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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 01.10.1992
Aktenzeichen: T-7/91
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 4 Anhang VII
Beamtenstatut Art. 90
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 1. OKTOBER 1992. - SIBYLLE SCHAVOIR GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - ZULAESSIGKEIT - FRISTEN - AUSLANDSZULAGE. - RECHTSSACHE T-7/91.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die Klägerin, Beamtin der Laufbahngruppe C, trat am 16. April 1982 in den Dienst des Rates. Sie hat die deutsche und die belgische Staatsangehörigkeit. Letztere erwarb sie durch ihre Heirat mit einem belgischen Staatsangehörigen.

2 Wie sich aus einem am 20. April 1982 vom Personaldienst erstellten Vermerk, der für den Dienst "Gehälter und Zulagen" bestimmt war, ergibt, wurde der Klägerin bei ihrem Eintritt in den Dienst nicht die in Artikel 4 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften vorgesehene Auslandszulage gewährt.

3 Am 9. Oktober 1989 richtete die Klägerin ein Schreiben an den Leiter der Direktion für Personal und Verwaltung des Rates, in dem sie ihn um eine Prüfung ihres Falls bat, weil sich die ihm nachgeordneten Beamten, die mit ihrer Akte befasst seien, ihrer Auffassung, daß sie die Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Zulage erfuelle, nicht angeschlossen hätten.

4 Mit Schreiben vom 5. Februar 1990 teilte der Leiter der Direktion für Personal und Verwaltung der Klägerin mit, daß "ich trotz einer ursprünglichen günstigen Beurteilung Ihres Antrags auf Zuerkennung der Auslandszulage aufgrund von nachfolgenden Befragungen innerhalb der Personaldirektion und Befragungen von anderen Organen zu der Überzeugung gelangt bin, daß ich mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder zu Ihrem Antrag noch zu anderen im Stadium der Überprüfung befindlichen Fällen äussern kann". Er wies darauf hin, daß er die Akte dem Juristischen Dienst des Rates zur Stellungnahme unterbreitet habe, und schloß sein Schreiben wie folgt: "Ich hoffe, daß mir die Stellungnahme des Juristischen Dienstes in einigen Wochen vorliegt, und bitte Sie daher, sich noch einige Zeit zu gedulden, bis Sie eine endgültige Antwort erhalten."

5 Am 6. Februar 1990 sandte die Klägerin folgendes Schreiben an den Juristischen Dienst: "Mit Schreiben vom 5. Februar 1990 teilt mir Herr H. (der Leiter der Direktion für Personal und Verwaltung) in Beantwortung meines Schreibens vom 9. Oktober 1989 mit, daß er die Angelegenheit dem Juristischen Dienst zur Stellungnahme unterbreitet habe. Tatsächlich liegt Ihnen meine Akte jedoch schon seit etlichen Jahren vor, und ich habe seitdem keine Antwort erhalten (siehe auch mein Schreiben vom 9. Oktober 1989 an Herrn H., letzter Absatz). Zu Ihrer Information füge ich einige Unterlagen bei, die ebenfalls meinen Fall betreffen..."

6 Am 27. April 1990 lehnte der Rat den Antrag der Klägerin ab, wobei er seine Entscheidung mit Überlegungen begründete, die sich aus einer inhaltlichen Überprüfung der aufgeworfenen Fragen ergaben. Am 8. Juni 1990 legte die Klägerin gemäß Artikel 90 des Statuts gegen dieses Schreiben Beschwerde ein. Diese Beschwerde wurde vom Beklagten mit Schreiben vom 5. November 1990 wie folgt zurückgewiesen: "Ich habe Ihr Schreiben eingehend geprüft. Da Sie zum Zeitpunkt Ihres Eintritts in den Dienst ° ausser der deutschen Staatsangehörigkeit ° die belgische Staatsangehörigkeit hatten, gilt für den Anspruch auf Auslandszulage ° was Sie betrifft ° Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b des Anhangs VII des Statuts. Nach dieser Vorschrift wird eine Auslandszulage gewährt... in Anbetracht Ihrer Eintragung in die Bevölkerungsregister von Ganshoren und Brüssel seit dem 15. Mai 1990 zum einen und Ihrer Berufstätigkeit in Brüssel seit dem 1. Juli 1980 zum anderen stelle ich jedoch fest, daß Sie Ihren Wohnsitz während eines am 16. April 1982, dem Tag Ihres Dienstantritts, ablaufenden Zeitraums von weniger als zehn Jahren nicht in Belgien hatten (siehe Urteil des Gerichtshofes vm 17. Februar 1976 in der Rechtssache 42/75). Daher kann ich nur bestätigen, daß die ° anläßlich Ihres Eintritts in den Dienst 1982 getroffene ° Entscheidung, mit der Ihnen die Auslandszulage versagt wurde, richtig war."

Verfahren

7 Die Klägerin hat am 1. Februar 1991 die vorliegende Klage erhoben.

8 Mit gesondertem Schriftsatz, der am 25. März 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben, die auf die Nichteinhaltung der in Artikel 90 des Statuts für die Durchführung des vorprozessualen Verwaltungsverfahrens festgelegten Fristen gestützt ist. Mit Beschluß vom 22. Juli 1991 hat das Gericht die Entscheidung über die Einrede dem Endurteil vorbehalten.

9 Der Beklagte hat seine Klagebeantwortung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist eingereicht. Auf Antrag des Rates hat das Gericht, nachdem es die Klägerin zur Stellungnahme aufgefordert hatte, mit Beschluß vom 7. Oktober 1991 die Wiedereröffnung des schriftlichen Verfahrens angeordnet.

10 Danach ist das schriftliche Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen und am 19. März 1992 zu Ende gegangen.

11 Mit Schreiben vom 9. April 1992 hat das Gericht den Rat aufgefordert, alle in der Personalakte der Klägerin befindlichen Unterlagen vorzulegen, die sich auf die mögliche Gewährung der Auslandszulage beziehen. Daraufhin hat der Rat die Personalakte der Klägerin eingereicht.

12 Mit Schreiben vom 22. Mai 1992 hat das Gericht den Beklagten aufgefordert, anzugeben, ob es Beweisstücke gebe, die belegten, daß 1982 eine Entscheidung über den Anspruch der Klägerin auf die Auslandszulage erlassen worden sei, und sie gegebenenfalls vorzulegen. Auf dieses Schreiben hat der Rat den in Randnummer 2 dieses Urteils genannten Vermerk eingereicht.

13 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung ° beschränkt auf die Prüfung der Zulässigkeit der Klage ° zu eröffnen, ohne vorher eine Beweisaufnahme durchzuführen.

14 Die Parteien haben in der Sitzung vom 1. Juli 1992 mündlich verhandelt.

Anträge der Parteien

15 Die Klägerin beantragt,

° die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

° die Entscheidung des Rates vom 5. November 1990, die ihr am 6. November 1990 bekanntgegeben wurde und durch die ihr die Auslandszulage verweigert wurde, aufzuheben;

° festzustellen, daß sie aufgrund von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Beamtenstatuts oder jedenfalls aufgrund von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b des Statuts die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage erfuellt;

° eine Entscheidung über die Verzugszinsen vorzubehalten;

° dem Rat nach den Artikeln 87 und 91 des Entwurfs einer Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz oder aber aufgrund der Artikel 69 und 73 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Im Rahmen ihrer Erwiderung auf die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Klägerin,

° festzuhalten, daß sie sich vorbehält, den Beklagten aufgrund der fahrlässigen und schuldhaften Abwehrhaltung, die er bei der Prüfung des Falls eingenommen hat, aus quasi deliktischer Haftung in Anspruch zu nehmen.

16 Der Rat beantragt,

° die Klage als unzulässig abzuweisen;

° sie andernfalls als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, soweit sie nicht nach Artikel 88 der Verfahrensordnung des Gerichts vom Beklagten getragen werden.

Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

17 Zur Begründung der von ihm erhobenen Einrede der Unzulässigkeit verweist der Rat auf die Nichteinhaltung der in Artikel 90 des Statuts vorgesehenen Fristen durch die Klägerin. Die die Klägerin beschwerende Maßnahme sei die Entscheidung, die von der Anstellungsbehörde beim Eintritt der Klägerin in den Dienst 1982 erlassen und mit der ihr die Auslandszulage verweigert worden sei.

18 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere dem Urteil vom 21. Februar 1974 in den verbundenen Rechtssachen 15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73 (Kortner-Schots u. a./Rat, Kommission und Parlament, Slg. 1974, 177), gehe hervor, daß eine Gehaltsabrechnung als eine Entscheidung gegenüber dem Beamten, dem er übermittelt werde, anzusehen sei. Aus den Gehaltsabrechnungen der Klägerin, die seit April 1982 eine "0" in dem Feld "Auslandszulage" enthalten hätten, sei ohne weiteres ersichtlich gewesen, daß die Verwaltung beschlossen habe, ihr diese Zulage zu verweigern; diese Angabe habe ihr nicht entgehen können.

19 Auch aus den verschiedenen Schreiben, die die Klägerin von 1988 an an die Verwaltung gerichtet habe, gehe hervor, daß sie sich von Beginn an der negativen Entscheidung, die ihr gegenüber ergangen sei, bewusst gewesen sei. Das Schreiben vom 9. Oktober 1989 beweise, daß die Klägerin diese Ablehnung als eine Entscheidung angesehen habe, die in ihrem Fall auf der Grundlage der Angaben, die sie bei ihrer Einstellung gemacht habe, erlassen worden sei. Diese Angaben hätten bereits alle für den Erlaß der Entscheidung über die Gewährung oder die Ablehnung der fraglichen Zulage wesentlichen Umstände, nämlich die doppelte Staatsangehörigkeit der Klägerin und ihre verschiedenen Wohnorte seit 1970, enthalten und sich seitdem nicht geändert.

20 Daß die Anstellungsbehörde aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 8. Juni 1990 den Fall noch einmal unter sämtlichen Gesichtspunkten überprüft und darauf mit Schreiben vom 5. November 1990 geantwortet habe, könne nicht zu einem abweichenden Ergebnis führen, da dieses Schreiben die bereits 1982 getroffene Entscheidung nur ausdrücklich bestätigt habe. Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt, so wie er für die 1982 von den Dienststellen des Rates ausgesprochene Ablehnung ursächlich gewesen sei, habe nämlich seitdem keine Änderung erfahren, und die Klägerin habe keine neue Tatsache geltend gemacht, die als erheblich habe angesehen werden können, das sei nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1976 in der Rechtssache 1/76 (Wack/Kommission, Slg. 1976, 1017) entscheidend.

21 Gegen dieses Vorbringen wendet die Klägerin ein, daß im vorliegenden Fall jeder Vergleich mit den zitierten Urteilen Kortner und Wack verfehlt sei. In diesen beiden Rechtssachen hätten nämlich die Beteiligten in dem Zeitpunkt, zu dem die fraglichen Gehaltsabrechnungen den Betroffenen übermittelt worden seien, bereits über die Gewährung der Auslandszulage diskutiert. Insbesondere habe die Verwaltung in der Rechtssache Kortner den Klägern zunächst die Zulage gewährt und sie ihnen in der Folge wieder entzogen; unter diesen Umständen sei die Gehaltsabrechnung die klare Verkörperung der Entscheidung über die Entziehung. Dagegen habe die Klägerin im vorliegenden Fall bis 1989 keinen Antrag nach Artikel 90 des Statuts gestellt, noch habe sie Verhandlungen mit dem Beklagten zu der Frage eingeleitet, ob dieser zum Zeitpunkt der Einstellung der Klägerin hinreichend über ihre Lage informiert gewesen sei.

22 Nach Auffassung der Klägerin kann die Übermittlung einer Gehaltsabrechnung nur dann die Klagefrist gegen eine Verwaltungsentscheidung in Lauf setzen, wenn die Existenz einer Entscheidung aus diesem Beleg ohne weiteres ersichtlich ist. Unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 2. Juli 1981 in der Rechtssache 185/80 (Garganese/Kommission, Slg. 1981, 1785) führt die Klägerin aus, der Umstand, daß die streitige Zulage auf ihrer Gehaltsabrechnung nicht erwähnt worden sei, könne nicht einer Entscheidung im Sinne des Statuts gleichgestellt werden. Die vom Beklagten eingenommene Haltung bedeute notwendig, daß vor 1989 keine Entscheidung zur Gewährung der fraglichen Zulage erlassen worden sei. Die vom Rat am 5. November 1990 erlassene Entscheidung stelle daher eine in sich vollständige Rechtshandlung dar.

23 Ausserdem habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 159/86 (Canters/Kommission, Slg. 1988, 4859) für Recht erkannt, daß das Fehlen einer Zulage auf einer Gehaltsabrechnung dann nicht einer aberkennenden Entscheidung gleichgestellt werden könne, wenn die Verwaltung erst nach einem entsprechenden Antrag des Betroffenen habe überprüfen können, daß er die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Zulage erfuelle. Die Klägerin weist darauf hin, daß sie im vorliegenden Fall 1989 ihrem Antrag Unterlagen über dem Rat bis dahin nicht bekannte tatsächliche Umstände beigefügt habe, aus denen sich insbesondere ergebe, daß sie von 1972 bis 1980 ungeachtet der von Amts wegen in belgischen Personenstandsurkunden eingetragenen Angaben in Deutschland gewohnt habe.

24 Auch die im vorliegenden Fall vom Rat herrührenden Schriftstücke zeigten klar, daß die Dienststellen des Rates selbst nicht davon ausgingen, daß 1982 eine Entscheidung erlassen worden sei.

25 Ausserdem verpflichte keine dienstrechtliche Bestimmung einen Beamten dazu, einen Antrag auf Gewährung der Auslandszulage einzureichen, ebenso wie keine solche Bestimmung eine Verjährungsfrist für die tatsächliche Auszahlung dieser Zulage festlege. Die Klägerin befinde sich insoweit in einer Lage, die mit derjenigen von Jeanne Airola vergleichbar sei, die 1965 in die Kommission eingetreten sei, ohne daß ihr die Auslandszulage gewährt worden sei, und die sie erst 1972, also nach siebenjähriger Tätigkeit, mit Erfolg eingefordert habe (Urteil vom 20. Februar 1975 in der Rechtssache 21/74, Airola/Kommission, Slg. 1975, 221). Ihre Lage könne auch mit derjenigen von Michele Canters verglichen werden, der 1975 in die Kommission eingetreten sei und der die Auslandszulage erst 1985, also nach zehnjähriger Tätigkeit mit Erfolg eingefordert habe.

26 Hilfsweise führt die Klägerin an, daß die Dienststellen des Rates vom 9. Oktober 1989 an auf ihren Antrag, wenn nicht eine Überprüfung, so doch mindestens eine eingehende Neuüberprüfung ihrer Lage vorgenommen hätten. Am Ende dieses Verfahrens habe der Rat zum ersten Mal seinen Standpunkt mit einer förmlichen Begründung nach Artikel 25 des Statuts versehen. Die am 5. November 1990 erlassene Entscheidung ersetze daher zumindest jede andere möglicherweise zuvor erlassene und sei keine blosse wiederholende Verfügung (Urteile des Gerichtshofes vom 11. März 1986 in der Rechtssache 293/84, Sorani u. a./Kommission, Slg. 1986, 967, und vom 16. Dezember 1987 in der Rechtssache 206/85, Beiten/Kommission, Slg. 1987, 5301).

27 Ausserdem lasse die Haltung des Rates in der vorliegenden Angelegenheit eine schuldhafte Fahrlässigkeit erkennen, die ihren Interessen als Beamtin des Rates schade. Der Beklagte habe bei der Untersuchung dieser Angelegenheit ein irreführendes, unnötig schikanöses, folglich schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt, das geeignet sei, seine quasi deliktische Haftung auszulösen. Es verstehe sich von selbst, daß die unwiderbringlich verlorenen Auslagen, die bei der Bekämpfung einer solchen Abwehrhaltung angefallen seien, Teil des von der Betroffenen erlittenen Schadens seien, der wieder gutgemacht werden müsse. Durch die Zuerkennung von Schadensersatz seien solche Verhaltensweisen zu bestrafen, die, obwohl sie einer Rechtfertigung entbehrten, der Gegenpartei beträchtliche und völlig vergebliche Anstrengungen abverlangten.

Würdigung durch das Gericht

28 Aus dem zitierten, vom Personaldienst des Rates erstellten und mit "Mitteilung an den Dienst Gehälter und Zulagen" überschriebenen Vermerk vom 20. April 1982, der schematisiert verschiedene persönliche Angaben über die Klägerin wiedergibt und nach der Angabe "Idepex" ein "nein" vermerkt, ergibt sich, daß die Verwaltung beim Dienstantritt der Klägerin die Entscheidung erlassen hat, ihr keine Auslandszulage zu gewähren. Die Betroffene hat nicht bestritten, damals eine Abschrift des Vermerks erhalten zu haben.

29 Auch enthalten die Kopien der auf den Namen der Klägerin ausgestellten Gehaltsabrechnungen für April und Mai 1982, die dem Gericht vom Beklagten vorgelegt worden sind, im Feld "IND.DEP./EXP" eine "0".

30 Drittens enthält das Schreiben der Klägerin vom 9. Oktober 1989 an den Leiter der Direktion für Personal und Verwaltung folgenden Passus: "Ich habe die Entscheidung von Frau V. immer als ungerecht angesehen. Deshalb habe ich mich mehrmals, sowohl während des ersten Jahres als auch während des zweiten Jahres meines Dienstes, an Frau V., Herrn L. sowie an den Juristischen Dienst, Herrn S., gewandt..."

31 Selbst wenn die in dem Vermerk vom 20. April 1982 enthaltene Angabe "Idepex" für eine neu eingestellte Beamtin in ihrer ganzen Tragweite und ihren Folgerungen wohl schwer verständlich ist, ist aufgrund dieser Tatsachen erwiesen, daß die Klägerin 1982 zum einen wusste, daß sie unter bestimmten Bedingungen einen Anspruch auf die Auslandszulage haben könnte, und zum anderen, daß die Verwaltung die Entscheidung erlassen hatte, ihr diese Zulage nicht zu gewähren.

32 Im Lichte dieser Feststellungen ist die Obliegenheit der Klägerin zu beurteilen, die in den Artikeln 90 und 91 des Statuts festgelegten Fristen, so wie sie in der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts ausgelegt wurden, einzuhalten.

33 Nach Artikel 90 Absatz 2 des Statuts muß die Beschwerde gegen eine einen Beamten beschwerende Maßnahme innerhalb einer Frist von drei Monaten eingelegt werden, die im vorliegenden Fall von dem Tag an zu berechnen ist, an dem die Klägerin von der Maßnahme Kenntnis erhalten hat.

34 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe zuletzt das Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 159/86, Canters/Kommission, Slg. 1988, 4859, Randnr. 6) setzt "die Übermittlung der monatlichen Gehaltsabrechnung die Frist für die Klage gegen eine Verwaltungsentscheidung in Lauf..., wenn die Existenz dieser Entscheidung aus diesem Beleg ohne weiteres ersichtlich ist".

35 Da diese Bedingung im vorliegenden Fall ausweislich der festgestellten Tatsachen erfuellt ist, hat die Übermittlung der ersten Gehaltsabrechnung an die Klägerin im April 1982 die in Artikel 90 des Statuts vorgesehene Rechtsbehelfsfrist in Lauf gesetzt. Daraus ergibt sich, daß die in den Jahren 1989 und 1990 unternommenen Schritte, auf die die Erhebung der vorliegenden Klage folgte, als verspätet anzusehen sind.

36 Die Lage der Klägerin kann auch nicht mit derjenigen der Beamten verglichen werden, die in den Rechtssachen Garganese oder Canters geklagt haben. Aus diesen Urteilen geht nämlich klar hervor, daß der in den Gehaltsabrechnungen der Betroffenen fehlende Hinweis auf die Auslandszulage oder die fehlende Eintragung der Ziffer 0 in das entsprechende Feld nur Ausdruck der Tatsache war, daß das zuständige Organ in ihrem Fall bei der Übermittlung der fraglichen Gehaltsabrechnungen noch keine Entscheidung getroffen hatte. So verhielt es sich hier nicht, da die Verwaltung die die Zahlung der Auslandszulage ablehnende Entscheidung bereits vor der Übermittlung der ersten Gehaltsabrechnung an die Klägerin erlassen hatte.

37 Was das Argument der Klägerin betrifft, daß der Beklagte im Anschluß an ihr Schreiben vom 9. Oktober 1989 eine Überprüfung oder eine Neuüberprüfung ihrer Lage vorgenommen habe, so ist zum einen von 1982 bis 1989 keine neue Tatsache eingetreten, die die Beurteilung der Lage der Klägerin im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage hätte ändern können.

Zum anderen können die 1990 vom Beklagten an die Klägerin gerichteten Schreiben, die sich ausdrücklich auf die 1982 erlassene Entscheidung beziehen und die in bezug auf diese keinerlei Vorbehalt aussprechen, der ihre Bedeutung ändern könnte, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als neue Entscheidung, die die bei ihrem Dienstantritt erlassene ersetzt hätte, angesehen werden. Somit ist dieses Argument zurückzuweisen.

38 Im vorliegenden Fall ist der Hinweis angebracht, daß eine bereits verstrichene Beschwerde- und Klagefrist nicht zugunsten des betroffenen Bediensteten von neuem zu laufen beginnt, wenn ein Gemeinschaftsorgan im vorprozessualen Verfahren nicht auf mögliche Zulässigkeitsprobleme eingeht und die Begründetheit des Einspruchs prüft, sofern es, wie im vorliegenden Fall, um eine rein wiederholende Verfügung geht.

39 Nach alledem ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 88 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

41 Insbesondere mit Rücksicht auf die verschiedenen Schreiben des Beklagten an die Klägerin, die bei dieser zu Ungewißheit führten, und darauf, daß der Beklagte die Klägerin im Stadium des vorprozessualen Verfahrens nicht auf die Zulässigkeitsprobleme aufmerksam machte, die ihr Vorgehen im Hinblick auf eine gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofes aufwarf, selbst wenn er dazu nicht verpflichtet war, ist ihm nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung die Hälfte der der Klägerin entstandenen Kosten aufzuerlegen.

42 Somit trägt der Rat seine eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Klägerin. Diese trägt die andere Hälfte ihrer Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Der Rat trägt seine eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Klägerin. Die Klägerin trägt die andere Hälfte ihrer Kosten.

Ende der Entscheidung

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