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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 4 K 1347/03
Rechtsgebiete: FGO, AO, BpO, HGB, EStG
Vorschriften:
FGO § 100 Abs.1 S. 1 | |
AO § 122 Abs. 1 S. 3 | |
AO § 169 Abs. 1 S. 1 | |
AO § 170 Abs. 2 Nr. 1 | |
AO § 171 Abs. 4 S. 1 | |
AO § 171 Abs. 4 S. 2 | |
AO § 202 Abs. 1 S. 3 | |
AO § 393 Abs. 1 | |
AO § 397 Abs. 3 | |
BpO § 9 | |
HGB § 255 Abs. 2 S. 1 | |
EStG § 16 Abs. 3 |
Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Einkommensteuer 1992 - 1993;
Gewerbesteuermessbetrag 1992 - 1993,
In dem Finanzrechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17. Januar 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ...
den Richter am Finanzgericht ...
den Richter am Finanzgericht ...
den ehrenamtlichen Richter ...
den ehrenamtlichen Richter ...
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 20. Februar 2001 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2003 werden geändert. Der Beklagte hat die Einkommensteuer 1993 auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Veräußerungsgewinn von bisher 887.836 DM auf 187.836 DM herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5 zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist noch in Streit,
1. inwieweit der Änderung der Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 sowie der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993 der zwischenzeitliche Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen steht,
2. ein Verwertungsverbot für die bei einer Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse anzunehmen ist,
3. die Höhe des vom Beklagten ermittelten Aufgabegewinns, wobei hiergegen in erster Linie europarechtliche Einwände erhoben werden sowie
4. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung das Vorliegen anschaffungsnaher Aufwendungen.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Handelsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 des Einkommensteuergesetzes -EStG- sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG.
Am 23. November 1993 hatte der Beklagte erstmals für das Kalenderjahr 1992 einen Einkommensteuerbescheid erlassen. Dieser wurde am 18. Oktober 1996 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung -AO- und am 26. Februar 1997 nach § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG geändert. Für das Kalenderjahr 1993 hatte der Beklagte erstmals einen Einkommensteuerbescheid am 25. April 1995 erlassen. Dieser wurde am 18. Oktober 1996 und am 26. Februar 1997 jeweils nach § 164 Abs. 2 AO geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Der erstmalige Bescheid für das Jahr 1992 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag datierte auf den 23. November 1993; dieser wurde am 18. Oktober 1996 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert. Der erstmalige Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag des Jahres 1993 datierte auf den 25. April 1995; dieser Bescheid wurde am 18. Oktober 1996 nach § 164 Abs. 2 AO geändert; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Der Kläger hatte die Steuererklärungen für das Kalenderjahr 1992 im Jahr 1993 und die Steuererklärungen für das Kalenderjahr 1993 im Jahr 1995 eingereicht.
Die Bekanntgabe der geänderten Einkommensteuerbescheide sowie der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag erfolgte mit der Versendung an den damaligen Steuerberater des Klägers, Herrn M. Dieser hatte in den Jahren 1994 bis 1996 namens des Klägers verschiedene Anträge gestellt (Anträge auf Anpassung und Herabsetzung der Vorauszahlungen, auf Stundung und Teilzahlung und auf Aussetzung der Vollziehung) sowie gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 Einspruch eingelegt und für den Kläger an Erörterungen mit dem zuständigen Sachbearbeiter beim Beklagten teilgenommen. Nachdem Herr Steuerberater M dem Beklagten mit Schreiben vom 31. Januar 1994 mitgeteilt hatte, dass der Kläger nach Luxemburg verzogen sei, forderte der Beklagte Herrn Steuerberater M mit Schreiben vom 9. Februar 1995 auf, für den Kläger einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Daraufhin ließ Herr Steuerberater M dem Beklagten am 10. April 1995 über einen Mitarbeiter seiner Steuerkanzlei mitteilen, dass der den Kläger betreffende Schriftverkehr weiterhin an ihn, Herrn Steuerberater M, gesandt werden solle (vgl. Aktenvermerk vom 10. April 1995 auf der Aktenausfertigung des Erinnerungsschreibens des Beklagten an Herrn Steuerberater M vom 23. März 1995, ESt-Akten 1994).
In der Zeit vom 29. Oktober 1997 bis 7. Dezember 2000 (mit Unterbrechungen) fand eine Außenprüfung beim Kläger statt. Eine Ausfertigung der Prüfungsanordnung vom 12. September 1997 wurde Herrn Steuerberater M übersandt.
Am 20. Januar 1998 ging beim Beklagten eine den Kläger betreffende Kontrollmitteilung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung B vom 12. Januar 1998 ein, worauf im März 1999 ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger eingeleitet wurde und am 18. März 1998 eine Durchsuchung am früheren Wohnort des Klägers erfolgte. Nachdem der Verdacht der Steuerhinterziehung sich nicht weiter erhärtet hatte, wurde das Steuerstrafverfahren, nachdem ein abschließendes Gespräch mit dem Kläger am 3. Dezember 1998 geführt worden war, eingestellt und die Außenprüfung beim Kläger fortgesetzt.
Der Prüfer nahm aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen u.a. folgende Änderungen der Besteuerungsgrundlagen vor:
anschaffungsnahe Aufwendungen:
Der Prüfer rechnete Mietereinbauten im Gebäude F-Weg 1 in R, das zu Beginn des Jahres 1992 noch betrieblich genutzt und ab 15. Februar 1992 fremd vermietet war, den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu. Zusammen mit den Reparaturaufwendungen wurden die Aufwendungen für die Mietereinbauten nicht als sofort abzugsfähige Werbungskosten sondern als anschaffungsnahe Aufwendungen behandelt.
Ermittlung des Aufgabegewinns:
Mit der Verlegung seines Gewerbebetriebes nach Luxemburg nahm der Prüfer insoweit eine Aufgabe des Gewerbebetriebs nach § 16 Abs. 3 EStG- unter Zugrundelegung der bisherigen BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 28. April 1971 I R 55/66, BStBl II 1971, 630 undvom 16. Dezember 1975 VIII R 3/74, BStBl II 1976, 246) an. Da der Betrieb insoweit aus der inländischen Besteuerung ausgeschieden sei, sei hiernach eine Aufgabe des Gewerbebetriebs zu fingieren gewesen. Der Prüfer verwies insoweit darauf, dass nach der BFH-Rechtsprechung eine Betriebsaufgabe nicht nur bei der Auflösung des Betriebes, sondern auch dann gegeben sei, wenn der Betrieb als wirtschaftlicher Organismus zwar bestehen bleibe, er aber durch eine Handlung des Steuerpflichtigen oder durch einen Rechtsvorgang in seiner ertragsteuerlichen Einordnung so verändert werde, dass die Erfassung der im Buchansatz der Wirtschaftsgüter enthaltenen stillen Reserven nicht mehr gewährleistet sei. Die Betriebsaufgabe führe dazu, dass auf den Zeitpunkt der Verlegung des Gewerbebetriebes in das Ausland ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 2 und Abs. 3 EStG zu ermitteln sei. Die Verlagerung des Betriebes ins Ausland führe zur Konkretisierung eines Geschäfts- oder Firmenwertes, bzw. einem besonderen nach § 7 EStG absetzungsfähigen Wirtschaftsguts, da dieses selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgut zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung im Betrieb in Luxemburg bestimmt sei. Der Kläger habe als Handelsvertreter einen eingeführten und regelmäßig bearbeiteten Vertreterbezirk mit geschütztem Vertretungsgebiet gehabt, aus dem nachhaltig erzielbare Gewinne zu erwirtschaften seien. Mit Beendigung von Vertragsverhältnissen mit der Fa. H Küchen zum 30. April 1997 und mit der Fa. I-Werke zum 31.Dezember 1998 hatte der Kläger Ausgleichsansprüche gemäß § 89 b des Handelsgesetzbuches -HGB- in Höhe von 340.000,-- DM und von 283.000,-- DM erhalten. Der Prüfer erhöhte hiernach den vom Kläger angesetzten Aufgabegewinn von 59.928 DM auf insgesamt 887.836,-- DM. Er legte hierbei einen Geschäftswert bzw. Firmenwert von 700.000,-- DM zugrunde. Weiterhin erhöhte er den Teilwert der im Wege der Betriebsverlegung als entnommen angesehenen Wirtschaftsgüter (Außenanlagen, Fahrzeuge, sonstige abnutzbare Wirtschaftsgüter) um 50.000,-- DM. Darüber hinaus setzte der Prüfer die in der Bilanz noch nicht ausgewiesenen Provisionsansprüche aus dem Auftragsbestand bis zum 31. Dezember 1993 in Höhe von 75.400,-- DM an. Im Übrigen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 7. Dezember 2000 (Bl. 4 ff. der Bp-Berichtsakten) Bezug genommen.
Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ unter dem Datum vom 20. Februar 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für 1992 und 1993 und geänderte Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 1992 und 1993.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, den er zum einen darauf stützte, dass die Prüfungsanordnung fehlerhaft zugestellt worden sei und damit ein Verwertungsverbot eingetreten sei. Außerdem sei die Ablaufhemmung im Sinne des § 171 der Abgabenordnung -AO- nicht zum Tragen gekommen, weil die Außenprüfung für die Dauer von mehr als 6 Monaten aus Gründen unterbrochen worden sei, die die Finanzbehörde zu vertreten habe. Insoweit stützt er sich auf § 171 Abs. 4 Satz 2 AO. Im Übrigen erhob der Kläger auch Einwände gegen die Einzelpositionen im Betriebsprüfungsbericht, soweit es die Ermittlungen des Aufgabegewinns sowie die anschaffungsnahen Aufwendungen hinsichtlich des Gebäudes Forellenweg betraf. Ins besondere machte der Kläger in dem Ansatz eines Aufgabegewinns bei Verlegung des Betriebs nach Luxemburg einen Verstoß gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 48, 49 und 50 des EG-Vertrages geltend.
Am 3. März 2003 erhob der Klägervertreter Untätigkeitsklage, da über den eingelegten Einspruch nicht entscheiden worden sei, ohne dass Gründe für eine Verzögerung vorgetragen worden seien.
Im Rahmen einer Besprechung an Amtsstelle am 15. April 2003 stimmte der Kläger der steuerlichen Behandlung durch die Bp. bezüglich der Mietereinbauten und anschaffungsnahen Aufwendungen hinsichtlich des Gebäudes F-Weg sowie der vorgenommenen Aktivierung der Software zu. Bei der Ermittlung der Werte hinsichtlich der Ermittlung des Aufgabegewinns verständigte man sich hinsichtlich der einzelnen Wirtschaftsgüter auf einen Wert von 50.000,-- DM. Der Einspruch sollte hinsichtlich dieses Punktes nicht weiter verfolgt werden. Auf Punkt 3 des Aktenvermerks vom 15. April 2003 (Bl. 134 f. der Rbh-Akten) wird Bezug genommen. Im Rahmen der Besprechung am 15. April 2003 blieben ausdrücklich weiterhin der vom Prüfer angesetzte Geschäfts- und Firmenwert im Rahmen der aufgrund sogen. "Entstrickung" fingierten Betriebsaufgabe sowie die Höhe der zu erfassenden Provisionsansprüche aus dem bis zum 31. Dezember 1993 vorliegenden Auftragsbestand der vertretenen Firmen gemäß § 87 des Handelsgesetzbuches -HGB- streitig. Entgegen der vom Steuerberater des Klägers angekündigten teilweise Rücknahme der Einsprüche hinsichtlich der Streitpunkte Mietereinbauten und anschaffungsnahe Aufwendungen hinsichtlich des Gebäudes F-Weg, Aktivierung Software, Ermittlung der einzelnen Werte im Rahmen des Aufgabegewinns, Höhe der zu aktivierenden Provisionsansprüche wurde insoweit der Einspruch mit Schreiben vom 28. April 2003 nur hinsichtlich der Punkte Mietereinbauten und Aktivierung Software (teilweise) zurückgenommen (Bl. 158 Rbh-Akten).
Mit Entscheidungen vom 14. Mai 2003, am 19. Mai 2003 zur Post aufgegeben, wies der Beklagte den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1992 und 1993 vom 20. Februar 2001 sowie mit weiterer Entscheidung vom selben Tag, den Einspruch gegen die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993 vom 20. Februar 2001, als unbegründet zurück.
Hinsichtlich der Einwände gegen die Wirksamkeit der Prüfungsanordnung stand der Beklagte auf dem Standpunkt, dass die Prüfungsanordnung dem Kläger gegenüber wirksam mit Übersendung an den damals bevollmächtigten Steuerberater, Herrn M, bekannt gegeben worden sei.
Etwaige Mängel der Bekanntgabe seien als geheilt anzusehen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 14. Dezember 1989, III R 49/89, BFH/NV 1991, 288). Auch den Einwand, dass der Steuerberater M keine Zustellvollmacht gehabt habe, sah der Beklagte als nicht durchschlaggebend an. Für den Fall, dass ein Beteiligter am Besteuerungsverfahren keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder keine Geschäftsleitung im Inland habe, habe er der Finanzbehörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen Zustellvertreter zu benennen (§ 123 Satz 1 AO). Der Beklagte habe um die Benennung eines solchen Zustellvertreters gebeten. Allerdings sei dieses Schreiben direkt an den Steuerberater gerichtet gewesen. Erst auf Erinnerung vom 23. März 1995 hin habe Herr M telefonisch am 10. April 1995 mitteilen lassen, dass der Schriftverkehr usw. künftig über ihn abgewickelt werden solle. Da der Beklagte im Rahmen des Besteuerungsverfahrens den gesamten Schriftverkehr ausschließlich mit Herrn M geführt habe und dieser auch zum damaligen Zeitpunkt erkennbar für den Kläger tätig gewesen sei, habe der Beklagte ohne weiteres sich auch weiterhin an ihn wenden können. So habe der Beklagte auch die Vorlage einer Vollmacht verlangen können; er habe aber gleichwohl nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, indem er insoweit darauf verzichtet habe. Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung werde insoweit vermutet, wenn - wie hier - Angehörige der steuerberatenden Berufe auftreten würden. Hinzu komme, dass bis zum Ergehen der Prüfungsanordnung im September 1997 eine Vielzahl von Schriftstücken, Steuer- und Änderungsbescheiden an den Steuerberater M als Zustellvertreter versandt worden seien. Da der Steuerberater M gegen einige Bescheide davon namens und im Auftrag seiner Mandanten Einspruch erhoben habe, sei davon auszugehen, dass der Kläger davon Kenntnis erhalten habe, dass der Beklagte von einem wirksam bestellten Bevollmächtigten ausgegangen sei. Selbst wenn der Kläger tatsächlich keine Vollmacht erteilt haben sollte, liege insoweit eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht vor. Im vorliegenden Fall seien von April 1995 bis zum Abschluss der Prüfung Ende des Jahres 2000 Schriftstücke des Beklagten an den Steuerberater M als Zustellvertreter versandt worden. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Kläger hiervon auch Kenntnis gehabt habe und keine Einwände hiergegen habe erheben wollen. Aus der Duldung des Auftretens des Steuerberaters als bevollmächtigter Zustellvertreter folge auch, dass der Steuerpflichtige die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an ihn gegen sich gelten lassen müsse. Damit sei die Prüfungsanordnung wirksam bekannt gegeben. Es bestünde kein Verwertungsverbot für die im Rahmen der Prüfung getroffenen Feststellungen. Daher hätten auch die Änderungsbescheide für 1992 und 1993 ergehen dürfen.
Darüber hinaus sei der Ablauf der Festsetzungsfrist durch die durchgeführte Außenprüfung gehemmt worden. Die nachfolgende Unterbrechung der Außenprüfung sei nicht unmittelbar nach Prüfungsbeginn erfolgt. Vielmehr hätten die Kläger konkrete Fragen und angeforderte Nachweise nicht vorgelegt, wozu sie mehrfach aufgefordert worden seien.
Aufgrund der Annahme, dass der Einspruch insoweit eingeschränkt worden sei, handelte der Beklagte in der Sache selbst lediglich die seiner Meinung nach noch streitigen Punkte Geschäftswert und Firmenwert sowie den Punkt Provisionsansprüche ab.
Er hielt daran fest, dass vorliegend eine Betriebsaufgabe mit Verlegung des Geschäftsbetriebs nach Luxemburg anzunehmen sei, da die Erfassung der im Buchansatz für die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens enthaltenen stillen Reserven nicht mehr gewährleistet gewesen sei.
Die Betriebsaufgabe führe dazu, dass auf den Zeitpunkt der Verlegung des Gewerbebetriebs in das Ausland ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 2 und Abs. 3 zu ermitteln sei. Dabei seien die Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Das bisher in der Bilanz aktivierte Wirtschaftsgut Vertretungsrecht mit einem Buchwert von 1,-- DM sei in der Ermittlung des Aufgabegewinns mit einem Wert von 0,-- DM angesetzt. Die Verlagerung des Betriebs ins Ausland führe zur Konkretisierung eines Geschäftswertes, einem besonderen nach § 7 EStG absetzungsfähigen Wirtschaftsgut, da dieses selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgut zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung im Betrieb in Luxemburg bestimmt sei. Der Kläger habe als Handelsvertreter einen eingeführten und regelmäßig bearbeiteten Vertreterbezirk mit geschütztem Vertretungsgebiet, aus dem nachhaltig erzielbare Gewinne zu erwirtschaften seien. Der Ermittlung des nachhaltigen Ertragswertes seien die für die Unternehmensbewertung angewendeten Verfahren zugrunde zu legen gewesen. Unter Berücksichtigung der in den Folgejahren erhaltenen Ausgleichsansprüche nach § 89 b HGB sei der Geschäftswert analog der Ermittlung nach § 89 HGB mit 700.000,-- DM festgestellt worden. Trotz des hiergegen pauschal erhobenen Einwandes, wonach dies gegen europäisches Recht verstoße, ohne dass diesbezügliche anhängige EuGH-Verfahren hätten benannt werden können, halte der Beklagte an der bisherigen Ermittlung des Firmenwertes fest.
Der Kläger habe in der Zeit bis zum 31. Dezember 1993 für die vertretenen Firmen die Kundenaufträge vollständig vermittelt. Die Auslieferung der Waren sei im Kalenderjahr 1994 erfolgt. Die Provisionen würden mit der Auslieferung der Waren ausgezahlt. Der Handelsvertreter habe einen Provisionsanspruch, der mit dem Abschluss des auf seine Tätigkeit zurückzuführenden Geschäftes entstehe (§ 87 HGB), aber aufschiebend bedingt sei durch die Ausführung des Geschäfts. Im Rahmen der durch die Betriebsverlegung ins Ausland vorzunehmenden Betriebsaufgabe sei davon auszugehen, dass ein fremder Dritter bei Erwerb des Unternehmens für diese Forderungen einen Mehrbetrag zahlen würde, da ihm im Folgejahr die Beträge zuflössen. Auch dies sei Folge der vom Beklagten angenommenen Betriebsaufgabe aufgrund der durch die Verlegung des Betriebes ins Ausland verbundenen Entstrickung. Die Auffassung des Klägers, dass diese Form der Wegzugsbesteuerung gegen EU-Recht verstoße, könne er insoweit nicht teilen.
Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Inhalt der Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidungen vom 14. Mai 2003 (Bl. 143 ff. der Rbh-Akten) Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger hält daran fest, dass eine Ablaufhemmung vorliegend aufgrund der über 6-monatigen Unterbrechung der Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn gemäß § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht eingetreten ist.
Darüber hinaus seien die Provisionseinnahmen nicht zutreffend ermittelt worden, da u.a. auch Provisionszahlungen, die im Februar 1997 der Nachfolgefirma, der E S.A. in Luxemburg, zugewiesen und auch dort versteuert worden seien, im Rahmen des Veräußerungsgewinns per 31.12.1993 dort berücksichtigt worden seien. Insoweit wiederholt der Kläger auch seinen Vorwurf, dass hier die Zugrundelegung einer Betriebsaufgabe im Ergebnis zu einer Wegzugsbesteuerung führe, die gegen die Grundfreiheiten des EU-Rechts verstoße. Darüber hinaus rügt der Kläger die fehlerhafte Adressierung der Prüfungsanordnung. Hinsichtlich der Prüfungsunterbrechung führt er aus, dass mit der Außenprüfung am 29. Oktober 1997 begonnen worden sei. Diese habe in den ersten Tagen mit Unterbrechungen und dann erst wieder - unter Verstoß gegen § 9 der Betriebsprüfungsordnung vom 17. Dezember 1987 -BpO- (BStBl I 1987, 802) - nach Eröffnung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens am 26. März 1998 und schließlich Ende Juli 1999 stattgefunden. In der Eröffnungsbilanz in Luxemburg seien die Werte der Bilanz per 31.12.1993 übernommen worden. Eine Bilanzänderung unter Einbeziehung erhöhter Werte, wie sie von der Bp. angenommen worden seien, sei nicht mehr möglich, da die Einzelfirma seit März 1995 nicht mehr bestehe. Bei den Provisionszahlungen handele es sich im Übrigen um Abfindungen im Rahmen einer Kündigung der Vertretung gemäß § 89 b HGB. Diese Abfindung sei 1997 in Luxemburg bei der E S.A. als Ertrag versteuert worden. Soweit diese Abfindung in Deutschland nochmals durch den Ansatz eines entsprechenden Geschäftswertes versteuert werden solle, führe dies zu einem Verstoß gegen das Doppelbesteuerungsabkommen mit Luxemburg. Die Außenprüfung habe ohnehin den Geschäftswert zu hoch angesetzt, da insbesondere in den Jahren 1997 und 1999 zwei Vertretungen weggefallen seien, so dass in den Folgejahren von der Substanz hätte gezehrt werden müssen. Insbesondere in den Jahren 2000 habe es immense Einbrüche der Erlöse gegeben. Sämtliche nach dem 31.12.1993 erhaltene Provisionen seien in Luxemburg versteuert worden und könnten deshalb nicht nochmals in Deutschland versteuert werden. Die Aktivierung nicht realisierter Gewinne sei nicht zulässig und könne auch nicht bei einer Firmensitzverlegung ins EU-Ausland angewendet werden. Insoweit beruft sich der Kläger auf die neuere Rechtsprechung des EuGH, insbesondere in der Rechtssache "Hughes de Lasteyrie du Saillant" (EuGH-Urteil vom 11. März 2004, C - 9/02, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2004, 551), wonach grundsätzlich ein Verstoß gegen die europarechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit gegeben sei, wenn an einen Wegzug innerhalb der EU steuerliche Nachteile geknüpft würden.
Die Klägerin beantragt,
die geänderten Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 und die geänderten Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993, alle vom 20. Februar 2001, und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 14. Mai 2003, aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Unterbrechung der Betriebsprüfung im November 1997 stehe in keinem Zusammenhang mit der später durchgeführten Steuerfahndungsprüfung. Aufgrund des Schreibens der Großbetriebsprüfung des Finanzamts Bielefeld vom 12. Januar 1998 habe am 29. Januar 1998 eine interne Besprechung an Amtsstelle stattgefunden, in der erörtert worden sei, ob die Steuerfahndung des Finanzamts K eingeschaltet werden solle. Die erste Besprechung des Beklagten mit der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts K habe am 4. Februar 1998 stattgefunden. Die nach dem 11. November 1997 zunächst eingetretene Verzögerung des Fortgangs der Betriebsprüfung sei allein dem Kläger zuzurechnen. Trotz telefonischer Erläuterung der gestellten Fragen am 12. November 1997 durch den Betriebsprüfer sei von dem Kläger bzw. von seinem Berater erstmals für den 7./8. Januar 1998 ein Gesprächstermin angeboten worden. Die Aufzeichnungen des Betriebsprüfers (Bl. 138 - 142 der Rbh-Akte) widerlegten den Vorwurf einer Verschleppung durch die Betriebsprüfung.
Durch den der Besteuerung zugrunde gelegten Geschäfts- und Firmenwert sowie die angefallenen Provisionsansprüche werde die Niederlassungsfreiheit des Klägers nicht in Frage gestellt. Die Betriebsaufgabe sei weiterhin zu bejahen, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Gewerbebetrieb aus dem Inland in das Ausland verlege, sofern der Gewinn aus dem ausländischen Gewerbebetrieb aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht mehr der inländischen Besteuerung unterliege. Die Betriebsaufgabe führe dazu, dass auf den Zeitpunkt der Verlegung des Gewerbebetriebs in das Ausland ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 2 und Abs. 3 EStG zu ermitteln sei.
Der vorgebrachte Einwand des Klägers, die Rechtsprechung des BFH aus den Jahren 1971 und 1977 zur sogen. Entstrickung bei Betriebsaufgabe sei nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, könne nicht zum Anlass genommen werden, von der bisherigen BFH-Rechtsprechung abzuweichen. Der EuGH habe in seinem Urteil in der Rechtssache C-9/02 "Hughes de Lasteyrie du Saillant" vom 11. April 2003 eine Regelung des französischen Steuerrechts zur Wegzugsbesteuerung bei natürlichen Personen als nicht europarechtskonform eingestuft, wodurch die Neufassung des § 6 Außensteuergesetz -AStG- erforderlich werde. Eine über den § 6 AStG bisheriger Fassung hinausgehende Europarechtswidrigkeit weiterer Vorschriften sei jedoch aus dem o. g. EuGH-Urteil nicht abzuleiten. Insbesondere sei dieses EuGH-Urteil nicht auf den betrieblichen Bereich anzuwenden. Wie sich aus der Begründung des Kabinettsentwurfs des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 17. Juli 2006 ergebe, halte die Bundesregierung die Entstrickungsregeln im betrieblichen Bereich für europarechtskonform. Dort werde auf die Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 30. März 2004 im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 1999/4371 zu § 6 AStG hingewiesen. Danach stehe Deutschland das Recht zu, bei seinen Steuerpflichtigen diejenigen Wertzuwächse zu besteuern, die während des Bestehens der deutschen Steuerpflicht eingetreten seien. Dieses Besteuerungsrecht sei von Deutschland bisher nur auf Grundlage der o.g. BFH-Rechtsprechung ausgeübt worden. Der SEStEG-Entwurf sehe die gesetzliche Normierung allgemeiner Entstrickungstatbestände vor.
Bei dem angesetzten Firmenwert handele es sich nicht um eine vorgezogene Aktivierung von Ausgleichszahlungen im Sinne des § 89 b HGB. Vielmehr sei bei der Ermittlung des immateriellen Wirtschaftsguts "Geschäftswert" die in späteren Jahren erhaltenen Ausgleichszahlungen gemäß § 89 b HGB in die Bewertung des immateriellen Wirtschaftsguts eingeflossen. Der Ansatz des Geschäftswerts in Höhe von 700.000 DM sei unter Berücksichtigung der späteren Ausgleichszahlungen und unter Zuhilfenahme der gängigen Varianten (im vorliegenden Fall: direkte Methode, Gewinnmultiplikation und Ertragswertverfahren) ermittelt worden. Die Frage, ob bei einem Handelsvertreter ein Geschäftswert möglich sei, werde zutreffend vom Niedersächsischen Finanzgericht bejaht (Hinweis auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 9. Juni 2004, 3 K 85/00, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst -DStRE- 2005, 1180). Ebenso gehe das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 11. März 2004, 6 K 1295/02 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004, 1117) von der Existenz eines Geschäftswerts bei einem Handelsvertreter aus. Dem Finanzgericht sei darin zuzustimmen, dass eine Wegzugsbesteuerung unzulässig wäre, bei der der Gewinn aus einer vorgezogenen Aktivierung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB zugrunde gelegt werde. § 89 b HGB regele einen Ausgleichs-/ bzw. einen Ersatzanspruch des Handelsvertreters für nach Vertragsbeendigung entgehende Provisionserlöse. Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs sei nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 HGB die Beendigung des Vertragsverhältnisses. Erst zu diesem Zeitpunkt könne eine Forderung aktiviert werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei bei einer Verlegung eines Gewerbebetriebs in das Ausland bei gleichzeitigem Ausscheiden aus der inländischen Besteuerung eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG anzunehmen. Eine Betriebsaufgabe führe dazu, dass sämtliche, im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe vorhandenen stillen Reserven, aufgedeckt werden müssten. Für den Fall der Betriebsaufgabe im Inland habe der BFH entschieden, dass ein etwaiger Geschäftswert bei der Aufgabe des Betriebs untergehe. Dies sei konsequent, weil es nach einer Betriebsaufgabe einen für den Ansatz eines Geschäftswerts denknotwendigen gedachten Erwerber des Betriebs nicht geben könne. Der hier zu entscheidende Fall liege jedoch anders, indem der Kläger als selbständiger Handelsvertreter nach dem Wohnsitzwechsel ins Ausland seine Tätigkeit unverändert fortführe. Für diesen Fall erscheine es konsequent, bei der deutschen Schlussbesteuerung wegen der als fiktive Betriebsaufgabe zu behandelnden Betriebsverlegung ins Ausland den Geschäftswert zu besteuern. Würde zu diesem Zeitpunkt eine Schlussbesteuerung unterbleiben, würde Deutschland das ihm zustehende Recht zur Besteuerung der während des Bestehens der deutschen Steuerpflicht angewachsenen stillen Reserven verlieren. Eine vergleichbare Situation ergebe sich bei der Anwendung des § 8 des Umwandlungssteuergesetzes -UmwStG-, der den Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft ohne Betriebsvermögen regele. Nach herrschender Meinung in der Literatur sei dort in der Aufgabebilanz der übertragenden Gesellschaft auch ein Geschäfts- oder Firmenwert anzusetzen. Begründet werde dies damit, dass anders als bei einer Betriebsaufgabe das Unternehmen von der Übernehmerin weitergeführt werde. Übertrage man diese Regelung auf die Betriebsverlegung ins Ausland, sei im Zeitpunkt der Verlegung ein originärer Geschäftswert anzusetzen.
Der Kläger wurde gemäß § 79 b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO- aufgefordert, folgende Unterlagen dem Gericht zu übersenden:
die Eröffnungsbilanz des Einzelbetriebs in Luxemburg per 1.1.1994,
die Eröffnungsbilanz der E S.A
den Gesellschaftsvertrag der E S.A.
sowie Unterlagen über Art und Umfang der von der E S.A. abgeschriebenen immateriellen Wirtschaftsgüter.
Nachdem der Kläger hierauf dem Gericht Unterlagen übersandt hat, weist der Beklagte darauf hin, dass lediglich die Bilanz zum 31.12.1994 des Einzelunternehmens vorgelegt worden sei. Die Abschreibungstabelle zeige keines der laut Anlage zur Einkommensteuer 1993 vom 4. Januar 1995 aufgelisteten Wirtschaftsgüter wie z.B. Mercedes, Golf, Aktenvernichter, Büroensemble usw. Vorgelegt worden sei auch nur die Bilanz der E S.A zum 31.12.1995 ohne Erläuterung der Position Wertberichtigung zu Gründungskosten, immaterieller Anlagenwert und Sachanlagen laut Anlage zum Klageschreiben vom 15. Dezember 2003. Der Gesellschaftsvertrag der E S.A. sei nur in französischer Sprache vorgelegt worden. Laut Anlageverzeichnis 1997 der E S.A. sei ein Kontaktabschlag "H Küchen" erworben und abgeschrieben worden. Laut Vortrag des Klägers im Erörterungstermin am 9. August 2006 solle es sich jedoch um Gründungskosten gehandelt haben, die allerdings aus der Bilanz zum 31.12.1995 nicht hervorgingen. Zu den Provisionsansprüchen habe der Kläger am 11. September 2000 an Amtsstelle erklärt, dass die aufgeführten Beträge der Firma I-Werke über 32.073,47 DM, der Firma K über 8.714,75 DM und der Firma H Küchen über 34.611,78 DM mithin 75.400,-- DM verkaufte Waren gewesen seien, die erst im Januar zur Abrechnung gekommen seien. Die nunmehr vorgelegten Werte würden hiervon nicht berührt.
Der Senat hat Beweis erhoben zum Verlauf der am 29. Oktober 1997 begonnen Außenprüfung, insbesondere zu den Gründen für deren Unterbrechung, sowie zu den im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen durch Vernehmung des Herrn Steueramtsrat S und des Herrn Steuerberater M als Zeugen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Vernehmungsprotokolls in der Sitzung vom 17. Januar 2008 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist teilweise begründet.
Während die Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb im geänderten Einkommensteuerbescheid 1993 vom 20. Februar 2001 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2003 fehlerhaft ist, sind der geänderte Einkommensteuerbescheid 1992 und die geänderten Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993, alle vom 20. Februar 2001, und die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 14. Mai 2003 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs.1 Satz 1 FGO).
Einer Änderung der Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 sowie der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993 standen weder ein zwischenzeitlicher Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO noch Verwertungsverbote im Hinblick auf die bei der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse entgegen.
1. Die Festsetzungsfrist für die streitigen Steuerbescheide begann nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärungen abgegeben wurden. Das war für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1992 das Jahr 1993 und für die Einkommensteuer 1993 und die Gewerbesteuer 1993 das Jahr 1995. Demnach endete die vierjährige Frist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO) für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1992 mit Ablauf des Jahres 1997 und für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1993 mit Ablauf des Jahres 1999.
Gleichwohl stand dem Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide der Ablauf der Festsetzungsverjährung nicht entgegen. Wird nämlich vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Steuerbescheide bestandskräftig geworden sind (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn insoweit hier der Ausnahmefall des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO vorgelegen hätte. Nach dieser Vorschrift tritt die in Satz 1 der Vorschrift normierte Ablaufhemmung nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.
a) Selbst für den Fall, dass der Vortrag des Klägers, wonach die Außenprüfung zwar am 29. Oktober 1997 begonnen habe, aber sodann - ohne wesentliche Ermittlungen seitens des Prüfers - nach Übersendung eines Faxschreibens vom 11. November 1997, in dem der Prüfer um die Erläuterung der dort angesprochenen Fragen gebeten hatte, unterbrochen worden und erst am 26. März - nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger - unter Verstoß gegen § 9 BpO im Wege einer Besprechung fortgesetzt und dann erst nach Einstellung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens im Verlauf des Jahres 1999 wieder aufgenommen worden sei, als wahr unterstellt wird, folgt hieraus jedenfalls nicht, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1993 nicht doch gehemmt worden wäre. Denn wenn es sich so verhielt, wie es der Kläger geschildert hat, so steht die Fortsetzung der Prüfung im Jahr 1999 jedenfalls für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1993 einem erneuten Prüfungsbeginn innerhalb der Festsetzungsfrist gleich.
aa) Das Finanzamt kann nämlich, wenn es eine Außenprüfung nach ihrem Beginn sofort wieder für einen längeren Zeitraum als sechs Monate unterbrochen hat, innerhalb der Festsetzungsfrist mit einer neuen Prüfung beginnen und dadurch die zunächst nicht eingetretene Ablaufhemmung herbeiführen. Das hat der Bundesfinanzhof- BFH- bereits für den Fall entschieden, dass eine Steuerfahndungsprüfung unmittelbar nach deren Beginn für mehr als sechs Monate unterbrochen worden ist (BFH-Urteil vom 2. Juli 1998 IV R 39/97, BStBl II 1999, 28). Der BFH hat in diesem Urteil ausgesprochen, dass dann, wenn die Hemmungswirkung wegen Prüfungsunterbrechung entfällt, die spätere Wiederaufnahme der Prüfung als neue Prüfung gilt, die erneut eine Hemmungswirkung entfaltet. Er hat das damit begründet, dass der Steuerpflichtige innerhalb der Festsetzungsfrist immer damit rechnen muss, dass Ereignisse mit ablaufhemmender Wirkung eintreten und zwar auch dann, wenn zuvor eine Hemmung weggefallen ist (ebenso BFH-Urteil vom 13. Februar 2003 IV R 31/01, BStBl II 2003, 552). Diese Erwägungen gelten für die in § 171 Abs. 5 AO geregelte Ablaufhemmung bei Beginn einer Fahndungsprüfung ebenso wie für die in § 171 Abs. 4 AO normierte Ablaufhemmung bei Beginn einer Betriebsprüfung (BFH-Urteil vom 13. Februar 2003 IV R 31/01, a.a.O.).
bb) Soweit sich Fahndungsprüfung und Außenprüfung allerdings insoweit unterscheiden, als letztere eine Prüfungsanordnung erfordert, wonach in diesem schriftlich zu erteilenden Verwaltungsakt der Umfang der Außenprüfung bestimmt wird (§ 196 AO), und deshalb teilweise die Auffassung vertreten wird, dass bei Wegfall der Hemmungswirkung infolge Unterbrechung der ersten Prüfung um mehr als sechs Monate die Hemmungswirkung der weiteren Prüfung von einer neuen Prüfungsanordnung abhängen soll (so etwa Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 7. Aufl., § 171 Rz. 68), ist der BFH dem in seinemUrteil vom 13. Februar 2003 IV R 31/01 ( a.a.O.). insoweit nicht gefolgt. Soweit der BFH argumentiert, dass das Finanzamt dabei auf die bereits vorhandene Prüfungsanordnung zurückgreifen darf, schließt sich der erkennende Senat dem ausdrücklich an.
cc) Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO knüpft nämlich nicht an den Erlass der Prüfungsanordnung an. Die Prüfungsanordnung ist zwar Voraussetzung dafür, dass mit der Prüfung ablaufhemmend begonnen werden kann (BFH-Urteil vom 21. April 1993 X R 112/91, BStBl II 1993, 649, unter B.II.1.c bb). Die Prüfungsanordnung bestimmt auch den Umfang der Ablaufhemmung. Maßgebend für den zeitlichen Beginn der Ablaufhemmung ist jedoch allein der (nachhaltige) Beginn der Prüfungshandlungen.
dd) Eine Prüfungsanordnung "verfällt" innerhalb der Festsetzungsfrist nicht durch bloßen Zeitablauf. Sie gestattet vielmehr Prüfungsmaßnahmen bis zum Eintritt der Bestandskraft der aufgrund der Prüfung ergehenden Bescheide bzw. der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO. Selbst wenn eine bereits für abgeschlossen gehaltene Prüfung wieder aufgenommen werden soll, bedarf es keiner neuen Prüfungsanordnung (Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 196 AO Tz. 4; Schick in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 196 AO Rz. 175). Es bedarf auch dann keiner neuen Prüfungsanordnung, wenn nach ihrem Erlass mehr als sechs Monate lang überhaupt keine Prüfungsmaßnahmen durchgeführt werden. Sofern die Prüfung schließlich innerhalb der Festsetzungsfrist begonnen wird, tritt die Ablaufhemmung vorbehaltlich der in § 171 Abs. 4 Satz 2 AO geregelten Ausnahme ein (BFH Urteil vom 13. Februar 2003 IV R 31/01, BStBl II 2003, 552).
ee) Bedarf es aber weder bei längerer Unterbrechung einer zunächst nachhaltig begonnenen Außenprüfung - wie auch im zuletzt genannten Fall eines um mehr als sechs Monate verzögerten Beginns der Außenprüfung - keiner neuen Prüfungsanordnung, so ist kein Grund ersichtlich, warum eine neue Prüfungsanordnung erforderlich sein soll, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen wird, mehr als sechs Monate ruht, dann jedoch vor Ablauf der Festsetzungsfrist zügig beendet wird. Eine solche Prüfungsanordnung könnte - vorbehaltlich eventueller Erweiterungen oder Einschränkungen, die selbstverständlich ausdrücklich angeordnet werden müssten - keinen anderen Inhalt haben, als die ursprünglich ergangene.
Die vom BFH befürwortete Auslegung entspricht auch dem Gesetzeszweck. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Einfügung des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO verhindern, dass die Finanzbehörde vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Ablaufhemmung durch den Beginn einer "pro-forma-Prüfung" herbeiführen kann. Einen darüber hinausgehenden Gesetzeszweck vermag der Senat nicht zu erkennen.
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat zur Überzeugung fest (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass die Voraussetzungen der eine Ablaufhemmung verhindernden Vorschrift des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO auch für die Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1992 nicht vorgelegen haben. Hierzu hätte die Prüfung nämlich bereits unmittelbar nach ihrem Beginn für länger als sechs Monate unterbrochen worden sein müssen, was allerdings nicht der Fall war.
aa) Für die Frage der unmittelbaren Unterbrechung kommt es auf den Umfang des Prüfungsfalles an, eine festgelegte Mindestprüfungsdauer gibt es dabei allerdings nicht. Der Fristablauf ist jedenfalls dann nicht gehemmt, wenn die bis zur Unterbrechung entfaltete Prüfungstätigkeit nach Zeitaufwand und sachlichem Umfang nicht geeignet war, auch nur irgendwie verwertbare Ergebnisse zu zeitigen, an die bei Fortsetzung der Prüfung angeknüpft werden kann (Tipke/Kruse, a.a.O., 171 AO Rz 45 m.w.N.).
bb) Die Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, dass bis zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Außenprüfung am 11. November 1997 der Prüfer bereits mehrere Tage im Steuerbüro verbracht hatte. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem vom Zeugen S handschriftlich gefertigten Vermerk über die Chronologie des Prüfungsablaufs (Bl. 136 ff. der Rbh-A), den der Zeuge inhaltlich nochmals bestätigte. Die dem Zeugen S im Zuge seiner Vernehmung vorgehaltenen Handakten enthalten zudem umfangreiche Aufzeichnungen und Unterlagen, die sich mit einzelnen Bilanzpositionen, dem Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB, Mietereinbauten, der Umqualifizierung der betrieblich geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, der Aktivierung von Provisionsansprüchen und dergl. befassen. Darüber hinaus sind auch mehrere Aufstellungen und Listen angefertigt worden, deren Ausgangspunkt nur die Buchführungsunterlagen gewesen sein konnten. Dieses Bild bestätigt die widerspruchsfreien und insoweit glaubhaften Angaben des Zeugen S, wonach die Prüfung am 11. November 1997 im Wesentlichen abgeschlossen war, wenn er insoweit ausgeführt hat: "Ich war eigentlich durch, d.h. ich hatte nur das nicht geprüft, wo ich die dann später aufgelisteten Fragen gestellt habe." (vgl. Sitzungsprotokoll vom 17. Januar 2008).
cc) Selbst wenn danach die Prüfung tatsächlich bereits am 11. November 1997 unterbrochen worden sein sollte, obwohl in der Folgezeit noch Besprechungstermine verabredet wurden, erfolgte die Unterbrechung nicht bereits unmittelbar nach Prüfungsbeginn.
Denn die vom Prüfer S dokumentierten Prüfungshandlungen zeigen einen nicht unerheblichen Zeitaufwand ebenso wie einen erheblichen sachlichen Umfang. Die Feststellungen und Ergebnisse sind, was die hier streitigen Positionen anbelangt, derart weit fortgeschritten gewesen, dass, nähme man hier eine Unterbrechung an, daran ohne Schwierigkeiten zur Prüfungsfortsetzung angeknüpft werden konnte. Die Feststellungen stehen nicht isoliert und zusammenhangslos im Raum. Dies gilt in gleicher Weise für die anderen, nicht mehr streitbefangenen Feststellungen.
Auch die - zwischen den Beteiligten unstreitige - spätere Unterbrechung der Außenprüfung im Zuge der Einleitung des Steuerstrafverfahrens gegen den Kläger führt nicht zur Anwendung der eine Ablaufhemmung verhindernden Vorschrift des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO. Denn diese spätere Unterbrechung ist jedenfalls nicht unmittelbar nach Beginn der Prüfung erfolgt, sondern mehrere Monate nach ihrem Beginn und nach noch weiter gehenden Ermittlungen und Feststellungen. Wird aber die begonnene Prüfung später als unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen, greift § 171 Abs. 4 Satz 2 AO nicht ein (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2006 I R 90/05, BFH/NV 2007, 849). Diese spätere, längere Unterbrechung berührt die eingetretene Ablaufhemmung nicht, selbst wenn der Grund dafür vom Beklagten zu vertreten gewesen wäre (BFH-Urteil vom 16. Januar 1979 VIII R 149/77, BStBl II 1979, 453).
c) Im Streitfall erkennt der Senat auch nicht eine sog. "Scheinprüfung". Die Konstellation, für die dieser Begriff entwickelt wurde, liegt im Streitfall jedenfalls im Hinblick auf die erst am 31. Dezember 1999 ablaufende Festsetzungsfrist für das aufgrund des Wegzugs nach Luxemburg im Jahr 1994 schwerpunktmäßig geprüfte Jahr 1993 ersichtlich nicht vor; denn dabei handelt es sich um Fälle, in denen die Finanzbehörde kurz vor dem Ende der Festsetzungsfrist Prüfungsanordnungen erlässt, der Prüfer ebenso kurz vor dem Eintritt der Festsetzungsverjährung erscheint und "zum Schein" Prüfungshandlungen vornimmt, eine echte Prüfung also nicht stattfindet, sondern diese dann erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.
2. Den ergangenen Änderungsbescheiden steht auch kein Verwertungsverbot im Hinblick auf die bei der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse aufgrund unwirksamer Prüfungsanordnung entgegen.
a) Die Voraussetzungen eines Verwertungsverbots der bei der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse aufgrund unwirksamer Prüfungsanordnung liegen nicht vor. Eine Prüfungsanordnung kann gemäß § 122 Abs. 1 Satz 3 AO nämlich auch gegenüber einem Vertreter mit Anscheins- oder Duldungsvollmacht wirksam bekannt gegeben werden (BFH-Beschluss vom 03. März 2003 IX B 206/02, BFH/NV 2003, 884).
aa) Die Wirksamkeit der Bekanntgabe lässt sich hiernach entgegen der Auffassung des Klägers vorliegend auf eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht des früheren Steuerberaters des Klägers, Herrn M, stützen. Der erkennende Senat folgt insoweit der st. Rechtsprechung des BFH, der im Falle der Bekanntgabe von Prüfungsanordnungen eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht für eine ordnungsgemäße Bekanntgabe an einen Vertreter ausreichen lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 26. Juni 1997 XI B 174/96, BFH/NV 1998, 17).
bb) Vor der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an den früheren Steuerberater des Klägers war dieser für den Kläger mehrfach im Einkommensteuerveranlagungsverfahren und insbesondere im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid 1993 und gegen den Gewerbsteuermessbescheid 1993 aufgetreten und hat überdies auf Anfrage des Beklagten diesem mitteilen lassen, dass der den Kläger betreffende Schriftverkehr weiterhin über ihn abgewickelt werden solle. Danach war der frühere Steuerberater des Klägers nach den Grundsätzen zur Anscheins- und Duldungsvollmacht als Empfangsbevollmächtigter anzusehen und die ihm gegenüber vorgenommene Bekanntgabe der Prüfungsanordnung deshalb nach Maßgabe des § 122 AO wirksam.
cc) Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt dem Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist. Er kann auch gegenüber Bevollmächtigten bekannt gegeben werden (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AO). Dies schließt eine Bekanntgabe an Personen ein, die nach Rechtsscheingrundsätzen bevollmächtigt sind (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 2002 IX R 8/99, BFH/NV 2002, 1122, m.w.N); denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung im Schrifttum braucht die Bevollmächtigung nicht ausdrücklich zu erfolgen. Als Bevollmächtigter i.S. der §§ 80 Abs. 1 Satz 1, 122 Abs. 1 Satz 3 AO gilt auch derjenige, der ohne Vollmacht gegenüber den Finanzbehörden wie ein Bevollmächtigter auftritt, wenn der von ihm durch sein Auftreten erzeugte Rechtsschein der Bevollmächtigung dem Vertretenen zurechenbar ist (BFH-Urteile vom 28. Januar 1976 IV R 168/73, BStBl II 1976, 344;vom 2. April 1987 VII R 60/84, BFHE 150, 93 ;vom 25. September 1990 IX R 84/88, BStBl II 1991, 120; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 80 AO Anm. 90 ff.; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 80 AO Tz. 10).
dd) Dabei wird von einer Anscheinsvollmacht gesprochen, wenn der Vertretene das Handeln eines angeblichen Vertreters nicht kennt, er es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können, und wenn ferner der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln seines Vertreters. Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BFH-Urteil vom 28. Januar 1976 IV R 168/73, a.a.O.). Hieran hat der BFH noch jüngst in seinemBeschluss vom 3. März 2003 (IX B 206/02, a.a.O.) festgehalten, wobei er dort auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts -BverfG- verweist, wonach zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch eine nur mündlich oder nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht schlüssig erteilte Vollmacht genügt (BVerfG-Beschluss vom 15. Februar 1985 1 BvR 338/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 1986, 259). Der Senat schließt sich dem vorbehaltlos an.
ee) Sonstige Bekanntgabemängel sind weder vorgetragen noch ergeben sie sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten.
3. Auch ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht des Außenprüfers über ein eingeleitetes Steuerstrafverfahren gemäß § 393 Abs. 1 AO i.V.m § 9 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung i.d.F. vom 17. Dezember 1987 (BStBl I 1987, 802) -BpO (1987) -, woraus der Kläger für sich ein Verwertungsverbot ableitet, liegt nicht vor.
a) Die Behauptung des Klägers, wonach nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen ihn, den Kläger, am 26. März 1998 ein Besprechungstermin mit dem Außenprüfer, dem Zeugen S, und seinem Sachgebietsleiter, Herrn St, stattgefunden habe und der Kläger bzw. sein damaliger Steuerberater Herr M hierbei umfangreiche Angaben gemacht hätten, die unter Verstoß gegen die nach § 9 BpO erforderliche Belehrung in Gestalt der Änderungsbescheide ausgewertet worden seien, ist nach dem Ergebnis der erfolgten Beweisaufnahme auch weiterhin nicht erwiesen. Zwar hat der Zeuge M die Angaben des Klägers bestätigt. Dem steht freilich die substantiierte und diametrale Aussage des Zeugen S entgegen. Diese hält der Senat auch für glaubhaft, da der Zeuge S als Grund für die danach nur zum Schein erfolgte Bestätigung des avisierten Besprechungstermins am 26. März 1998 - trotz der kurz bevorstehenden Durchsuchung durch die Steuerfahndung - angegeben hat, dass man einem etwaigen Vorwurf einer Verzögerung der Außenprüfung keinen Vorschub habe leisten wollen. Dieser Grund erscheint auch dem Senat als plausibel und einleuchtend. Zudem hat der Zeuge S widerspruchsfrei ausgeführt, dass aus seiner Reisekostenabrechnung für März 1998 (Bl. 66 der PrA) hervorgehe, dass er am 26. März 1998 eine GmbH in Altenkirchen geprüft habe und seinem Sachgebietsleiter, Herrn St, für den 26. März 1998 keine Reisekosten erstattet worden seien. Diese Aussage wird insoweit auch durch die dem Schriftsatz des Beklagten (bei Gericht am 24. November 2003 eingegangen, Bl. 61 ff. der PrA) beigefügten Anlagen (Bl. 66 ff. der PrA) bestätigt. Soweit der Zeuge M sich hingegen an einen Besprechungstermin am 26. März 1998 erinnern will, hält der Senat einen etwaigen Irrtum für nicht ausgeschlossen. Somit ist ein Rechtsverstoß der Außenprüfung, der ein Verwertungsverbot zur Folge gehabt haben könnte, nicht dargetan.
b) Aber selbst die Behauptung des Klägers als wahr unterstellt, liegt ein Rechtsverstoß nicht schon darin, dass trotz eines bereits eingeleiteten Steuerstrafverfahrens eine Außenprüfung weiter durchgeführt wird. Mit welchen Mitteln und auf welche Weise das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht beim Verdacht einer Steuerstraftat (§ 386 Abs. 1 Satz 1 AO) nachkommt, ist eine Frage der Zweckmäßigkeit und der Praktikabilität. Dabei schließen sich die Zuständigkeiten der Außenprüfung (§ 193 AO) und die der Steuerfahndung (§ 208 AO) nicht gegenseitig aus (vgl. BFH-Urteil vom 19. August 1998 XI R 37/97, BStBl II 1999, 7). Der Außenprüfer hat aber die Vorschrift des § 10 BpO (2000) (inhaltsgleich mit § 9 BpO 1987) zu beachten sowie zu bedenken, dass nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens der Finanzbehörde nach § 393 Abs. 1 Satz 2 AO die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens eingeräumten Zwangsmittel (§ 328 AO) nicht mehr zustehen (vgl. BFH-Urteil vom 4. November 1987 II R 102/85, BStBl II 1988, 113).
aa) Nach § 393 Abs. 1 AO ist der Steuerpflichtige, soweit Anlass dazu besteht, darüber zu belehren, dass im Besteuerungsverfahren die Anwendung von Zwangsmitteln gegen ihn unzulässig ist, wenn er dadurch gezwungen wäre, sich selbst wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu belasten; dies gilt jedenfalls dann, wenn gegen ihn wegen einer solchen Tat ein Strafverfahren eingeleitet worden ist. Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens ist dem Beschuldigten gemäß § 397 Abs. 3 AO spätestens mitzuteilen, wenn er dazu aufgefordert wird, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Straftat stehen, derer er verdächtig ist. Bei einer Außenprüfung dürfen nach § 9 BpO (1987) die Ermittlungen hinsichtlich eines Sachverhalts, auf den sich der Verdacht einer Straftat bezieht, erst fortgesetzt werden, wenn dem Steuerpflichtigen die Einleitung des Strafverfahrens mitgeteilt worden ist. Der Steuerpflichtige ist dabei, soweit die Feststellungen auch für Zwecke des Strafverfahrens verwendet werden können, darüber zu belehren, dass seine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren nicht mehr erzwungen werden kann.
bb) Der Verstoß gegen Belehrungspflichten über die Aussagefreiheit des Beschuldigten führt im Strafprozess grundsätzlich zu einem Verwertungsverbot der unmittelbar hierdurch erlangten Informationen (vgl. BGH-Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1992, 1463).
Der Grundsatz, dass niemand im Strafverfahren gegen sich selbst auszusagen braucht, gehört zu den verfassungsrechtlich verankerten Prinzipien des Strafprozesses. Die Anerkennung des Schweigerechts schützt das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und ist notwendiger Bestandteil eines fairen Verfahrens. Die Hinweispflicht auf das Recht, nicht auszusagen, dient der Wahrung der Rechte des Beschuldigten. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beschuldigte durch andere, außerhalb des Straf- und Strafprozessrechts liegende Vorschriften verpflichtet wird, Angaben zu machen (vgl. BGH-Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91, a.a.O.). Um sicherzustellen, dass der Steuerpflichtige, gegen den bereits wegen einer Steuerstraftat ermittelt wird, seine Beschuldigtenrechte wahrnehmen kann, enthält das Gesetz (neben § 136 Abs. 1 der Strafprozessordnung - StPO-) in den § 393 Abs. 1, § 397 Abs. 3 AO, § 10 BpO (2000) bzw. § 9 BpO (1987) entsprechende Belehrungspflichten. Ein Verstoß gegen diese Verfahrensvorschriften begründet grundsätzlich ein Verwertungsverbot für den Strafprozess (so zuletzt BGH-Beschluss vom 16. Juni 2005 - 5 StR 118/05, NJW 2005, 2723).
cc) Gleiches gilt jedoch nicht auch für das Besteuerungsverfahren. Denn im Besteuerungsverfahren und insbesondere auch im Rahmen von Außenprüfungen (§§ 193 ff. AO) ist der Steuerpflichtige verpflichtet, umfassende und wahrheitsgemäße Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen zu machen (§ 90 Abs. 1, § 150 Abs. 2 AO), auch dann, wenn er sich dadurch selbst einer allgemeinen Straftat bezichtigt. In der BFH-Rechtsprechung (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 23. Januar 2002 XI R 10, 11/01, BStBl II 2002, 328, m. w.N.; BFH-Beschluss vom 3. April 2007 VIII B 110/06, BFH/NV 2007, 1273) ist geklärt, dass ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind, im Besteuerungsverfahren nicht besteht. Der BFH hat dies auch für den Fall einer unterlassenen Belehrung nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO angenommen. In dieser Entscheidung hat er allerdings offen gelassen, wie bei einer Verletzung des § 136a StPO zu entscheiden wäre und ob insoweit die Grundsätze des § 136a StPO entsprechend anzuwenden sind. Demgegenüber nimmt das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 21. August 2002 (Az.: 3 K 284/00, dokumentiert in [...]) ein weitergehendes Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren an. Diese Frage bedarf freilich keiner weiteren Vertiefung, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (siehe unter I.3. a) der Entscheidungsgründe) schon ein Verstoß gegen Belehrungspflichten über die Aussagefreiheit des Klägers als Beschuldigter nicht erwiesen ist.
4. Die materiellen Einwände gegen die geänderten Steuerfestsetzungen greifen nur zum Teil durch.
a) Soweit der Beklagte - dem Prüfer folgend - in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 1992 und 1993 bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung die Aufwendungen für Baumassnahmen am Gebäude F-Weg 1 in R unter Zugrundelegung von anschaffungsnahen Aufwendungen nicht vollumfänglich sondern lediglich über ein erhöhtes Abschreibungsvolumen zum Werbungskostenabzug zugelassen hat, begegnet dies keinen durchgreifenden Bedenken.
aa) Der BFH hat zwarmit Urteil vom 12. September 2001 IX R 39/97 (BStBl II 2003, 569) seine bisherige Rechtsprechung zur steuerrechtlichen Beurteilung sog. anschaffungsnaher Aufwendungen dahingehend geändert, dass sog. anschaffungsnahe Aufwendungen nicht allein wegen ihrer Höhe oder ihrer zeitlichen Nähe zur Anschaffung eines Gebäudes als Herstellungskosten zu beurteilen sind; soweit sie nicht der Herstellung oder Erweiterung eines Gebäudes dienen, stellen sie nur dann Herstellungskosten dar, wenn sie zu seiner wesentlichen Verbesserung gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen. Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, können in ihrer Gesamtheit zu einer wesentlichen Verbesserung gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen, wenn dadurch der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) eines Wohngebäudes gegenüber dem Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs deutlich erhöht wird. Der Gebrauchswert eines Wohngebäudes wird insbesondere durch die Modernisierung derjenigen Einrichtungen erhöht, die ihn maßgeblich bestimmen: Das sind vor allem die Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie die Fenster. Eine deutliche Erhöhung des Gebrauchswerts ist immer dann gegeben, wenn durch die Modernisierung ein Wohngebäude von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird. Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen innerhalb eines Veranlagungszeitraums können als Herstellungskosten gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu werten sein, wenn sie zwar für sich gesehen noch nicht zu einer wesentlichen Verbesserung führen, wenn sie aber Teil einer Gesamtmaßnahme sind, die sich planmäßig in zeitlichem Zusammenhang über mehrere Veranlagungszeiträume erstreckt und die insgesamt zu einer wesentlichen Verbesserung führt (Sanierung "in Raten").
bb) Der Prüfer hat unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung und Verwaltungspraxis folgerichtig keine Feststellungen zu den getroffenen Baumaßnahmen getroffen, so dass eine Beurteilung, ob diese, jeweils für sich beurteilt, der Herstellung oder der Erweiterung des Gebäudes, gedient haben, nicht möglich ist. Zu Bedenken ist hierbei, dass übliche, d.h. normalerweise anfallende Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen den Gebrauchswert eines Gebäudes insgesamt nicht so deutlich erhöhen werden, dass es dadurch i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB wesentlich verbessert wird. Auch die Behebung eines Instandsetzungsstaus muss keine wesentliche Verbesserung zur Folge haben. So wird die bloße Instandsetzung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung in der Regel den Nutzungswert eines Wohngebäudes nicht wesentlich verändern. Eine Werterhöhung infolge derartiger Maßnahmen bedingt noch keine wesentliche Verbesserung i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Allerdings können Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, in ihrer Gesamtheit zu einer wesentlichen Verbesserung i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB führen, wenn dadurch der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand, d.h. hier dem Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs, deutlich erhöht wird. Als ein Beispiel hat der BFH angeführt, dass im Rahmen der Baumaßnahmen außergewöhnlich hochwertige Materialien in erheblichem Umfang verwendet werden (vgl etwa BFH-Urteil vom 19. September 1995 IX R 37/93, BStBl II 1996, 131), der Wohnkomfort des Hauses insgesamt deutlich gesteigert wird, etwa wenn Sanitärinstallationen deutlich erweitert oder ergänzt werden und ihr Komfort (z.B. durch zweckmäßigere und funktionstüchtigere Ausstattungsdetails) erheblich gesteigert wird, wenn eine technisch überholte Heizungsanlage (z.B. Kohleöfen) durch eine dem Stand der Technik entsprechende Heizungsanlage ersetzt wird, wenn bei der Modernisierung der Elektroinstallation die Leitungskapazität maßgeblich erweitert und die Zahl der Anschlüsse erheblich vermehrt wird und wenn einfach verglaste Fenster durch Isolierglasfenster ersetzt werden.
cc) Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen für den Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten (Veranlassungszusammenhang). Die Feststellungslast hinsichtlich der Tatsachen, die eine wesentliche Verbesserung begründen und damit die Behandlung als Herstellungskosten, trägt der Beklagte. Da dieser in der Regel nicht in der Lage ist, den Zustand eines Gebäudes im Zeitpunkt des Erwerbs festzustellen, trifft den Steuerpflichtigen insoweit eine erhöhte Mitwirkungspflicht aus § 90 Abs. 1 Satz 3 AO (BFH-Urteil vom 22. Januar 2003 X R 20/01, BFH/NV 2003, 763). Kommt der Steuerpflichtige dieser Mitwirkungspflicht nicht nach und sind umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt worden, können danach auch für den Steuerpflichtigen ungünstige Schlussfolgerungen gezogen werden. Der Kläger bzw. sein Berater haben hierzu weder im Rahmen der Außenprüfung, des Rechtsbehelfsverfahrens und - nach Teilrücknahme des Einspruchs bezüglich des Streitpunkts "Mietereinbauten" (Bl. 158 der Rbh-A - im nachfolgenden Klageverfahren keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ggfs. eine fehlerhafte Handhabung und damit eine Rechtsverletzung des Klägers ableiten ließe. Dies geht zu seinen Lasten.
b) Die Höhe des vom Beklagten ermittelten Aufgabegewinns ist hingegen fehlerhaft und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten.
aa) Die Wohnsitz- oder Betriebsverlegung ins Ausland führt nach bisheriger BFH-Rechtsprechung zu einem Aufgabegewinn, wenn der Steuerpflichtige dadurch nach den Bestimmungen des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens aus der inländischen Besteuerung ausscheidet (vgl. nur BFH-Urteil vom 28. April 1971 I R 55/66, a.a.O.) mit der Folge der (sofortigen) Versteuerung der stillen Reserven, weil diese nicht endgültig der inländischen Besteuerung entgehen dürfen. Zwar ist auch nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 EStG nicht eindeutig, ob bei einer Betriebsverlegung ins Ausland von einer Betriebsaufgabe gesprochen werden kann, weil der Betrieb in wirtschaftlich identischer Form weitergeführt wird. Der BFH versteht allerdings unter Zugrundelegung eines finalen Betriebsaufgabenbegriffs unter einer Betriebsaufgabe auch, dass durch eine Handlung des Betriebsinhabers oder durch einen Rechtsvorgang der Betrieb in seiner ertragsteuerlichen Einordnung so verändert wird, dass die Erfassung der in den den Betrieb bildenden Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven nicht mehr gewährleistet ist (vgl. BFH-Urteile vom 28. April 1971 I R 55/66, a.a.O;vom 16. Juli 1969 I R 266/65, BStBl II 1970, 175). Gleiches gilt danach bei einer Überführung eines Wirtschaftsguts aus einer inländischen in eine ausländische Betriebsstätte desselben Steuerpflichtigen, die insofern als eine mit dem Teilwert anzusetzende Entnahme anzusehen ist, sofern der Gewinn aus der ausländischen Betriebsstätte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht mehr der inländischen Besteuerung unterliegt (BFH-Urteile vom 30. Mai 1972 VIII R 111/69, BStBl II 1972, 760; BFH-Beschluss vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BStBl II 1975, 168; BFH-Urteile vom 24. November 1982 I R 123/78, BStBl II 1983, 113, undvom 19. Februar 1998 IV R 38/97, BStBl II 1998, 509). Die Finanzverwaltung hat dem Steuerpflichtigen - wenn auch mit Einschränkungen für bestimmte Fallgestaltungen - ein Wahlrecht zwischen sofortiger und "aufgeschobener" Realisierung der jeweiligen stillen Reserven eingeräumt (zunächst durch das Schreiben des Bundesministerium der Finanzen -BMF-Schreiben vom 12. Februar 1990, BStBl I 1990, 72 mit Einschränkung durch das BMF-Schreiben vom 3. Juni 1992, DStR 1992, 948; dann durch den sog. Betriebsstättenerlass mit BMF-Schreiben vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076 Tz. 2.6).
bb) Diese Rechtsprechung, die zu einer Sofortbesteuerung von stillen Reserven führt, sieht der erkennende Senat in Übereinstimmung mit einem Großteil des Schrifttums jedenfalls bei einer Verlegung des Betriebs in einen anderen EU-Staat - insbesondere auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs -EuGH-vom 11. März 2004 Rs. C-9/02 ("Hughes de Lasteyrie du Saillant", a.a.O.) - als einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und damit als nicht europarechtskonform an (ebenso Fischer, Mobilität und (Steuer-)Gerechtigkeit in Europa - Überlegungen aus Anlass des EuGH-Urteils v. 11.3.2004 - Rs. C-9/02 - Hughes de Lasteyrie du Saillant, FR 2004, 659, Finanzrundschau -FR- 2004, 630; Schnitger, Verstoß der Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) und weiterer Entstrickungsnormen des deutschen Ertragsteuerrechts gegen die Grundfreiheiten des EG-Vertrags, Betriebs-Berater -BB- 2004, 804; Spengel/Braunagel, EU-Recht und Harmonisierung der Konzernbesteuerung in Europa, Steuer und Wirtschaft -StuW- 2006, 34; Körner, Europarecht und Wegzugsbesteuerung - das EuGH-Urteil "de Lasteyrie du Saillant", Internationales Steuerrecht -IStR- 2004, 424; ders. Europarecht und Umwandlungssteuerrecht, IStR 2006, 109; ders., Anmerkungen zum SEStEG-Entwurf vom 21.4.2006, IStR 2006, 469; Reiß, in Kirchhof, EStG Kompaktkommentar, 7. Aufl., 2007, § 16 Rz. 315 ff.; Schaumburg, Der Wegzug von Unternehmen, in Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Franz Wassermeyer zum 65. Geburtstag, hrsg. von Rudolf Gocke, Dietmar Gosch, Michael Lang, 2005, S. 411 ff.).
cc) Soweit die Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte nunmehr in dem durch das SEStEG eingefügten allgemeinen gesetzlichen Entstrickungstatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG 2007 geregelt ist und korrespondierend hiermit § 4g EStG 2007 im Ergebnis eine zeitlich gestreckte Besteuerung der stillen Reserven bis zu fünf Jahren ermöglicht, finden diese Regelungen auf den Streitfall keine Anwendung. Denn § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG i.d.F. des SEStEG ist gemäß § 52 Abs. 8b EStG i.d.F. des SEStEG erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2005 enden. Da für § 4g EStG keine gesonderte zeitliche Anwendungsregelung getroffen wurde, trat die Vorschrift mit der Verkündung des SEStEG im BGBl. I in Kraft. Dies führt über § 52 Abs. 1 EStG zu einer Anwendbarkeit der Norm für den Veranlagungszeitraum 2006 und damit auch in den Fällen, in denen § 4 Abs. 1 S. 3 EStG i.d.F. des SEStEG zeitlich anwendbar ist (vgl. Wied, in Blümich, EStG, KStG, GewStG, Kommentar, § 4g Rz 2; Crezelius, in Kirchhof, EStG, Kompaktkommentar, § 4g Rz 9).
dd) Vor diesem Hintergrund kam eine Erfassung der stillen Reserven des selbst geschaffenen Wirtschaftsguts, insbesondere des Geschäftswerts, nicht in Betracht. Die uneingeschränkte Anwendung der bisherigen BFH-Rechtsprechung zur Betriebsverlegung in das EU-Ausland ist nämlich insoweit mit der europarechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar. Nach Art. 43 EG - Vertrag sind Beschränkungen des Rechts auf freie Niederlassung von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten verboten. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt das Verbot für Mitgliedstaaten, die Niederlassungsfreiheit zu beschränken, auch in Bezug auf steuerrechtliche Vorschriften und betrifft insbesondere die Fälle, in denen eine steuerrechtliche Norm aufgrund einer abschreckenden Wirkung geeignet ist, die Ausübung des Rechts zu beschränken (vgl. EuGH-Urteil vom 11. März 2004 Rs C - 9/02, a.a.O.) Nach den Entscheidungen des EuGH vom 11. März 2004 (Rs. C-9/02 a.a.O. ) undvom 7. September 2006 (Rs. C-470/04 Slg. der Rechtsprechung des EuGH 2006, S. I-07409), welche steuerrechtliche Regelungen in Frankreich bzw. den Niederlanden betrafen, bestanden gegen eine Vermögenszuwachsbesteuerung erhebliche europarechtliche Bedenken. Während der EuGH in der Entscheidung vom 11. März 2004 noch davon ausging, dass es die Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags einem Mitgliedsstaat verwehrt, zur Vorbeugung gegen Steuerflucht eine Regelung einzuführen, wonach eine latente Wertsteigerung besteuert wird, wenn ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz in das Ausland verlegt, hat er mit der Entscheidung vom 7. September 2006 diesen Grundsatz näher präzisiert. Hiernach sind derartige Regelungen zwar geeignet die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EG - Vertrag zu beeinträchtigen. Ob diese Benachteiligungen im Hinblick auf ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel ausnahmsweise zugelassen werden können, hängt nach Auffassung des Gerichtshofs jedoch von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der Bestimmungen zur Durchführung der Besteuerung ab. Demnach hat der Gerichtshof eine Wegzugsbesteuerung von latenten Wertzuwächsen nicht generell verworfen. Jedenfalls in der Entscheidung vom 7. September 2006 wurde die bisherige Rechtsprechung dahingehend klargestellt, dass der Wegzugsstaat auf die Besteuerung der während der Ansässigkeit es Steuerpflichtigen im Inland entstandenen Wertzuwächse nicht endgültig verzichten muss (vgl. Richter/Escher Deutsche Wegzugsbesteuerung bei natürlichen Personen nach dem SEStEG im Lichte der EuGH-Rechtsprechung, FR 2007, 674 , 680 m.w.N.). Es kommt mithin auf die konkrete Ausgestaltung der Durchsetzung des Steueranspruches an.
ee) Trotz der noch bestehenden erheblichen Unklarheiten in der Rechtsprechung des EuGH hält der Senat eine Sofortversteuerung stiller Reserven für gemeinschaftsrechtswidrig (zur Analyse der EuGH-Rspr. vgl. inbesondere: Hahn, Kritische Erläuterungen und Überlegungen zum Entwurf des SEStEG, IStR 2006, 797). Denn der Entscheidung des EuGH in der Rs. C- 9/02 ("Hughes de Lasteyrie du Saillant") ist insoweit zu entnehmen, dass bei einer Betriebsverlegung in das EU-Ausland nur der tatsächlich erzielte Veräußerungsgewinn besteuert werden darf (ebenso Schaumburg, a.a.O., S. 411, 427 ff.). Ist im Falle einer echten Betriebsaufgabe anerkannt, dass insoweit ein originärer Geschäftswert bei der Ermittlung des Aufgabegewinns nicht anzusetzen ist, weil dieser mit der Betriebsaufgabe untergeht (vgl. BFH-Beschluss vom 13.November 1963 GrS 1/63, BStBl III 1964, 124; BFH-Urteile vom 14.Februar 1978 VIII R 158/73, BStBl II 1979, 99;vom 4. April 1989 X R 49/87, BStBl II 1989, 606;vom 20. August 1997 X R 58/93, BFH/NV 1998, 314, undvom 30. Januar 2002 X R 56/99, BStBl II 2002, 387), besteht jedenfalls angesichts der im EG-Vertrag verbürgten Niederlassungsfreiheit kein hinreichender Grund - bereits im Vorgriff auf eine mögliche spätere und hinsichtlich der tatsächlichen Höhe noch ungewissen Realisierung eines Geschäftswertes - die im Geschäftswert enthaltenen stillen Reserven schon mit dem Wegzug in das EU-Ausland einer Besteuerung zuzuführen. Eine steuerliche Erfassung im Sinne einer ultima-ratio-Besteuerung ist ebenfalls nicht anzuerkennen, weil hinsichtlich eines im Geschäftswert enthaltenen unbesteuerten Wertzuwachses der Fiskus nicht aufgrund vorheriger insoweit zu stillen Reserven führenden Sonderabschreibungen oder über dem Werteverzehr angesetzten Normalabschreibungen bisher auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, was im Falle einer Betriebsverlegung lediglich nachgeholt worden wäre. Somit war bei der Ermittlung des Aufgabegewinns ein noch nicht realisierter Geschäfts- bzw. Firmenwert in Höhe von 700.000,-- DM außer Ansatz zu bleiben.
ff) Der Ansatz der gemeinen Werte der als entnommen betrachteten Wirtschaftsgüter gemäß § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG 1993 in Höhe von insgesamt 112.436,-- DM ist hingegen nicht zu beanstanden.
aaa) Nach den vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Außenprüfers hatte der Kläger bereits in den Vorjahren Wirtschaftsgüter entnommen, die mit dem gemeinen Wert in Höhe von 2.508,-- DM anzusetzen waren. Mangels Verbringung dieser entnommenen Wirtschaftsgüter in eine im EU-Ausland gelegene Betriebsstätte liegt insoweit auch kein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben vor.
bbb) Gleiches gilt für die nach eigenen Angaben des Klägers bei seiner Ermittlung des Aufgabegewinns vom 5. Januar 1995 (Anlage zum Jahresabschluss zum 31. Dezember 1993, Bilanz-Heft Hefter 1993) in Deutschland verbliebenen Positionen (Garagen, Außenanlagen, Rasenmäher, Einbauten, Hebeschiebetür). Die Versteuerung der stillen Reserven stand insoweit in keinem direkten Zusammenhang mit der Verlegung des Betriebes nach Luxemburg. Eine Versteuerung der stillen Reserven dieser Wirtschaftsgüter wäre nämlich auch bei einer Verlegung des Betriebs im Inland erfolgt.
ccc) Hinsichtlich der übrigen Wirtschaftsgüter steht für den erkennenden Senat nicht zur Überzeugung fest, dass diese überhaupt in eine ausländische Betriebstätte in Luxemburg mit überführt worden sind. Der Zeuge S hat im Rahmen seiner Zeugenvernehmung hierzu ausgesagt, dass er dies als gegeben angenommen habe, nachdem er insoweit vergeblich entsprechende Unterlagen beim Kläger bzw. bei seinen damaligen Steuerberater angefordert hatte.
Der Kläger ist gemäß § 79 b Abs. 2 FGO u.a. aufgefordert worden, dem Gericht die Eröffnungsbilanz des Einzelbetriebs in Luxemburg per 1. Januar 1994 vorzulegen. Aus dem Anlageverzeichnis wäre zu entnehmen gewesen, welche Wirtschaftsgüter aus Deutschland nach Luxemburg überführt worden sind. Stattdessen wurde nur die Bilanz zum 31. Dezember 1994 mit einem Anlageverzeichnis vorgelegt. Letzteres enthält lediglich die im Jahr 1994 angeschafften Wirtschafsgüter.
Bezieht sich der vorgetragene Sachverhalt auf Vorgänge im Ausland, ist nach § 90 Abs. 2 AO der Steuerpflichtige verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären und die für die Ermittlung und steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhalts erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Im Rahmen der durch diese Vorschrift normierten erhöhten Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten hat der Steuerpflichtige alle für ihn bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Er kann sich nicht darauf berufen, Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen zu können, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können. Mithin gehen die danach verbleibenden Zweifel zu Lasten des Klägers.
ddd) Auch die vom Außenprüfer vorgenommene Erhöhung der gemeinen Werte der entnommenen Wirtschaftsgüter ist nicht zu beanstanden. Hierzu hat der Zeuge Harald XX angegeben, dass einerseits im Rahmen der Betriebsprüfung keine Unterlagen über die vom Kläger bzw. seinem damaligen Steuerberater vorgenommenen Bewertungen vorgelegt wurden und andererseits 2 Kontrollmitteilungen über Fahrzeugverkäufe vorgelegen hätten, wonach die tatsächlich erzielten Erlöse die angesetzten gemeinen Werte erheblich überstiegen hätten. Im Anschluss hieran habe man für jedes einzelne Wirtschaftsgut im Benehmen mit dem Kläger und seinem Berater einen Wert gefunden.
Folglich lagen die Voraussetzungen für die vom Außenprüfer vorgenommene Schätzung der jeweiligen gemeinen Werte gemäß § 162 Abs. 1 AO vor, die, nachdem der Kläger in die Wertfindung mit einbezogen worden war, von ihm nicht weiter in Zweifel gezogen worden sind. Ziel der Schätzung ist es, anhand der vorhandenen Anhaltspunkte mit Hilfe eines verminderten Beweismaßes den Sachverhalt so zu ermitteln, dass die Besteuerungsgrundlagen die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Daher sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (§ 162 Abs. 1 S. 2 AO). Die gewählte Schätzungsmethode muss dem Ziel gerecht werden, den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen. Die Schätzung muss in sich schlüssig sein, ihre Ergebnisse müssen wirtschaftlich vernünftig und möglich sein. Diesen Anforderungen ist der Außenprüfer und im folgend der Beklagte im Streitfall gerecht geworden.
ff) Soweit der Beklagte die in der Bilanz noch nicht ausgewiesenen Provisionsansprüche aus dem Auftragsbestand bis zum 31. Dezember 1993 in Höhe von 75.400,- DM bei der Ermittlung des Aufgabegewinns berücksichtigt hat, vermag der Senat hierein einen Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben nicht zu erkennen. Hierzu ist der Kläger gemäß § 79 b Abs. 2 FGO u.a. aufgefordert worden, dem Gericht die Eröffnungsbilanz des Einzelbetriebs in Luxemburg per 1. Januar 1994 sowie die Eröffnungsbilanz der Nachfolgefirma, der E S.A, vorzulegen, woraus ggf. ersichtlich gewesen wäre, dass die Provisionsansprüche dort aktiviert waren und - wie vom Kläger behauptet- diese Provisionserlöse tatsächlich in Luxemburg versteuert wurden. Die insoweit vorgelegten Unterlagen haben jedoch diese Behauptung nicht belegen können.
aaa) Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sind u.a. auszuweisen, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann (BFH-Urteile vom 8. November 2000 I R 10/98, BStBl II 2001, 349, m.w.N.; vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, BStBl II 1993, 786, m.w.N.; Ellrott/St. Ring in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 5. Aufl., § 247 HGB Rn. 80; Schreiber, in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 940 f.). Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung erbracht, d.h. seine Verpflichtung "wirtschaftlich erfüllt" hat, so dass dem Schuldner der Gegenleistung die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gemäß § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- nicht mehr zusteht. Damit ist dem Leistenden der Anspruch auf die Gegenleistung (die Zahlung) so gut wie sicher. Sein Zahlungsrisiko reduziert sich darauf, dass der Empfänger im Einzelfall Gewährleistungsansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist. Dann aber ist der Schwebezustand des zugrunde liegenden Geschäfts beendet und der Gewinn aus dieser Leistungsbeziehung realisiert (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 HGB). Ohne Bedeutung für die Gewinnrealisierung ist, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt worden ist, ob die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird (BFH-Urteil vom 12. Mai 1993 XI R 1/93, a.a.O.; vgl. auch Ellrott/St. Ring, a.a.O., § 247 HGB Rn. 81; Schreiber, in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz. 940 f.; Werndl, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, Kommentar, § 6 Rdnr. A 84; Crezelius, in Kirchhof, EStG, Kompaktkommentar, 7. Aufl., 2007, § 5 Rn. 154; Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 26. Aufl., 2007, § 5 Rz. 608).
bbb) Nach diesen Grundsätzen ist ein Anspruch auf eine Abschlussprovision zu aktivieren, sobald die Vermittlungsleistung erfüllt ist, nachdem also der vermittelte Vertrag zustande gekommen ist (BFH-Urteil vom 14. Oktober 1999 IV R 12/99, BStBl II 2000, 25). Danach war mit dem Abschluss des jeweiligen Kaufvertrags und der Vereinbarung des Leistungsentgelts, spätestens jedoch mit der Auslieferung der Ware im Januar 1994 daher auch der Provisionsanspruch des Klägers wirtschaftlich verdient und somit realisiert. Die Einbeziehung dieser Provisionsansprüche noch in das Kalenderjahr 1993 begegnet hierbei insoweit keinen Bedenken, als die im Januar 1994 realisierten Provisionsansprüche bereits zuvor trotz der noch fehlenden Realisation zum 31. Dezember 1993 zumindest zu einem wesentlichen Teil als unfertige Leistungen - entsprechend der bilanziellen Behandlung von unfertigen Erzeugnissen - aktiviert werden konnten (hierzu Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 270 "Unfertige Erzeugnisse", "Unfertige Leistungen"). Die hierin liegende - und lediglich geringfügige - zeitliche Vorverlagerung der Gewinnrealisierung - obendrein mit dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 16, 34 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt - ist noch als eine i.S.d. EuGH-Rechtsprechung im Hinblick auf ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel ausnahmsweise zugelassene Benachteiligungen anzusehen, da sie zur Durchsetzung der inländischen Besteuerung als noch verhältnismäßig erscheint.
5. Die Herabsetzung des Veräußerungsgewinns lässt den Gewinn aus Gewerbebetrieb im Bescheid über den einheitlichen Gewebesteuermessbetrag 1993 unberührt. Der Gewerbesteuer unterliegt gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes -GewStG- der Gewerbeertrag. Das ist der nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb. Es bedarf dabei der verfahrensrechtlich selbständigen Gewinnermittlung der Gewerbesteuer, bei der die Vorschriften des EStG heranzuziehen sind, soweit sie nicht ausdrücklich auf die Einkommensteuer beschränkt sind oder ihre Nichtanwendung sich unmittelbar aus dem GewStG oder dem Wesen der Gewerbesteuer ergibt. Als eine auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogene Sachsteuer erfasst die Gewerbesteuer bei natürlichen Personen nur die durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinne, nicht jedoch die nach dem Einkommensteuerrecht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Veräußerungs- und Aufgabegewinne (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 2007 IV R 49/04, BFH/NV 2007, 2004 unter II 2. a) m.w.N. zur Rechtsprechung).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs.2 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 der Zivilprozessordnung -ZPO-.
IV. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Verkündet am: 17.01.2008
Ende der Entscheidung
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