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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 24.01.1995
Aktenzeichen: T-74/92
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 85
EWG-Vertrag Art. 86
EWG-Vertrag Art. 175
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Untätigkeitsklage gemäß Artikel 175 des Vertrages setzt eine Pflicht des betroffenen Organs zum Tätigwerden voraus, so daß die geltend gemachte Untätigkeit dem Vertrag zuwiderläuft.

Wird die Kommission mit einer Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 wegen Verletzung der Artikel 85 oder 86 des Vertrages angerufen, so hat sie die vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte nach den Verordnungen Nr. 17 und Nr. 99/63 aufmerksam zu prüfen, um darüber zu entscheiden, ob sie ein Verfahren zur Feststellung des Verstosses einzuleiten oder die Beschwerde zurückzuweisen oder aber eine Einstellungsverfügung zu erlassen hat.

Jedoch kann die Kommission nicht als untätig im Sinne von Artikel 175 des Vertrages angesehen werden, wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer sie um Stellungnahme zu seiner Beschwerde ersucht, bereits das Verfahren zur Untersuchung eines Verstosses gegen Artikel 85 des Vertrages eingeleitet hat, es ihr aber angesichts des Untersuchungsstands in der Angelegenheit und der verstrichenen Zeiträume bei vernünftiger Betrachtung noch nicht möglich ist, eine Mitteilung nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 an den Beschwerdeführer zu richten, und sie erst recht noch nicht in der Lage ist, zu der Beschwerde durch eine diese endgültig zurückweisende Entscheidung Stellung zu nehmen.

2. Wird bei der Kommission gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 eine Beschwerde wegen Verstosses gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages anhängig gemacht und bezieht sich das eingeleitete Verfahren zur Prüfung der Beschwerde nur auf Artikel 85, so lässt sich nicht sagen, daß die Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beschwerdeführer sie zur Stellungnahme zu seiner Beschwerde auffordert, zu dieser Beschwerde, soweit sie auf Artikel 86 des Vertrages gestützt war, bereits Stellung genommen hatte. Die Untätigkeitsklage ist daher für zulässig zu erklären, soweit mit ihr eine Untätigkeit der Kommission im Hinblick auf Artikel 86 gerügt wird.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, daß die Kommission, wenn bei ihr eine Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 anhängig gemacht wird, zum einen weder zum Erlaß einer Entscheidung über das Vorliegen des behaupteten Verstosses noch in allen Fällen zur Durchführung einer Untersuchung zu diesem Zweck verpflichtet ist und es ihr zum anderen freisteht, unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses festzulegen, welche Priorität sie einer bei ihr eingereichten Beschwerde zumisst. Angesichts der Verfahrensgarantien des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 und des Artikels 6 der Verordnung Nr. 99/63 konnte die Kommission zwar beschließen, die Untersuchung der Angelegenheit nur auf der Grundlage des Artikels 85 des Vertrages einzuleiten, aber durfte sich nicht ihrer Verpflichtung entziehen, die eine etwaige Anwendung des Artikels 86 des Vertrages betreffenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte vorher zu prüfen und sodann den Beschwerdeführer unter Darlegung der Gründe über ihre Entscheidung zu unterrichten, um so die gerichtliche Überprüfung der Rechtmässigkeit dieser Entscheidung zu ermöglichen.

Ebenso kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Untätigkeitsklage infolge der Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 oder wegen der tatsächlichen Beendigung des beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhaltens gegenstandslos geworden ist. Denn zum einen kann die Abgabe einer im Hinblick auf Artikel 85 des Vertrages befürwortenden Stellungnahme zu dem beanstandeten Vertrag, die durch bestimmte Änderungen dieses Vertrages möglich geworden ist, nicht als Stellungnahme der Kommission gegenüber dem Beschwerdeführer angesehen werden, soweit Artikel 86 des Vertrages die Rechtsgrundlage seiner Beschwerde bildete. Zum anderen konnte die angebliche Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens als eine Änderung des Sachverhalts, der zu der auf Artikel 86 gestützten Beschwerde geführt hat, die Kommission allenfalls zu einer Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens oder zur Zurückweisung der Beschwerde veranlassen, ohne sie aber von der Verpflichtung zu entbinden, unter Einhaltung der oben genannten Verfahrensgarantien zu der Beschwerde Stellung zu nehmen.

3. Im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften kann weder eine Stellungnahme der Kommission zu einer Beschwerde in der Form einer Mitteilung der Beschwerdepunkte noch eine Mitteilung der Kommission gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 als eine Entscheidung angesehen werden, gegen die die Nichtigkeitsklage gegeben ist.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 24. JANUAR 1995. - LADBROKE RACING DEUTSCHLAND GMBH GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - UNTAETIGKEITS- UND NICHTIGKEITSKLAGE - ARTIKEL 85 UND 86 DES VERTRAGES - UNTERSUCHUNG EINER BESCHWERDE. - RECHTSSACHE T-74/92.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

Die Beschwerde und das Verfahren vor der Kommission

1 Die Klägerin, die Ladbroke Racing (Deutschland) GmbH, eine Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Mainz, gehört zur Ladbroke Group plc, die ausser im Vereinigten Königreich, wo sie ihren Sitz hat, über ihre Tochtergesellschaften auch in anderen Ländern der Gemeinschaft Wetten für Pferderennen annimmt. Zu diesem Zweck besitzt die Ladbroke Group die Ladbroke Racing International BV, eine Gesellschaft niederländischen Rechts, die ihrerseits zwei Tochtergesellschaften in Deutschland hat, um die Unternehmenstätigkeit der Gruppe in diesem Land auszubauen. Dabei handelt es sich um die Klägerin, der am 26. Oktober 1989 eine bis zum 31. Dezember 1993 befristete Erlaubnis zum Betrieb des Buchmachergewerbes in Rheinland-Pfalz erteilt wurde, und um die Ladbroke Racing Deutschland Ost GmbH, die seit dem 24. September 1990 eine Zulassung für den Wettbetrieb im Gebiet des früheren Berlin-Ost besitzt.

2 Im September 1989 ersuchte die Klägerin die Deutscher Sportverlag Kurt Stoof GmbH & Co (im folgenden: DSV) um die Einräumung des Rechts, Fernseh- und Tonberichte über die französischen Pferderennen zu übertragen. Die DSV besitzt dafür die Übertragungsrechte für das Gebiet der Länder der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen vor der Wiedervereinigung einschließlich des Gebiets des früheren Berlin-West und für das österreichische Staatsgebiet.

3 Der DSV waren diese Rechte durch einen am 25. August 1989 geschlossenen Vertrag mit dem Pari Mutül International (im folgenden: PMI), einer Aktiengesellschaft französischen Rechts, eingeräumt worden; Unternehmensgegenstand des PMI ist es, die Fernsehberichte über die in Frankreich stattfindenden Pferderennen ausserhalb Frankreichs zu verwerten. Dem PMI wiederum standen diese Rechte aufgrund eines am 12. Januar 1990 mit Wirkung vom 1. August 1989 geschlossenen Vertrages mit dem Pari Mutül Urbain (im folgenden: PMU) zu, einem wirtschaftlichen Interessenverband, der von den zehn führenden französischen Renngesellschaften gegründet wurde, die für die von ihnen durchgeführten Pferderennen das ausschließliche Recht zur Annahme von Wetten ausserhalb des Rennplatzes (Totalisatorwetten) besitzen. Dem PMU schließlich, der mit der Programmplanung für die Pferderennen der genannten Gesellschaften, mit der Zusammenrechnung der Wetten für diese Rennen und mit der Errechnung der Gewinnquoten betraut ist, war von eben diesen Gesellschaften, die Inhaber der Urheberrechte an diesen Bildern und Berichten sind, das Recht zur Verwertung der Fernseh- und Tonberichte über diese Rennen im Ausland eingeräumt worden.

4 Die DSV lehnte das genannte Ersuchen der Klägerin im Oktober 1989 mit der Begründung ab, nach ihrem Vertrag mit dem PMI dürfe sie, sofern der Vertrag nicht einvernehmlich geändert werde, die Fernseh- und Tonberichte über die französischen Rennen an nicht mehr als 100 Buchmachergeschäfte in Deutschland und Österreich weitergeben. Sie dürfe sie nach dem Vertrag zudem nur an solche Buchmachergeschäfte weitergeben, die bereits bei Vertragsabschluß bestanden hätten, nicht aber an jene, die wie die der Klägerin erst später gegründet worden seien.

5 Daraufhin erhob die Klägerin am 24. November 1989 gegen den PMU, den PMI und die DSV bei der Kommission eine Beschwerde wegen Verstosses gegen die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag. Diese Beschwerde ergänzte sie durch ein Schreiben vom 31. Juli 1990, mit dem sie die Rüge des Verstosses gegen Artikel 86 EWG-Vertrag bekräftigte, und durch einen am 23. August 1990 eingereichten Antrag auf einstweilige Maßnahmen.

6 In ihrer Beschwerde legte die Klägerin dar, daß der deutsche Markt für Pferderennwetten, auf dem ein Umsatz von ungefähr 150 Millionen DM erzielt werde, durch zwei Faktoren bestimmt werde: erstens durch die Bedeutung der französischen Rennen für die deutschen Wetter (mit in Deutschland abgeschlossenen Wetten für französische Rennen in Höhe von 36 Millionen DM) im Vergleich zu den Pferderennen in anderen Ländern und zweitens durch den lebhaften Wettbewerb, den die Buchmachergeschäfte einander auf dem Nebenmarkt für die Übertragung von Fernseh- und Tonberichten über Pferderennen lieferten, um diese Berichte ihren Kunden anbieten zu können.

7 Die Weigerung der DSV, ihr die Bild- und Tonberichte über die französischen Rennen zu liefern, habe sie deshalb, da es für dieses Erzeugnis in Deutschland keine Substitutionsmöglichkeit gebe, im Verhältnis zu den anderen Buchmachergeschäften, für die die Fernseh- und Tonberichte über die französischen Pferderennen verfügbar seien, in eine ungünstige Wettbewerbslage gebracht.

8 Zu ihrer Rüge eines Verstosses gegen Artikel 85 EWG-Vertrag führte die Klägerin aus, diese ohne objektiven Grund vorgenommenen quantitativen und qualitativen Beschränkungen stellten eine Verzerrung und Beschränkung des Wettbewerbs dar und stuenden einer Freistellung der zwischen dem PMI und der DSV geschlossenen Vereinbarung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag entgegen.

9 Zur Rüge eines Verstosses gegen Artikel 86 EWG-Vertrag führte die Klägerin im wesentlichen aus, daß bei der Prüfung der Weigerung, ihre Geschäfte mit Bild- und Tonberichten über die französischen Rennen zu beliefern, vier Umstände zu berücksichtigen seien: erstens die beherrschende Stellung des PMU/PMI auf dem Markt für die Übertragung von Ton- und Bildberichten über die französischen Pferderennen und die gemeinsame beherrschende Stellung des PMI und der DSV auf dem Markt für diese Bilder in Deutschland, zweitens die Grösse der Nachfrage nach dem betroffenen Erzeugnis in Deutschland und, in Ermangelung eines Substitutionserzeugnisses, die Abhängigkeit, in der sich die deutschen Wettunternehmen, die dieses Erzeugnis anbieten wollten, befänden, drittens das Fehlen einer objektiven Rechtfertigung für die allein auf eine Beschränkung des Wettbewerbs zielende Weigerung, ihre Geschäfte zu beliefern, und schließlich viertens die spürbare Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des PMU/PMI und der DSV in ihren jeweiligen Gebieten.

10 Die Klägerin beantragte demgemäß bei der Kommission, den PMI unmittelbar oder über seinen Zwischenhändler, die DSV, zur Lieferung der Fernseh- und Tonberichte über die französischen Pferderennen an sie zu verpflichten und eine Untersuchung nach den Artikeln 11 und 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204), durchzuführen, um eine etwaige Beschränkung des Wettbewerbs festzustellen und die Verwertung der Urheberrechte bezueglich der französischen Pferderennen auf einer Grundlage der Gleichbehandlung zu gewährleisten.

Die Behandlung der Beschwerde im Hinblick auf Artikel 85 EWG-Vertrag

11 Die Kommission beschloß am 20. Dezember 1990, das Untersuchungsverfahren hinsichtlich der Beschwerde einzuleiten, soweit mit ihr ein Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag gerügt wurde, und richtete am 21. Dezember 1990 an den PMU und den PMI und am 18. Januar 1991 an die DSV eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie die Auffassung vertrat, daß die zwischen ihnen geschlossene Vereinbarung in den Anwendungsbereich des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falle und daß eine individuelle Erklärung der Nichtanwendbarkeit dieser Bestimmung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag (im folgenden: Freistellung) für die genannte Vereinbarung nicht in Betracht komme, weil sie nicht gemäß Artikel 4 der Verordnung Nr. 17 bei ihr angemeldet worden sei.

12 Der PMU und der PMI antworteten auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte am 15. Februar 1991 und die DSV am 27. März 1991. Am 17. April 1991 führte die Kommission eine Anhörung durch.

13 Am 15. Februar 1991 meldeten der PMI und die DSV ferner bei der Kommission einen neuen Vertrag an, den sie am 4. Dezember 1990 mit Wirkung vom 1. Juli 1990 geschlossen hatten; mit dieser Anmeldung wollten sie eine Entscheidung der Kommission, durch die festgestellt wird, daß zur Fortführung des Verfahrens kein Anlaß bestehe (im folgenden: Negativattest), oder eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag herbeiführen.

14 Auf diese Anmeldung hin richtete die Kommission am 22. Januar 1992 eine neue Mitteilung der Beschwerdepunkte an den PMU, den PMI und die DSV, zu deren Begründung sie ausführte, bestimmte Klauseln des neuen Vertrages zwischen dem PMI und der DSV seien mit Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unvereinbar. So erfolge die Auswahl der Vertragspartner der DSV in Deutschland, an die letztere das Übertragungsrecht an den Fernseh- und Tonberichten über die französischen Pferderennen weitergebe, nach ungenauen Leumundkriterien, und diese Vertragspartner müssten sich verpflichten, erstens die Urheberrechte der französischen Renngesellschaften und des PMI in allen Ländern und nicht nur in Deutschland anzuerkennen, zweitens bestimmte vertrauliche Auskünfte zu erteilen und drittens die Einhaltung der Verträge durch die Muttergesellschaft und die Unternehmensgruppe, der sie angehörten, zu gewährleisten.

15 Aufgrund dieser neuen Mitteilung der Beschwerdepunkte strichen oder änderten der PMI und die DSV in ihren Verträgen die von der Kommission beanstandeten Klauseln. In einer am 24. September 1992 veröffentlichten Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 (ABl. C 246, S. 3) gab die Kommission daraufhin ihre Absicht bekannt, zu dem angemeldeten Vertrag eine befürwortende Stellungnahme abzugeben, und forderte alle betroffenen Dritten auf, sich dazu zu äussern.

16 Mit Schreiben vom 22. Oktober 1992 übermittelte die Klägerin der Kommission ihre Bemerkungen. Sie erklärte darin, sie sei mit der befürwortenden Stellungnahme, die die Kommission zu dem neuen Vertrag zwischen dem PMU/PMI und der DSV abzugeben gedenke, nicht einverstanden, da nichts in diesem Vertrag eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag rechtfertige. Eine solche Freistellung könne nicht erteilt werden, ohne daß die Kommission vorher prüfe, ob das Verhalten der Vertragsparteien gegen Artikel 86 EWG-Vertrag verstosse.

Die Behandlung der Beschwerde im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag

17 Unter Bezugnahme auf den Artikel 86 EWG-Vertrag betreffenden Teil ihrer Beschwerde forderte die Klägerin die Kommission nach der Beschwerdeerhebung mit Schreiben vom 31. Juli 1990, 23. August 1990, 5. Dezember 1990, 4. Februar 1991, 25. September 1991 und 6. März 1992 dazu auf, zur Anwendung dieser Vorschrift auf den konkreten Fall der Klägerin Stellung zu nehmen. Nach dem Schreiben der Klägerin vom 5. Dezember 1990 teilten ihr die Dienststellen der Kommission, wie dem schon genannten Schreiben der Klägerin vom 25. September 1991 zu entnehmen ist, mündlich mit, daß sie es, obgleich nicht die Zurückweisung des Artikels 86 betreffenden Teils der Beschwerde beschlossen sei, nicht als sinnvoll ansähen, der Beschwerde weiter im Hinblick auf diese Vertragsbestimmung nachzugehen, weil sich für das Wettbewerbsproblem, das Gegenstand der Beschwerde sei, im Rahmen des Artikels 85 EWG-Vertrag wirksam Abhilfe schaffen lasse. Mit Schreiben vom 4. Februar 1992, auf das sie sich auch in einem weiteren Schreiben vom 5. Juni 1992 bezog, stellte die Klägerin bei der Kommission formell den Antrag, ihr gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 (ABl. 1963, Nr. 127, S. 2268) innerhalb von zwei Monaten mitzuteilen, aus welchen Gründen sie nicht, wie von der Klägerin erbeten, auf der Grundlage des Artikels 86 EWG-Vertrag tätig geworden sei.

18 Nach einem weiteren Schreiben der Klägerin vom 27. Mai 1992 und dem genannten Schreiben vom 5. Juni 1992, mit denen sie die Kommission um Stellungnahme zur Beschwerde im Hinblick auf Artikel 86 und weiter darum ersuchte, auf die fortbestehende Weigerung der DSV, ihr Wettbüro im Gebiet des früheren Berlin-Ost zu beliefern, sowohl Artikel 86 als auch Artikel 85 EWG-Vertrag anzuwenden, sandte die Kommission der Klägerin ein Schreiben vom 19. Juni 1992, in dem sie Zweifel daran äusserte, ob die Weigerung, das im Gebiet des früheren Berlin-Ost tätige Wettbüro der Klägerin zu beliefern, überhaupt ° sei es nach Artikel 85 oder nach Artikel 86 EWG-Vertrag ° beanstandet werden könne, weil dieses Gebiet, wie auch das Landgericht Berlin in einem am gleichen Tag ergangenen Urteil festgestellt habe, von dem Vertrag zwischen dem PMI und der DSV nicht erfasst werde.

19 Am 26. Juni 1992 richtete die Klägerin an die Kommission eine förmliche Aufforderung zum Tätigwerden gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag, mit der sie darum ersuchte, zu ihrer Beschwerde vom 24. November 1989 und zu dem im Schreiben vom 4. Februar 1992 enthaltenen Antrag entweder durch eine Mitteilung nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 oder durch eine mit Klage nach Artikel 173 EWG-Vertrag anfechtbare Entscheidung Stellung zu nehmen. Diese Aufforderung blieb unbeantwortet.

Verfahren

20 Daraufhin hat die Klägerin am 22. September 1992 die vorliegende Klage erhoben.

21 Mit einem am 21. Oktober 1992 eingereichten Schriftsatz hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung erhoben.

22 Die Klägerin hat am 12. Januar 1993 ihre Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit eingereicht und mit Schreiben vom gleichen Tag beantragt, falls die Entscheidung über die Einrede dem Endurteil vorbehalten werde, das schriftliche Verfahren als abgeschlossen zu behandeln, da die Beklagte ihre materiell-rechtliche Verteidigung bereits in dem Schriftsatz, mit dem die Einrede erhoben worden sei, vorgetragen habe. Diesem Antrag ist die Kommission mit Schriftsatz vom 27. Januar 1993 entgegengetreten.

23 Mit Beschluß vom 13. Mai 1993 hat das Gericht (Zweite Kammer) die Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten.

24 Am 15. Februar 1993 hat die DSV beantragt, zur Unterstützung der Anträge der Beklagten als Streithelferin zugelassen zu werden. Mit Beschluß vom 13. Mai 1993 hat das Gericht (Zweite Kammer) die DSV als Streithelferin zugelassen. Sie hat am 29. Juli 1993 ihren Streithilfeschriftsatz eingereicht.

25 Mit Schreiben vom 6. September 1993 hat die Klägerin auf die Einreichung einer Erwiderung verzichtet, woraufhin die Kommission ihrerseits keine Gegenerwiderung eingereicht hat.

26 Mit Schreiben des Gerichts vom 9. Dezember 1993 sind die Parteien aufgefordert worden, zu dem Streithilfeschriftsatz der DSV Stellung zu nehmen. Sie haben dem Gericht mitgeteilt, sie hätten dazu keine Bemerkungen zu machen.

27 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat die Beteiligten jedoch um Beantwortung verschiedener schriftlicher Fragen ersucht; diese ist fristgerecht erfolgt.

28 Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 9. Juni 1994 mündliche Ausführungen gemacht und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Beteiligten

29 Die Klägerin beantragt,

° festzustellen, daß die Kommission dadurch gegen Artikel 175 EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der in dem Schreiben der Klägerin vom 26. Juni 1992 enthaltenen förmlichen Aufforderung zum Tätigwerden

i) zu ihrer Beschwerde allgemein und

ii) zu ihrem mit Schreiben vom 4. Februar 1992 gestellten Antrag auf eine Mitteilung der Kommission gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63

Stellung genommen hat;

° ausserdem oder hilfsweise die stillschweigende ablehnende Entscheidung der Kommission über ihre Beschwerde für nichtig zu erklären;

° der Kommission aufzugeben, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Beschluß des Gerichts innerhalb eines Monats nach Erlaß der genannten Anordnung nachzukommen;

° der Kommission die Kosten aufzuerlegen und insbesondere anzuordnen, daß die Kosten auf Schadensersatzbasis zu erstatten sind, falls die Kommission Maßnahmen ergreift, die die vorliegende Klage nach Auffassung des Gerichts gegenstandslos werden lassen.

30 Die Kommission beantragt,

° die Klage als unzulässig, hilfsweise als seit dem Datum der Veröffentlichung der Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 gegenstandslos geworden oder, weiter hilfsweise, als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

31 Die Streithelferin beantragt,

° die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

° der Klägerin die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Zum Antrag nach Artikel 175 EWG-Vertrag

32 Angesichts des Vorbringens der Beteiligten und der Behandlung der von der Klägerin erhobenen Beschwerde durch die Kommission erscheint es angebracht, die Klage zunächst hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Untätigkeit der Kommission im Hinblick auf Artikel 85 EWG-Vertrag und weiterhin im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag zu prüfen.

Zur angeblichen Untätigkeit der Kommission im Hinblick auf Artikel 85 EWG-Vertrag

Vorbringen der Beteiligten

33 Die Kommission führt aus, dieser Antrag sei unzulässig, da sie mit ihrer am 24. September 1992 gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 veröffentlichten Mitteilung zu dem durch die Beschwerde aufgeworfenen Wettbewerbsproblem und zu dem Schreiben vom 4. Februar 1992, mit dem die Klägerin eine Mitteilung gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 beantragt habe, in der gleichen Weise Stellung genommen habe, wie sie es auch durch ein Schreiben gemäß der zuletzt genannten Vorschrift hätte tun können (Urteil des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1979 in der Rechtssache 125/78, Gema/Kommission, Slg. 1979, 3173, Urteile des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367, im folgenden: Automec I, und vom 18. September 1992 in der Rechtssache T-28/90, Asia Motor France u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2285, und Beschluß des Gerichts vom 13. März 1993 in der Rechtssache T-86/92, Ladbroke/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). Diese Stellungnahme sei zudem innerhalb von zwei Monaten nach der Aufforderung zum Tätigwerden vom 26. Juni 1992 erfolgt, da die Entscheidung über die Veröffentlichung dieser Mitteilung bereits am 18. August 1992 getroffen worden sei. Jedenfalls sei der Klageantrag mit der Veröffentlichung der Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 am 24. September 1992 gegenstandslos geworden.

34 Was die Begründetheit angehe, so zeigten die Einleitung des Verfahrens zur Prüfung der Beschwerde und insbesondere die Übersendung von zwei Mitteilungen der Beschwerdepunkte an den PMU/PMI und die DSV sowie die Veröffentlichung einer Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17, daß sie Artikel 175 Absatz 1 EWG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 nicht verletzt habe. Auf der Grundlage der letztgenannten Bestimmung habe sie nämlich nur dann tätig zu werden, wenn sie eine nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 erhobene Beschwerde zurückzuweisen beabsichtige, nicht aber, wenn sie sich wie im vorliegenden Fall dafür entscheide, einer Beschwerde durch die Einleitung eines Verfahrens im Sinne von Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 nachzugehen, um das durch den Beschwerdeführer aufgeworfene Wettbewerbsproblem zu lösen.

35 Die Klägerin trägt zur Zulässigkeit des fraglichen Antrags vor, daß die Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 keine Stellungnahme darstelle und ihr jedenfalls nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Aufforderung zum Tätigwerden bekanntgegeben, sondern erst nach der Klageerhebung, nämlich am 24. September 1992, veröffentlicht worden sei.

36 Was die Begründetheit angehe, so habe sie als Beschwerdeführerin Anspruch darauf, daß die Kommission zu ihrer Beschwerde Stellung nehme und erforderlichenfalls eine mit Klage anfechtbare Entscheidung erlasse (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1977 in der Rechtssache 26/76, Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875, 1902, Schlussanträge des Generalanwalts Mancini vom 17. März 1987 in den verbundenen Rechtssachen 142/84 und 156/84, BAT und Reynolds/Kommission, Urteil vom 17. November 1987, Slg. 1987, 4487, 4545, 4551 und 4552, und Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Edward vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-24/90, Automec/Kommission, Urteil vom 18. September 1992, Slg. 1992, II-2223, II-2226, im folgenden: Automec II, und in der Rechtssache Asia Motor France u. a./Kommission, a. a. O., Nr. 19). Die Kommission habe daher den Vertrag verletzt, da sie ihre Verpflichtung aus Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 verkannt habe, an sie als Antragstellerin im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme zu richten, in dem eine Begründung dafür, der Beschwerde nicht stattzugeben, angegeben und eine Frist zur Äusserung gesetzt worden wäre.

37 Nach Auffassung der Streithelferin ist der fragliche Antrag unzulässig, da die gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 veröffentlichte Mitteilung eine Stellungnahme der Kommission im Sinne von Artikel 175 Absatz 2 EWG-Vertrag darstelle und, weil sie am 18. August 1992 beschlossen worden sei, innerhalb von zwei Monaten nach der Aufforderung zum Tätigwerden vom 26. Juni 1992 ergangen sei.

38 Die Streithelferin hat keine Ausführungen zur Begründetheit gemacht.

Würdigung durch das Gericht

39 Einleitend ist daran zu erinnern, daß die Untätigkeitsklage gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag eine Pflicht des betroffenen Organs zum Tätigwerden voraussetzt, so daß die geltend gemachte Untätigkeit dem Vertrag zuwiderläuft.

40 Wird die Kommission im Bereich des Wettbewerbs mit einer Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 wegen Verletzung der Artikel 85 oder 86 des Vertrages angerufen, so hat sie die vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte nach den Verordnungen Nr. 17 und Nr. 99/63 aufmerksam zu prüfen, um darüber zu entscheiden, ob sie ein Verfahren zur Feststellung des Verstosses einzuleiten oder die Beschwerde zurückzuweisen oder aber eine Einstellungsverfügung zu erlassen hat (Urteil Automec I, a. a. O.).

41 Im vorliegenden Fall ist zum ersten unstreitig, daß die Kommission auf die am 24. November 1989 eingereichte Beschwerde der Klägerin gemäß Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 17 hin am 20. Dezember 1990 nach Artikel 9 Absatz 3 dieser Verordnung die Einleitung eines Verfahrens beschlossen sowie mit Schreiben vom 21. Dezember 1990 an den PMU/PMI und mit Schreiben vom 18. Januar 1991 an die DSV eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet hat, da sie der Auffassung war, daß der ursprünglich am 25. August 1989 zwischen dem PMI und der DSV geschlossene Vertrag, mit dem der DSV das Recht zur Übertragung von Fernseh- und Tonberichten über die französischen Pferderennen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den Grenzen vor der Wiedervereinigung einschließlich des Gebiets des früheren Berlin-West und im österreichischen Staatsgebiet eingeräumt wurde, bestimmte mit Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unvereinbare Klauseln enthalte.

42 Zum zweiten haben der PMI und die DSV, als sie am 15. Februar und am 27. März 1991 ihre Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 21. Dezember 1990 vorlegten, am 15. Februar 1991 während des so von der Kommission eingeleiteten Untersuchungsverfahrens ferner einen neuen Vertrag, den sie am 4. Dezember 1990 mit Wirkung vom 1. Juli 1990 zur Ablösung des ursprünglichen, am 30. Juni 1990 ausgelaufenen Vertrages vom 25. August 1989 geschlossen hatten, bei der Kommission angemeldet, um von dieser entweder ein Negativattest oder eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag zu erlangen. Es steht fest, daß die Kommission auf diese Anmeldung hin am 22. Januar 1992 eine weitere Mitteilung der Beschwerdepunkte an den PMI und die DSV gerichtet hat, da der angemeldete neue Vertrag nach ihrer Auffassung Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zuwiderlaufende Klauseln enthielt und sie die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 nicht als gegeben ansah.

43 Zum dritten ist unstreitig, daß die Vertragsparteien auf diese zweite, vom 22. Januar 1992 datierende Mitteilung der Beschwerdepunkte hin die Klauseln des Vertrages zu dem Zweck geändert haben, sie unter Berücksichtigung dieser Mitteilung in Einklang mit Artikel 85 EWG-Vertrag zu bringen. Dies rechtfertigte nach Auffassung der Kommission, wie aus der am 24. September 1992 gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 veröffentlichten Mitteilung hervorgeht, eine befürwortende Stellungnahme ihrerseits zu dem Vertrag.

44 Demnach hatte die Kommission, als die Klägerin sie am 26. Juni 1992 mit einer Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne von Artikel 175 EWG-Vertrag um Stellungnahme zu ihrer Beschwerde ersuchte, bereits das Verfahren zur Untersuchung eines Verstosses gegen Artikel 85 EWG-Vertrag eingeleitet und war mit dessen Fortführung befasst, und es war ihr, zumal sie die Beschwerde der Klägerin nicht zurückzuweisen beabsichtigte, angesichts des Untersuchungsstands in der Angelegenheit bei vernünftiger Betrachtung zum genannten Zeitpunkt nicht möglich, eine Mitteilung nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 an die Klägerin zu richten. Erst recht war sie nicht in der Lage, zu der Beschwerde durch eine diese endgültig zurückweisende Entscheidung Stellung zu nehmen, da zwischen der Übermittlung der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte am 22. Januar 1992 und dem Eingang der Aufforderung zum Tätigwerden am 26. Juni 1992 nur ein Zeitraum von etwa fünf Monaten verstrichen war, der im vorliegenden Fall nicht ausreichte, um die Beschwerde umfassend prüfen zu können und es der Kommission zu gestatten, im Lichte der Untersuchungsergebnisse zur Beschwerde der Klägerin durch einen Akt Stellung zu nehmen, durch den ihre angebliche Untätigkeit beendet worden wäre.

45 Am 26. Juni 1992 konnte die Kommission daher, was den behaupteten Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag angeht, nicht als untätig im Sinne von Artikel 175 EWG-Vertrag angesehen werden. Daher war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht berechtigt, eine Aufforderung, zu ihrer Beschwerde Stellung zu nehmen, an die Kommission zu richten und dann am 22. September 1992, nach Ablauf der in Artikel 175 EWG-Vertrag vorgesehenen Frist, die vorliegende Klage zu erheben.

S46 Soweit die Feststellung begehrt wird, die Kommission habe es unterlassen, zu der Beschwerde der Klägerin Stellung zu nehmen, soweit diese Beschwerde auf Artikel 85 EWG-Vertrag gestützt war, ist die Klage demnach auf jeden Fall als unbegründet abzuweisen, ohne daß eine Entscheidung über ihre Zulässigkeit erforderlich wäre. Hiervon unberührt bleibt jedoch die Beurteilung der Zulässigkeit der Untätigkeitsklage, soweit mit ihr gerügt wird, daß die Kommission nicht nach Artikel 86 EWG-Vertrag tätig geworden sei.

Zur angeblichen Untätigkeit der Kommission im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag

Vorbringen der Beteiligten

47 Die Klägerin führt aus, die am 24. September 1992 gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 veröffentlichte Mitteilung der Kommission betreffe in keiner Weise ihre Beschwerde, soweit sie auf Artikel 86 EWG-Vertrag gestützt sei. Dies ergebe sich zum einen aus dem Fehlen jeglicher Bezugnahme auf diese Vertragsbestimmung in der Mitteilung und zum anderen aus der Ankündigung, daß die Kommission für den Vertrag zwischen dem PMI und der DSV die Gewährung einer Freistellung beabsichtige, ohne vorher die Beschwerde der Klägerin im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag geprüft zu haben. Da davon auszugehen sei, daß sich der Vertrag zwischen dem PMI und der DSV nicht auf das Gebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik erstrecke, könne Artikel 85 keine ausreichende Rechtsgrundlage bieten, um die Weigerung der DSV, Bild- und Tonberichte über die französischen Rennen an ihr Wettbüro im Gebiet des früheren Berlin-Ost zu liefern, zu beheben.

48 Ferner könne aus ihrer Beteiligung an dem Verwaltungsverfahren zur Prüfung ihrer Beschwerde nicht ihre Zustimmung zu einer Beschränkung dieses Verfahrens auf einen Verstoß gegen Artikel 85 hergeleitet werden, da sie mit ihrer Beschwerde einen Verstoß sowohl gegen Artikel 85 als auch gegen Artikel 86 EWG-Vertrag beanstandet habe. Tatsächlich habe sie sich durchgehend auch auf Artikel 86 EWG-Vertrag berufen, wie aus einer Reihe von Schreiben hervorgehe, die sie nach der Beschwerdeerhebung, nämlich am 5. Dezember 1990, am 25. September 1991, am 4. Februar 1992, am 6. März 1992 und am 5. Juni 1992, an die Kommission gerichtet habe.

49 Zu Unrecht vertrete die Kommission schließlich, indem sie die ergangene Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 mit einem Schreiben nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 gleichsetze, die Auffassung, sie habe durch diese Mitteilung zu der Beschwerde der Klägerin im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag Stellung genommen, es sei denn, man nehme an, die Kommission habe auf diese Weise entgegen ihrem Vorbringen die Beschwerde, soweit sie auf Artikel 86 EWG-Vertrag gestützt gewesen sei, zurückgewiesen oder die Absicht ihrer Zurückweisung hinreichend zum Ausdruck gebracht. Die Unbestimmtheit der Stellungnahme, die die Kommission angeblich im Rahmen ihrer Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 abgegeben habe, mache eine gerichtliche Überprüfung unmöglich, da diese Mitteilung dann, wenn mit ihr im Sinne des Artikels 175 EWG-Vertrag Stellung genommen worden sei, nicht durch eine Klage gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag angefochten werden könne und möglicherweise die Übersendung eines einfachen "Verwaltungsschreibens über die Einstellung des Verfahrens" nach sich ziehe, das gleichfalls nicht durch Klage anfechtbar wäre.

50 Die Kommission ist der Auffassung, daß ihre Stellungnahme zu der Beschwerde der Klägerin durch die am 24. September 1992 gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 veröffentlichte Mitteilung sowohl für den Teil der Beschwerde gelte, der auf einen Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag gestützt sei, als auch für ihren auf einen Verstoß gegen Artikel 86 EWG-Vertrag gestützten Teil. Sie beruft sich insoweit auf ihre Befugnis, für die Prüfung der bei ihr anhängigen Beschwerden die Priorität festzulegen und dabei auf das Gemeinschaftsinteresse abzustellen (Urteile des Gerichts vom 18. September 1992, Automec II, a. a. O., und vom 18. November 1992 in der Rechtssache T-16/91, Rendo u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2417). Die gleiche Befugnis müsse ihr, wenn eine Klage auf die behauptete Verletzung mehrerer Vertragsbestimmungen gestützt werde, hinsichtlich der Auswahl der zur Lösung eines Wettbewerbsproblems am besten geeigneten Rechtsgrundlage zustehen. Stütze sich ein Beschwerdeführer gleichzeitig auf Artikel 85 und auf Artikel 86 EWG-Vertrag, so sei daher anzunehmen, daß sie seinem Begehren entsprochen habe, wenn sie auf der Grundlage einer dieser beiden Bestimmungen tätig werde.

51 Im vorliegenden Fall sei die Entscheidung, der Beschwerde der Klägerin nur auf der Grundlage des Artikels 85 EWG-Vertrag nachzugehen, deshalb gerechtfertigt gewesen, weil die Weigerung der DSV, die Klägerin zu beliefern, damit begründet worden sei, daß ihre vertraglichen Bindungen gegenüber dem PMI/PMU es ihr nicht gestatteten, Bild- und Tonberichte über die französischen Pferderennen zu liefern. Deshalb sei eine Anwendung des Artikels 86 erst dann in Betracht zu ziehen, wenn dieses zunächst auf der Grundlage des Artikels 85 geprüfte Wettbewerbsproblem infolge einer anhaltenden Weigerung der DSV, dem Begehren der Klägerin nachzukommen, fortbestehen sollte. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, daß sie die Beschwerde der Klägerin im Hinblick auf Artikel 86 zu keinem Zeitpunkt zurückgewiesen habe. Die Richtigkeit ihrer Auffassung werde durch den vorliegenden Sachverhalt bestätigt, da das von der Klägerin mit ihrer Beschwerde beanstandete wettbewerbswidrige Verhalten nach der Einleitung des Verfahrens zur Prüfung eines Verstosses gegen Artikel 85 EWG-Vertrag und nach der Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 22. Januar 1992, die die Änderung des angemeldeten Vertrages vom 4. Dezember 1990 zur Folge gehabt hätten, eingestellt worden sei, wie auch aus einem Schreiben der DSV vom 27. Mai 1993 hervorgehe, mit dem die DSV der Klägerin die von ihr gewünschten Bild- und Tonberichte über französische Pferderennen angeboten habe. Wie einem an sie gerichteten Schreiben der Klägerin vom 25. September 1991 zu entnehmen sei, habe diese, nachdem die Dienststellen der Kommission sie über die wiedergegebene Art der Behandlung ihrer Beschwerde unterrichtet hätten, eingeräumt, daß diese Vorgehensweise sachgerecht sei, und sich aktiv an dem Verwaltungsverfahren zur Prüfung ihrer Beschwerde auf der Grundlage des Artikels 85 EWG-Vertrag beteiligt.

52 Die Streithelferin ist der Auffassung, daß die Stellungnahme, die die Kommission mit der gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 veröffentlichten Mitteilung abgegeben habe, sowohl für Artikel 85 als auch für Artikel 86 EWG-Vertrag gelte. Die Entscheidung der Kommission, Artikel 86 nicht anzuwenden und das behauptete Wettbewerbsproblem allein auf der Grundlage des Artikels 85 EWG-Vertrag zu lösen, sei angesichts der Tatsache gerechtfertigt gewesen, daß sie, die Streithelferin, es nach der Änderung des Vertrages, der sie gegenüber dem PMU/PMI gebunden habe, nicht weiter abgelehnt habe, alle Buchmachergeschäfte im räumlichen Geltungsbereich dieses Vertrages, darunter auch das der Klägerin in Rheinland-Pfalz, mit den Bild- und Tonberichten über französische Pferderennen zu beliefern.

53 Die Streithelferin bezieht sich insoweit auf einen zwischen dem 30. Juni 1992 und dem 23. Juni 1993 mit der Klägerin geführten Schriftwechsel, zu dem das genannte Schreiben vom 27. Mai 1993 gehöre, aus dem hervorgehe, daß sie ihr für die Zeit vom 1. September 1993 an ° laut einem Schreiben der Klägerin vom 25. Mai 1993 sei dies das Datum, zu dem das Buchmachergeschäft in Rheinland-Pfalz seine Tätigkeit habe aufnehmen sollen ° eine Unterlizenz für die Bild- und Tonberichte über die französischen Rennen angeboten habe. Die Klägerin, die für dieses Geschäft seit dem 26. Oktober 1989 eine Zulassung besitze, habe aber etwa vier Jahre lang davon abgesehen, es zu eröffnen, weil sie es für nicht rentabel gehalten habe. Wenn die Klägerin diese Zulassung aufrechterhalte, so nur deshalb, um unter Mißbrauch der gemeinschaftlichen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen sie und andere Beteiligte Verfahren wie das vorliegende führen zu können.

Würdigung durch das Gericht

° Zur Zulässigkeit der Klage

54 In ihrer Beschwerde vom 24. November 1989 beanstandete die Klägerin das Verhalten des PMU/PMI und der DSV sowohl nach Artikel 85 EWG-Vertrag als auch nach Artikel 86 EWG-Vertrag. Diese Beschwerde war somit auch auf Artikel 86 EWG-Vertrag gestützt, wie ausserdem eindeutig aus den oben erwähnten Schreiben hervorgeht, die die Klägerin nach der Beschwerdeerhebung an die Kommission sandte, insbesondere aus dem Schreiben vom 4. Februar 1991, mit dem sie formell eine Stellungnahme der Kommission zu ihrer Beschwerde im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag beantragte.

55 Weiterhin bezog sich das Verfahren zur Prüfung der Beschwerde, das durch die erste und die zweite Mitteilung der Beschwerdepunkte eingeleitet wurde, nur auf Artikel 85 EWG-Vertrag und nicht, wie von der Klägerin beantragt, auf Artikel 86 EWG-Vertrag.

56 Daher lässt sich bei einer ersten Betrachtung nicht sagen, daß die Kommission am 26. Juni 1992, als die Klägerin sie gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag zur Stellungnahme zu ihrer Beschwerde innerhalb von zwei Monaten aufforderte, oder zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage, dem 22. September 1992, bereits zu der Beschwerde, soweit sie auf Artikel 86 EWG-Vertrag gestützt war, Stellung genommen hatte. Somit ist die Klage grundsätzlich für zulässig zu erklären, soweit mit ihr eine Untätigkeit der Kommission im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag gerügt wird.

57 Allerdings ist insoweit das Argument der Kommission zu prüfen, sie habe, da sie zur Festlegung der Priorität für die Prüfung von Beschwerden befugt sei, gleichermassen die Befugnis, die für die Lösung des vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Wettbewerbsproblems am besten geeignete Rechtsgrundlage zu wählen. Daher sei davon auszugehen, daß sie stillschweigend auch im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag zur Beschwerde der Klägerin Stellung genommen habe, nachdem sie auf der Grundlage des Artikels 85 EWG-Vertrag tätig geworden sei und nach Übermittlung zweier Mitteilungen der Beschwerdepunkte ° von denen die zweite vom 22. Januar 1992 datiere ° die Änderung des Vertrages zwischen dem PMI und der DSV zur Herstellung seiner Vereinbarkeit mit Artikel 85 EWG -Vertrag erreicht und so die Quelle des mit der Beschwerde beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhaltens beseitigt habe.

58 Dazu ist erstens festzustellen, daß die Kommission, wenn bei ihr eine Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 anhängig gemacht wird, weder zum Erlaß einer Entscheidung über das Vorliegen des behaupteten Verstosses noch in allen Fällen zur Durchführung einer Untersuchung zu diesem Zweck verpflichtet ist; ferner steht es ihr frei, unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsinteresses festzulegen, welche Priorität sie einer bei ihr eingereichten Beschwerde zumisst (Urteil Automec II, a. a. O.).

59 Zweitens ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die Kommission im Rahmen ihrer Pflichten bezueglich der Prüfung einer Beschwerde angesichts der Verfahrensgarantien des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17 und des Artikels 6 der Verordnung Nr. 99/63 vorher die ihr vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte sorgfältig daraufhin zu prüfen hat, ob sie ein den Wettbewerbsvorschriften zuwiderlaufendes Verhalten erkennen lassen, und daß sie ferner jede hierüber von ihr getroffene Entscheidung so begründen muß, daß es dem Gemeinschaftsrichter möglich ist, seine Befugnis zur Kontrolle der Rechtmässigkeit der Entscheidung auszuüben.

60 Wenn die Kommission somit im vorliegenden Fall auch befugt war, zu beschließen, die Untersuchung der Angelegenheit nur auf der Grundlage des Artikels 85 und nicht des Artikels 86 EWG-Vertrag einzuleiten und durchzuführen, sofern das Gemeinschaftsinteresse dies ihrer Auffassung nach gebot, so hatte sie doch vorher, wie von der Klägerin beantragt, im Rahmen des ersten Verfahrensstadiums nach der Einreichung der Beschwerde (Urteil Automec I, a. a. O.) die eine etwaige Anwendung des Artikels 86 EWG-Vertrag betreffenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen; wenn sie dabei zu der Ansicht gelangte, daß eine Untersuchung der Beschwerde auf dieser Grundlage nicht gerechtfertigt oder nicht erforderlich sei, hatte sie sodann die Klägerin über ihre Entscheidung zu unterrichten und dabei ihre Gründe darzulegen, um so die gerichtliche Überprüfung der Rechtmässigkeit dieser Entscheidung zu ermöglichen.

61 Im vorliegenden Fall hat die Kommission zu keinem Zeitpunkt eine mit Gründen versehene Entscheidung dieser Art oder eine vorläufige Mitteilung nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 an die Klägerin gerichtet. Angesichts des Zeitraums, der zwischen der Einreichung der Beschwerde und dem Eingang der an die Kommission gerichteten schriftlichen Aufforderung zum Tätigwerden lag, hatte die Klägerin jedoch Anspruch darauf, von der Kommission zumindest eine vorläufige Mitteilung nach Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 (Urteil Asia Motor France u. a./Kommission, a. a. O.) oder aber eine solche Entscheidung zu erhalten.

62 Selbst wenn man annähme, die Kommission habe eine Prüfung der Beschwerde nach Artikel 86 EWG-Vertrag aufgenommen und abgeschlossen, mit der unter Berücksichtigung der ihr von der Klägerin vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte festgestellt werden sollte, ob das Gemeinschaftsinteresse eine Untersuchung der Beschwerde auf dieser Grundlage rechtfertigt ° dieser Annahme steht jedenfalls die Erklärung der Kommission entgegen, sie führe die Prüfung der Beschwerde nach Artikel 86 fort und beabsichtige, im Hinblick auf diese Vorschrift tätig zu werden, wenn sich das fragliche Wettbewerbsproblem nicht auf der Grundlage des Artikels 85 EWG-Vertrag allein lösen lasse °, lässt sich demnach nicht sagen, daß die Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin sie zum Tätigwerden im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag aufforderte, bereits zu der Beschwerde der Klägerin, soweit sie auf diese Bestimmung gestützt war, Stellung genommen hatte.

63 Da die Kommission auf die von der Klägerin ordnungsgemäß an sie gerichtete Aufforderung, tätig zu werden, nicht geantwortet hatte, erfuellte die vorliegende Klage auf Feststellung, daß die Kommission es unterlassen hat, zur Beschwerde der Klägerin, soweit sie auf Artikel 86 gestützt war, Stellung zu nehmen, zum Zeitpunkt ihrer Erhebung, dem 22. September 1992, die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 175 EWG-Vertrag und ist somit für zulässig zu erklären.

64 Jedoch ist weiter zu prüfen, ob die Klage nicht, wie von der Kommission vorgetragen, infolge der Veröffentlichung der Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 am 24. September 1992 oder wegen der tatsächlichen Beendigung des von der Klägerin mit ihrer Beschwerde beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhaltens gegenstandslos geworden ist.

65 Was erstens die Mitteilung vom 24. September 1992 angeht, so hat die Kommission darin lediglich festgestellt, der am 4. Dezember 1990 zwischen dem PMI und der DSV geschlossene Vertrag stehe nach seiner Änderung zwecks Berücksichtigung der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 22. Januar 1992 mit Artikel 85 EWG-Vertrag in Einklang und sie beabsichtige, eine befürwortende Stellungnahme zu diesem Vertrag abzugeben. Diese Mitteilung gelangte zwar der Klägerin zur Kenntnis, sie war bei ihrer Veröffentlichung aber gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 an alle betroffenen Dritten gerichtet, um ihnen Gelegenheit zur Äusserung gegenüber der Kommission zu geben. Deshalb kann diese Mitteilung weder ihrer Form noch ihrem Inhalt nach als Stellungnahme der Kommission gegenüber der Klägerin zu deren Beschwerde vom 24. November 1989 angesehen werden, soweit Artikel 86 EWG-Vertrag die Rechtsgrundlage dieser Beschwerde bildete.

66 Was zweitens die Frage angeht, ob die Untätigkeitsklage nicht durch eine tatsächliche Beendigung des mit der Beschwerde gerügten wettbewerbswidrigen Verhaltens gegenstandslos geworden ist, wie sie sich aus dem der Klägerin mit Schreiben vom 27. Mai 1993 unterbreiteten Angebot der DSV ergeben soll, die Klägerin mit den Bild- und Tonberichten über französische Pferderennen zu beliefern, so ist diese Frage nach Auffassung des Gerichts selbst dann zu verneinen, wenn das Tätigwerden der Kommission nach Artikel 85 in Form der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 22. Januar 1992 entgegen dem oben Festgestellten (siehe Randnr. 55) stillschweigend eine Stellungnahme zu Artikel 86 enthalten konnte und der mit der Mitteilung verfolgte Zweck, die Beendigung des beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhaltens, zum Zeitpunkt der Übermittlung dieser Mitteilung erreicht wurde.

67 Die angebliche Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das Gegenstand der Beschwerde der Klägerin war, konnte nämlich nur eine Änderung des der Kommission von der Klägerin ursprünglich mitgeteilten Sachverhalts darstellen. Eine solche Änderung konnte die Kommission allenfalls zu einer Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens oder zur Zurückweisung der Beschwerde veranlassen, soweit diese auf einen Verstoß gegen Artikel 86 EWG-Vertrag gestützt war. Sie konnte die Kommission indessen nicht von der Verpflichtung entbinden, unter Einhaltung der Verfahrensgarantien der Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 und 6 der Verordnung Nr. 99/63 zu der Beschwerde der Klägerin Stellung zu nehmen. Da die Kommission es versäumt hat, unter Einhaltung dieser Bestimmungen der Klägerin gegenüber tätig zu werden, kann nicht allein deshalb, weil das nach Artikel 86 EWG-Vertrag gerügte wettbewerbswidrige Verhalten angeblich infolge ihres Eingreifens beendet worden ist, angenommen werden, die Kommission habe zu der Beschwerde im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag Stellung genommen.

68 Nach alledem kann die Klage, soweit sie eine Untätigkeit der Kommission im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag betrifft, nicht als gegenstandslos angesehen werden; insoweit ist daher über ihre Begründetheit zu entscheiden.

° Zur Begründetheit

69 Es ist festzustellen, daß die Kommission es nach der Erhebung der Beschwerde der Klägerin gemäß Artikel 86 EWG-Vertrag am 24. November 1989 und nach der Aufforderung, gemäß Artikel 175 EWG-Vertrag zu dieser Beschwerde Stellung zu nehmen, versäumt hat, an die Klägerin einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme zu richten, da sie es unterlassen hat, entweder das Verfahren zur Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 86 EWG-Vertrag zum Zweck des Erlasses einer Entscheidung über das Vorliegen eines solchen Verstosses einzuleiten oder die Beschwerde nach vorheriger Übersendung eines Schreibens gemäß Artikel 6 der Verordnung Nr. 99/63 an die Klägerin zurückzuweisen oder aber eine ordnungsgemäß begründete Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens mangels Gemeinschaftsinteresses zu erlassen.

70 Hinsichtlich der geltend gemachten Unterlassung der Kommission im Hinblick auf Artikel 86 EWG-Vertrag ist die Klage daher für begründet zu erklären.

Zum Antrag nach Artikel 173 EWG-Vertrag

71 Soweit der Hilfsantrag der Klägerin auf Nichtigerklärung gegen die stillschweigende Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin nach Artikel 86 EWG-Vertrag gerichtet ist, braucht über ihn nicht mehr entschieden zu werden, da die Untätigkeitsklage, wie oben ausgeführt, zulässig und begründet ist; insoweit ist dieser Hilfsantrag gegenstandslos geworden.

72 Soweit der Hilfsantrag auf Nichtigerklärung gegen die Stellungnahme der Kommission zur Beschwerde der Klägerin nach Artikel 85 EWG-Vertrag gerichtet ist, ist festzustellen, daß die Kommission, da sie zu den Zeitpunkten der Aufforderung zum Tätigwerden, dem 26. Juni 1992, und der Klageerhebung, dem 22. September 1992, das Verfahren zur Prüfung der Beschwerde eingeleitet hatte und es fortführte, zwar insoweit nicht als untätig im Sinne von Artikel 175 EWG-Vertrag angesehen werden kann, daß ihre Stellungnahme in der Form der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 22. Januar 1992 jedoch keine Entscheidung ist, gegen die die Nichtigkeitsklage gegeben ist (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 21, Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in den verbundenen Rechtssachen T-10/92, T-11/92, T-12/92 und T-15/92, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2667, Randnr. 34). Das gleiche gilt schließlich auf jeden Fall für die Mitteilung der Kommission gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17, die nach der Klageerhebung am 24. September 1992 veröffentlicht wurde.

73 Der Hilfsantrag auf Nichtigerklärung ist daher auf jeden Fall als unzulässig zurückzuweisen, soweit er Artikel 85 EWG-Vertrag betrifft.

Zu dem Antrag auf Erlaß einer Anordnung gegenüber der Kommission

74 Die Klägerin beantragt, der Kommission aufzugeben, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem abschließenden Urteil in der vorliegenden Rechtssache innerhalb eines Monats nachzukommen.

75 Insoweit ist daran zu erinnern, daß das Gericht nicht befugt ist, gegenüber den Organen Anordnungen zu treffen oder sich an deren Stelle zu setzen (Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1991 in der Rechtssache T-19/90, von Hößle/Rechnungshof, Slg. 1991, II-615, Randnr. 30). Dies gilt ganz besonders im Rahmen der Befugnis zur Rechtmässigkeitskontrolle, der die Verpflichtung der Verwaltung zum Erlaß der sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen korrespondiert, und zwar sowohl im Verfahren wegen Nichtigerklärung (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in der Rechtssache 53/85, AKZO/Kommission, Slg. 1986, 1965, und Urteil des Gerichts vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache T-43/92, Slazenger/Kommission, Slg. 1994, II-441, Randnr. 181) als auch im Verfahren wegen Untätigkeit (Beschlüsse des Gerichts vom 29. November 1993 in der Rechtssache T-56/92, Kölman/Kommission, Slg. 1993, II-1267, und vom 27. April 1994 in der Rechtssache T-5/94, J/Kommission, Slg. 1994, II-391).

76 Demnach ist dieser Antrag der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

77 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so entscheidet das Gericht über die Verteilung der Kosten. Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es gemäß Artikel 87 § 6 über die Kosten nach freiem Ermessen.

78 Bei Anwendung dieser Vorschriften in ihrem Zusammenhang auf den vorliegenden Fall erscheint es, da beide Parteien mit ihrem Vorbringen teilweise unterlegen sind, angemessen, der Kommission ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Klägerin und der Streithelferin ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Kommission hat es unter Verstoß gegen den EWG-Vertrag unterlassen, zu der Beschwerde der Klägerin (IV/33.375 ° Ladbroke GmbH/PMU/PMI-DSV) Stellung zu nehmen, soweit diese Beschwerde auf Artikel 86 EWG-Vertrag gestützt war.

2) Im übrigen wird die Klage, soweit sie auf Artikel 175 EWG-Vertrag gestützt ist, abgewiesen.

3) Hinsichtlich der Klage gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag ist der Rechtsstreit, soweit diese Klage Artikel 86 EWG-Vertrag betrifft, in der Hauptsache erledigt.

4) Soweit die Nichtigkeitsklage Artikel 85 EWG-Vertrag betrifft, wird sie als unzulässig abgewiesen.

5) Der Antrag auf Erlaß einer Anordnung gegenüber der Kommission wird als unzulässig zurückgewiesen.

6) Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Klägerin.

7) Die Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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