie die Kommission in der Entscheidung (Randnr. 9) bemerkt hat, der Verfasser des Fernschreibens vom 15. März 1989 darauf hingewiesen hat, dass "[d]ie gemeinsam mit den anderen Beteiligten festgelegte Preispolitik für 1988... am 18. Juli 1987 beschlossen [wurde]. Dies ist im Übrigen gängige Praxis."

180 Für die Jahre 1988 und 1989 räumt die Klägerin ein, dass die Preisverhandlungen stattgefunden haben. Entgegen ihrem Vorbringen ist aber die Tatsache, dass diese Verhandlungen zu keiner gemeinsamen Preisliste für die Beförderung von Passagieren geführt haben, für die Frage, ob ein Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag vorlag, irrelevant, wenn der wettbewerbswidrige Zweck der fraglichen Absprachen wie im vorliegenden Fall feststeht.

181 Außerdem hat die Kommission, wie oben ausgeführt wurde, bei der Festsetzung der Geldbuße sehr wohl berücksichtigt, dass die streitige Vereinbarung von den an ihr Beteiligten nicht tatsächlich angewandt wurde.

182 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass dieser zweite Teil zurückzuweisen ist.

C - Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße

Vorbringen der Parteien

183 Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, weil sie ihr eine Geldbuße auferlegt habe, die in Bezug auf die Natur der Zuwiderhandlung sowie in Anbetracht der für sie geltenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, des Eingreifens des Ministeriums für die Handelsmarine und der begrenzten Auswirkungen der streitigen Vereinbarungen unangemessen sei.

184 Die ihr auferlegte Geldbuße entspreche 2,6 % ihres Gesamtumsatzes; dieser Prozentsatz sei im Hinblick auf die fragliche Zuwiderhandlung und im Vergleich mit den anderen, früheren Wettbewerbssachen sehr hoch. Außerdem belaufe sich die von der Kommission letztlich verhängte Geldbuße auf 115 % des Grundbetrags, was sie unter Berücksichtigung der Zahl der mildernden Umstände, die von der Kommission nicht in Betracht gezogen worden seien, obwohl sie vorlägen, für besonders hoch halte. Die Kommission hätte auf ihre Geldbuße nämlich in Anbetracht dessen höhere Ermäßigungssätze anwenden müssen, dass sie mit ihr im Verwaltungsverfahren zusammengearbeitet und sich in Bezug auf die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag im Ungewissen befunden habe, sowie unter Berücksichtigung des griechischen gesetzlichen Rahmens für ihre gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und des Eingreifens des Ministeriums für die Handelsmarine auf den Routen zwischen Griechenland und Italien.

185 Schließlich rügt die Klägerin, die Kommission habe andere Gründe für eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße nicht berücksichtigt, wie etwa die Tatsache, dass die Zuwiderhandlung nicht das Produkt eines unabhängigen Willens gewesen sei, den Umstand, dass es keine Vereinbarung für das Jahr 1987 gegeben habe, und die Durchführung eines Programms zur Herbeiführung der Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln. Insoweit führt sie das Urteil PVC II (Randnr. 1162) an.

186 Die Kommission ist der Ansicht, die Klägerin habe nicht angegeben, aus welchen Gründen die verhängte Geldbuße in Bezug auf die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung unverhältnismäßig sei, und sie weist darauf hin, dass die von ihr angeführten mildernden Umstände in der Entscheidung (Randnrn. 110, 148 und 149) bereits gewürdigt worden seien.

187 Das Argument, dass sich die Unverhältnismäßigkeit der Geldbuße aus der Behandlung anderer Gesellschaften ergebe, die schwerere Zuwiderhandlungen begangen hätten, könne nicht akzeptiert werden, denn die Festsetzung der Höhe der Geldbußen erfolge nicht nach einer wie auch immer gearteten "mathematischen Berechnung".

188 Das von der Klägerin angeführte Programm zur Herbeiführung der Vereinbarkeit mit dem Wettbewerbsrecht ändere nichts an der im vorliegenden Fall festgestellten Zuwiderhandlung. Im Übrigen weist die Kommission darauf hin, dass sie dem Umstand, dass die Klägerin die Tatsachen, auf denen die in der Entscheidung genannten Vorwürfe beruhten, nicht in Zweifel gezogen habe, Rechnung getragen und die Geldbuße niedriger festgesetzt habe.

Würdigung durch das Gericht

189 Es ist zu prüfen, ob die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße gemessen an der Schwere und Dauer der vorgeworfenen Zuwiderhandlung unverhältnismäßig war.

190 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Klägerin wegen ihrer Beteiligung an einer zutreffend als schwere Zuwiderhandlung eingestuften Absprache von langer Dauer eine Geldbuße von 1 500 000 ECU auferlegt wurde, die 2,6 % ihres Gesamtumsatzes entspricht, wie die Klägerin selbst geltend gemacht hat. Die ihr von der Kommission letztlich auferlegte Geldbuße belief sich auf 115 % des Grundbetrags.

191 Was die Schwere der Zuwiderhandlung angeht, so wurde bei der Prüfung des ersten Teils festgestellt, dass die Klägerin insoweit zu Unrecht eine fehlerhafte Beurteilung rügt.

192 Zur Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung ist darauf hinzuweisen, dass nach den Leitlinien Zuwiderhandlungen mit einer Dauer von mehr als fünf Jahren als Verstöße von langer Dauer anzusehen sind und derartige Verstöße für jedes Jahr eine Erhöhung um bis zu 10 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrages rechtfertigen.

193 Aus Randnummer 153 der Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission die Ansicht vertreten hat, dass die Vereinbarung im Fall der Klägerin und von Minoan spätestens ab 18. Juli 1987 bis einschließlich Juli 1994 bestanden habe, als die Kommission ihre Nachforschungen aufgenommen habe; die Zuwiderhandlung dauerte demnach sieben Jahre an, und sie wurde von der Kommission im Fall der Klägerin, von Minoan und Karageorgis als Zuwiderhandlung "von langer Dauer" und im Fall der übrigen beteiligten Unternehmen als Zuwiderhandlung "von mittlerer Dauer" eingestuft (Randnummer 155 der Entscheidung). Die Kommission hielt im Fall der Klägerin und von Minoan "[f]ür jedes Jahr der Zuwiderhandlung... [einen] Aufschlag in Höhe von 10 %" für gerechtfertigt, d. h. eine Erhöhung um 70 % (Randnr. 156 der Entscheidung). Bei den anderen Unternehmen hat die Kommission den Betrag der Geldbuße im Fall von Marlines um 20 % und im Fall der übrigen Betreiber um 35 % bis 55 % erhöht. In Tabelle 2 der Entscheidung sind die Aufschläge für die verschiedenen Unternehmen angegeben.

194 Da nach den Leitlinien Zuwiderhandlungen mit einer Dauer von mehr als fünf Jahren als Verstöße von langer Dauer anzusehen sind und derartige Verstöße für jedes Jahr eine Erhöhung um bis zu 10 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrages rechtfertigen, kann die Klägerin nicht geltend machen, dass bei ihr bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung, an der sie sich beteiligt hatte, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt worden sei.

195 Weiter ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin alle von ihr angeführten mildernden Umstände in der Entscheidung tatsächlich berücksichtigt worden sind.

196 Aus den Randnummern 162 bis 164 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei den betroffenen Unternehmen mehrere mildernde Umstände berücksichtigt hat.

197 Erstens hat die Kommission (Randnr. 163 der Entscheidung), wie bereits erwähnt, die Auffassung vertreten, dass die griechischen Fährgesellschaften, die auch Strecken im Inland bedienten, sich nicht ganz im Klaren darüber gewesen seien, dass Konsultationen über die Festsetzung der Tarife für die Beförderung auf internationalen Strecken gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen. Dieser Umstand habe eine Verringerung der Geldbußen für alle Unternehmen um 15 % gerechtfertigt.

198 Zweitens (Randnr. 164 der Entscheidung) hat die Kommission berücksichtigt, dass Marlines, Adriatica, Anek und Ventouris Ferries reine Mitläufer gewesen seien. Dieser Umstand rechtfertige eine Verringerung der Geldbußen für die vier genannten Unternehmen um 15 %. Die Klägerin kann nicht geltend machen, dass sie Anspruch auf eine solche Verringerung habe, da sie keine reine Mitläuferin war, wie die gesamten in der Entscheidung angeführten Beweismittel belegen.

199 Drittens hat die Kommission in Randnummer 169 der Entscheidung erklärt, dass die Geldbußen sämtlicher Unternehmen einschließlich der Klägerin um 20 % herabgesetzt worden seien, da keines der Unternehmen den ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte zugrunde liegenden Sachverhalt bestritten habe. Die Klägerin kann daher in Ermangelung jeder Angabe zu Art und Umfang der behaupteten Zusammenarbeit mit der Kommission nicht behaupten, dass diese bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße nicht berücksichtigt worden sei oder stärker hätte berücksichtigt werden müssen.

200 Ebenso wenig kann die Klägerin der Kommission vorwerfen, sie habe den Umstand, dass der Klägerin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens gar nicht bewusst gewesen sei, nicht zum Anlass für eine zusätzliche Herabsetzung des Betrages der Geldbuße genommen, da die Unsicherheit, die durch den gesetzlichen Rahmen und die Politik der griechischen Behörden bezüglich des Inlandstarifs entstanden war, sehr wohl berücksichtigt wurde und die Geldbußen der Unternehmen aus diesem Grund um 15 % herabgesetzt wurden (Randnr. 163 der Entscheidung).

201 Schließlich kann das Argument, dass ein Programm zur Herbeiführung der Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln durchgeführt worden sei, nicht durchgreifen. Zwar ist bedeutsam, dass die Klägerin Maßnahmen ergriffen hat, um zu verhindern, dass von ihrem Personal künftig neue Zuwiderhandlungen gegen das gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht begangen werden, doch ändert dies nichts an der festgestellten Zuwiderhandlung und deren Umfang. Allein der Umstand, dass die Kommission in einigen Fällen in ihrer früheren Entscheidungspraxis die Aufstellung eines Informationsprogramms als mildernden Umstand angesehen hat, verpflichtet sie nicht dazu, im vorliegenden Fall ebenso zu verfahren (Urteil PVC II, Randnr. 1162). Außerdem ist der Wille der Klägerin zur Zusammenarbeit mit der Kommission, der sich darin gezeigt hat, dass sie die Tatsachen, denen die in der Entscheidung genannten Vorwürfe zugrunde lagen, nicht in Frage gestellt hat, von der Kommission bereits anerkannt worden, was ihr eine um 20 % niedrigere Festsetzung der Geldbuße eingebracht hat.

202 Daraus folgt, dass dieser dritte Teil sowie der gesamte Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen sind.

203 Nach alledem ist die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

204 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, ist die Klägerin zur Tragung der Kosten der Kommission zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.

Ende der Entscheidung

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