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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 1 K 468/04
Rechtsgebiete: BewG


Vorschriften:

BewG § 33
BewG § 68 Abs. 1
BewG § 69
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist die gesonderte Feststellung für die gewerblich genutzten Ställe in A im Streit.

Der Kläger hat das Grundstück am 09.11.2002 von Todes wegen von dem Voreigentümer, seinem Vater, erworben. Der Grundstückswert wurde zum 09.11.2004 auf 114.500 EUR gesondert festgestellt.

Auf dem Gelände befinden sich seit dem Jahr 1975 verschiedene gewerblich genutzte Schweineställe. Diese Schweineställe sind seit dem 01.07.1991 durch Pachtvertrag an den Kläger überlassen. In § 7 des Pachtvertrages ist die Pachtdauer auf 10 Jahre bis 30.06.2001 bestimmt. Nach Ablauf der Pachtdauer tritt ferner eine stillschweigende Verlängerung von Jahr zu Jahr ein, wenn nicht mit Jahresfrist zum Jahresende gekündigt wird. Bis zum Todeszeitpunkt des Vaters am 09.11.2002 wurde der Pachtvertrag nicht gekündigt.

In diesen angemieteten Schweineställen betreibt der Kläger mit der X GmbH u. Co. Tierhaltung KG eine gewerbliche Tierhaltung. An der X GmbH u. Co. Tierhaltung KG ist der Kläger sowohl an der KG als auch an der GmbH als Alleingesellschafter beteiligt. Die Ställe sind insgesamt an die Tierhaltung KG verpachtet.

Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass es sich bei diesen gewerblich genutzten Ställen um eine selbständige wirtschaftliche Einheit handelt und in diese als Grundvermögen zu bewerten ist. Die Stallgebäude seien nicht mehr dem landwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnen, da sie nicht nur vorübergehend, sondern dauernd dem landwirtschaftlichen Betrieb entzogen seien. Das Finanzamt stellte deshalb für die gewerblich genutzten Ställe einen gesonderten Grundstückswert zum Besteuerungszeitpunkt 09.11.2002 fest, wobei bei es bei der Ermittlung des Wertes den Mindestwert für den Grund und Boden abzüglich des gesetzlichen Abschlages von 20 v.H. festsetzte. Bei einer Grundstücksfläche von 5100 qm und einem Bodenrichtwert von unstreitig 28,12 EUR je qm ermittelte es einen Wert von 114.500 EUR.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Rechtsansicht, es komme auf die ertragsteuerliche Bewertung beim Erblasser an.

Ertragssteuerlich sei der land- und forstwirtschaftliche Betrieb beim Erblasser insgesamt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewesen. Dieses gelte auch dann, wenn Teile des Betriebsvermögens verpachtet seien. Die gewerblich genutzten Ställe hätten allerdings beim Erblasser land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen dargestellt.

Der Kläger beantragt,

dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückes zum Bewertungszeitpunkt 09.11.2002 für das bebaute Grundstück (gewerblich genutzte Ställe) in A vom 30. Januar 2004 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 26.10.2004 dahingehend zu ändern, dass nicht mehr von einer eigenständigen wirtschaftlichen Einheit ausgegangen wird, sondern insgesamt eine Bewertung als land- und forstwirtschaftliches Vermögen erfolgt,

hilfsweise

festzustellen, dass es sich bei diesem Grundstück mit gewerblich genutzten Ställen um gewerbliches Betriebsvermögen handelt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Da es sich nicht um eine nur lediglich vorübergehende Verpachtung handele, seien die gewerblich genutzten Ställe als selbständige wirtschaftliche Einheit dem Grundvermögen zuzuordnen und entsprechend zu bewerten.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hatte zutreffend das Grundstück mit den gewerblich genutzten Ställen als gesonderte wirtschaftliche Einheit als Grundvermögen bewertet.

I.

Gemäß § 68 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) gehören zum Grundvermögen u.a. der Grund und Boden, soweit es sich dabei nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen i.S.d. § 33 BewG handelt. Aufgrund dieses Vorrangs des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens kommt die Regel des § 69 BewG zur Abgrenzung des Grundvermögens vom land- und forstwirtschaftlichen Vermögen erst dann zur Anwendung, wenn die zu bewertende Fläche grundsätzlich zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören würde. Der Begriff des Grundvermögens wird in § 68 Abs. 1 BewG zum Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens negativ abgegrenzt, während § 33 BewG dabei positiv bestimmt, welcher Grundbesitz als land- und forstwirtschaftliches Vermögen anzusehen ist (BFH-Urteil vom 09.08.1989 II R 116/86, BStBl II 1989, 870).

Unter Landwirtschaft wird dabei die Nutzung des Grund und Bodens zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse verstanden, sowie deren unmittelbare Verwertung. Der bewertungsrechtliche Begriff des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft setzt dabei keine Mindestgröße voraus; entscheidend ist vielmehr die tatsächliche nachhaltige Nutzung und deren Zweckbestimmung durch den Eigentümer (BFH-Urteil vom 4. März 1987 II R 8/86, BStBl II 1987, 370).

Gem. § 33 Abs. 2 BewG ist Betrieb in der Land- und Fortwirtschaft die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit wurde als Typus-Begriff in das Bewertungsrecht eingeführt, um den Bewertungsgegenstand abzugrenzen, d.h. die Bewertungseinheit zu bestimmen (BFH-Urteil vom 3. März 1993, BFH/NV 1993, 584). Jede wirtschaftliche Einheit ist nach § 2 Abs. 1 BewG für sich zu bewerten. Der Begriff "wirtschaftliche Einheit" bestimmt sich dabei nach den Anschauungen des Verkehrs. Dabei sind örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammenhörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Für die Frage, was noch zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehört, ist deshalb eine Gesamtwürdigung der betrieblichen Verhältnisse vorzunehmen (BFH-Urteil vom 10.04.1997 IV R 48/96, BFH/NV 1997, 749; Gürsching/Stenger, Kommentar zum BewG, § 33 Rz 59).

Verpachtet ein Landwirt nur einen Teil seines Betriebes, so hängt die Beurteilung der wirtschaftlichen Einheit von den Verhältnissen des Einzelfalles ab. Die Rechtsprechung hat hierzu die Auffassung vertreten, dass bei einer Verpachtung von Flächen zur selbständigen Bewirtschaftung durch den Pächter die Tätigkeit des Verpächters sich im allgemeinen auf die Vereinnahmung der Pachtzinsen und die Überwachung dessen Grundbesitzes auf Erhaltung des Bestandes und seiner Ertragsfähigkeit beschränkt. Deshalb werde im allgemeinen eine Loslösung des verpachteten Grundbesitzes von dem übrigen Besitz anzunehmen sein (so Gürsching/Stenger a.a.O.; die wirtschaftliche Einheit bleibt dann nur bestehen, wenn die Verpachtung nicht auf Dauer beabsichtigt ist. Liegt hingegen eine Dauerverpachtung vor, bildet der vom Pächter bewirtschaftete Betriebsteil eine gesonderte wirtschaftliche Einheit (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 07.09.1928 Reichssteuerblatt 1929, III S. 169; Urteil des Reichsfinanzhofs vom 18.05.1933 Reichssteuerblatt III, S. 864; Stöckel, Kommentar zum BewG, § 33, Rz 27; Rössler/Troll, Kommentar zum BewG, § 33 Rz 18 ff; Görsching/Stenger a.a.O. Rz 61 ff). Der Reichsfinanzhof hat dabei insbesondere in seiner Entscheidung vom 18. Mai 1933 (Reichssteuerblatt 1933, 864) die Auffassung vertreten, der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den selbst bewirtschafteten Flächen und den verpachteten Flächen werde aufgehoben, wenn es sich bei der Begründung des Pachtverhältnisses um einen Dauerzustand handele. Entscheidend ist deshalb letztlich, ob die Verpachtung durch langjährige Verträge als Dauerpacht anzusehen ist und damit die Pachtflächen wirtschaftlich eine Verselbständigung erfahren.

II.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze bilden die von dem Kläger seit 1991 angepachteten Flächen eine gesonderte wirtschaftliche Einheit.

Das der Kläger diese zunächst von seinem Vater als Einzelperson angepachtet hat, ist dabei ohne Belang. Der Kläger nämlich betreibt von Anfang an als Alleingesellschafter der X GmbH u. Co. Tierhaltung KG in den acht angepachteten Ställen eine gewerbliche Tiermast.

Nach dem Pachtvertrag vom 24.06.1991 war bis zum Ablauf des 30.06.2001 eine feste Pachtdauer vereinbart. Danach sollte sich der Vertrag stillschweigend von Jahr zu Jahr verlängern, wenn nicht eine der Vertragsparteien mit Jahresfrist zum Ende eines Pachtjahres kündigt. Bis zum Zeitpunkt des Todes des Vaters am 09.11.2002 war der Pachtvertrag nicht gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt wäre danach eine Kündigung des Pachtverhältnisses erst zum Abschluss des Pachtjahres 30.06.2004 möglich gewesen. Es ist deshalb im Streitfall von einem Dauerpachtverhältnis von zumindest dreizehn Jahren auszugehen.

Die Finanzverwaltung ist in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass von einer eigenen wirtschaftlichen Einheit hinsichtlich des Pachtlandes dann auszugehen ist, wenn die Pachtdauer mindestens zehn Jahre beträgt (OFD München, Verfügung vom 08.11.1995 - S 3110 - 8/3 St 437, DStR 1996, 509). Auch wenn unter Berücksichtigung des Strukturwandels in der Landwirtschaft diese starre Grenze inzwischen zugunsten der Einzelfallbetrachtung aufgegeben wurde, steht aufgrund der gewählten langjährigen Verpachtung von weit mehr als zehn Jahren fest, dass hier nach Ende der Pachtzeit keine eigene Bewirtschaftung mehr durch den Vater erfolgen sollte. Durch die langjährige Verpachtung haben die Pachtflächen deshalb wirtschaftlich eine Verselbständigung erfahren. Diese sind deshalb einer gesonderten Bewertung zuzuführen.

Das Finanzamt hat dabei zutreffend diese Flächen als Grundvermögen i.S.d. § 68 BewG bewertet. Aufgrund der langjährigen Verpachtung zu gewerblichen Zwecken ist der streitige Grundstücksteil mit den Ställen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ausgeschieden. Er ist deshalb als selbständige wirtschaftliche Einheit als Grundvermögen zu bewerten.

Dabei spielt es insbesondere keine Rolle, ob das Finanzamt auch die verpachteten Ställe bei dem Vater ertragssteuerlich noch als land- und forstwirtschaftliches Vermögen angesehen hat.

Das für die Bedarfsbewertung zuständige Lage-Finanzamt nämlich hat eigenständig zu prüfen, ob ein Grundstück Betriebsgrundstück ist und zu welchem Gewerbebetrieb es ggf. gehört, um die ihm nach § 138 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 BewG obliegenden Feststellungen treffen zu können. Es ist nicht an zum Ertragssteuerrecht ergangene Steuer- oder Feststellungsbescheide gebunden (BFH-Urteil vom 27.10.2004 II R 8/01, BStBl II 2005, 463).

Dass Grundstück ist dabei durch das Ausscheiden aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen bei dem Vater des Klägers Grundvermögen geworden, nicht hingegen Betriebsvermögen. Da der Vater des Klägers insoweit lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat, das Grundstück darüber hinaus allerdings keinen anderen gewerblichen Zwecken diente, ist das streitige Grundstück nicht Betriebsvermögen i.S.d. § 99 BewG geworden.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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