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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin-Brandenburg
Urteil verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: 6 K 4146/04 B
Rechtsgebiete: AO, FGO


Vorschriften:

AO § 143 Abs. 2
AO § 146
AO § 162 Abs. 2
FGO § 96 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 6. Senat -

auf Grund mündlicher Verhandlung vom 17. März 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht .....,

den Richter .....,

den Richter am Finanzgericht ..... sowie

die ehrenamtlichen Richter ..... und .....

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Änderungsbescheide vom 09. Februar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. April 2004 werden dahingehend geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb sowohl bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001 als auch beim Gewerbesteuermessbescheid für 2001 um jeweils DM 31.391,- gemindert und die Umsatzsteuer 2001 um DM 5.022,56 gemindert wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/4, der Beklagte zu 1/4.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, an der im Streitjahr die A... Verwaltungs GmbH als Komplementärin mit einer Einlage von DM 50.000,- sowie Herr B... und Herr C... als Kommanditisten mit jeweils DM 10.000,- Einlage beteiligt waren. Geschäftsführer der Klägerin im Streitjahr war Herr C...; seitdem ist Frau D... Geschäftsführer.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr unter dem Namen "Der A...-treff" im Untergeschoss des Zentrums ... eine Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßigen Tanzveranstaltungen und einem Bowling-Center, zu dem fünf Bowling-Bahnen gehörten. Bei dem Betrieb handelte es sich um eine Kombination aus einem Bowling-Center und aus einem Jugend- Treff mit einer Tanzfläche. Der Betrieb befand sich in B... und war an sieben Tagen in der Woche geöffnet. In den Räumlichkeiten war Platz für 450 Personen. In den Räumlichkeiten befanden sich im Eckbereich eine Tanzfläche, am Rand ein Sitzbereich, in der Mitte ein runder Tresen mit einer Registrierkasse - eine Ersatzregistrierkasse war ebenfalls dort vorhanden - und im hinteren Teil die Bowling-Bahnen sowie ein WC. Zu den Veranstaltungen gehörte eine regelmäßige Disco sowie Aktionen wie "Happy Hour" oder "Jackpotbowlen", "Tanz für die Mittdreißiger", "Tequila Party", "Skat für Anfänger und Profis", "Allinclusive Night" oder Lady's Night". Bei den Gästen handelte es sich überwiegend um Jugendliche sowie um speziell angesprochene höhere Altersgruppen. Wegen der Preise lt. Getränkekarte sowie der verteilten Handzettel für die Sonderveranstaltungen wird auf B. 42 ff. sowie Bl. 49 ff. der weißen Hinweisakte/Einspruchsverfahren Bezug genommen.

Für das Streitjahr 2001 erklärte die Klägerin einen Verlust von DM ...,-, nachdem der Verlust des Vorjahres DM ...,- betragen hatte. Unter Berücksichtigung der Ergänzungsbilanzen erhöhte sich der Verlust auf DM ...,-. Die Umsatzerlöse der Klägerin beliefen sich auf DM ..., hiervon DM .... für die Gastronomie, DM ... aus dem Bowling. Der Lebensmitteleinsatz sowie der Wareneinsatz für ermäßigt besteuerte Getränke betrug DM ..., während sich der Getränkeeinsatz auf DM ... belief. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss der Klägerin Bezug genommen.

Der Beklagte folgte zunächst den Steuererklärungen und erließ am 29. November 2002 erklärungsgemäß Bescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - ergingen. Weiterhin meldete die Klägerin eine Umsatzsteuer in Höhe von DM ... sowie einen Nachzahlungsbetrag von DM ... an.

Nach einer anonymen Anzeige vom 01. Oktober 2002 wurden bei der Klägerin Arbeitnehmer schwarz beschäftigt, und offiziell angestellte Arbeitnehmer erhielten zusätzlich zum vertraglichen Gehalt Schwarzzahlungen. Der Eigenverbrauch durch den Geschäftsführer C... werde nicht verbucht, und auch das private Fahrzeug des Herrn C... werde über die Klägerin abgerechnet. Zudem würden die Gäste betrogen, indem statt Markenware nur Hausware ausgeschenkt werde oder bei der dritten Getränkebestellung ein billigeres Getränk ... serviert werde, gleichwohl aber das teurere abgerechnet werde (s. Bl. 89 der Hinweisakte/Einspruchsverfahren).

Im Mai 2003 begann eine Außenprüfung bei der Klägerin, die zu erheblichen Hinzuschätzungen führte. Die Außenprüferinnnen Frau X... und Frau Y... beanstandeten die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. So seien am 06. Januar 2001 54 Flaschen Sekt an den Lieferanten L... zurückgegeben worden, die in der Inventurliste zum 31. Dezember 2000 nicht enthalten gewesen seien. Bei den Registrierkassen fehle der Tagesendsummenbon (Z-Bon) Nr. 121 der Cocktailkasse. Die Warenartenberichte seien nicht vollständig aufgehoben worden. Nach Angaben des Geschäftsführers C... existierten keine Warenartenberichte; tatsächlich seien aber die Warenartenberichte Nr. 107 vom Januar 2001, Nr. 113 und 114 vom Februar 2001 und 188 vom März 2001 aufgefunden worden. Weiterhin fehle Warenartenbericht Nr. 66 der täglich eingesetzten Registrierkasse.

Es fehlten Kassenberichte hinsichtlich der Sonderaktionen und Eventveranstaltungen wie z.B. Happy Hour, Two for One etc. Nach Angaben des Geschäftsführers C... seien die Einnahmen aus diesen Veranstaltungen nicht über die Registrierkasse nach den einzelnen Getränkearten, sondern von den Tresenkräften in einer offenen Ladenkasse (Schublade) erfasst und als Gesamtbetrag in der Registrierkasse unter "Buffet" verbucht worden. Es fehlten hierbei die täglichen Kassenberichte, die nur die entsprechenden Umsätze aus den Sonderaktionen beträfen. Damit bestünden große Manipulationsmöglichkeiten bei der Erfassung von Betriebseinnahmen und somit Zweifel an der Vollständigkeit der erklärten jeweiligen Tageseinnahmen. Unter "Buffet" seien zudem auch Getränke zum Normalpreis erfasst worden, die nach dem Ende einer bis zu einer bestimmten Uhrzeit befristeten Sonderaktion wie der Happy Hour verkauft worden seien; damit seien unter "Buffet" sowohl Getränke zu ermäßigten als auch zu normalen Preisen verbucht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen der Außenprüferinnen nimmt der Senat Bezug auf Tz. 7 des Außenprüfungsberichts vom 21. November 2003.

Die Außenprüferinnen führten eine Nachkalkulation durch und gingen hierbei von dem festgestellten Wareneinsatz, den Einkaufspreisen und den Angaben laut Getränke- und Eiskarte der Klägerin aus. Hieraus ergab sich ein um DM ... (= 85%) höherer Umsatz von DM ... gegenüber der Gewinn- und Verlustrechnung. Jedoch beanstandeten die Außenprüferinnen nicht die Verbuchung der Erlöse aus dem Eis- und Snackverkauf.

Von dem festgestellten Wareneinsatz von DM ... seien 24,08% (= DM ...,-) zu normalen Verkaufspreisen verkauft worden; hieraus sei ein Umsatz von DM ...,- bei einem Rohgewinnaufschlag von 394% erzielt worden. 7,13% (= DM ...,-) seien gratis abgegeben worden (DM ...,-) oder in Mixgetränke geflossen (DM ...,-); wöchentlich seien etwa 110 Schnäpse sowie 23 alkoholfreie Getränke umsonst ausgeschenkt worden. 68,79% (= DM ...,-) seien unter dem Buffetumsatz erfasst worden, also während oder nach einer Sonderaktion verkauft worden; diesem Wareneinsatz stehe ein erklärter Buffet-Umsatz von DM ...,- gegenüber.

Die Außenprüferinnen schätzten, dass 60% der Umsätze laut den Preisen der Getränkekarte und 40% der Umsätze zu Sonderpreisen erzielt worden seien. Gegenüber dem erklärten Buffet-Umsatz gelangte sie so zu einer Umsatzdifferenz von DM ...,- statt der zunächst ermittelten Umsatzdifferenz von DM ...,- (zu weiteren Einzelheiten s. Anlage 11 des Außenprüfungsberichts vom 21. November 2003.

Die Außenprüferinnen befanden einen Rohgewinnaufschlag von 245% aus einer Richtsatzspanne von 150% bis 317% für zutreffend, da die Klägerin mehr Getränke als Speisen verkauft habe. Üblicherweise betrage der Rohgewinnsatz bei Diskotheken mit sehr jungem Publikum zwischen 300% und 450%. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnungen der Prüferinnen nimmt der Senat auf Tz. 8 des Außenprüfungsberichts Bezug.

Auf Grund der Nachkalkulation gelangten die Außenprüferinnen zu Mehrerlösen von DM ...,- zuzüglich Umsatzsteuer von DM ...,- sowie zu weiteren hier nicht streitigen Mehrerlösen. Insgesamt ergab sich so unter Berücksichtigung der Gewerbesteuerrückstellung von DM ...,- anstatt des erklärten Verlustes von DM ...,- ein Gewinn von DM ...,- (Mehrergebnis DM ...,-). Bei der Umsatzsteuer ergab sich ein Mehrbetrag von DM ...,- (Umsatzsteuer DM ...,- statt bisher DM ...,-). Wegen der Einzelheiten der Ermittlung der Umsatzsteuer nimmt der Senat auf Tz. 26 und Anlage 6 des Außenprüfungsberichts Bezug.

Gegen die Feststellungen wandte die Klägerin insbesondere ein, dass es zahlreiche Sonderaktionen gegeben habe, bei denen Getränke verbilligt oder gar umsonst (z.B. beim Bowling: 1 Freigetränk) abgegeben worden seien; der Senat nimmt auf die entsprechende Aufstellung Bezug (Bl. 39 der Hinweisakte/Einspruchsverfahren). Der Konkurrenzdruck sei erheblich gewesen, weil in der Nähe weitere Bowling-Center sowie die Diskothek D... eröffnet hätten, die ebenfalls Sonderaktionen (z.B. 0,99 DM-Partys) durchgeführt hätten. Zudem hätten zwei Polizei-Razzien im Dezember 2001 und Februar 2002, die nach Beschwerden der Anwohner wegen Lärmbelästigung und wegen des Verdachts auf Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz durchgeführt worden seien, zu einem Sinken der Besucherzahlen geführt. Die Klägerin habe seit 2001 versucht, Gäste wiederzugewinnen, und habe Kontakt zu den zuständigen Behörden aufgenommen, um die Probleme zu beseitigen. Allerdings habe die Preis- und Kostenpolitik zu drastischen Ergebniseinbußen geführt, auch wenn die Miete von monatlich DM ...,- auf EUR ...,- und die Personalkosten um ca. EUR ...,- gesenkt werden können. Die meisten Getränke seien im Anteil von 10% zum vollen Preis und zu 90% zu einem ermäßigten Preis verkauft worden (s. Aufstellung Bl. 68 der Hinweisakte/Einspruchsverfahren, Schriftsatz der Klägerin vom 23. September 2003). Auf die weiteren, von der Klägerin während des Außenprüfungsverfahrens eingereichten Unterlagen, die u.a. die Ruhestörung und Polizeikontrollen betreffen, nimmt der Senat Bezug (Bl. 69 ff. Hinweisakte/Einspruchsverfahren).

Der Beklagte folgte den Feststellungen und Berechnungen der Außenprüferinnen und erließ am 09. Februar 2004 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid, in dem er einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von DM ...,- feststellte, sowie am 12. Februar 2004 ebenfalls nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag (EUR ...,-), den vortragsfähigen Verlust zur Gewerbesteuer (EUR 0,-) sowie über die Umsatzsteuer (EUR ...,-).

Die Klägerin legte am 11. März 2004 gegen die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, über Umsatzsteuer und "Gewerbesteuer" fristgerecht Einspruch ein. Sie machte geltend, dass sie keine Diskothek betreibe. An drei Tagen in der Woche (Mittwoch, Freitag und Samstag) habe sie zusätzliche Veranstaltungen für Jugendliche durchgeführt wie z.B. Diskussionsrunden, Sportveranstaltungen (Dart-, Billard- und Tischtennisspiele) oder Jugendaustauschprogramme mit ausländischen Jugendlichen; bei diesen Veranstaltungen habe es sich eindeutig nicht um Tanzveranstaltungen gehandelt. Zu dem A... habe ein Jugendclub mit dem Namen "H...club" gehört, der im räumlich vorderen Teil untergebracht gewesen sei. Auch in allen Regionalblättern sei der A... als Freizeitcenter bzw. -club aufgeführt worden und nicht als Diskothek. Der Rohgewinnaufschlag müsse daher Betrieben vergleichbarer Art wie z.B. Jugendfreizeitstätten oder Bowling-Centern entnommen werden.

Bei den von den Außenprüferinnen aufgeführten 54 Flaschen Sekt habe es sich um Kommissionsware gehandelt, die für die Silvesterveranstaltung bestellt worden sei. Hierzu verweist die Klägerin auf ein Schreiben der L... Getränke GmbH vom 15. Dezember 2003, in dem diese bestätigt, dass die Klägerin "mehrmals im Jahr von uns Kommissionsware bezieht, die nach Abschluss der Veranstaltung abgerechnet wird". Die Inventur sei daher korrekt gewesen.

Die Führung der Registrierkassen sei ordnungsgemäß gewesen. Hinsichtlich des fehlenden Bons Nr. 121 der Cocktailkasse habe sie einen Beleg angefertigt, der den Prüferinnen vorgelegt worden sei. Die Cocktailkasse sei ausschließlich zum Erfassen der Umsatzsummen verwendet worden und habe keine Bedeutung für die Warenwirtschaft gehabt. Der Kassenhändler Herr E... habe die Vollständigkeit in chronologischer und numerischer Reihenfolge festgestellt.

Bei dem fehlenden Warenartenbericht Nr. 66 der täglich eingesetzten Registrierkasse handle es sich tatsächlich um einen im April 2001 erstellten Monatsendbericht. Dies sei ein einmaliges und erstmaliges Versehen, so dass der Beleg vernichtet worden sei; denn man habe angenommen, dass am tatsächlichen Monatsende der vollständige und richtige Bericht von der Kasse erstellt werde. Bei Erstellung des tatsächlichen Monatsendbons sei das Fehlen bemerkt und eine Aktennotiz gefertigt worden, auf die die Klägerin nunmehr Bezug nimmt. Ihre Vorgehensweise entspreche dem BMF-Schreiben vom 09. Oktober 2006.

Zu Unrecht gehe der Beklagte davon aus, dass sie keine täglichen Kassenberichte hinsichtlich der Sonderaktionen erstellt habe. Sämtliche Umsätze seien erfasst worden und anhand der Monatsendsummenbons - auch prozentual im Verhältnis zum Gesamtumsatz - nachvollziehbar. Es müssten aber keine zusätzlichen Kassenberichte angefertigt werden. Die von den Außenprüferinnen behauptete Manipulation hätte von den Schichtleitern durchgeführt werden müssen; angesichts des behaupteten Fehlbetrags von TDM ...,- müsste sich ein täglicher Fehlbetrag von DM ...,- ergeben; hier hätte sich eine Prüfung der Vermögensverhältnisse der betreffenden Mitarbeiter angeboten, um festzustellen, ob diese Einnahmen veruntreut haben.

Die Aufteilung der Umsätze in 40% verbilligte Abgabe und 60% Abgabe zu normalen Preisen sei ebenso unzutreffend wie eine Aufteilung von 10% zu 90%. Die Prüferinnen hätten zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin eine derartige Aufteilung von 10% zu 90% vorschlage. Die Außenprüfung habe zudem unberücksichtigt gelassen , dass ab 24.00 Uhr ein genereller Ausschankschluss für den Jugendtreffbereich geherrscht habe, nachdem mehrfach Polizeirazzien durchgeführt worden seien, und dass die Sonderverkaufspreise von 18.00 Uhr bis 21.00 Uhr (mittwochs) bzw. 22.00 Uhr (freitags und samstags) gegolten hätten. Mithin seien Getränke während eines Zeitraums von drei bzw. vier Stunden zu verbilligten Preisen und nur während eines Zeitraums von zwei bzw. vier Stunden zu regulären Preisen angeboten worden. Zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr seien etwa 60% der Gäste gekommen und weitere 20% zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr. Die restlichen Gäste seien zwischen 20.00 Uhr und 22. Uhr oder danach unter Zahlung eines Eintrittsgelds von DM ...,- erschienen.

Tatsächlich sei die Getränkekarte gültig gewesen und die Getränke - außerhalb von Sonderaktionen - auch zu diesen Preisen angeboten worden. Lediglich am Mittwoch, Freitag und Samstag in der Zeit von ca. 18.00 Uhr bis ca. 22. Uhr hätten Sonderpreise - und zwar nur im Jugendtreffbereich - gegolten. Diese Sonderpreise hätten auch nicht im Bowling- Bereich Gültigkeit gehabt; im Bowling-Bereich seien auch Gastronomieumsätze zu regulären Preisen erzielt worden.

Den Außenprüferinnen seien zahlreiche Fehler unterlaufen: So hätten sie eine Abgabemenge Wodka in Mixgetränken von 0,02 cl angenommen anstatt der zutreffenden Menge von 0,04 cl. Weiterhin hätten sie keine Freigetränke berücksichtigt. Zahlreiche Nachberechnungen seien durchgeführt worden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten.

Ausweislich einer Nachschau, die die Außenprüferin X... am 26. Januar 2004 durchführte und die an der Eingangstür des A... endete, da ein Eintrittsgeld von EUR ...,- verlangt wurde, das die Begleitung von Frau X... zu zahlen nicht bereit war, fand sich in der Schaufensteranlage nur ein Hinweis auf verbilligte Getränke von montags bis donnerstags von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr. Ein Hinweis auf eine Sonderaktion war von außen nicht ersichtlich. Im A... lief um 20.30 Uhr bereits Musik. Eine weitere Nachschau durch einen Neffen einer Finanzamtsmitarbeiterin fand am 10. April 2004 statt; danach hätten die Getränkepreise in der Happy Hour von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr bei EUR ...,- für Long Drinks und ... Bier gelegen; die Cocktails seien zu den Preisen laut Getränkeliste abgegeben worden, und der Eintritt habe EUR ...,- betragen. Bei Verlassen des "A..." sei dieser noch sehr voll gewesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. April 2004, die die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Umsatzsteuer sowie "Gewerbesteuer und Gewerbesteuermessbetrag" betraf, wies der Beklagte den Einspruch gegen die Änderungsbescheide als unbegründet zurück. Er führte aus, dass die Inventur unvollständig sei, wie sich aus dem Fehlen der 54 Flaschen Sekt ergebe. Die Bescheinigung der Getränke L... GmbH sei zu allgemein gehalten und daher kein Beweis. Die Ware sei im Jahr 2000 eingekauft sowie verbucht nach dem Jahreswechsel rückvergütet worden. Es handle sich um eine Diskothek, was sich aus der Menge der verkauften Spirituosen ergebe; so seien im Streitjahr 52.310 Gläser á 4 cl hochprozentiger Spirituosen (Wodka, Gin, Whisky) pur oder als Alcopops, 6.290 Flaschen "Klopfer", 54.570 Gläser Bier á 0,3 l sowie 25.070 Flachen Bier ausgeschenkt worden. Insgesamt hätten 150 Tanzveranstaltungen stattgefunden, für die extra DJ's gebucht worden seien. Während der Tanzveranstaltungen seien ca. 75% des Getränkeumsatzes erzielt worden.

Die Buchführung sei nicht ordnungsgemäß: Die Warenartenberichte seien nicht vollständig. Die Vereinnahmung der Tagesumsätze bei Sonderaktionen über eine offene Ladenkasse (Schublade) eröffne große Manipulationsmöglichkeiten. Die Vollständigkeit der Warenartenberichte sei nicht nachgewiesen worden. Bisher lägen nur vier unterschiedlich nummerierte Warenartenberichte vor, die angeblich nur versehentlich erstellt worden seien. Der Rest fehle. Die Aufbewahrungspflicht ergebe sich aus § 147 Abs. 5 Abgabenordnung - AO - analog in Verbindung mit § 257 Abs. 1 Nr. 4 Handelsgesetzbuch - HGB -. Zudem könne selbst bei formell ordnungsgemäßer Buchführung die Beweiskraft der Buchführung durch eine Nachkalkulation widerlegt werden. Der Sachvortrag der Klägerin enthalte zahlreiche Widersprüche: So sei zunächst behauptet worden, dass Bier nicht aus Zapfanlagen habe serviert werden können; später sei dann im Schriftsatz vom 23. September 2003 darauf abgestellt worden, dass 80% des Fassbieres verbilligt in den Sonderaktionen abgegeben worden sei. Mal sei die Dauer der Sonderaktionen mit vier Stunden, mal mit nur zwei Stunden angegeben worden. Entgegen der Behauptung der Klägerin habe das Eintrittsgeld nicht nur EUR ...,- sondern EUR ...,- betragen. Eine widerspruchsfreie Angabe zur Anzahl der sog. ...-DM-Partys fehle: Zu Beginn der Außenprüfung habe die Klägerin von nur seltenen Partys gesprochen, später dann - nach Vorlage der ersten Nachkalkulation - von bis zu 32 Partys pro Jahr.

Die Nachkalkulation sei der Höhe nach ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Gewichtung der Preise sei mit 60% Normalpreisen und 40% Sonderpreisen vorgenommen worden. Eine Nachprüfbarkeit der der Zusammensetzung der einzelnen Warenarten sei bis heute nicht möglich.

Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben, die sich nicht nur gegen die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Gewerbesteuermessbetrag, sondern auch gegen die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes zur Gewerbesteuer zum 31. Dezember 2001 richtet. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Der fehlende Bon Nr. 121 der Cocktailkasse sei bereits am 06. April 2001 durch eine Aktennotiz der Geschäftsführerin ersetzt worden (s. Bl. 25 der Streitakten). Der Geschäftsführer C..., der als Zeuge benannt werde, könne bezeugen, dass versehentlich erstellte Warenberichte ordnungsgemäß aufbewahrt worden seien. Nach den Feststellungen der Firma Kassensysteme E..., deren Inhaber ... E... ebenfalls als Zeuge benannt werde, fehlten lediglich die Kassenberichte Nr. 121 und Nr. 66, für die ordnungsgemäß Ersatzbelege gefertigt worden seien (s. Bl. 47 der AdV-Akte 4 B 4184/04). Beleg Nr. 66 sei versehentlich am 07. April 2001 erstellt und anschließend vernichtet worden, weil die Klägerin davon ausgegangen sei, dass der vollständige und richtige Monatsbericht automatisch vom ersten bis zum letzten Tag des Monats durch die Kasse erstellt werde. Zu beachten sei ferner, dass nach Auskunft der Senatsverwaltung für Finanzen eine sog. offene Ladenkasse zulässig sei, wenn Waren von geringem Wert an dem Einzelhändler nicht bekannte Kunden abgegeben würden (Bl. 143 ff. der Streitakten).

Die Umsätze aus den Sonderaktionen seien aus den Monatsendsummenbons ersichtlich, in denen die Umsätze eingegangen seien. Bis heute habe der Beklagte nicht mitgeteilt, wie die Sonderumsätze zu erfassen seien. Die Anfertigung zusätzlicher Kassenberichte sei nicht erforderlich, wenn alle Einnahmen durch Registrierkassen erfasst würden.

Der Gewinnaufschlag bewege sich bei den drei am häufigsten verkauften Artikeln bei weit unter 100%: Für ...-Bier liege der Rohgewinnaufschlag bei ca. 59%, bei Wodka- Mixgetränken bei ca. 90% und Feigling sei sogar ohne Aufschlag verkauft worden. Diese drei Artikel machten ca. 70% des Gesamtumsatzes aus. Der Beklagte lasse unberücksichtigt , dass ab 24.00 Uhr ein genereller Ausschankschluss für den Bereich des Jugendtreffs gegolten habe. Bis zu diesem Zeitpunkt sei das jeweilige "Getränk des Tages" zu verbilligten Preisen verkauft worden. Die Klägerin legt Werbeflyer vor, aus denen sich ergibt, dass die Sonderverkaufspreise mittwochs zwischen 17.00 bzw. 18.00 Uhr und 21.00 Uhr sowie freitags und samstags von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr gegolten hätten (s. Bl. 27 ff. der Streitakte). Hieraus ergibt sich nach Auffassung der Klägerin ein Zeitrahmen von vier Stunden, während dessen Sonderpreise gegolten hätten, gegenüber einem Zeitrahmen von zwei Stunden, in dem reguläre Preise erzielt worden seien. Zum Ende des Sonderverkaufszeitraums seien noch Bestellungen auf Vorrat abgegeben worden, so dass der Konsum während des Sonderverkaufszeitraums deutlich höher als in der Zeit ab 22.00 Uhr gewesen sei. Die Sonderpreise hätten nur im Jugendtreff gegolten, nicht im Bowlingbereich. Frau D... als Geschäftsführerin der Komplementärin könne als Zeugin bestätigen, dass die Getränkekarte außerhalb der Sonderverkaufsaktionen durchgängig an ca. 70 Stunden pro Woche gegolten habe.

Tägliche Zählungen hätten ergeben, dass etwa 60% der Gäste zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr und weitere 20% zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr eingetroffen seien. Die restlichen Gäste seien in der Zeit ab 20.00 Uhr bzw. - unter Zahlung eines Eintritts von DM ...,- pro Person - nach 22.00 Uhr gekommen. Nach Aussage der Polizeidirektion 6 handelt es sich bei dem A... um einen stark besuchten Jugendtreffpunkt in M..., dessen jugendliche Besucher ein Alter zwischen 14 und 18 Jahren aufwiesen; die Veranstaltungszeit beginne um 18.00 Uhr und ende um 24.00 Uhr (Bl. 93 und 94 der Streitakten). Bis 24.00 Uhr seien letztmalig Getränke ausgeschenkt worden; anschließend hätten die Gäste noch in den Räumlichkeiten verweilen dürfen. Auch das Bezirksamt M... bestätige, dass ab 22.00 Uhr eine Abwanderungswelle eingesetzt habe, weil Ausweiskontrollen stattgefunden hätten; die weitere Abwanderungswelle habe um 24.00 Uhr nach Ausschankschluss eingesetzt (s. Bl. 142 der Streitakten). Weiterhin hat die Klägerin zahlreiche Bestätigungen der im A... beschäftigten Personen eingereicht, aus denen sich ergibt, dass Sonderpreise für Longdrinks, Biere, alkoholfreie Getränke und Schnäpse jeden Mittwoch von 17.00 bis 21.00 Uhr und freitags und samstags von 18.00 bis 22.00 Uhr Gültigkeit gehabt hätten und dies mehrmals in der gültigen Zeit über das Mikrofon beworben worden sei (s. Leitz-Ordner, Anlage 11 ff.).

Während des Klageverfahrens hat der damals zuständige 4. Senat des FG Berlin einen Aussetzungsantrag der Klägerin mit Beschluss vom 07. Dezember 2004 (Aktenzeichen 4 B 4184/04) als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin hat ihre Klage hinsichtlich des Gewerbesteuerbescheids und des Bescheids über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes zur Gewerbesteuer zum 31. Dezember 2001 zurückgenommen. Die Klage ist insoweit abgetrennt und eingestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

1. die Änderungsbescheide vom 09. Februar 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. April 2004 dahingehend zu ändern, dass

a) bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2001 ein Verlust von DM ./. ...,- festgestellt wird,

b) die Umsatzsteuer 2001 auf DM ...,- herabgesetzt wird,

c) der Gewerbesteuermessbetrag für 2001 auf DM ./. ...,- festgesetzt wird, sowie

2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Klage hinsichtlich der Anfechtung der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Verlustes zur Gewerbesteuer zum 31. Dezember 2001 für unzulässig, weil die Klägerin insoweit keinen Einspruch eingelegt habe. Im Übrigen hält der Beklagte die Klage für unbegründet und wiederholt sein Vorbringen aus dem Vorverfahren.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf die von der Klägerin und dem Beklagten eingereichten Unterlagen (wie z.B. Werbeflyer, Getränkeliste, Schriftverkehr mit der Polizei, Berechnungen etc.).

Der Senat hat durch Vernehmung des Zeugen C... Beweis erhoben über die Kassenbuchführung bei der Klägerin. Wegen des Ergebnisses der Zeugenvernehmung verweist der Senat auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung. Die Beteiligten haben einvernehmlich auf eine Vernehmung des Zeugen E... verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet. In dem im Tenor ausgewiesenen Umfang sind die Bescheide und die Einspruchsentscheidung rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -). Im Übrigen ist die Klage unbegründet, da der Beklagte dem Grunde nach zu einer Schätzung nach § 162 Abs. 2 Satz 2 AO berechtigt war (s. unten unter 1.), die der Höhe nach im Wesentlichen rechtmäßig ist (s. unten unter 2.).

1. Die Berechtigung des Beklagten zur Schätzung dem Grunde nach ergibt sich aus § 162 Abs. 2 Satz 2 AO, da die Klägerin die Unterlagen der Kassenbuchführung nicht vollständig vorlegen konnte.

a) Eine ordnungsgemäße Buchführung setzt nach § 146 AO voraus, dass sämtliche Geschäftsvorfälle laufend, vollständig und richtig verzeichnet werden. Ist dies nicht der Fall, ist die Finanzbehörde zu einer Schätzung dem Grunde nach berechtigt (BFH, Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 41/82, BFH/NV 1985, 12).

aa) Erzielt der Steuerpflichtige - wie im Streitfall - im Wesentlichen Bareinnahmen, ist das Kassenbuch wesentlicher Teil der Buchführung, so dass die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung vor allem von der Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung abhängt. Hierfür ist grundsätzlich erforderlich, dass jeder einzelne Geschäftsvorfall erfasst wird (FG Nürnberg, Urteil vom 27. April 2004 II 8/2003, nicht veröffentlicht), d.h. in die Kasse eingezahlt und im Kassenbuch eingetragen bzw. - im Fall einer elektronischen Registrierkasse - einzeln eingetippt und damit registriert wird. Der Steuerpflichtige ist zwar nicht verpflichtet, elektronische Registrierkassen einzusetzen, sondern kann auch eine "offene Kasse" verwenden, in die das Geld eingezahlt wird; Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit hierbei ist aber ebenfalls grundsätzlich die Erfassung des einzelnen Geschäftsvorfalls, da die Tatsache der sofortigen Bezahlung nicht rechtfertigt, die jeweiligen Geschäftsvorfälle nur gesammelt festzuhalten (BFH, Beschluss vom 07. Februar 2008 X B 189/07, nicht veröffentlicht). Dies gilt insbesondere dann, wenn die "offene Kasse" neben einer Registrierkasse geführt wird; denn hier ist offensichtlich, dass in der Registrierkasse nur ein Teil der Einnahmen erfasst wird und die sich aus der Verwendung der Registrierkasse ergebenden Aufzeichnungen nicht vollständig sein können.

bb) Zwar ist nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen zunächst in einer Kasse - oder Nebenkasse - erfasst werden und lediglich die Summe der Tageseinnahmen in das Kassenbuch eingetragen wird bzw. in die Registrierkasse eingetippt wird. Die Rechtsprechung lässt aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität in Einzelfällen zu, dass bei Bareinnahmen nicht jeder einzelne Geschäftsvorfall gesondert erfasst werden muss (BFH, Beschluss vom 07. Februar 2008 X B 189/07, nicht veröffentlicht). Diese Ausnahme greift insbesondere in Fällen, in denen Einzelhändler eine Vielzahl einzelner Geschäfte mit geringem Wert - z.B. Centbeträgen wie bei einer Bäckerei - mit ihnen unbekannten Personen tätigen; hierzu gehören etwa Einnahmen in Cent-Höhe wie bei einer Bäckerei (BFH, Beschluss vom 07. Februar 2008, a.a.O.), bei Stehbierhallen, Straßen- und Marktständen oder Spiel- und Verkaufsautomaten (BFH, Urteil vom 12. Mai 1966 IV 472/60, BStBl. III 1966, 371). In diesen Fällen ist aber gleichwohl erforderlich, dass das Zustandekommen der Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen wird oder dass die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden, ohne dass hierbei die Kassenstreifen, -zettel und Bons aufbewahrt werden müssen (BFH in BFH/NV 1985, 12; Beschluss vom 07. Februar 2008, a.a.O.; in BStBl. III 1966, 371, 373; so auch BMF-Schreiben vom 09. Januar 1996 - IV A 8 - S 0310 - 5/95, BStBl. I 1996, 34). Führt der Steuerpflichtige neben der Hauptkasse Sonderkassen, erfordert die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung das Vorliegen von Nebenkassenbüchern (Kladden) für jede einzelne Sonderkasse (BFH, Urteil vom 20. Oktober 1971 I R 63/70, BStBl. II 1972, 273). Handelt es sich bei den Sonderkassen um Registrierkassen, müssen die Tagesendsummenbons der Sonderkassen aufbewahrt werden (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 147 AO Rz. 24).

b) Den vorstehend genannten Anforderungen genügte die Kassenbuchführung der Klägerin nicht. Die Klägerin hat einen erheblichen Teil ihrer Umsätze in einer Summe erfasst, ohne das Zustandekommen der Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachzuweisen oder einen Kassenbericht vorlegen zu können. Zu diesen Umsätzen gehörten sämtliche Erlöse aus den Sonderverkaufsaktionen während der Aktionszeiten z.B. von 18.00 bis 21.00 Uhr sowie die anschließend zu regulären Preisen verkauften Getränke, die als sog. "Buffetumsatz" in einer Summe in die Registrierkasse eingezahlt und dort erfasst wurden, ohne dass entsprechende Grundaufzeichnungen über das Zustandekommen dieser Summe geführt und aufbewahrt worden sind. Insbesondere ist die Verschiebung der Geldsumme von der "offenen Ladenkasse" in die Registrierkasse in der "offenen Ladenkasse" nicht erfasst worden. Ob hierfür die Unterzeichnung der nach Leerung der "offenen Ladenkasse" ausgezählten Summe durch zwei Beschäftigte der Klägerin ausgereicht hätten, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, kann der Senat dahingestellt lassen; denn eine derartige Unterzeichnung ist nicht erfolgt, so dass es keinen schriftlichen Beleg für den Kassentransfer von der "offenen Ladenkasse" in die Registrierkasse gibt.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auf die praktischen Schwierigkeiten hingewiesen, die einzelnen Geschäftsvorfälle bei einer überfüllten Tanzveranstaltung zu erfassen. Dies rechtfertigt jedoch nach Überzeugung des Senats nicht, auf Grundaufzeichnungen zu verzichten. Denn immerhin war eine Registrierkasse - sowie eine Ersatzregistrierkasse - am Tresen vorhanden, die für die Erfassung der Einnahmen hätte benutzt werden können. Soweit die Klägerin insoweit einwendet, dass die Registrierkasse am hinteren Bereich des Tresens gestanden habe, nicht aber dort, wo die Getränke ausgeschenkt worden seien, hält der Senat ein Verschieben der Kasse hin zum Ausschank für zumutbar und umsetzbar. Selbst wenn eine Registrierkasse nicht existiert hätte, hätte die Klägerin zumindest anhand sonstiger Unterlagen (täglicher Bestand des Leerguts, Strichlisten) Unterlagen erstellen können, die eine Überprüfung der Kassenbuchführung hätten ermöglichen können. Im Übrigen bleibt unklar, weshalb es der Klägerin auch bei überfüllten oder vollständig gefüllten Räumlichkeiten gelungen ist, die Umsätze im Bowling- Bereich, für die ebenfalls der Ausschank hinter dem Tresen verantwortlich war, in der Registrierkasse zu verbuchen, nicht aber die sonstigen Umsätze im Jugendtreffbereich.

c) Darüber hinaus wies die Buchführung der Klägerin weitere Mängel auf, die jedoch im Vergleich mit den vorstehend beschriebenen Mängeln eher geringfügig waren. So fehlte ein Tagesendsummenbon (Nr. 121) bei der Cocktailkasse. Weiterhin sind 54 Flaschen Sekt, die am 06. Januar 2001 an Getränke L... zurückgegeben worden sind, nicht in der Inventur erfasst worden. Da der Lieferant, die Firma Getränke L..., im Vorjahr eine Rechnung für die Lieferung der Sektflaschen erstellt hat (Rechnung vom 29. Dezember 2000, Nr. 19895, gemäß Anlage 2c zum Schriftsatz vom 04. April 2005), spricht dies gegen Kommissionsware, so dass die Sektflaschen nach § 143 Abs. 2 AO als Wareneingang hätten erfasst und in der Inventur ausgewiesen werden müssen.

2. Die Schätzung ist der Höhe nach nur teilweise zu beanstanden. Vom Grundsatz her zutreffend hat der Beklagte den Warenverbrauch auf die einzelnen Getränkearten verteilt und anschließend den Verkaufserlös anhand der Preise laut Getränkeliste sowie anhand der Sonderverkaufspreise hochgerechnet (s. unten unter Buchst. aa). Zu Unrecht hat der Beklagte jedoch bei der Ermittlung der Verkaufserlöse eine Aufteilung im Verhältnis von 60% (Verkauf zu regulären Preisen) zu 40% (Verkauf zu Sonderpreisen) vorgenommen; nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überwiegen die Verkäufe zu Sonderpreisen, so dass ein Verhältnis von 40% (Verkauf zu regulären Preisen) zu 60% (Verkauf zu Sonderpreisen) zutreffend erscheint (s. unten unter Buchst. a, bb). Dabei ist dem Beklagten zu Gunsten der Klägerin ein Rechenfehler bei der Ermittlung der Erlöse aus dem Verkauf von Fassbier unterlaufen, der im Gegenzug zu berichtigen ist (s. unten unter Buchst. a, cc).

a) Der Ansatz des Beklagten, die tatsächlich "verbrauchten" Getränke der Stückzahl nach zu ermitteln, wie dies in Anlage 11 des Außenprüfungsberichts geschehen ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn hieraus ergibt sich eine ausreichende Berechnungsgrundlage für die Höhe der Bareinnahmen, indem der jeweilige Getränkepreis laut Getränkeliste oder Sonderverkaufsaktion angesetzt wird. Aus Sicht des Senats, dem nach § 96 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 FGO in Verbindung mit § 162 eine eigene Schätzungsbefugnis zusteht, kann jedoch der Ansatz im Rahmen der jeweiligen Getränkegruppen (alkoholfreie Getränke, Fassbiere, Flaschenbiere, Spirituosen, Wein und Sekt) in der Weise erfolgen, dass statt der einzelnen Getränkeart und des damit verbundenen Einzelverkaufspreises ein Durchschnittswert angesetzt wird. Hierdurch wird der sich bei jeder Schätzung ergebende Schätzungsrahmen nicht verlassen.

aa) Der Durchschnittspreis pro Getränkegruppe ergibt sich wie folgt:

Bei den alkoholfreien Getränken belief sich der reguläre Preis laut Getränkeliste auf DM 3,42 bis DM 3,50, wobei ganz überwiegend ein Preis von DM 3,50 erzielt worden ist, so dass dieser als Durchschnittswert angesetzt werden kann. Der Sonderverkaufspreis beläuft sich bei den "Two for one"-Aktionen auf die Hälfte, so dass sich ein Betrag von DM 1,75 ergibt.

Bei den Bieren vom Fass belief sich der reguläre Preis auf DM 3,07 bis DM 3,51, wobei der Schwerpunkt der Umsätze beim ... Pilsener (DM 3,07) lag, so dass ein Durchschnittspreis von DM 3,20 angesetzt werden kann. Für die Sonderverkaufsaktionen ist vom hälftigen Betrag, mithin DM 1,60, auszugehen.

Bei den Flaschenbieren betrug der reguläre Preis DM 2,50 bis DM 5,00, wobei der Schwerpunkt bei ... Bier lag, das für DM 3,50 verkauft wurde, so dass ein Durchschnittspreis von DM 3,50 angesetzt werden kann. Für die Sonderverkaufsaktionen ist vom hälftigen Betrag, mithin DM 1,75, auszugehen.

Bei den Spirituosen belief sich die Preisspanne laut Getränkeliste auf DM 3,- bis DM 8,-. Da der Schwerpunkt bei Wodka ... lag, der für DM 5,- (2 cl) sowie für DM 8,- (4 cl) angeboten wurde, kann der rechnerische Durchschnittswert von DM 5,50 durchaus zu Grunde gelegt werden. Bei den Sonderverkaufspreisen ist hingegen von einem Durchschnittspreis nur von DM 2,- auszugehen, weil ganz überwiegend Wodka ... zum Preis von DM 2,- verkauft wurde, der auch Gegenstand zahlreicher Sonderverkaufsaktionen war.

Die Klägerin bot den Wein in Gläsern zum Preis von DM 3,- bis DM 5,50 laut Getränkekarte an. Am meisten verkaufte sie jedoch S... zum Preis von DM 3,-, so dass ein Durchschnittswert unterhalb des rechnerischen Mittels angesetzt werden kann. Ein Durchschnittspreis von DM 4,- erscheint mithin zutreffend. Für die Sonderverkaufsaktionen ist von einem hälftigen Wert (= DM 2,-) auszugehen.

Der Sekt wurde - bis auf eine Ausnahme (DM 4,80) - zu einem Preis von DM 4,50 angeboten, so dass dieser Wert auch als Durchschnittswert anzusetzen ist. Bei den Sonderverkaufsaktionen ergaben sich ermäßigte Preise zwischen DM 1,50 und DM 2,25, wobei der erstgenannte Preis deutlich überwog. Daher kann insoweit ein Durchschnittswert von DM 1,60 angesetzt werden.

bb) Aufteilung der Verkäufe zu regulären Preisen und zu ermäßigten Preisen:

Nach der vom Senat in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung überwogen die während der Sonderverkaufsaktionen erzielten Umsätze. Hierfür spricht zum einen die Struktur des Publikums, das überwiegend aus jungen Gästen mit geringem Einkommen in einer sozial schwächer ausgeprägten Gegend stammte. Zum anderen ergibt sich sowohl aus den Aussagen der Geschäftsführerin D... als auch aus der Aussage des Zeugen C..., dass das Trinkverhalten dem Angebot angepasst und dementsprechend überwiegend die im Rahmen der jeweiligen Aktion angebotenen Getränke konsumiert worden. Aus diesem Grund hält der Senat eine Aufteilung im Verhältnis 40% (Verkauf zu regulären Preisen) zu 60% (Verkauf zu ermäßigten Preisen) für zutreffend und sachgerecht. Eine darüber hinaus gehende Aufteilung zu Gunsten der Klägerin erscheint dem Senat im Rahmen seiner Schätzungsbefugnis jedoch nicht geboten und richtig. Denn die Sonderverkaufsaktionen waren zeitlich nur befristet, so dass nach Ende der jeweiligen Aktionen und Verbrauch der ggf. noch vor Ablauf der Aktion vorbestellten Getränke die Getränke zu regulären Preisen erworben werden mussten. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Sonderverkaufsaktionen jeweils nur eine Getränkeart (z.B. Wodka ... oder Tequila) umfasste. Dass sich der ganz überwiegende Teil des Publikums über Stunden hinweg nur von Wodka ... oder von Tequila "ernährte", erscheint dem Senat nicht plausibel. Vielmehr dürfte an diesen Tagen der Verbrauch der sonstigen Getränke - zu regulären Preisen - im Vergleich zu den Tagen, an denen alle Getränke zum halben Preis angeboten wurden, verhältnismäßig hoch gewesen sein. Im Gegensatz zur Behauptung der Klägerin, die Ausschankzeiten hätten im Jugendtreffbereich um 24.00 Uhr geendet, geht der Senat angesichts diverser Rechnungen von Discjockeys, die einen Zeitraum bis 03.00 Uhr morgens betreffen, davon aus, dass auch noch nach Mitternacht Getränke, und zwar zu regulären Preisen, konsumiert wurden. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin ab 22.00 Uhr am Wochenende Eintritt verlangt hat. Bei einer Schließung bereits zwei Stunden später wäre kaum ein Gast bereit gewesen, noch Eintritt zu zahlen, zumal ihm ab diesem Zeitpunkt auch keine Getränke zu ermäßigten Preisen mehr angeboten wurden.

cc) Anzahl der verkauften Flaschen bzw. Gläser

Der Beklagte hat bei seinen Berechnungen in der Anlage 11 des Außenprüfungsberichts folgende Verkaufszahlen im Buffetbereich zu Grunde gelegt, die angesichts des festgestellten Wareneinsatzes und des Nichtbestreitens durch die Klägerin vom Senat zu Grunde gelegt werden: 11.682 alkoholfreie Getränke, 20.827 Flaschenbiere, 64.100 Gläser Spirituosen, 1.494 Gläser Wein und 545 Gläser Sekt. Soweit der Beklagte 15.418 Biere vom Fass ermittelt hat, beinhaltet diese Zahl einen Rechenfehler bezüglich der Biersorte "... Pilsener"; denn der Beklagte hat von der Gesamtzahl der verkauften Fassbiere dieser Sorte von 39.931 die einzeln über die Registrierkasse verbuchten 16.576 Fassbiere abgezogen und hierbei eine verbleibende, im Buffetbereich verkaufte Zahl von 9.945 Fassbieren ermittelt. Richtigerweise verbleiben aber nach Abzug von 16.576 Fassbieren noch 23.355 Biere.

b) Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Zahlen ergibt sich für das Streitjahr folgender Umsatz aus dem Buffetbereich:

 GetränkeartGesamtanzahlAnteilAnzahlPreis (DM)Summe (DM)
Alkoholfreie Getränke11.68240%4.6723,5016.352,-
Alkoholfreie Getränke11.68260%7.0091,7512.265,75
Fassbiere23.35540%9.3423,2029.894,40
Fassbiere23.35560%14.0131,6022.420,80
Flaschenbiere20.82740%8.3303,5029.155
Flaschenbiere20.82760%12.4961,7521.868
Spirituosen64.10040%25.6405,50141.020
Spirituosen64.10060%38.4602,-76.920
Wein1.49440%5974,-2.388
Wein1.49460%8962,-1.792
Sekt54540%2184,50981
Sekt54560%3271,60523
Summe    355.579, 95

c) Der sich danach ergebende Brutto-Umsatz führt zu einem Netto-Umsatz von DM 306.533,-, so dass der von der Klägerin erklärte Umsatz aus dem Buffetbereich von DM ...,- um DM ...,- überschritten wird. Gegenüber der Erhöhung durch den Beklagten um DM ...,- ergibt sich damit eine Gewinnminderung von DM ...,-. Soweit diese Gewinnminderung zu einer Minderung der Gewerbesteuerrückstellung führt (vgl. Anlage 7 des Außenprüfungsberichts), wird dem Beklagten die Berechnung übertragen.

d) Die Umsatzsteuer auf den Mehrbetrag von DM ...,- beträgt DM ...,- und ist damit um DM ...,- (16% auf DM ...,-) geringer als vom Beklagten angesetzt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Klägerin hat im Umfang von ca. 25% gewonnen, so dass ihr 3/4 der Kosten aufzuerlegen waren. Die Entscheidung über die Hinzuziehung beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Ende der Entscheidung

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