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Gericht: Finanzgericht Hessen
Urteil verkündet am 06.03.2003
Aktenzeichen: 9 K 2173/00
Rechtsgebiete: EStG
Vorschriften:
EStG 10e Abs. 1 | |
EStG 10 Abs. 3 | |
EStG 10e Abs. 5a |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob § 10e Abs. 5a Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr 1997 geltenden Fassung (EStG) verfassungsmäßig ist.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 1997 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Sie haben 6 Kinder, die zwischen 1977 und 1995 geboren wurden. Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ca. 431.000,-- DM. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug ca. 269.000,-- DM, weil die Kläger aus der Vermietung mehrerer Immobilien Verluste in Höhe von ca. 162.000,-- DM erwirtschafteten.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machten die Kläger Versicherungsbeiträge in Höhe von ca. 66.000,-- DM geltend, von denen der Beklagte im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG 19.830,-- DM berücksichtigte.
Die Einkommensteuerbescheide des Streitjahres wurden mehrfach geändert.
Nachdem sich erstmals im Bescheid vom 24.03.2000 ein Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 240.000,-- DM ergab und der Beklagte mithin den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 EStG nicht mehr gewährte, erhoben die Kläger Einspruch und beantragten gleichzeitig, die Sprungklage zuzulassen.
Der Beklagte hat der Sprungklage rechtzeitig zugestimmt.
Nach Erhebung der Klage sind am 18.05.2001 und am 18.06.2001 Änderungsbescheide ergangen, die jeweils Gegenstand des Klageverfahrens wurden (§ 68 Finanzgerichtsordnung in der im Jahr 2001 geltenden Fassung -FGO-).
Mit ihrer Klage machen die Kläger zunächst geltend, § 10e Abs. 5a EStG sei verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte, ab der der Abzugsbetrag nach § 10e EStG nicht mehr gewährt werde, von der Zahl der unterhaltspflichtigen Kinder abhängig sei. Ohne eine derartige Auslegung sei die Vorschrift verfassungswidrig. Durch das alleinige Abstellen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte bleibe die Zahl der Kinder und die mit ihrem Unterhalt verbundenen Aufwendungen - insbesondere auch die anfallenden
Kranken- und Pflegeversicherungskosten - unberücksichtigt. Es verstoße im Übrigen auch gegen die Verfassung, dass § 10e Abs. 5a EStG eine starre Obergrenze festlege, deren Überschreitung um nur eine DM zum Verlust der gesamten Förderung führe. Neben § 10e Abs. 5a EStG sei auch die Beschränkung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG verfassungswidrig. Insbesondere Steuerpflichtige mit Einkünften aus selbständiger Arbeit müssten im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielten, höhere Beträge für die Zukunftssicherung aufbringen, ohne dass diese steuerlich berücksichtigt würden. Ebenso bleibe auch im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG der erhöhte Aufwand von Steuerpflichtigen mit mehreren Kindern unberücksichtigt.
Wegen der Einzelheiten des klägerischen Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 03.04.2000 (Bl. 2 ff. der Akte), 07.06.2000 (Bl. 18 ff. der Akte), 13.03.2002 (Bl. 36 ff. der Akte) und vom 28.02.2003 (Bl. 46 ff. der Akte) Bezug genommen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 in der Fassung vom 18.06.2001 eine Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung in Höhe von 19.800,-- DM sowie eine kindbedingte Ermäßigung nach § 34 f EStG in Höhe von 6000,-- DM zu gewähren,
hilfsweise,
das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob § 10e Abs. 5a EStG und § 10 Abs. 3 EStG das Grundgesetz verletzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, die beantragten Steuerbegünstigungen seien nach dem eindeutigen Wortlaut der entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes nicht zu gewähren. Die Vorschriften seien auch nicht verfassungswidrig.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13.03.2002 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Es lag 1 Band die Kläger betreffende Einkommensteuerakten vor.
Gründe:
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte im Streitjahr die Steuerbegünstigung nach § 10e Abs. 1 EStG nicht gewährt, weil der Gesamtbetrag der Einkünfte der zusammen veranlagten Kläger 240.000,-- DM überstieg (§ 10e Abs. 5a EStG). Damit liegen auch die Voraussetzungen für eine kindbedingte Ermäßigung nach § 34 f EStG nicht vor.
Das Gericht hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 10e Abs. 5a EStG.
Es verstößt insbesondere nicht gegen das Grundgesetz, dass bei den Einkunftsgrenzen dieser Vorschrift die Zahl der Kinder nicht berücksichtigt wird. Das Gericht verweist insoweit auf die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 16.01.1996 X B 138/95 (BFH/NV 1996, 402) und vom 20.09.1999 X B 54/99 (BFH/NV 2000, 316), deren Begründung es sich zu Eigen macht. Das Bundesverfassungsgericht hat die gegen den Beschluss vom 16.01.1996 X B 138/95 erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entschidung angenommen (Beschluss vom 30.05.1996 2 BvR 482/96, Steuer-Eildienst 1996, 510).
Das Gericht hält es ferner nicht für verfassungswidrig, dass § 10e Abs. 5a EStG hinsichtlich der Höhe der Einkunftsgrenze keine gleitende Übergangsregelung beinhaltet. Zur Begründung wird auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 27.03.2001 X B 142/00 (BFH/NV 2001, 1240) verwiesen.
Schließlich verstößt § 10e Abs. 5a EStG auch nicht deshalb gegen die Verfassung, weil er auf den Gesamtbetrag der Einkünfte abstellt und mithin beispielsweise auch nicht danach differenziert, ob der Steuerpflichtige die Einkünfte aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit erzielt. Zur Begründung wird auch insoweit auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 27.03.2001 X B 142/00 (BFH/NV 2001, 1240) verwiesen.
Der Beklagte hat auch die geltend gemachten Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des § 10 Abs. 3 EStG in zutreffender Höhe berücksichtigt.
Das Gericht hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 3 EStG. Zur Begründung wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 16.10.2002 XI R 41/99 (DStR 2003, 279) verwiesen.
Das Gericht teilt die Auffassung des Bundesfinanzhofs, dass der Gesetzgeber nicht gehalten ist, Vorsorgeaufwendungen im Umfang einer Mindestvorsorge von der Besteuerung abzuschirmen, weil es sich insoweit nicht um einen gegenwärtigen Grundbedarf der Steuerpflichtigen handelt. Ausreichend ist insoweit vielmehr, dass nach der Erfüllung der Einkommensteuerschuld noch ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, um den notwendigen Lebensunterhalt bestreiten und die Kosten einer Mindestvorsorge tragen zu können.
Dies war bei den Klägern nach der Überzeugung des Gerichts der Fall. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 229.993,-- DM betrug die Einkommensteuerschuld 81.536,-- DM.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung abzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 10e Abs. 5a EStG, fehlt die grundsätzliche Bedeutung schon deshalb, weil die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht betrifft. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs. 3 EStG fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, weil diese durch die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bereits hinreichend geklärt ist.
Ende der Entscheidung
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