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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 17.06.1999
Aktenzeichen: T-82/96
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 36
EGV Art. 92 Abs. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1 Erlässt die Kommission eine Entscheidung, mit der sie die Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) ablehnt, und teilt sie dies entsprechend ihrer Pflicht zur ordnungsgemässen Verwaltung den Beschwerdeführern in einem Schreiben mit, so ist eine Nichtigkeitsklage eines Beschwerdeführers gegebenenfalls gegen die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung und nicht gegen das genannte Schreiben zu richten. Da ein solches Schreiben nämlich lediglich der Information dient, ist es kein gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) anfechtbarer Rechtsakt.

2 Daß eine individuelle Beihilfe gemäß einer von der Kommission bereits ordnungsgemäß genehmigten allgemeinen Beihilferegelung als eine schon bestehende Beihilfe angesehen wird, deren Gewährung bereits gestattet worden ist, nimmt den Unternehmen, die die Entscheidung der Kommission über die Genehmigung dieser individuellen Beihilfe anfechten, nicht das Rechtsschutzinteresse, wenn sie die Nichtigkeitsklage gerade darauf stützen, daß die fragliche Beihilfe von der Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt sei.

3 Stellt die Kommission, ohne das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) zu eröffnen, gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt fest, so können die Konkurrenzunternehmen des durch die fragliche Beihilfe begünstigten Unternehmens die Einhaltung der Verfahrensgarantien, die ihnen als beteiligten Dritten gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zugute kommen, nur durchsetzen, wenn sie diese Entscheidung vor dem Gericht anfechten können.

4 Die Einrede der Rechtswidrigkeit gemäß Artikel 184 EG-Vertrag (jetzt Artikel 241 EG) ist Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zwecke der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Entscheidung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Gemeinschaftsorgane zu bestreiten, die die Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne daß sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können.

Dieser allgemeine Grundsatz ist gleichfalls anwendbar, wenn eine individuelle Entscheidung unmittelbar auf einen Rechtsakt von allgemeiner Tragweite gestützt ist, der von den gegen ihn klagebefugten natürlichen oder juristischen Personen mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden kann; insbesondere ist dies dann der Fall, wenn sie erst durch die individuelle Entscheidung sicher erkennen können, inwieweit ihre persönlichen Interessen betroffen sind.

5 Hat die Kommission eine allgemeine Beihilferegelung einmal genehmigt, so braucht sie über die individuellen Durchführungsmaßnahmen nicht mehr unterrichtet zu werden, es sei denn, sie hat in ihrer Genehmigungsentscheidung entsprechende Vorbehalte gemacht. Denn könnte die Kommission jede individuelle Beihilfe unmittelbar anhand des Artikels 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) überprüfen, so könnte sie ihre Genehmigungsentscheidung rückgängig machen, was den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zuwiderliefe.

6 Da die Verordnung Nr. 866/90 zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse die Geltung des Artikels 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) und der Artikel 93 und 94 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG und 89 EG) ausdrücklich für die Gewährung von Beihilfen vorschreibt, die die Voraussetzungen für eine Kofinanzierung durch die Gemeinschaft nicht erfuellen, aber eine entsprechende Bestimmung für kofinanzierbare Beihilfen fehlt, sind letztere in dem Rahmen zu beurteilen, den diese Verordnung für gemeinsame Maßnahmen festlegt, und können nicht an den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag gemessen werden.

Die Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf Investitionsbeihilfen, die die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung gemäß der Verordnung Nr. 866/90 erfuellen, wäre auch unvereinbar mit dem Vorrang, den der Vertrag der gemeinsamen Agrarpolitik gegenüber den Wettbewerbsregeln einräumt.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 17. Juni 1999. - Associação dos Refinadores de Açúcar Portugueses (ARAP), Alcântara Refinarias - Açúcares SA und RAR Refinarias de Açúcar Reunidas SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - Beschwerden von Konkurrenzunternehmen - Gerichtlicher Rechtsschutz der Beschwerdeführer - Zucker - Beihilfe, die in Durchführung einer von der Kommission genehmigten allgemeinen Regelung staatlicher Beihilfen gewährt wird - Staatliche Beihilfe zur Berufsausbildung - Staatliche Beihilfe im Rahmen einer Kofinanzierung gemäß der Strukturfondsregelung. - Rechtssache T-82/96.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Mit Schreiben vom 11. Januar 1996 teilte die Kommission der portugiesischen Regierung ihre Entscheidung mit, u. a. staatliche Beihilfen Portugals unter dem Aktenzeichen N11/95 für ein Investitionsvorhaben der DAI - Sociedade de Desenvolvimento Agro-industrial SA (im folgenden: DAI) zur Errichtung einer Rübenzuckerraffinerie in Coruche im Tal des Tajo und des Sorraia nicht gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag (jetzt - ersterer nach Änderung - Artikel 87 EG und 88 EG) zu beanstanden (im folgenden: Entscheidung vom 11. Januar 1996 oder angefochtene Entscheidung).

2 Das fragliche Investitionsvorhaben betraf zu Anfang eine Erzeugungskapazität von höchstens 60 000 t Zucker jährlich; dies entsprach der Portugal eingeräumten Weißzuckerquote gemäß Artikel 26 und Anhang I Kapitel XIV Buchstabe c der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik und die Anpassungen der Verträge (im folgenden: Beitrittsakte), mit denen die Verordnung (EWG) Nr. 1785/81 des Rates vom 30. Juni 1981 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker (ABl. L 177, S. 4) geändert wurde. Nach der Beitrittsakte ist diese Quote für die im festländischen Gebiet Portugals ansässigen Unternehmen bestimmt, die "dort zur Aufnahme der Zuckerproduktion" in der Lage sind. Die Quote wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1599/96 des Rates vom 30. Juli 1996 zur Änderung der Verordnung Nr. 1785/81 (ABl. L 206, S. 43) auf 70 000 t erhöht.

3 Das Verfahren bei der Kommission zur Prüfung der genannten Beihilfen zugunsten der DAI lief folgendermassen ab: In einer ersten Phase teilten die portugiesischen Behörden die Beihilfen mit, um eine Finanzhilfe aus den Strukturfonds zu erlangen. Dieser Antrag auf eine gemeinschaftliche Beihilfe war zunächst an den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EEF) gerichtet; er wurde jedoch später geändert und beim Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Ausrichtung, eingereicht, weil er nach den Regeln für den Agrarsektor und nicht für den Bereich der Industrie geprüft werden sollte.

4 Die Rohrzuckerraffinerien Alcântara Refinarias - Açúcares SA und RAR Refinarias de Açúcar Reunidas SA, seinerzeit die einzigen Zuckererzeuger im festländischen Portugal, und die von diesen beiden Raffinerien gebildete Vereinigung Associação dos Refinadores de Açúcar Portugüses (ARAP) erhoben gegen die genannten Beihilfen für die DAI Beschwerden.

5 Auf diese Beschwerden hin notifizierten die portugiesischen Behörden in einer zweiten Phase die Beihilfen auch nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag.

6 Mit Schreiben vom 19. März 1996 unterrichtete die Kommission die drei Beschwerdeführerinnen über ihre Entscheidung vom 11. Januar 1996, die Beihilfen nicht nach Artikel 92 EG-Vertrag zu beanstanden.

Rechtlicher Rahmen

7 Die fraglichen Beihilfen fügen sich in den rechtlichen Rahmen der Gemeinschaftspolitik in bezug auf staatliche Beihilfen und Interventionen der Strukturfonds im Agrarsektor ein. Gemäß Artikel 42 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 36 Absatz 1 EG) finden die Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen "auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als der Rat dies unter Berücksichtigung der Ziele [der gemeinsamen Agrarpolitik] des Artikels 39... bestimmt".

8 "Soweit in dieser Verordnung nicht anders geregelt, gelten", so bestimmt insofern Artikel 44 der Verordnung Nr. 1785/81, "die Artikel 92, 93 und 94 des Vertrages für die Herstellung der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Waren", zu denen u. a. Rüben- und Rohrzucker, Zuckerrüben und Zuckerrohr gehören, "sowie für den Handel mit diesen Waren." Nach Artikel 45 der Verordnung ist bei ihrer Durchführung "zugleich den in den Artikeln 39 und 110 des Vertrages genannten Zielen in geeigneter Weise Rechnung zu tragen".

9 Was die gemeinschaftliche Kofinanzierung bestimmter Investitionen aus den Strukturfonds zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts im Sinne von Artikel 130a EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 158 EG) angeht, so weist die Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Entwicklungsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente (ABl. L 185, S. 9) den Strukturfonds u. a. folgende Ziele zu: Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand (Ziel Nr. 1), beschleunigte Anpassung der Agrarstrukturen (Ziel Nr. 5a) und Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums (Ziel Nr. 5b). Nach dem Anhang der Verordnung ist das gesamte Staatsgebiet Portugals eine der Regionen, für die das Ziel Nr. 1 gilt. Die Verordnung (EWG) Nr. 4256/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 (ABl. L 374, S. 25) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2085/93 des Rates vom 20. Juli 1993 (ABl. L 193, S. 44) enthält die Vorschriften zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung.

10 Gemäß Artikel 10 der Verordnung Nr. 4256/88 vom 19. Dezember 1988 hat der Rat in seiner Verordnung (EWG) Nr. 866/90 vom 29. März 1990 zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse (ABl. L 91, S. 1), zuletzt geändert und neu gefasst durch seine Verordnung (EG) Nr. 951/97 vom 20. Mai 1997 zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse (ABl. L 142, S. 22) (im folgenden: Verordnung Nr. 866/90), festgelegt, unter welchen Bedingungen und wie im einzelnen, der EAGFL, Abteilung Ausrichtung, zur Verwirklichung der in der Verordnung Nr. 2052/88 genannten Ziele zu den Maßnahmen für die Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse beiträgt. Durch Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 866/90 wurde eine gemeinsame Maßnahme im Rahmen des Zieles Nr. 5a der Verordnung Nr. 2052/88 eingeführt, die auch zur Verwirklichung der in Artikel 1 der Verordnung Nr. 2052/88 definierten Ziele Nrn. 1 und 5b beitragen soll.

11 Gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 866/90 legt die Kommission Kriterien für die Auswahl der für eine Gemeinschaftsbeteiligung in Betracht kommenden Investitionen fest, die als "Auswahlkriterien" bezeichnet werden. Nach Artikel 8 Absatz 1 dieser Verordnung wird anhand dieser Auswahlkriterien bestimmt, welche Investitionen für eine Beteiligung des Fonds in Betracht kommen; dazu werden mit Hilfe der Kriterien Prioritäten festgelegt und die Investitionen bestimmt, die für eine Gemeinschaftsbeteiligung nicht in Betracht kommen. Gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung werden die Auswahlkriterien "entsprechend den Orientierungen der Gemeinschaftspolitik, insbesondere der gemeinsamen Agrarpolitik, festgelegt".

12 Gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 866/90 erließ die Kommission die Entscheidung 94/173/EG vom 22. März 1994 zur Festlegung der Auswahlkriterien für Investitionen zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Entscheidung 90/342/EWG (ABl. L 79, S. 29). Nach der achten Begründungserwägung der Entscheidung "[spiegeln] die Auswahlkriterien... die Orientierung der gemeinsamen Agrarpolitik wider", und nach ihrer fünften Begründungserwägung soll "die Anwendung dieser Kriterien den zu begründenden, spezifischen Bedürfnissen bestimmter regionaler Erzeugnisse Rechnung tragen". Nach dem Anhang der Entscheidung, auf die ihr Artikel 1 verweist, sind "im Sektor Zucker... sämtliche Investitionen ausgeschlossen. Eine Ausnahme bilden Investitionen zur

-...

- Ausschöpfung der in der Beitrittsakte vorgesehenen Quote Portugals (60 000 Tonnen Zucker für das portugiesische Festland)."

13 Weiterhin können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 Absatz 5 der Verordnung Nr. 866/90 "im Regelungsbereich dieser Verordnung Fördermaßnahmen treffen, die in bezug auf die Bedingungen und Einzelheiten der Gewährung von denen dieser Verordnung abweichen bzw. höhere Hoechstbeträge vorsehen, sofern diese Maßnahmen mit den Artikeln 92 und 94 des Vertrages vereinbar sind". Bei der Anwendung dieser Vertragsbestimmungen auf staatliche Beihilfen wendet die Kommission analog u. a. die sektoralen Beschränkungen für die Kofinanzierung solcher Investitionen durch die Gemeinschaft gemäß dem Gemeinschaftsrahmen vom 2. Februar 1996 betreffend staatliche Investitionsbeihilfen für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (ABl. C 29, S. 4) an. Nach diesem Gemeinschaftsrahmen sind staatliche Beihilfen für Investitionen ausgeschlossen, die unter Nummer 1.2 oder unter Nummer 2 des Anhangs der Entscheidung Nr. 94/173 genannt sind, wenn die dort aufgeführten besonderen Bedingungen nicht erfuellt sind.

Die Beihilfen, die in der Entscheidung vom 11. Januar 1996 geprüft wurden

14 Die Kommission hat in ihrer Entscheidung vom 11. Januar 1996 drei verschiedene Arten von Beihilfen zugunsten der DAI geprüft. Eine erste Beihilfe von 1 275 290 000 ESC wurde in Form von Steuerbefreiungen im Rahmen der allgemeinen Beihilferegelung gewährt, die in Portugal durch die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 95/90 vom 20. März 1990 geschaffen wurde, mit der das "Estatuto dos Beneficios Fiscais" (portugiesische Regelung über steuerliche Begünstigungen) geändert und zugunsten grosser Investitionsvorhaben eine besondere Regelung eingeführt wurde. Diese sieht für Unternehmen, die mehr als 10 Milliarden ESC investieren, besondere Steuerbefreiungen für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren vor. Die Beihilfe kann höchstens 10 %, in besonderen Fällen höchstens 20 % der vorgenommenen Nettoinvestitionen betragen.

15 Die Kommission genehmigte die mit der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 95/90 eingeführte Regelung gemäß Artikel 92 EG-Vertrag mit einer Entscheidung vom 3. Juli 1991 (SG [91] D/13312), der portugiesischen Regierung zugestellt am 15. Juli 1991, unter der Bedingung, daß die einzelnen Beihilfen mit den "gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und Rahmen für bestimmte Sektoren der Industrie, der Landwirtschaft und der Fischerei" in Einklang stehen (im folgenden: Entscheidung vom 3. Juli 1991 oder Genehmigungsentscheidung). In der Genehmigungsentscheidung wurde die portugiesische Regierung ausserdem dazu verpflichtet, "alle Vorhaben, für die Befreiungen zwischen 10 % und 20 % (Nettosubventionsäquivalent) gewährt werden oder die sensible Sektoren betreffen", mitzuteilen. Diese allgemeine Beihilferegelung war bis zum 31. Dezember 1995 in Kraft. Mit einer Entscheidung, die der portugiesischen Regierung am 30. Mai 1996 zugestellt wurde, genehmigte die Kommission die Verlängerung der Regelung bis 1999 unter den gleichen Bedingungen; dabei entfiel allerdings die Pflicht zur Mitteilung der Vorhaben in sensiblen Bereichen, die nicht mehr erwähnt wird.

16 In ihrer Entscheidung vom 11. Januar 1996 stellte die Kommission fest, daß die der DAI gewährten Steuerbefreiungen 10 % der Investition nicht überstiegen und daß gemäß ihrer Genehmigungsentscheidung bei der Gewährung dieser Beihilfen die Gemeinschaftsbestimmungen für den Agrarsektor einzuhalten seien. Sie habe das Vorhaben, was den die Investitionen betreffenden Teil angehe, unter dem Aspekt geprüft, ob die Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen im Landwirtschaftssektor eingehalten worden seien, und die Entscheidung 94/173, die die Auswahlkriterien für Investitionen festlege, die die Voraussetzungen für eine Kofinanzierung durch den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, erfuellten, schließe die fraglichen Steuerbefreiungen nicht aus.

17 Eine zweite Beihilfe von 380 000 000 ESC für die Ausbildung der Mitarbeiter der neuen Raffinerie (mindestens 200 Personen) sei mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Insoweit heisst es in der Entscheidung vom 11. Januar 1996, daß "nach der Praxis der Kommission Maßnahmen dieser Art, die dem Erwerb neuer Kenntnisse dienen sollen, bis zu 100 % der anfallenden Kosten genehmigt werden". Im vorliegenden Fall belaufe sich die Beihilfe nur auf 68 % dieser Kosten.

18 Schließlich führt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, die dritte in Frage stehende Beihilfe in Höhe von 1 912 335 000 ESC (15 % der in Betracht kommenden Investitionen) zur Kofinanzierung von Investitionen, für die eine Gemeinschaftsbeihilfe in Höhe von 6 372 065 000 ESC (49,97 % der fraglichen Investitionen) gewährt werden könne, falle gemäß der Verordnung Nr. 866/90 nicht unter die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag und werde von ihr im Rahmen dieser Verordnung geprüft.

Verfahren und Anträge der Beteiligten

19 Mit Klageschrift, die am 29. Mai 1996 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

20 Mit Schriftsätzen, die am 8. und am 18. November 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Portugiesische Republik und die DAI beantragt, zur Unterstützung der Anträge der Beklagten als Streithelferinnen zugelassen zu werden. Mit Beschluß vom 18. März 1997 hat der Präsident der Fünften erweiterten Kammer diesen Streithilfeanträgen stattgegeben. Die DAI und die Portugiesische Republik haben ihre Streithilfeschriftsätze am 19. und 24. Juni 1997 eingereicht. Die Kommission hat am 30. September 1997 und die Klägerinnen haben am 1. Dezember 1997 schriftlich zu den Streithilfeschriftsätzen Stellung genommen.

21 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. In der Sitzung vom 18. November 1998 haben die Beteiligten mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

22 Die Klägerinnen beantragen, - die Klage für zulässig zu erklären;

- die Entscheidungen vom 11. Januar 1996 und vom 19. März 1996 für nichtig zu erklären;

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

23 Die Beklagte beantragt,

- den Antrag auf Nichtigerklärung des Schreibens der Kommission vom 19. März 1996 und den Antrag auf Nichtigerklärung ihrer Entscheidung vom 11. Januar 1996, soweit sie die als Steuerbefreiungen gewährte Beihilfe betrifft, als unzulässig zurückgewiesen und die Klage im übrigen als unbegründet abzuweisen;

- hilfsweise, die gesamte Klage als unbegründet abzuweisen;

- den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

24 Die Portugiesische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt,

- die Klage als unzulässig abzuweisen;

- hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen.

25 Die DAI als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt,

- die Klage auf Nichtigerklärung des Schreibens der Kommission vom 19. März 1996 und der Entscheidung vom 11. Januar 1996, soweit sie die als Steuerbefreiungen gewährte Beihilfe betrifft, als unzulässig abzuweisen;

- die Klage im übrigen als unbegründet abzuweisen;

- hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

- den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 19. März 1996

Zur Zulässigkeit

1. Vorbringen der Beteiligten

26 Die Kommission macht mit Unterstützung der Portugiesischen Republik und der DAI geltend, der Antrag auf Nichtigerklärung ihres Schreibens vom 19. März 1996 sei unzulässig. Mit diesem Schreiben habe sie die Klägerinnen lediglich über ihre Entscheidung vom 11. Januar 1996 unterrichtet, gegen die vorgesehenen Beihilfen zugunsten der DAI keine Einwendungen gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag zu erheben.

27 Nach Ansicht der Klägerinnen ist die gesamte Klage zulässig. Das Schreiben vom 19. März 1996 sei keine blosse Mitteilung, sondern mit ihm seien ihre Beschwerde und ihr ausdrücklicher Antrag, das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten, endgültig zurückgewiesen worden (Gegenschluß aus dem Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1996 in der Rechtssache T-154/94, CSF und CSME/Kommission, Slg. 1996, II-1377, Randnrn. 49 f.). Es entfalte daher endgültige Rechtswirkungen gegen sie und stelle damit eine Entscheidung dar (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Dezember 1988 in den Rechtssachen 166/86 und 220/86, Irish Cement/Kommission, Slg. 1988, 6473, Randnr. 11).

2. Würdigung durch das Gericht

28 Die Adressaten der Entscheidungen, die die Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen erlässt, sind die betroffenen Mitgliedstaaten. Dies gilt auch, wenn eine solche Entscheidung staatliche Maßnahmen betrifft, die in Beschwerden als vertragswidrige staatliche Beihilfen beanstandet werden und wenn aus diesen Beschwerden hervorgeht, daß es die Kommission ablehnt, das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten, sei es, weil die beanstandeten Maßnahmen nach ihrer Auffassung keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 EG-Vertrag darstellen, sei es, weil sie sie für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erachtet. Wenn die Kommission solche Entscheidungen erlässt und entsprechend ihrer Pflicht zur ordnungsgemässen Verwaltung die Beschwerdeführer davon unterrichtet, muß der Beschwerdeführer gegebenenfalls die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung und nicht das an ihn gerichtete Schreiben anfechten (Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 45).

29 Im vorliegenden Fall unterrichtete die Kommission die Klägerinnen, die gegen die fraglichen Beihilfemaßnahmen Beschwerden erhoben hatten, mit Schreiben vom 19. März 1996 lediglich über ihre vom 11. Januar 1996 datierende und der portugiesischen Regierung am gleichen Tag zugestellte Entscheidung, gegen diese Beihilfen keine Einwendungen gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag zu erheben.

30 Dieses lediglich der Information dienende Schreiben hat keinerlei Entscheidungscharakter und ist deshalb kein gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) anfechtbarer Rechtsakt. Der Rechtsschutz für die Klägerinnen ist im vorliegenden Fall dadurch gewahrt, daß sie gegen die an den betroffenen Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung vom 11. Januar 1996 Nichtigkeitsklage erheben können, was sie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch getan haben.

31 Der Antrag auf Nichtigerklärung des Schreibens vom 19. März 1996 ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung vom 11. Januar 1996

Zur Zulässigkeit

1. Vorbringen der Beteiligten

32 Die Kommission hält, unterstützt von der portugiesischen Regierung und der DAI, den Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung mangels Rechtsschutzinteresse der Klägerinnen für teilweise unzulässig, soweit er die als Steuerbefreiungen gewährte Beihilfe betrifft. Insoweit habe sie in der angefochtenen Entscheidung nur prüfen dürfen, ob diese Befreiungen mit der Entscheidung, mit der sie die durch die gesetzesvertretende Verordnung Nr. 95/90 eingeführte allgemeine Beihilferegelung genehmigt habe, in Einklang stuenden. Da dies von den Klägerinnen nicht bestritten worden sei, hätten sie insoweit kein Interesse an einer Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung nachgewiesen, denn selbst wenn die Entscheidung insoweit aufgehoben würde, blieben die Befreiungen, die gemäß der durch die Entscheidung vom 3. Juli 1991 genehmigten allgemeinen Beihilferegelung erteilt worden seien, doch eine bereits bestehende Beihilfe, die die portugiesischen Behörden jederzeit gewähren dürften. Es sei insofern im vorliegenden Verfahren für die Klägerinnen unstatthaft, eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen die Genehmigungsentscheidung zu erheben.

33 Die portugiesische Regierung macht ferner geltend, die Klägerinnen seien von der angefochtenen Entscheidung nicht im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag unmittelbar und individuell betroffen, da die drei fraglichen Beihilfearten ihre Position auf dem portugiesischen Zuckermarkt nicht berührten.

34 Nach Meinung der Klägerinnen hingegen betrifft die angefochtene Entscheidung die Alcântara Refinarias - Açúcares SA und die RAR Refinarias de Açucar Reunidas SA unmittelbar und individuell, da sie sie als Konkurrenzunternehmen der DAI, die gegen die dieser gewährten Beihilfen Beschwerden erhoben hätten, beeinträchtige. Gleiches gelte für die ARAP, die die Interessen der portugiesischen Rohrzuckerindustrie vertrete und gleichfalls bei der Kommission Beschwerde erhoben habe.

2. Würdigung durch das Gericht

35 Die erste Einrede der Unzulässigkeit, wonach die Klägerinnen an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung kein Rechtsschutzinteresse hätten, weil die fraglichen Steuerbefreiungen auch bei Aufhebung der Entscheidung als bereits bestehende Beihilfen aufrechterhalten blieben, ist zurückzuweisen.

36 Daß eine individuelle Beihilfe gemäß einer von der Kommission bereits ordnungsgemäß genehmigten allgemeinen Beihilferegelung als eine schon bestehende Beihilfe angesehen wird, deren Gewährung bereits gestattet worden ist, nimmt den Klägerinnen im vorliegenden Fall nicht das Rechtsschutzinteresse. Ihr Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung besteht insbesondere auch insoweit, als die Kommission darin die der DAI gewährten Steuerbefreiungen nicht beanstandet, denn die Klägerinnen machen gerade geltend, diese Beihilfen seien durch die Genehmigungsentscheidung - die die Gewährung individueller Beihilfen u. a. von der Einhaltung der im betroffenen landwirtschaftlichen Sektor geltenden Regelungen und Rahmen abhängig mache - nicht gedeckt, da sie mit den Regeln der gemeinschaftlichen Landwirtschaftspolitik eben nicht vereinbar seien. Wenn das Gericht die Entscheidung aus diesem Grunde für nichtig erklären sollte, müsste die Kommission deshalb diese der DAI bereits gewährten Beihilfen grundsätzlich vollständig zurückfordern. Weiterhin hätte sie, sollte die Genehmigungsentscheidung für rechtswidrig erachtet werden, die Steuerbefreiungen für die DAI als neue Beihilfe anzusehen und unmittelbar ihre Vereinbarkeit mit dem Vertrag zu prüfen (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1994, I-4635, Randnr. 26). Die von der Kommission aufgeworfene Frage, ob die gegen die Genehmigungsentscheidung erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit zulässig ist, ist hingegen an dieser Stelle nicht zu prüfen, da sie mit der Begründetheit der vorliegenden Nichtigkeitsklage zusammenhängt und in diesem Rahmen zu erörtern sein wird.

37 Die Klägerinnen haben deshalb zweifelsfrei ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, soweit sie die fraglichen Steuerbefreiungen betrifft.

38 Im Rahmen der zweiten Unzulässigkeitseinrede macht die portugiesische Regierung geltend, die Klägerinnen seien nicht im Sinne von Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag unmittelbar und individuell betroffen. Zwar ist diese Einrede nicht von der Beklagten erhoben worden, die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage sind jedoch zwingenden Rechts und daher vom Gericht von Amts wegen zu prüfen (Urteil des Gerichts vom 19. Mai 1994 in der Rechtssache T-465/93, Consorzio Gruppo di Azione Locale "Murgia Messapica"/Kommission, Slg. 1994, II-361, Randnr. 24).

39 Das Recht von Konkurrenzunternehmen zur Anfechtung einer Entscheidung der Kommission, mit der am Ende des Vorverfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag die Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird, ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt (u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 15. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg. 1993, I-2487, Randnrn. 20 bis 24, und Urteil Kommission/Sytraval und Brink's France, Randnrn. 47 f.). Da nämlich die Kommission den Betroffenen nach dem Vertrag nur im Prüfungsverfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag Gelegenheit zur Stellungnahme geben muß, können sie die Beachtung dieser Verfahrensgarantien im Fall einer Entscheidung der Kommission, das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag nicht einzuleiten, nur durch eine Klage gegen diese Entscheidung vor dem Gericht durchsetzen.

40 Im vorliegenden Fall wurde die fragliche allgemeine Regelung für Steuerbefreiungen von der Kommission ohne Eröffnung eines Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag genehmigt. Ausserdem konnten die Klägerinnen nur aufgrund des Erlasses der angefochtenen Entscheidung beurteilen, inwieweit ihre Interessen beeinträchtigt sind. Sie können daher die Einhaltung der Verfahrensgarantien, die ihnen als beteiligten Dritten gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zugute kommen, nur durchsetzen, wenn sie diese Entscheidung vor dem Gericht anfechten können.

41 Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

Begründetheit

42 Die Klägerinnen machen gegen die angefochtene Entscheidung für jede der drei Arten der gewährten Beihilfen jeweils verschiedene Klagegründe geltend.

A - Die Steuerbefreiungen

43 Soweit mit der angefochtenen Entscheidung keine Einwendungen gegen die als Steuerbefreiungen gewährte Beihilfe erhoben werden, stützen die Klägerinnen ihren Antrag auf Nichtigerklärung auf drei Klagegründe. Sie machen erstens gemäß Artikel 184 EG-Vertrag (jetzt Artikel 241 EG) geltend, die Entscheidung vom 3. Juli 1991 sei rechtswidrig. Zweitens handele es sich bei diesen Befreiungen jedenfalls um eine neue Beihilfe, die die portugiesische Regierung gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag hätte notifizieren müssen. Drittens laufe diese Beihilfe der gemeinsamen Agrarpolitik zuwider.

Zum ersten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Entscheidung vom 3. Juli 1991

Zur Zulässigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit

- Vorbringen der Beteiligten

44 Die Kommission erachtet, unterstützt von der portugiesischen Regierung und der DAI, die klägerische Einrede der Rechtswidrigkeit gegen ihre Entscheidung vom 3. Juli 1991 für unzulässig. Diese Entscheidung bilde nicht die Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung, sondern für die nationalen Durchführungsmaßnahmen, die für die Gewährung der fraglichen Steuerbefreiungen getroffen worden seien. Die Klägerinnen hätten gegen diese Maßnahmen bei den nationalen Gerichten klagen und sich auf Artikel 184 EG-Vertrag stützen müssen, um die Anwendung der Entscheidung vom 3. Juli 1991 zu verhindern.

45 Die Klägerinnen machen geltend, ihre Rüge der Unanwendbarkeit der Genehmigungsentscheidung, auf die sich die angefochtene Entscheidung stütze, sei gemäß Artikel 184 EG-Vertrag zulässig.

- Würdigung durch das Gericht

46 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Einrede der Rechtswidrigkeit gemäß Artikel 184 des Vertrages "Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Entscheidung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Gemeinschaftsorgane zu bestreiten, welche die Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne daß sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können" (Urteil des Gerichtshofes vom 6. März 1979 in der Rechtssache 92/78, Simmenthal/Kommission, Slg. 1979, 777, Randnr. 39).

47 Dieser vom Gerichtshof formulierte allgemeine Grundsatz ist gleichfalls anwendbar, wenn eine individuelle Entscheidung unmittelbar auf einen Rechtsakt von allgemeiner Tragweite gestützt ist, der von den gegen ihn klagebefugten natürlichen oder juristischen Personen mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden kann; insbesondere ist dies dann der Fall, wenn sie erst durch die individuelle Entscheidung sicher erkennen können, inwieweit ihre persönlichen Interessen betroffen sind (u. a. Urteile des Gerichtshofes vom 18. März 1975 in den Rechtssachen 44/74, 46/74 und 49/74, Acton u. a./Kommission, Slg. 1975, 383, Randnr. 7, und vom 6. Juli 1988 in der Rechtssache 164/87, Simonella/Kommission, Slg. 1988, 3807, Randnr. 16, und Urteil des Gerichts vom 16. September 1993 in der Rechtssache T-60/92, Noonan/Kommission, Slg. 1993, II-911, Randnr. 23).

48 Im vorliegenden Fall besteht entgegen dem Vorbringen der Kommission ein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang zwischen der Entscheidung vom 3. Juli 1991 und der angefochtenen Entscheidung, denn letztere ist hinsichtlich der fraglichen Steuerbefreiungen auf die Entscheidung vom 3. Juli 1991 zur Genehmigung der allgemeinen Regelung für Steuerbefreiungen gestützt. Individülle Beihilfen, die als bereits bestehende Beihilfen angesehen werden, darf die Kommission nämlich nur daraufhin prüfen, ob sie den Bedingungen entsprechen, die sie in der Entscheidung über die Genehmigung der allgemeinen Regelung aufgestellt hat (Urteil Italien/Kommission, Randnr. 24, und Urteil des Gerichtshofes vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-278/95 P, Siemens/Kommission, Slg. 1997, I-2507, Randnr. 31).

49 Unter diesen Umständen ist für die Klägerinnen ein wirksamer Rechtsschutz - unabhängig davon, ob sie zu einer Klage gegen die Entscheidung vom 3. Juli 1991 befugt gewesen wären - jedenfalls nur gewährleistet, wenn sie die Rechtswidrigkeit dieser Genehmigungsentscheidung im Rahmen einer Klage gegen die Entscheidung der Kommission über die Gewährung der individuellen Beihilfe, aus der erst für sie klar erkennbar wird, inwieweit ihre Interessen beeinträchtigt sind, als Einrede geltend machen können.

50 Die Einrede der Unzulässigkeit gegen den Klagegrund, mit dem die Rechtswidrigkeit der Genehmigungsentscheidung geltend gemacht wird, ist deshalb auf jeden Fall zurückzuweisen.

Zur Begründetheit der Einrede der Rechtswidrigkeit

51 Der erste Klagegrund, mit dem die Rechtswidrigkeit der Entscheidung vom 3. Juli 1991 geltend gemacht wird, gliedert sich in drei Teile. Erstens trage die Genehmigungsentscheidung der Kommission nicht den sektoralen Auswirkungen der allgemeinen Beihilferegelung Rechnung und sei mit der gemeinsamen Agrarpolitik unvereinbar. Zweitens sei das Verfahren, in dem die Genehmigungsentscheidung erlassen worden sei, nicht transparent gewesen, da die Kommission nicht das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet habe. Drittens sei dieses Verfahren formell fehlerhaft gewesen.

a) Zum behaupteten Versäumnis, die sektoralen Auswirkungen der fraglichen allgemeinen Beihilferegelung zu berücksichtigen

Vorbringen der Beteiligten

52 Nach Ansicht der Klägerinnen sind die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a und b EG-Vertrag aufgeführten Ausnahmen eng auszulegen. Bei der Genehmigung allgemeiner Beihilferegelungen müsse die Kommission den betroffenen Mitgliedstaaten insbesondere in "neuralgischen" Sektoren wie dem Agrarsektor oder in Sektoren mit Überkapazität angemessene Bedingungen auferlegen, die bei jeder konkreten Anwendung dieser Regelungen insbesondere zu überprüfen gestatteten, ob die sektoralen Auswirkungen der beabsichtigten Beihilfe nicht dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Januar 1997 in der Rechtssache C-169/95, Spanien/Kommission, Slg. 1997, I-135, Randnr. 20). Eine nationale allgemeine Beihilferegelung dürfe deshalb nicht ohne die ausdrückliche Bedingung genehmigt werden, daß der Kommission über ihre Anwendung im Agrarsektor gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag stets eine vorherige Mitteilung zu machen sei.

53 Die Entscheidung vom 3. Juli 1991 sei mit der gemeinsamen Agrarpolitik unvereinbar, denn sie enthalte keine Verpflichtung zur vorherigen Notifizierung individueller Beihilfen, obwohl die gemeinsame Marktregelung für Zucker keine staatlichen Beihilfen an portugiesische Erzeuger von Rübenzucker erlaube. Die in der Genehmigungsentscheidung genannte Bedingung bezueglich der Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sei insoweit zu ungenau.

54 Die Kommission wendet dagegen ein, die Genehmigungsentscheidung enthalte durchaus die von den Klägerinnen verlangte Art von Bedingung als Schutz gegen sektorale Auswirkungen der allgemeinen Beihilferegelung. Eine genaue Umschreibung all dieser Bedingungen in der Entscheidung selbst sei nicht erforderlich gewesen, denn sie ergäben sich detailliert aus den Gemeinschaftsvorschriften für den Agrarsektor. Die Genehmigungsentscheidung schreibe nämlich, wie in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich in Erinnerung gebracht werde, vor, daß diese Vorschriften bei der Anwendung der allgemeinen Beihilferegelung einzuhalten seien.

Würdigung durch das Gericht

55 Die Klägerinnen haben im vorliegenden Fall nicht dargetan, daß die Einhaltung der im Zuckersektor geltenden Vorschriften durch die in der Genehmigungsentscheidung festgesetzten Bedingungen nicht gewährleistet war. Die Kommission hat die Gewährung individueller Steuerbefreiungen in dieser Entscheidung ausdrücklich von der Einhaltung der insbesondere für die landwirtschaftlichen Sektoren geltenden gemeinschaftlichen Vorschriften abhängig gemacht. Die Klägerinnen haben keinerlei konkreten Beleg dafür erbracht, daß diese Bedingung nicht ausreicht, um Beihilfen, die mit der gemeinsamen Agrarpolitik unvereinbar sind, von der genehmigten allgemeinen Regelung auszuschließen. Sie verweisen auch auf keine Vorschrift der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker, wonach bei der Genehmigung der fraglichen allgemeinen Beihilferegelung eine Verpflichtung vorzusehen gewesen wäre, individuelle Beihilfen im Zuckersektor zu notifizieren.

56 Ausserdem sind die Beihilfen, die gemäß der streitigen allgemeinen Regelung für Steuerbefreiungen im Zuckersektor gewährt werden, der Kontrolle durch die Kommission nicht entzogen. Zwar obliegt es in erster Linie dem betroffenen Mitgliedstaat, auf die Einhaltung der gemeinschaftlichen Bestimmungen zu achten, wenn er nach der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung eine Steuerbefreiung zu gewähren beabsichtigt. Doch kann auch die Kommission jederzeit die Vereinbarkeit einer solchen individuellen Beihilfe mit der Genehmigungsentscheidung und insbesondere mit den Bestimmungen für den betroffenen landwirtschaftlichen Sektor überprüfen. Im Interesse der ordnungsgemässen Durchführung der grundlegenden Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen obliegt ihr eine solche Kontrolle insbesondere dann, wenn bei ihr, wie im vorliegenden Fall, gegen eine solche Beihilfe eine Beschwerde erhoben wurde.

57 Demnach ist das erste Argument im Rahmen des ersten Klagegrundes, wonach keine Kontrolle der sektoralen Auswirkungen der fraglichen Beihilferegelung vorgenommen worden ist, zurückzuweisen.

b) Zur Rüge fehlender Transparenz im Verfahren der Genehmigung der allgemeinen Beihilferegelung

Vorbringen der Parteien

58 Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, sie habe die Notifikation der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 95/90 und die Genehmigungsentscheidung erst nachträglich bekanntgemacht. Damit seien jedoch in einem sensiblen Sektor wie dem Zuckersektor die berechtigten Interessen Dritter nicht beachtet worden, denn die Kommission habe die fragliche allgemeine Beihilferegelung gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag genehmigt, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten, das allein Dritten rechtliches Gehör sichere und eine Marktanalyse zur Abschätzung der möglichen Auswirkungen der fraglichen Beihilfe vorsehe.

59 Die Kommission entgegnet hierauf, ob das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten sei, hänge davon ab, wie schwierig die Zulässigkeit der Beihilferegelung zu beurteilen sei, nicht aber, wie die Klägerinnen meinten, von der Bedeutung des betroffenen Wirtschaftssektors.

60 Die DAI schließt sich diesem Vorbringen an und verweist ausserdem darauf, daß keine Vorschrift im Interesse des Rechtsschutzes für Dritte vorschreibe, wann die Notifizierung staatlicher Beihilfe gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag von der Kommission zu veröffentlichen sei.

Würdigung durch das Gericht

61 Daß die Notifizierung einer Beihilfe durch den betroffenen Mitgliedstaat und deren Prüfung durch die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag in Verbindung mit deren Entscheidung, von der Eröffnung eines Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag unter Beteiligung Dritter abzusehen, nicht Gegenstand einer Veröffentlichung waren, kann im Rahmen der in den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag niedergelegten Regelung für die Prüfung staatlicher Beihilfen nicht als ein Mangel an Transparenz angesehen werden. Zwar kann die Kommission bei der summarischen Prüfung einer staatlichen Beihilfe im Vorverfahren gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag den Interessen Dritter nicht Rechnung tragen. Diese Lösung ist jedoch mit hinreichenden Rechtsgarantien verbunden und durch das Erfordernis der Schnelligkeit voll und ganz gerechtfertigt, wenn die vom betroffenen Mitgliedstaat notifizierte oder mit der Beschwerde eines Dritten gerügte Maßnahme offensichtlich keine oder aber eine mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare staatliche Beihilfe darstellt. Der Rechtsschutz für Dritte ist dabei durch ihre Befugnis gewährleistet, gegen die Entscheidung der Kommission, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag nicht einzuleiten, gegebenenfalls den Gerichtshof anzurufen (Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache Cook/Kommission, Randnrn. 22 bis 24, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91, Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnrn. 16 bis 18).

62 Im vorliegenden Fall ist der Schutz der berechtigten Interessen der Klägerinnen jedenfalls durch ihr - auch wahrgenommenes - Recht gewährleistet, im Rahmen der vorliegenden Klage gegen die Entscheidung vom 11. Januar 1996 hinsichtlich der Steuerbefreiungen zugunsten der DAI gemäß Artikel 184 EG-Vertrag auch die Unanwendbarkeit der Genehmigungsentscheidung geltend zu machen (siehe oben, Randnrn. 43 bis 50).

63 Die Rüge, im Verfahren des Erlasses der Entscheidung vom 3. Juli 1991 seien Rechte Dritter verkannt worden, ist unter diesen Umständen unbegründet. Auch das zweite Argument im Rahmen des ersten Klagegrundes, mit dem die fehlende Transparenz in diesem Verfahren beanstandet worden ist, ist deshalb zurückzuweisen.

c) Zur Rüge der Rechtswidrigkeit des internen Verfahrens, in dem die Entscheidung vom 3. Juli 1991 erlassen wurde

Vorbringen der Beteiligten

64 Die Klägerinnen bezweifeln, daß in dem Verfahren, das dem Erlaß der Entscheidung vom 3. Juli 1991 vorausging, die Geschäftsordnung der Kommission nicht beachtet worden ist. Um festzustellen, ob die authentische Fassung der Entscheidung in portugiesischer Sprache dem Kommissionskollegium zur Verabschiedung und Beglaubigung tatsächlich vorgelegen habe, sei das im Protokoll über die Sitzung der Kommission vom 3. Juli 1991 genannte Dokument SEC(91) 1266 mit dem vorgenannten Schreiben an die portugiesische Regierung vom 15. Juli 1991 zu vergleichen.

65 Die Kommission vertritt die Ansicht, das Protokoll über die Sitzung vom 3. Juli 1991 belege, daß die Genehmigungsentscheidung im Einklang mit ihrer Geschäftsordnung von dem Kommissionskollegium verabschiedet und vom Präsidenten und dem Generalsekretär ordnungsgemäß beglaubigt worden sei.

Würdigung durch das Gericht

66 Die Klägerinnen haben keinen relevanten Umstand vorgetragen, der ernste Zweifel an der Rechtmässigkeit des Verfahrens wecken könnte, in dem die Genehmigungsentscheidung erlassen wurde. Dem von der Kommission vorgelegten Protokoll über ihre Sitzung vom 3. Juli 1991 ist vielmehr zu entnehmen, daß die Genehmigungsentscheidung vom Kommissionskollegium verabschiedet und vom Präsidenten und dem Generalsekretär beglaubigt worden ist.

67 Da für gemeinschaftliche Rechtsakte eine Vermutung ihrer Gültigkeit besteht und sich aus dem Vortrag der Klägerinnen keinerlei Anhaltspunkt dafür ergibt, daß das Verfahren des Erlasses der Genehmigungsentscheidung fehlerhaft gewesen sein könnte, ist das dritte Argument im Rahmen des ersten Klagegrundes zurückzuweisen, ohne daß der von den Klägerinnen beantragte Vergleich von Dokumenten vorzunehmen ist (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-9/89, Hüls/Kommission, Slg. 1992, II-499, Randnr. 384, und vom 11. März 1999 in der Rechtssache T-156/94, Siderúrgica Aristrain Madrid/Kommission, Slg. 1999, II-645, Randnr. 217).

68 Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung einer Pflicht zur Prüfung der der DAI gewährten individuellen Beihilfen

Vorbringen der Parteien

69 Die Klägerinnen beanstanden, die Kommission habe es im vorliegenden Fall versäumt, die Steuerbefreiungen für die DAI gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag zu prüfen. Der Gerichtshof habe im genannten Urteil Italien/Kommission nicht entschieden, daß die konkreten Maßnahmen, mit denen eine allgemeine Beihilferegelung angewendet werde, der Kommission nicht mitzuteilen seien und ihre individuelle Prüfung unnötig sei, wenn die allgemeine Regelung einmal genehmigt sei. Die Pflicht zur Unterrichtung entfalle nur dann, wenn die Kommission bei der Beurteilung der Durchführungsmaßnahmen die gleichen Faktoren zu berücksichtigen habe wie bei der Prüfung der allgemeinen Regelung (Randnr. 21 des Urteils). Die Mitgliedstaaten hätten deshalb Beihilfen, die sie gemäß einer allgemeinen Beihilferegelung vergeben wollten, zu notifizieren, wenn es nicht nur um einen ganz einfachen oder vorhersehbaren Vollzug dieser Regelung gehe und soweit die Beihilfen nach anderen Gesichtspunkten zu beurteilen seien als die allgemeine Regelung selbst, insbesondere wenn sie bestehende Mißstände auf dem Markt, wie z. B. Überkapazitäten, verstärken könnten. Im vorliegenden Fall erlaube die Genehmigung der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 95/90 Portugal nicht die Anwendung dieser Verordnung im Zuckersektor, wo die Beihilfe das empfindliche Gleichgewicht beeinträchtigen könnte, das mit der gemeinsamen Agrarpolitik angestrebt werde.

70 Die Kommission widerspricht dieser Auslegung des genannten Urteils Italien/Kommission. Nach ihrer Auffassung hätte die von den Klägerinnen vorgenommene Unterscheidung eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge.

71 Die Streithelferinnen schließen sich diesem Vorbringen an. Die DAI fügt hinzu, die Argumentation der Klägerinnen verkenne den Sinn und Zweck der Genehmigung einer allgemeinen Beihilferegelung durch die Kommission. Eine solche Genehmigung ziele darauf ab, eine kohärente Kontrolle staatlicher Beihilfen - die weder die in der allgemeinen Regelung gesetzten Grenzen überschreiten noch gegen spezielle gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verstossen dürften - mit dem Erfordernis, die Kommission von einem Teil der Verwaltungsaufgaben zu entlasten, in Einklang zu bringen und gleichzeitig den Unternehmen die wünschenswerte Rechtssicherheit zu gewährleisten.

Würdigung durch das Gericht

72 Im Urteil Italien/Kommission hat der Gerichtshof entschieden, daß die Kommission, wenn sie eine allgemeine Beihilferegelung einmal genehmigt hat, über die individuellen Durchführungsmaßnahmen nicht mehr unterrichtet zu werden braucht, es sei denn, sie hat in ihrer Genehmigungsentscheidung entsprechende Vorbehalte gemacht. Denn könnte die Kommission jede individuelle Beihilfe unmittelbar anhand des Artikels 92 EG-Vertrag überprüfen, so könnte sie ihre Genehmigungsentscheidung rückgängig machen, was den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zuwiderliefe.

73 Die von den Klägerinnen vorgeschlagene Unterscheidung ist mit diesen Grundsätzen unvereinbar. Eine individuelle Beihilfe, mit deren Gewährung eine allgemeine Beihilferegelung vollzogen wird, kann grundsätzlich nicht als eine unvorhersehbare Anwendung dieser Regelung angesehen werden. Denn liefe es den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit zuwider, wenn individuelle Maßnahmen der Kommission mitgeteilt werden müssten, damit diese sie erneut gemäß Artikel 92 EG-Vertrag unter den gleichen Gesichtspunkten prüfen könnte, wie sie sie bereits bei der Genehmigung der allgemeinen Regelung berücksichtigt hat. Verändert sich hingegen nach der Genehmigung der allgemeinen Beihilferegelung die Sachlage, so berücksichtigt die Kommission dies unter Einhaltung des Grundsatzes der Rechtssicherheit im Rahmen der fortlaufenden Überprüfung der bestehenden Beihilferegelungen gemäß Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag (siehe z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-44/93, Namur-Les assurances du crédit, Slg. 1994, I-3829, Randnr. 34). Soweit die Klägerin auf die besondere Lage bestimmter landwirtschaftlicher Sektoren verweist, in denen beispielsweise ein Überschuß erzeugt wird, ist daran zu erinnern, daß sich die Genehmigung einer allgemeinen Beihilferegelung durch die Kommission keineswegs dahin auswirkt, daß die im Rahmen dieser Regelung erlassenen individuellen Beihilfemaßnahmen nicht mehr sämtlichen für den fraglichen Sektor geltenden speziellen Bestimmungen entsprechen müssten. Wie oben (Randnrn. 55 f.) ausgeführt, hängt die Einhaltung dieser Vorschriften im vorliegenden Fall nicht vom Erfordernis einer vorherigen Mitteilung der beabsichtigten individuellen Maßnahmen ab.

74 Wäre die Kommission bei der Prüfung der in der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 95/90 niedergelegten allgemeinen Beihilferegelung davon ausgegangen, daß die Gewährung der entsprechenden Beihilfen in bestimmten Sektoren eine unmittelbare Prüfung anhand von Artikel 92 EG-Vertrag erfordern würde, so hätte sie in ihrer Genehmigungsentscheidung die vorherige Notifizierung individueller Beihilfen im jeweiligen Sektor vorschreiben können und müssen. Die Entscheidung vom 3. Juli 1991 enthält aber keine Verpflichtung, im Zuckersektor gewährte individuelle Beihilfen vorher mitzuteilen, sondern macht die Genehmigung der Steuerbefreiungen nur von zwei präzisen Bedingungen abhängig: Die eingeräumten Steuerbefreiungen dürfen 10 % der vorgenommenen Investitionen nicht überschreiten, und sie müssen den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechen, die für den fraglichen landwirtschaftlichen Sektor gelten. Die Kommission war daher nicht zur Prüfung der der DAI gewährten Steuerbefreiungen unmittelbar anhand von Artikel 92 EG-Vertrag berechtigt, da diese, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung feststellte, den beiden genannten Bedingungen genügten.

75 Der zweite Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

Zum dritten Klagegrund: Unvereinbarkeit der fraglichen Steuerbefreiungen mit der gemeinsamen Agrarpolitik

Vorbringen der Parteien

76 Nach Ansicht der Klägerinnen hat die Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik Vorrang vor der Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag sowie Artikel 94 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 EG) und vor den Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds. Der Gerichtshof habe diese Priorität der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik insbesondere gegenüber den Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen in seinem Urteil vom 15. Oktober 1996 in der Rechtssache C-311/94 (IJssel-Vliet Combinatie, Slg. 1996, I-5023, Randnrn. 31 bis 33) festgestellt.

77 Im vorliegenden Fall widerspreche jede Beihilfe für die Errichtung einer Rübenzuckerraffinerie den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik im Zuckersektor. Deshalb könne eine solche Beihilfe unter keine Ausnahme gemäß Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag fallen.

78 Daß dem festländischen Portugal in der Beitrittsakte eine Zuckerquote zuerkannt worden sei, rechtfertige es nicht, dort mittels staatlicher Beihilfen und/oder einer Kofinanzierung seitens der Gemeinschaft die Errichtung einer Rübenzuckerfabrik zu fördern. Soweit die Entscheidung 94/173 die Möglichkeit einer solchen Förderung nicht ausschließe, sei sie nach Artikel 184 EG-Vertrag rechtswidrig und könne somit nicht als gültige Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung dienen. Soweit sie vorsehe, daß Investitionen für die Erzeugung oder Raffinierung von Rübenzucker im festländischen Portugal, mit der die mit der Beitrittsakte zugeteilte Quote von 60 000 t Weißzucker genutzt werden solle, durch die Gemeinschaft kofinanziert werden dürften, finde sie in den Grundsätzen und Vorschriften des Gemeinschaftsrechts keinerlei Stütze.

79 Eine solche Förderung würde sich sowohl auf die Marktregelung für Zucker als auch auf die Lage Dritter - Erzeuger von Rübenzucker in anderen Mitgliedstaaten oder portugiesische Rohrzuckerraffinerien - ungünstig auswirken. Durch die Erzeugung von Rübenzucker in Portugal würde dessen Inlandsverbrauch um 83 000 t überstiegen; entgegen den Ausführungen der Kommission herrsche nämlich in Portugal kein Zuckerdefizit. Die Erzeugung von Rübenzucker in Portugal bedeutete deshalb eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung des EAGFL, der Interventionskäufe von 60 000 t Rübenzucker tätigen und für Rohrzucker aus Afrika, der Karibik und der Pazifikregion, den sie raffinierten und auf dem Weltmarkt verkauften, Ausfuhrerstattungen leisten müsste. Sie würde ausserdem die strukturelle Übererzeugung der Gemeinschaft erhöhen, obwohl sich dieser Überschuß schon 1995/96 auf mehr als 5 300 000 t Zucker belaufen habe. Schließlich würde sich die mittels der streitigen Beihilfen geschaffene Rübenzuckerindustrie in Portugal möglicherweise als nicht lebensfähig erweisen. Portugal sei im übrigen eine Erhöhung seines Jahreskontingents von 60 000 t auf 70 000 t gewährt worden, um die Lebensfähigkeit der im Bau befindlichen Rübenzuckerraffinerie sicherzustellen.

80 Die Kommission wendet dagegen ein, in der Beitrittsakte sei Portugal eine Quote von 60 000 t Zucker eingeräumt worden, um den Landwirten einer Region, in der für die landwirtschaftliche Erzeugung nur wenig Alternativen bestuenden, den Anbau von Zuckerrüben zu ermöglichen. Da es im festländischen Portugal seinerzeit keine Zuckererzeugung gegeben habe, die als Bezugsgrösse hätte dienen können, habe man die Quote von 60 000 t Weißzucker als notwendiges Minimum für den rentablen Betrieb einer Zuckerraffinerie für die in der Region angebauten Zuckerrüben angesehen. Angesichts der hohen Transportkosten für Zuckerrüben im Vergleich zu den Erzeugungskosten habe niemals Zweifel darüber bestanden, daß in der Region eine Verarbeitung ermöglicht werden müsse. Ausserdem seien die den Mitgliedstaaten im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker zugeteilten Quoten für zuckererzeugende Unternehmen in ihrem Staatsgebiet gedacht. Da sich die Errichtung einer Raffinerie in Portugal verzögert habe, sei übergangsweise einem zuckererzeugenden Unternehmen in Spanien die Raffinierung der in Portugal geernteten Zuckerrüben gestattet worden, wobei diese Zuckerproduktion "als Erzeugung des im festländischen Gebiet Portugals ansässigen Unternehmens... angesehen wird" (Artikel 24 Absatz 1a der Verordnung Nr. 1785/81 in der Fassung der Verordnung [EWG] Nr. 1107/88 des Rates vom 25. April 1988 [ABl. L 110, S. 20]). Diese Maßnahme habe es ermöglicht, 1986 in Portugal mit dem Anbau von Zuckerrüben zu beginnen, wenn auch nur in kleinem Maßstab. Mit der Erhöhung der dem festländischen Portugal zugeteilten Zuckerquote auf 70 000 t durch die Verordnung Nr. 1599/96 vom 30. Juli 1996 sei der Zweck verfolgt worden, den notwendigen Impuls für die Errichtung einer Rübenzuckerraffinerie im Land selbst zu geben, um die portugiesischen Landwirte zum Anbau von Zuckerrüben zu ermutigen (siehe den Vorschlag einer Verordnung [EG] des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 1785/81 [ABl. 1996, C 28, S. 6]).

81 Die portugiesische Regierung führt aus, wenn Portugal wegen seiner unzureichenden landwirtschaftlichen Strukturen im Rübenzuckersektor die ihm im Beitrittsvertrag eingeräumte Zuckerquote nicht nutzen könne, so wäre der Beitrittsvertrag insoweit wirkungslos und blieben der portugiesische Wirtschaft die Vorteile der Marktpolitik versagt, zu denen sie durch ihre Beteiligung an den gemeinschaftlichen Belastungen, insbesondere über den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, beitrage. Diese unbillige Lage sei um so unangemessener, als sie einen Staat betreffe, der insgesamt als Zielregion für die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts im Sinne der Verordnung Nr. 2052/88 angesehen werde.

82 Die DAI schließt sich diesem Vorbringen an. Sie macht geltend, die Klägerinnen hätten keinerlei Beweis dafür vorgelegt, daß die Rübenzuckerindustrie, die die Portugal zugeteilte Quote nutzen solle, nicht lebensfähig wäre sowie neue Beihilfen benötigen und die finanzielle Belastung des EAGFL erhöhen würde.

83 Ausserdem könnten die Gemeinschaftsorgane bei der Verfolgung der verschiedenen in Artikel 39 EG-Vertrag niedergelegten Ziele dem einen oder anderen von diesen zeitweilig den Vorrang einräumen, wenn die wirtschaftlichen Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlußfassung bildeten, dies geböten (Urteil des Gerichtshofes vom 11. März 1987 in den Rechtssachen 279/84, 280/84, 285/84 und 286/84, Rau u. a./Kommission, Slg. 1987, 1069, Randnr. 21).

Würdigung durch das Gericht

84 In der angefochtenen Entscheidung durfte und musste die Kommission lediglich prüfen, ob die der DAI gewährten Steuerbefreiungen den in ihrer Genehmigungsentscheidung festgelegten Bedingungen und insbesondere den Vorschriften für den Zuckersektor entsprachen.

85 Die Klägerinnen machen im vorliegenden Fall geltend, die Steuerbefreiungen für die DAI seien mit den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik im Zuckersektor unvereinbar. Im wesentlichen führen sie aus, die Schaffung einer Rübenzucker erzeugenden Industrie in Portugal würde die in der Gemeinschaft bestehende Überkapazität in diesem Sektor erhöhen und die Interventionsmechanismen erheblich belasten.

86 Mit einer gemeinsamen Marktorganisation werden verschiedene Zwecke verfolgt, die die verschiedenen in Artikel 39 Absatz 1 EG-Vertrag niedergelegten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik widerspiegeln. Sie ist insbesondere auf den bestmöglichen Einsatz der Landwirte, eine angemessene Lebenshaltung für sie, die Stabilisierung der Märkte, die Sicherheit der Versorgung und angemessene Verbraucherpreise ausgerichtet. Gemäß Artikel 39 Absatz 2 EG-Vertrag sind bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik ausserdem die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt, die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen, und die Tatsache zu berücksichtigen, daß die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt.

87 Ferner müssen die Gemeinschaftsorgane, worauf die DAI hingewiesen hat, ständig auf den Ausgleich hinwirken, den etwaige Konflikte zwischen diesen Zielen, die sich aus einer isolierten Betrachtungsweise ergeben, erfordern können. Zu diesem Zweck können sie dem einen oder anderen dieser Ziele zeitweilig den Vorrang einräumen, sofern die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlußfassung bilden, dies gebieten (Urteil Rau u. a./Kommission, Randnr. 21).

88 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die fraglichen Steuerbefreiungen, mit denen gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag bestimmte Wirtschaftsgebiete gefördert werden sollen, mit den Zielen der Bestimmungen für den Sektor der Zuckererzeugung und -verarbeitung vereinbar sind.

89 Dabei ergibt eine Prüfung dieser Regelung, daß die Steuerbefreiungen für die DAI, mit denen die Errichtung einer Rübenzuckerraffinerie im festländischen Portugal gefördert werden soll, mit den Zwecken und Vorschriften, die die Verordnung Nr. 1785/81 im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik normiert, in Einklang stehen. Diese Verordnung legt in ihrem Artikel 24 Absatz 2 in der Fassung der Beitrittsakte gerade eine - später auf 70 000 t erhöhte - Quote von 60 000 t für das festländische Portugal fest und sieht in Artikel 24 Absatz 1 vor, daß Portugal "jedem in diesem Gebiet ansässigen Unternehmen, das dort zur Aufnahme der Zuckerproduktion in der Lage ist", einen Teil dieser Quote zuteilt. Aus Artikel 44 der Verordnung geht überdies klar hervor, daß staatliche Beihilfen insbesondere für die Erzeugung von Rübenzucker gemäß den Artikeln 92 bis 94 EG-Vertrag genehmigt werden dürfen.

90 Die fraglichen Steuerbefreiungen sind auch mit der Gemeinschaftspolitik in bezug auf öffentliche Interventionen für strukturelle Maßnahmen in der Landwirtschaft vereinbar. So wird durch Artikel 16 Absatz 5 der Verordnung Nr. 866/90 ausdrücklich bestätigt, daß die Mitgliedstaaten neben den speziell in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen unter den in den Artikeln 92 bis 94 EG-Vertrag festgelegten Voraussetzungen Beihilfen im Bereich der Verarbeitung und des Vertriebs landwirtschaftlicher Erzeugnisse vergeben dürfen. Die im vorliegenden Fall fraglichen Beihilfen für die Errichtung einer Zuckerraffinerie stehen auch im Einklang mit den Auswahlkriterien für Investitionen, die für die finanzielle Förderung durch den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, in Betracht kommen. So schließt die Entscheidung 94/173, die diese Kriterien festlegt, in Nummer 2.8. ihres Anhangs sämtliche Investitionen im Zuckersektor mit Ausnahme derjenigen aus, mit denen die in der Beitrittsakte vorgesehene Quote Portugals ausgeschöpft werden soll. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (siehe oben, Randnr. 77) wurde diese Ausnahme in der Entscheidung 94/173 deshalb vorgesehen, weil die Verordnung Nr. 1785/81 Portugal eine Quote für sein festländisches Gebiet gerade zu dem Zweck einräumt, den dort ansässigen Unternehmen eine "Aufnahme der Zuckerproduktion" zu ermöglichen. Die fraglichen Beihilfen berücksichtigen somit die sektoralen Beschränkungen für die Kofinanzierung von Investitionen im Bereich der Verarbeitung und des Vertriebs von Zucker, die gemäß dem Gemeinschaftsrahmen vom 2. Februar 1996 betreffend staatliche Investitionsbeihilfen für die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (siehe oben, Randnr. 13) analog für staatliche Investitionsbeihilfen in diesem Sektor gelten.

91 Auch das Vorbringen der Klägerinnen, es sei eine Erhöhung der Übererzeugung von Zucker in der Gemeinschaft und der Belastung des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, zu befürchten, ist nicht geeignet, die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen für die Errichtung einer Rübenzuckerraffinerie in Portugal mit der gemeinsamen Agrarpolitik im Zuckersektor in Frage zu stellen. Da diese Beihilfen - wie in den vorstehenden Randnummern ausgeführt - der Nutzung der Quote von 70 000 t Zucker dienen sollen, die Portugal durch die Verordnung Nr. 1785/81, mit der für diesen Sektor eine gemeinsame Marktorganisation geschaffen wurde, für sein festländisches Gebiet ausdrücklich eingeräumt wurde, um den dort ansässigen Unternehmen die "Aufnahme" einer Zuckererzeugung zu ermöglichen, lässt sich nicht in Abrede stellen, daß sie zur Verwirklichung der im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik verfolgten Ziele beitragen. Im übrigen könnte sich der Zuckerüberschuß in der Gemeinschaft, der 1995/96 nach den von den Klägerinnen vorgelegten Zahlen ungefähr 5 300 000 t betrug, durch die Produktionskapazität der neuen in Portugal zu errichtenden Rübenzuckerraffinerie von 70 000 t jedenfalls nur relativ geringfügig erhöhen.

92 Schließlich ergibt sich aus den Akten kein ernsthafter Anhaltspunkt dafür, daß die mit der Beihilfe geförderte Rübenzuckerraffinerie nicht lebensfähig wäre. Insoweit verweisen die Klägerinnen nur ganz allgemein auf fehlende Absatzmöglichkeiten und die ungewisse Preisentwicklung und äussern Zweifel daran, daß der Anbau von Zuckerrüben im festländischen Portugal angesichts der klimatischen Verhältnisse und der mangelnden Erfahrung der portugiesischen Landwirte auf diesem Gebiet erfolgreich sein werde. Sie haben diese Behauptungen jedoch nicht durch konkrete und präzise Angaben substantiiert.

93 Nach alledem haben die Klägerinnen nicht nachgewiesen, daß die Steuerbefreiungen für die DAI mit den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik, wie sie in den einschlägigen Vorschriften näher ausgestaltet sind, unvereinbar wären.

94 Der dritte Klagegrund ist deshalb ebenfalls zurückzuweisen.

95 Der Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ist deshalb, was die in Form von Steuerbefreiungen gewährten Beihilfen angeht, als unbegründet zurückzuweisen.

B - Die Beihilfe zur Berufsausbildung

Vorbringen der Beteiligten

96 Insoweit machen die Klägerinnen als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag geltend. Die fragliche Beihilfe zur Berufsausbildung sei gemäß Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag unzulässig und könne wegen der negativen Auswirkungen, die die staatlichen Beihilfen für die DAI insgesamt auf den Wettbewerb und die gemeinsame Agrarpolitik hätten, nicht unter die Ausnahme gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag fallen. Dabei seien diese Auswirkungen, die Interessen der Gemeinschaft und Dritter beeinträchtigten, anhand des Gesamtumfangs der gewährten Unterstützung zu beurteilen, die sich nach den von der Kommission vorgelegten Zahlen auf 61,65 % der Gesamtinvestition belaufe.

97 Nach Ansicht der Kommission ist jede Beihilfeart einzeln zu beurteilen. Die fragliche Ausbildungsbeihilfe solle etwa 68 % der steuerbefreiten Ausbildungskosten für die neuen Mitarbeiter der DAI decken und erfuelle die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag festgelegten Voraussetzungen. Im landwirtschaftlichen Bereich genehmige die Kommission derartige Beihilfen zur Förderung der Beschäftigung regelmässig bis zu 100 % der Kosten. Der Grund dafür seien die Besonderheiten dieses Sektors und der Umstand, daß die Berufsausbildungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich seien, denn die Kosten, die in einem Land der Arbeitgeber trage, würden in einem anderen möglicherweise vom Staat übernommen.

Würdigung durch das Gericht

98 Die drei Beihilfearten, die in der angefochtenen Entscheidung geprüft werden - die Steuerbefreiungen, die Beihilfe zur Berufsausbildung und die Investitionsbeihilfe gemäß der Verordnung Nr. 866/90 -, unterliegen unterschiedlichen rechtlichen Regelungen und sind daher anhand der jeweiligen Regelung und unter Berücksichtigung der mit ihnen verfolgten Ziele gesondert zu prüfen; die etwaige Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit den besonderen Vorschriften für den Sektor der Verarbeitung und des Vertriebs von Zucker bleibt davon unberührt. Die Beihilfe zur Berufsausbildung ist deshalb gesondert nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag zu beurteilen.

99 Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission bei der Anwendung des Artikels 92 EG-Vertrag über ein weites Ermessen, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind. Im Rahmen seiner Rechtmässigkeitskontrolle hat sich der Gemeinschaftsrichter daher auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die Kommission nicht durch eine offensichtliche Fehlbeurteilung oder einen Ermessensmißbrauch die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat (Urteil Matra/Kommission, Randnrn. 24 f.).

100 Im vorliegenden Fall soll die Beihilfe zur Berufsausbildung der Schaffung einer neuen Industrie zur Raffinierung von Rübenzucker im festländischen Portugal dienen, um die Tätigkeit von Landwirten in einer Region zu fördern, die im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion wenig Alternativen bietet. Die Klägerinnen haben nichts vorgetragen, was ernsthaft Zweifel daran wecken könnte, daß die fragliche Beihilfe zur Berufsausbildung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige zugute kommen wird, ohne die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu verändern.

101 Der Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ist deshalb, soweit diese sich auf die Beihilfe zur Berufsausbildung bezieht, als unbegründet zurückzuweisen.

C - Zur Investitionsbeihilfe gemäß der Verordnung Nr. 866/90

102 Soweit die angefochtene Entscheidung die Investitionsbeihilfe gemäß der Verordnung Nr. 866/90 betrifft, stützen die Klägerinnen ihren Nichtigkeitsantrag auf zwei Klagegründe. Erstens unterlägen auch staatliche Beihilfen, die die Voraussetzungen der Verordnung Nr. 866/90 für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung erfuellten, den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag. Zweitens schließe die Verordnung Nr. 866/90 eine Kofinanzierung der fraglichen Beihilfe im vorliegenden Fall aus.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag

Vorbringen der Beteiligten

103 Die Klägerinnen machen geltend, im Zuckersektor komme nur für Beihilfen, die gemäß den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag zulässig seien, eine gemeinschaftliche Kofinanzierung nach der Verordnung Nr. 866/90 in Betracht.

104 Auf der Grundlage von Artikel 42 EG-Vertrag lege Artikel 44 der Verordnung Nr. 1785/81 fest, daß die Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag für die Herstellung der in Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung genannten Waren sowie für den Handel mit diesen Waren gälten, zu denen auch Rüben- und Rohrzucker gehörten. Da die erwähnten Vertragsbestimmungen für anwendbar auf ein bestimmtes landwirtschaftliches Erzeugnis erklärt worden seien, liefe es den in Artikel 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 EG) genannten Zielen zuwider, ihre Anwendung in diesem Sektor mit Rücksicht auf wirtschaftliche oder gemeinschaftspolitische Entwicklungen nach Artikel 42 EG-Vertrag auszuschließen.

105 Jedenfalls hebe die Verordnung Nr. 866/90 die genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 1785/81 nicht ausdrücklich auf. Da die Verordnung Nr. 866/90 von allgemeiner Tragweite sei, könne ihr Artikel 16 Absatz 5 deshalb nicht dahin ausgelegt werden, daß er die Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen ausschließe, die die Voraussetzungen für eine Kofinanzierung nach der Verordnung Nr. 866/90 erfuellten, denn damit würde diesen Vertragsbestimmungen im gesamten Agrarsektor ihre Wirksamkeit genommen. Artikel 16 Absatz 5 stelle lediglich klar, daß die allgemeine Regelung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag selbstverständlich auch auf Beihilfemaßnahmen anwendbar sei, die die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung nicht erfuellten.

106 Die Klägerinnen widersprechen weiter der von der Kommission getroffenen Unterscheidung zwischen unmittelbar auf die Zuckerproduktion bezogenen Beihilfen, die der Verordnung Nr. 1785/81 unterlägen, und strukturellen Maßnahmen im Bereich der Verarbeitung und des Vertriebs von Zucker, die nur nach der Verordnung Nr. 866/90 zu beurteilen seien. Die Verordnung Nr. 1785/81 enthalte angemessene Rechtsgarantien sowohl für die Verarbeiter (Rüben- oder Rohrzuckerraffinerien) als auch für die Erzeuger. Deshalb unterlägen sämtliche Maßnahmen im Sektor der Rübenzuckerverarbeitung ausschließlich der erschöpfenden Regelung dieser Verordnung.

107 Die Kommission führt aus, die fragliche Beihilfe sei nicht unmittelbar auf die Erzeugung von Zuckerrüben bezogen. Sie unterliege deshalb nicht der Regelung für die gemeinsame Marktorganisation für Zucker gemäß der Verordnung Nr. 1785/81. Es handele sich vielmehr um eine strukturelle Beihilfe, die Investitionen für die Verarbeitung und den Vertrieb von Rübenzucker fördern solle und deshalb ausschließlich anhand der Verordnung Nr. 866/90 und der in der Entscheidung 94/173 festgelegten Auswahlkriterien zu beurteilen sei.

108 Aus Artikel 16 Absatz 5 der Verordnung Nr. 866/90 ergebe sich jedoch, daß die Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag nur auf Beihilfemaßnahmen anwendbar seien, die hinsichtlich der Bedingungen und Einzelheiten ihrer Gewährung von denen der Verordnung abwichen oder höhere als die dort festgelegten Hoechstbeträge vorsähen.

109 Nach Ansicht der portugiesischen Regierung stellt die Beteiligung des betroffenen Mitgliedstaats an einer vom EAGFL, Abteilung Ausrichtung, bezuschussten strukturellen Maßnahme eine gemeinschaftliche Beihilfe und keine staatliche Beihilfe im Sinne der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag dar. Sie falle damit nicht unter die Verordnung Nr. 1785/81, die die Anwendbarkeit der Vorschriften für staatliche Beihilfen vorsehe.

110 Die DAI wiederum macht geltend, Artikel 16 Absatz 5 der Verordnung Nr. 866/90 beruhe auf Artikel 42 EG-Vertrag und schließe die Anwendung der Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen für Investitionen aus, für die eine gemeinschaftliche Kofinanzierung möglich sei.

Würdigung durch das Gericht

111 Für ihre Auffassung, die Kommission hätte in der angefochtenen Entscheidung prüfen müssen, ob die fraglichen Investitionsbeihilfen unter eine Ausnahme gemäß Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag fielen, stützen sich die Klägerinnen im wesentlichen auf Artikel 44 der Verordnung Nr. 1785/81, der auf der Grundlage von Artikel 42 EG-Vertrag bestimme, daß die Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag nur insoweit für die Herstellung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen gelten, als der Rat dies bestimme.

112 Artikel 44 der Verordnung Nr. 1785/81 unterstellt zwar Beihilfemaßnahmen, die mit dem Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisation im Zuckersektor zusammenhängen, den Artikeln 92 bis 94 EG-Vertrag, er erfasst aber nicht strukturelle Maßnahmen des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, die nicht unter die Verordnung Nr. 1785/81, sondern die Verordnung Nr. 866/90 fallen. Diese Verordnung, die ebenso wie die Verordnung Nr. 1785/81 auf Artikel 42 EG-Vertrag und Artikel 43 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 37 EG) gestützt ist, der die Erarbeitung und Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik regelt, umfasst indessen Vorschriften über die in ihren Geltungsbereich fallenden staatlichen Beihilfen.

113 Insbesondere nimmt die Verordnung Nr. 866/90 den Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit, unabhängig von jeder Gemeinschaftsbeteiligung bestimmte nationale Investitionsbeihilfen zu gewähren, die unter die Verordnung fallen. Die Verordnung legt ausdrücklich fest, daß die Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag für die Gewährung solcher Beihilfen gelten, die für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung nicht in Betracht kommen, weil sie weder die in der Verordnung selbst noch die in der Entscheidung 94/173 festgelegten Kriterien erfuellen.

114 Da die Verordnung Nr. 866/90 keine entsprechende Bestimmung enthält, die die Geltung der Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag ausdrücklich auch für Beihilfen vorschreibt, die die Voraussetzungen für eine Kofinanzierung durch die Gemeinschaft mittels des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, erfuellen, sind diese Beihilfen in dem Rahmen zu beurteilen, den die Verordnung für gemeinsame Maßnahmen festlegt, und können nicht an den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag gemessen werden.

115 Ausserdem wäre Artikel 44 der Verordnung Nr. 1785/81, selbst wenn er dahin auszulegen wäre, daß er die Geltung der Artikel 92 bis 94 EG-Vertrag für alle Beihilfen zur Erzeugung und zum Vertrieb von Zucker vorschreibt, jedenfalls unter Berücksichtigung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik anzuwenden, deren Vorrang vor seinen Wettbewerbsregeln der Vertrag in Artikel 42 selbst festlegt (vgl. Urteil IJssel-Vliet Combinatie, Randnrn. 31 bis 33).

116 Würden die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf Beihilfen angewendet, die die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung gemäß der Verordnung Nr. 866/90 erfuellen, so könnte dies die Verfolgung bestimmter Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik mittels spezieller struktureller Maßnahmen vereiteln, die den Kriterien der Entscheidung 94/173 entsprechen, die Prioritäten für die Kofinanzierung unter die Verordnung fallender Investitionen festlegt.

117 Die Verordnung Nr. 866/90 gewährleistet die Kohärenz zwischen den Investitionsbeihilfen, die auf ihrer Grundlage von der Gemeinschaft und dem betroffenen Mitgliedstaat kofinanziert werden, und der gemeinsamen Agrarpolitik - insbesondere im Zuckersektor - dadurch selbst, daß sie die Annahme bestimmter Auswahlkriterien (fünfte Begründungserwägung und Artikel 8) und die Ausarbeitung gerade diese Kohärenz garantierender Sektorpläne (Artikel 2 und 7) vorsieht. Im vorliegenden Fall schließen die Auswahlkriterien, die die Entscheidung 94/173 auf der Grundlage von Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 866/90 festlegt, alle Investitionen im Zuckersektor mit Ausnahme insbesondere derjenigen zur Ausschöpfung der Quote aus, die Portugal durch die Verordnung Nr. 1785/81 in der Fassung der Beitrittsakte für sein Festlandsgebiet eingeräumt worden ist.

118 Die Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf Investitionsbeihilfen, die die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung gemäß der Verordnung Nr. 866/90 erfuellen, wäre deshalb unvereinbar mit dem Vorrang, den der Vertrag der gemeinsamen Agrarpolitik gegenüber den Wettbewerbsregeln einräumt.

119 Aus den vorgenannten Gründen unterliegen Beihilfen, die die Voraussetzungen für eine gemeinschaftliche Kofinanzierung gemäß der Verordnung Nr. 866/90 erfuellen, somit nicht den Artikeln 92 und 93 EG-Vertrag.

120 Der erste Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen diese Artikel gerügt wurde, ist deshalb zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Unvereinbarkeit der Beihilfe mit der Verordnung Nr. 866/90

Vorbringen der Beteiligten

121 Hilfsweise machen die Klägerinnen als zweiten Klagegrund geltend, einer Kofinanzierung der Beihilfe für den portugiesischen Rübenzuckersektor stehe das Gebot der Kohärenz zwischen der Gemeinschaftsintervention und der gemeinsamen Agrarpolitik entgegen, das die Verordnung Nr. 866/90 in ihrer fünften Begründungserwägung hervorhebe und in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b, 2 und 8 Absatz 2 verbindlich festlege.

122 Insbesondere könne die fragliche Investitionsbeihilfe nicht auf die Entscheidung 94/173 gestützt werden, denn diese sei rechtswidrig, weil sie nicht den Bedingungen für eine Kofinanzierung gemäß der Verordnung Nr. 866/90 entspreche, wonach die Kofinanzierung von mit der gemeinsamen Agrarpolitik unvereinbaren Beihilfen unzulässig sei.

123 Die Kommission bestreitet, daß die fragliche Beihilfe nicht den in der Verordnung Nr. 866/90 festgelegten Bedingungen und Modalitäten entspreche. Die Beihilfe bezwecke ausschließlich, den portugiesischen Behörden die Errichtung eines zuckerverarbeitenden Betriebs zu ermöglichen, um den Absatz der in der Region geernteten Zuckerrüben zu sichern und so die für das portugiesische Festland eingeräumte Weißzuckerquote zu nutzen.

Würdigung durch das Gericht

124 Mit diesem Klagegrund wird im wesentlichen geltend gemacht, die fragliche Investitionsbeihilfe sei nach der Verordnung Nr. 866/90 unzulässig, da sie mit der gemeinsamen Agrarpolitik unvereinbar sei und auch keine Stütze in der Entscheidung 94/173 finden könne, die ihrerseits mit dieser Politik unvereinbar sei. Insoweit genügt der Hinweis, daß die Beihilfen, die die Nutzung der Portugal für sein festländisches Gebiet zugeteilten Quote ermöglichen sollen, mit den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik, wie oben bereits dargelegt (siehe oben, Randnrn. 89 f.), nicht unvereinbar sind. Der zweite Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

125 Nach alledem ist die vorliegende Nichtigkeitsklage insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

126 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Beklagten und der DAI aufzuerlegen, wie diese es beantragt haben.

127 Die Portugiesische Republik trägt ihre Kosten gemäß Artikel 87 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen ihre eigenen Kosten sowie die der Beklagten und der Streithelferin DAI - Sociedade de Desenvolvimento Agro-industrial SA.

3. Die Portugiesische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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