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Gericht: Finanzgericht Hamburg
Urteil verkündet am 05.04.2006
Aktenzeichen: VIII 10/06
Rechtsgebiete: EigZulG
Vorschriften:
EigZulG § 8 |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Eigenheimzulage.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 26.1.1998 erwarb die Klägerin für DM 400.000 eine Eigentumswohnung im X-Weg in Hamburg. Antragsgemäß wurde ihr mit Bescheid vom 9.12.1999 ab 1998 Eigenheimzulage bewilligt.
Im Jahre 2003 erhielt der Beklagte Kenntnis davon, dass die Mutter der Klägerin, Frau B, zur Finanzierung der Wohnung am 20.2.1998 DM 43.967 an die Grundstücksgesellschaft, die die Wohnung an die Klägerin verkauft hatte, und am 3.8.1998 DM 346.033 DM auf das Anderkonto des Notars, der den Kaufvertrag über das Grundstück beurkundet hatte, überwiesen hat.
Dies wertete der Beklagte als mittelbare Grundstücksschenkung und forderte mit Bescheid vom 19.11.2003 die bis dahin gezahlte Eigenheimzulage in Höhe von 15.338,76 EUR zurück.
Am 27.11.2003 legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte nach Anhörung der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 21.12.2004 zurückwies.
Am 24.1.2005, einem Montag, beantragte die Klägerin zunächst Prozesskostenhilfe unter Beifügung eines Entwurfs ihrer Klageschrift.
Nachdem der Klägerin mit Beschluss vom 31.3.2005 Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, erhob sie am 8.4.2005 Klage, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie meint, sie habe auch dann die Anschaffungskosten des begünstigten Objekts getragen, wenn sie diese - wie hier - aus unentgeltlich zugewendeten Geldbeträgen finanziert habe. Vorliegend habe ihre Mutter nicht die Absicht gehabt, ihr eine Wohnung zu schenken. Nach dem Tode ihres Vaters sei ihrem Bruder eine Wohnung übertragen worden. Da auch Sie hätte bedacht werden sollen, habe ihr ihre Mutter Geld, nicht jedoch eine bestimmte Eigentumswohnung schenken wollen. Das Geld hätte sie auch dann erhalten, wenn sie eine Mietwohnung bezogen hätte. Sie hätte auch anderweitig über das Geld verfügen können. Der Kaufpreis sei lediglich zur Abkürzung des Zahlungsweges direkt durch die Mutter gezahlt worden. Eine mittelbare Grundstücksschenkung liege schon deshalb nicht vor, weil sie das Grundstück bereits erworben gehabt habe, bevor ihre Mutter ihr das Geld zugewandt habe. Ihre Mutter hätte es sich also auch anders überlegen können und die von ihr zuvor erworbene Wohnung nicht bezahlen müssen. Es könne also nicht davon ausgegangen werden, dass nach dem erkennbaren Willen des Zuwendenden im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein bestimmtes Grundstück oder Gebäude hätte verschafft werden sollen.
Wegen des Versäumens der Klagefrist beantragt die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trägt insoweit vor, sie habe erst Klage erheben können, nachdem ihr Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei.
Die Klägerin beantragt, der Bescheid vom 19.11.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.12.2004 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, es liege eine mittelbare Grundstücksschenkung vor, die zu einem unentgeltlichen Erwerb geführt habe. Die Mutter der Klägerin habe dieser den Geldbetrag nicht zur beliebigen Verwendung überlassen, vielmehr habe sie ihn in zwei Teilbeträgen direkt an die Grundstücksgesellschaft und den Notar in der Absicht überwiesen, ihrer Tochter die Wohnung zu schenken. Zur Inanspruchnahme der Grundförderung wäre die Klägerin nur berechtigt gewesen, wenn sie einen Geldbetrag zur freien Verfügung geschenkt bekommen und mit diesen geschenkten Mitteln eine eigengenutzte Wohnung angeschafft hätte. Gegenstand der Schenkung sei hier jedoch nicht der Geldbetrag, sondern die Wohnung gewesen. Die Mutter der Klägerin habe ihr ein bestimmtes Grundstück zuwenden wollen und habe deshalb den Kaufpreis für das Grundstück entrichtet.
Im Erörterungstermin vom 28.2.2006 wurde die Mutter der Klägerin, Frau B, als Zeugin zu der streitigen Zuwendung vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakten des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Zwar wurde sie erst außerhalb der Monatsfrist des § 47 Abs. 1 FGO erhoben, der Klägerin ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO zu gewähren. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse war sie ohne Verschulden verhindert, die Klage innerhalb der gesetzlichen Frist zu erheben. Wie das Gericht bereits in dem Beschluss vom 21.3.2005 (VI AR 2/05) ausgeführt hat, wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe mit dem beigefügten Klageentwurf innerhalb der Monatsfrist bei Gericht gestellt, innerhalb von zwei Wochen (§ 56 Abs. 2 FGO) nach Wegfall des Hindernisses - hier nach der Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe - hat die Klägerin Klage erhoben.
II.
Die Klage ist begründet. Die Rücknahme des Bewilligungsbescheides über die Eigenheimzulage vom 9.12.1999 und die Rückforderung der bereits gezahlten Beträge ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.
Die Voraussetzungen der die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides darstellenden §§ 155 Abs. 4, 173 Abs. 1 AO, § 14 EigZulG lag nicht vor, da der Klägerin die Eigenheimzulage zu Recht gewährt worden ist. Insbesondere konnte sie - und nur darüber besteht Streit - die Kaufpreiszahlung als Anschaffungskosten im Sinne von § 8 EigZulG geltend machen.
Begünstigte Anschaffungskosten im Sinne des § 8 Satz 1 EigZulG liegen im Anschluss an die ständige Rechtsprechung des BFH zur im Wesentlichen inhaltsgleichen früheren Eigenheimförderung nach § 10e EStG nur vor, soweit der Wohnungserwerber mit eigenen Aufwendungen für die Anschaffung der Wohnung belastet ist, er also den Kaufpreis für die Wohnung selbst aufgebracht, d.h. diese entgeltlich erworben hat (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Oktober 2003, III B 5/03, BFH/NV 2004, 164). Das ist nicht nur der Fall, wenn der Erwerber zur Kaufpreiszahlung selbst erwirtschaftete oder ererbte Eigenmittel aufgewandt hat, sondern auch, wenn er dafür geschenkte Mittel in Anspruch nimmt, und zwar dies grundsätzlich auch dann, wenn ein naher Angehöriger die Mittel geschenkt hat (BFH-Urteile vom 29.07.1998, X R 54/95, BStBl II 1999, 128; vom 9.10.2001, VIII R 5/01, BFH/NV 2002, 334 und vom 10.05.2005, IX R 65/04, BFH/NV 2005, 1764).
In Schenkungsfällen ist der Erwerber zur Inanspruchnahme der Grundförderung allerdings nur berechtigt, wenn er einen Geldbetrag zur freien Verfügung geschenkt bekommen hat und mit diesen geschenkten Mitteln eine eigengenutzte Wohnung angeschafft hat. Kann der Erwerber hingegen nicht über den geschenkten Betrag, sondern erst über die damit erworbene Wohnung verfügen, so ist Gegenstand der Schenkung nicht der Geldbetrag, sondern die Wohnung. Was Gegenstand der Zuwendung ist, bestimmt sich nach der Schenkungsabrede und danach, was der Bedachte im Verhältnis zum Schenker endgültig erhalten hat. So hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 29.7.1998 (X R 54/95 a.a.o.) ausdrücklich erkannt, dass der Beschenkte mit den Anschaffungskosten nicht belastet ist, wenn der Schenker dem Beschenkten kein Geld, sondern ein bestimmtes Grundstück zuwenden will und deshalb den Kaufpreis für das Grundstück an den Verkäufer entrichtet. Von einer derartigen sog. mittelbaren Grundstücksschenkung kann jedoch nicht ausgegangen werden, wenn der Erwerber einen Geldbetrag zur freien Verfügung erhält und mit diesen Mitteln eine eigengenutzte Wohnung anschafft (BFH-Beschluss vom 7.10.2003, III B 5/03, BFH/NV 2004, 164).
In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die Klägerin mit den Anschaffungskosten belastet war, weil sie mit den 400.000 DM einen Geldbetrag von ihrer Mutter schenkungsweise zur Verfügung gestellt bekommen hat, über den sie frei verfügen konnte. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme vom 28.2.2006 haben die Klägerin und auch ihre Mutter als Zeugin glaubhaft und insgesamt überzeugend dargelegt, dass die Mutter der Klägerin dieser einen Geldbetrag in Höhe des von ihr angenommenen steuerlichen Freibetrages von 400.000 DM zur freien Verfügung schenken wollte. Irgendwelche Vorgaben hinsichtlich der Verwendung dieses Geldes wurden der Klägerin nicht gemacht. Nach dem übereinstimmenden Vortrag war es allein die Entscheidung der Klägerin, dieses Geld in den Kauf einer Eigentumswohnung zu investieren. Dass sie ihre Mutter bat, das Geld nicht auf ihr Konto zu überweisen, sondern - im Sinne der Abkürzung des Zahlungsweges - direkt an die Grundstücksgesellschaft bzw. den Notar zu zahlen, ist Ausdruck ihrer Befugnis, über das Geld frei zu verfügen. Die Zahlung des Betrages an den Notar erfolgte damit auf Anweisung der Klägerin. Die Anweisungsbefugnis ist wirtschaftlich der Verfügungsbefugnis gleichzusetzen, denn die Klägerin hatte die Freiheit, über das Geld wie eigenes Geld zu verfügen. In einem solchen Fall ist für die Annahme einer mittelbaren Grundstückschenkung kein Raum. Denn schon in tatsächlicher Hinsicht fehlt nach den übereinstimmenden Erklärungen der Klägerin und ihrer Mutter jeder Anhaltspunkt für die Annahme eines - indes erforderlichen - Schenkungswillens der Mutter.
Die im Streitfall gegebene Geldschenkung ist zivilrechtlich wirksam und (auch) deshalb der Besteuerung zugrunde zu legen. Zwar mangelte es an der gemäß § 518 Abs.1 BGB vorgeschriebenen Form, dieser Mangel wurde jedoch durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt (§ 518 Abs.2 BGB). Es ist anerkannt, dass eine Geldschenkung durch Überweisung auf ein Bankkonto des Beschenkten vollzogen wird, weil dem Beschenkten von diesem Zeitpunkt an eine entsprechende Guthabenforderung gegen die Bank zusteht (vgl. Kollhosser in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch § 518 Rdnr. 22 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Das Gleiche gilt, wenn die Überweisung - wie im Streitfall - auf ein Konto des Gläubigers des Beschenkten erfolgt, denn hierdurch erlischt die Forderung des Gläubigers gegen den Beschenkten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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