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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 03.07.2007
Aktenzeichen: 8 K 415/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 242 |
HESSISCHES FINANZGERICHT IM NAMEN DES VOLKES ZWISCHENURTEIL
Geschäftsnummer: 8 K 415/05
In dem Rechtsstreit
wegen Gewerbesteuermessbetrags 1993
hat der 8. Senat des Hessischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 3. Juli 2007 unter Mitwirkung
der Vorsitzenden Richterin am Hessischen Finanzgericht des Richters am Hessischen Finanzgericht der Richterin am Hessischen Finanzgericht sowie und als ehrenamtliche Richter für Recht erkannt: Tenor:
Der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen tatsächlichen Verständigung vom kommt keine Bindungswirkung zu. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand:
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gesellschaftsanteile zu 100 % von dem Gesellschafter C gehalten werden. Gegenstand der Tätigkeit der Klägerin, die seit 1992 im Handelsregister eingetragen ist, ist die Übernahme von Verwaltungstätigkeiten und die Beteiligung an Immobilien.
Die Klägerin war seit 1991 Alleingesellschafterin der GmbH (DEF), zu deren Betriebsvermögen Grundstücke gehörten, die in den Büchern ursprünglich mit rd. xxx Mio. DM angesetzt und in 1991 auf einen Teilwert von xxx Mio. DM abgeschrieben worden waren. Am 1991 wurde der überwiegende Teil der Grundstücke von der GbR (ABC) zu einem Kaufpreis von xx Mio DM, der später auf xxxxx,- DM reduziert wurde, erworben. Gesellschafter der GbR waren zu 50 % R und über die Gesellschafterin V GmbH & Co KG zu je 25 % C und M.
Nachdem dem Finanzamt bekannt wurde, dass die Grundstücke, welche in der DM-Eröffnungsbilanz mit rd. xx Mio DM bewertet waren, zu einem weit darunter liegenden Preis veräußert wurden, leitete es am 1997 ein Steuerstrafverfahren gegen den Alleingesellschafter der Klägerin ein. Nach langjährigen Ermittlungen, die sich im Wesentlichen auf die Ermittlung des Grundstückswerts bezogen, wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht . am 2001 gem. § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt.
Im Hinblick auf den nach Auffassung des Finanzamts unter dem Verkehrswert der Grundstücke liegenden Verkaufspreis verständigten sich zum einen die DEF und das für die DEF zuständige Finanzamt am 2001 sowie zum anderen die Klägerin und der Beklagte am 2001 ausgehend von einem Verkehrswert der Grundstücke von xxx DM über die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) zugunsten der Klägerin und eine zeitgleiche verdeckte Weiterausschüttung an C in Höhe von xx Mio. DM. Als Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs der Grundstücke wurde der Monat September 1993 (Streitjahr) bestimmt. Die (telefonischen) Verhandlungen zur Vorbereitung der tatsächlichen Verständigungen erfolgten zwischen der Steuerfahndungsstelle und den Bevollmächtigten der beteiligten Steuerpflichtigen; die Veranlagungsfinanzämter wurden erst kurz vor dem Abschluss der tatsächlichen Verständigungen von der Steuerfahndung über Sachverhalt und Rechtslage informiert.
Nach Abschluss der tatsächlichen Verständigungen ergingen für die DEF entsprechend geänderte Steuerbescheide. Da anderes Eigenkapital nicht zur Verfügung stand, galt für die vGA verwendbares Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als verwendet. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurde der bisherige Verlust von mehr als xx Mio. DM um die vGA gemindert. Der um die Gewinnausschüttungen verminderte Verlust wurde auch der Berechnung des Gewerbeertrags zugrunde gelegt.
Bezogen auf die Klägerin vertrat das Finanzamt die Auffassung, das zu versteuernde Einkommen sei um die den Buchwert der Anteile der DEF von xxx DM übersteigenden Gewinnausschüttungen von xxxxxxxx DM zu erhöhen. Der Gewerbeertrag sei jedoch nicht um diesen Betrag zu kürzen, da es sich nicht um einen "Gewinn aus Anteilen" i.S. des § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) handele.
Gegen den Gewerbesteuermessbescheid vom 2001 legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Einspruchsbegründung vom 2002 trug sie vor, die Bereitschaft zum Abschluss der tatsächlichen Verständigung sei erst entstanden, nachdem in mehreren Telefonaten zwischen dem Leiter der Steuerfahndung und ihrem Rechtsanwalt eine fiktive Kaufpreiserhöhung beziffert wurde, nach denen es für den Gesellschafter C zu keiner steuerlichen Mehrbelastung in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise kommen würde. Sie erwäge, die tatsächliche Verständigung unter dem Gesichtspunkt von § 123 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Im ersten Rechtsgang hatte die Klage vor dem Hessischen Finanzgericht Erfolg. Aufgrund der vom Finanzamt eingelegten Revision hob der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. September 2004 (I R 16/04, BStBl II 2005, 297) das Urteil des Hessischen Finanzgerichts auf und wies die Sache an das Finanzgericht zurück. Nach Auffassung des BFH ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 9 Nr. 2a GewStG nicht um eine vGA zu kürzen, für die Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG als verwendet gilt. Streitig sei unter den Beteiligten aber die Wirksamkeit und die Reichweite der getroffenen tatsächlichen Verständigungen und hierbei insbesondere, ob tatsächlich eine vGA (i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) an die Klägerin im (anteiligen) Umfang des Unterpreisverkaufs der Grundstücke an die ABC vorgelegen habe, die bei Ermittlung des Gewerbeertrages gemäß § 7 GewStG im Gewinn aus Gewerbebetrieb zu erfassen sei. Das Finanzgericht habe dazu keine weiteren Feststellungen getroffen und diese Frage nicht geprüft.
Die Klägerin trägt vor, die tatsächlichen Verständigungen beinhalteten als wesentliche Feststellung, dass aufgrund des Grundstücksübertragungsvertrages eine verdeckte Gewinnausschüttung von der DEF an die Klägerin und von dieser an den Gesellschafter C stattgefunden habe. Die tatsächlichen Verständigungen führten aber zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis, da sie jeweils verdeckte Gewinnausschüttungen von der DEF an die Klägerin und von dieser an C als Vereinbarungen regelten, deren Voraussetzungen aber nicht vorlägen. Es habe sich um eine rein fiktive Gewinnerhöhung der Klägerin gehandelt. Mit der Verwendung der Begriffe "vGA" und "Ausschüttung" seien nicht die tatsächlichen Umstände, sondern Rechtsfolgen vereinbart worden. Nach einhelliger Ansicht seien tatsächliche Verständigungen über steuerliche Rechtsfolgen nichtig. Im Übrigen seien die tatsächlichen Verständigungen überhaupt nur zustande gekommen, weil ihr Berechnungen zu Grunde gelegt worden seien, nach denen es für den Gesellschafter C zu keiner steuerlichen Mehrbelastung in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise kommen würde. Die Mehrbelastung mit Körperschaftsteuer für die DEF und für die Klägerin habe durch Steuererstattungsansprüche des Gesellschafters kompensiert werden sollen, die sich auf Grund des durch den höheren Kaufpreis ergebenden Abschreibungsvolumens auf die Immobilie und Verlustzuweisungen unter Berücksichtigung des § 15a des Einkommensteuergesetzes bei der V GmbH & Co KG ergäben. Zur Absicherung dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Rechtsfolgen einer tatsächlichen Verständigung können nicht fixiert werden) wurden vom SGL der Steufa Kontrollmitteilungen mit der steuerlichen Behandlung an die beteiligten FA gegeben.
Die Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung folge somit auch aus einer zumindest analogen Anwendung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Von einer zusätzlichen Belastung mit Gewerbesteuer sei keiner der Beteiligten, auch nicht der Sachgebietsleiter der Steuerfahndungsprüfung , ausgegangen. Die Frage der Gewerbesteuer sei auch nicht im Vorfeld gesondert thematisiert worden. Die dem entsprechenden steuerlichen Überlegungen hätte ihr Prozessbevollmächtigter eingangs des Zusammentreffens aller Beteiligten zur tatsächlichen Verständigung nochmals explizit dargelegt, da ansonsten keine Bereitschaft zum Ansatz eines um xxx Mio DM höheren Kaufpreises bestanden hätte. Die wirtschaftliche Neutralität des gesamten Vorgangs sei Geschäftsgrundlage der tatsächlichen Verständigung gewesen. Unmittelbar nach Unterzeichnung der tatsächlichen Verständigung habe die Steuerfahndungsprüferin der Dienststelle jedoch dem für die Betriebsprüfung der Klägerin zuständigen Außenprüfer eine Kopie der OFD-Verfügung vorgelegt, wonach die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG auf Ausschüttungen aus dem EK 04 nicht anwendbar sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid für 1993 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom .01 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom .02 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 1993 auf 0,- DM festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die tatsächliche Verständigung sei wirksam, weil die Beteiligten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an sie gebunden seien. Mögliche Zweifel über steuerrechtliche Konsequenzen könnten die Wirksamkeit nicht berühren. Die tatsächliche Verständigung im Streitfall habe die Wertfindung der vGA bzw. die Höhe des Kapitalrückflusses und den Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs des Grundstücks betroffen.
Dies sei eine zulässige Einigung über Besteuerungsgrundlagen bei schwer zu ermittelnden Sachverhalten. Eine gewerbesteuerliche Neutralität sei weder ausdrücklich noch durch konkludentes Handeln zugesichert worden, da lediglich die körperschaftsteuerlichen und einkommensteuerlichen Konsequenzen diskutiert worden seien.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Wortlaut der tatsächlichen Verständigungen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben über das Zustandekommen und den Inhalt der tatsächlichen Verständigungen vom 2001 und 2001 durch Vernehmung der Zeugen Z, Y, X, W, V, U und T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 23. Mai und 03. Juli 2007 verwiesen.
Dem Gericht lagen die den Streitfall betreffenden Akten vor.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht entscheidet durch Zwischenurteil vorab über die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob der tatsächlichen Verständigung vom 2001 Bindungswirkung zukommt.
Gem. § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - kann das Gericht dann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist und nicht der Kläger oder der Beklagte widerspricht.
Die Rechtsfrage, ob die tatsächliche Verständigung im Streitfall Bindungswirkung hat, ist vorgreiflich für die noch zu treffende Entscheidung, ob und ggf. in welcher Höhe eine vGA gegeben ist. Das Gericht hielt es für sachdienlich, nach durchgeführter Beweisaufnahme ein Zwischenurteil zu erlassen. Sachdienlich ist eine solche Entscheidung nicht nur, wenn zu erwarten ist, dass die Beteiligten nach der verbindlichen Klärung der Rechtsfrage den Rechtsstreit rasch beilegen werden; es kann auch andere Gründe für die Sachdienlichkeit geben (BFH-Urteil vom 01. März 2001 IV R 90/99, BFH/NV 2001, 904). So ist z.B. auch aus Gründen der Prozessökonomie ein Zwischenurteil sachdienlich (zum prozessökonomischen Verständnis der Sachdienlichkeit vgl. Tipke in Tipke/Kruse, FGO, § 99 Tz. 16).
Im Streitfall ist ein Zwischenurteil sachdienlich. Falls der Beklagte Revision einlegen und der BFH der Auffassung des Finanzgerichts nicht folgen würde, wären eine weitere Sachverhaltsaufklärung zum Verkehrswert der Grundstücke und ggf. die Bestellung eines Gutachters entbehrlich. Andererseits bestünde nach Rechtskraft des Zwischenurteils ohne Revisionseinlegung die Möglichkeit, dass sich die Beteiligten einvernehmlich über den Wert der Grundstücke einigen.
Die Beteiligten haben sich mit dem Erlass eines Zwischenurteils einverstanden erklärt.
II. An die Rechtsauffassung des BFH, wonach der Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht gemäß § 9 Nr. 2a GewStG um eine vGA zu kürzen ist, für die Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG als verwendet gilt, ist das Gericht gebunden.
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht (BFH-Urteil vom 27. März 2001 I R 27/99, BStBl II 2002, 111 m.w.N.). Grundsätzlich hat der BFH eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH-Urteil vom 12. Juni 1997 I R 14/96, BFHE 183, 459).
Nach diesen Maßstäben sind im Streitfall die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt, sofern die DEF die Grundstücke zu einer im Verhältnis zum Verkehrswert unangemessen niedrigen Gegenleistung an die ABC verkauft hat. Die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem erzielten Kaufpreis für die Grundstücke würde eine verhinderte Vermögensmehrung der Klägerin darstellen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. Der Annahme einer vGA stünde nicht entgegen, dass der Vermögensvorteil nicht nur dem Alleingesellschafter der Klägerin, sondern (den Gesellschaftern) der ABC zugute kam. Denn eine vGA setzt nicht voraus, dass die Vermögensminderung einer Kapitalgesellschaft zum Zufluss eines entsprechenden Vermögensvorteils beim Gesellschafter führt. Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die an einen Dritten gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahe stehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301 m. w. N.). Auch eine Personengesellschaft kann als "Person" im Sinne der Rechtsprechung zur vGA an nahe stehende Personen angesehen werden. Das ergibt sich aus der Selbständigkeit der Gesellschaft. Entscheidend ist allein, dass der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft zugleich auch Gesellschafter der Personengesellschaft ist. Für die Bejahung einer vGA ist es ohne Bedeutung, wenn an der durch die Kapitalgesellschaft begünstigten Gesellschaft noch andere Personen beteiligt sind, die nicht Gesellschafter der leistenden Kapitalgesellschaft sind (BFH, Urteil vom 1. Oktober 1986, I R 54/83, BFHE 149, 33, BStBl II 1987, 459).
Im Streitfall ist die ABC eine nahestehende Person zum Alleingesellschafter der Klägerin, da der Alleingesellschafter über deren Gesellschafterin, die V GmbH und Co. KG, an der ABC beteiligt ist.
III. Die Beteiligten haben sich am 2001 im Wege einer tatsächlichen Verständigung auf einen Wert des Grundstücks geeinigt, der wegen des Unterschieds zum Kaufpreis zu einer vGA führen würde. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin nicht an diese Vereinbarung gebunden.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, ist in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung eine tatsächliche Verständigung über die tatsächlichen Merkmale, die der Besteuerung zugrunde liegen, grundsätzlich zulässig (BFH-Urteil vom 12. August 1999 XI R 27/98, BFH/NV 2000, 537 m.w.N.). Zwar sind Vergleiche über Steueransprüche wegen der Gesetzmäßigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht möglich. Dagegen dient es in Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung der Förderung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens und allgemein dem Rechtsfrieden, besondere Vereinbarungen über eine bestimmte (steuerliche) Behandlung von Sachverhalten (nicht aber über das anzuwendende Recht) zuzulassen. Dies gilt insbesondere in Schätzungsfällen. Derartige "tatsächliche" Verständigungen betreffen in der Regel (nur) einen --von beiden Beteiligten zu konkretisierenden-- Ausschnitt aus dem gesamten jeweils zu beurteilenden Besteuerungssachverhalt und dienen dem Ziel, insoweit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten zu beseitigen (BFH-Urteil vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625 mit zahlreichen Nachweisen). Sie sind wirksam, sofern sie nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen (BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 X R 24/03, BFHE 206, 292, BStBl II 2004, 975). Zudem ist erforderlich, dass - im Streitfall unbestritten - auf Seiten der Finanzbehörde ein Amtsträger beteiligt ist, der zur Entscheidung über die Steuerfestsetzung befugt ist.
Tatsächliche Verständigungen haben ihre Grundlage in dem bestehenden, konkreten Steuerrechtsverhältnis zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen und damit im Grundsatz von Treu und Glauben (BFH-Beschluss vom 11. Juli 2001 XI B 23/01, StuB 2002, 46). Die tatsächliche Verständigung ist kein öffentlich-rechtlicher Vertrag, die zivilrechtlichen Auslegungsvorschriften der §§ 154, 155 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind nicht anwendbar (BFH-Beschluss vom 25. August 2006 VIII B 13/06, BFH/NV 2006, 2122).
An einer zulässigen und wirksamen "tatsächlichen Verständigung" müssen sich die Beteiligten festhalten lassen. Dies entspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, der im Steuerrecht als allgemeine Rechtsgrundlage uneingeschränkt anerkannt ist (BFH-Urteile in BFHE 206, 292, BStBl II 2004, 975; vom 9. August 1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, 33 ff., BStBl II 1989, 990). Das Gericht schließt sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung an.
b) Im Streitfall haben die Beteiligten nach langjährigen Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle gegen den Alleingesellschafter der Klägerin und nach Vorlage diverser sich widersprechender Gutachten über den Verkehrswert der von der DEF verkauften Grundstücke eine tatsächliche Verständigung am 2001 schriftlich geschlossen. Aus den vorliegenden Protokollen der tatsächlichen Verständigung sind diese Beweggründe ersichtlich.
aa) Den Protokollen vom 2001 und 2001 kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entnommen werden, dass die Beteiligten sich nicht über tatsächliche Umstände, sondern unzulässigerweise über eine Rechtsfrage, nämlich das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung, geeinigt haben. In dem Protokoll vom 2001 ist darauf verwiesen worden, dass der zutreffende Grundstückswert und die Feststellung des genauen Zeitpunkts des Übergangs schwer zu ermitteln seien, zumal der Vorgang zeitlich weit zurück liege. Bei einer solchen Sachlage, in der es (auch) um die Bewertung eines Wirtschaftsguts geht, ist der Abschluss einer tatsächlichen Verständigung geboten und zulässig (vgl. Kühnen, Anm. in EFG 2006, 1308). Auch wenn in der tatsächlichen Verständigung vom 2001 zwischen der DEF und dem Finanzamt davon die Rede ist, dass "bei einem streitgegenständlichen Verkaufspreis von xxxx DM Einigung darüber erzielt werde, dass eine vGA i H. v. xxx DM" erfolgt sei, so vermag diese Formulierung das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass sich über die Rechtsfrage, ob überhaupt eine vGA vorliege, geeinigt wurde. Unabhängig davon, dass diese tatsächliche Verständigung im Besteuerungsverfahren der DEF nicht unmittelbar zwischen den Beteiligten dieses Rechtsstreits Wirkung entfaltet, so ist bei der Auslegung der Vereinbarung zu berücksichtigen, dass mit dieser Formulierung inhaltlich nur die steuerlichen Auswirkungen des Grundstückswerts, auf den man sich geeinigt hatte, beschrieben und festgelegt wurden.
bb) Auch ist das Ergebnis der Einigung nicht offenbar unrichtig.
Das Gericht hat - nach der durchgeführten Beweisaufnahme - keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass die Behauptung der Klägerin, es habe sich um eine rein fiktive Gewinnerhöhung gehandelt, weil der Verkehrswert des Grundstücks unter dem damals vereinbarten Kaufpreis lag, zutreffend sein könnte. Da zum Wert des Grundstücks einander widersprechende Gutachten vorlagen, stand für die Beteiligten zumindest nicht fest, dass der Wert des Grundstücks unter dem Verkaufspreis gelegen haben muss. Auch wenn der Alleingesellschafter der Klägerin von Anfang an der Auffassung war, das Grundstück sei nicht unter Wert verkauft worden und dies mit einem Gutachten der ....., das erst 1999 und damit Jahre nach dem Verkauf erstellt wurde, belegen wollte, so sprachen angesichts des dem Finanzamt vorliegenden Gutachtens des Sachverständigen K mit einem Ausgangswert von xxxx DM auch Anhaltspunkte für einen Verkauf weit unter Wert. Die Beweislage für beide Seiten gestaltete sich insgesamt als schwierig. Gerade dieser Umstand war es dann, der die Beteiligten veranlasste, die tatsächliche Verständigung abzuschließen.
Nicht nachgewiesen ist die (angedeutete) Behauptung der Klägerin in den Schriftsätzen vom 24. Juni 2004 (an den BFH) und vom 07. März 2006, die Steuerfahndungsstelle habe das Ermittlungsverfahren gegen den Gesellschafter der Klägerin so zeitintensiv und zielstrebig betrieben, dass sie nicht ohne Gesichtsverlust und ohne ein steuerliches Mehrergebnis das Verfahren hätte abschließen können. Nur deshalb sei überhaupt noch eine Vereinbarung abgeschlossen worden, bei der es jedoch insgesamt nicht zu einer steuerlichen Mehrbelastung des Gesellschafters kommen sollte. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ergeben sich für einen solchen Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte. Auch konnte vom Gericht nicht geklärt werden, ob der Grundstückswert und damit die Höhe der vGA, die angeblich zu einer steuerlichen Neutralität führen sollte, wie von der Klägerin behauptet von der Steuerfahndungsstelle ermittelt und vorgeschlagen wurde. Die Aussagen der Zeugen waren dazu nicht konkret genug und konnten durch keinerlei schriftliche Nachweise, insbesondere Telefonvermerke, belegt werden.
cc) Der Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung steht aber im Streitfall der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.
Rechtsgrundlage der Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung ist der auch im öffentlichen Recht geltende Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1984 VIII R 131/76, BFHE 142, 549, BStBl II 1985, 354). Danach dürfen sich die Beteiligten nicht in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten, auf das der andere vertraut und unwiderruflich disponiert hat, setzen (vgl. Seer in Tipke-Kruse, AO, Vor § 118 Tz. 15). Die Dispositionen der Beteiligten sind darin zu sehen, dass sie unter Aufgabe ihrer unterschiedlichen Ausgangspositionen einvernehmlich auf weitere Ermittlungen in Bezug auf den durch die tatsächliche Verständigung festgelegten Sachverhalt verzichten. Einer tatsächlichen Verständigung kann auch durch ausdrücklichen Vorbehalt eines Beteiligten die Bindungswirkung versagt werden (BFH-Urteil in BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625, 626 unter 2.b a.E.).
Ein solch ausdrücklicher Vorbehalt seitens der Klägerin führt im Streitfall zur fehlenden Bindungswirkung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für das Gericht fest, dass die Klägerin die tatsächliche Verständigung nur abgeschlossen hat, weil nach ihren Berechnungen Klägerin und Alleingesellschafter "keiner steuerlichen Mehrbelastung in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise" ausgesetzt waren. Zwar ist es grundsätzlich unbeachtlich, wenn ein Steuerpflichtiger die steuerrechtlichen Folgen nicht übersieht, aber gleichwohl über Fragen des Sachverhalts eine tatsächliche Verständigung abschließt. In einem solchen Fall kann der Steuerpflichtige sich nicht auf einen Irrtum berufen. Die Klägerin hat aber von Anfang an - für die Steuerfahndungsbeamten und für das Finanzamt erkennbar - auf die steuerliche Neutralität hingewiesen und sich auf eine tatsächliche Verständigung nur eingelassen, weil sie das langjährige Verfahren beendet haben wollte. Der für die Klägerin tätige Rechtsanwalt Z hat dies in seiner Zeugenvernehmung nochmals glaubhaft bestätigt. Auch wenn einige der anderen Zeugen nicht mehr wussten, ob die Klägerin ihren Vorbehalt ausdrücklich erwähnt hat, so wird die Behauptung der Klägerin bestätigt durch den Sachgebietsleiter der Veranlagung, den Zeugen U, der sich an die diesbezüglichen einleitenden Worte anlässlich des Treffens zum Abschluss der tatsächlichen Verständigung noch erinnern konnte. Der Zeuge U hat in seiner Vernehmung darüber hinaus geäußert, er vermute, dass die Klägerin die tatsächliche Verständigung nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass Gewerbesteuer anfallen würde. Auch wenn dies nur eine Vermutung war, bestätigt sie die Bedeutung, die der Zeuge den einleitenden Worten des Zeugen Z zumaß. Dafür, dass die steuerliche Neutralität des Vorgangs für alle Beteiligten erkennbar von erheblicher Bedeutung war, sprechen zudem die Kontrollmitteilungen vom 2001, die von der Steuerfahndungsstelle f für die Veranlagungsfinanzämter der ABC und der V GmbH & Co. KG unmittelbar vor dem Abschluss der tatsächlichen Verständigung erstellt wurden. Diese Kontrollmitteilungen sollten offensichtlich sicherstellen, dass die Veranlagungsfinanzämter sich an die vereinbarten - nach Auffassung des Gerichts rechtlich zweifelhaften - Folgewirkungen hielten.
Nach Überzeugung des Gerichts steht damit fest, dass die Klägerin ihre Zustimmung zur tatsächlichen Verständigung unzweifelhaft und für die Beteiligten erkennbar von den steuerlichen Folgen abhängig machte. Ob schon dieser Umstand allein zur fehlenden Bindungswirkung führte, obwohl grundsätzlich nur Vereinbarungen über den steuerrechtlichen Sachverhalt zulässig sind und die Klägerin Gelegenheit hatte, vor dem Abschluss der tatsächlichen Verständigung die steuerliche Auswirkung zu prüfen (und hierbei das gewerbesteuerliche Problem nicht erkannt hat), mag dahinstehen. Jedenfalls widerspricht es dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass der Steuerfahndungsbeamtin T die gewerbesteuerliche Problematik bewusst war. Sie hatte schon vor dem Tag des Abschlusses der tatsächlichen Verständigung die aus ihrer Sicht erwartete Gewerbesteuerbelastung in ihrem Prüfungsbericht berücksichtigt. Dies steht aufgrund der Aussage der Zeugin T unzweifelhaft fest und lässt sich auch dem Aktenvermerk, den der Sachgebietsleiter der Steuerfahndungsstelle in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat, entnehmen. Auch wenn alle Beteiligten aussagen, über die gewerbesteuerliche Problematik sei nicht gesprochen geworden, so hätte es doch eines Hinweises der Steuerfahndungsbeamtin bedurft, weil auch ihr bewusst war, dass es der Klägerin auf die steuerliche Neutralität der Verständigung ankam. Für das Gericht ist nicht nachvollziehbar, dass nach Auffassung des Beklagten die Frage der Neutralität nur auf der Ebene des Gesellschafters C im Hinblick auf die Einkommensteuer und die körperschaftsteuerlichen Folgen bezogen worden ist, weil die Gewerbesteuer insgesamt nicht thematisiert worden sei. Geht es, wie im Streitfall, um die Neutralität eines Vorganges, müssen auch alle Steuerfolgen, egal welcher Steuerart, in die Betrachtung einbezogen werden. Aus welchen Gründen die Zeugin T die Beteiligten nicht auf die Gewerbesteuer hingewiesen hat und ob ihr arglistiges Verhalten vorzuhalten war, lässt das Gericht dahinstehen, weil es darauf nicht mehr ankommt.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es auch unerheblich, dass der Sachgebietsleiter der Veranlagung beim Abschluss der tatsächlichen Verständigung über die steuerlichen Folgewirkungen, insbesondere die der Gewerbesteuer, nicht informiert war. Die Finanzbehörde muss sich die Kenntnis der Steuerfahndungsbeamtin, die zudem maßgeblich die tatsächliche Verständigung vorbereitet hat, zurechnen lassen.
dd) Da die Klägerin schon wegen vorgenannter Gründe nicht an die tatsächliche Verständigung gebunden ist, war nicht zu entscheiden, ob die Rechtsgrundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung überhaupt anwendbar sind.
III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
IV. Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen. Die Frage, in welchen Fällen die Grundsätze von Treu und Glauben die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung entfallen lassen bzw. inwieweit die zivilrechtlichen Grundsätze zur Anfechtung und zum Wegfall der Geschäftsgrundlage anwendbar sind, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.
Ende der Entscheidung
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