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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 2 K 319/06
Rechtsgebiete: UStG, UStDV


Vorschriften:

UStG § 14 Abs. 4
UStG § 14 Abs. 5
UStG § 14 Abs. 6
UStG § 14a
UStG § 15 Abs. 1
UStDV § 31 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 2. Senat,

aufgrund der mündlichen Verhandlung

am 20. August 2008

durch

...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 13.232,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte den Vorsteuerabzug in Höhe von 13.232,00 EUR aus einer Rechnung des Landwirts M wegen fehlender Angabe des Lieferzeitpunktes zu Recht versagt hat.

Die streitbefangene Rechnung über diverse landwirtschaftliche "Technik" weist einen Nettobetrag von 82.700,00 EUR und einen Bruttobetrag von 95.932,00 EUR aus und datiert vom 05.01.2004.

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung der Klägerin für das 1. Quartal 2004, die von ihrem Liquidator L erstellt worden und am 08.04.2004 beim Finanzamt -FA- eingegangen war, enthielt die in der vorgenannten Rechnung ausgewiesene Vorsteuer nicht. Erst im darauffolgenden Jahr ging beim Beklagten am 13.04.2005 eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Quartal 2004 ein, mit der die Klägerin die Vorsteuer aus der Rechnung vom 05.01.2004 erstmals geltend machte. Das jetzt erst dem FA vorgelegte Rechnungsexemplar enthielt keine Unterschrift des Landwirts M, sondern lediglich den handschriftlichen Vermerk "sachlich richtig", der von dem Liquidator L mit dem Datum vom 09.01.2004 versehen und unterschrieben worden war. Wegen des weiteren Inhalts des seinerzeit vorgelegten Rechnungsexemplars wird auf Bl. 38 der BP-Akten verwiesen. Einen Monat später am 13.05.2005 reichte die Klägerin auch die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2004 ein, die einen verbleibenden Überschuss von ./. 9.774,42 EUR ergab.

Bereits am 31.08.2004 war über das Vermögen des Landwirts M das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Das FA erteilte die Zustimmung nicht, sondern ordnete eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an. Im Verlaufe der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die vom 26.08. bis 24.10.2005 stattfand, wurde u.a. folgendes festgestellt:

Der Landwirt M, der zuvor aus dem landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin - einer in Liquidation befindlichen LPG - ausgeschieden war, hatte von dieser im Jahre 1991 ein Darlehen in Höhe von 504.700,00 DM zur Gründung eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes erhalten. Dem erst im Verlaufe des Gerichtsverfahrens vorgelegten Darlehensvertrag vom 22.07.1991 (Gerichtsakte Bl. 74) ist zu entnehmen, dass die Rückzahlung des "zur Errichtung des Betriebes" gewährten Darlehens in 5 Jahresraten, beginnend "nach der Ernte 1992" erfolgen sollte. Weiterhin heißt es in der Vereinbarung: "Als Sicherheit werden die landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte des Hofes R durch Herrn M zur Verfügung gestellt."

Nach Angaben der Klägerin überließ der Landwirt M im Herbst 2003 die weitere Bewirtschaftung seines Hofes dem "Landwirtschaftsbetrieb D" und benötigte daher nicht mehr eine eigene landwirtschaftliche Technik. Deshalb habe er seine Technik an die Klägerin, vertreten durch den Liquidator L, zwecks Verrechnung mit der noch offenen Forderung aus dem Darlehen von 1991 in Höhe von 82.627,53 EUR verkauft. Hierzu wurde eine von dem Liquidator L unterschriebene "Darlehenskündigung" vom 04.12.2003 zum 24.12.2003 vorgelegt (Bl. 17 der BP-Akten).

Den Aufzeichnungen des Prüfers zufolge wurde während des Prüfungsverfahrens seitens der Klägerin auf Nachfrage ausdrücklich erklärt, es seien keine Lieferscheine ausgestellt worden.

Zum Zeitpunkt der Lieferung machte die Klägerin im Verwaltungsverfahren unterschiedliche Angaben: "Rechnungslegung ... am Folgetag der Maschinenübergabe" einerseits (Schreiben des Liquidators L vom 09.11.2005, Umsatzsteuerakten Bl. 10), danach Lieferung am 04.01.2004, "Lieferung mit dem Rechnungsdatum am gleichen Tag" andererseits (Schreiben des Steuerbevollmächtigten K. vom 18.11.2005 andererseits, Umsatzsteuerakten Bl. 9), danach Lieferung am 05.01.2004.

Während des Verwaltungsverfahrens wurde außerdem ein weiteres Exemplar der Rechnung vom 05.01.2004 vorgelegt (Bl. 18 der BP-Akten). Dieses enthält - im Unterschied zu der ursprünglich und auch im Unterschied zu der während des Gerichtsverfahrens übersandten - Rechnung rechts unten eine Unterschrift des Landwirts M und darunter in der Mitte einen handschriftlichen Vermerk "Verrechnung mit Forderungen an Herrn M" ohne Unterschrift und ohne Datum.

Das FA versagte in seinem Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 21.11.2005 im Anschluss an die Prüfungsfeststellungen vom 24.10.2005 den geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Landwirts M.

Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin erstmals zwei handschriftlich ausgefüllte Lieferscheine "für LPG M" bzw. "für LPG N i. L.", datierend unter dem 04.01. und 05.01.2004, vor. Wegen des genauen Inhalts wird auf Bl. 18 und 19 der Umsatzsteuerakten verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 05.07.2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei stellte es maßgeblich auf das Fehlen eines Lieferdatums in der Rechnung ab. Die erst im Einspruchsverfahren vorgelegten Lieferscheine könnten nicht berücksichtigt werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass diese Lieferscheine nachträglich erstellt worden seien. Abgesehen davon habe die Klägerin keine Rechnung, sondern einen von ihr selbst erstellten Eigenbeleg vorgelegt, der auch keinerlei Eingang in die Buchführung des Lieferers gefunden habe.

Mit der rechtzeitig eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Es handele sich bei der Rechnung nicht um einen Eigenbeleg, sondern um eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 UStG. Die Rechnung vom 05.01.2004 sei zwar von dem Liquidator L auf dessen Computer geschrieben worden, dies sei aber in Anwesenheit und mit ausdrücklicher Billigung des Landwirts M geschehen. Letzterer sei daher auch als Aussteller der Rechnung zu betrachten, er habe sich des Liquidators nur als Erfüllungsgehilfen bedient.

Das Lieferdatum müsse in der Rechnung nicht genannt werden, da diesbezügliche Lieferscheine vorhanden seien.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von dem Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 21.11.2005 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 05.07.2006 weitere Vorsteuern in Höhe von 13.232,00 EUR zu berücksichtigen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und äußert den Verdacht, dass es sich um ein bloßes "Scheingeschäft" gehandelt haben könnte.

Dem Gericht haben vorgelegen je ein Band Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer-, Betriebsprüfungs-, Dauerbeleg- und Bilanzakten sowie ein Band Gesonderte Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat den Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG schon deshalb zu Recht versagt, weil die Rechnung des Landwirts M. vom 05.01.2004 das Lieferdatum nicht enthält.

Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Eine nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung im vorgenannten Sinn liegt vor, wenn diese die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthält.

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG in der für den streitbefangenen Zeitraum maßgeblichen Fassung muss eine Rechnung folgende Angabe enthalten: den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1, sofern dieser Zeitpunkt feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist. Absatz 5 Satz 1 betrifft die Fälle, in denen der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Leistung oder sonstige Leistung vereinnahmt.

Auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in § 14 Abs. 6 UStG ist ferner die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) ergangen, wonach eine Rechnung auch aus mehreren Dokumenten bestehen kann, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 des Gesetzes geforderten Angaben insgesamt ergeben (31 Abs. 1 Satz 1 UStDV in der für das Streitjahr 2004 maßgeblichen Fassung). Dabei ist in einem dieser Dokumente das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag jeweils zusammengefasst anzugeben und alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Angaben nach § 14 Abs. 4 des Gesetzes ergeben (31 Abs. 1 Satz 2 UStDV). Gem. 31 Abs. 1 Satz 3 UStDV müssen die Angaben leicht und eindeutig nachprüfbar sein.

Als Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG kann der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung ausgeführt wird.

§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG hat seine gemeinschaftsrechtliche Grundlage in Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b Unterabschnitt 1 7. Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) in der im Streitjahr geltenden Fassung. Danach muss eine Rechnung für Mehrwertsteuerzwecke u.a. folgende Angabe enthalten: das Datum, an dem die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung nach Buchstabe a) Unterabsatz 2 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist.

Sinn und Zweck sämtlicher vorgenannten Bestimmungen ist es, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ermöglichen sollen. Sofern eine Rechnung kein Lieferungsdatum enthält, ist für die Finanzverwaltung nämlich nicht ersichtlich, wann genau (in welchem Voranmeldungszeitraum) die Umsatzsteuer und der damit korrespondierende Anspruch auf Vorsteuerabzug entstanden ist. Das erkennende Gericht folgt der Rechtsprechung des BFH, wonach der Zeitpunkt der Lieferung (abgesehen von den Fällen des § 14 Abs. 5 Satz 1 UStG) selbst dann zwingend anzugeben ist, wenn er mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist (vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 17.12.2008 - XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432).

Gemessen an den oben genannten gesetzlichen Grundlagen und Rechtsprechungsgrundsätzen ist im vorliegenden Streitfall der Vorsteuerabzug zu versagen.

Die Rechnung des Landwirts M. vom 05.01.2004 enthält selbst keine Angabe des Lieferungszeitpunktes. Insoweit wird den gesetzlichen Anforderungen des § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG nicht genügt.

Aber auch den erleichterten Anforderungen des § 31 Abs. 1 UStDV wird nicht genügt. Zwar dürften sich den beiden angeblich am 04. und 05.01.2004 ausgestellten Lieferscheinen zwei Lieferungszeitpunkte, nämlich der 04.01.2004 und der 05.01.2004, entnehmen lassen. Dies reicht aber nicht nach den insoweit eindeutigen Regelungen des § 31 Abs. 1 Satz 2 UStDV , da die unter dem 05.01.2004 datierte Rechnung keinerlei Hinweise auf diese Lieferscheine bzw. auf andere Dokumente im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 UStDV enthält, aus denen sich die fehlenden Angaben nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG ergeben. Schon deshalb ist die Versagung des Vorsteuerabzugs zu Recht erfolgt.

Somit kommt es nicht mehr entscheidend auf die - in der mündlichen Verhandlung am 20.08.2009 erörterte - Frage an, ob die Liefergegenstände in der Rechnung vom 05.01.2004 im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG ausreichend beschrieben worden sind oder ob auch es auch insoweit an einem ordnungsgemäßen Belegnachweis fehlt. Nach der Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, muss das Abrechnungspapier, aus dem der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die eindeutige Identifizierung der abgerechneten Leistung ohne Weiteres ermöglichen (vgl. nur BFH, Urteil vom 29.11.2002 - V B 119/02, BFH/NV 2003, 518). Eine Identifizierbarkeit in diesem Sinn dürfte zum Beispiel bei pauschalen Angaben wie etwa "1 Saatgutbeschickungshänger" und "1 Fangvorrichtung mit Treibgang", wie sie in der Rechnung ohne weitere Erläuterungen verwendet worden sind, kaum noch zu bejahen sein.

Das Gericht lässt ebenfalls offen, ob die Rechnung vom 05.01.2004, die in den Akten in unterschiedlichen Versionen auftaucht, von dem angeblichen Aussteller M überhaupt willentlich in den Verkehr gebracht worden ist, anderenfalls es schon an einer Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG fehlen würde.

Ebenfalls lässt es das Gericht dahinstehen, ob die Lieferungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG tatsächlich, wie behauptet, am 04. und 05.01.2004 bzw. im Streitjahr 2004 stattgefunden haben. Jedenfalls haben sich in den Buchführungsunterlagen des Verkäufers, über dessen Vermögen am 31.08.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurden, hierfür, soweit ersichtlich, keine Anhaltspunkte ergeben.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge nach § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Das Gericht sieht keine Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO.

Dass insbesondere § 31 Abs. 1 Satz 2 UStDV in der seinerzeit maßgeblichen Fassung nicht von der gesetzlichen Ermächtigung in § 14 Abs. 6 UStG gedeckt sein soll (offen gelassen, da nicht entscheidungserheblich von BFH im Urteil vom 17.12.2008 - XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432), hat der Vertreter der Klägerin weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung am 20.08.2009 dargelegt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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