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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 12.01.1995
Aktenzeichen: T-85/94
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 2950/83, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 2950/83 Art. 1
VO (EWG) Nr. 2950/83 Art. 5
EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die in Artikel 190 des Vertrages festgelegte Pflicht zur Begründung von Einzelentscheidungen hat den Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmässigkeit hin zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, daß er erkennen kann, ob die Entscheidung begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht. Der Umfang der Begründungspflicht hängt von der Art des Rechtsakts und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde.

Eine Entscheidung, durch die der Betrag eines ursprünglich vom Europäischen Sozialfonds gewährten Zuschusses gekürzt wird, muß, insbesondere wegen der schwerwiegenden Folgen einer solchen Entscheidung für den Zuschussempfänger, entweder selbst die Gründe klar wiedergeben, die diese Kürzung gegenüber dem ursprünglich bewilligten Betrag rechtfertigen, oder andernfalls aufgrund des Systems enger Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, auf dem die Gewährung derartiger Zuschüsse beruht, hinreichend deutlich auf einen Rechtsakt der Behörden des betreffenden Mitgliedstaats Bezug nehmen, in dem diese die Gründe für eine derartige Kürzung klar angeben.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 12. JANUAR 1995. - EUGENIO BRANCO LDA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - EUROPAEISCHER SOZIALFONDS - KLAGE AUF AUFHEBUNG EINER ENTSCHEIDUNG UEBER DIE KUERZUNG EINES URSPRUENGLICH GEWAEHRTEN ZUSCHUSSES - BEGRUENDUNG - VERSAEUMNISVERFAHREN. - RECHTSSACHE T-85/94.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen, Sachverhalt und Verfahren

Der rechtliche Rahmen

1 Nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a des Beschlusses 83/516/EWG des Rates vom 17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 38, im folgenden: Beschluß 83/516) beteiligt sich dieser Fonds an der Finanzierung von Maßnahmen der beruflichen Bildung und Berufsberatung.

2 In Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 1, im folgenden: Verordnung) werden die Ausgaben aufgezählt, für die Zuschüsse des Europäischen Sozialfonds (ESF) gewährt werden können.

3 Die Genehmigung eines Antrags auf Finanzierung durch den ESF hat nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung zur Folge, daß ein Vorschuß in Höhe von 50 v. H. des Zuschusses zu dem Zeitpunkt gezahlt wird, für den der Beginn der Maßnahme vorgesehen ist. Nach Artikel 5 Absatz 4 enthalten die Anträge auf Restzahlung einen ins einzelne gehenden Bericht über den Inhalt, die Ergebnisse und die finanziellen Einzelheiten der Maßnahme; der betreffende Mitgliedstaat bestätigt, daß die im Antrag enthaltenen Angaben sachlich und rechnerisch richtig sind.

4 Schließlich kann die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung einen Zuschuß des ESF, der nicht unter den Bedingungen der Entscheidung über die Genehmigung verwandt wird, aussetzen, kürzen oder streichen, nachdem sie dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Artikel 6 Absatz 2 bestimmt, daß ein Betrag, der nicht unter den in der Entscheidung über die Genehmigung festgelegten Bedingungen verwendet wurde, zu erstatten ist.

Sachverhalt

5 Im Jahre 1987 stellte das Departamento para os Assuntos do Fundo Social Europeu (Abteilung für Angelegenheiten des Europäischen Sozialfonds des portugiesischen Arbeits- und Sozialministeriums, im folgenden: DAFSE) bei den Dienststellen des ESF im Namen der Portugiesischen Republik zugunsten der Klägerin einen Antrag auf einen Zuschuß für das Haushaltsjahr 1988 für ein Bildungsvorhaben.

6 Das Vorhaben, für das der Zuschuß beantragt wurde und das das Aktenzeichen 880280 P1 trug, wurde durch eine Entscheidung der Kommission genehmigt, die der Klägerin mit Schreiben des DAFSE vom 25. Mai 1988 bekanntgegeben wurde. In der Entscheidung wurde der Betrag des Zuschusses des ESF auf 62 191 499 ESC festgesetzt. Die Portugiesische Republik verpflichtete sich ihrerseits, das Vorhaben aus dem Orçamento da Segurança Social/Instituto de Gestão Financeira da Segurança Social (Haushalt der Sozialversicherung/Institut für die Finanzverwaltung der Sozialversicherung, im folgenden: OSS/IGFSS) in Höhe von 50 883 954 ESC zu finanzieren. Private Beiträge vervollständigten die Finanzierung der Bildungsmaßnahme.

7 Am 12. August 1988 erhielt die Klägerin gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung einen Vorschuß von 50 v. H. des Betrages des vom ESF gewährten Zuschusses sowie des vom OSS/IGFSS gewährten Zuschusses, d. h. 31 095 749 ESC bzw. 25 441 977 ESC.

8 Nach Abschluß der Bildungsmaßnahme beantragte die Klägerin, nachdem sie festgestellt hatte, daß die endgültigen Gesamtkosten der Maßnahme sich auf 104 289 500 ESC, also auf einen geringeren als den ursprünglich vorgesehenen Betrag beliefen, beim DAFSE die Auszahlung des Restbetrags der öffentlichen Zuschüsse. Den geschuldeten Ausführungsrestbetrag gab sie für den ESF mit 20 527 598 ESC und für den OSS/IGFSS mit 16 795 307 ESC an.

9 Nach Stellung dieses Antrags nahm das DAFSE gemäß Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung eine rechnerische und dokumentarische Prüfung der von der Klägerin durchgeführten Bildungsmaßnahme vor und bestätigte den beim ESF gestellten Antrag auf die Restzahlung.

10 Noch während dieser Prüfung zahlte das DAFSE der Klägerin 16 795 307 ESC als Restbetrag des vom OSS/IGFSS zu zahlenden Zuschusses aus, wobei sie angab, daß diese Zahlung der Entscheidung der Kommission über die Genehmigung nicht vorgreife.

11 Das DAFSE nannte der Klägerin mit Schreiben vom 23. Mai 1990 die Ausgaben, die es für zuschußfähig hielt. Aus diesem Schreiben ging hervor, daß das DAFSE bestimmte von der Klägerin angegebene Ausgaben für nicht zuschußfähig hielt, während der Betrag bestimmter zuschußfähiger Ausgaben nach Ansicht des DAFSE gegenüber dem von der Klägerin angegebenen Betrag herabgesetzt werden musste.

12 Aus diesem Grund teilte der DAFSE der Klägerin in demselben Schreiben zum einen mit, daß der Zuschuß des ESF auf 30 672 242 ESC und der des OSS/IGFSS auf 25 095 471 ESC zu kürzen sei, und forderte sie zum anderen auf, einen Teil der Beträge, die sie bereits vom EFS und vom OSS/IGFSS erhalten hatte, nämlich 423 507 ESC bzw. 17 141 813 ESC, zu erstatten.

13 Am 23. Mai 1990 stellte das DAFSE ausserdem im Namen der Klägerin bei den zuständigen Dieststellen der Kommission einen Antrag auf Auszahlung des ° im vorliegenden Fall negativen ° Restbetrags. Dieser Antrag enthielt einen Vorschlag zur Kürzung des Zuschusses entsprechend dem Schreiben des DAFSE an die Klägerin vom 23. Mai 1990.

14 Die Klägerin, die mit der Auffassung des DAFSE nicht einverstanden war, beschloß, die endgültige Entscheidung der Kommission über diesen Antrag auf Restzahlung abzuwarten.

15 Am 29. März 1993 gab die Kommission dem DAFSE ihre Entscheidung über den endgültigen Zuschuß des ESF zu mehreren Bildungsmaßnahmen in Portugal, darunter der von der Klägerin veranstalteten Maßnahme, bekannt.

16 Diese Entscheidung lautet wie folgt:

"Betrifft: Vorgänge/88, die der Entscheidung der EG-Kommission unterliegen

Sehr geehrte Herren,

bezueglich der von Ihren Dienststellen hinsichtlich der oben genannten Angelegenheit erbetenen Erläuterungen teilen wir Ihnen mit, daß die Dienststellen der Kommission nach Prüfung der Anträge auf Restzahlung für die nachstehend aufgeführten Vorgänge folgenden endgültigen Zuschuß des Europäischen Sozialfonds genehmigt haben:

VorgängeZuschuß ESF

(Punkt 15.1 des Anhangs 2)

(...)

880280 P130 672 242 ESC

(...)

(Schlußformel)(gez.) A. Kastrissianakis

Referatsleiter"

17 Im Anschluß an diese Entscheidung richtete das DAFSE am 15. Dezember 1993 ein Schreiben an die Klägerin, das am 17. Dezember 1993 bei dieser einging. Die ersten Absätze dieses Schreibens, das den "Vorgang 880280 P1" betraf, lauten wie folgt:

"Wir informieren Sie für alle Fälle, daß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften dem Antrag auf Restzahlung betreffend den oben genannten Vorgang entsprechend der Ihnen von uns mit Schreiben Nr. 5943 vom 23. Mai 1990 gemachten Mitteilung stattgegeben hat.

Da der fragliche Betrag den Dienststellen des Europäischen Sozialfonds bereits zurückgezahlt wurde, erinnern wir Sie daran, daß Sie gehalten sind, ihn binnen 30 Tagen zu erstatten; andernfalls werden unsere Dienststellen das in dem Decreto-lei Nr. 158/90 vom 17. Mai in der Fassung des Decreto-lei Nr. 246/91 vom 16. Juli vorgesehene Verfahren anwenden."

In den folgenden Absätzen dieses Schreibens werden die Bedingungen genannt, unter denen der geschuldete Betrag zu erstatten ist.

Verfahren

18 Die Klägerin hat daraufhin mit Klageschrift, die am 23. Februar 1994 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

19 Die Kommission hat nach Zustellung der Klageschrift innerhalb der festgesetzten Frist keine Klagebeantwortung eingereicht. Die Klägerin hat mit Schreiben, das am 17. Juni 1994 bei der Kanzlei eingegangen ist, den Erlaß eines Versäumnisurteils gemäß Artikel 122 § 1 der Verfahrensordnung beantragt. Dieser Antrag ist der Kommission mit Schreiben vom 21. Juni 1994 zugestellt worden. Das vorliegende Urteil ist somit ein gemäß den in Artikel 122 § 2 der Verfahrensordnung festgelegten Voraussetzungen erlassenes Versäumnisurteil.

20 Das Gericht hat die Rechtssache durch Beschluß vom 7. Juli 1994, der den Parteien mit Schreiben vom 21. Juli 1994 zugestellt worden ist, gemäß den Artikeln 14 und 51 der Verfahrensordnung an eine Kammer mit drei Richtern verwiesen.

21 Die Kommission hat am 18. Juli 1994 auf eine Aufforderung des Gerichts vom 11. Juli 1994 gemäß Artikel 64 der Verfahrensordnung eine Kopie ihrer Entscheidung vom 29. März 1993, deren Aufhebung die Klägerin beantragt, vorgelegt.

22 Die mündliche Verhandlung hat am 10. November 1994 stattgefunden. Der Rechtsanwalt der Klägerin hat in Anwesenheit der Vertreter der Beklagten mündliche Ausführungen gemacht und die vom Gericht gestellten Fragen beantwortet.

Anträge der Klägerin

23 Die Klägerin beantragt,

° die ihr am 17. Dezember 1993 bekanntgegebene Entscheidung der Kommission, durch die ihrem Antrag auf Restzahlung für den vom ESF bezuschussten Vorgang stattgegeben wurde, insoweit aufzuheben, als die von ihr geltend gemachten Ausgaben als nicht zuschußfähig angesehen werden und ihr die Rückzahlung von 423 507 ESC an den ESF und von 17 141 813 ESC an die Portugiesische Republik aufgegeben und ihr ausserdem die Auszahlung von 20 527 598 ESC durch den ESF verweigert wurde,

° der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Zulässigkeit

24 Das Gericht weist darauf hin, daß die vorliegende Aufhebungsklage nur zulässig ist, wenn sie die Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag erfuellt. Nach dieser Vorschrift muß die Klage gegen eine Entscheidung gerichtet sein, die an die Klägerin ergangen ist, oder gegen eine Entscheidung, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen ist, sie unmittelbar und individuell betrifft.

25 Die streitige Entscheidung ist zwar nicht an die Klägerin, sondern an das DAFSE gerichtet, doch betrifft sie die Klägerin als Zuschussempfängerin eindeutig unmittelbar und individuell.

26 Wie nämlich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht, betrifft eine Entscheidung der Kommission zur Kürzung eines Zuschusses des ESF, wie die streitige Entscheidung, obwohl sie an einen Mitgliedstaat gerichtet ist, den Zuschussempfänger unmittelbar und individuell, da sie diesem einen Teil der ihm ursprünglich gewährten Zuschüsse entzieht, ohne daß der Mitgliedstaat insoweit über ein eigenes Ermessen verfügt (Urteile des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-291/89, Interhotel/Kommission, Slg. 1991, I-2257, Randnr. 13, und in der Rechtssache C-304/89, Oliveira/Kommission, Slg. 1991, I-2283, Randnr. 13; vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-157/90, Infortec/Kommission, Slg. 1992, I-3525, Randnr. 17, in der Rechtssache C-181/90, Consorgan/Kommission, Slg. 1992, I-3557, Randnr. 12, und in der Rechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg. 1992, I-3573, Randnr. 12).

27 Somit ist die vorliegende Klage im Hinblick auf die in Artikel 173 EG-Vertrag festgelegten Voraussetzungen nach Aktenlage zulässig.

Begründetheit

28 Die Klägerin stützt ihre Klage auf sieben Gründe. Sie macht erstens eine Verletzung des Artikels 190 EWG-Vertrag (im folgenden: Vertrag) geltend, zweitens eine Verletzung der Rechte der Verteidigung, drittens eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften, viertens eine Verletzung der Verordnung und der Entscheidung 83/516, fünftens eine Verletzung wohlerworbener Rechte, sechstens eine Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit und schließlich siebtens eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes.

Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Artikels 190 des Vertrages

29 Zur Stützung dieses Klagegrundes führt die Klägerin aus, daß die Begründung einer Entscheidung der Kommission nicht nur den Betroffenen so ausreichend unterrichten solle, daß er die Rechtmässigkeit und Gültigkeit der Entscheidung prüfen kann, sondern daß sie auch dem Gemeinschaftsrichter diese Prüfung ermöglichen solle (Urteil des Gerichtshofes vom 7. April 1987 in der Rechtssache 32/86, Sisma/Kommission, Slg. 1987, 1645, Randnr. 8).

30 Die Klägerin weist darauf hin, daß das Schreiben des DAFSE vom 15. Dezember 1993 keine Rechtfertigung, Begründung oder Angabe der Grundlage der von der Kommission erlassenen Entscheidung enthalte. Auch habe das DAFSE in seinem Schreiben vom 23. Mai 1990 für seine Auffassung, daß bestimmte Ausgaben nicht zuschußfähig seien und daß der Betrag bestimmter zuschußfähiger Ausgaben gekürzt werden müsse, keine Begründung gegeben.

31 Die Klägerin schließt daraus, daß die Kommission die ihr gemäß Artikel 190 des Vertrages obliegende Begründungspflicht verletzt habe, da die Klägerin nicht in der Lage sei, die Rechtmässigkeit und Gültigkeit der Entscheidung der Kommission zu prüfen.

Rechtliche Würdigung

32 Nach ständiger Rechtsprechung hat die Pflicht zur Begründung von Einzelentscheidungen den Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmässigkeit hin zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, daß er erkennen kann, ob die Entscheidung begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht. Der Umfang der Begründungspflicht hängt von der Art des Rechtsakts und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (Urteile Sisma/Kommission, a. a. O., Randnr. 8, Consorgan/Kommission, a. a. O., Randnr. 14, und Cipeke/Kommission, a. a. O., Randnr. 14).

33 Hinsichtlich der Begründung einer Entscheidung, durch die der Betrag eines ursprünglich vom ESF gewährten Zuschusses gekürzt wird, ist insbesondere wegen der schwerwiegenden Folgen einer solchen Entscheidung für den Zuschussempfänger entschieden worden, daß die Entscheidung die Gründe klar wiedergeben muß, die diese Kürzung gegenüber dem ursprünglich bewilligten Betrag rechtfertigen (Urteile Consorgan/Kommission, a. a. O., Randnr. 18, und Cipeke/Kommission, a. a. O., Randnr. 18; Urteil des Gerichts vom 6. Dezember 1994 in der Rechtssache T-450/93, Lisrestal/Kommission, Slg. 1994, II-0000, Randnr. 52).

34 Somit ist zu prüfen, ob die streitige Entscheidung im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des Artikels 190 des Vertrages in seiner Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter erfuellt.

35 Dazu stellt das Gericht fest, daß sich sowohl aus dem anwendbaren rechtlichen Rahmen als auch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt, daß die Gewährung von Zuschüssen des ESF auf einem System enger Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten beruht (siehe insbesondere Artikel 5 Absatz 4 der Verordnung sowie die Urteile des Gerichtshofes vom 15. März 1984 in der Rechtssache 310/81, EISS/Kommission, Slg. 1984, 1341, Randnrn. 14 und 15, und Interhotel/Kommission, a. a. O., Randnr. 16).

36 Somit ist das Gericht in einem Fall wie dem hier vorliegenden, in dem die Kommission den Vorschlag eines Mitgliedstaats, einen ursprünglich gewährten Zuschuß zu kürzen, nur bestätigt, der Auffassung, daß eine Entscheidung der Kommission als im Sinne des Artikels 190 des Vertrages ordnungsgemäß begründet angesehen werden kann, wenn sie entweder die Gründe, die die Kürzung des Zuschusses rechtfertigen, selbst klar zum Ausdruck bringt, oder andernfalls hinreichend deutlich auf einen Rechtsakt der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats Bezug nimmt, in dem diese die Gründe für eine derartige Kürzung klar angeben.

37 Das Gericht stellt fest, daß die streitige Entscheidung im vorliegenden Fall weder eine Begründung dafür enthält, daß die Kommission den ursprünglich gewährten Zuschuß gekürzt hat, noch den Grund dafür angibt, daß sich die Kommission dem Vorschlag des Mitgliedstaats, den fraglichen Zuschuß zu kürzen, angeschlossen hat.

38 Ausserdem enthält auch das Schreiben, das das DAFSE am 23. Mai 1990 an die Klägerin gerichtet und in dem sie dieser mitgeteilt hat, daß zum einen bestimmte Ausgaben nicht zuschußfähig seien und daß zum anderen der Betrag bestimmter zuschußfähiger Ausgaben gekürzt werden müsse, keine Angabe dazu, weshalb der Mitgliedstaat diese Haltung eingenommen hat.

39 Aufgrund dieser Erwägungen ist das Gericht der Auffassung, daß der erste Klagegrund, mit dem das Fehlen einer Begründung gerügt wird, durchgreift und daß die Entscheidung der Kommission vom 29. März 1993 über die Kürzung des der Klägerin ursprünglich vom ESF gewährten Zuschusses deshalb aufzuheben ist, ohne daß die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr dem Antrag der Klägerin entsprechend die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

im Wege des Versäumnisurteils

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Entscheidung der Kommission vom 29. März 1993 über die Kürzung des der Klägerin ursprünglich vom ESF gewährten Zuschusses wird aufgehoben.

2) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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