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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: 3 K 2099/03
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 33 Abs. 1
EStG § 33 Abs. 2
EStG § 33 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

3 K 2099/03

Einkommensteuer 2001

In dem Finanzrechtsstreit

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. Juni 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Aufwendungen für den Wiederaufbau einer durch einen Sturm beschädigten Grundstücksmauer als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben zwei Kinder. Der Kläger erzielt als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die Klägerin ist Hausfrau. Beide beziehen Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug im Streitjahr 2001 94.168 DM (Bl. 128 Einkommensteuerakten - EStA -).

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 machten sie Aufwendungen für den Wiederaufbau einer durch einen Sturm beschädigten Grundstücksmauer als außergewöhnliche Belastung geltend und führten hierzu aus: Am 06.07.2001 gegen 23.45 Uhr habe ein schweres Unwetter über Worms hinweggefegt. In Worms-Hochheim habe dabei eine Windhose schwere Schäden angerichtet. Ihre Grundstücksmauer zum Sportplatz habe diese Windhose mit voller Wucht getroffen, so dass sie auf einer Länge von ca.24 m eingestürzt sei und vor ihr stehende Sträucher und 2 Bäume vernichtet habe. Die von ihnen am folgenden Samstagmorgen aufgenommen Fotos (Bl. 101 ff. EStA) zeigten in etwa das Ausmaß der Schäden. Da sie mit solchen Naturereignissen in W nicht gerechnet hätten, hätten sie für die das Grundstück vom Sportplatz trennende Mauer keine Versicherung abgeschlossen und hätten für den Schaden selbst aufkommen müssen. Die Kosten für den Wiederaufbau der Mauer hätten sich ohne die Eigenleistung auf DM 14.485,73 DM belaufen (Rechnung Bl. 14 EStA).

In dem Einkommensteuerbescheid vom 05.09.2002 (Bl. 90 EStA) ließ der Beklagte die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Aufwendungen unberücksichtigt. Zur Begründung heißt es, die Kosten für die Beseitigung des Unwetterschadens seien nicht absetzbar, weil die Mauer als Teil der Außenanlage eines Grundstücks kein existentiell notwendiger Gegenstand sei.

Zur Begründung ihres gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruchs machten die Kläger geltend, die Mauer trenne ihr Anwesen in einer Länge von ca. 24 m vom unmittelbar angrenzenden Sportplatz des TuS H. Nicht nur das Grundstück, sondern auch der Teil unmittelbar vor der Küche und dem Anbau unterhalb des Schlafzimmers ihrer Tochter seien betroffen. Auf dem Sportplatz werde mehrmals pro Woche Training abgehalten, an Wochenenden fänden Meisterschaftsspiele statt, wobei Hunderte von Zuschauern unmittelbar an der Grundstücksgrenze stünden und den bei Fußballspielen üblichen Lärm verursachten. Ohne die Abtrennung durch diese hohe Mauer sei ein Schutz der Privatsphäre nicht gewährleistet. Trotz der Mauer würden während der Meisterschaftsspiele und des Trainings zahlreiche Bälle auf ihr Grundstück geschossen. Hätten sie die Mauer nicht wieder aufgebaut, käme dies wohl noch häufiger vor. Über die Mauer geworfene Gegenstände wie Dosen, Zigarettenschachteln u.Ä. seien keine Seltenheit und würden bei fehlendem Schutz noch häufiger stören. Auch biete die Abgrenzung unter dem Aspekt der Sicherheit einen gewissen Schutz vor unberechtigtem Eindringen auf das Grundstück. Weggeworfene Zigarettenstummel stellten außerdem eine Gefahr für das gesamte Anwesen dar, da unmittelbar hinter der Mauer mehrere Krüppelkiefern stünden, die den Boden ständig mit trockenen Nadeln übersäten und leicht in Brand geraten könnten. Die geselligen Veranstaltungen des Sportvereins im Sommer mit Musik seien ein weiteres Argument für die existenzielle Notwendigkeit und den Wiederaufbau der Mauer.

Die Gebäudeversicherung für ihr Anwesen hätten sie beim Kauf im Jahre 1988 vom Vorbesitzer übernommen. Dabei sei das Gebäude gegen Feuer, nicht aber gegen Sturm versichert gewesen. Auch sie hätten damals keinen Anlass gesehen, die Versicherung auszuweiten. Im Übrigen hätte eine Sturmversicherung nach § 1.3 der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) sonstige Grundstücksbestandteile auf dem im Versicherungsvertrag bezeichneten Grundstück nur auf Grund besonderer Vereinbarung versichert. Ein Anspruch gegen die Versicherung habe auf dieser Basis nicht gestellt werden können. Es könne auch nicht angenommen werden, dass sie eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen hätten. Mit Schäden, wie sie im Gefolge des Orkans "Willy" auf Grund von Windhosen entstanden seien, habe nicht gerechnet werden können. Eine Sturmversicherung sei ihnen zu teuer und Schäden dieser Art unvorstellbar erschienen. Mit dem Verweis auf das Kriterium der "Wahrnehmung aller Versicherungsmöglichkeiten" sei die Geltendmachung von außergewöhnlichen Belastungen wie sie durch äußerst seltene Naturkatastrophen verursacht würden, überhaupt nicht mehr möglich.

Mit Einspruchsentscheidung vom 15.07.2003 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2001 aus hier nicht streitigen Gründen, setzte die Einkommensteuer anderweitig niedriger fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung heißt es: Erwüchsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) so werde nach § 33 Abs. 1 EStG die Einkommensteuer des Steuerpflichtigen auf seinen Antrag dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die ihm zumutbare Belastung übersteige, vom Gesamtbetrag seiner Einkünfte abgezogen werde. Aufwendungen erwüchsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könne und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig seien und einen angemessenen Betrag nicht überstiegen. Aufwendungen für die Wiederbeschaffung zur Beseitigung von Schäden an einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus könnten dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, wenn der Schaden durch ein unabwendbares Ereignis eingetreten sei. Nicht jede außergewöhnliche Mehrbelastung habe aber eine einkommensteuerliche Entlastung zur Folge, sondern nur eine solche, die für den Steuerpflichtigen zwangsläufig, also unabweisbar sei. Dies sei dann nicht anzunehmen, wenn es der Steuerpflichtige unterlassen habe, eine ihm zumutbare Versicherung abzuschließen. Dazu gehöre bei einem im Eigentum befindlichen Gebäude auch eine Wohngebäudeversicherung, die u.a. Sturmschäden umfasse. Eine solche Versicherung werde allgemein am Markt angeboten; ihr Abschluss sei üblich. Die Kläger hätten zwar eine Wohngebäudeversicherung abgeschossen. Mit dieser sei jedoch nur Brand, Blitzschlag, Explosion sowie Anprall oder Absturz eines bemannten Flugkörpers abgedeckt gewesen. Die Möglichkeit weitere im Rahmen dieses Vertrags versicherbare Gefahren wie Leitungswasser, Rohrbruch, Frost, Sturm, Hagel und erweiterte Elementarschäden einzubeziehen, hätten sie nicht wahrgenommen. Da es sich bei der Versicherung gegen Sturm um eine übliche und zumutbare Versicherung handele, seien die Aufwendungen, die zur Beseitigung der Sturmschäden angefallen seien, nicht als zwangsläufig anzusehen.

Mit ihrer Klage wiederholen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen und machen noch geltend: Der Beklagte habe in dem Bescheid vom 05.09.2002 eine Absetzung der Kosten für die Beseitigung des Unwetterschadens abgelehnt, weil die Mauer als Teil der Außenanlage eines Grundstücks kein existenziell notwendiger Gegenstand sei. Daraufhin hätten sie im Einspruchsverfahren darauf hingewiesen, dass die Mauer ihr Anwesen vom unmittelbar angrenzenden Sportplatz trenne, auf dem mehrmals pro Woche Training abgehalten werde und wo an Wochenenden Meisterschaftsspiele stattfänden und dass ohne die genannte hohe Mauer ein minimaler Schutz der Privatsphäre und eine Erholung im Garten oder ein halbwegs ungestörtes Verweilen mit Gästen auf der Terrasse nicht möglich sei. Daraus ergebe sich die existentielle Notwendigkeit der Abgrenzungsmauer.

In der Einspruchsentscheidung gehe der Beklagte auf das Argument der existentiellen Notwendigkeit dieser Abgrenzung nicht mehr ein, sondern verweise darin nunmehr darauf, dass ein Abzug als außergewöhnliche Belastung unzulässig sei, wenn der Steuerbürger eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen habe. Ein Orkan, wie er in jener Nacht über H gefegt habe, sei absolut ungewöhnlich. Dass ein Windstoss eine massiv gemauerte Abgrenzung von 2,20 m Höhe in wenigen Sekunden zum Einsturz bringen könne, habe niemand für möglich gehalten. Die Außenmauer dagegen zu versichern, hätten weder die Vorbesitzer des Hauses, von denen sie die Gebäudeversicherung übernommen hätten, noch sie für nötig gehalten. Selbst wenn eine Sturmversicherung abgeschlossen gewesen wäre, wäre die Mauer bei der Nachfolgerin der Hessischen Brandversicherungskammer Darmstadt, der Sparkassenversicherung, nicht versichert gewesen. Vielmehr hätte nach den VGB 88 kein Versicherungsschutz bestanden, wie die von dem Versicherungsunternehmen erstellte Vergleichsliste (Bl. 28 Prozessakten - PA -) zeige. Auch sei eine solche Versicherung nicht allgemein üblich gewesen, da niemand mit Schäden dieser Art habe rechnen können. Auch nach den neuen, ab 01.10.2002 geltenden Versicherungsbedingungen für die Verbundene Wohngebäudeversicherung (Bl. 39 PA) seien Zubehör sowie sonstige Grundstücksbestandteile auf dem im Versicherungsvertrag bezeichneten Grundstück nur aufgrund besonderer Vereinbarung versichert. Einfriedungen seien danach jetzt mit maximal 1546,05 EUR versichert. Da ihnen dies zu niedrig erschienen sei, hätten sie mit der Versicherung eine Anpassung auf einen Betrag von 5153,50 EUR vereinbart, der im Schadensfalle gezahlt werde.

Das Argument, sie hätten die Mauer gegen Sturm versichern können, da dies allgemein üblich sei und somit Kosten nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden müssten, befremde für das Jahr 2001 umso mehr, als anlässlich der schweren Hochwasserschäden im Osten Deutschlands im gleichen Jahr die Geschädigten - obwohl nicht versichert und im flussnahen Gebiet wohnend - förmlich dazu gedrängt worden seien, ihre Schäden über von der Bundesregierung eingerichtete Fonds voll geltend zu machen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 05.09.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2003 dahingehend zu ändern, dass Aufwendungen für den Wiederaufbau der Grundstücksmauer in Höhe von 14.485,73 DM als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt noch aus: Die Aufwendungen der Kläger für die Wiederherstellung der Grundstücksmauer seien deshalb nicht als zwangsläufig anzusehen, weil sie es unterlassen hätten, eine ihnen zumutbare Versicherung abzuschließen. Im Fall eines Wasserschadens an dem Gebäude eines Steuerpflichtigen habe der BFH in seinem Urteil vom 06.05.1994 (BStBI II 1995, 104) die Schadensbeseitigungskosten deswegen nicht als zwangsläufig angesehen, weil der Steuerpflichtige für keinen entsprechenden Versicherungsschutz gesorgt habe. Zur Vermeidung einer den Sinn und Zweck des § 33 EStG überschreitenden Ausdehnung habe es der BFH für geboten gehalten, den Steuerpflichtigen bei Schäden an Vermögensgegenständen vorrangig auf bestehende Versicherungsmöglichkeiten zu verweisen. Die Abwälzung des Schadens auf die Allgemeinheit erscheine dem BFH dann nicht gerechtfertigt, wenn eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit vom Steuerpflichtigen nicht wahrgenommen worden sei. Im Streitfall seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den Klägern der Abschluss einer Zusatzversicherung unzumutbar gewesen sein sollte. Soweit die Kläger darauf abstellten, dass das konkrete Schadensereignis absolut ungewöhnlich gewesen sei und sie es deshalb nicht für notwendig befunden hätten, die Grundstücksmauer gegen Sturm zu versichern, verkennten sie, dass es nicht auf das konkrete Schadensereignis ankomme, sondern vielmehr darauf, ob der Abschluss einer Versicherung von Zubehör sowie sonstigen Grundstücksbestandteilen als eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit vom Steuerpflichtigen wahrzunehmen sei. Dies sei auch im Streitfall gegeben, denn der Abschluss einer - besonderen - Versicherung gegen Sturmschäden am Gebäudezubehör sowie sonstigen Grundstücksbestandteilen sei für die Kläger auch durchaus zumutbar. Im Übrigen komme bei Schäden an Vermögensgegenständen eine Anerkennung der Wiederherstellungskosten als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, wenn ein für den Steuerpflichtigen existenzieller Bereich berührt sei. Selbst wenn aufgrund des Sportplatzes erhebliche Beeinträchtigungen des Grundstücks der Kläger vorlägen, könne von einer existenziellen Betroffenheit der Kläger nicht ausgegangen werden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid vom 05.09.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten:

1.

a) Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die Gründe müssen von außen derart auf die Entschließung des Steuerpflichtigen einwirken, dass er ihnen nicht ausweichen kann. Entscheidend ist, ob das Ereignis, dessen Folge die Aufwendungen oder die Verpflichtung zum Bestreiten dieser Aufwendungen sind, für den Steuerpflichtigen zwangsläufig war. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt auch der Abzug von Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden an Vermögensgegenständen aufgrund von Naturkatastrophen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 03.03.2005 III R 12/04, BFH/NV 2005, 1287). Voraussetzung ist dabei allerdings, dass es sich um Vermögensgegenstände in einem existentiell wichtigen Bereich handelt, wie z.B. dem Wohnen im eigenen Haus (vgl. BFH-Urteile vom 6.05.1994 III R 27/92, BStBl II 1995, 104 undvom 19.05.1995 III R 12/92, BStBl II 1995, 774).

b) Aufwendungen, die durch eine als zwangsläufig anzusehende Schadensbeseitigung entstehen, sind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, obwohl der Steuerpflichtige mit den Reparaturmaßnahmen einen Gegenwert erhält. Anders als bei der reinen Vermögensumschichtung ist der Steuerpflichtige belastet, soweit Werte endgültig abgeflossen sind. Bei einem Verlust von Gegenständen des lebensnotwendigen Bedarfs infolge eines unabwendbaren Ereignisses oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Wohnens ist § 33 EStG unter dem Gesichtspunkt des verlorenen Aufwands im Rahmen des Notwendigen und Angemessenen anwendbar, wenn weder Anhaltspunkte für ein Verschulden vorliegen noch von anderer Seite Ersatz zu erlangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 23.5.2002 III R 52/99, BStBl II 2002, 592, m.w.N.). Bei der Ermittlung des abziehbaren Betrags ist jedoch zu beachten, dass die mit dem Erwerb der erneuerten Teile zugeflossene Werterhöhung (neu für alt) im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnen ist. Wiederbeschaffungskosten werden nur in Höhe des gemeinen Wertes (Restwertes) des ersetzten Wirtschaftsgutes zugelassen (vgl. BFH-Urteil vom 23.5.2002 III R 52/99, BStBl II 2002, 592, m.w.N.).

c) Zur Vermeidung einer den Sinn und Zweck des § 33 EStG überschreitenden Ausdehnung ist es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl.Urteile vom 06.05.1994 III R 27/92, BStBl II 1995, 104 undvom 03.03.2005 III R 12/04, BFH/NV 2005, 1287), der der erkennende Senat folgt, geboten, den Steuerpflichtigen bei Schäden an Vermögensgegenständen vorrangig auf bestehende Versicherungsmöglichkeiten zu verweisen. Die (teilweise) Abwälzung des Schadens auf die Allgemeinheit ist dann nicht gerechtfertigt, wenn eine allgemein zugängliche und übliche Versicherungsmöglichkeit nicht wahrgenommen wurde. Besteht ein solcher Versicherungsschutz, kann und muss der Steuerpflichtige der endgültigen Belastung ausweichen, so dass die Kosten für die Wiederbeschaffung beschädigter Vermögensgegenstände nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 EStG sind.

d) Liegen die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 EStG vor, so wird die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Die zumutbare Belastung betrug nach § 33 Abs. 3 EStG im Streitjahr 2001 für Steuerpflichtige mit einem oder zwei Kindern und einem Gesamtbetrag der Einkünfte von unter 100.000 DM 3%.

2.

Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen kann die Klage keinen Erfolg haben.

a) Die Aufwendungen zur Schadensbeseitigung waren für die Kläger zwar außergewöhnlich, da die überwiegende Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Vermögensverhältnisse solche Kosten nicht zu tragen hat. Die Aufwendungen waren auch zwangsläufig, weil sie auf einem orkanartigen Sturm und damit auf einem Ereignis beruhten, das die Kläger nicht selbst willentlich herbeigeführt haben und dem sie sich auch aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen konnten. Die Aufwendungen sind aber nicht zur Beseitigung eines Schadens an einem Vermögensgegenstand des existentiell wichtigen Bereichs angefallen. Das Wohnhaus der Kläger ist durch den Sturm unstreitig nicht beschädigt worden, sondern es ist lediglich die Grundstücksmauer eingestürzt. Eine solche Mauer gehört aber nicht zum existentiell wichtigen, also lebensnotwendigen Bereich (so auch die Einkommensteuer-Richtlinien R 187 Nr. 1: Danach zählen zu den existentiell notwendigen Gegenständen die Wohnung, der Hausrat und Kleidung, nicht aber eine Garage oder Außenanlagen). Dieser Bereich ist nur dann betroffen, wenn das tatsächliche Wohnen entscheidend beeinträchtigt ist. Dies ist der Fall, wenn die Beseitigung eines Katastrophenschadens, etwa eines Brand- oder Wasserschadens notwendig ist, um das Haus selbst wieder bewohnen zu können oder um es in einen normalen Wohnverhältnissen entsprechenden Zustand zu versetzen (vgl. BFH-Urteil vom 06.05.1994 III R 27/92, BStBl II 1995, 104). Daran fehlt es hier. Wenn auch die von den Klägern geschilderten, von dem nahe gelegenen Sportplatz ausgehenden Beeinträchtigungen ohne die Wiederherstellung der Grenzmauer erheblich sein mögen, betreffen sie in erster Linie die Nutzung von Garten und Terrasse. Zur Bewohnbarkeit des Hauses selbst war die Reparatur der Mauer hingegen nicht notwendig.

b) Des Weiteren kommt eine Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung auch deshalb nicht in Betracht, weil es die Kläger unterlassen haben, sich gegen Schäden der in Rede stehenden Art zu versichern. Wie oben bereits ausgeführt, ist eine - auch nur teilweise - Abwälzung solcher Schäden auf die Allgemeinheit nicht gerechtfertigt, wenn es der Steuerpflichtige unterlassen hat, eine allgemein zugängliche und übliche Sachversicherung abzuschließen, weil sich der Steuerpflichtige durch den Abschluss einer solchen Versicherung den Aufwendungen zur Beseitigung des Schadens im Ergebnis hätte entziehen können (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2003 III R 36/01, BStBl II 2004, 47). Etwas anderes gilt bei einem Verlust von Vermögensgegen- ständen durch Naturkatastrophen, Brand oder andere unabwendbare Ereignisse allerdings dann, wenn einzelne Risiken überhaupt nicht versicherbar sind.

Gegen Schäden an Gebäuden sind Wohngebäudeversicherungen ebenso üblich wie eine Sachversicherung gegen Schäden an Hausrat und Kleidung (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2003 III R 36/01, BStBl II 2004, 47). Zu dem üblichen Umfang einer solchen Versicherung gehört die Versicherung u.a. gegen Brand, Blitzschlag, Explosion, aber auch gegen Sturmschäden. Auch die Einbeziehung der Außenanlagen ist versicherbar und - in Bezug auf die Prämienhöhe - auch ohne weiteres zumutbar. So sehen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88) in der seinerzeit noch gültigen Fassung in ihrem § 1 Nr. 3 die Möglichkeit einer Versicherung des Zubehörs sowie weiterer Grundstücksbestandteile u.a. auch gegen Sturmschäden ausdrücklich vor (vgl. Bl. 30 PA). Das Anwesen der Kläger war hingegen lediglich gegen Feuer versichert (vgl. den Versicherungsschein der Sparkassen-Versicherung, Bl. 107 EStA). Die Kläger haben nach ihrem eigenen Vorbringen keinen Anlass gesehen, das Haus nebst Zubehör und Grundstücksbestandteilen gegen Sturmschäden zu versichern. Soweit sie in diesem Zusammenhang darauf verweisen, eine Versicherung dieser Art sei deshalb nicht allgemein üblich, weil mit Schäden dieser Art niemand habe rechnen können, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zum Einen sind Sturmschäden - sowohl am Gebäude selbst als auch an den Außenanlagen - durchaus vorstellbar und ihr Eintreten nicht weniger wahrscheinlich, als etwa Schäden durch Brand, Blitzschlag oder Explosion. Zum Anderen ist eine Versicherung der Außenanlagen eines Hauses jedenfalls dann als üblich anzusehen, wenn diese Außenanlagen - wie im Streitfall - auf Grund der Art ihrer Ausführung und/oder ihrer Größe einen eigenen erheblichen Wert darstellen.

Der unterlassene Abschluss einer üblichen und zumutbaren Sachversicherung kann nicht anders gewertet werden als der Verzicht auf Ersatz- oder Erstattungsansprüche im Schadensfall, der dazu führt, dass die Aufwendungen zur Beseitigung des Schadens als nicht zwangsläufig beurteilt werden (vgl. BFH-Urteil vom 20.09.1991 III R 91/89, BStBl II 1992, 137). Lehnt der Steuerpflichtige den Versicherungsabschluss aufgrund freier Entscheidung ab und nimmt damit bewusst in Kauf, Aufwendungen zur Beseitigung eventuell später eintretender Schäden aus seinem Vermögen tragen zu müssen, so muss er sich sein eigenes Verhalten bei der steuerlichen Geltendmachung derartiger Aufwendungen entgegenhalten lassen.

Diese Rechtsprechung führt im Ergebnis auch nicht mittelbar zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Zwangsversicherung. Die einkommensteuerrechtliche Behandlung zwingt keineswegs zum Abschluss einer solchen Versicherung. Es unterliegt unverändert der freien Entscheidung des Steuerpflichtigen, einen entsprechenden Versicherungsschutz zu wählen oder stattdessen z.B. durch Rücklagen anderweitig Vorsorge zu treffen.

c) Der Hinweis der Kläger auf die Behandlung der Hochwasserschäden im Osten Deutschlands im Jahre 2001 und die Möglichkeit der Regulierung über einen dafür von der Bundesregierung eingerichteten Fonds geht fehl. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob die Aufwendungen wegen des Fehlens einer entsprechenden Versicherung nicht als zwangsläufig und damit nicht als außergewöhnlich im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG anzusehen sind. Sofern Hochwassergeschädigte in Ostdeutschland ihre Aufwendungen zur Schadensbeseitigung steuerlich als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht haben sollten, wäre von den Finanzbehörden und im Streitfall von den Gerichten im Rahmen des § 33 EStG in gleicher Weise zu prüfen, ob die Gefahr versicherbar und ggf. ob eine Versicherung üblich und zumutbar war. Davon zu trennen aber ist die Frage, ob eine Schadensregulierung auf anderem Wege, wie etwa über Hilfsfonds, möglich ist.

Nach Alledem hat die Klage keinen Erfolg, ohne dass es noch auf die Frage eines etwaigen Vorteilsausgleichs (neu für alt) oder auf die zumutbare Eigenbelastung nach § 33 Abs. 3 EStG ankäme.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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