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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: T-66/99
Rechtsgebiete: EGV, Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998, Art. 2 der Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998, Art. 18 der Verordnung Nr. 4056/86 der Kommission, Verordnung Nr. 4056/86


Vorschriften:

EGV Art. 81 Abs. 1
Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998
Art. 2 der Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998
Art. 18 der Verordnung Nr. 4056/86 der Kommission Art. 1 Abs. 1
Verordnung Nr. 4056/86 Art. 19 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 11. Dezember 2003. - Minoan Lines SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 - Nachprüfung in den Räumlichkeiten einer anderen Gesellschaft als derjenigen, die Adressatin der Nachprüfungsentscheidung ist - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Staatliche Regelung über den Seeverkehr und Praxis der Behörden - Anwendbarkeit des Artikels 85 EG-Vertrag - Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung - Geldbuße - Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen. - Rechtssache T-66/99.

Parteien:

In der Rechtssache T-66/99

Minoan Lines SA mit Sitz in Heraklion (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt I. Soufleros, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Oikonomou, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24)

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke sowie des Richters R. García-Valdecasas und der Richterin P. Lindh,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2002

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die klagende Minoan Lines SA ist eine griechische Gesellschaft, die Fährschiffe betreibt, mit denen sie Passagiere und Kraftfahrzeuge auf der Strecke zwischen Patras (Griechenland) und Ancona (Italien) befördert.

2 Auf die im Jahr 1992 eingereichte Beschwerde eines Fahrgastes, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken sehr ähnliche Fährpreise gälten, richtete die Kommission gemäß Artikel 16 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4) Auskunftsverlangen an bestimmte Fährdienstbetreiber. Anschließend nahm sie gemäß Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4056/86 in den Geschäftsräumen von sechs Fährdienstbetreibern - fünf in Griechenland und einem in Italien - Nachprüfungen vor.

3 Am 4. Juli 1994 erließ die Kommission die Entscheidung C (94) 1790/5, mit der der Gesellschaft Minoan Lines aufgegeben wurde, eine Nachprüfung zu dulden (im Folgenden: Nachprüfungsentscheidung). Am 5. und 6. Juli 1994 durchsuchten Bedienstete der Kommission die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, die, wie sich im Nachhinein herausstellte, der Gesellschaft European Trust Agencies (im Folgenden: ETA) gehörten, einer anderen rechtlichen Einheit als der in der Nachprüfungsentscheidung genannten. Bei der Nachprüfung erlangte die Kommission Kopien zahlreicher Dokumente, die später als Beweise gegen die verschiedenen von der Untersuchung betroffenen Unternehmen verwendet wurden.

4 In der Folge ergingen an die Klägerin und andere Reedereien weitere Auskunftsverlangen gemäß Artikel 16 der Verordnung Nr. 4056/86 mit der Aufforderung, nähere Auskünfte zu den bei den Nachprüfungen aufgefundenen Unterlagen zu erteilen.

5 Mit Entscheidung vom 21. Februar 1997 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, indem sie neun Gesellschaften, zu denen auch die Klägerin gehört, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandte.

6 Am 9. Dezember 1998 erließ die Kommission die Entscheidung 1999/271/EG in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24, im Folgenden: Entscheidung).

7 Die Entscheidung enthält folgende Bestimmungen:

"Artikel 1

(1) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Marlines SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für Roll-on-/Roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines und Strintzis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Marlines SA vom 18. Juli 1987 bis zum 8. Dezember 1989;

d) für Anek Lines vom 6. Juli 1989 bis zum Juli 1994.

(2) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Adriatica di Navigazione SpA, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Anek Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

d) für Adriatica di Navigazione SpA vom 30. Oktober 1990 bis zum Juli 1994.

Artikel 2

Gegen folgende Unternehmen werden wegen des in Artikel 1 festgestellten Verstoßes folgende Geldbußen festgesetzt:

- Minoan Lines: eine Geldbuße in Höhe von 3,26 Mio. ECU;

- Strintzis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,5 Mio. ECU;

- Anek Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,11 Mio. ECU;

- Marlines SA: eine Geldbuße in Höhe von 0,26 Mio. ECU;

- Karageorgis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1 Mio. ECU;

- Ventouris Group Enterprises SA: eine Geldbuße in Höhe von 1,01 Mio. ECU;

- Adriatica di Navigazione SpA: eine Geldbuße in Höhe von 0,98 Mio. ECU.

..."

8 Die Entscheidung war an sieben Unternehmen gerichtet: an Minoan Lines mit Sitz in Heraklion, Kreta (Griechenland) (im Folgenden: Klägerin oder Minoan), Strintzis Lines mit Sitz in Piräus (Griechenland) (im Folgenden: Strintzis), Anek Lines mit Sitz in Chania, Kreta (im Folgenden: Anek), die Marlines SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Marlines), Karageorgis Lines mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Karageorgis), die Ventouris Group Enterprises SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Ventouris Ferries) und die Adriatica di Navigazione SpA mit Sitz in Venedig (Italien) (im Folgenden: Adriatica).

Verfahren und Anträge der Parteien

9 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 4. März 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben.

10 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen um schriftliche Beantwortung einer Frage und um Vorlage bestimmter Dokumente gebeten. Die Kommission hat diesem Ersuchen innerhalb der gesetzten Frist entsprochen.

11 Die Parteien haben in der Sitzung vom 1. Juli 2002 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

12 Die Klägerin beantragt,

- die Klage für zulässig zu erklären;

- die Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betrifft;

- hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder zumindest auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

13 Die Kommission beantragt,

- die Klage in vollem Umfang abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

14 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund macht sie die Rechtswidrigkeit der Nachprüfung in den Geschäftsräumen von ETA geltend. Mit dem zweiten Klagegrund beanstandet sie, dass Artikel 85 Absatz 1 EG (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) fehlerhaft angewandt worden sei, da ihr die Entscheidung die Initiativen und Handlungen von ETA zurechne. Den dritten Klagegrund leitet sie daraus her, dass die tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falles zu Unrecht als durch Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarungen eingestuft worden seien. Dieser Klagegrund besteht aus einem ersten Teil, wonach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fehlerhaft angewandt worden sei, da das Verhalten der betreffenden Unternehmen durch den gesetzlichen Rahmen und die Anreize der griechischen Behörden vorgegeben sei und sie daher nicht über die erforderliche Autonomie verfügt hätten, sowie aus einem zweiten Teil, wonach die Kontakte zwischen den Unternehmen des betreffenden Sektors zu Unrecht als durch Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarungen eingestuft worden seien.

15 Ihren Hilfsantrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße stützt die Klägerin auf einen vierten Klagegrund, der in vier Teile zu gliedern ist, mit denen eine fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, der Dauer der Zuwiderhandlung, der erschwerenden Umstände und der mildernden Umstände beanstandet wird.

I - Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung

Zum ersten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Nachprüfung in den Geschäftsräumen von ETA

Vorbringen der Parteien

16 Die Klägerin macht geltend, dass die Entscheidung im Wesentlichen auf Dokumente gestützt sei, die die Kommission rechtswidrig erlangt habe, nämlich bei einer Nachprüfung in den Geschäftsräumen von ETA, die zwar die Agentin der Klägerin für die Routen zwischen Griechenland und Italien sei, jedoch eine andere Gesellschaft als die Adressatin der Nachprüfungsentscheidung, d. h. die Klägerin selbst.

17 Die Klägerin schildert zunächst die Umstände, unter denen die Nachprüfung stattgefunden habe.

18 Am 5. Juli 1994 hätten sich die Bediensteten der Kommission in die Geschäftsräume von ETA in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, begeben und von den Angestellten von ETA verlangt, der Durchführung der Nachprüfung zuzustimmen. Die Angestellten hätten die Bediensteten der Kommission sofort darauf aufmerksam gemacht, dass ETA eine unabhängige juristische Person sei und zu Minoan, für die sie lediglich als Agentin tätig sei, nicht in einem Mutter-Tochter-Verhältnis stehe. Trotz dieses Hinweises hätten die Bediensteten der Kommission nach einem Anruf bei ihren Vorgesetzten in Brüssel auf der Durchführung der Nachprüfung bestanden und ETA für den Fall der Weigerung mit den in den Artikeln 19 Absatz 1 und 20 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 vorgesehenen Zwangsmaßnahmen gedroht. Parallel dazu hätten die Bediensteten der Kommission die Abteilung für Markt- und Wettbewerbsaufsicht des griechischen Handelsministeriums als für Wettbewerbsfragen zuständige nationale Stelle darum ersucht, einen ihrer Bediensteten zu den Geschäftsräumen von ETA zu senden, um das Verfahren nach Artikel 26 des griechischen Gesetzes Nr. 703/77 über die Monopol- und Oligopolkontrolle und für den Schutz des freien Wettbewerbs einzuleiten, nach dessen Absatz 6 im Fall der Nichtzulassung oder Behinderung der Kontrolle der zuständige Staatsanwalt angerufen werden könne, um die Kooperation der örtlich zuständigen Polizeibehörden zu erwirken.

19 Unter diesen Umständen und wegen des Beharrens der Bediensteten der Kommission, der Drohung mit der Errichtung eines Protokolls, in dem der Widerspruch gegen die Nachprüfung festgehalten werde, der damit möglicherweise einhergehenden Zwangsmaßnahmen und der Drohung, sich mit Polizeigewalt Zutritt zu den Geschäftsräumen von ETA zu verschaffen, hätten sich deren Angestellte zur Duldung der Nachprüfung entschlossen.

20 Die Klägerin macht geltend, dass ETA die Kommission nach der Nachprüfung mit Schreiben vom 18. August 1994 vergeblich aufgefordert habe, ihr sämtliche bei der Nachprüfung in ihren Geschäftsräumen beschlagnahmten Dokumente zurückzugeben, da sie im Rahmen eines Vorgehens erlangt worden seien, das nicht vom persönlichen Geltungsbereich der Nachprüfungsentscheidung gedeckt sei. Sodann verweist die Klägerin auf die umfassenden Erörterungen, zu denen dieses Schreiben innerhalb der Kommission geführt habe, und beantragt, dass das Gericht die Kommission zur Vorlage interner Vermerke (internal notes) vom 21., 23., 24. und 25. August 1994 auffordert, die ihre Klage stützten. Ferner verweist die Klägerin auf das Antwortschreiben der Kommission vom 30. August 1994 an ETA, in dem die Nachprüfung als ordnungsgemäß bezeichnet werde. Am 29. Januar 1995 habe ETA in einem zweiten Schreiben die Ausführungen der Kommission zur Rechtmäßigkeit der Nachprüfung zurückgewiesen. Die Klägerin entnimmt der Übersicht der Verfahrensunterlagen, dass am 3. Februar 1995 vermutlich ein ausführlicher zweiter interner Vermerk verfasst worden sei, den sie nicht habe einsehen können; sie beantragt daher, dass das Gericht die Kommission außerdem auffordert, dieses Schriftstück zu den Akten zu reichen, damit das Gericht es prüfen und die Klägerin es einsehen und ihre rechtlichen Interessen besser schützen kann.

21 Sodann erläutert die Klägerin die Gründe für ihre Ansicht, dass sie selbst und ETA sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich verschiedene und voneinander unabhängige Gesellschaften seien.

22 Was die Rechtmäßigkeit der Nachprüfung angehe, so stellten sowohl die Nachprüfungsentscheidung als auch die Nachprüfung selbst und das Verhalten der Bediensteten der Kommission, die ETA gezwungen hätten, der Nachprüfung in ihren Geschäftsräumen zuzustimmen, offensichtliche Verstöße gegen Artikel 189 EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 EG) und Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 dar.

23 Erstens heiße es in Artikel 189 Absatz 4 des Vertrages, dass die "Entscheidung... in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich [ist], die sie bezeichnet"; die Nachprüfungsentscheidung vom 4. Juli 1994 bezeichne als Adressatin aber nicht ETA, sondern Minoan. Die Bediensteten der Kommission hätten somit in den Geschäftsräumen einer Gesellschaft, nämlich von ETA, Nachprüfungen auf der Grundlage einer Nachprüfungsentscheidung und von Prüfungsaufträgen durchgeführt, die eine andere Gesellschaft, nämlich die Klägerin, beträfen.

24 Zweitens ergebe sich aus Artikel 18 Absätze 1, 2 und 3 sowie aus Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4056/86, dass sich die Nachprüfungsbefugnisse nach Artikel 18 Absatz 1, d. h. die Befugnisse zur Prüfung der Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen, zur Anfertigung von Abschriften, zur Anforderung mündlicher Erklärungen sowie zum Betreten "alle[r] Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen", ausschließlich auf diejenigen Unternehmen bezögen, an die die in Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung genannte Entscheidung gerichtet sei. Dasselbe müsse gelten bezüglich der Androhung der Zwangsmaßnahmen, die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4056/86 für den Fall vorgesehen seien, dass sich die Unternehmen weigerten, die Nachprüfung zu dulden, oder die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt würden, und bezüglich des Antrags auf Unterstützung, der gemäß Artikel 18 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4056/86 an die zuständige griechische Behörde gerichtet worden sei.

25 Ferner weist die Klägerin die Beurteilung in Randnummer 139 der Entscheidung zurück, auf deren Grundlage die Kommission die Nachprüfung als rechtmäßig angesehen habe.

26 Was erstens den Umstand angehe, dass sich ETA bei der Vertretung der Klägerin als "Minoan Athens" bezeichnet und in ihren Athener Geschäftsräumen das Firmen- und das Warenzeichen der Klägerin verwendet habe, so benutze ein Unternehmen im modernen Geschäfts- und Wirtschaftsleben sehr häufig das Firmen- und die Warenzeichen eines anderen Unternehmens, mit dem es durch eine dauerhafte vertragliche Beziehung verbunden sei, wie dies bei Handelsvertretern, Mitgliedern von Vertriebsnetzen und Franchisenehmern im Rahmen eines Franchisenetzes der Fall sei. In diesen Fällen verlange die Homogenität des Netzes, dass ein gemeinsames Kennzeichen benutzt werde, und zwar das Kennzeichen des Auftrag- oder Lizenzgebers im Rahmen des Vertriebsnetzes oder des Franchisegebers. Dieser Umstand berühre jedoch in keiner Weise die rechtliche und wirtschaftliche Autonomie des Unternehmens, das auf der Grundlage einer Lizenz bei seinen Geschäften die Marke eines anderen Unternehmens benutze. Der in der Entscheidung vertretene Standpunkt liefe darauf hinaus, dass sich die Kommission auf eine an den Besitzer eines Vertriebsnetzes gerichtete Entscheidung stützen könnte, um Nachprüfungen in den Niederlassungen sämtlicher Mitglieder des Netzes durchzuführen, obgleich es sich bei diesen um rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen handele, was in offensichtlichem Widerspruch zu den tragenden Grundsätzen und Bestimmungen der Rechtsordnung der Gemeinschaft wie der nationalen Rechtsordnungen stuende.

27 Diese Feststellung werde nicht durch den Umstand entkräftet, dass der gesetzliche Vertreter von ETA, Herr Sfinias, vor der Nachprüfung ein Auskunftsverlangen der Kommission beantwortet und dabei ein Schriftstück, in dessen Kopf die Anschrift des Büros von ETA unter dem Firmen- und dem Warenzeichen von Minoan erscheine, im Namen von Minoan unterzeichnet habe. Zwar sei diese Antwort tatsächlich von Herrn Sfinias unterzeichnet worden, doch habe er dabei auf ausdrückliche Anweisung von Minoan gehandelt.

28 Was den Umstand angehe, dass die Anschrift von ETA unter dem Firmen- und dem Warenzeichen von Minoan erscheine, so finde sich dieselbe Angabe im Seitenfuß zusammen mit der Anschrift des "International Lines Head Office" (Leoforos Kifisias 64B) und der Anschrift des "Passengers Office" (Leoforos Vasileos Konstantinou 2); diese Anschriften würden genannt, damit sich Kunden und andere Interessierte in allen Angelegenheiten, die die internationalen Routen, die Fahrkartenausstellung und die Abfahrt der Passagiere von Athen beträfen, an die entsprechenden Büros der Generalagentin der Gesellschaft wendeten, die für die internationalen Routen und für Passagierfragen zuständig sei.

29 Zwar hätten die vorstehend beschriebenen Umstände bei den Dienststellen der Kommission möglicherweise für Verwirrung gesorgt; diese hätte aber jedenfalls spätestens dann ausgeräumt sein müssen, als das Erscheinen der Bediensteten der Kommission in den Geschäftsräumen von ETA Proteste und verbale Reaktionen ausgelöst habe und diesen Bediensteten von ihnen angeforderte Unterlagen (im Namen von ETA geschlossener Mietvertrag und Gehaltsauszüge von Angestellten dieser Gesellschaft) vorgelegt worden seien.

30 Schließlich weist die Klägerin die Feststellung der Kommission (Randnr. 139 der Entscheidung) zurück, dass "Minoan - unabhängig davon, dass ETA die besagten Geschäftsräume belegte und nutzte - es ETA zudem gestattete, diese Geschäftsräume unter der Bezeichnung "Geschäftsräume von Minoan Athens" zu nutzen". Diese Feststellung sei willkürlich und finde in den zwischen Minoan und ETA geschlossenen Verträgen keine Stütze. Die Geschäftsräume würden ausschließlich von ETA belegt und genutzt, die dort auf der Grundlage der von ihr eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen mit ihrem Personal, ihrem Kapital und ihrem Verwaltungsapparat insbesondere als Agentin von Minoan ihren Geschäften nachgehe.

31 Die Klägerin verwirft ferner das Argument der Kommission, dass diese, soweit sich in den fraglichen Geschäftsräumen Dokumente von Minoan befunden hätten, auch danach habe suchen dürfen, selbst wenn sich Minoan nicht tatsächlich (in corpore) in den Räumen betätigt haben sollte. Eine derartige Auffassung stehe in eindeutigem Widerspruch sowohl zur Verordnung Nr. 4056/86 als auch zu tragenden Rechtsgrundsätzen. Zudem sei sie außerordentlich gefährlich, da die Kommission damit für sich das Recht in Anspruch nehme, auf der Grundlage einer an ein bestimmtes Unternehmen gerichteten Nachprüfungsentscheidung die Geschäftsräume eines beliebigen Drittunternehmens zu betreten, sofern sie annehme, dass sie dort Dokumente der Adressatin der Nachprüfungsentscheidung finden könne, und in diesen Geschäftsräumen auf der Grundlage der Entscheidung Nachprüfungen durchzuführen.

32 Die Klägerin ergänzt, dass eine derartige Auffassung in offensichtlichem Widerspruch zu den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinschaftsorgane und des Schutzes gegen willkürliche Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung jeder natürlichen oder juristischen Person stehe (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 21. September 1989 in den Rechtssachen 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, 2859, Randnr. 19). So habe der Gerichtshof wiederholt festgestellt, dass der allgemeine Grundsatz der Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen führen könnten, auch verlange, dass jede nicht wieder gutzumachende Beeinträchtigung dieses Anspruchs in Voruntersuchungsverfahren, etwa bei Nachprüfungen, verhindert werde (vgl. Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 15).

33 Die Klägerin führt aus, dass die Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehörten, deren Wahrung der Gemeinschaftsrichter zu sichern habe, und dass sich der Gerichtshof und das Gericht dabei von den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten leiten ließen. Weiter trägt sie vor, dass nach Artikel F Absatz 2 des Vertrages über die Europäische Union (nach Änderung jetzt Artikel 6 Absatz 2 EU) "[d]ie Union... die Grundrechte [achtet], wie sie in der... Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben", und dass Artikel 9 der griechischen Verfassung, der die Unverletzlichkeit der Wohnung betreffe, einhellig dahin ausgelegt werde, dass er auch Geschäftsräume erfasse, selbst wenn diese juristischen Personen des Privatrechts wie Gesellschaften gehörten. Schließlich vertritt die Klägerin die Auffassung, dass die vorstehend genannten Grundsätze erst recht gälten, wenn die Nachprüfung in Geschäftsräumen von Unternehmen erfolge, die nicht Adressaten der Nachprüfungsentscheidung seien.

34 Die Klägerin wirft den Bediensteten der Kommission vor, sie hätten sich missbräuchlich und rechtswidrig auf die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge berufen und ETA mit Zwangsmaßnahmen und dem gewaltsamen Zutritt zu ihren Geschäftsräumen gedroht. Hätten die Kommissionsbediensteten Grund zur Annahme gehabt, dass eine Nachprüfung in den Geschäftsräumen dieser Gesellschaft erforderlich sei, so hätten sie eine neue Entscheidung der Kommission erwirken müssen, in der ausdrücklich stehe, dass sich die Nachprüfung auf ETA beziehe, und angemessen begründet werde, weshalb ETA einer Nachprüfung unterzogen werden müsse.

35 Die Kommission habe folglich nicht nur gegen ihre Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge verstoßen, sondern allgemeiner auch gegen die Bestimmungen und tragenden Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere gegen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinschaftsorgane.

36 Die Kommission weist das Vorbringen zurück, dass sie in den Geschäftsräumen von ETA eine rechtswidrige Nachprüfung durchgeführt und bei dieser Gelegenheit erlangte Dokumente rechtswidrig verwendet habe; sie sei nämlich, wie in Randnummer 137 der Entscheidung ausgeführt, bei der Vornahme der Nachprüfung davon ausgegangen, dass ETA als in das Unternehmen von Minoan eingegliedertes Hilfsorgan fungiere und ausschließlich für Rechnung und im Namen der Letzteren und nicht als Eigenhändlerin tätig sei. Deshalb sei sie der Ansicht gewesen, dass ETA als verlängerter Arm (longa manus) von Minoan tätig gewesen sei.

37 ETA habe sich selbst als "Minoan Lines" bezeichnet und Dritten den klaren Eindruck vermittelt, dass die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B in Athen Geschäftsräume von Minoan seien. Zudem habe Herr Sfinias vor der Nachprüfung ein Auskunftsverlangen der Kommission beantwortet und dabei ein Schreiben auf Briefpapier unterzeichnet, auf dem das Firmen- und das Warenzeichen von Minoan zusammen mit der Anschrift der Geschäftsräume von ETA abgebildet seien, ohne jedoch irgendeinen Hinweis auf diese Gesellschaft zu geben.

38 Die Kommission macht geltend, dass unabhängig von der Frage, wer die durchsuchten Geschäftsräume gemietet habe, sämtliche oder zumindest einige der Tätigkeiten, die dort ausgeübt worden seien, Tätigkeiten von Minoan gewesen seien. Entscheidend sei nicht der förmliche Mietvertrag, sondern die tatsächliche Lage, wie sie sich aus den vorgenannten Umständen ergebe. Selbst wenn sich die Klägerin nicht tatsächlich (in corpore) in den fraglichen Geschäftsräumen betätigt haben sollte, stehe außer Frage, dass sich dort ihr gehörende Schriftstücke befunden hätten, nach denen die Kommission daher auch habe suchen dürfen.

39 Unter diesen Umständen könne weder von rechtswidrig erlangten Beweisen noch von einer willkürlich durchgeführten Kontrolle die Rede sein, da die Kontrolle in Geschäftsräumen erfolgt sei, in denen zumindest einige, wenn nicht alle Geschäftstätigkeiten von Minoan, d. h. der von der Nachprüfungsentscheidung vom 4. Juli 1994 betroffenen Gesellschaft, ausgeübt worden seien.

40 Selbst wenn sie sich hinsichtlich der Identität der geprüften Gesellschaft geirrt haben sollte, habe sie jedenfalls erstens alle denkbaren Anstrengungen unternommen, um in Erfahrung zu bringen, wer die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B belege, in denen Minoan, die Adressatin der Nachprüfungsentscheidung, in Athen ihren Geschäften nachgehe. Zweitens mache es sich Minoan mit der Darstellung zu einfach, die der Kommission gegebenen Erläuterungen hätten alle Unklarheiten hinsichtlich der Frage beseitigt, wie und wo sie ihren Geschäften nachgehe. Bis zum Zeitpunkt der Kontrolle sei niemals die Rede von einer Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen juristischen Personen gewesen. ETA, die sich selbst als "Minoan Lines" bezeichnet habe, sei vielmehr als Bestandteil von Minoan aufgetreten und habe auch tatsächlich so gearbeitet. Zudem habe ihr Geschäftsführer, Herr Sfinias, die an Minoan gerichtete Korrespondenz beantwortet und dabei seine Schreiben unter dem Firmen- und dem Warenzeichen von Minoan unterzeichnet und die Anschrift von ETA angegeben, ohne sich jedoch in irgendeiner Weise auf diese zu beziehen. Angesichts dieser Umstände, die auf eine Einheitlichkeit des Verhaltens von Minoan und ETA hinwiesen, die den Unterschied zwischen ihnen verwische, genügten die "Erläuterungen" der Angestellten von ETA weder, um sofortige Klarheit in der Frage der Unterscheidung zwischen diesen juristischen Personen zu schaffen, noch, um die Kontrolle zu verhindern, zumal die fragliche Unterscheidung eine Beurteilung in der Sache ohne Ansehen der Form erforderlich gemacht hätte.

Würdigung durch das Gericht

41 Die Klägerin wirft der Kommission im Rahmen dieses Klagegrundes im Wesentlichen vor, sie habe die Beweise, auf die die Entscheidung gestützt sei, rechtswidrig zusammengetragen, da sie sie bei einer Nachprüfung in den Geschäftsräumen eines Unternehmens erlangt habe, das nicht Adressat der Nachprüfungsentscheidung gewesen sei. Dadurch habe sie ihre Nachprüfungsbefugnisse missbraucht und gegen Artikel 189 des Vertrages, Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 und die allgemeinen Rechtsgrundsätze verstoßen.

42 Die Begründetheit dieses Klagegrundes ist unter Berücksichtigung der Grundsätze, denen die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission unterliegen, und des tatsächlichen Kontextes des Falles zu prüfen.

A - Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

43 Wie aus der 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 hervorgeht, soll diese Verordnung nach dem Willen des Gesetzgebers "die Entscheidungsbefugnisse und die Sanktionen, die erforderlich sind, um die Beachtung der Verbote gemäß Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 86 [des Vertrages] zu gewährleisten, sowie die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 umfassen".

44 Im Einzelnen sind die Befugnisse der Kommission zu Nachprüfungen vor Ort in Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 aufgeführt, der wie folgt lautet:

"Artikel 18

Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

(1) Die Kommission kann zur Erfuellung der ihr in dieser Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

Zu diesem Zweck verfügen die beauftragten Bediensteten der Kommission über folgende Befugnisse:

a) die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen zu prüfen,

b) Abschriften oder Auszüge aus Büchern und Geschäftsunterlagen anzufertigen,

c) mündliche Erklärungen an Ort und Stelle anzufordern,

d) alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten.

(2) Die mit der Nachprüfung beauftragten Bediensteten der Kommission üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung bezeichnet sind und in dem auf die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen für den Fall hingewiesen wird, dass die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt werden. Die Kommission unterrichtet die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, rechtzeitig vor der Nachprüfung über den Prüfungsauftrag und die Person des beauftragten Bediensteten.

(3) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, welche die Kommission in einer Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c) und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe d) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.

(4) Die Kommission erlässt die in Absatz 3 bezeichneten Entscheidungen nach Anhörung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.

(5) Bedienstete der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, können auf Antrag dieser Behörde oder auf Antrag der Kommission die Bediensteten der Kommission bei der Erfuellung ihrer Aufgaben unterstützen.

(6) Widersetzt sich ein Unternehmen einer aufgrund dieses Artikels angeordneten Nachprüfung, so gewährt der betreffende Mitgliedstaat den beauftragten Bediensteten der Kommission die erforderliche Unterstützung, damit diese ihre Nachprüfungen durchführen können. Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten vor dem 1. Januar 1989 und nach Anhörung der Kommission die erforderlichen Maßnahmen."

45 Da der Wortlaut des Artikels 18 der Verordnung Nr. 4056/86 mit dem des Artikels 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1992, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), übereinstimmt und diese beiden Verordnungen auf der Grundlage des Artikels 87 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 83 EG) erlassen wurden, um die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 EG-Vertrag und des Artikels 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) festzulegen, kann die Rechtsprechung zum Umfang der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission aus Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 auch im vorliegenden Fall herangezogen werden.

46 Entsprechend Artikel 87 Absatz 2 Buchstaben a und b des Vertrages bezweckt die Verordnung Nr. 17, die Beachtung der in den Artikeln 85 Absatz 1 und 86 des Vertrages genannten Verbote zu gewährleisten und die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 festzulegen. Die Verordnung soll damit sicherstellen, dass das in Artikel 3 Buchstabe f des Vertrages niedergelegte Ziel erreicht wird. Zu diesem Zweck räumt sie der Kommission weitgehende Ermittlungs- und Nachprüfungsbefugnisse ein; in ihrer achten Begründungserwägung heißt es, die Kommission müsse im gesamten Bereich des Gemeinsamen Marktes über die Befugnis verfügen, Auskünfte zu verlangen und Nachprüfungen vorzunehmen, "die erforderlich sind", um Verstöße gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages zu ermitteln (Urteile des Gerichtshofes vom 26. Juni 1980 in der Rechtssache 136/79, National Panasonic/Kommission, Slg. 1980, 2033, Randnr. 20, und vom 18. Mai 1982 in der Rechtssache 155/79, AM & S/Kommission, Slg. 1982, 1575, Randnr. 15). In diesem Sinne ist auch die 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 formuliert.

47 Der Gemeinschaftsrichter hat ferner auf die Bedeutung hingewiesen, die die Beachtung der Grundrechte und insbesondere der Verteidigungsrechte in allen Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrages hat, und in seinen Urteilen erläutert, wie im Verwaltungsverfahren sowie in den Vorstadien der Untersuchung und der Erlangung von Auskünften die Verteidigungsrechte und die Befugnisse der Kommission miteinander in Einklang zu bringen sind.

48 Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör von der Kommission sowohl in Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen führen können, als auch in Voruntersuchungsverfahren zu beachten ist, da verhindert werden muss, dass dieser Anspruch in Voruntersuchungsverfahren in nicht wieder gutzumachender Weise beeinträchtigt wird; insbesondere gilt dies bei Nachprüfungen, die für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 15).

49 Was insbesondere die der Kommission durch Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Nachprüfungsbefugnisse und die Frage angeht, inwieweit diese Befugnisse durch die Verteidigungsrechte eingeschränkt werden, so hat der Gerichtshof anerkannt, dass das Erfordernis eines Schutzes vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 19, und Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache C-94/00, Roquette Frères, Slg. 2002, I-9011, Randnr. 27). Der Gerichtshof hat entschieden, dass in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person einer Rechtsgrundlage bedürfen und aus den gesetzlich vorgesehenen Gründen gerechtfertigt sein müssen; diese Rechtsordnungen sehen daher, wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung, einen Schutz vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen vor.

50 Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die der Kommission in Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Befugnisse ihr die Erfuellung des ihr im EG-Vertrag erteilten Auftrags ermöglichen sollen, über die Beachtung der Wettbewerbsregeln im Gemeinsamen Markt zu wachen. Nach Absatz 4 der Präambel des Vertrages, nach Artikel 3 Buchstabe f und nach den Artikeln 85 und 86 sollen diese Regeln verhindern, dass der Wettbewerb entgegen dem öffentlichen Interesse zum Schaden der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher verfälscht wird. Die Ausübung dieser Befugnisse dient daher der Aufrechterhaltung der vom Vertrag gewollten Wettbewerbsordnung, die die Unternehmen unbedingt zu beachten haben (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 25).

51 Weiter hat der Gerichtshof ausgeführt, dass sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 17 als auch die Aufzählung der den Bediensteten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Artikel 14 dieser Verordnung erkennen lassen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können. Im Einzelnen hat der Gerichtshof festgestellt: "Dabei kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zu, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen" (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 26).

52 Der Gerichtshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen, eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrages auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments, zu erhalten, und in diesem Zusammenhang festgestellt (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 27): "Dieses Betretungsrecht wäre nutzlos, wenn sich die Bediensteten der Kommission darauf beschränken müssten, die Vorlage von Unterlagen oder Akten zu verlangen, die sie schon vorher genau bezeichnen können. Ein solches Recht impliziert vielmehr auch die Befugnis, nach anderen Informationsquellen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind. Ohne eine solche Befugnis wäre es der Kommission unmöglich, die für die Nachprüfung erforderlichen Informationen einzuholen, falls die betroffenen Unternehmen die Mitwirkung verweigern oder eine obstruktive Haltung einnehmen."

53 Aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben sich jedoch verschiedene Garantien der betroffenen Unternehmen gegen willkürliche oder unverhältnismäßige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre ihrer privaten Betätigung (Urteil Roquette Frères, Randnr. 43).

54 Nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 ist die Kommission verpflichtet, Nachprüfungsentscheidungen unter Angabe von Gegenstand und Zweck der Nachprüfung zu begründen, was, wie der Gerichtshof klargestellt hat, insofern ein grundlegendes Erfordernis darstellt, als dadurch nicht nur die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den betroffenen Unternehmen aufgezeigt werden soll, sondern auch diese Unternehmen in die Lage versetzt werden sollen, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren (Urteile Hoechst/Kommission, Randnr. 29, und Roquette Frères, Randnr. 47).

55 Zudem hat die Kommission in der Nachprüfungsentscheidung möglichst genau anzugeben, wonach gesucht wird, und die Punkte aufzuführen, auf die sich die Nachprüfung beziehen soll (Urteil National Panasonic/Kommission, Randnrn. 26 und 27). Dieses Erfordernis dient, wie der Gerichtshof entschieden hat, dem Schutz der Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen, da diese Rechte in schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden, wenn die Kommission den Unternehmen bei einer Nachprüfung erlangte Beweise entgegenhalten könnte, die in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand und dem Zweck dieser Nachprüfung stehen (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in der Rechtssache 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, 3137, Randnr. 18, und Roquette Frères, Randnr. 48).

56 Ferner ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen, gegen das die Kommission eine Nachprüfung angeordnet hat, diese Entscheidung gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) vor dem Gemeinschaftsrichter anfechten kann. Falls diese Entscheidung vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärt würde, wäre die Kommission dadurch gehindert, Unterlagen oder Beweisstücke, die sie sich im Zuge dieser Nachprüfung verschafft hat, im Verfahren wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft zu verwenden; andernfalls liefe sie Gefahr, dass die Entscheidung über den Wettbewerbsverstoß vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärt würde, soweit sie auf derartige Beweismittel gestützt wäre (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 26. März 1987 in der Rechtssache 46/87 R, Hoechst/Kommission, Slg. 1987, 1549, Randnr. 34, und vom 28. Oktober 1987 in der Rechtssache 85/87 R, Dow Chemical Nederland/Kommission, Slg. 1987, 4367, Randnr. 17, sowie Urteil Roquette Frères, Randnr. 49).

57 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist zu prüfen, ob der Klagegrund der Rechtswidrigkeit der Nachprüfung begründet ist.

B - Zur Begründetheit des Klagegrundes

58 Die Prüfung der Begründetheit dieses Klagegrundes setzt zunächst eine Darstellung der Umstände voraus, unter denen die Nachprüfung erfolgte.

1. Relevante und von den Parteien nicht bestrittene Tatsachen

59 Am 12. Oktober 1992 sandte die Kommission nach Eingang einer Beschwerde, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken ähnliche Fährpreise gälten, Minoan auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4056/86 ein Auskunftsverlangen an ihren Sitz (Agiou Titou 38, Heraklion, Kreta).

60 Am 20. November 1992 erhielt die Kommission ein von Herrn Sfinias unterzeichnetes Antwortschreiben auf Briefpapier von Minoan, auf dem oben links ein einziges Firmenzeichen, "Minoan Lines", abgebildet war, unter dem eine einzige Anschrift stand: "2 Vas. Konstantinou Av. (Stadion); 11635, ATHENS".

61 Am 1. März 1993 sandte die Kommission Minoan, wiederum an ihren Sitz in Heraklion, ein zweites Auskunftsverlangen.

62 Am 5. Mai 1993 wurde das Schreiben der Kommission vom 1. März 1993 durch ein erneut von Herrn Sfinias unterzeichnetes Schreiben auf Briefpapier von Minoan beantwortet, auf dem wiederum im Seitenkopf links ein einziges Firmenzeichen, "Minoan Lines", abgebildet war, unter dem aber diesmal keine Anschrift stand. Im Seitenfuß waren zwei Anschriften genannt, "INTERNATIONAL LINES HEAD OFFICES: 64B Kifissias Ave. GR, 151 25, Maroussi, Athens", und darunter "PASSENGER OFFICE: 2 Vassileos Konstantinou Ave., GR, 116 35 Athens".

63 Am 5. Juli 1994 begaben sich Bedienstete der Kommission in die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, und übergaben den Personen, die sie empfingen - wie sich später herausstellte, Angestellte von ETA -, die Nachprüfungsentscheidung sowie die Prüfungsaufträge D/06658 und D/06659 vom 4. Juli 1994, die vom Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb unterzeichnet waren und die Bediensteten der Kommission ermächtigten, die Nachprüfung durchzuführen.

64 Gestützt auf diese Dokumente verlangten die Bediensteten der Kommission von den Angestellten von ETA, der Durchführung der Nachprüfung zuzustimmen. Die Angestellten machten die Kommissionsbediensteten jedoch darauf aufmerksam, dass sie sich in den Geschäftsräumen von ETA befänden, dass sie von dieser angestellt seien und dass ETA eine unabhängige juristische Person und für Minoan lediglich als Agentin tätig sei. Die Bediensteten der Kommission bestanden nach einem Anruf bei ihren Vorgesetzten in Brüssel auf der Durchführung der Nachprüfung und wiesen die Angestellten von ETA darauf hin, dass für den Fall der Weigerung Zwangsmaßnahmen nach den Artikeln 19 Absatz 1 und 20 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 getroffen werden könnten; diese beiden Bestimmungen waren in der Nachprüfungsentscheidung genannt und in der Anlage zu dieser im Wortlaut zitiert. Außerdem ersuchten die Bediensteten der Kommission die Abteilung für Markt- und Wettbewerbsaufsicht des griechischen Handelsministeriums als für Wettbewerbsfragen zuständige nationale Stelle, einen ihrer Bediensteten zu den Geschäftsräumen von ETA zu senden.

65 Die Bediensteten der Kommission klärten die Angestellten von ETA nicht ausdrücklich darüber auf, dass sie einen Anwalt hinzuziehen konnten, sondern übergaben ihnen ein zweiseitiges Schreiben mit Erläuterungen zur Natur und zum üblichen Ablauf der Nachprüfung.

66 Die Angestellten von ETA beschlossen schließlich nach einem Anruf bei ihrem Geschäftsführer, der zum fraglichen Zeitpunkt nicht in Athen war, die Nachprüfung zu dulden, erklärten aber, dass sie ihr fehlendes Einverständnis zu Protokoll geben würden.

67 Daraufhin begannen die Bediensteten der Kommission mit der Nachprüfung, die am Ende des folgenden Tages, des 6. Juli 1994, abgeschlossen wurde.

68 Schließlich ist festzustellen, dass, wie die Klägerin selbst vorgetragen hat (siehe oben, Randnr. 26), ETA in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Klägerin uneingeschränkt befugt war, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit als "Minoan Lines Athens" zu handeln, sich so zu bezeichnen und im Rahmen ihrer Agenturtätigkeit das Waren- und das Firmenzeichen von Minoan zu verwenden.

69 Demnach ergibt sich aus dem Sachverhalt Folgendes:

- Erstens war ETA bei der Ausübung und Verwaltung ihrer Tätigkeiten als Agentin und Vertreterin von Minoan befugt, im Verkehr und bei der Kommission als Minoan aufzutreten, so dass ihre Identität als Verwalterin der fraglichen Geschäftstätigkeit in der Praxis vollständig mit der von Minoan verschmolz.

- Zweitens weist der Umstand, dass die Schreiben der Kommission an Minoan zur direkten Beantwortung an Herrn Sfinias weitergeleitet wurden, darauf hin, dass sowohl Minoan als auch ETA und Herr Sfinias bereits zu dem Zeitpunkt, als die Kommission erstmals tätig wurde, wussten, dass sich diese mit einer Beschwerde befasste. Sie erfuhren auch, welcher Art die Beschwerde war, welchen Gegenstand das Auskunftsverlangen hatte und dass die Kommission auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4056/86 handelte, die in den fraglichen Schreiben zitiert war. Indem Minoan die Schreiben zur Beantwortung an Herrn Sfinias weiterleitete, ermächtigte sie daher de facto nicht nur diesen, sondern auch ETA, im Rahmen der Untersuchung bei der Kommission als von Minoan ordnungsgemäß beauftragter Verhandlungspartner aufzutreten.

- Drittens ergibt sich aus dem Vorstehenden sowie aus dem Umstand, dass Minoan die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit an ETA delegiert hatte, dass die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B in der Praxis das wahre Zentrum der Geschäftstätigkeit der "Minoan" und deshalb der Ort waren, an dem die Bücher und Geschäftsunterlagen über die betreffenden Tätigkeiten verwahrt wurden.

70 Die Geschäftsräume waren folglich Räumlichkeiten von Minoan als Adressatin der Nachprüfungsentscheidung im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 4056/86.

2. Zur Wahrung der Grundsätze, denen die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission unterliegt

71 Nach den Akten erfuellten sowohl die Prüfungsaufträge als auch die Nachprüfungsentscheidung, die die Beamten der Kommission den Angestellten von ETA vorlegten, die Voraussetzung der Bezeichnung des Gegenstands und des Zweckes der Nachprüfung. So sind auf anderthalb Seiten der Begründungserwägungen der Nachprüfungsentscheidung die Gründe dargestellt, aus denen die Kommission es für möglich hält, dass eine gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßende Absprache der wichtigsten Unternehmen auf den Routen zwischen Griechenland und Italien über die Fährpreise für Passagiere, Pkws und Lkws besteht. Die Kommission nennt die Hauptmerkmale des relevanten Marktes, die wichtigsten Unternehmen auf dem Markt, darunter Minoan, und die Marktanteile der auf den drei Routen tätigen Unternehmen und beschreibt im Detail, welche Art von Verhalten ihres Erachtens gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen könnte. Sie stellt fest, dass die Adressatin, d. h. Minoan, eines der wichtigsten Unternehmen auf dem relevanten Markt sei, und betont, dass dieses Unternehmen von der Untersuchung bereits wisse.

72 Sodann wird in Artikel 1 des verfügenden Teils der Nachprüfungsentscheidung festgestellt, dass durch die Nachprüfung ermittelt werden solle, ob die Methoden der Bildung der Preise oder Tarife, die von den im Roll-on-roll-off-Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien tätigen Unternehmen verlangt würden, gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstießen. Artikel 1 der Nachprüfungsentscheidung verpflichtet die Adressatin ferner zur Duldung der Nachprüfung und legt fest, welche Befugnisse die Bediensteten der Kommission im Rahmen der Nachprüfung haben. Artikel 2 nennt den Zeitpunkt, zu dem die Nachprüfung durchgeführt werden soll. Artikel 3 nennt die Adressatin der Entscheidung. Danach ist die Nachprüfungsentscheidung an Minoan gerichtet. Es werden drei mögliche Durchsuchungsorte genannt: erstens Poseidonkai 28, Piräus, zweitens Poseidonkai 24, Piräus, und drittens Leoforos Kifissias 64B, Marousi, Athen, der Ort, an den sich die Bediensteten der Kommission schließlich begaben. Schließlich wird in Artikel 4 darauf hingewiesen, dass gegen die Nachprüfungsentscheidung vor dem Gericht geklagt werden könne, dass eine solche Klage aber nur dann aufschiebende Wirkung habe, wenn das Gericht dies beschließe.

73 In den Prüfungsaufträgen, die die Kommission ihren Bediensteten erteilte, werden diese ausdrücklich ermächtigt, im Einklang mit Sinn und Zweck der Nachprüfungsentscheidung vorzugehen, die zugleich als Anlage beigefügt ist.

74 Aus dem Inhalt dieser Maßnahmen geht somit klar hervor, dass die Kommission Indizien und Beweise für die Beteiligung von Minoan an dem vermuteten Kartell erlangen wollte und glaubte, diese u. a. in den Geschäftsräumen in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, finden zu können, die, wie sie meinte, Minoan gehörten. Insoweit ist daran zu erinnern, dass diese Anschrift auf dem Briefpapier aufgedruckt war, auf dem Minoan am 5. Mai 1993 das Auskunftsverlangen der Kommission vom 1. März 1993 beantwortete und das im Fuß folgende Angabe enthielt: "INTERNATIONAL LINES HEAD OFFICES: 64B Kifissias Ave. GR, 151 25, Maroussi, Athens".

75 Das Gericht ist der Auffassung, dass die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge alle Angaben enthielten, die die Angestellten von ETA benötigten, um beurteilen zu können, ob sie angesichts der Begründung der Entscheidung und der Kenntnis, die sie von der Natur und dem Umfang der Beziehungen zwischen ETA und Minoan hatten, verpflichtet waren, die Nachprüfung, die die Kommission in ihren Geschäftsräumen durchführen wollte, zuzulassen.

76 Was die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge angeht, wurden demnach die in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hinsichtlich des Besitzers der durchsuchten Geschäftsräume, d. h. von ETA, uneingeschränkt beachtet, da ETA als Verwalterin der Geschäfte von Minoan auf dem Markt für Roll-on-roll-off-Fährdienste auf den Routen zwischen Griechenland und Italien beurteilen konnte, wie weit ihre Pflicht zur Zusammenarbeit mit den Bediensteten der Kommission ging, und da ihre Verteidigungsrechte angesichts des Umfangs der Begründung der genannten Maßnahmen und des ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit, gegen die Nachprüfungsentscheidung vor dem Gericht zu klagen, vollständig gewahrt waren. Dass ETA in der Folge keine Klage erhob, war allein ihre Entscheidung und entkräftet diese Feststellung nicht, sondern bestätigt sie eher.

77 Insoweit ist daran zu erinnern, dass ETA zwar rechtlich eine von Minoan unabhängige Einheit war, dass aber in ihrer Rolle als Vertreterin von Minoan und als Alleinverwalterin der von der Untersuchung der Kommission betroffenen Tätigkeiten ihre Person vollständig mit der ihrer Auftraggeberin verschmolz, weshalb sie dieselbe Pflicht zur Zusammenarbeit hatte wie diese.

78 Für den Fall, dass es Minoan erlaubt sein sollte, sich auf die Verteidigungsrechte von ETA als unabhängiger Einheit zu berufen, ist ferner festzustellen, dass diese Rechte zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt wurden. Weder etwaige eigene Tätigkeiten noch die eigenen Bücher und Geschäftsunterlagen von ETA waren Gegenstand der Nachprüfung.

79 Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe gegen Artikel 189 Absatz 4 des Vertrages verstoßen, wonach die "Entscheidung... in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich [ist], die sie bezeichnet", da sie in den Geschäftsräumen einer Gesellschaft, nämlich von ETA, eine Nachprüfung auf der Grundlage einer Nachprüfungsentscheidung und von Prüfungsaufträgen durchgeführt habe, die eine andere Gesellschaft, nämlich Minoan, beträfen.

80 Dieses Argument ist jedoch unbeachtlich. Erstens stützt Artikel 189 des Vertrages in keiner Weise das Hauptargument der Klägerin, dass die Rechtswidrigkeit im Wesentlichen auf einem Verstoß der Kommission gegen Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 und gegen die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie auf einem Missbrauch ihrer Nachprüfungsbefugnisse beruhe. Artikel 189 des Vertrages nennt lediglich die gesetzgeberischen Maßnahmen und Maßnahmen mit Entscheidungscharakter, die den Organen zur Verfügung stehen, und bestimmt ihre Rechtswirkungen. Außerdem würde Artikel 189 des Vertrages selbst dann, wenn er im vorliegenden Fall von Bedeutung wäre, nur bestätigen, dass die Nachprüfungsentscheidung eine zwingende Wirkung dahin hat, dass sie für Minoan als Adressatin der Entscheidung und für ETA als von Minoan für die Zwecke der Untersuchung bestimmte Vertreterin und Verhandlungsführerin "in allen ihren Teilen... verbindlich" ist.

81 Der Kommission kann unter den Umständen des vorliegenden Falles auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie davon ausging, dass Minoan an dem Ort in Athen, den die Bediensteten der Kommission aufsuchten, eigene Geschäftsräume habe, und dass sie deshalb die betreffende Anschrift in ihrer Nachprüfungsentscheidung als Anschrift eines der Geschäftszentren von Minoan nannte.

82 Sodann ist die Frage zu prüfen, ob die Kommission rechtmäßig handelte, als sie auf der Durchführung der Nachprüfung bestand.

83 Nach der oben zitierten Rechtsprechung muss die Kommission bei ihrer Nachprüfungstätigkeit die Beachtung der Grundsätze der Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinschaftsorgane und des Schutzes vor willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person sicherstellen (vgl. Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 19). Es wäre unverhältnismäßig und verstieße gegen die Verordnung Nr. 4056/86 und tragende Rechtsgrundsätze, würde der Kommission auf der Grundlage einer an eine bestimmte rechtliche Einheit gerichteten Nachprüfungsentscheidung ein allgemeines Recht zuerkannt, die Räumlichkeiten einer anderen rechtlichen Einheit zu betreten und dort Nachprüfungen durchzuführen, nur weil diese angeblich mit dem Adressaten der Nachprüfungsentscheidung eng verbunden ist oder die Kommission glaubt, sie könne dort Unterlagen des Adressaten finden.

84 Im vorliegenden Fall kann die Klägerin der Kommission jedoch nicht vorwerfen, dass sie ihre Nachprüfungsbefugnisse erweitert habe, indem sie die Geschäftsräume einer anderen Gesellschaft als der Adressatin der Entscheidung aufgesucht habe. Vielmehr ergibt sich aus den Akten, dass die Kommission sorgfältig und unter umfassender Beachtung ihrer Pflicht handelte, sich vor der Nachprüfung im Rahmen des Möglichen zu vergewissern, dass die Geschäftsräume, die sie durchsuchen wollte, tatsächlich die Geschäftsräume derjenigen rechtlichen Einheit waren, der ihre Ermittlung galt. Insoweit ist daran zu erinnern, dass zwischen der Kommission und Minoan ein Schriftwechsel stattgefunden hatte, in dessen Rahmen Minoan zwei Schreiben der Kommission mit zwei Schreiben beantwortet hatte, die von Herrn Sfinias unterzeichnet worden waren, der sich schließlich als Geschäftsführer von ETA herausstellte, ohne dass sie jedoch irgendeinen Hinweis auf die Existenz von ETA oder darauf gegeben hätte, dass sie auf dem Markt durch einen Alleinvertreter handele.

85 Darüber hinaus ist festzustellen, dass, wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung vorgetragen hat, ohne den Widerspruch der Klägerin zu erregen, im Verzeichnis der Mitglieder des Verbandes der griechischen Eigner von Fährschiffen der Name von Herrn Sfinias, der die beiden Schreiben im Namen von Minoan unterzeichnet hatte, genannt ist, dass in der von Minoan veröffentlichten Preisliste eine Generalagentur unter der Anschrift Kifisias 64B, Athen, erwähnt wird und dass schließlich im Telefonverzeichnis von Athen die Gesellschaft Minoan Lines unter der Anschrift aufgeführt ist, zu der sich die Bediensteten der Kommission begaben, um die Nachprüfung durchzuführen.

86 Zu klären bleibt, ob die Bediensteten der Kommission, nachdem sie erfahren hatten, dass ETA eine andere Gesellschaft war, für die ihnen keine Nachprüfungsentscheidung vorlag, den Ort hätten verlassen und gegebenenfalls mit einer Entscheidung hätten wiederkehren müssen, die an ETA gerichtet war und angemessen begründete, weshalb eine solche Nachprüfung im Rahmen der betreffenden Angelegenheit gerechtfertigt sei.

87 Angesichts der oben dargestellten besonderen Umstände konnte die Kommission mit gutem Grund die Auffassung vertreten, dass die "Erläuterungen" der Angestellten von ETA weder genügten, um sofortige Klarheit in der Frage der Unterscheidung zwischen den juristischen Personen zu schaffen, noch, um die Aussetzung der Kontrolle zu rechtfertigen, zumal, wie die Kommission unterstreicht, die Beantwortung der Frage, ob es sich um dasselbe Unternehmen handelte, eine Beurteilung in der Sache und insbesondere eine Auslegung des Umfangs des Geltungsbereichs von Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 erforderlich gemacht hätte.

88 Unter den Umständen des vorliegenden Falles durfte die Kommission, auch nachdem sie erfahren hatte, dass die aufgesuchten Geschäftsräume ETA und nicht Minoan gehörten, die Ansicht vertreten, dass sie gleichwohl als Räumlichkeiten anzusehen seien, die Minoan bei der Abwicklung ihrer Geschäfte nutze, und daher den Geschäftsräumen des Unternehmens gleichgestellt werden könnten, an das die Nachprüfungsentscheidung gerichtet war. Wie der Gerichtshof entschieden hat, kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, besondere Bedeutung zu, da der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den "Geschäftsräumen der Unternehmen" (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 26). Die Kommission durfte deshalb bei der Ausübung ihrer Nachprüfungsbefugnisse berücksichtigen, dass die Chancen, Beweismaterial für die vermutete Zuwiderhandlung zu finden, größer sind, wenn sie in den Räumlichkeiten sucht, von denen aus die von ihr untersuchte Gesellschaft in der Praxis für gewöhnlich ihre unternehmerische Tätigkeit betreibt.

89 Schließlich ist jedenfalls hinzuzufügen, dass der Nachprüfung durch die Kommission letztlich nicht widersprochen wurde.

90 Die Kommission hat deshalb, als sie in einem Fall wie dem vorliegenden auf der Durchführung der Nachprüfung bestand, ihre Untersuchungsbefugnisse aus Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 nicht überschritten.

3. Zur Beachtung der Verteidigungsrechte und zum Fehlen eines übermäßigen Eingriffs der öffentlichen Gewalt in die Betätigungssphäre von ETA

91 Wie oben festgestellt, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts zwar die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen der Kommission zu erhalten, doch muss diese ihrerseits die Beachtung der Verteidigungsrechte der von der Nachprüfung betroffenen Unternehmen sicherstellen und willkürliche oder unverhältnismäßige Eingriffe in die Sphäre der privaten Betätigung dieser Unternehmen unterlassen (Urteile Hoechst/Kommission, Randnr. 19, Dow Benelux/Kommission, Randnr. 30, Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in den Rechtssachen 97/87 bis 99/87, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, Slg. 1989, 3165, Randnr. 16; Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, so genanntes "PVC II"-Urteil, Slg. 1999, II-931, Randnr. 417).

92 Was die Beachtung der Verteidigungsrechte angeht, so haben es weder die Klägerin noch die rechtliche Einheit, der die Geschäftsräume gehörten, d. h. ETA, für angebracht gehalten, eine Klage gegen die Nachprüfungsentscheidung zu erheben, auf deren Grundlage die Nachprüfung erfolgt war, obwohl sie dies nach der ausdrücklichen Bestimmung in Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4056/86 hätten tun können.

93 Bezüglich der Klägerin genügt außerdem die Feststellung, dass sie sich auf ihr Recht beruft, im Rahmen ihrer Klage auf Nichtigerklärung der von der Kommission gemäß Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages erlassenen abschließenden Entscheidung die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Nachprüfung zu verlangen.

94 Ferner steht fest, dass die Kommission nicht verpflichtet war, eine gerichtliche Ermächtigung und/oder polizeiliche Hilfe zu beantragen, um die Nachprüfung durchführen zu können, da sich die Angestellten von ETA der Nachprüfung am Ende nicht mehr widersetzten. Eine Nachprüfung wie die im vorliegenden Fall ist deshalb als Nachprüfung anzusehen, die im Zusammenwirken mit dem betroffenen Unternehmen durchgeführt wurde. Diese Feststellung wird nicht dadurch entkräftet, dass Kontakt zur griechischen Wettbewerbsbehörde aufgenommen wurde und sich ein Bediensteter dieser Behörde zum Ort der Nachprüfung begab, da eine derartige Maßnahme in Artikel 18 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4056/86 für die Fälle, in denen sich das Unternehmen der Nachprüfung nicht widersetzt, vorgesehen ist. Unter diesen Umständen kann keine Rede von einem übermäßigen Eingriff der öffentlichen Gewalt in die Betätigungssphäre von ETA die Rede sein, da keine Anhaltspunkte dafür genannt worden sind, dass die Kommission über die von den Angestellten von ETA angebotene Zusammenarbeit hinausgegangen sei (in diesem Sinne Urteil PVC II, Randnr. 422).

C - Ergebnis

95 Nach alledem hat die Kommission im vorliegenden Fall sowohl hinsichtlich der von ihr erlassenen Nachprüfungsmaßnahmen als auch hinsichtlich der Art und Weise, in der die Nachprüfung später durchgeführt wurde, völlig rechtmäßig gehandelt und dabei die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen gewahrt und den allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, wonach die Sphäre der privaten Betätigung natürlicher und juristischer Personen vor unverhältnismäßigen oder willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt geschützt ist, uneingeschränkt beachtet.

96 Das Gericht ist über die relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände hinreichend unterrichtet, um den vorliegenden Klagegrund prüfen zu können; dem Antrag der Klägerin auf Vorlage von Unterlagen ist daher nicht stattzugeben.

97 Dieser Klagegrund ist somit für unbegründet zu erklären.

Zum zweiten Klagegrund: Die Handlungen und Initiativen von ETA seien der Klägerin zu Unrecht zugerechnet worden

Vorbringen der Parteien

98 Die Klägerin hält es nicht für gerechtfertigt, dass die Kommission ihr die Handlungen und Initiativen von ETA zugerechnet habe, die nach der Entscheidung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstießen.

99 Sie macht zunächst geltend, dass mehrere der vorgeworfenen Handlungen auf Eigeninitiativen von ETA zurückgingen, die von Minoan nicht gebilligt worden seien und die zwischen ETA und Minoan geschlossenen Verträge sprengten, so dass Minoan dafür nicht verantwortlich gemacht werden dürfe. Entgegen dem Vorbringen der Kommission gehe aus diesen Verträgen nicht hervor, dass ETA auf Weisung und unter der Kontrolle der Klägerin handele. Vielmehr verfüge ETA über eine sehr weitreichende Autonomie, da sie in ganz Griechenland (ausgenommen Kreta) ein eigenes Netz von Büros unterhalte und eigenverantwortlich die Agenten in Griechenland und im Ausland ernennen könne. Aus den Verträgen gehe auch nicht hervor, dass ETA berechtigt gewesen sei, eine illegale Zusammenarbeit mit anderen Gesellschaften aufzunehmen, und es gebe keine Dokumente, die darauf hindeuteten, dass Minoan ETA aufgefordert habe, dies zu tun. Die vertragliche Festsetzung der Provision der Agenten belege nicht, dass ETA kein unabhängiges Unternehmen gewesen sei.

100 Sodann bestreitet die Klägerin die Behauptung der Kommission (Randnr. 137 der Entscheidung), ETA sei als verlängerter Arm (longa manus) von Minoan, der als Vertreter und Mittler fungiere, ausschließlich im Auftrag von Minoan tätig und betreibe keine Geschäfte auf eigene Rechnung. Dass ETA die Agentin der Klägerin sei, bedeute nicht zwangsläufig, dass alle Initiativen von ETA für Rechnung der Klägerin erfolgten, insbesondere wenn sie keinen Zusammenhang zu ihrer vertraglichen Beziehung aufwiesen und die Klägerin diese Initiativen weder angeordnet noch genehmigt habe.

101 Die Klägerin ergänzt, dass Herr Sfinias entgegen der Behauptung der Kommission nicht nur dann Bezug auf ETA nehme, wenn er sich an die Zentrale von Minoan in Heraklion wende. Vielmehr enthielten alle von der Kommission angeführten Fernschreiben sowohl im Kopf (d. h. vor der Nennung des Absenders und des oder der Adressaten) als auch im Seitenfuß (unter dem Namen von Herrn Sfinias) die Angabe "ETA" und die Telexnummer von ETA als des eigentlichen Absenders. Die Angabe "Minoan Lines" oder "Minoan Lines Athens" sei erfolgt, weil man um Knappheit bemüht gewesen sei und deshalb die Verwendung der Bezeichnung "ETA Worldwide General Agents for Minoan Lines" habe vermeiden wollen.

102 Die Klägerin trägt vor, sie habe den gesetzlichen Vertreter von ETA, Herrn Sfinias, niemals aufgefordert, rechtswidrige Vereinbarungen zu treffen, räumt aber ein, dass sie ihm unter dem Vorbehalt, dass sie unterrichtet werde, nicht untersagt habe, Gespräche mit anderen Gesellschaften zu führen. Da sie überzeugt gewesen sei, dass sich diese Gespräche im Rahmen der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine bewegten, habe sie darin nichts "besonders Schwerwiegendes" gesehen.

103 Zur Stützung ihrer Behauptung, dass sie keine Kenntnis von den Aktivitäten von ETA gehabt habe, trägt die Klägerin vor, sie habe ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Kontakte und Gespräche von Herrn Sfinias konzentriert, sondern auf dessen Vorschläge zur Preispolitik, um auf der Grundlage verschiedener wirtschaftlicher Parameter und anhand ihrer eigenen Kriterien die vorgeschlagenen Preise zu genehmigen, abzulehnen oder zu ändern. Die Aussagen von Herrn Sfinias in der Sitzung vom 13. und 14. Mai 1997 bestätigten dies. Herr Sfinias habe insbesondere erklärt:

"Unsere Gesellschaft ist vertraglich verpflichtet, durch die Vorgehensweisen und Initiativen, die Minoan am geeignetsten erscheinen, die besten Betriebsbedingungen für deren Schiffe zu schaffen; inwieweit wir Minoan dabei auf dem Laufenden halten, bleibt uns überlassen. Sind wir sehr optimistisch, was unser Handeln angeht, und gehen wir davon aus, dass es vorteilhaft für die Interessen unserer Auftraggeberin im weiteren Sinne sein wird, kann es sein, dass wir diese nicht im Voraus oder gar nicht unterrichten, da es letztlich nur auf das Ergebnis ankommt, oder dass wir sie mit der Bitte um Genehmigung nachträglich unterrichten, hauptsächlich, weil wir wissen, dass unsere Auftraggeberin eine Gesellschaft mit sehr breit gestreuten Kleinaktien ist und dass ihre Geschäftsführung, die unsere Initiativen genehmigt oder ablehnt, daher einer beträchtlichen Zahl von Aktionären verantwortlich ist."

104 Weiter bestreitet die Klägerin die Behauptung der Kommission, dass die am Ende von Randnummer 137 der Entscheidung erwähnten Schriftstücke bewiesen, dass sie sich der abgestimmten Vorgehensweise bewusst gewesen sei. Es habe sich vielmehr stets um Informationen gehandelt, die sie nachträglich erhalten habe.

105 Schließlich weist die Klägerin die Argumente in Randnummer 138 der Entscheidung zurück, aufgrund deren die Kommission zu dem Schluss gelangt ist, dass im Sinne der Entscheidung ETA und Minoan als rechtliche und wirtschaftliche Einheit anzusehen seien. Sie wirft der Kommission vor, ihr ausnahmslos sämtliche Aktivitäten und Initiativen von ETA zugerechnet zu haben.

106 Die Klägerin verneint, dass sich eine derartige Zurechnung mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung zu der Frage, ob Muttergesellschaften das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften zugerechnet werden könne, rechtfertigen lasse (Urteile des Gerichtshofes vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 48/69, ICI/Kommission, Slg. 1972, 619, Randnrn. 132 und 133, und vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache 107/82, AEG/Kommission, Slg. 1983, 3151, Randnr. 49), da sich diese Rechtsprechung auf Tochtergesellschaften beziehe und nicht auf unabhängige Unternehmen, die Verträge über eine Zusammenarbeit geschlossen hätten. Außerdem werde in den von der Kommission genannten Urteilen die Zurechnung zusätzlich davon abhängig gemacht, dass "die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaften befolgt". Schließlich genüge für eine solche Zurechnung eines Verhaltens nicht bereits die Feststellung, dass die Möglichkeit einer Beeinflussung des Verhaltens bestehe, sondern es sei nachzuweisen, dass von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei (vgl. Urteil AEG/Kommission, Randnrn. 50 ff., und Urteil ICI/Kommission, Randnrn. 135, 137, 138 und 141).

107 Nach Ansicht der Klägerin ist jedoch im vorliegenden Fall keine der genannten Voraussetzungen erfuellt, da ETA keine Tochtergesellschaft von Minoan sei und diese folglich keinen Einfluss auf die Verwaltungsorgane von ETA ausübe; die einzige Verbindung zwischen diesen beiden Gesellschaften ergebe sich aus den vertraglichen Bestimmungen, die klar die Rechte und Verpflichtungen jeder Partei festlegten. Selbst wenn sie nach diesen Verträgen die Möglichkeit einer gewissen Einflussnahme gehabt haben sollte, habe sie davon niemals Gebrauch gemacht. Schließlich enthielten die Akten keinen Hinweis darauf, dass Minoan durch konkrete Handlungen das Verhalten von ETA beeinflusst oder ihr genaue Weisungen, Anordnungen oder Aufträge erteilt habe. Vielmehr werde aus den Akten deutlich, dass Minoan entweder bestimmte Initiativen gar nicht gekannt habe oder passive Empfängerin unvollständiger Informationen gewesen sei, die ETA ihr nachträglich mitgeteilt habe.

108 Unter diesen Umständen sei die Feststellung der Kommission, dass "[im] Sinne [der] Entscheidung... ETA und Minoan als rechtliche und wirtschaftliche Einheit angesehen [werden]", um zu rechtfertigen, dass sämtliche Aktivitäten und Initiativen von ETA Minoan zugerechnet würden, willkürlich, offensichtlich nicht begründet und finde weder in den Akten noch in der von der Kommission angeführten Rechtsprechung eine Grundlage.

109 Die Kommission stellt nicht in Frage, dass ETA über eine eigenständige Rechtspersönlichkeit verfügt. Sie macht jedoch geltend, dass nach der Rechtsprechung der Umstand, dass eine Gesellschaft über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfüge, nicht bedeute, dass es nicht möglich sei, ihr Verhalten einer anderen Gesellschaft zuzurechnen. Im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft sei nicht eine rein rechtliche, sondern eine wirtschaftliche Betrachtung erforderlich, aufgrund deren sie im vorliegenden Fall festgestellt habe, dass die Aktivitäten und Initiativen von ETA nicht im eigenen Namen und für eigene Rechnung erfolgt seien, sondern im Namen und für Rechnung von Minoan.

110 Im vorliegenden Fall ergebe sich aus den Klauseln in den verschiedenen Verträgen zur Regelung der Beziehungen zwischen ETA und der Klägerin sowie aus den Aussagen von Herrn Sfinias zu diesen Beziehungen, dass ETA sehr umfangreiche Vertretungsbefugnisse gehabt habe und dass sich ihr Auftrag und ihre Ermächtigung nicht nur darauf erstreckt habe, das Netz der lokalen Agenten zu organisieren und den Verkauf von Fahrkarten für Auslandsziele zu fördern, sondern allgemeiner auch darauf, die Schiffe auf den internationalen Routen zu verwalten, die Klägerin zu vertreten, sich um alle Fragen und Maßnahmen zu kümmern, die die von ihr verwalteten Schiffe beträfen, und deren Betrieb im Namen und für Rechnung der Klägerin zu fördern. Aus den Verträgen ergebe sich, dass ETA vertraglich verpflichtet gewesen sei, Anordnungen der Klägerin entgegenzunehmen (Artikel IV Buchstabe g der Managementverträge) und sich in systematischem Zusammenwirken mit der Klägerin um eine Zusammenarbeit zwischen dieser und anderen Gesellschaften zu bemühen (soweit die Klägerin dies verlange) (Artikel II 1 der Managementverträge).

111 Die Kommission ergänzt, dass im Rahmen dieser Prüfung klar zwischen der vertraglichen Verpflichtung des Agenten, nach den Weisungen und unter der Kontrolle der vertretenen Person für deren Rechnung zu handeln, und dem tatsächlichen Vermögen der vertretenen Person zu unterscheiden sei, die erforderliche Kontrolle über den Vertreter auszuüben. Selbst wenn sich bestätigen sollte, dass die Klägerin keine Erfahrungen mit der Schifffahrt gehabt habe und folglich nicht in der Lage gewesen sei, ETA spezielle technische oder geschäftliche Weisungen zu erteilen, hätte ETA somit im Einklang mit ihren vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtungen und im Rahmen der von der Klägerin erteilten Weisungen und Ermächtigungen ihre Aufgaben als Vertreterin wahrgenommen.

112 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerin zurück, dass ETA über eine "weitreichende Autonomie" verfügt habe, da sie vertraglich verpflichtet gewesen sei, keine anderen Reedereien auf denselben Routen zu vertreten. Das Vorbringen der Klägerin enthalte keine Hinweise darauf, dass ETA auf dem fraglichen Markt als Vertreterin oder Agentin irgendeines anderen Schifffahrtsunternehmens tätig gewesen sei.

113 Ferner gehe aus den Verträgen nicht hervor - und werde von der Klägerin auch nicht behauptet -, dass ETA entweder durch die Erbringung von Roll-on-roll-off-Fährdiensten (Beförderung von Passagieren und Fahrzeugen) zwischen Griechenland und Italien oder durch die Erfuellung der sich darauf beziehenden Verträge mit Dritten ein finanzielles Risiko eingehe. ETA sei daher im vorliegenden Fall nicht als Eigenhändlerin anzusehen, sondern als ein in das Unternehmen der Klägerin eingegliedertes Hilfsorgan. Aus den Verträgen zwischen der Klägerin und ETA ergebe sich nämlich, dass sich Letztere als Alleinvertreterin der Klägerin verpflichtet habe, gegen Zahlung prozentualer Anteile aus dem Fahrkartenerlös die Schiffe der Klägerin zu verwalten und sich allgemeiner um alle diese Schiffe betreffenden Fragen zu kümmern.

114 Schließlich sei die Behauptung der Klägerin unzutreffend, dass es die Initiativen, die ETA angeblich "außerhalb der vertraglichen Beziehung" ergriffen habe, tatsächlich gegeben habe, dass sie aber nicht für Rechnung von Minoan erfolgt seien. Der Vertrag zwischen ETA und der Klägerin habe das Management der auf den internationalen Routen eingesetzten Schiffe der Klägerin zum Gegenstand gehabt, und in diesem Zusammenhang sei die Aufzählung bestimmter Tätigkeiten in den Managementverträgen nicht abschließend gewesen. Vielmehr ergebe sich aus den Verträgen zwischen der Klägerin und ETA (Artikel II Buchstabe n), dass ETA allgemeiner verpflichtet gewesen sei, sich um alle Fragen und Maßnahmen zu kümmern, die die von ihr verwalteten Schiffe betroffen hätten. Sämtliche Tätigkeiten, die zur Erreichung des Zieles und zur Erfuellung der Verträge beigetragen hätten, seien daher von der vertraglichen Beziehung erfasst.

Würdigung durch das Gericht

A - Vorbemerkungen

115 Die Frage, ob die Handlungen von ETA der Klägerin zugerechnet werden können, wird in den Randnummern 136 bis 138 der Entscheidung behandelt.

116 In Randnummer 136 der Entscheidung weist die Kommission mit einer Reihe von Argumenten das Vorbringen der Klägerin zurück, mehrere Handlungen von ETA, auf die in der Entscheidung Bezug genommen werde, könnten ihr nicht zugerechnet werden, da sie auf Eigeninitiativen von ETA zurückgingen, die die Verträge zwischen diesen beiden Gesellschaften sprengten und von der Klägerin nicht gebilligt worden seien.

117 In Randnummer 138 der Entscheidung weist die Kommission das Argument der Klägerin zurück, dass ETA über ein so hohes Maß an wirtschaftlicher Eigenständigkeit verfügt habe, dass ihr Verhalten nicht ihrem Auftraggeber zugeordnet werden könne, und verweist in der Fußnote auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zu der Frage, ob Muttergesellschaften die Handlungen ihrer Tochtergesellschaften zugerechnet werden könnten (Urteile AEG/Kommission, Randnr. 49, und ICI/Kommission, Randnrn. 132 und 133). Sodann erklärt die Kommission: "Im Sinne [der] Entscheidung werden ETA und Minoan als rechtliche und wirtschaftliche Einheit angesehen."

118 Die Klägerin macht in ihrer Klageschrift geltend, dass die von der Kommission angeführte Rechtsprechung im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei, da ETA nicht ihre Tochtergesellschaft sei. Die Kommission beschränkt sich in ihren Schriftsätzen darauf, die Grundsätze zu nennen, die sie im vorliegenden Fall für anwendbar hält, und zitiert dabei insbesondere das Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663) und ihre eigene Bekanntmachung über Alleinvertriebsverträge mit Handelsvertretern (ABl. 1962, Nr. 139, S. 2921).

119 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall ETA aufgrund ihrer Eigenschaft als Alleinverwalterin der Geschäfte der Klägerin auf den relevanten Märkten als verlängerten Arm der Klägerin ansieht und in Wirklichkeit nicht behauptet, dass die beiden Gesellschaften eine rechtliche Einheit seien, sondern vielmehr, dass sie eine wirtschaftliche Einheit seien. Zwar ist Randnummer 138 mehrdeutig formuliert, weil die beiden Begriffe vermengt zu werden scheinen, doch ergibt sich aus einer Gesamtschau der Randnummern 136 bis 139 der Entscheidung und dem Hinweis in der Fußnote zu Randnummer 138 auf die Rechtsprechung zu der Frage, ob Muttergesellschaften die Handlungen ihrer Tochtergesellschaften zugerechnet werden können, dass die Handlungen von ETA der Klägerin nach den Grundsätzen, die die Beziehungen zwischen dem Mittler und dessen Geschäftsherrn regeln, und aufgrund der Verantwortlichkeit des Letzteren für das Verhalten des Ersteren zugerechnet wurden, ausgelegt unter Berücksichtigung des Begriffes der wirtschaftlichen Einheit, der allgemein dann verwendet wird, wenn das Verhalten von Unternehmen anhand des Wettbewerbsrechts untersucht wird. Das Vorbringen der Kommission in ihren Schriftsätzen bestätigt diese Deutung.

120 Unter Berücksichtigung dieser Erläuterungen ist zu prüfen, ob in der Entscheidung zu Recht festgestellt worden ist, dass die Handlungen von ETA für die Zwecke der Anwendung des Artikels 85 des Vertrages der Klägerin zugerechnet werden könnten.

B - Zur Zuordnung von Verantwortlichkeiten in den Beziehungen zwischen dem Geschäftsherrn und dem Agenten

121 Nach ständiger Rechtsprechung ist im Rahmen des Wettbewerbsrechts unter dem Begriff des Unternehmens eine im Hinblick auf den jeweiligen Vertragsgegenstand bestehende wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 170/83, Hydrotherm, Slg. 1984, 2999, Randnr. 11, und Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2000 in der Rechtssache T-234/95, DSG/Kommission, Slg. 2000, II-2603, Randnr. 124).

122 Ferner ist entschieden worden, dass eine wirtschaftliche Einheit in einer einheitlichen Organisation persönlicher, materieller und immaterieller Mittel besteht, die dauerhaft einen bestimmten wirtschaftlichen Zweck verfolgt und an einer Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages beteiligt sein kann. Wenn eine Gruppe von Gesellschaften ein und dasselbe Unternehmen bildet, rechnet die Kommission daher zu Recht die Verantwortlichkeit für eine Zuwiderhandlung dieses Unternehmens der Gesellschaft zu, die für das Handeln der Gruppe im Rahmen der Zuwiderhandlung verantwortlich ist, und verhängt gegen diese Gesellschaft eine Geldbuße (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-11/89, Shell/Kommission, Slg. 1992, II-757, Randnr. 311).

123 Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass es bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln nicht auf die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergebende formale Trennung zwischen zwei Gesellschaften ankommt, sondern vielmehr darauf, ob sich die beiden Gesellschaften auf dem Markt einheitlich verhalten (in diesem Sinne Urteil ICI/Kommission, Randnr. 140).

124 Es kann also notwendig sein, zu ermitteln, ob zwei Gesellschaften mit je eigener Rechtspersönlichkeit ein und dasselbe Unternehmen oder ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit mit einheitlichem Marktverhalten bilden oder zu einem solchen Unternehmen oder einer solchen Einheit gehören.

125 Aus der Rechtsprechung wird deutlich, dass eine solche Situation nicht auf Fälle beschränkt ist, in denen Gesellschaften zueinander in einem Mutter-Tochter-Verhältnis stehen, sondern unter bestimmten Umständen auch die Beziehungen zwischen einer Gesellschaft und ihrem Handelsvertreter oder zwischen einem Geschäftsherrn und dem Beauftragten betrifft. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Verhalten in den Anwendungsbereich des Artikels 85 oder 86 des Vertrages fällt, ist nämlich von Bedeutung, ob der Geschäftsherr und sein Mittler oder "Handelsvertreter" eine wirtschaftliche Einheit bilden, bei der Letzterer ein in das Unternehmen des Ersteren eingegliedertes Hilfsorgan ist. So ist entschieden worden, dass ein Absatzmittler, wird er für seinen Geschäftsherrn tätig, grundsätzlich als ein in dessen Unternehmen eingegliedertes Hilfsorgan angesehen werden kann, das den Weisungen des Geschäftsherrn zu folgen hat und sonach mit dem betroffenen Unternehmen ebenso wie ein Handlungsgehilfe eine wirtschaftliche Einheit bildet (Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, Randnr. 480).

126 Was Gesellschaften betrifft, zwischen denen eine vertikale Beziehung wie die zwischen einem Geschäftsherrn und seinem Vertreter oder Mittler besteht, so wird bei der Prüfung der Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit besteht, im Wesentlichen auf zwei Kriterien abgestellt, zum einen darauf, ob der Mittler ein wirtschaftliches Risiko zu tragen hat, und zum anderen darauf, ob die vom Mittler erbrachten Dienstleistungen Ausschließlichkeitscharakter haben.

127 Zur Tragung des wirtschaftlichen Risikos hat der Gerichtshof im Urteil Suiker Unie u. a./Kommission festgestellt (Randnr. 482), dass ein Absatzmittler nicht als ein in das Unternehmen des Geschäftsherrn eingegliedertes Hilfsorgan angesehen werden kann, wenn ihm aufgrund der zwischen ihm und dem Geschäftsherrn getroffenen Abmachung Aufgaben erwachsen oder verbleiben, die aus wirtschaftlicher Sicht insofern denen eines Eigenhändlers ähneln, als der Absatzmittler die finanziellen Risiken des Absatzes bzw. der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen hat.

128 Was den Ausschließlichkeitscharakter der vom Absatzmittler erbrachten Dienstleistungen angeht, so hat der Gerichtshof die Auffassung ausgeführt, dass es nicht für eine wirtschaftliche Einheit spricht, wenn der Absatzmittler neben seiner für Rechnung des Geschäftsherrn ausgeübten Tätigkeit in beträchtlichem Umfang eine eigene Geschäftstätigkeit als Eigenhändler auf dem relevanten Produkt- oder Dienstleistungsmarkt entfaltet (in diesem Sinne Urteil Suiker Unie u. a./Kommission, Randnr. 544).

129 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die Kriterien, von denen nach der Rechtsprechung das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen dem Geschäftsherrn und dem Beauftragten abhängt, erfuellt sind, da ETA auf dem Markt nur im Namen und für Rechnung von Minoan tätig war und im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit keine finanziellen Risiken zu tragen hatte. Schließlich ergibt sich aus den Akten auch noch, dass die beiden Gesellschaften von Dritten und auf dem relevanten Markt als Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit, nämlich von Minoan, wahrgenommen wurden.

130 Zu diesem Ergebnis führt insbesondere eine Prüfung der Managementverträge zwischen der Klägerin und ETA.

C - Zu den Managementverträgen

131 Der am 24. Juni 1991 zwischen der Klägerin und ETA geschlossene Schiffsmanagementvertrag, der den Wortlaut früherer Verträge übernimmt, nennt in Artikel II die Pflichten der Verwalterin, der ETA. Dieser Artikel lautet:

"Zur Erreichung des oben genannten Zieles und in Erfuellung des vorliegenden Vertrages hat der Verwalter folgende Pflichten:

a) Er unterhält ein ausgedehntes Netz von Büros in ganz Griechenland (mit Ausnahme von Kreta, wo die Agenturtätigkeit vom Eigner organisiert worden ist, die Buchführung aber durch die EDV-Stelle des Verwalters erfolgt); der Verwalter kann für die Erbringung der Hafendienste für das genannte Schiff des Eigners in den Zwischen- und Anlaufhäfen, für alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausfertigung und Ausgabe von Fahrkarten und Konnossementen sowie für die Erbringung der Hafen- und sonstigen Dienste während der Beförderung von Passagieren und Fahrzeugen in eigener Verantwortung Agenten in Griechenland und im Ausland ernennen.

b) Er stellt sein Vertriebsnetz dem Eigner und nur diesem zur ausschließlichen Verfügung und verpflichtet sich, auf der Route Ancona-Korfu-Kephallonia-Piräus-Paros-Heraklion keinen anderen Eigner zu vertreten.

c) Er sorgt dafür, dass alle Frachteinnahmen sämtlicher Agenten im Inland oder im Ausland rechtzeitig eingezogen und an den Eigner abgeführt werden; das Frachtgeld wird binnen eines Monats nach Durchführung der Fahrt, für die es verlangt wurde, abgeführt.

Der Nettoertrag aus den Frachtkosten wird im Namen des Eigners auf dessen Bankkonto eingezahlt. Die im Ausland erzielten Frachteinnahmen (in Devisen) und die im Inland erzielten Frachteinnahmen (in Drachmen) stehen ausschließlich dem Eigner zu.

In beiden Fällen erfolgen die Einzahlungen bei einer vom Eigner genannten Bank.

d) Der Verwalter sorgt für eine besondere Aufsicht und eine allgemeine Buchführung, um den reibungslosen Ablauf des Betriebes von der Ausfertigung und Ausgabe der Fahrkarten, Konnossemente usw. bis zum Kontoabschluss zu gewährleisten; dabei sind uneingeschränkt die Interessen des Eigners zu wahren, dem er einmal monatlich zur Kontrolle die Abrechnungen über Fahrkarten und Konnossemente übermittelt.

e) Der Verwalter unterhält in Griechenland und in Ancona (Italien) einen Buchungsdienst (CRO); dieser Dienst steht für Kunden des Eigners offen, die ohne oder mit Fahrzeug (Lkw oder Pkw) ins Ausland oder nach Griechenland reisen; er sorgt ferner für die Erbringung sämtlicher Zoll- oder Hafendienste und besorgt die Transitgenehmigungen für die Route Ancona-Korfu-Kephallonia-Piräus-Paros-Heraklion.

f) Er richtet in den Häfen von Ancona, Korfu, Kephallonia, Piräus und Paros Büros für die Erbringung der Hafenagenturdienste ein und sorgt dabei dafür, dass der laufende Bedarf und jeder funktionale Bedarf des Schiffes gedeckt wird.

g) Er vertritt den Eigner im Inland und im Ausland bei den Hafenbehörden und anderen staatlichen Behörden, mit denen er die bestmöglichen Beziehungen unterhält, damit dem Bedarf des Schiffes geregelt und konstant entsprochen werden kann.

h) Er veranlasst alles Erforderliche für die Ein- und Ausschiffung der Passagiere und Fahrzeuge sowie für die Ver- und Entladung des Frachtguts gegen Zahlung von Transportgebühren oder Gebühren für die Nutzung des Schiffes.

i) Er sorgt dafür, dass sämtlicher Bedarf des Schiffes in den Häfen von Ancona, Korfu, Kephallonia, Piräus und Paros wirksam gedeckt wird.

j) Er vertritt ferner (wenn der Eigner dies von ihm für dieselbe Route oder eine andere Route Griechenland-Italien-Griechenland verlangt) andere Schiffe des Eigners nach Maßgabe von Bedingungen und Modalitäten, die in einem gesonderten Vertrag festzulegen sind.

k) Er ernennt in eigener Verantwortung Agenten (Hafenagenten oder andere) in Griechenland und im Ausland; er haftet dem Eigner dafür, dass die Agenten im Ausland und im Inland ihre Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Frachteinnahmen beachten, und muss die Tätigkeit der Agenten unterbinden, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen oder der Eigner ihn schriftlich dazu auffordert.

l) Er veranlasst alles Erforderliche, um (auf Verlangen des Eigners) die Zusammenarbeit mit anderen Gesellschaften sicherzustellen; dabei handelt er stets im Interesse des Eigners und wahrt dessen Interessen, indem er systematisch mit ihm zusammenarbeitet; er verfolgt auf Kosten des Eigners Touristik- und Schifffahrtsmessen und -kongresse in den von den Schiffen angelaufenen Ländern und Häfen (um sich über die allgemeinen Entwicklungen im Bereich des Transports und der Beschaffung von Frachteinnahmen zu informieren), veranstaltet von Zeit zu Zeit unter Aufsicht der Geschäftsführung des Eigners im Ausland und in Griechenland Kongresse und Seminare für Generalagenten aus dem Ausland und andere geeignete Personen, um zum Schutz und zur Förderung der Gesellschaft Minoan Lines die allgemeine Politik und die Betriebsplanung auf den neuesten Stand zu bringen.

Die in den Büros in Kreta oder auf dem Schiff erzielten Frachteinnahmen werden dem Konto des Eigners belastet; der Ausgleich erfolgt jeweils bei Kontoabschluss.

m) Der Verwalter sorgt für die Beschaffung von Frachteinnahmen aller Art im Inlandstransport und im Transport ins Ausland; er befasst sich mit allen Fragen und Vorgängen, die das von ihm verwaltete Schiff betreffen; er wickelt in eigener Verantwortung die das Schiff betreffenden Erhebungs- und Zahlungsvorgänge im Ausland und im Inland ab; er überprüft die Konten der Agenten in Griechenland und im Ausland sowie die Bewegungen auf den Konten mit den Deviseneinnahmen des Schiffes."

132 Erstens ergibt sich aus dem Inhalt dieses Artikels II, dass die Kommission zu Recht der Auffassung gewesen ist, dass die vertragliche Beziehung zwischen ETA und der Klägerin die Voraussetzung der Ausschließlichkeit der Vertretung erfuelle. Außerdem wird nicht bestritten, dass ETA in der Praxis zumindest auf den von der Entscheidung betroffenen Strecken keine andere Gesellschaft vertrat. Dass ETA eine Vereinbarung mit Strintzis getroffen hat, um im Rahmen der von dieser Gesellschaft und der Klägerin beschlossenen Partnerschaft die Vertretung der Schiffe von Strintzis zu besorgen, kann diese Feststellung nicht entkräften. Zudem hat die Klägerin die Behauptung der Kommission, dass es nicht zu dieser Zusammenarbeit gekommen sei, nicht bestritten.

133 Zweitens bestätigt dieser Artikel des Vertrages die Auffassung der Kommission, dass ETA für Rechnung der Klägerin gehandelt habe, ohne irgendein wirtschaftliches Risiko zu übernehmen, wobei sich ihre Vergütung nach der Zahl der von ihr verkauften Fahrkarten richtete. Die Klägerin ist insoweit nicht auf das Vorbringen der Kommission in der Klagebeantwortung eingegangen, dass aus den Verträgen nicht hervorgehe, dass ETA im Zusammenhang mit der Erbringung von Roll-on-roll-off-Fährdiensten zwischen Griechenland und Italien oder mit der Erfuellung von sich darauf beziehenden Verträgen mit Dritten irgendein finanzielles Risiko übernehme.

134 Ferner wird, wie die Kommission in Randnummer 137 der Entscheidung betont hat, aus dem gesamten schriftlichen Beweismaterial deutlich, dass die Klägerin von Herrn Sfinias, dem gesetzlichen Vertreter und Geschäftsführer von ETA, vertreten wurde, der dabei alle an andere Gesellschaften gerichteten Fernschreiben und Faxe im Namen der Klägerin unterzeichnete. Diese Schriftstücke belegen, dass Herr Sfinias ETA in seinen Schreiben nur dann nannte, wenn er sich in seiner Eigenschaft als Agent an die Klägerin wandte.

135 Ebenso richteten die anderen Unternehmen ihre Antworten auf die von Herrn Sfinias gesandten Faxe oder Fernschreiben nicht an ETA, sondern an die "Minoan" oder "Minoan Athens", obwohl sie ihre für Minoan bestimmten Schriftstücke unter der Telexnummer von ETA an Herrn Sfinias sandten. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Inhalt der Fernschreiben und Faxe, dass die Konkurrentinnen der Klägerin davon ausgingen, dass die Erklärungen von Herrn Sfinias dem Standpunkt der Klägerin entsprächen, was nicht verwundert, da Herr Sfinias selbst diese Vorstellung gefördert hatte, indem er als Absender der Schreiben, die er vom Büro von ETA aus versandte, den Namen von Minoan angab.

136 Unter diesen Umständen ist bei der Ermittlung des Absenders und des tatsächlichen Empfängers der Fernschreiben entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht darauf abzustellen, dass in den Schreiben stets das Zeichen von ETA abgebildet ist (am Anfang oder am Ende des Schriftstücks). Der Aufdruck des Zeichens von ETA auf den Fernschreiben, auf die sich die Klägerin bezieht, erfolgt nämlich automatisch durch die Fernschreiber und weist nur darauf hin, wem die Telefonverbindung gehört. Dass die übrigen Unternehmen, die sich an der Zuwiderhandlung beteiligten, die Telexnummer von ETA als Kontaktnummer von Minoan ansahen, zeigt eindeutig, dass ETA für diese Unternehmen nur ein Organ von Minoan war. Das wiederum zeigt, dass die übrigen Reedereien davon überzeugt waren, dass ETA für Rechnung und mit Zustimmung der Klägerin handele, was die Feststellung stützt, dass ETA auf dem Markt als ein in das Unternehmen der Klägerin eingegliedertes Hilfsorgan aufgetreten ist.

137 Schließlich wird diese Feststellung dadurch bestätigt, dass die Antwort vom 20. November 1992 auf ein Auskunftsverlangen der Kommission an die Klägerin auf Briefpapier erfolgte, in dem als Adresse von Minoan eine Anschrift genannt wurde, die sich später als Anschrift von ETA herausstellte, und dass dieses Schreiben von Herrn Sfinias unter dem Firmenzeichen von Minoan und ohne Hinweis darauf unterzeichnet wurde, dass der Unterzeichner nicht Geschäftsführer des Unternehmens, sondern dessen Agent war. Die Klägerin bestätigte demnach, dass ETA nur ein Hilfsorgan war, indem sie ihr auftrug, die Auskunftsverlangen zu beantworten, die die Kommission ihr an die Adresse gesandt hatte, die sie für die Anschrift der Klägerin hielt, die sich aber als Anschrift von ETA herausstellte. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin in ihrem Antwortschreiben an die Kommission weder erwähnte, dass die Auskunftsverlangen durch eine andere Gesellschaft beantwortet worden seien, noch begründete, weshalb eine Gesellschaft, die nicht Adressatin des Schreibens der Kommission war, dieses beantwortete. Dem Vorbringen der Klägerin, sie habe Herrn Sfinias wegen der technischen Natur der verlangten Auskünfte mit der Antwort beauftragt, kann nicht gefolgt werden, da dieser Umstand die Klägerin nicht daran hinderte, selbst zu antworten. Jedenfalls hätte die Klägerin, wenn sie Schwierigkeiten gehabt hätte, die Fragen der Kommission zu verstehen oder die für die Beantwortung nötigen Daten zusammenzutragen, die notwendigen Informationen bei ETA anfordern und dann das Auskunftsverlangen selbst beantworten können.

138 Demnach hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, dass ETA als verlängerter Arm der Klägerin anzusehen sei und dass die beiden Gesellschaften für die Zwecke der Anwendung des Wettbewerbsrechts und für die Frage, ob die in der Entscheidung festgestellten Handlungen von ETA der Klägerin zuzurechnen sind, eine wirtschaftliche Einheit seien.

139 Gegen diese Feststellung kann die Klägerin weder einwenden, dass sie die Aktivitäten von ETA nicht gekannt habe, noch, dass sie die Aufnahme einer rechtswidrigen Zusammenarbeit durch ETA nicht erlaubt oder genehmigt habe.

140 Zunächst ergibt sich aus Artikel II des Schiffsmanagementvertrags, dass ETA über eine weitreichende Vertretungsmacht verfügte, dass sie ermächtigt war, die Schiffe der Klägerin auf den internationalen Routen zu verwalten, und dass sie sich um alle diese Schiffe betreffenden Fragen zu kümmern hatte, wozu sicherlich auch die Festsetzung der Preise der Klägerin auf den internationalen Routen gehörte. Wie die Klägerin selbst ausgeführt hat, war ETA als ihre Generalagentin für Fragen zuständig, die sich auf die internationalen Routen und auf die Passagiere bezogen. Der Bereich, um den es in den von der Entscheidung betroffenen rechtswidrigen Vereinbarungen geht, d. h. die Festsetzung der internationalen Preise, fiel somit in der Tat unter den Auftrag von ETA und deren vertragliche Beziehung mit der Klägerin.

141 Die Klägerin versucht, unter Berufung auf das Schreiben von ETA vom 14. September 1993 zu belegen, dass einige der Handlungen von ETA nicht von der vertraglichen Beziehung zwischen den beiden Gesellschaften erfasst würden, und schließt daraus, dass ihr diese Handlungen nicht wirksam zugerechnet werden könnten. In diesem Schreiben unterschied ETA zwischen den im Rahmen der vertraglichen Beziehung erbrachten Dienstleistungen und den Leistungen, die über die vertraglichen Verpflichtungen hinausgingen. Entscheidend ist jedoch, dass diese Leistungen in der Tat für die Klägerin und in deren Namen erbracht wurden. Zu diesen Leistungen gehören aber diejenigen, die die Verfasserin des Schreibens als "Leistungen", die sie der Klägerin erbracht habe, bezeichnet, darunter der "Preisfrieden", den sie mit ungefähr zwanzig Gesellschaften erzielt habe, und "die Preise, die sie stets zum größten Vorteil von Minoan festgesetzt hat". Dieses Schreiben bestätigt somit, dass ETA in allen Fällen und insbesondere in allen Fragen, die die rechtswidrigen Preisabsprachen betrafen, für Rechnung der Klägerin handelte.

142 Ferner ist festzustellen, dass das Vorbringen, die Klägerin habe die Handlungen von ETA nicht gekannt und genehmigt, durch die Beweise in den Akten widerlegt wird. Das Vorbringen, die Klägerin sei sich des abgestimmten Verhaltens nicht bewusst gewesen, wird durch das in Randnummer 30 der Entscheidung erwähnte Fernschreiben vom 21. Mai 1992 sowie durch die Fernschreiben vom 25. Februar und 27. Mai 1992 widerlegt, die eindeutig zeigen, dass die Klägerin über die Preisgespräche zwischen ETA und anderen Gesellschaften unterrichtet war. Wenn das Fernschreiben vom 25. Februar 1992, wie die Klägerin geltend macht, auch nicht belegt, dass sie ETA angewiesen hatte, Preisverhandlungen aufzunehmen, zeigt es doch zumindest, dass die Klägerin von diesen Verhandlungen wusste.

143 Was das Fernschreiben vom 21. Mai 1992 angeht, so genügt es, daran zu erinnern, mit welchen Worten sich seine Verfasserin, ETA, darin an die Klägerin wandte:

"Wir möchten Ihnen mitteilen, dass eine Konferenz von Vertretern der auf der Route Patras-Ancona tätigen Reedereien einberufen werden soll, um die Erarbeitung des neuen Tarifs für 1993 zu erörtern.

Auf der Tagesordnung stehen folgende Hauptpunkte:

- Preisliste für die Route nach Triest

- Preisliste für Campingfahrzeuge

- Gruppenrabatte

- Anpassung der Preise für gastronomische Leistungen für 1992/1993

- Politik der Einstufung in eine höhere Klasse (upgrading)

- Provisionen der Reisebüros und der Hauptagenten.

Wir werden Sie auf dem Laufenden halten."

144 Im Schreiben vom 27. Mai 1992 unterrichtet ETA die Klägerin wie folgt über den Ablauf des Treffens:

"Wir möchten Sie über die Vorschläge unterrichten, die wir auf dem Treffen der vier Reedereien unterbreiteten und die mit geringfügigen Abänderungen von den Unternehmen Karageorgis und Strintzis angenommen wurden. Anek behält sich eine Stellungnahme noch vor und wird in 10 Tagen antworten.

- Allgemeine Erhöhung um 3 % gegenüber der Preisliste für 1992 in DM.

- Die Preisliste in Drachmen wird auf der Grundlage des aktuellen Umrechnungskurses zwischen DM und Drachme, die Preislisten in den übrigen europäischen Währungen werden auf der Grundlage des Umrechnungskurses zwischen Drachme und der jeweiligen Währung festgelegt.

- Preiserhöhung in der Kategorie "Deck" um 6 %.

- Preiserhöhung um 30 % für Fahrzeuge der Kategorie 4 und um 50 % für Fahrzeuge der Kategorie 5 (diese Erhöhungen betreffen insbesondere das Schiff Erotokritos der Gesellschaft Minoan).

- Einbeziehung der Hafengebühren - die von 15 DM auf 18 DM steigen (als Ausgleich für die Zahlung der Provision) - in den Fahrkartenpreis, um Probleme, wie sie in Igoumenitsa aufgetreten sind, zu vermeiden.

- Sofortige Erhöhung des Restaurantpreises von 2 600 Drachmen auf 3 000 Drachmen.

- Sofortige Preiserhöhung für Lkws auf der Route nach Ancona um 5 %.

- Sofortige Preiserhöhung für Lkws auf der Route nach Triest um 20 % gegenüber dem Preis auf der Route nach Ancona (Karageorgis und Strintzis erhöhen nur um 15 %).

- Sofortige Abschaffung des Preisnachlasses von 20 % für Passagiere, den die Anek für ihr Schiff Kydon II angekündigt hatte.

- Festsetzung eines Beförderungspreises für Passagiere und Pkws auf der Route nach Triest für 1993, der 20 % höher ist als der Preis auf der Route nach Ancona (Vorschlag von Minoan, Karageorgis und Strintzis schlagen 15 % vor).

- Gruppenrabatt: wie 1992.

- Hochsaison: Italien-Griechenland: 26. Juni - 14. August 1993,

Griechenland-Italien: 29. Juli - 9. September 1993.

Wir möchten Sie bitten, diese für Sie eingenommenen Positionen zu prüfen und uns Ihre Genehmigung zu erteilen.

Wir werden Sie unterrichten, sobald uns Neues bekannt wird."

145 Diese beiden Dokumente zeigen, dass ETA und die Klägerin Informationen auszutauschen pflegten und dass die Klägerin daher regelmäßig über die in der Entscheidung festgestellten Handlungen von ETA, die für sie eindeutig günstig waren, unterrichtet wurde. Dies wird z. B. auch durch das Fernschreiben vom 24. November 1993 bestätigt, in dem ETA die Klägerin wie folgt über den Abschluss einer Preisabsprache für Lkws unterrichtete: "[A]uf dem heutigen Treffen [haben wir uns]... geeinigt". Die Kommission konnte dem Wortlaut dieses Fernschreibens entnehmen, dass die Klägerin wusste, dass das Treffen stattfinden sollte, da es nicht näher erläutert wird und sie weder dem Treffen noch dem Abschluss einer Vereinbarung widersprochen hat. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin eingeräumt hat, dass sie zumindest von einigen dieser Kontakte gewusst und ihnen nicht widersprochen habe, weil sie geglaubt habe, dass die Kontakte im Rahmen der griechischen Rechtsvorschriften erfolgt seien, und deshalb nichts "besonders Schwerwiegendes" darin gesehen habe.

146 Was sodann das Vorbringen der Klägerin angeht, sie habe die Handlungen von ETA nicht genehmigt und könne deshalb nicht verantwortlich gemacht werden, so genügt es, daran zu erinnern, dass ETA die Klägerin in dem oben wiedergegebenen Fernschreiben vom 27. Mai 1992 ersuchte, die für sie erfolgten Handlungen zu genehmigen. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass in der Entscheidung nicht festgestellt werde, dass sie tatsächlich die Genehmigung erteilt habe, da es unter diesen Umständen ihr selbst obliegt, zu beweisen, dass sie den betreffenden Kontakten widersprochen oder ETA angewiesen hat, die streitige Vereinbarung rückgängig zu machen; diesen Beweis hat sie jedoch nicht erbracht. Nach den Akten hat die Klägerin ETA vielmehr erst nach Abschluss der Nachprüfungen der Kommission ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Handlungen zu vermeiden seien, die nicht uneingeschränkt rechtmäßig seien und zu Sanktionen gegen die Klägerin führen könnten.

147 Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Festlegung der Preise und Bedingungen für die auf den internationalen Routen eingesetzten Schiffe der Klägerin zur Betätigungssphäre von deren Agentin ETA gehörte, dass die Klägerin regelmäßig über die Aktivitäten ihrer Agentin unterrichtet wurde, so auch über die Kontakte zu anderen Gesellschaften, bezüglich deren sich ETA um eine Einwilligung oder Genehmigung bemühte, und schließlich, dass die Klägerin die Möglichkeit und die Macht hatte, ihrer Agentin bestimmte Handlungen zu untersagen, auch wenn sie davon erst im Anschluss an die Nachprüfungen der Kommission Gebrauch machte.

D - Ergebnis

148 Aus der Prüfung der Fernschreiben, die zwischen ETA und der Klägerin sowie ETA und den übrigen an der Zuwiderhandlung beteiligten Gesellschaften gewechselt wurden, den Antworten der Klägerin auf die Auskunftsverlangen der Kommission und den übrigen oben untersuchten Umständen ergibt sich, dass ETA auf dem Markt gegenüber Dritten, Kunden, Untervertretern und Konkurrenten der Klägerin als deren Hilfsorgan handelte und dass diese beiden Gesellschaften daher für die Zwecke der Anwendung des Artikels 85 des Vertrages ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit oder ein und dasselbe Unternehmen bildeten. Die Kommission hat der Klägerin deshalb zu Recht die gegen Artikel 85 des Vertrages verstoßenden Verhaltensweisen zugerechnet, die in der Entscheidung geahndet werden und bei denen ETA eine wichtige Rolle gespielt hat.

149 Diese Feststellung wird nicht durch den von der Klägerin angeführten Umstand entkräftet, dass die beiden Gesellschaften unterschiedliche Interessen verfolgt hätten, wie das Fernschreiben zeige, dass ETA ihr am 26. Mai 1994 gesandt habe. In diesem Fernschreiben warf ETA Minoan vor, dass sie, indem sie ihrem Büro in Heraklion weiterhin Kredite gewähre, die Initiative von ETA gefährde, eine Vereinbarung für die Route nach Italien zu treffen. Dass die beiden Gesellschaften unterschiedliche, ja sogar entgegengesetzte Interessen in der Frage der Provisionen von ETA für die Fahrkartenverkäufe hatten, liegt an den internen Beziehungen zwischen diesen beiden Gesellschaften und ändert nichts daran, dass ETA im Verhältnis zu Dritten hinsichtlich der fraglichen Vereinbarungen stets im Namen und für Rechnung der Klägerin handelte. Wie die Kommission unterstrichen hat, sind Meinungsverschiedenheiten, die innerhalb einer wirtschaftlichen Einheit hinsichtlich der Höhe der Vergütung oder verschiedener Aspekte der Zusammenarbeit auftreten, nicht geeignet, für die Zwecke der Anwendung des Artikels 85 des Vertrages das Bestehen einer derartigen Einheit in Frage zu stellen.

150 Nach alledem sind die Vorwürfe der Klägerin, Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages sei fehlerhaft angewandt worden, da ihr die Initiativen und Handlungen von ETA zu Unrecht zugerechnet worden seien, nicht begründet.

151 Der zweite Klagegrund ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum dritten, hilfsweise vorgetragenen Klagegrund: fehlerhafte Einstufung der tatsächlichen Umstände des Falles als verbotene Vereinbarungen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages

A - Zum ersten Teil: fehlerhafte Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages, da das Verhalten der Unternehmen durch den gesetzlichen Rahmen und die Anreize der griechischen Behörden vorgegeben gewesen sei und sie deshalb nicht über die erforderliche Autonomie verfügt hätten

Vorbringen der Parteien

152 Die Klägerin beruft sich auf die sehr besonderen rechtlichen und geopolitischen Gegebenheiten des vorliegenden Falles, die entscheidend für das Verständnis des Verhaltens der beteiligten Unternehmen seien.

153 Erstens unterstreicht die Klägerin, dass Griechenland dem Seeweg zwischen sich selbst und Italien als einziger direkter Verbindung zu den Ländern der Europäischen Union elementare Bedeutung beimesse; aus diesem Grund betrachteten die griechischen Behörden die Beförderungsdienste auf den Routen zwischen Griechenland und Italien als Dienstleistungen im öffentlichen Interesse. Die Gewährleistung eines ständigen und regelmäßigen Betriebes dieser Verbindungen werde von der griechischen Regierung traditionell als wichtige Aufgabe angesehen, wie auch aus dem Schreiben des Stellvertreters des Ständigen Vertreters Griechenlands bei den Europäischen Gemeinschaften vom 17. März 1995 an die Kommission hervorgehe.

154 Zweitens stellt die Klägerin die Grundzüge der nationalen Rechtsvorschriften über die Handelsschifffahrt in Griechenland und der Politik des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine dar.

155 Der Seeverkehr werde in Griechenland durch das Gesetz über das öffentliche Seerecht, das Gesetz über das private Seerecht und andere Sonderregelungen mit Bestimmungen über unlauteren Wettbewerb im Seeverkehr, darunter insbesondere das Gesetz Nr. 4195/1929, geregelt. Aufgrund dieser Bestimmungen sei der Tätigkeit der Schifffahrtsunternehmen ein sehr enger rechtlicher Rahmen gesetzt, der ein Verbot jedes unlauteren Wettbewerbs umfasse. Das Gesetz Nr. 4195/1929 über unlauteren Wettbewerb betreffe nicht nur das Verhalten der Reedereien auf Inlandsrouten, sondern auch ihr Verhalten auf Routen ins Ausland.

156 Sodann stellt die Klägerin die Grundzüge der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine dar, die wichtig seien, um das Verhalten der Unternehmen im vorliegenden Fall zu verstehen. Das Ministerium treffe alle erforderlichen Maßnahmen auf der Grundlage der vorgenannten Rechtsvorschriften und mache dabei von allen ihm durch diese Vorschriften eingeräumten Befugnissen Gebrauch. Zu diesen Maßnahmen gehörten insbesondere: a) die Erteilung von "Betriebsgenehmigungen" für die Inlandsrouten einschließlich des inländischen Teils internationaler Strecken; b) die Genehmigung einheitlicher, verbindlicher Preise für die Inlandsverbindungen oder für den inländischen Teil internationaler Verbindungen, wie den Abschnitt Patras-Igoumenitsa-Korfu, was sich zwangsläufig auf die Preise für den internationalen Teil der Strecke auswirke; c) die alljährliche Genehmigung der Verbindungen durch Ministerialbeschluss, der im Ermessen des zuständigen Ministers liege; die Genehmigung verpflichte die Gesellschaften dazu, die genehmigten Verbindungen zu betreiben, was auf eine periodische Aufteilung der Märkte durch den Staat hinauslaufe; d) die Überwachung der Stilllegung der Schiffe, um den Betrieb dieser obligatorischen Verbindungen zu gewährleisten, was bis zum Verbot der Stilllegung gehen könne; bei Überschreitung der erlaubten Stilllegungszeit könnten Geldbußen verhängt werden; e) die Verpflichtung der Reedereien, miteinander Verhandlungen zu führen, um die Verbindungen zu planen und zu koordinieren, bevor das Ministerium für die Handelsmarine die Routenpläne für das folgende Jahr im Rahmen neuer Verhandlungen mit den Gesellschaften genehmige.

157 Was speziell die Routen zwischen Griechenland und Italien angehe, so seien wegen der elementaren Bedeutung dieser Verkehrswege für Griechenland und der Notwendigkeit, den Touristenverkehr in dieses Land zu fördern, alle griechischen Regierungen bestrebt, den reibungslosen, regelmäßigen und ständigen Betrieb der betreffenden Verbindungen bei bestmöglichen Leistungen zu geringstmöglichen Kosten zu gewährleisten.

158 Dieser rechtliche Rahmen und diese Politik des Ministeriums für die Handelsmarine hätten ein Klima geschaffen, das Kontakte, Abstimmungen und Verhandlungen zwischen den Reedereien über die grundlegenden Parameter der Geschäftspolitik nicht nur begünstigt, sondern im Grunde genommen erforderlich gemacht habe. Die Klägerin beschreibt, wie das Ministerium für die Handelsmarine in der Praxis die Preise für die Inlandsrouten festgesetzt habe.

159 Bei dieser Praxis müssten sich die Gesellschaften nicht nur über die Verbindungen einigen, sondern auch über die Preise für die Inlandsrouten, die dann dem Ministerium zur Genehmigung vorgelegt würden. Dies erkläre die Kontakte, die Abstimmungen, den Informationsaustausch und die "Vereinbarungen" über die Preise, die sich auf etwaige Preisanpassungen aufgrund von Inflation und ständigen Schwankungen des Umrechnungskurses zwischen griechischer Drachme und Fremdwährungen erstreckten. In diesem Rahmen sei ein Informationsaustausch zwischen den Reedereien geradezu natürlich und unvermeidbar, auch hinsichtlich der für die Gesamtfahrt geltenden Preise, die im Fall der Route Patras-Igoumenitsa-Korfu-Italien sowohl den inländischen Teil (Patras-Igoumenitsa-Korfu) als auch den internationalen Teil der Strecke umfassten, da die übrigen Parameter für die Festsetzung der Inlandspreise ebenfalls nicht anhand des inländischen Teils der Strecken, sondern anhand der gesamten Strecke berechnet würden, was unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch logisch sei.

160 Die Richtigkeit dieses Vorbringens werde durch das Schreiben des Stellvertreters des Ständigen Vertreters Griechenlands bei den Europäischen Gemeinschaften, Herrn Vassilakis, vom 17. März 1995 an die Kommission bestätigt, wonach die behördliche Festsetzung der Preise für den inländischen Teil der entsprechenden Verbindungen ein Faktor sei, der sich auf die Preise des internationalen Teils der Routen zwischen Griechenland und Italien auswirke, da diese Preise eine entsprechende Funktion hätten wie Richtpreise. Ein zweiter Faktor seien nach diesem Schreiben die Anreize, die das Ministerium für die Handelsmarine Reedereien biete, damit die Preise im internationalen Streckenteil niedrig gehalten würden und die jährlichen Erhöhungen nicht die Inflationsrate überschritten. Als dritter Faktor würden in diesem Schreiben die griechischen Rechtsvorschriften über unlauteren Wettbewerb genannt, insbesondere das Gesetz Nr. 4195/1929, das auf internationalen Routen die Anwendung von unseriös niedrigen und gemessen an den Anforderungen an Sicherheit und Komfort der Passagiere unverhältnismäßigen Preisen sowie eine Preissenkung gegenüber den im Hafen allgemein verlangten Preisen verbiete und dem Ministerium für die Handelsmarine erlaube, durch Festlegung von Preisunter- und -obergrenzen einzugreifen. Schließlich macht die Klägerin geltend, dass das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien stets Anreize geben könne, einen Handelskrieg untereinander zu vermeiden, damit es nicht eingreifen und Gebrauch von seinen Befugnissen aus dem Gesetz Nr. 4195/1929 machen müsse.

161 Weiter geht die Klägerin darauf ein, wie die Entscheidung (Randnrn. 98 bis 108) die Rolle der griechischen Behörden beschreibe. Sie beanstandet, dass sich die Entscheidung darauf beschränke, das Vorbringen der Unternehmen zu diesem Punkt wiederzugeben, ohne dass es inhaltlich geprüft werde. Die Entscheidung sei hinsichtlich der Beurteilung der tatsächlichen Umstände mit einem schweren Fehler behaftet, da die Kommission besonders hätte berücksichtigen müssen, dass sämtliche relevante Faktoren zusammengekommen seien, d. h. das öffentliche Interesse an den Beförderungsdiensten auf den Routen zwischen Griechenland und Italien, die Festlegung einheitlicher, verbindlicher Preise für die Inlandsrouten oder für den inländischen Teil der internationalen Routen, die Beschränkung der Preiserhöhungen auf den internationalen Routen, das Verbot unlauteren Preiswettbewerbs durch das Gesetz Nr. 4195/1929, die Fixkosten aufgrund der Beschränkung der Stilllegung der Schiffe auf zwei Monate mit Ausnahme von Fällen höherer Gewalt, die Verpflichtung zur Beschäftigung von Mannschaften mit ausschließlich griechischen Staatsangehörigen (oder Gemeinschaftsangehörigen), die durch die sehr strengen griechischen Rechtsvorschriften über Seeleute geschützt seien, sowie die Verpflichtung, eine Mindestzahl von Plätzen für Lkws mit empfindlichen Erzeugnissen wie Frischobst und -gemüse zu reservieren, wodurch insbesondere in der Hochsaison Gewinne entgingen, die erzielt werden könnten, wenn die Plätze für die Beförderung von Pkws genutzt werden könnten, da dies mehr Passagiere und damit zusätzliche Einnahmen bedeuten würde (vgl. Nr. 18 Buchstabe d des vertraulichen Memorandums von Minoan vom 6. Oktober 1994 an die Kommission). Hätte die Kommission das Schreiben der Ständigen Vertretung richtig bewertet, so hätte sie zu dem Schluss gelangen müssen, dass sich das Zusammentreffen sämtlicher in diesem Schreiben ausdrücklich genannter Faktoren entscheidend auf die Autonomie der griechischen Reedereien bei der Planung und Gestaltung ihrer Preispolitik auswirke.

162 Vor diesem Hintergrund sei Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die vorstehend genannte "kumulative Wirkung" die Folge rechtlicher Maßnahmen sei, die in ihrer Gesamtheit die Autonomie der Reedereien insbesondere hinsichtlich der Bildung ihrer Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien entscheidend beschränkten. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Urteil Suiker Unie u. a./Kommission und das Urteil des Gerichtshofes vom 1. Oktober 1987 in der Rechtssache 311/85 (Vlaamse Reisbureaus, Slg. 1987, 3801) in dem der Gerichtshof anerkannt habe, dass bestimmte staatliche Regelungen, insbesondere die Bestimmungen über unlauteren Wettbewerb, in der Praxis die unternehmerische Freiheit der diesen Regelungen unterliegenden Wirtschaftsteilnehmer einschränken könnten.

163 Die Klägerin ergänzt, dass eine weitere wichtige Folge der kumulativen Wirkung der vorgenannten Bestimmungen die Wettbewerbsverzerrungen seien, zu denen sie führe, da nur einige der auf den Routen zwischen Griechenland und Italien tätigen Gesellschaften diesem rechtlichen Rahmen unterlägen, nämlich die Gesellschaften, deren Schiffe unter griechischer Flagge führen, und die daher über die erforderliche Betriebsgenehmigung verfügen müssten, deren Erteilung wie im Fall der Schiffe von Minoan mit der einer Reihe sehr weitreichender Verpflichtungen verbunden sei. Dagegen unterlägen die übrigen Reedereien, die ebenfalls auf den Routen zwischen Griechenland und Italien tätig seien, nicht diesem rechtlichen Rahmen und könnten deshalb ihre Geschäftstätigkeit nach ihrem Ermessen und unter alleiniger Ausrichtung auf Gewinne planen.

164 Sollte das Gericht der Ansicht sein, dass die Klägerin direkt an den fraglichen Kontakten und Verhandlungen beteiligt gewesen sei, so habe sie mit ihrem Verhalten lediglich beabsichtigt, sich an den in Griechenland bestehenden rechtlichen Rahmen zu halten oder den Eindruck zu erwecken, sich an diesen Rahmen zu halten, der dadurch gekennzeichnet sei, dass den Unternehmen Handlungspflichten (z. B. die Pflicht, Verhandlungen zur Festsetzung der Strecken und der Inlandspreise zu führen) und Unterlassungspflichten (z. B. die Pflicht, jeden Akt unlauteren Preiswettbewerbs zu vermeiden) auferlegt würden. Werde der rechtliche Rahmen nicht beachtet, so könne dies zu einer Reihe staatlicher Eingriffe führen, wie der Festsetzung von Preisunter- und -obergrenzen durch das Ministerium für die Handelsmarine im Fall unlauteren Wettbewerbs und scharfer Sanktionen, während die Nichteinhaltung der von der Entscheidung erfassten "Vereinbarungen" keine Sanktionen nach sich ziehen könne, da die betroffenen Unternehmen keinen Mechanismus zur Durchsetzung vereinbart hätten.

165 Schließlich bestreitet die Klägerin, dass diese Anpassung an die Regelung über unlauteren Wettbewerb als wettbewerbsbeschränkend im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages angesehen werden könne.

166 Ihr Verhalten falle daher nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 85 des Vertrages; sollte aber festgestellt werden, dass bestimmte Begleitumstände ihres Verhaltens in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fielen, so handle es sich bei der Zuwiderhandlung aufgrund des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sie begangen worden sei, und der kumulativen Wirkung der verschiedenen Faktoren, die einen entscheidenden Einfluss auf ihr Verhalten gehabt hätten, zumindest nicht um eine schwere Zuwiderhandlung.

167 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerin zurück, der rechtliche Rahmen, der sich aus der Politik des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine ergebe, habe die kumulative Wirkung einer Beschränkung der Autonomie der von der Entscheidung betroffenen Unternehmen gehabt.

168 Was erstens den rechtlichen Rahmen für den Betrieb der Handelsschifffahrt in Griechenland angeht, so bestreitet die Kommission bestimmte Behauptungen der Klägerin zu seiner Tragweite und seinem Einfluss auf den internationalen Verkehr und hält einige wichtige Erläuterungen für erforderlich.

169 Zunächst beträfen die Erteilung einer Betriebsgenehmigung, die Festsetzung verbindlicher Preise, die alljährliche Genehmigung der Strecken und die Überwachung der Stilllegung der Schiffe durch das griechische Ministerium für die Handelsmarine die Inlandsrouten und nicht die internationalen Routen.

170 Sodann seien gesetzlich weder Vereinbarungen zwischen den beschuldigten Unternehmen zur Festsetzung der Preise für die Inlandsrouten noch gegenseitige Konsultationen und ein Austausch vertraulicher Daten über die Inlandsrouten vorgesehen, und selbst wenn das griechische Ministerium für die Handelsmarine tatsächlich eine solche Praxis gefördert haben sollte, habe diese jedenfalls nur die Inlandsrouten betroffen.

171 Die Kommission bezieht sich ferner auf die Natur der auf den Routen zwischen Griechenland und Italien erbrachten Beförderungsdienste und ihre Einstufung als "Dienstleistungen im öffentlichen Interesse". Sie bezweifelt, dass dem Schreiben des Stellvertreters des Ständigen Vertreters Griechenlands bei den Europäischen Gemeinschaften vom 17. März 1995 entnommen werden kann, dass die Beförderungsdienste auf den Routen zwischen Griechenland und Italien als "Dienstleistungen im öffentlichen Interesse" anzusehen seien. Soweit die Klägerin damit behaupte, dass sie als Unternehmen hätte angesehen werden müssen, das "mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut" sei und daher den Wettbewerbsregeln nur insoweit unterliege, als die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfuellung der ihr übertragenen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindere, seien unter den Umständen des vorliegenden Falles die Voraussetzungen für die Anwendung des Begriffes "Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind", nicht erfuellt. Dieser Begriff sei eng auszulegen, da er eine Vorschrift berühre, die unter bestimmten Umständen eine Abweichung von den Vorschriften des Vertrages erlaube.

172 Ferner bestreitet die Kommission, dass das gleichzeitige Vorliegen der genannten Faktoren, die angeblich die Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien beeinflusst hätten, die Autonomie der Unternehmen bei der Planung und Festlegung ihrer Preispolitik beschränkt habe. Sollten die genannten Faktoren tatsächlich einen Einfluss auf die Festsetzung der fraglichen Preise haben, sei dieser jedenfalls indirekt und partiell und lasse nicht die Annahme zu, dass die Unternehmen im vorliegenden Fall nicht über eine gewisse Autonomie bei der Festlegung ihrer Preispolitik verfügt hätten. Die Kommission beruft sich insoweit auf die Rechtsprechung, wonach die Artikel 85 und 86 des Vertrages anwendbar seien, wenn sich herausstelle, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen ließen, der durch das freiwillige Verhalten der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden könne (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in den Rechtssachen C-359/95 P und C-379/95 P, Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Slg. 1997, I-6265, Randnr. 34).

173 Daraus folge, dass ein Verhalten nach der Rechtsprechung nur dann nicht unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages falle, wenn folgende Voraussetzungen erfuellt seien: a) Es müsse eine zwingende Rechtsvorschrift geben, die geeignet sei, das Funktionieren des Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt und im Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen; b) diese Rechtsvorschrift dürfe sich nicht auf ein Verhalten von Unternehmen beziehen, das unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages falle; c) die Unternehmen müssten schlicht und einfach die Rechtsvorschrift beachten.

174 Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall aber nicht erfuellt.

175 Es sei erwiesen, dass die von der Entscheidung betroffenen Unternehmen einschließlich der Klägerin selbständig die Optionen ihrer Geschäftspolitik beschlossen hätten und dabei unabhängig davon, ob sie das Gesetz und die Anreize des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine beachtet hätten, die Gewohnheit gehabt hätten, verbotene Absprachen miteinander zu treffen, deren Gegenstand die Festsetzung der Preise für die internationalen Routen gewesen sei.

Würdigung durch das Gericht

176 Nach der Rechtsprechung gelten die Artikel 85 und 86 des Vertrages nur für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, die die Unternehmen aus eigener Initiative an den Tag legen (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 20. März 1985 in der Rechtssache 41/83, Italien/Kommission, Slg. 1985, 873, Randnrn. 18 bis 20, vom 19. März 1991 in der Rechtssache C-202/88, Frankreich/Kommission, Slg. 1991, I-1223, Randnr. 55, vom 13. Dezember 1991 in der Rechtssache C-18/88, GB-Inno-BM, Slg. 1991, I-5941, Randnr. 20, sowie Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Randnr. 33). Wird den Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben oder bilden diese einen rechtlichen Rahmen, der selbst jede Möglichkeit eines Wettbewerbsverhaltens ihrerseits ausschließt, so sind die Artikel 85 und 86 nicht anwendbar. In einem solchen Fall findet die Wettbewerbsbeschränkung nicht, wie diese Vorschriften voraussetzen, in selbständigen Verhaltensweisen der Unternehmen ihre Ursache (Urteil Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Randnr. 33; Urteile des Gerichts vom 7. Oktober 1999 in der Rechtssache T-228/97, Irish Sugar/Kommission, Slg. 1999, II-2969, Randnr. 130, und vom 30. März 2000 in der Rechtssache T-513/93, Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali/Kommission, Slg. 2000, II-1807, Randnr. 58).

177 Dagegen sind die Artikel 85 und 86 des Vertrages anwendbar, wenn sich herausstellt, dass die nationalen Rechtsvorschriften die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen lassen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden kann (Urteile des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 126, sowie Kommission und Frankreich/Ladbroke Racing, Randnr. 34; Urteile des Gerichts Irish Sugar/Kommission, Randnr. 130, und Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali/Kommission, Randnr. 59).

178 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit, ein bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten vom Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages deshalb auszunehmen, weil es den betreffenden Unternehmen durch die geltenden nationalen Rechtsvorschriften vorgeschrieben wird oder diese jede Möglichkeit eines Wettbewerbsverhaltens ausschließen, von den Gemeinschaftsgerichten restriktiv behandelt worden ist (Urteile Van Landewyck u. a./Kommission, Randnrn. 130 und 133, sowie Italien/Kommission, Randnr. 19; Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1985 in den Rechtssachen 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, Slg. 1985, 3831, Randnrn. 27 bis 29; Urteile des Gerichts vom 18. September 1996 in der Rechtssache T-387/94, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1996, II-961, Randnrn. 60 und 65, sowie Consiglio Nazionale degli Spedizionieri Doganali/Kommission, Randnr. 60).

179 Fehlt es an einer zwingenden Rechtsvorschrift, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, kann die Kommission somit nur dann auf eine fehlende Handlungsfreiheit der betroffenen Unternehmen schließen, wenn sich aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien ergibt, dass diesen ihr Verhalten von den nationalen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten (Urteil Asia Motor France u. a./Kommission, Randnr. 65).

180 Im vorliegenden Fall geht das Vorbringen der Klägerin dahin, dass der in Griechenland bestehende rechtliche Rahmen und die Politik des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine die Autonomie der Reedereien insbesondere hinsichtlich der Festsetzung der Preise für die Inlandsrouten und den inländischen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien entscheidend eingeschränkt hätten. Die Reedereien seien deshalb zu Kontakten, Abstimmungen und Verhandlungen über die grundlegenden Parameter ihrer Geschäftspolitik wie die Preise genötigt gewesen.

181 Daher ist zu prüfen, ob die hier vorgeworfenen Verhaltensweisen ihre Ursache in den nationalen Rechtsvorschriften oder in der Praxis der griechischen Behörden haben oder ob sie zumindest zum Teil auf dem Willen der Klägerin und der übrigen an den Vereinbarungen beteiligten Unternehmen beruhen. Zu prüfen ist somit, ob der rechtliche Rahmen und die Politik des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine zusammen bewirkt haben, dass die Autonomie der Unternehmen hinsichtlich der Festlegung ihrer Preispolitik auf den Routen zwischen Griechenland und Italien aufgehoben und somit jede Möglichkeit eines Wettbewerbs zwischen den Unternehmen beseitigt wurde.

182 Die Handelsschifffahrt in Griechenland wird durch das Gesetz über das öffentliche Seerecht, das Gesetz über das private Seerecht und andere Sonderregelungen mit Bestimmungen über unlauteren Wettbewerb im Seeverkehr, darunter insbesondere das Gesetz Nr. 4195/1929 über unlauteren Wettbewerb und das am 1. Januar 1979 im Hinblick auf den Beitritt der Hellenischen Republik zu den Europäischen Gemeinschaften in Kraft getretene Gesetz Nr. 703/1977 über den freien Wettbewerb, geregelt.

183 Das griechische Ministerium für die Handelsmarine trifft im Rahmen der ihm durch die genannten Rechtsvorschriften eingeräumten Befugnisse folgende Maßnahmen: a) die Erteilung von "Betriebsgenehmigungen" für die Inlandsrouten einschließlich des inländischen Teils internationaler Strecken; b) die Genehmigung einheitlicher, verbindlicher Preise für die Inlandsverbindungen oder für den inländischen Teil internationaler Verbindungen, wie den Abschnitt Patras-Igoumenitsa-Korfu; c) die alljährliche Genehmigung der Verbindungen; d) die Überwachung der Stilllegung der Schiffe, um den Betrieb der obligatorischen Verbindungen zu gewährleisten; e) die Verpflichtung der Reedereien, miteinander Verhandlungen zu führen, um die Verbindungen zu planen und zu koordinieren, bevor das Ministerium für die Handelsmarine die Routenpläne für das folgende Jahr im Rahmen neuer Verhandlungen mit den Gesellschaften genehmigt.

184 Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Erteilung von Betriebsgenehmigungen, die Festsetzung verbindlicher Preise, die alljährliche Genehmigung von Strecken und die Überwachung der Stilllegung der Schiffe durch das griechische Ministerium für die Handelsmarine die Inlandsrouten und nicht die internationalen Routen betreffen. Außerdem hat die Kommission in ihren Schriftsätzen, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hätte, darauf hingewiesen, dass die mit der Betriebsgenehmigung verbundene Verpflichtung zur Durchführung regelmäßiger Fahrten nur für die unter griechischer Flagge fahrenden Schiffe gelte, und zwar nur in Bezug auf Inlandsrouten und auf den inländischen Teil internationaler Routen. Weiter hat die Kommission, ohne dass ihr insoweit widersprochen worden wäre, ausgeführt, dass die Unternehmen frei wählen könnten, ob sie internationale Routen mit inländischem Teil oder ohne einen solchen (oder sogar nur Inlandsrouten) befahren wollten. Habe sich ein Unternehmen entschieden, internationale Routen ohne inländischen Teil zu befahren, brauche es somit keine Betriebsgenehmigung und müsse die damit verbundenen Verpflichtungen nicht erfuellen.

185 Ferner verlangte das Ministerium für die Handelsmarine zum Zweck der Festsetzung der Preise für die Inlandsrouten von den Reedereien, ihm umfassende Vorschläge für jede Inlandsroute zu unterbreiten und die vorgeschlagenen Beträge anhand der Betriebskosten, der Inflation, der Rentabilität der Routen, der Häufigkeit der Fahrten usw. zu begründen. Anschließend genehmigte das Ministerium auf der Grundlage der vorgeschlagenen Preise, ihrer Begründung und anderer, allgemeinerer Kriterien, die mit der Gesamtpolitik der Regierung zusammenhingen, sowie nach Stellungnahme der Preis- und Einkommenskommission des griechischen Finanzministeriums die Vorschläge oder änderte sie; dies geschah in der Praxis durch Festsetzung der Preise. Die behördliche Festsetzung der Preise für den inländischen Teil der entsprechenden Verbindungen soll sich deshalb auf die Preise des internationalen Teils der Routen zwischen Griechenland und Italien auswirken, da diese Preise eine entsprechende Funktion hätten wie Richtpreise.

186 Die griechischen Rechtsvorschriften über unlauteren Wettbewerb und insbesondere Artikel 2 des Gesetzes Nr. 4195/1929 untersagen "für die Routen ins Ausland jede Senkung der Tarife für die Beförderung von Passagieren und Waren, die zum Zweck des unlauteren Wettbewerbs erfolgt und zu Preisen führt, die unseriös niedrig und gemessen an einer angemessenen und fairen Vergütung der geleisteten Dienste und den Anforderungen an Sicherheit und Komfort der Passagiere unverhältnismäßig sind oder die niedriger als die im betreffenden Hafen allgemein verlangten Preise sind". Artikel 4 des Gesetzes Nr. 4195/1929 bestimmt:

"Führt die Preisfestsetzungsfreiheit auf den Routen ins Ausland zu unlauterem Wettbewerb, so kann das Schifffahrtsministerium (Abteilung für die Handelsmarine) neben der Anwendung der Bestimmungen der vorstehenden Artikel nach Stellungnahme des Rates für die Handelsmarine Unter- und Obergrenzen für die Preise für die Beförderung von Passagieren und Waren auf griechischen Passagierfähren auf den Verbindungen zwischen den griechischen und den ausländischen Häfen festsetzen. Die Unter- oder Überschreitung dieser Grenzen ist verboten; gegen Zuwiderhandelnde können die in Artikel 3 genannten Sanktionen verhängt werden."

187 Ferner ist vorgetragen worden, dass das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien Anreize biete, die Preise im internationalen Streckenteil niedrig zu halten und bei den jährlichen Erhöhungen ein Überschreiten der Inflationsrate und jede Form von Handelskrieg untereinander zu vermeiden, damit es nicht eingreifen und Gebrauch von seinen Befugnissen aus dem Gesetz Nr. 4195/1929 machen müsse.

188 Das Ministerium für die Handelsmarine hat in seinem in Randnummer 101 der Entscheidung erwähnten Schreiben vom 23. Dezember 1994 Folgendes auf das Schreiben der Kommission vom 28. Oktober 1994 geantwortet:

"...

Was das Memorandum von Strintzis Lines angeht, so habe ich keine besonderen Anmerkungen und möchte nur darauf hinweisen, dass sich das Ministerium nicht in die Preisfestsetzungspolitik der Gesellschaften auf den internationalen Routen einschaltet. Wir werden nur bei der Festsetzung der Preise für die Verbindungen zwischen griechischen Häfen tätig.

Wie ich Ihnen bereits bei unserem Treffen im September erläutert habe, kommt nach Ansicht Griechenlands dem Meereskorridor zwischen den Häfen an seiner Westküste und den Häfen an der Ostküste Italiens größte Bedeutung für das eigene Land und für die Gemeinschaft zu, da dies die einzige wichtige direkte Verbindung zwischen Griechenland und dem Rest der Europäischen Union ist.

Es liegt daher in unserem nationalen Interesse und im Gemeinschaftsinteresse, dass die Schiffe ganzjährig zwischen Griechenland und Italien fahren, damit unsere Ein- und Ausfuhren und der Passagierverkehr erleichtert werden. Sie werden außerdem verstehen, dass wir daran interessiert sind, dass die Tarife wettbewerbsfähig, aber auch so festgelegt sind, dass der Beförderungspreis niedrig bleibt, damit unsere Ein- und Ausfuhren auf den europäischen Märkten wettbewerbsfähig bleiben.

Um zu der speziellen Frage zu kommen, die Sie mir gestellt haben, so muss ich sagen, dass ich im Memorandum von Strintzis nichts entdeckt habe, was mich zu dieser Schlussfolgerung veranlassen könnte.

Ich bin mir sicher, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Es ist undenkbar und kommt überhaupt nicht in Frage, dass das Ministerium mit dem Entzug von Betriebsgenehmigungen für die Verbindungen zwischen Inlandshäfen droht, wenn Gesellschaften eine Einigung über die Preise der internationalen Verbindungen ablehnen.

Wie Sie den beigefügten einschlägigen Rechtsvorschriften entnehmen können, ist die vom Ministerium erteilte Betriebsgenehmigung für die Inlandsverbindungen mit bestimmten Verpflichtungen verbunden (ganzjähriger Betrieb, Häufigkeit der Fahrten usw.); wenn diese Verpflichtungen nicht beachtet werden, kann das Ministerium die Genehmigung entziehen. Darüber hinaus werden die Preise periodisch durch Ministerialbeschluss festgelegt. Diese Sondervorschriften betreffen die Schiffe von Gesellschaften, die Betriebsgenehmigungen für den inländischen Teil der Strecke zwischen Griechenland und Italien haben (Patras-Igoumenitsa-Korfu)..."

189 Mit Schreiben vom 17. März 1995 (siehe Randnr. 103 der Entscheidung) hat der Stellvertreter des Ständigen Vertreters Griechenlands bei den Europäischen Gemeinschaften wie folgt auf ein Schreiben der Kommission vom 13. Januar 1995 geantwortet:

"1. Die griechische Regierung misst dem ungestörten Betrieb der Seeverbindung zwischen den westgriechischen Häfen (hauptsächlich Patras, Igoumenitsa und Korfu) und den italienischen Häfen von Ancona, Bari, Brindisi und Triest große Bedeutung bei.

...

Der ganzjährige, regelmäßige und ununterbrochene Betrieb der Verbindungen zwischen den griechischen und den italienischen Häfen trägt entscheidend dazu bei, die Entwicklung der griechischen Ein- und Ausfuhren, die auch den Gemeinschaftshandel insgesamt berührt, zu erleichtern und sicherzustellen.

Das Interesse der griechischen Regierung und insbesondere des Ministeriums für die Handelsmarine, das die nationale Politik im Bereich des Seeverkehrs ausarbeitet, ist deshalb darauf gerichtet, den reibungslosen Betrieb der Verbindung zwischen Griechenland und Italien zu erhalten.

Die auf dieser Route angebotenen Dienste werden von uns daher als Dienstleistungen eingestuft, die im öffentlichen Interesse unseres Landes liegen. Sie werden deshalb verstehen, dass der griechischen Regierung sehr daran gelegen ist, die Lebensfähigkeit dieser Route zu erhalten, indem mit allen Mitteln ein Preiskrieg verhindert wird, der nicht nur die reibungslose Abwicklung unseres Ein- und Ausfuhrhandels, sondern auch einen reibungslosen Fahrzeug- und Personenverkehr behindern könnte. Wie bereits gesagt, besteht unser Hauptanliegen darin, den Verkehr auf dieser Seeroute ganzjährig sicherzustellen und zu verhindern, dass die Verkehrsströme infolge eines Preiskrieges austrocknen.

2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen und der daraufhin eingenommenen Standpunkte haben die zuständigen Abteilungen des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine Entscheidungen getroffen, um die Frage des reibungslosen Fahrzeugverkehrs für die einzelnen Jahreszeiten möglichst angemessen zu regeln. Dementsprechend sind Maßnahmen ergriffen worden, damit auf Passagier- und Fahrzeugfähren stets eine bestimmte Zahl von Plätzen für Güterkraftfahrzeuge reserviert ist und der Parkraum der Schiffe insbesondere in den Sommermonaten, wenn der Passagierverkehr lebhafter ist, nicht bereits durch Pkws ausgelastet ist. Auf diese Weise ist es ermöglicht worden, den Warenstrom zu erhalten und die reibungslose Versorgung der Märkte sicherzustellen.

Ferner ist auf strenge Beachtung der Streckenpläne der Schiffe geachtet worden, damit Verspätungen vermieden werden, aber auch, damit Fragen wie das Vorhandensein angemessener Liegeplätze in den Zielhäfen der Schiffe geregelt werden können, um deren Sicherheit zu gewährleisten und die Dienstleistungen für die beförderten Passagiere und Kraftfahrzeuge zu verbessern.

3. Was die von den Reedereien verlangten Frachtraten angeht, so weisen wir darauf hin, dass sich die Tätigkeit des Ministeriums für die Handelsmarine als zuständiger Behörde für die Schifffahrtskontrolle hinsichtlich der Frachtraten für die Küstenverbindungen auf die Festsetzung der Preise für die inländische Küstenschifffahrt beschränkt. Auf den internationalen Routen wird auch in den Fällen, in denen die Fahrt Zwischenstopps in griechischen Häfen umfasst (z. B. Patras-Korfu-Ancona), zwar die Strecke zwischen den griechischen Häfen durch eine genehmigte Preisliste geregelt, die Preise für die Fahrt zwischen Griechenland und Italien von den Betreibern der Linie aber frei festgesetzt. In diesem Fall wird der Gesamtpreis der für einen Endzielort in Italien ausgestellten Fahrkarte durch den staatlich festgesetzten Preis für den griechischen Beförderungsabschnitt beeinflusst, selbstverständlich jedoch nur mittelbar und partiell.

Was die Preise für Reisen ins Ausland betrifft, die, wie bereits gesagt, frei festgesetzt werden, so gibt das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien Anreize, die Preise niedrig und wettbewerbsfähig zu halten und auf jeden Fall zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschreiten. Unsere nationalen Interessen verlangen nämlich, dass unser Ausfuhrhandel wettbewerbsfähig und unsere Einfuhren so billig wie möglich bleiben. Auf dieser Grundlage können die Reedereien ihre Preise anhand ihrer eigenen geschäftlichen und wirtschaftlichen Kriterien festlegen.

Diese Freiheit wird durch die griechischen Rechtsvorschriften dann beschränkt, wenn sie zu unlauterem Wettbewerb führt. Im Einzelnen soll das Gesetz Nr. 4195/1929 (Kopie in der Anlage) einen unlauteren Wettbewerb zwischen Reedereien verhindern, die Linien zwischen Griechenland und dem Ausland betreiben, indem insbesondere unseriös niedrige Preise, das gleichzeitige Auslaufen von zwei oder mehr dieselbe Route befahrenden Schiffen aus demselben Hafen und die Nichtdurchführung der angekündigten Fahrt (mit Ausnahme bestimmter Fälle höherer Gewalt - Artikel 3) untersagt werden. Im Fall unlauteren Wettbewerbs kann das Ministerium für die Handelsmarine Preisunter- und -obergrenzen festsetzen (Artikel 4). In diesem Rahmen gibt das Ministerium den Gesellschaften informelle Anreize, ihre Preise niedrig zu halten und zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschreiten.

4. Die vorstehenden Ausführungen erschienen uns notwendig, um zu verdeutlichen, dass der Seeverkehr zwischen Patras und Italien, der ohne jede staatliche Hilfe durch private Initiative eingerichtet wurde, weiter ungestört funktionieren muss, damit die dort eingesetzten Schiffe die im öffentlichen Interesse unseres Landes liegenden Leistungen erbringen, da diese Seeverbindung die einzige direkte Verbindung zu den Ländern der Europäischen Union ist.

5. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass der rechtliche Rahmen für die Erteilung und den Entzug der Betriebsgenehmigungen, die, wie bereits gesagt, nur für die inländischen Verbindungen in Griechenland gelten, bestimmt, dass das Ministerium für die Handelsmarine die Betriebsgenehmigung entziehen kann, wenn die Gesellschaft die in ihrer Betriebsgenehmigung angegebenen Verpflichtungen nicht beachtet (z. B. ordnungsgemäße Durchführung der angekündigten Fahrten, jährliche Stilllegungszeit, angemessene Häufigkeit der Fahrten)."

190 In diesen beiden Schreiben der griechischen Behörden wird zwar betont, dass das geordnete Funktionieren und die Regelmäßigkeit des Betriebes der Seeverbindungen zwischen Griechenland und Italien eine wichtige nationale Angelegenheit ist, doch bestätigen die Schreiben, dass der Abschluss von Preisabsprachen für die internationalen Routen weder durch das griechische Recht noch durch die Politik der griechischen Behörden vorgeschrieben wird.

191 Zwar geht aus den Erklärungen der griechischen Behörden gegenüber der Kommission hervor, dass eines ihrer Hauptanliegen darin bestand, ganzjährig einen regelmäßigen Betrieb der Seeverbindungen nach Italien sicherzustellen, und dass sie die schädlichen Auswirkungen fürchteten, die unlautere Wettbewerbshandlungen wie z. B. ein Preiskrieg haben konnten. Weiter steht fest, dass das Gesetz dem Ministerium für die Handelsmarine zur Verhinderung derartiger Handlungen die Befugnis zur Festsetzung von Preisunter- und -obergrenzen gab. Gleichwohl wäre eine Abstimmung über die Preise auch in einem solchen Fall keineswegs berechtigt, da die einzelnen Unternehmen die Freiheit behalten würden, innerhalb der fraglichen Ober- und Untergrenzen selbständig ihre Preise zu beschließen. Außerdem bestätigen die Erklärungen in den vorstehend geprüften Schreiben, dass die Preise für die Seerouten zwischen Griechenland und Italien von den auf diesen Routen tätigen Gesellschaften frei festgesetzt werden. Ferner folgt aus diesen Erklärungen unbestreitbar, dass das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Ausfuhren und der Angemessenheit der Einfuhrpreise keine Anreize dazu gab, in Absprache miteinander die Preise zu erhöhen, sondern lediglich dazu, ihre Preise niedrig und wettbewerbsfähig zu halten und auf jeden Fall zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschritten.

192 Daraus folgt, dass alle Reedereien, die auf den genannten Routen tätig sind, über beträchtliche Autonomie bei der Festlegung ihrer Preispolitik verfügten und daher stets den Wettbewerbsregeln unterlagen. Die zitierten Schreiben zeigen, dass nach Ansicht der griechischen Behörden die uneingeschränkte Anwendung der Wettbewerbsregeln und damit das Verbot von Preisabsprachen nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages die Reedereien weder rechtlich noch tatsächlich daran hinderten, die ihnen durch die griechische Regierung übertragene Aufgabe zu erfuellen. Dass die Ständige Vertretung Griechenlands in ihrem Schreiben vom 17. März 1995 den Betrieb der Verbindungen zwischen Griechenland und Italien als "Dienstleistung im öffentlichen Interesse" einstufte, ist daher für die Zwecke der Anwendung des Artikels 85 des Vertrages nicht relevant. Aus denselben Gründen braucht nicht geprüft zu werden, ob die Kommission zu Recht das Vorbringen zurückweist, dass die von der Entscheidung betroffenen Unternehmen nach Gemeinschaftsrecht als mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraute Unternehmen im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 2 EG) anzusehen seien.

193 Die Angaben in den fraglichen Schreiben bestätigen, dass sich die Klägerin nicht auf ein Zusammentreffen von Faktoren berufen kann, die die Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien beeinflusst und die Autonomie der Unternehmen bei der Planung und Festlegung ihrer Preispolitik beschränkt hätten. Die Schreiben bestätigen, dass sich das griechische Ministerium für die Handelsmarine nur insoweit in die Preisfestsetzungspolitik der Gesellschaften auf den internationalen Routen einmischte, als es ihnen informelle Anreize gab, ihre Preise niedrig zu halten und zu vermeiden, dass die jährlichen Preiserhöhungen die Inflationsrate überschritten. Angesichts dieses Verhaltens der griechischen Behörden blieb auf dem Markt eindeutig die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden konnte.

194 Zu ergänzen ist, dass das Gesetz Nr. 4195/1929 kein Verbot der Senkung der Preise für die internationalen Routen enthält. Zwar untersagt dieses Gesetz, das jeden unlauteren Wettbewerb zwischen den Reedereien, die auf den Routen zwischen griechischen und ausländischen Häfen tätig sind, verhindern soll, insbesondere Senkungen der Preise auf ein unseriös niedriges Niveau, das gleichzeitige Auslaufen von zwei oder mehreren dieselbe Route befahrenden Schiffen aus demselben Hafen und die Nichtdurchführung der angekündigten Fahrt (mit Ausnahme von Fällen höherer Gewalt) (Artikel 2), doch nimmt es den beschuldigten Unternehmen nicht "jeden Handlungsspielraum". Das Gesetz bestätigt im Gegenteil, dass jedes Unternehmen seine Preispolitik grundsätzlich nach seinem Ermessen festlegen kann, solange es keine unlautere Wettbewerbshandlung begeht. Das Verbot unlauterer Wettbewerbshandlungen kann keineswegs so verstanden werden, dass den fraglichen Unternehmen der Abschluss von Vereinbarungen vorgeschrieben wird, die die Festsetzung der Preise für die internationalen Routen zum Gegenstand haben. Da es an einer zwingenden Rechtsvorschrift fehlt, die ein wettbewerbswidriges Verhalten vorschreibt, kann sich die Klägerin nur dann auf fehlende Handlungsfreiheit berufen, wenn sie objektive, schlüssige und übereinstimmende Indizien dafür beibringt, dass den Unternehmen dieses Verhalten von den griechischen Behörden einseitig durch die Ausübung übermächtigen Drucks aufgezwungen wurde, etwa durch die Drohung mit dem Erlass staatlicher Maßnahmen, die ihnen erhebliche Verluste verursachen könnten.

195 Die Angaben in den oben zitierten Schreiben der griechischen Behörden zeigen aber, dass diese keineswegs eine Maßnahme erlassen oder eine Praxis eingeführt haben, die als "übermächtiger Druck" angesehen werden könnte, durch den die Reedereien zum Abschluss von Preisabsprachen bewegt werden sollten. Die Klägerin kann daher nicht geltend machen, dass den betreffenden Unternehmen bei der Festlegung ihrer Preispolitik jeder Handlungsspielraum genommen worden sei und dass ihnen das von der Kommission vorgeworfene wettbewerbswidrige Verhalten durch die geltenden nationalen Rechtsvorschriften oder die Politik der griechischen Behörden vorgeschrieben worden sei.

196 Was die Anreize des Ministeriums für die Handelsmarine angeht, die Preise für die internationalen Routen niedrig zu halten und bei den jährlichen Preiserhöhungen nicht die Inflationsrate zu überschreiten, so verweist das Schreiben dieses Ministeriums auf informelle "Anreize", spricht aber keineswegs von einer "einseitigen Anordnung". Die Gesellschaften hatten somit die Möglichkeit, den informellen Anreizen zu widerstehen, ohne deshalb den Erlass irgendwelcher staatlicher Maßnahmen fürchten zu müssen. Im Übrigen schließt das griechische Ministerium in seinem Schreiben vom 23. Dezember 1994 ausdrücklich aus, dass es mit dem Entzug der Betriebsgenehmigungen für die inländischen Routen drohen könne, wenn die Gesellschaften keine Einigung über die Preise für die internationalen Routen erzielten.

197 Was den Umstand angeht, dass das griechische Ministerium für die Handelsmarine nach dem Gesetz Nr. 4195/1929 im Fall unlauteren Wettbewerbs Preisunter- und -obergrenzen zur Verhinderung eines Preiskrieges festlegen kann, so ist festzustellen, dass das betreffende Gesetz den beschuldigten Unternehmen nicht "jeden Handlungsspielraum" nimmt, sondern ihnen eine gewisse Freiheit bei der Festlegung ihrer Preispolitik gibt, soweit sie nicht unlautere Wettbewerbshandlungen begehen. Nach Artikel 4 dieses Gesetzes darf das Ministerium für die Handelsmarine die fraglichen Preisunter- und -obergrenzen nämlich nur festlegen, wenn das Recht der Unternehmen, eigenständig die Preise für die Routen ins Ausland festzusetzen, zu unlauteren Wettbewerbshandlungen führt.

198 Nach alledem ist der erste Teil dieses Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

B - Zum zweiten Teil: fehlerhafte Einstufung der Kontakte zwischen den beschuldigten Unternehmen als nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarungen

Vorbringen der Parteien

199 Die Klägerin beanstandet die rechtliche Einordnung der Kontakte zwischen den betreffenden Unternehmen durch die Kommission. Sie macht geltend, dass die Verfasser der von der Kommission angeführten Schriftstücke zwar häufig die Worte "Vereinbarung", "vereinbart" oder "wir sind uns einig" verwendeten, dass es sich aber nicht um "Vereinbarungen" im engeren Sinne oder um Vereinbarungen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages handele, da sie nicht verbindlich seien und keine Mechanismen zur Durchsetzung enthielten. Diese "Vereinbarungen" sollten vielmehr bestätigen, dass den Unternehmen zumindest durch die für die Seeschifffahrt geltende Regelung und die Politik des Ministeriums für die Handelsmarine ein allgemeiner Handlungsrahmen vorgegeben sei. Die Entscheidung der einzelnen Reederei, ob sie sich an den Rahmen halte, falle ausschließlich in ihre Verantwortung und hänge von ihrer Politik und ihrer allgemeinen Beurteilung der Folgen eines Abweichens ab. Da nur die zuständigen Behörden ein solches Abweichen ahnden könnten, habe die Gefahr bestanden, dass die übrigen Gesellschaften die zuständigen Behörden über die Verletzung dieses Rahmens unterrichteten oder selbst davon abwichen, was wegen des Teufelskreises sukzessiver Preissenkungen möglicherweise zu einem Handelskrieg geführt hätte, der die Aufsichtsbehörde, d. h. das Ministerium für die Handelsmarine, das sich traditionell gegen derartige Praktiken wende, zum Einschreiten hätte veranlassen können.

200 Die Klägerin legt Wert darauf, den Gegenstand und die Bedeutung der vorstehend genannten "Vereinbarungen" näher zu erläutern. Gegenstand der Vereinbarungen seien lediglich die veröffentlichten Preise der internationalen Linien gewesen. Von den Vereinbarungen nicht erfasst gewesen seien insbesondere der Aufbau des Vertriebsnetzes, die Provisionen der Agenten oder Reisebüros, die Kreditpolitik der Gesellschaften gegenüber ihren Kunden, Werbemaßnahmen, die Preise für an Bord angebotene Leistungen und Produkte (Speisen und Getränke, duty free usw.), die Politik der Einstufung in höhere Klassen, die Ad-hoc-Nachlässe auf die veröffentlichten Preise, die die übrigen Gesellschaften und das Ministerium für die Handelsmarine nur schwer in Erfahrung hätten bringen können, und die Nachlässe auf die Beförderungspreise für Lkws, die nicht veröffentlicht würden. Diese wichtigen Faktoren minderten die ohnehin begrenzte Bedeutung der "Vereinbarungen" über die Preise noch weiter.

201 Die Klägerin ergänzt, dass die in der Entscheidung genannten "Vereinbarungen" in der Praxis nicht angewandt worden seien. Sie habe sich bemüht, die engen Handlungsspielräume, die ihr bei der Festsetzung ihrer Preise gewährt worden seien, so weit wie möglich zu nutzen, und dabei, wenn die wirtschaftlichen Umstände es erlaubt hätten, insbesondere auf den Routen zwischen Griechenland und Italien im Rahmen besonderer, direkt oder über ihre Agenten getroffener Vereinbarungen mit ihren Kunden erhebliche Nachlässe auf die veröffentlichten Preise gewährt, wobei sie jede Bekanntmachung vermieden habe, um nicht Beschwerden ihrer Konkurrenten oder unmittelbarem oder mittelbarem Druck der Aufsichtsbehörde, d. h. des Ministeriums für die Handelsmarine, ausgesetzt zu sein.

202 Die Klägerin bezieht sich im Einzelnen auf die verschiedenen "Zuwiderhandlungen", die in der Entscheidung für die einzelnen Jahre aufgeführt sind, und versucht mit einer Reihe von Argumenten aufzuzeigen, dass die Kommission die Tatsachen falsch eingeordnet habe, da sie zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass sie unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fielen.

203 Die Kommission trägt vor, dass die Beweise, die sie in den Randnummern 8 bis 42 der Entscheidung darstelle, zeigten, dass das Verhalten der beschuldigten Unternehmen, zu denen die Klägerin gehöre, in der Tat eine "Vereinbarung zwischen Unternehmen" im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages sei (vgl. Randnrn. 97 bis 174 der Entscheidung).

Würdigung durch das Gericht

A - Allgemeine Ausführungen

204 Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Klägerin, wie im Rahmen des vorstehend geprüften Klagegrundes festgestellt, unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht unter Berufung auf den in Griechenland bestehenden rechtlichen Rahmen für die Handelsschifffahrt die Anwendbarkeit des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages auf die in der Entscheidung genannten Verhaltensweisen verneinen kann.

205 Zu prüfen ist deshalb, ob die Kommission die in der Entscheidung genannten Verhaltensweisen zu Recht als nach dieser Vorschrift verbotene Vereinbarungen eingestuft hat.

206 Die Beweise für das Vorliegen und die Tragweite der Absprachen der beschuldigten Unternehmen über die internationalen Preise werden im Einzelnen in den Randnummern 8 bis 42 der Entscheidung dargestellt. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Randnummer 169 der Entscheidung die Klägerin die in diesen Randnummern beschriebenen Kontakte, Erörterungen und Treffen zugegeben haben soll, da sie wie die übrigen beschuldigten Unternehmen den der Mitteilung der Beschwerdepunkte der Kommission im Verwaltungsverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt nicht bestritten habe, was eine erhebliche Verringerung der Geldbuße gerechtfertigt habe.

207 Sodann ist festzustellen, dass die Einstufung dieser Verhaltensweisen als Vereinbarungen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nicht durch das Vorbringen in Frage gestellt wird, dass die Vereinbarungen nicht verbindlich gewesen seien und nicht mit Mechanismen zur Durchsetzung ihrer Anwendung verbunden gewesen seien. Eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages liegt nämlich schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-347/94, Mayr-Melnhof/Kommission, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 65 und die dort zitierte Rechtsprechung). Wie die Kommission vorträgt, ist selbst ein Gentlemen's Agreement eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages (Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-141/89, Tréfileurope/Kommission, Slg. 1995, II-791, Randnrn. 95 und 96 und die dort zitierte Rechtsprechung).

208 Dasselbe gilt für das Vorbringen der Klägerin, dass die Vereinbarungen in der Praxis nicht angewandt worden seien. Dass eine Vereinbarung, die eine Beschränkung des Wettbewerbs zum Ziel hat, nicht angewandt oder befolgt worden ist, genügt nach ständiger Rechtsprechung nicht, um sie vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages auszunehmen, da die Zuwiderhandlung in der Teilnahme an auf eine Wettbewerbsbeschränkung zielenden Verhandlungen liegt, und zwar auch dann, wenn die Vereinbarung nicht durchgeführt wird (in diesem Sinne Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, Randnr. 135). Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße anerkannt hat, dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt begrenzt waren, und das Vorbringen der betroffenen Unternehmen akzeptiert hat, dass sie nicht alle einschlägigen Preisvereinbarungen vollständig umgesetzt hätten (Randnr. 148 der Entscheidung). Das Vorbringen der Klägerin, dass die Vereinbarungen nicht unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fielen, da sie nicht tatsächlich angewandt worden seien, ist daher zurückzuweisen, ohne dass zu prüfen wäre, ob, wie die Kommission geltend macht, die Klägerin die Verträge in Wirklichkeit weitgehend durchgeführt habe.

209 Schließlich ist der Umstand, dass die betreffenden Reedereien bei anderen Parametern wie den Preisnachlässen, der Kreditpolitik, den an Bord der Schiffe angebotenen Leistungen usw. in einem gewissen Wettbewerb miteinander standen, nicht erheblich für die Frage, ob Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist, da auf der Hand liegt, dass dieser Wettbewerb durch die Vereinbarung über die Höhe der veröffentlichten Preise oder die Kriterien, nach denen Preissenkungen und -nachlässe gewährt werden konnten, beeinflusst und somit beschränkt wurde. Dass die beschuldigten Gesellschaften bei anderen Parametern als den Preisen miteinander im Wettbewerb standen, ist daher nur bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße von Bedeutung. Wie die Kommission unterstrichen hat, geht aber aus den Randnummern 148 und 162 der Entscheidung hervor, dass sie diesen Umstand bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung, der Beurteilung der mildernden Umstände und schließlich der Herabsetzung der Geldbuße berücksichtigt hat.

210 Nach alledem ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

211 Diese Feststellung wird nicht durch die umfangreichen Ausführungen der Klägerin entkräftet, mit denen sie erklären oder differenziert darstellen will, wie die in der Entscheidung festgestellten Verhaltensweisen zu verstehen und auszulegen seien. Zwar bestreitet sie mit diesen Ausführungen die betreffenden Verhaltensweisen nicht ausdrücklich, doch ist zu prüfen, inwieweit diese Ausführungen die Einstufung der Tatsachen als verbotenes Kartell und damit die von der Kommission bezüglich der Klägerin zusammengetragenen Beweise in Frage stellen sollen.

212 Die Prüfung dieser Ausführungen setzt eine eingehende Untersuchung der in der Entscheidung (Randnrn. 8 bis 42) berücksichtigten Beweise voraus.

B - Zum Nachweis des geahndeten Kartells

213 Nach dem verfügenden Teil der Entscheidung hat die Kommission zwei Zuwiderhandlungen geahndet: Zum einen sollen die Klägerin, Anek, Karageorgis, Marlines und Strintzis gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen haben, indem sie Preisabsprachen für Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona getroffen hätten. Zum anderen sollen die Klägerin, Anek, Karageorgis, Adriatica, Ventouris und Strintzis gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen haben, indem sie Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari und Brindisi trafen.

214 Aus den zu den Akten gereichten und in der Entscheidung zitierten Passagen aus Schriftstücken wird klar, dass es spätestens im Juli 1987 zu einer Willensübereinstimmung der auf der Route Patras-Ancona tätigen Reedereien über die Durchführung einer gemeinsamen Preispolitik für die verschiedenen Dienstleistungen kam.

215 Diese Beweisstücke zeigen, dass die betreffenden Gesellschaften direkte und regelmäßige Verhandlungen zur Festsetzung der Preise für die Beförderung von Passagieren und Fracht führten, und zwar alljährlich, um das Preisniveau für das folgende Jahr zu beschließen, und ad hoc, um auf im Laufe des Jahres entstandene Probleme zu reagieren.

216 Eine solche Willensübereinstimmung ist eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages in seiner Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter, da eine Vereinbarung im Sinne dieser Vorschrift schon dann vorliegt, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in bestimmter Weise zu verhalten (Urteile des Gerichtshofes vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69, Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 112, Van Landewyck u. a./Kommission, Randnr. 86, und vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache 49/92 P, Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 130; Urteile des Gerichts Tréfileurope/Kommission, Randnr. 95, und vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95 bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491, Randnr. 958).

217 In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, wie der Wortlaut folgender Passagen einiger zu den Akten gereichten Schriftstücke zu verstehen ist.

218 In einem Fernschreiben vom 15. März 1989 an Anek äußerte sich die Klägerin wie folgt:

"Wir bedauern, dass Ihre Weigerung, die in unserer früheren Mitteilung unterbreiteten Vorschläge vollständig anzunehmen, zumindest bis auf weiteres den Abschluss einer umfassenderen Vereinbarung verhindert, die für unsere Unternehmen äußerst vorteilhaft wäre... Gemeint ist damit natürlich Ihre Ablehnung unserer Vorschläge zur Festlegung einer gemeinsamen Preispolitik für die Route Patras-Ancona. Wir bitten Sie daher um Verständnis für die nachstehend dargelegten Positionen, die als Reaktion darauf zu verstehen sind, dass Sie die 1989 geltenden Tarife für Güterfahrzeuge nicht akzeptieren können und dass die Preispolitik für das Folgejahr 1990 nicht umgehend festgelegt werden kann.

...

In den letzten drei Monaten vereinbarten alle auf der Strecke Patras-Ancona tätigen Reeder zwei Korrekturen der Beförderungspreise, die insgesamt 40 % ausmachten und bei unseren Fahrerkollegen bestimmt keine ärgerlichen Reaktionen oder Schwierigkeiten auslösten.

...

Die gemeinsam mit den anderen Beteiligten festgelegte Preispolitik für 1988 wurde am 18. Juli 1987 beschlossen. Dies ist im Übrigen gängige Praxis."

219 In einem Fernschreiben vom 22. Oktober 1991 an Anek erklärte die Klägerin:

"Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie für die Strecke Patras-Triest den gleichen Beförderungspreis zugrunde legen, den wir gemeinsam für die Strecke Patras-Ancona vereinbart haben.

Sie werden verstehen, dass wir aufgrund der unklaren Formulierungen sehr besorgt sind, denn es wird damit die Möglichkeit eines völligen Zusammenbruchs des Tarifgleichgewichts heraufbeschworen, das wir nur mit großer Mühe für alle italienischen Häfen herstellen konnten.

Wir möchten Sie daran erinnern, dass wir durch gemeinsame Anstrengungen, an denen Sie selbst Anteil hatten, die Tarife nach unseren Möglichkeiten umgestalteten und für die Häfen Brindisi, Bari und Ancona differenzierte Preise entsprechend der Entfernung in Seemeilen festlegten.

Wir weisen darauf hin, dass selbst zur Zeit der bulgarischen Schiffe Trapezitsa und Tsarevits (die durch Ihren Agenten, Herrn Kallitsis, vertreten wurden) einvernehmlich eine vergleichbare Tarifregelung getroffen wurde, die auch für den Hafen von Triest galt.

Wir möchten Sie daher nachdrücklich ersuchen, die zwischen den 11 Unternehmen und 36 Schiffen der Fährrouten Griechenland-Italien geschlossene Vereinbarung aufrechtzuerhalten, wie es Ihre Pflicht ist, denn angesichts der unter der Oberfläche schwelenden heftigen Differenzen könnte der bestehenden Vereinbarung leicht der Boden entzogen werden.

Wir möchten Ihnen vorschlagen, für die Verbindung Patras-Triest einen 20 % höheren Tarif als für die Strecke Patras-Ancona anzusetzen (wie dies ja zuvor der Fall war), damit darin voll der Unterschied zwischen Ancona und den südlicher gelegenen Häfen zum Ausdruck kommt.

Sollten Sie für Triest und Ancona auf einem einheitlichen Preis bestehen, müssen wir Sie darauf hinweisen, dass unsere Vereinbarung über eine gemeinsame Preispolitik auf der Ancona-Route dann hinfällig ist und jedes Unternehmen seine Preispolitik künftig selbst gestaltet."

220 Schließlich soll Strintzis in einem Fernschreiben vom 5. September 1990 an Anek, Karageorgis und Minoan erklärt haben, eine Bedingung für die Anwendung der vorgeschlagenen Erhöhung sei "ein proportionaler Anstieg der Preise für die Routen nach Bari und Brindisi", und weiter: "Jedenfalls ist es erforderlich, zu einer prinzipiellen Vereinbarung zwischen unseren vier Unternehmen zu gelangen."

221 Diese Dokumente, die durch alle anderen in der Entscheidung genannten Dokumente gestützt werden, belegen eindeutig, dass es eine Absprache über die Preise für die Route Patras-Ancona gab.

222 Ferner verfügte die Kommission über einige Schriftstücke, die ähnliche, nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Verhaltensweisen hinsichtlich der Preise für die Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi beweisen. Es handelt sich insbesondere um die in einem Fernschreiben vom 8. Dezember 1989 enthaltene Preisliste, die vom 10. Dezember 1989 an auf den verschiedenen Routen anzuwenden war, und um das Fernschreiben vom 24. November 1993, das auf das Treffen vom selben Tag Bezug nimmt, an dem auf den verschiedenen Routen tätige Unternehmen teilgenommen haben sollen. Diese Bewertung wird durch weitere Dokumente bestätigt, die auf Ereignisse zwischen diesen beiden Daten verweisen: ein Fax vom 30. Oktober 1990, ein Fernschreiben vom 22. Oktober 1991, ein Schreiben von ETA vom 25. Februar 1992 an Minoan und ein Fernschreiben vom 7. Januar 1993.

223 Demnach hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, sie habe ausreichende Beweise für die beiden geahndeten Zuwiderhandlungen, zum einen die Preisabsprachen für Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona und zum anderen eine Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari und Brindisi.

224 Zur Beweiskraft der fraglichen Dokumente kommt hinzu, dass die beschuldigten Unternehmen weder die Existenz noch die Echtheit dieser Dokumente bestritten haben. Tatsächlich scheinen zumindest Anek und Strintzis den Sachverhalt ausdrücklich eingeräumt zu haben, und die übrigen Gesellschaften scheinen ihn nicht in Frage zu stellen (Randnr. 169 der Entscheidung).

225 Zu prüfen sind die Beweise für die Beteiligung der Klägerin an den genannten Zuwiderhandlungen.

C - Zu den Beweisen der Kommission gegen die Klägerin

1. Beweise für die Jahre 1987, 1988 und 1989 (Randnrn. 9 bis 12 der Entscheidung)

226 Nach Ansicht der Klägerin ist die Position der übrigen Gesellschaften gegenüber Anek unter Berücksichtigung des Umstands zu beurteilen, dass nach der bestehenden Regelung eine unmittelbare und offen erklärte Praxis der Anwendung veröffentlichter Preise und deutlich niedrigerer Preise für Lkws sowohl gegen griechisches Recht - insbesondere Artikel 2 des Gesetzes Nr. 4195/1929 - als auch gegen die ausdrückliche Politik des Ministeriums für die Handelsmarine verstoßen hätte, das sich eindeutig gegen jeden Handelskrieg zwischen Reedereien gewandt habe. Das Verhalten von Anek erkläre sich dadurch, dass sie zum ersten Mal Schiffe auf den internationalen Routen betrieben habe und nicht hinreichend über die Auswirkungen der in Griechenland geltenden Rechtsvorschriften und der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine auf das Verhalten der im internationalen Abschnitt der Routen zwischen Griechenland und Italien tätigen griechischen Gesellschaften unterrichtet gewesen sei.

227 Was die in Randnummer 11 der Entscheidung genannten Preiskorrekturen angeht, die innerhalb von drei Monaten auf der Route Patras-Ancona erfolgten und insgesamt 40 % ausmachten, so macht die Klägerin geltend, dass die fragliche Erklärung nur dazu gedient habe, Anek zu beeindrucken, und keineswegs der Realität entsprochen habe. Jedenfalls seien diese Korrekturen nicht zur Erzielung von Gewinnen erfolgt, sondern aufgrund anderer Faktoren wie der Inflation, der hauptsächlich auf dem Anstieg des US-Dollars beruhenden Erhöhung der Treibstoffpreise und der Abwertung der griechischen Drachme gegenüber anderen Währungen, insbesondere gegenüber der italienischen Lira.

228 Das Gericht ist der Auffassung, dass sich aus der von der Klägerin nicht bestrittenen Darstellung des Sachverhalts in den Randnummern 9 bis 12 der Entscheidung und insbesondere aus den dort angeführten Beweisen ergibt, dass die Klägerin in einem Fernschreiben vom 15. März 1989 versuchte, Anek zu überreden, sich an der am 18. Juli 1987 getroffenen Vereinbarung zu beteiligen, und dass angesichts des Zögerns von Anek die übrigen Unternehmen (die Klägerin, Karageorgis, Marlines und Strintzis) beschlossen, zum 26. Juni 1989 gemeinsam die Beförderungspreise der Anek für Lkws zu übernehmen (vgl. das Fernschreiben vom 22. Juni 1989, das außerdem belegt, dass die Klägerin Anek diese Entscheidung mitteilte).

229 Die Kommission konnte folglich davon ausgehen, dass der Inhalt dieses Fernschreibens nicht nur beweise, dass eine Vereinbarung bestanden habe, sondern auch, dass die Klägerin dabei eine maßgebliche Rolle gespielt habe. Die Klägerin kann daher nicht behaupten, dass sie Anek über die Auswirkungen der in Griechenland geltenden Rechtsvorschriften und der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine auf das Verhalten der im internationalen Abschnitt der Routen zwischen Griechenland und Italien tätigen Gesellschaften habe unterrichten wollen. Ebenso wenig kann sie behaupten, dass eine derartige Vereinbarung notwendig gewesen sei, um unlauteren Wettbewerb oder unseriös niedrige und unverhältnismäßige Preise zu vermeiden, die der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine zuwiderliefen, das sich gegen jeden Handelskrieg zwischen Gesellschaften gewandt habe. Den Beweis dafür, dass es nicht um einen Handelskrieg ging, liefern die Ausführungen der Klägerin im Fernschreiben vom 15. März 1989 an Anek, in dem sie erklärte, dass die übrigen auf der Route Patras-Ancona tätigen Gesellschaften in den letzten drei Monaten zwei Korrekturen vereinbart hätten, die insgesamt 40 % der Beförderungspreise ausgemacht hätten, ohne dass dies zu Schwierigkeiten mit den Straßentransportunternehmen geführt hätte.

2. Beweise für das Jahr 1990 (Randnrn. 13 bis 20 der Entscheidung)

230 Die Klägerin macht geltend, dass die Verhandlungen und die "Vereinbarungen", auf die sich die Randnummern 13 bis 20 der Entscheidung bezögen, ebenfalls Teil der Taktik der Gesellschaften gewesen seien, den Eindruck zu erwecken, dass sie die nationale Regelung beachteten, um nicht ein Eingreifen des Ministeriums für die Handelsmarine zu provozieren. Außerdem würden die Beförderungspreise für Passagiere und Pkws auf jeden Fall veröffentlicht, und die Referenzpreise für Lkws, die die Gesellschaften zur Gewährung von Nachlässen anwendeten und die nicht veröffentlicht seien, könnten von den Konkurrenten aufgrund der Markttransparenz leicht in Erfahrung gebracht werden.

231 Zu Randnummer 16 der Entscheidung trägt die Klägerin vor, dass das Fernschreiben von Strintzis vom 8. Dezember 1989 erst nach den obligatorischen Verhandlungen zwischen den Gesellschaften, die jeweils am Jahresende stattgefunden hätten, abgeschickt worden sei, und unterstreicht, dass die in diesem Fernschreiben enthaltenen Preislisten den Inlandsabschnitt der Strecken beträfen, für den das Ministerium für die Handelsmarine hoheitlich den Preis festsetze, der bis zu 90 % des Gesamtpreises betragen könne, wie dies bei den Routen nach Bari und Brindisi der Fall sei. Nach Auffassung der Klägerin ist die Unterzeichnung durch die Vertreter der betreffenden Gesellschaften nicht als förmliche schriftliche "Vereinbarung" zu verstehen. Die Unterzeichnung sei erfolgt, weil die fraglichen Dokumente, in denen die von den Gesellschaften für angemessen gehaltenen Differenzen zwischen den Preisen für die Route nach Ancona und den Preisen für die Routen nach Bari und Brindisi genannt seien, der auf den südlichen Routen tätigen Ventouris Ferries zur Kenntnis gebracht worden seien. Die Unterschriften bedeuteten lediglich, dass die jeweilige Gesellschaft den Grundsatz eines angemessenen Verhältnisses zwischen der Entfernung in Seemeilen und den Preisen akzeptiere. Die Nennung eines "Idealpreises" für jede Lkw-Kategorie für die Route nach Ancona und die Routen nach Bari und Brindisi sei als nützlich empfunden worden, um über eine mehr oder weniger zuverlässige Grundlage für die Berechnung der Unterschiede zwischen den Preisen der einzelnen Lkw-Kategorien nach Maßgabe der Entfernung in Seemeilen zu verfügen und auf diese Weise jeden unlauteren Wettbewerb zu verhindern, der, wie bereits gesagt, nach geltendem Recht verboten sei und der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine zuwiderlaufe. Anders ausgedrückt, die Festsetzung von "Idealpreisen" für die verschiedenen Lkw-Kategorien habe als Muster für die Berechnung der Preisunterschiede nach Maßgabe der Entfernung in Seemeilen und nicht zur Anwendung eines bestimmten Preises für jede Strecke und jede Lkw-Kategorie dienen sollen. So erkläre sich, dass Herr Sfinias, der gesetzliche Vertreter von ETA, seine Unterschrift unter die beiden Tarife gesetzt habe, obwohl die Klägerin keine Schiffe auf den Routen nach Bari und Brindisi betreibe, und dass auch die ausschließlich auf den Routen nach Bari und Brindisi tätige Ventouris Ferries die beiden Tarife unterzeichnet habe.

232 Die Klägerin hält die Feststellung für unrichtig, das Fernschreiben von Anek vom 11. April 1990 an Karageorgis, Minoan und Strintzis "[belege] die 1990 geltende gemeinsame Preispolitik" (vgl. Randnr. 17 der Entscheidung), denn dieses Fernschreiben nehme lediglich auf eine "Vereinbarung" über einige genau bestimmte Parameter der Preispolitik Bezug, die von den Konkurrenten jedenfalls leicht in Erfahrung gebracht werden könnten, wie "die Beförderungspreise für Passagiere, Pkws und Lkws", betreffe aber nicht die Provisionen der Agenten und die Preisnachlässe für Reisegruppen. Diese Formulierung lasse nicht den Schluss auf eine, wie es in der Entscheidung heiße, "geltende" gemeinsame Preispolitik zu.

233 Was die Randnummern 18 bis 21 der Entscheidung angeht, die sich auf die Verhandlungen zur gemeinsamen Erhöhung der Beförderungspreise für Lkws beziehen, so führt die Klägerin aus, dass, wie das Fernschreiben von Strintzis vom 5. September 1990 und das Fernschreiben von Karageorgis vom 10. Oktober 1990 zeigten, zu dieser Zeit die Treibstoffpreise stark erhöht worden seien, was dazu geführt habe, dass das Ministerium für die Handelsmarine die Preise für den inländischen Teil der Route, d. h. den Abschnitt Patras-Igoumenitsa-Korfu, korrigiert habe. Die vier in diesen Fernschreiben genannten Gesellschaften hätten sich vermutlich gefragt, ob auch eine Korrektur der Preise für den restlichen Teil der Route, d. h. für den Abschnitt Korfu-Ancona, erforderlich sei, damit die nachteiligen Folgen der Erhöhung der Transportkosten gemildert würden und die Gesellschaften ihre Schiffe auf der Route auch in den Wintermonaten, wenn kein Fremdenverkehr stattfinde, nutzen könnten. Die Klägerin weist insoweit darauf hin, dass die Erteilung von "Betriebsgenehmigungen" durch das Ministerium für die Handelsmarine mit der Verpflichtung verbunden sei, einen ganzjährigen regelmäßigen Fährdienst zu betreiben; würden diese Bedingungen nicht erfuellt, könnten die Betriebsgenehmigung entzogen und andere gesetzlich vorgesehene verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen festgesetzt werden.

234 Schließlich macht die Klägerin geltend, dass die Fernschreiben und sonstigen Dokumente, die in der Entscheidung für das Jahr 1990 angeführt seien, belegten, dass die fraglichen Preiserhöhungen, soweit sie tatsächlich von einer Reihe von Gesellschaften angekündigt worden seien, nicht der Gewinnerzielung gedient hätten und aufgrund der sehr starken Erhöhung der Kosten für die Beförderungsdienste schlicht wirtschaftlicher Logik entsprochen hätten.

235 Das Gericht hat im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes entschieden, dass das Vorbringen zurückzuweisen ist, die betroffenen Reedereien hätten bei der Festlegung ihrer Geschäftspolitik keine Handlungsfreiheit gehabt. Es hat darüber hinaus festgestellt, dass erwiesen ist, dass die Vereinbarungen nicht durch das geltende nationale Recht vorgeschrieben waren und dass sich das griechische Ministerium für die Handelsmarine in keiner Weise in die Abstimmung über die Preise für die internationalen Routen eingemischt hat. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht behaupten, dass die in Rede stehenden Verhandlungen Teil der Taktik jeder der Gesellschaften gewesen seien, den Eindruck zu erwecken, dass sie die Rechtsvorschriften beachteten, um nicht ein Eingreifen des Ministeriums für die Handelsmarine zu provozieren. Sie kann auch nicht behaupten, dass die griechischen Behörden Verhandlungen über die internationalen Preise vorgeschrieben hätten. Da die Klägerin nicht bestreitet, dass sie an den Verhandlungen und Kontakten, die in den in den Randnummern 13 bis 20 der Entscheidung zitierten Dokumenten erwähnt sind, beteiligt war, ist schließlich das weitere Vorbringen, das aus einer angeblichen Markttransparenz hergeleitet wird, aufgrund deren die Konkurrenten auf jeden Fall die Beförderungspreise für Passagiere und Pkws in Erfahrung bringen könnten, nicht zu prüfen.

236 Was das Fernschreiben von Strintzis vom 8. Dezember 1989 (Randnr. 16 der Entscheidung) an die Klägerin, Anek, Karageorgis und Mediterranean Lines angeht, dem Preislisten oder -tabellen für Lkws beigefügt waren, die vom 10. Dezember 1989 an auf den Routen Patras-Ancona und Patras-Bari/Brindisi gelten sollten, so kann die Klägerin nicht geltend machen, dass dieses Fernschreiben kein Beweis für eine Preisabsprache sei. Der hilfsweisen Erklärung, dass unlauterer Wettbewerb habe verhindert werden müssen, kann eindeutig nicht gefolgt werden. Das Vorbringen der Klägerin, die Nennung von "Idealpreisen" für die verschiedenen Lkw-Kategorien habe als Muster für die Berechnung der Preisunterschiede nach Maßgabe der Entfernung in Seemeilen und nicht zur Anwendung eines bestimmten Preises für jede Strecke und jede Lkw-Kategorie dienen sollen, greift nicht durch, da es keineswegs erklärt, weshalb die Unternehmen es für notwendig hielten, das betreffende Dokument zu unterzeichnen, das angeblich nur eine Orientierung liefern sollte.

3. Beweise für das Jahr 1991

237 Die Klägerin trägt vor, dass die in Randnummer 21 genannte Preiserhöhung um 10 % durch die Inflationsrate bedingt gewesen sei, die zur fraglichen Zeit in Griechenland sehr hoch gewesen sei - 1990 habe sie 25 % erreicht -, und dass die Preiserhöhung jedenfalls niedriger als die Inflationsrate gewesen sei.

238 Sodann nimmt sie Bezug auf das Fernschreiben vom 22. Oktober 1991 und macht geltend, dass der Vorschlag von Anek, die Preise auf der Route Patras-Triest genauso hoch festzusetzen wie die Preise auf der Route Patras-Ancona, unlauterer Wettbewerb im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a des Gesetzes Nr. 4195/1929 gewesen sei. Die von der Kommission angeführten "Vereinbarungen" hätten daher schlicht darin bestanden, dass der Grundsatz der Proportionalität zwischen der Entfernung in Seemeilen und den Preisen anerkannt und auf die Notwendigkeit hingewiesen worden sei, jeden unlauteren Wettbewerb zu verhindern.

239 Weiter verweist die Klägerin auf das Fernschreiben von Anek vom 18. November 1991 (Randnr. 23 der Entscheidung), in dem Anek als Hauptgrund dafür, die Preise für die Route Patras-Triest nicht höher als die Preise für die Route Patras-Ancona festzusetzen, angegeben habe, dass "im [letzten] Jahr eine der vier Gesellschaften ein Schiff auf der Route Ancona-Piräus-Heraklion betrieben hat und Anek nicht nur nicht konsultiert, sondern noch nicht einmal über die neuen Preise unterrichtet wurde, obwohl die Routen den Hafen Ancona als Ausgangspunkt hatten und daher besonders umkämpft waren". Diesen Abschnitt des Fernschreibens habe die Kommission in der Entscheidung unterschlagen. Er zeige aber, dass das Verhalten von Anek eine Art "Vergeltung" gegen vier Unternehmen, darunter die Klägerin, für den Betrieb des genannten Schiffes gewesen sei. Darüber hinaus bestätige die Antwort von Anek, dass eine offene Erklärung eines Handelskriegs besonders schwere Folgen für alle Unternehmen hätte, da sie der wiederholt proklamierten Politik des Ministeriums für die Handelsmarine zuwiderliefe und dieses deshalb unweigerlich durch hoheitliche Festsetzung von Preisunter- und -obergrenzen gemäß Artikel 4 des Gesetzes Nr. 4195/1929 eingeschritten wäre.

240 Das Gericht ist jedoch der Ansicht, dass die in den Randnummern 21 bis 23 der Entscheidung aufgeführten Beweise für das Jahr 1991 ebenfalls zwingend sind. Dass eine Vereinbarung bestand, die eine gemeinsame Preisliste für die Route Patras-Ancona zum Gegenstand hatte, ergibt sich besonders klar aus den Äußerungen im Schreiben von Karageorgis vom 10. August 1990 an die Klägerin sowie an Anek und Strintzis, in dem es heißt (Randnr. 21 der Entscheidung): "Da sich die vier Unternehmen darauf verständigt haben, zusätzlich zu den ersten 5 % noch einmal 5 % aufzuschlagen, übermitteln wir hiermit die neuen Preislisten mit insgesamt 10 % Aufschlag."

241 Ferner heißt es in dem Fernschreiben der Klägerin sowie von Karageorgis und Strintzis vom 22. Oktober 1991 an Anek (Randnr. 22 der Entscheidung):

"Wir möchten Sie daran erinnern, dass wir durch gemeinsame Anstrengungen, an denen Sie selbst Anteil hatten, die Tarife nach unseren Möglichkeiten umgestalteten und für die Häfen Brindisi, Bari und Ancona differenzierte Preise entsprechend der Entfernung in Seemeilen festlegten.... Wir möchten Sie daher nachdrücklich ersuchen, die zwischen den 11 Unternehmen und 36 Schiffen der Fährrouten Griechenland-Italien geschlossene Vereinbarung aufrechtzuerhalten, wie es Ihre Pflicht ist, denn angesichts der unter der Oberfläche schwelenden heftigen Differenzen könnte der bestehenden Vereinbarung leicht der Boden entzogen werden... Sollten Sie für Triest und Ancona auf einem einheitlichen Preis bestehen, müssen wir Sie darauf hinweisen, dass unsere Vereinbarung über eine gemeinsame Preispolitik auf der Ancona-Route dann hinfällig ist und jedes Unternehmen seine Preispolitik künftig selbst gestaltet."

242 Angesichts so eindeutiger direkter Beweise und unter Berücksichtigung der Ausführungen im Rahmen der Prüfung des ersten Teils des dritten Klagegrundes ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

4. Beweise für das Jahr 1992 (Randnrn. 24 bis 29 der Entscheidung)

243 Die Klägerin trägt vor, dass sich die Einheitlichkeit der Beförderungspreise für Passagiere und Pkws dadurch erkläre, dass diese Preise auf jeden Fall in den Prospekten der Unternehmen veröffentlicht würden. Zudem hätten die oligopolistische Struktur des Marktes und die ausdrückliche Politik des Ministeriums für die Handelsmarine, nur Preiserhöhungen unterhalb der Inflationsrate zuzulassen und jeden unlauteren Preiswettbewerb zu verhindern, mit mathematischer Sicherheit zu einer Übereinstimmung der veröffentlichten Preise geführt, weshalb keine Gesellschaft daran interessiert gewesen sei, andere Preise zu veröffentlichen, da sie sonst Kunden gar nicht erst hätte gewinnen können (wenn ihre Preise höher gewesen wären) oder die übrigen Gesellschaften sofort gleichgezogen hätten (wenn ihre Preise niedriger gewesen wären). Was den in Randnummer 27 der Entscheidung erwähnten Fall der Gesellschaft Calberson angehe, so erkläre sich das Fernschreiben von ETA dadurch, dass sich Calberson an jede Gesellschaft gewandt und wahrheitswidrig erklärt habe, dass die anderen Gesellschaften ihr eine Herabsetzung angeboten hätten, was wirtschaftlicher Logik widersprochen hätte und eindeutig unlauterer Preiswettbewerb gewesen wäre, der gesetzlich verboten sei. Die Gesellschaften hätten deshalb reagiert und versucht, herauszufinden, ob ihre Konkurrenten tatsächlich derart unrealistische Herabsetzungen angeboten hätten.

244 Das Schriftstück vom 25. Februar 1992 (Randnr. 28 der Entscheidung) bezüglich der Route nach Otrona (nicht Otranto, wie es in der Entscheidung heißt) sei kein Beweis dafür, dass zwischen den auf den verschiedenen Routen tätigen Gesellschaften eine "Vereinbarung" im engeren Sinne über die Preisunterschiede auf diesen Routen bestanden habe. Was insbesondere die Preisliste am Ende des Schriftstücks angehe, so beziehe sich diese nur auf den "gegenwärtigen Tarif" und sei deshalb nur eine vereinfachte Darstellung der Preise für die verschiedenen Häfen, die ihre Agentin, ETA, zwecks "besseren Verständnisses", d. h., um der Klägerin einen ungefähren Vergleich zu ermöglichen, vorgelegt habe. Diese Liste könne kein Beweis dafür sein, dass die fraglichen Preise von den verschiedenen Gesellschaften tatsächlich angewandt worden seien. Zur Korrektur der Beförderungspreise für Fahrzeuge auf den Routen Griechenland-Italien-Griechenland führt die Klägerin aus, dass das Zitat aus dem Fernschreiben vom 7. Januar 1993 in Randnummer 29 der Entscheidung zu unrichtigen Schlüssen bezüglich des tatsächlichen Inhalts dieses Fernschreibens führe, da, wie der Gesamttext zeige, die angeführte "letzte Anpassung" den Wechselkurs zwischen der griechischen Drachme und der italienischen Lira betreffe und nicht die Erhöhung der Preise in den beiden Währungen. Folglich lasse dieses Zitat - das sich ausschließlich auf den Wechselkurs beziehe, der für die griechische Drachme um 15 % gefallen sei - nicht den Schluss zu, dass im Jahr 1992 eine Vereinbarung bestanden habe, die die Gesellschaften zur Anwendung derselben Preise verpflichtet habe.

245 Schließlich trägt die Klägerin vor, dass die Randnummern 24 bis 29 der Entscheidung nicht die Feststellung zuließen, dass sie mit irgendeiner Gesellschaft eine Vereinbarung gleich welcher Art für die Routen nach Bari und Brindisi für das Jahr 1992 getroffen habe.

246 Wie die Kommission feststellt, kann das Vorbringen, der tatsächliche Wettbewerb habe nicht bei den veröffentlichten Preisen, sondern bei den Herabsetzungen stattgefunden, nicht berücksichtigt werden. Da die Existenz von Preisabsprachen bewiesen ist, würde der Wettbewerb, den sich die beschuldigten Gesellschaften hinsichtlich anderer Parameter als der Preise geliefert haben sollen, die Anwendbarkeit von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nicht ausschließen. Die in den Randnummern 24 und 25 der Entscheidung zitierten Auszüge aus Schriftstücken belegen, dass zwischen der Klägerin sowie Strintzis, Karageorgis und Anek im Juli und Oktober 1991 Treffen stattfanden, bei denen Vereinbarungen über die Preispolitik dieser Gesellschaften für das Jahr 1992 getroffen wurden. Wie in Randnummer 28 der Entscheidung festgestellt, ist das Schriftstück vom 25. Februar 1992, in dem ETA der Zentrale von Minoan über die "neuesten Entwicklungen auf den Strecken nach Italien" berichtete, ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Vereinbarung zur Beibehaltung der unterschiedlichen Preise für die einzelnen Fährverbindungen zwischen Griechenland und Italien auch 1992 andauerte. Schließlich bestätigen die in den Randnummern 27 bis 29 der Entscheidung angeführten Beweisstücke und insbesondere die Fernschreiben vom 7. Januar 1992 und 7. Januar 1993, dass die Klägerin bei der streitigen Kollusion eine maßgebliche Rolle spielte.

247 Schließlich ist an den Wortlaut des Fernschreibens von Minoan vom 7. Januar 1993 an Anek, Karageorgis und Strintzis zu erinnern, der zeigt, dass die beiden der Klägerin zur Last gelegten Absprachen (über die Routen von Patras nach Ancona und von Patras nach Bari und Brindisi) 1992 fortgesetzt wurden:

"Wir möchten darauf hinweisen, dass seit der letzten Anpassung des Fahrzeugtarifs zwei Jahre vergangen sind.

Dies macht eine neuerliche Anpassung der Tarife in Drachmen oder eine Herabsetzung der Tarife in Lire erforderlich.

Wie Sie sehen können, weichen die beiden Tarife mittlerweile um 15 % voneinander ab.

Wir schlagen deshalb vor, den Tarif in Drachmen zum 1. Februar 1993 um 15 % (siehe unten stehende Tabelle) anzupassen.

Unsere Entscheidung, mit Ihnen zu einer Vereinbarung über die Anpassung zu gelangen, ohne erst die Unternehmen auf den anderen Routen nach Italien zu konsultieren, rührt aus dem Wunsch her, die endlosen Diskussionen zu vermeiden, die sich im Fall einer solchen Konsultation ergeben würden.

Wir glauben, dass diese gemeinsame Vereinbarung von diesen Unternehmen positiv aufgenommen wird. Sollte dies nicht der Fall sein, gehen wir davon aus, dass der Verlust an Verkehrsaufkommen an billigere Häfen nicht mehr als die der Anpassung unserer Tarife entsprechenden 15 % betragen wird.

Insoweit schlagen wir vor, dass die Preise der Kategorie 5 (Fahrzeuge von 12 bis 15 Meter Länge) von jetzt an für Fahrzeuge von 12 bis 16,5 Meter Länge gelten (da die meisten Kühlfahrzeuge eine Länge von 16,5 Meter haben und nach und nach alle Kühlfahrzeuge diese Länge haben werden) und dass die Erhöhung 5 % in Lire (von 910 000 bis 950 000 Lire) gegenüber 15 % bis 23 % in Drachmen beträgt..."

248 Angesichts so eindeutiger direkter Beweise für ihre Beteiligung an den Kartellen ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

5. Beweise für das Jahr 1993

249 Die Klägerin macht geltend, dass die Vorschläge, die ETA auf der Konferenz vom 21. Mai 1992 unterbreitet habe und die in einem Fernschreiben vom 27. Mai 1992 aufgeführt seien, in Wirklichkeit nur Diskussionsbeiträge gewesen seien (vgl. die Änderungen durch Karageorgis und Strintzis sowie einen Vorbehalt von Anek), die für die Klägerin nicht verbindlich gewesen seien, was sich daraus ergebe, dass ETA sie in dem fraglichen Fernschreiben gebeten habe, die Vorschläge zu prüfen und ihre Zustimmung zu erteilen. Was das in Randnummer 31 der Entscheidung erwähnte Treffen vom 4. August 1992 zur Frage der "no-show"-Fahrkarten (Fahrkarten, die Agenten auf Kredit an ihnen bekannte Personen schickten, die schließlich bei der Abfahrt nicht erschienen und sich weigerten, die von ihnen nicht genutzten Fahrkarten zu bezahlen, obwohl Kabinen reserviert worden seien) angehe, so habe dieses Treffen keine konkreten Ergebnisse erbracht, da die übrigen Gesellschaften wenig geneigt gewesen seien, den Vorschlag, wie mit diesem Phänomen umzugehen sei, zu akzeptieren. Die bloße Information, die ETA ihr hierzu mitgeteilt habe, könne keinen Verstoß gegen Artikel 85 des Vertrages darstellen.

250 Was insbesondere das Fernschreiben von ETA vom 6. November 1992 an die übrigen auf der Route nach Ancona tätigen Gesellschaften betreffe, so sei dieses Fernschreiben allein auf Initiative von ETA ohne Wissen und Zustimmung der Klägerin versandt worden.

251 Was die in den Randnummern 36 und 37 der Entscheidung erwähnten Beförderungspreise für Lkws angehe, so beziehe sich die Anpassung entgegen dem Vorbringen der Kommission ausschließlich auf den Wechselkurs griechische Drachme/italienische Lira und nicht auf die gleichzeitige Erhöhung der Preise in diesen beiden Währungen; die beabsichtigte Anpassung um 15 % entspreche in vollem Umfang der Abwertung der Drachme im Verhältnis zur Lira. Was das Treffen vom 24. November 1993 und vor allem die Wendung "bisherige Vereinbarung in die Brüche gegangen" angehe, so werde nicht gesagt, was diese Vereinbarung vorsehe, wann sie getroffen worden sei, wie lange sie gegolten habe oder worauf sie sich beziehe. Die "bisherige Vereinbarung" sei in der Tat nichts anderes als eine unverbindliche Erklärung verschiedener Gesellschaften des Inhalts gewesen, dass sie den Grundsatz der Proportionalität zwischen der Entfernung in Seemeilen und den Preisen beachten und jeden unlauteren Preiswettbewerb bekämpfen würden. Die Klägerin unterstreicht, dass der Umstand, dass in dem in Randnummer 36 der Entscheidung erwähnten Fernschreiben vom 7. Januar 1993 der Wunsch geäußert werde, "endlose Diskussionen" mit den auf anderen Routen nach Italien tätigen Gesellschaften zu vermeiden, zeige, dass selbst bei Fragen wie der einer angemessenen Anpassung an die Entwicklung der Wechselkurse keine Einigkeit geherrscht habe.

252 Das Gericht ist der Auffassung, dass die in den Randnummern 30 bis 37 der Entscheidung zitierten Schriftstücke, die oben wiedergegeben sind, objektive und übereinstimmende Indizien dafür sind, dass das Kartell zwischen den Reedereien, die auf den Routen von Patras nach Ancona und von Patras nach Bari und Brindisi tätig waren, im Jahr 1993 fortbestand. Außerdem sind mehrere Schriftstücke Indizien dafür, dass die Klägerin und die übrigen Gesellschaften, die auf der Route Patras-Ancona tätig waren, die auf den anderen Routen tätigen Gesellschaften auffordern wollten, sich der für die Route Patras-Ancona beschlossenen Preisanpassung anzuschließen.

253 So erklärte z. B. Minoan in ihrem Fernschreiben vom 7. Januar 1993 an Strintzis, Anek und Karageorgis, in dem sie eine Anpassung der Beförderungspreise für Fahrzeuge auf den Routen Griechenland-Italien-Griechenland vorschlug, dass "seit der letzten Anpassung des Fahrzeugtarifs zwei Jahre vergangen sind". Daraus ist zu schließen, dass die Kartellmitglieder während der Zeit zwischen dem Treffen vom 25. Oktober 1990 und dem 7. Januar 1993 keine Anpassung der am 5. November 1990 in Kraft getretenen Preise vorgenommen hatten und dass die für 1991 festgesetzten Preise auch 1992 galten.

254 Für den Fortbestand des Kartells spricht auch das Fernschreiben vom 24. November 1993, in dem es heißt: "Darüber sind wir sehr zufrieden, denn zunächst standen wir ja vor dem Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war. Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch und gelangten schließlich zum oben genannten Prozentsatz." Diese Erklärung beweist, dass 1993 Verhandlungen geführt wurden, in deren Rahmen Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmen auftraten, von denen einige auch an der alten Vereinbarung beteiligt gewesen waren (Ventouris, Adriatica u. a.). Der Ausdruck "nach und nach" beweist, dass im Laufe des Jahres eine Reihe von Verhandlungen zwischen den Gesellschaften (einschließlich der Klägerin) stattfand, wodurch im Ergebnis die fortdauernde Beteiligung der Klägerin während der Zeit zwischen Januar und November 1993 bewiesen wird.

255 Angesichts so eindeutiger direkter Beweise für den Fortbestand der Kartelle und ihre Beteiligung an diesen Kartellen im Jahr 1993 ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

6. Beweise für das Jahr 1994

256 Die Klägerin macht geltend, dass es sich bei der Vereinbarung, die ETA in ihrem Fernschreiben vom 24. November 1993 an die Klägerin erwähnt habe, um nichts anderes als um eine unverbindliche Erklärung handele, in der anerkannt worden sei, dass zwischen der Entfernung in Seemeilen und den Preisen ein angemessenes Verhältnis bestehen müsse und dass jeder unlautere Wettbewerb durch unseriös niedrige Preise wie die der Gesellschaften der so genannten südlichen Routen zu vermeiden sei. Was die in diesem Fernschreiben erwähnte Vereinbarung über die "Anpassung des Tarifs für die Fahrzeugbeförderung um ca. 15 %" angehe, so bezweifelt die Klägerin, dass eine solche Vereinbarung tatsächlich getroffen oder gar in der Praxis eingehalten worden sei. Ihre Agentin, ETA, habe in dem Fernschreiben diese Worte verwendet, um für sich in Anspruch zu nehmen, dass sie dank der persönlichen Bemühungen ihres gesetzlichen Vertreters, Herrn Sfinias, einen großen Erfolg erzielt habe. Zudem habe dieses Fernschreiben die Klägerin vermutlich dazu bewegen sollen, einer Erhöhung um 15 % zuzustimmen, die auch zu einer Erhöhung der Provisionseinnahmen von ETA geführt hätte. Der Vorschlag von ETA, einen neuen Tarif einzuführen, bei dem Barzahlungen gefördert würden, indem bei diesen Zahlungen ein Nachlass von 30 % gewährt werde, sei nicht übernommen worden und ohne Folgen geblieben, da sich die Lage Anfang Juli 1994, als alle Beteiligten zu der Überzeugung gelangt seien, dass die erwartete Abwertung der Drachme vor allem dank staatlicher Maßnahmen zur Stützung der Währung ausbleiben werde, normalisiert habe. Jedenfalls sei es falsch, ihr diese Initiative zuzurechnen, sie als Zuwiderhandlung anzusehen und allgemeiner zu dem Schluss zu gelangen, dass es eine Einigung über die Festsetzung gemeinsamer Beförderungspreise für Lkws für das Jahr 1994 gegeben habe. Schließlich habe die Klägerin ihren Kunden auch 1994 auf der Grundlage besonderer Vereinbarungen erhebliche Preisnachlässe gewährt.

257 In den Randnummern 38 bis 42 der Entscheidung stellt die Kommission die Beweise dar, die sie zu dem Schluss veranlasst haben, dass das Kartell 1994 zumindest bis zum Zeitpunkt der Nachprüfungen fortbestanden habe.

258 In Randnummer 38 der Entscheidung stützt sich die Kommission auf das Fernschreiben von ETA vom 24. November 1993 an die Klägerin, um zu beweisen, dass das Kartell 1994 fortbestanden habe, da die Vereinbarung am 16. Dezember 1993 habe in Kraft treten sollen. In diesem Fernschreiben heiße es ferner, dass 14 Unternehmen bei dem Treffen vom selben Tag vertreten gewesen seien. Sodann wird in der Entscheidung ein Fernschreiben der Klägerin vom 13. Mai 1994 an Anek und Strintzis erwähnt, in dem davon die Rede ist, dass auf der Strecke nach Ancona immer häufiger ein neuer Typ von Anhänger anzutreffen sei, und eine neue Beförderungskategorie und ein einheitlicher Zeitpunkt der Einführung vorgeschlagen werden. Am 25. Mai und 3. Juni 1994 folgten weitere Fernschreiben zu diesem Thema mit der Bitte um Zustimmung. Die Entscheidung verweist anschließend auf ein Fernschreiben von ETA vom 26. Mai 1994 an die Zentrale von Minoan und auf den Umstand, dass die Nachprüfung durch die Kommission bei den Unternehmen im Juli 1994 stattgefunden habe. Schließlich stellt die Kommission in Randnummer 42 der Entscheidung fest, dass es keine Anzeichen dafür gebe, dass die Gesellschaften das Kartell danach noch fortgesetzt hätten.

259 Das Fernschreiben von ETA vom 24. November 1993 an die Zentrale von Minoan belegt, dass am selben Tag ein Treffen stattfand, bei dem 14 Schifffahrtsunternehmen vertreten waren. Laut Entscheidung (Randnr. 37) war Zweck des Treffens die Anpassung der Preise auf den Strecken von Patras nach Ancona, Brindisi und Bari im Jahr 1994. In dem Fernschreiben heißt es:

"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns auf dem heutigen Treffen auf eine Anpassung des Tarifs für die Fahrzeugbeförderung um ca. 15 % geeinigt haben,... die schon am 16. Dezember 1993 in Kraft treten soll.

Darüber sind wir sehr zufrieden, denn zunächst standen wir ja vor dem Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war. Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch und gelangten schließlich zum oben genannten Prozentsatz.

..."

260 Dieses Schreiben belegt, dass sich die Klägerin an einer Vereinbarung mit bestimmten Gesellschaften über das Marktverhalten ab dem 16. Dezember 1993 und somit im Jahr 1994 beteiligt hat.

261 Auch die Fernschreiben vom 13. Mai, 25. Mai und 3. Juni 1994 sind objektive und übereinstimmende Indizien dafür, dass das Kartell zwischen den auf der Route von Patras nach Ancona tätigen Reedereien im Jahr 1994 fortbestand und dass die Klägerin über ihre Alleinvertreterin maßgeblich beteiligt war.

262 Angesichts so eindeutiger direkter Beweise dafür, dass die Klägerin im Jahr 1994 bis zur Nachprüfung durch die Kommission im Juli an dem Kartell beteiligt war, ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen.

263 Nach alledem ist der zweite Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen und der dritte Klagegrund in vollem Umfang für unbegründet zu erklären.

II - Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

264 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße auf einen Klagegrund, der aus einem Verstoß gegen Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 und die Leitlinien für die Festsetzung von Geldbußen hergeleitet wird.

A - Zum ersten Teil: fehlerhafte Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

265 Die Klägerin macht erstens geltend, dass die Kommission, indem sie die ihr vorgeworfene Zuwiderhandlung als schwer eingestuft habe (Randnr. 150 der Entscheidung), gegen die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), verstoßen habe, die auch auf Geldbußen nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 anwendbar seien. Die Voraussetzungen für eine Einstufung der Zuwiderhandlung als schwer seien im vorliegenden Fall nicht erfuellt, da die vorgeworfenen Beschränkungen nicht konsequent durchgeführt worden seien und sich auf große Teile des Gemeinsamen Marktes nicht hätten auswirken können, was in der Entscheidung selbst anerkannt werde (Randnrn. 148 und 149). Folglich hätte die den beschuldigten Unternehmen vorgeworfene Zuwiderhandlung bei der Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße allenfalls als minder schwere Zuwiderhandlung eingestuft werden dürfen, da diese Gruppe von Zuwiderhandlungen Beschränkungen des Handels mit begrenzten Auswirkungen auf den Markt erfasse, die zwar einen wesentlichen, jedoch relativ engen Teil des Gemeinschaftsmarktes beträfen. Der Grundbetrag der Geldbuße dürfe deshalb nicht höher als der Grundbetrag sein, der für die Kategorie minder schwerer Zuwiderhandlungen vorgesehen sei, d. h. 1 Million ECU.

266 Zweitens sei die Unterscheidung zwischen verschiedenen Typen von Transportunternehmen, die die Kommission bei der Berechnung der Geldbuße getroffen habe, d. h. zwischen großen Unternehmen, mittelgroßen Unternehmen und kleinen Unternehmen (Randnrn. 151 und 152 der Entscheidung), willkürlich und benachteilige die Klägerin gegenüber ihren Konkurrenten. Darüber hinaus könne sie europaweit weder als großes Seetransportunternehmen noch als Unternehmen angesehen werden, an dem sich alle ihre Konkurrenten orientierten. Schließlich sei das angemessenste Kriterium bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße der Marktanteil, den jedes Unternehmen im gesamten Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien (Dienstleistungsmarkt) halte, da dieses Kriterium auch die tatsächliche Fähigkeit jedes Unternehmens berücksichtige, den Markt insgesamt "in erheblichem Umfang zu schädigen", wie es in Randnummer 151 der Entscheidung heiße.

267 Die Kommission macht geltend, dass Absprachen, die zu den in Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages beschriebenen Kategorien gehörten, darunter auch Vereinbarungen zwischen Unternehmen mit dem Ziel einer Festsetzung der Preise, als besonders schwere Zuwiderhandlung angesehen würden, was dadurch belegt werde, dass sie in diesem Artikel ausdrücklich als Beispiele für Handlungen, die eine Zuwiderhandlung darstellten, genannt würden. Nach ständiger Rechtsprechung beschränke eine Vereinbarung zur Festsetzung der Preise per se den Wettbewerb (Urteil Chemiefarma/Kommission, Randnr. 133). Schließlich sei eine Zuwiderhandlung im Rahmen eines Kartells, an dem, wie hier, die Mehrzahl der auf dem fraglichen Markt tätigen Unternehmen beteiligt sei, eine schwere Zuwiderhandlung.

268 Die Kommission trägt weiter vor, dass die Leitlinien ebenfalls grundsätzlich Kartelle zu den besonders schweren Zuwiderhandlungen zählten. Im vorliegenden Fall habe sie jedoch in den Randnummern 146 bis 150 der Entscheidung das Vorbringen der Klägerin (vgl. insbesondere Randnr. 148) sowie den Umstand berücksichtigt, dass die Vereinbarungen nur beschränkte Auswirkungen auf den Markt gehabt hätten und nur ein begrenztes Marktsegment betroffen hätten. Sie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich im vorliegenden Fall um eine schwere und nicht um eine besonders schwere Zuwiderhandlung handele.

269 Schließlich seien bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße nach den Leitlinien sämtliche Umstände zu berücksichtigen, die die Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlungen beeinflussen könnten, wozu auch die Größe der an der verbotenen Praxis beteiligten Unternehmen gehöre. Da im vorliegenden Fall erhebliche Größenunterschiede zwischen den Unternehmen bestuenden, bilde deren Größe eine angemessene Grundlage, um die Stellung und die Rolle der einzelnen Unternehmen auf dem Markt und die tatsächlichen Auswirkungen ihres Verhaltens auf den Wettbewerb zu ermitteln.

Würdigung durch das Gericht

1. Allgemeine Ausführungen

270 Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Höhe der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße unstreitig anhand der allgemeinen Methode für die Berechnung von Geldbußen ermittelt, die in den Leitlinien dargestellt ist, die auch auf Geldbußen nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 anwendbar sind. Die Anwendbarkeit der Leitlinien auf den vorliegenden Fall wird von der Klägerin auch nicht bestritten.

271 Nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 kann die "Kommission... gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million [Euro] oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von jedem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig... gegen Artikel 85 Absatz 1... des Vertrages verstoßen". Nach derselben Vorschrift ist "[b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße... neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen".

272 Nach Nummer 1 Absatz 1 der Leitlinien wird bei der Berechnung der Geldbußen der Grundbetrag nach Maßgabe der Schwere und der Dauer des Verstoßes als den einzigen Kriterien von Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 errechnet.

273 Nach den Leitlinien wählt die Kommission als Ausgangspunkt bei der Berechnung der Geldbußen einen anhand der Schwere des Verstoßes ermittelten Ausgangsbetrag. Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Teil A Absatz 1). Dabei werden die Verstöße in drei Gruppen unterteilt: "minder schwere Verstöße", bei denen Geldbußen zwischen 1 000 und 1 Million Euro in Betracht kommen, "schwere Verstöße", bei denen die Geldbußen zwischen 1 Million und 20 Millionen Euro liegen können, und "besonders schwere Verstöße", für die Geldbußen oberhalb von 20 Millionen Euro vorgesehen sind (Nr. 1 Teil A erster bis dritter Gedankenstrich).

274 Was sodann die gebotene differenzierte Behandlung der Unternehmen betrifft, ermöglicht nach den Leitlinien innerhalb der einzelnen vorstehend genannten Kategorien von Zuwiderhandlungen, und insbesondere bei den als "schwer" und "besonders schwer" eingestuften, die Skala der festzusetzenden Geldbußen eine Differenzierung gemäß der Art des begangenen Verstoßes (Nr. 1 Teil A Absatz 3). Ferner ist die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber der Verstöße, Wettbewerber und Verbraucher wirtschaftlich in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen und die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet (Nr. 1 Teil A Absatz 4). Darüber hinaus kann auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Großunternehmen in den meisten Fällen dank ausreichender Ressourcen über juristischen und wirtschaftlichen Sachverstand verfügen, mit dem sie besser erkennen können, in welchem Maß ihre Vorgehensweise einen Verstoß darstellt und welche Folgen aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu gewärtigen sind (Nr. 1 Teil A Absatz 5).

275 Innerhalb der drei oben beschriebenen Kategorien kann es in Fällen, in denen mehrere Unternehmen beteiligt sind, z. B. bei Kartellen, angebracht sein, den festgesetzten Betrag zu gewichten, um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem, wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren, und infolgedessen den allgemeinen Ausgangsbetrag dem spezifischen Charakter jedes Unternehmens anzupassen (Nr. 1 Teil A Absatz 6).

276 Bei der Berücksichtigung der Dauer eines Verstoßes wird in den Leitlinien unterschieden zwischen Verstößen von kurzer Dauer (in der Regel weniger als ein Jahr), bei denen der anhand der Schwere ermittelte Ausgangsbetrag nicht zu erhöhen ist, Verstößen von mittlerer Dauer (in der Regel zwischen einem und fünf Jahren), bei denen dieser Betrag um bis zu 50 % erhöht werden kann, und Verstößen von langer Dauer (in der Regel mehr als fünf Jahre), bei denen dieser Betrag für jedes Jahr des Verstoßes um bis zu 10 % erhöht werden kann (Nr. 1 Teil B Absatz 1 erster bis dritter Gedankenstrich).

277 Anschließend enthalten die Leitlinien eine Liste von Beispielen für erschwerende und mildernde Umstände, die zu einer Erhöhung oder Herabsetzung des Grundbetrags führen können, und nehmen dann auf die Mitteilung über Zusammenarbeit vom 18. Juli 1996 betreffend die Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung von Geldbußen (ABl. C 207, S. 4) Bezug.

278 Als allgemeine Bemerkung wird in den Leitlinien hinzugefügt, dass der Endbetrag der nach diesem Schema ermittelten Geldbuße (Grundbetrag einschließlich der durch die erschwerenden oder mildernden Umstände bedingten prozentualen Auf- oder Abschläge) gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 in keinem Fall 10 % des Gesamtumsatzes der betroffenen Unternehmen übersteigen dürfe (Nr. 5 Buchstabe a). Ferner kann es den Leitlinien zufolge nach Durchführung der genannten Berechnungen je nach Fall angezeigt sein, im Hinblick auf die entsprechende Anpassung der vorgesehenen Geldbußen einige objektive Faktoren zu berücksichtigen, wie z. B. einen besonderen wirtschaftlichen Zusammenhang, die von den Beteiligten an dem Verstoß eventuell erzielten wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile und die besonderen Merkmale der betreffenden Unternehmen wie ihre tatsächliche Steuerkraft in einem gegebenen sozialen Umfeld (Nr. 5 Buchstabe b).

279 Folglich wird die Berechnung der Geldbußen auch nach der in den Leitlinien beschriebenen Methode anhand der beiden in Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4056/86 genannten Kriterien - Schwere des Verstoßes und Dauer der Zuwiderhandlung - unter Beachtung der dort festgelegten Obergrenze in Bezug auf den Umsatz jedes Unternehmens vorgenommen. Somit gehen die Leitlinien nicht über den in der genannten Bestimmung vorgegebenen rechtlichen Rahmen für Sanktionen hinaus (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-23/99, LR AF 1998/Kommission, Slg. 2002, II-1705, Randnrn. 231 und 232).

2. Zur Begründetheit dieses Teils des Klagegrundes

280 Wie bereits festgestellt, werden Kartelle in den Leitlinien grundsätzlich zu den besonders schweren Zuwiderhandlungen gerechnet, eine Einstufung, die völlig im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts steht, wonach diese Art von Zuwiderhandlung zu den schwersten Wettbewerbsbeschränkungen zählt, zumal wenn das Kartell auf die Festsetzung von Preisen gerichtet ist.

281 Was den vorliegenden Fall und die Situation der Klägerin angeht, so ergibt sich aus den Randnummern 147 bis 150 der Entscheidung, dass die Kommission zwar (in Randnr. 147 der Entscheidung) erklärt hat, dass eine "Absprache über den Preis für die Beförderung von Passagieren und Fracht mit Roll-on-/Roll-off-Fährschiffen, wie sie von einigen der führenden Anbieter auf den fraglichen Strecken getroffen wurde,... von ihrem Wesen her ein sehr schwerer Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht [ist]", dass sie die fragliche Zuwiderhandlung jedoch tatsächlich nur als schweren Verstoß angesehen hat (Randnr. 150). Zu dieser Verminderung des Schweregrads ist sie aufgrund ihrer Feststellung gelangt, dass die "konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt... begrenzt waren" und dass die griechische Regierung "während der Dauer der Zuwiderhandlung darauf hingewirkt [hat], dass die Unternehmen ihre Tarife nicht über die Inflationsrate hinaus erhöhen", so dass die "Preise... auf einem Niveau gehalten [wurden], das zu den niedrigsten im gemeinsamen Markt des Seeverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten gehört" (Randnr. 148 der Entscheidung). Darüber hinaus hat die Kommission berücksichtigt, dass die Zuwiderhandlung "nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Marktes, nämlich drei Verkehrsstrecken im Adriatischen Meer[, betraf]", ein Fährverkehr, der "im Verhältnis zu anderen Fahrtgebieten in der Gemeinschaft ein kleiner Markt" sei (Randnr. 149 der Entscheidung).

282 Die Kommission hat die Zuwiderhandlung somit in der Entscheidung zu Recht als schwer eingestuft.

283 Was das aus der Größe der Unternehmen hergeleitete Argument betrifft, so geht aus den Randnummern 151 und 152 der Entscheidung hervor, dass die Kommission es im vorliegenden Fall für angebracht gehalten hat, die tatsächliche wirtschaftliche Fähigkeit der Urheber des Verstoßes, andere in erheblichem Umfang zu schädigen, zu berücksichtigen, und die Geldbuße auf einen Betrag festsetzen wollte, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltete. Sie hat es daher wegen der beträchtlichen Größenunterschiede zwischen den Unternehmen für angebracht gehalten, gegen große Unternehmen höhere Geldbußen zu verhängen als gegen kleine. Tabelle 1 (Randnr. 151 der Entscheidung) vergleicht die Größe der von der Entscheidung betroffenen Unternehmen. Die Tabelle zeigt, dass die Klägerin das größte Unternehmen auf dem Markt ist, gefolgt von Anek als einzigem anderen großen Unternehmen, und dass sie mehr als doppelt so groß ist wie die mittelgroßen Unternehmen und zehnmal so groß wie die kleinen Unternehmen. Vergleichsbasis ist der Umsatz aus Roll-on-roll-off-Diensten im Adriaverkehr 1993, dem Referenzjahr, das es der Kommission erlaubt hat, die Stellung und die Rolle der einzelnen Unternehmen auf dem relevanten Markt zu ermitteln und so die tatsächlichen Auswirkungen des beanstandeten Verhaltens auf den Wettbewerb zu ermessen. Nach Randnummer 152 der Entscheidung macht auf dieser Vergleichsgrundlage der für die Schwere des Verstoßes festgesetzte Betrag der Geldbuße für die mittelgroßen Fährgesellschaften 65 % des Betrages für die großen Gesellschaften, darunter die Klägerin, aus.

284 Nach der Rechtsprechung kann die Kommission aber gegen ein Unternehmen, das eine entscheidende Stellung auf dem Markt einnimmt und dessen Handlungen auf dem Markt sich deshalb nachhaltiger als die Handlungen anderer Unternehmen, die die gleiche Zuwiderhandlung begangen haben, auswirken, höhere Geldbußen verhängen, ohne gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zu verstoßen. Eine derartige Berechnung der Höhe der Geldbuße entspricht auch dem Erfordernis einer hinreichenden Abschreckungswirkung (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 1996 in den Rechtssachen T-24/93 bis T-26/93 und T-28/93, Compagnie maritime belge transports u. a./Kommission, Slg. 1996, II-1201, Randnr. 235).

285 Außerdem gehört die Größe der Unternehmen, die sich an der verbotenen Praxis beteiligt haben, zu den in den Leitlinien genannten Kriterien für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin werden folglich mit der Unterscheidung zwischen großen, mittelgroßen und kleinen Unternehmen, die in den Randnummern 151 und 152 der Entscheidung im Rahmen der Festsetzung der Höhe der Geldbuße getroffen wird, der Wortlaut und die Ziele der Leitlinien in vollem Umfang beachtet. Die Klägerin bestreitet zudem weder die Richtigkeit der Prozentzahlen, die in der vergleichenden Untersuchung in Randnummer 151 der Entscheidung verwendet werden, noch die Tatsache, dass zwischen den beschuldigten Unternehmen erhebliche Größenunterschiede bestanden. Das Vorbringen, die Kommission habe einen Fehler begangen, als sie zwischen den verschiedenen Typen von Transportunternehmen unterschieden habe, greift daher nicht durch, und die Klägerin kann der Kommission keinen Vorwurf daraus machen, dass sie die Auffassung vertreten hat, dass die Größe eine angemessene Grundlage sei, die es erlaube, die besondere Stellung und die Rolle der einzelnen Unternehmen auf dem Markt sowie die tatsächlichen Auswirkungen ihres Verhaltens auf den Wettbewerb zu ermitteln.

286 Dieser Teil des Klagegrundes ist deshalb zurückzuweisen.

B - Zum zweiten Teil: fehlerhafte Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

287 Die Klägerin macht geltend, dass das, was die Entscheidung als "Vereinbarung" einstufe, in Wirklichkeit eine Praxis der Verhandlungen zwischen den auf den Routen zwischen Griechenland und Italien tätigen Gesellschaften sei, die bereits seit Jahrzehnten bestehe und nach dem 1. Juli 1987, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung Nr. 4056/86, bloß fortgesetzt worden sei. Sie rügt, dass die Kommission nicht als mildernden Umstand berücksichtigt habe, dass diese Praxis schon jahrzehntelang bestanden habe, sondern im Gegenteil die fortdauernde Befolgung dieser "gängigen Praxis" als besonders gravierenden erschwerenden Umstand betrachtet habe. Zum einen habe die Kommission nämlich festgestellt, dass diese "gängige Praxis" "von langer... Dauer" gewesen sei (Randnr. 155 der Entscheidung), und zum anderen habe sie sich äußerst streng gezeigt, indem sie bei der Klägerin für jedes Jahr der Zuwiderhandlung die höchste zulässige Erhöhung (10 %) festgesetzt habe - die Leitlinien sähen für Verstöße von langer Dauer (mehr als fünf Jahre) einen Aufschlag von bis zu 10 % vor (Nr. 1 Teil B Absatz 1 dritter Gedankenstrich). Bei der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße sei somit eine sehr beträchtliche Erhöhung des bereits hohen Grundbetrags (2 Millionen ECU) um 70 % vorgenommen worden (vgl. Randnr. 156 der Entscheidung), so dass der Grundbetrag ungerechtfertigterweise auf insgesamt 3,4 Millionen ECU festgesetzt worden sei (Randnr. 158 der Entscheidung).

288 Die Kommission trägt vor, dass die Klägerin weder das Anfangsdatum (1. Juli 1987) noch das Enddatum (Juli 1994) der Vereinbarung bestreite, und weist darauf hin, dass nach den Leitlinien Zuwiderhandlungen mit einer Dauer von mehr als fünf Jahren als Verstöße von langer Dauer angesehen würden. Ferner macht die Kommission geltend, dass sie für jedes Jahr einer Zuwiderhandlung eine Erhöhung von höchstens 10 % festsetzen könne und dass sie im vorliegenden Fall innerhalb der gesetzten Grenzen gehandelt habe.

Würdigung durch das Gericht

289 Aus den Leitlinien geht hervor, dass für jedes Unternehmen ein der Dauer der Zuwiderhandlung entsprechender Betrag errechnet und zum allgemeinen Grundbetrag (der nach Maßgabe der Schwere errechnete Betrag) hinzugerechnet werden kann und dass die Kommission hierbei zwischen drei Arten von Verstößen unterscheiden muss: zwischen Verstößen von kurzer Dauer (in der Regel weniger als ein Jahr), Verstößen von mittlerer Dauer (in der Regel zwischen einem und fünf Jahren) und Verstößen von langer Dauer (in der Regel mehr als fünf Jahre).

290 Bei Verstößen von kurzer Dauer besteht keine Möglichkeit eines Aufschlags. Dagegen kann die Kommission bei Verstößen von mittlerer Dauer den allgemeinen Grundbetrag (der für die Schwere des Verstoßes ermittelte Betrag) um bis zu 50 % erhöhen. Bei Verstößen von langer Dauer kann der für die Schwere des Verstoßes ermittelte Betrag für jedes Jahr des Verstoßes um bis zu 10 % erhöht werden. Nach den Leitlinien wollte die Kommission auf diese Weise den Aufschlag bei Verstößen von langer Dauer gegenüber der bisherigen Praxis spürbar erhöhen, um die Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Verbraucher dauerhaft schädlich ausgewirkt haben, wirksam zu ahnden.

291 In Randnummer 153 der Entscheidung hat die Kommission die Ansicht vertreten, dass die Vereinbarung im Fall von Strintzis und der Klägerin spätestens ab 18. Juli 1987 bis einschließlich Juli 1994 bestanden habe, als die Kommission ihre Nachforschungen aufgenommen habe. Der Verstoß sei im Fall der Klägerin, von Strintzis und von Karageorgis "von langer... Dauer" gewesen (Randnr. 155 der Entscheidung). Im Fall der Klägerin, von Strintzis und von Karageorgis sei deshalb "[f]ür jedes Jahr der Zuwiderhandlung... ein Aufschlag in Höhe von 10 %" gerechtfertigt, d. h. eine Erhöhung um 70 % (Randnr. 156 der Entscheidung). In Tabelle 2 sind die Aufschläge je Unternehmen angegeben.

292 Die Klägerin hat weder das Anfangsdatum des festgestellten Zeitraums der Zuwiderhandlung, den 1. Juli 1987, bestritten - sie weist im Gegenteil darauf hin, dass sogar vor diesem Zeitpunkt Vereinbarungen bestanden hätten - noch das Enddatum (Juli 1994), also auch nicht den Umstand, dass die Zuwiderhandlung sieben Jahre angedauert hat. Da nach den Leitlinien Zuwiderhandlungen mit einer Dauer von mehr als fünf Jahren als Verstöße von langer Dauer anzusehen sind und derartige Verstöße für jedes Jahr eine Erhöhung um bis zu 10 % des für die Schwere des Verstoßes ermittelten Betrages rechtfertigen, kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Kriterien der Leitlinien missachtet worden seien.

293 Der Vorwurf der Klägerin, die Kommission habe einen Verstoß von langer Dauer festgestellt, anstatt angesichts der Tatsache, dass es sich um eine bereits seit Jahrzehnten bestehende Verhandlungspraxis handele, einen mildernden Umstand anzunehmen, geht fehl. Über den Zeitpunkt, der in der Entscheidung als Anfang des Zeitraums der Zuwiderhandlung festgesetzt wird, entscheidet allein die Kommission auf der Grundlage der Beweise, auf die sie ihre Feststellungen zum Bestehen und zum Umfang einer Zuwiderhandlung stützt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann daher die Tatsache, dass die geahndeten Verhaltensweisen tatsächlich zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt als dem in der Entscheidung festgesetzten begonnen hatten, keineswegs einen mildernden Umstand darstellen.

294 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin, es habe traditionell von den griechischen Behörden geförderte Kontakte zwischen den Betreibern der griechischen Seerouten gegeben, zwar nicht durchgreift, soweit damit geltend gemacht wird, dass diese Kontakte nicht unter das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fielen, dass dieses Vorbringen aber als mildernder Umstand berücksichtigt worden ist. In Randnummer 163 der Entscheidung hat die Kommission nämlich festgestellt: "Die in Griechenland übliche, in keinem Gesetz oder keiner Verordnung direkt vorgeschriebene Praxis, wonach das Ministerium für die Handelsmarine die Inlandstarife nach Anhörung aller inländischen Anbieter - von denen erwartet wurde, dass sie einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten - durch Entscheidung festlegt, kann dazu beigetragen haben, dass die griechischen Fährgesellschaften, die auch Strecken im Inland bedienen, sich nicht ganz im Klaren darüber waren, dass Konsultationen über die Festsetzung der Tarife für die Beförderung auf internationalen Strecken gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen." Aufgrund dieses Umstands hat die Kommission die Geldbußen für alle Unternehmen um 15 % herabgesetzt (Randnr. 163 der Entscheidung).

295 Dieser Teil des Klagegrundes ist daher ebenfalls zurückzuweisen.

C - Zum dritten Teil: fehlerhafte Beurteilung der erschwerenden Umstände

Vorbringen der Parteien

296 Die Klägerin hält die Feststellung erschwerender Umstände in den Randnummern 159 bis 161 der Entscheidung ihr gegenüber für unbegründet, unzutreffend, voreingenommen und lückenhaft. Die Entscheidung verletze die tragenden Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, des Diskriminierungsverbots und der ordnungsgemäßen Verwaltung.

297 Erstens bestreitet sie, dass sie die Rolle eines Anstifters des Kartells gehabt habe, und erinnert daran, dass es sich um eine bereits seit Jahrzehnten bestehende "gängige Praxis" handele, wie in der Entscheidung auch anerkannt werde. Sie ergänzt insoweit, dass sie von 1981 bis Mitte 1987 auf den Routen zwischen Griechenland und Italien nur ein einziges Schiff betrieben habe, da diese Routen von anderen Gesellschaften wie Karageorgis, Strintzis, HML, Adriatica und Ventouris, die eine wesentlich größere Zahl von Schiffen betrieben, beherrscht worden seien.

298 Zweitens macht die Klägerin geltend, dass aufgrund des Umstands, dass bereits eine "gängige Praxis" bestanden habe, das Fernschreiben vom 15. März 1989 nicht genüge, um sie als "Anstifter" eines "Kartells" anzusehen.

299 Drittens werde der Klägerin in der Entscheidung zu Unrecht vorgeworfen, sie habe "Zusammenkünfte mit den an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen organisiert". Die Fernschreiben von ETA vom 21. Mai 1992 und 24. November 1993, auf die die Anschuldigung der Kommission gestützt sei (vgl. Randnrn. 30, 37 und 38 der Entscheidung) enthielten lediglich nachträgliche Informationen von ETA für die Klägerin über ein Treffen, das bereits beschlossen gewesen sei (Fernschreiben vom 21. Mai 1992), und über ein weiteres Treffen, das zum fraglichen Zeitpunkt bereits stattgefunden habe (Fernschreiben vom 24. November 1993). Deshalb könne keine Rede davon sein, dass die Klägerin die beiden Treffen, über die sie lediglich nachträglich unterrichtet worden sei, "organisiert" habe (um die Formulierung in der Entscheidung zu benutzen). Schließlich könne die "Organisation" dieser Treffen, da sie nicht ETA zur Last gelegt werden könne, erst recht nicht der Klägerin zur Last gelegt werden.

300 Viertens bestreitet die Klägerin, dass sie "die Umsetzung der Absprachen überwacht" habe. Die voreingenommenen, unvollständigen und jedenfalls nachträglichen Informationen, die sie von ETA erhalten habe, hätten es ihr nicht erlaubt, die Umsetzung der fraglichen Absprachen zu "überwachen". Bezeichnend hierfür sei insbesondere das Fernschreiben, das ETA ihr am 24. November 1993 gesandt habe und in dem absichtlich übertrieben worden sei, weil Herr Sfinias für sich habe in Anspruch nehmen wollen, einen großen Erfolg erzielt zu haben.

301 Fünftens leugnet die Klägerin, dass sie "den Versuch unternommen [hat], die Zusammenarbeit der Unternehmen auszudehnen", und weist die Deutung zurück, die die Kommission den einzelnen Fernschreiben, auf die sie sich bei der Beurteilung dieses erschwerenden Umstands bezieht, gegeben hat.

302 Sechstens bestreitet die Klägerin, dass sie versucht habe, "die Nachforschungen der Kommission zu behindern". In der Entscheidung werde zu Unrecht festgestellt, dass "Minoan den Unternehmen... nahe [gelegt habe], ihre Tarife für jeweils vier unterschiedliche Kabinenkategorien um 1 % zu senken", denn nicht die Klägerin habe dies getan, sondern ETA. Sie habe insoweit weder Weisungen noch Anordnungen erteilt, sei von dieser Aktion nicht unterrichtet worden und habe sie auch nicht genehmigt.

303 Es sei daher ungerechtfertigt und über die Maßen streng, dass in der Entscheidung der Grundbetrag der Geldbuße wegen ihrer angeblichen Rolle als Anstifter des Kartells um 10 % erhöht worden sei.

304 Sodann macht die Klägerin geltend, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung der erschwerenden Umstände den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt habe.

305 Andere Gesellschaften hätten ähnliche Aktionen und Initiativen wie die von ETA, die die Kommission ihr zurechne, unternommen. Die Entscheidung verletze daher, indem sie die Klägerin als "Anstifter des Kartells" einstufe, den Grundsatz der Gleichbehandlung, da sie sie gegenüber ihren Konkurrenten benachteilige.

306 Die Klägerin vergleicht ihre Lage zunächst mit der von Strintzis. Aus der Gesamtschau der Randnummern 13, 14, 16, 18, 19, 24, 25 und 35 der Entscheidung gehe klar hervor, dass diese Gesellschaft im Ablauf der Ereignisse eine Rolle gespielt habe, die der Rolle, die bei ETA festgestellt und der Klägerin zugerechnet worden sei, ähnlich, wenn nicht sogar wichtiger als diese gewesen sei, doch seien anders als bei der Klägerin die Initiativen von Strintzis nicht als erschwerende Umstände angesehen worden. Dadurch habe die Kommission einen offensichtlichen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung begangen. Weiter beanstandet die Klägerin, dass die Kommission in ihrer Entscheidung außer Acht gelassen habe, dass Strintzis 1989, 1990 und 1991 auch ein Schiff auf der Strecke nach Brindisi betrieben habe, und macht ihr zum Vorwurf, dass die Entscheidung sie als "Anstifter" der Ausdehnung der Zusammenarbeit mit den Gesellschaften der südlichen Routen eingestuft habe, obwohl sie anders als Strintzis, der kein solcher erschwerender Umstand zur Last gelegt werde, auf diesen Routen niemals tätig gewesen sei. Ferner verweist sie auf die Behandlung von Karageorgis, der in den Randnummern 18, 21 und 33 der Entscheidung ähnliche Initiativen vorgeworfen würden, ohne dass die Kommission diese als erschwerende Umstände ansehe.

307 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerin zurück, dass sie diese in der Entscheidung zu Unrecht als Anführer bei der Errichtung des Kartells eingestuft und bei der Ermittlung der erschwerenden Umstände die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit verletzt habe. Sie verweist auf die Randnummern 159 bis 161 der Entscheidung, in denen zahlreiche Beweise sowohl für die maßgebliche Rolle der Klägerin bei der Errichtung des Kartells und der Überwachung von dessen Handlungen als auch für die Anstrengungen angeführt seien, die die Klägerin unternommen habe, um die Untersuchungen der Kommission zu behindern.

308 Im Übrigen habe sie bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen im Einklang mit den Anforderungen der Rechtsprechung das Gesamtverhalten der beschuldigten Unternehmen und die Rolle jedes einzelnen von ihnen berücksichtigt. Nach den vorliegenden Beweisen habe die Klägerin eindeutig mehr Initiativen ergriffen als die übrigen beteiligten Gesellschaften, indem sie nicht nur Vorschläge gemacht, sondern auch Treffen organisiert, die anderen Gesellschaften über ihre Antworten auf das Auskunftsverlangen der Kommission unterrichtet und sich bemüht habe, die Nachforschungen der Kommission zu behindern.

Würdigung durch das Gericht

309 Nach den Leitlinien (Nr. 2) kann die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße erhöhen, um erschwerende Umstände zu berücksichtigen. Die Leitlinien enthalten eine Auflistung erschwerender Umstände, die berücksichtigt werden können, so z. B. ein erneuter, gleichartiger Verstoß der Unternehmen, die Verweigerung der Zusammenarbeit oder sogar Behinderungsversuche während des Untersuchungsverlaufs, der Umstand, dass das fragliche Unternehmen eine Rolle als Anführer oder Anstifter des Verstoßes gespielt hat, oder Vergeltungsmaßnahmen gegenüber anderen Unternehmen, um die "Einhaltung" beschlossener Verstöße durchzusetzen. Ferner muss die Kommission nach den Leitlinien unter Umständen die Grundbeträge der Geldbußen erhöhen, um den Betrag der aufgrund der Verstöße unrechtmäßig erzielten Gewinne zu übertreffen, sofern dieser Betrag objektiv ermittelt werden kann.

310 Die Kommission hat in den Randnummern 159 bis 161 der Entscheidung dargelegt, welche Faktoren sie bei den einzelnen Unternehmen als erschwerende Umstände berücksichtigt hat.

1. Zur Rolle als Anstifter des Kartells

311 Bei der Klägerin hat die Kommission es für angemessen gehalten (Randnr. 159 der Entscheidung), wegen deren Rolle als Anstifter des Kartells die Geldbuße um 25 % zu erhöhen.

312 Die Kommission ist aufgrund einer Reihe von Umständen zu diesem Ergebnis gekommen.

313 Erstens hat sie die Auffassung vertreten, dass die Klägerin versucht habe, Anek zur Teilnahme am Kartell zu bewegen. Insoweit geht aus dem Fernschreiben von Minoan vom 15. März 1989 eindeutig hervor, dass es sich in der Tat so verhielt.

314 Zweitens hat die Kommission festgestellt, dass die Klägerin mit Ventouris deren Preispolitik auf der Route nach Ortona erörtert (vgl. das Schriftstück von ETA vom 25. Februar 1992) und Zusammenkünfte mit den an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen organisiert und geleitet habe (vgl. die Fernschreiben von ETA vom 21. Mai 1992 und vom 24. November 1993).

315 In der Entscheidung wird der Klägerin zu Recht zur Last gelegt, sie habe Zusammenkünfte mit den an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen organisiert und geleitet (vgl. die Fernschreiben von ETA vom 21. Mai 1992 und 24. November 1993).

316 So geht hinsichtlich des Treffens vom 21. Mai 1992 tatsächlich aus dem Fernschreiben von ETA an die Klägerin vom selben Tag hervor, dass diese davon unterrichtet wurde, dass eine "Konferenz von Vertretern der auf der Route Patras-Ancona tätigen Reedereien einberufen werden soll, um die Erarbeitung des neuen Tarifs für 1993 zu erörtern", und dass ihr die Tagesordnung dieses Treffens mitgeteilt wurde. Ebenso ergibt sich aus einem Fernschreiben vom 27. Mai 1992, dass ETA der Klägerin die Vorschläge mitteilte, die sie bei dem Treffen der Reedereien vom 21. Mai 1992 unterbreitet hatte und die im Großen und Ganzen akzeptiert worden seien.

317 Was das Treffen vom 24. November 1993 betrifft, so heißt es in einem Fernschreiben, das ETA am selben Tag an die Zentrale der Klägerin sandte:

"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns auf dem heutigen Treffen auf eine Anpassung des Tarifs für die Fahrzeugbeförderung um ca. 15 % geeinigt haben,... die schon am 16. Dezember 1993 in Kraft treten soll.

Darüber sind wir sehr zufrieden, denn zunächst standen wir ja vor dem Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war. Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch und gelangten schließlich zum oben genannten Prozentsatz..."

318 Dieses Dokument beweist, dass am 24. November 1993 ein Treffen stattfand, bei dem 14 Reedereien vertreten waren und dessen Zweck die Anpassung der Preise auf den Strecken von Patras nach Ancona, Brindisi und Bari im Jahr 1994 war. Es zeigt, dass die Agentin der Klägerin eine wichtige Rolle bei der Führung der Verhandlungen spielte.

319 Drittens hat die Kommission berücksichtigt, dass die Klägerin nicht nur die Umsetzung der Absprachen überwachte, sondern auch den Versuch unternahm, die Zusammenarbeit der Unternehmen auszudehnen (vgl. die Fernschreiben vom 15. März 1989, 7. Januar 1992, 25. Februar 1992, 7. Januar 1993, 24. September 1993 und 26. Mai 1994).

320 Die Fernschreiben vom 15. März 1989, 25. Februar 1992 und 24. September 1993 sind oben geprüft worden, und die Umstände, die die Kommission bei der Klägerin als erschwerend berücksichtigt hat, sind als erwiesen angesehen worden.

321 Das Fernschreiben der Klägerin vom 7. Januar 1992 an Anek, Strintzis und Karageorgis, so wie es in Randnummer 27 der Entscheidung - von der Klägerin unbeanstandet - wiedergegeben wird, enthält die Warnung, dass mehrere Fahrzeugimporteure "unsere Unternehmen zu einem Tarifwettbewerb verleiten wollen.... Wir schlagen Ihnen vor, an einer gemeinsamen Politik festzuhalten, die uns vor diesem gefährlichen Weg bewahren wird". Die Klägerin habe einen von allen Unternehmen anzugebenden Preis vorgeschlagen und Zustimmung erbeten, "um auf die Firma Calberson reagieren zu können, die... mit jedem unserer Unternehmen in Kontakt getreten ist".

322 Was das Fernschreiben vom 7. Januar 1993 angeht, so handelt es sich um ein Dokument, das die Klägerin Strintzis, Anek und Karageorgis sandte, um eine Anpassung der Beförderungspreise für Fahrzeuge auf den Routen zwischen Griechenland und Italien vorzuschlagen. Darin heißt es:

"Unsere Entscheidung, mit Ihnen zu einer Vereinbarung über die Anpassung zu gelangen, ohne erst die Unternehmen auf den anderen Routen nach Italien zu konsultieren, rührt aus dem Wunsch her, die endlosen Diskussionen zu vermeiden, die sich im Fall einer solchen Konsultation ergeben würden. Wir glauben, dass diese gemeinsame Vereinbarung von diesen Unternehmen positiv aufgenommen wird. Sollte dies nicht der Fall sein, gehen wir davon aus, dass der Verlust an Verkehrsaufkommen an billigere Häfen nicht mehr als die der Anpassung unserer Preise entsprechenden 15 % betragen wird... Wir rechnen mit Ihrer Zustimmung."

323 Aus diesem Fernschreiben ergibt sich, dass die Klägerin beschloss, unmittelbar mit ihren Hauptkonkurrenten auf der Route Patras-Ancona, d. h. mit Strintzis, Anek und Karageorgis, zu verhandeln und die Verhandlungen mit den auf den anderen Routen tätigen Gesellschaften auszusetzen, was zeigt, wie wichtig die Rolle der Klägerin bei der Umsetzung und Entwicklung der Absprachen war. Schließlich ist der in diesem Fernschreiben erfolgte Hinweis auf die Notwendigkeit, eine Anpassung vorzunehmen, "ohne erst die Unternehmen auf den anderen Routen nach Italien zu konsultieren", so zu verstehen, dass die Klägerin damit die tatsächlichen Möglichkeiten einer Preisanpassung aufzeigen und folglich die übrigen Gesellschaften der Route Patras-Ancona dazu bewegen wollte, die Anpassung zu beschließen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist diese Erklärung somit in der Tat ein Beweis dafür, dass sie den Versuch unternommen hat, "die Zusammenarbeit der Unternehmen auszudehnen".

324 In dem Fernschreiben, das ETA am 26. Mai 1994 an die Zentrale der Klägerin sandte, heißt es:

"Aufgrund der Marktbedingungen, die sich infolge der sehr hohen Zinssätze für Rückkaufsrechte, sehr kurzfristige Darlehen und Finanzierungen entwickelt haben, wird nicht bar bezahlt, sondern allgemein mit vordatierten Schecks.

Als Reaktion darauf haben wir das Büro in Piräus angewiesen, die Kredite einzuschränken.

Wie Ihnen bekannt ist, haben unsere Kunden sich daraufhin bei Ihnen über uns beschwert und versucht, auf die Ausstellung von Fahrkarten in Heraklion auszuweichen, wo Sie weiterhin Kredite gewähren.

Wir haben eine Initiative gestartet, um auf den Routen nach Italien einen neuen Tarif mit unterschiedlichen Sätzen für Barzahlung und Zweimonatsschecks durchzusetzen.

Das Problem besteht darin, die Zustimmung von 16 Unternehmen einzuholen. Dennoch sind wir optimistisch..."

325 In diesem Dokument wird ein besonderes Problem angesprochen, das dadurch entstand, dass immer mehr Kunden der Reedereien mit vordatierten Schecks und nicht bar zahlten; ferner wird auf eine Initiative hingewiesen, um auf den Routen nach Italien einen neuen Tarif mit unterschiedlichen Sätzen für Barzahlung und Zweimonatsschecks durchzusetzen. Die Wendung "wir haben eine Initiative gestartet" zeigt, dass die Agentin der Klägerin bei den Initiativen eine Führungsrolle hatte, auch wenn in dem Dokument nicht hinreichend erläutert wird, an welche anderen Gesellschaften sich die Initiativen von ETA richteten.

326 Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Kommission rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die Klägerin eine wichtige Rolle im Ablauf der Ereignisse spielte, deretwegen Sanktionen verhängt und die zu Recht als Kartell eingestuft wurden.

327 Schließlich kann dem Vorbringen der Klägerin nicht gefolgt werden, da die direkten urkundlichen Beweise zwingend sind. Erstens ist der Umstand, dass vor 1987 die Routen zwischen Griechenland und Italien von anderen Gesellschaften wie Karageorgis, Strintzis, HML, Adriatica oder Ventouris beherrscht wurden, irrelevant, da die festgestellte Zuwiderhandlung erst 1987 begann. Zweitens ist der Umstand, dass in Griechenland nach gängiger Praxis die Inlandstarife nach Anhörung aller inländischen Anbieter festgelegt werden, unerheblich, wenn es darum geht, aufzuzeigen, welche Rolle die Klägerin wirklich gespielt hat. Dieser Feststellung wäre eher eine Bedeutung beizumessen, die im Gegensatz zu dem steht, was die Klägerin sagen will, wenn sich herausstellen sollte, dass diese zu den wichtigsten Unternehmen auf den griechischen Inlandsrouten gehörte.

328 Das Vorbringen, dass das Verhalten von ETA der Klägerin zu Unrecht zugerechnet werde, greift nicht durch, wie oben bei der Prüfung des zweiten Klagegrundes festgestellt worden ist.

329 Unter diesen Umständen kann die Klägerin der Kommission keinen Vorwurf daraus machen, dass sie die Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin zum Kartell angestiftet habe und im Vergleich zu den übrigen Unternehmen einschließlich von Strintzis und Karageorgis eine sehr herausgehobene Rolle gespielt habe.

330 Schließlich kann die Klägerin auch nicht geltend machen, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt habe.

331 Zunächst behauptet die Klägerin zu Unrecht, dass die Kommission völlig ignoriert habe, dass andere Unternehmen, nämlich Strintzis und Karageorgis, ebenfalls verschiedene Initiativen im Rahmen der Preisabsprache getroffen hätten. Es genügt die Feststellung, dass diese beiden Unternehmen nicht zu denen gehören, deren Geldbußen um 15 % herabgesetzt wurden, weil sie reine Mitläufer gewesen seien (Randnr. 164 der Entscheidung).

332 Sodann ist, nachdem die maßgebliche Rolle der Klägerin bei der Zuwiderhandlung erwiesen ist, das Vorbringen zurückzuweisen, der Klägerin werde in der Entscheidung vorgeworfen, sie habe den Versuch unternommen, die Zusammenarbeit mit den Gesellschaften der südlichen Routen auszudehnen, obwohl sie niemals auf diesen Routen tätig gewesen sei, anders als Strintzis, die 1989, 1990 und 1991 zudem ein Schiff auf der Route nach Brindisi betrieben habe. Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission der Klägerin nicht isoliert vorgeworfen hat, sie habe die Zusammenarbeit mit den auf den südlichen Routen tätigen Gesellschaften gesucht, sondern allgemeiner berücksichtigt hat, dass verschiedene Schriftstücke belegen, dass die Klägerin in verschiedenen Zusammenhängen, auf verschiedenen Routen und zu verschiedenen Zeitpunkten wiederholt den Versuch unternahm, die Zusammenarbeit der Unternehmen auszudehnen.

333 Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, sie sei bei der Beurteilung der erschwerenden Umstände gegenüber Karageorgis benachteiligt worden. Zwar wird in den von der Klägerin genannten Randnummern 18, 21 und 33 der Entscheidung darauf hingewiesen, dass Karageorgis dem Kartell angehört und sich aktiv daran beteiligt habe, indem sie auf die Fernschreiben der Klägerin geantwortet habe, um ihr Einverständnis mit den neuen Preisen zu bekunden, doch geht aus diesen Randnummern keineswegs hervor, dass Karageorgis die Rolle eines Anstifters und Urhebers der Initiativen hatte, wie sie die Klägerin spielte.

334 Schließlich ist entsprechend dem Vorbringen der Kommission festzustellen, dass, wenn Strintzis und Karageorgis selbst eine maßgebliche Rolle in den Kartellen gespielt hätten und die Kommission folglich zu Unrecht davon abgesehen hätte, deren Geldbußen genauso stark zu erhöhen, die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebotes rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden muss, das besagt, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf eine gegenüber anderen begangene Rechtsverletzung berufen kann (Urteil Mayr-Melnhof/Kommission, Randnrn. 334 und 335).

2. Zum Versuch, die Nachforschungen der Kommission zu behindern

335 Nach den Randnummern 160 und 161 der Entscheidung hat die Kommission die Geldbuße der Klägerin um 10 % erhöht, weil diese versucht habe, die Nachforschungen der Kommission zu behindern. Nach Eingang der Auskunftsverlangen der Kommission habe die Klägerin im November 1992 den Unternehmen nahe gelegt, ihre Tarife für jeweils vier unterschiedliche Kabinenkategorien um 1 % zu senken, was auf einen Versuch hinauslaufe, die Nachforschungen der Kommission zu behindern.

336 In Randnummer 34 der Entscheidung führt die Kommission aus, dass die Klägerin, nachdem sie von ihr ein Auskunftsverlangen zu den Preisen auf den Routen zwischen Griechenland und Italien erhalten habe, im November 1992 ein Fernschreiben an Anek, Karageorgis und Strintzis mit folgendem Inhalt gesandt habe: "Aufgrund der heiklen Situation, die sich durch die Anfrage der Kommission bezüglich unserer Preislisten für den Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien ergeben hat, schlagen wir nach dem mündlichen Meinungsaustausch Folgendes vor: Von den 17 Kategorien unserer Preisliste sollte die Kategorie "Deck" ausgeklammert bleiben, denn hier möchte keiner von uns Abstriche vornehmen. Was die übrigen 16 anbelangt, so sollte jedes Unternehmen bei jeweils 4 (die Auswahl erfolgt durch Herrn Sakellis) [von Strintzis] den Tarif um 1 % senken." Weiter heißt es in Randnummer 34, dass die Klägerin Anek eine Kopie ihrer Antwort auf das erwähnte Auskunftsverlangen gesandt habe.

337 In dieser Randnummer der Entscheidung wird ein von Herrn Sfinias unterzeichnetes Fernschreiben von Minoan vom 6. November 1992 an Anek, Karageorgis und Strintzis zitiert, das sich in der Anlage 31 zur Klagebeantwortung befindet und dessen Existenz und Richtigkeit von der Klägerin nicht bestritten werden. Die Klägerin macht jedoch geltend, dass Urheber der fraglichen Aktion nicht die Klägerin, sondern ETA gewesen sei und dass sie weder Weisungen noch Anordnungen erteilt habe, von dieser Aktion nicht unterrichtet worden sei und sie auch nicht genehmigt habe. Der Inhalt des Fernschreibens belegt aber eindeutig, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin Anstrengungen unternommen habe, um ihre Untersuchungen zu behindern.

338 Die Klägerin bestreitet ebenso wenig, dass sie die übrigen Gesellschaften von ihren Antworten auf das Auskunftsverlangen der Kommission unterrichtete, eine Maßnahme, die im Kontext des vorliegenden Falles und insbesondere im Licht des Fernschreibens vom 6. November 1992 dahin verstanden werden konnte, dass sie bezweckte, die Nachforschungen der Kommission zu behindern.

339 Nach alledem ist der dritte Teil des Klagegrundes in vollem Umfang zurückzuweisen.

D - Zum vierten Teil: fehlerhafte Beurteilung der mildernden Umstände

Vorbringen der Parteien

340 Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe bei ihr lediglich die in den Randnummern 162, 163 und 169 der Entscheidung genannten mildernden Umstände anerkannt, obwohl die Klägerin sämtliche in den Leitlinien erwähnten mildernden Umstände hätte geltend machen können.

341 Im Einzelnen macht sie geltend, dass sie eine passive Rolle gespielt habe, da ihr keine der Initiativen von ETA zugerechnet werden könne, und dass sie, wie in der Entscheidung auch anerkannt werde, die Vereinbarung nicht tatsächlich durchgeführt habe. Außerdem habe sie ETA in Bezug auf deren Aktionen sofort nach der Nachprüfung vom 5. und 6. Juli 1994 sehr strenge Anordnungen und Mahnungen erteilt. Sie sei überzeugt gewesen, dass ihr Verhalten nicht rechtswidrig gewesen sei und dass es im Gegenteil dazu gedient habe, Übereinstimmung mit dem rechtlichen Rahmen und der Politik des Ministeriums für die Handelsmarine herzustellen, was über den Nachweis berechtigter Zweifel des Unternehmens an der Rechtswidrigkeit der wettbewerbswidrigen Praxis hinausgehe. Sollte ihr eine Zuwiderhandlung zur Last gelegt werden können, beruhe diese nicht auf Nachlässigkeit, sondern ganz einfach darauf, dass sie sich der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens gar nicht bewusst gewesen sei. Schließlich behauptet die Klägerin, dass sie von Anfang an mit der Kommission effektiv zusammengearbeitet und alle notwendigen Informationen und Erläuterungen zu sämtlichen Aspekten der vorliegenden Angelegenheit mitgeteilt habe.

342 Schließlich stelle die Nichtberücksichtigung dieser mildernden Umstände einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und eine Benachteiligung gegenüber anderen Unternehmen dar, bei denen eine größere Zahl mildernder Umstände anerkannt worden sei. Insbesondere habe das Verhalten von Anek nichts zur Klärung der Angelegenheit beigetragen, da die Klägerin (wie auch andere Gesellschaften), noch bevor Anek der Kommission ihre Schriftsätze gesandt habe, die Kommission unterrichtet und alle Verhandlungen zwischen den Gesellschaften erläutert und sich zu ergänzenden Auskünften bereit erklärt habe.

343 Unter diesen Umständen sei der Prozentsatz, um den ihre Geldbuße herabgesetzt worden sei (35 %), besonders niedrig, vergleiche man ihn mit dem Prozentsatz, der bei Marlines, Adriatica und Ventouris (45 %) sowie Anek (70 %) angewandt worden sei, und berücksichtige man den Umstand, dass diese Herabsetzung praktisch aufgehoben worden sei, indem zuvor der Grundbetrag ihrer Geldbuße wegen angeblichen Vorliegens erschwerender Umstände um 35 % erhöht worden sei.

344 Die Kommission weist das Vorbringen der Klägerin zurück, bei ihr lägen weitere mildernde Umstände vor, und erinnert daran, dass die von ihr berücksichtigten mildernden Umstände in den Randnummern 162 bis 169 der Entscheidung im Einzelnen dargestellt seien.

Würdigung durch das Gericht

345 Nach den Leitlinien (Nr. 3) kann die Kommission den Grundbetrag verringern, um u. a. folgende mildernde Umstände zu berücksichtigen: ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum des Unternehmens; tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße; Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen); Nachweis berechtigter Zweifel des Unternehmens an der Rechtswidrigkeit seines wettbewerbswidrigen Verhaltens; fahrlässige, unvorsätzlich begangene Verstöße und aktive Mitwirkung des Unternehmens an dem Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Mitteilung betreffend die Nichtfestsetzung oder niedrigere Festsetzung von Geldbußen.

346 Aus den Randnummern 162 bis 164 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei den betroffenen Unternehmen mehrere mildernde Umstände berücksichtigt hat.

347 Erstens (Randnr. 163 der Entscheidung) hat sie die Auffassung vertreten, dass die in Griechenland übliche Praxis, wonach das Ministerium für die Handelsmarine die Inlandstarife nach Anhörung aller inländischen Anbieter durch Entscheidung festlege, dazu beigetragen haben könne, dass die griechischen Fährgesellschaften, die auch Strecken im Inland bedienten, sich nicht ganz im Klaren darüber gewesen seien, dass Konsultationen über die Festsetzung der Tarife für die Beförderung auf internationalen Strecken gegen das Gemeinschaftsrecht verstießen. Dieser Umstand rechtfertige eine Verringerung der Geldbußen für alle Unternehmen um 15 %.

348 Zweitens (Randnr. 164 der Entscheidung) hat die Kommission berücksichtigt, dass Marlines, Adriatica, Anek und Ventouris Ferries reine Mitläufer gewesen seien. Dieser Umstand rechtfertige eine Verringerung der Geldbußen für die vier genannten Unternehmen um 15 %.

349 Schließlich hat die Kommission in Randnummer 169 der Entscheidung erklärt, dass die Geldbußen sämtlicher Unternehmen einschließlich der Klägerin um 20 % herabgesetzt worden seien, da keines der Unternehmen den der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugrunde liegenden Sachverhalt bestritten habe. Bei Anek, die der Kommission darüber hinaus vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Unterlagen habe zukommen lassen, durch die das Vorliegen der Zuwiderhandlung in erheblichem Umfang bestätigt worden sei, sei eine Verringerung um 5 % vorgenommen worden.

350 Die Klägerin kann der Kommission keinen Vorwurf daraus machen, dass bei ihr nicht sämtliche mildernden Umstände anerkannt wurden, die in den Leitlinien genannt sind.

351 Erstens trifft, wie bereits festgestellt, die Behauptung der Klägerin, dass sie eine passive Rolle gespielt habe, nicht zu, da ihr das Verhalten von ETA zu Recht zugerechnet wurde.

352 Zweitens genügt, was die Nichtanwendung der Vereinbarungen angeht, ein Hinweis darauf, dass die Kommission diesen Umstand laut ausdrücklicher Erklärung in Randnummer 162 der Entscheidung bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung, d. h. bei der Festsetzung des Grundbetrags, berücksichtigt hat.

353 Die Klägerin kann der Kommission ebenso wenig vorwerfen, sie habe keine zusätzliche Herabsetzung wegen des Umstands, dass der Klägerin die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens gar nicht bewusst gewesen sei, vorgenommen, da die Unsicherheit, die durch den gesetzlichen Rahmen und die Politik der griechischen Behörden bezüglich des Inlandstarifs entstand, sehr wohl berücksichtigt wurde und die Geldbußen der Unternehmen um 15 % herabgesetzt wurden (Randnr. 163 der Entscheidung).

354 Was das Vorbringen angeht, die Klägerin habe von Anfang an mit der Kommission effektiv zusammengearbeitet und alle notwendigen Informationen und Erläuterungen zu sämtlichen Aspekten der vorliegenden Angelegenheit mitgeteilt, so kann der Kommission nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie eine derartige Zusammenarbeit nicht deutlicher gewürdigt hat, da sie eine weitere Herabsetzung um 20 % wegen Nichtbestreitens des Sachverhalts gewährt hat.

355 Schließlich kann die Klägerin nicht geltend machen, sie sei gegenüber Anek benachteiligt worden und verdiene dieselbe Herabsetzung der Geldbuße wie dieses Unternehmen. Es ist allein Sache der Kommission, zu beurteilen, wie sehr ihr die Zusammenarbeit der Unternehmen bei der Erfuellung ihrer Aufgaben geholfen hat. Die Klägerin bestreitet nicht, dass Anek spezielle Unterlagen vorlegte, die beweisen, dass sie den Sachverhalt ausdrücklich einräumte. Ein derartiges Maß an Zusammenarbeit lässt sich dem bloßen Nichtbestreiten des in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalts nicht gleichstellen. Es sei jedoch daran erinnert, dass der Klägerin eine Herabsetzung um 20 % gewährt wurde, weil sie den Sachverhalt nicht bestritten hatte.

356 Nach alledem ist der vierte Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen.

III - Zum Antrag auf Erhöhung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße

357 Die Kommission trägt vor, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift an verschiedenen Stellen den der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt in Frage stelle, und beantragt, dass das Gericht von seiner nach Artikel 229 EG bestehenden Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung Gebrauch macht, indem es die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße um 20 % erhöht (d. h., indem es der Klägerin die wegen der Zusammenarbeit gewährte Herabsetzung um 20 % nimmt).

358 Diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden. Das Gericht hat nämlich in seinem Urteil vom 28. Februar 2002 in der Rechtssache T-354/94 (Stora Kopparbergs Bergslags/Kommission, Slg. 2002, II-843), das nach auf ein Rechtsmittel hin erfolgter Zurückverweisung durch den Gerichtshof ergangen ist, entschieden, dass "[d]ie Gefahr, dass ein Unternehmen, dessen Geldbuße als Gegenleistung für seine Zusammenarbeit herabgesetzt wurde, später eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung erhebt, mit der die Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und das dafür verantwortliche Unternehmen mit einer Sanktion belegt wurde, und dass es mit dieser Klage in erster Instanz vor dem Gericht oder im Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof Erfolg hat,... eine normale Folge der Inanspruchnahme der im Vertrag und in der Satzung [des Gerichtshofes] vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten [ist]. Die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen, das mit der Kommission zusammengearbeitet hat und dessen Geldbuße deshalb herabgesetzt wurde, mit einer Klage Erfolg hat, kann somit keine Neubewertung des Umfangs der bei ihm vorgenommenen Herabsetzung rechtfertigen" (Randnr. 85).

359 Folglich kann die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen, das durch Nichtbestreiten des Sachverhalts mit der Kommission zusammengearbeitet hat und dessen Geldbuße deshalb herabgesetzt wurde, das Gericht angerufen hat, keine Neubewertung des Umfangs der bei ihm vorgenommenen Herabsetzung rechtfertigen.

360 Die Klage ist demnach in vollem Umfang abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

361 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, ist die Klägerin zur Tragung der Kosten der Kommission zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.

Ende der Entscheidung

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