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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: 4 K 1535/05
Rechtsgebiete: BGB, EStG
Vorschriften:
BGB § 844 Abs. 2 | |
EStG § 22 Nr. 1 |
Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Einkommensteuer 2003
In dem Finanzrechtsstreit
...
hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Juli 2007
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht xxx den Richter am Finanzgericht xxx den Richter am Finanzgericht xxx den ehrenamtlichen Richter xxx den ehrenamtlichen Richter xxx
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Einspruchsentscheidung vom 3. März 2005 wird aufgehoben und der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 26. Juli 2004 wird geändert. Der Beklagte hat die Einkommensteuer 2003 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe auf den Betrag zu errechnen, der sich ergibt, wenn beim Gesamtbetrag der Einkünfte sonstige Einkünfte der Klägerin außer Ansatz bleiben.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob eine Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- der Einkommensteuer unterliegt.
Die Klägerin war im Streitjahr 2003 allein stehend. Zuvor war sie mit Herrn E. R. verheiratet gewesen. Dieser war aufgrund eines Fehlers des ihn behandelnden Arztes des Kreiskrankenhauses G am 16. April 1998 verstorben. Die Klägerin hatte gegenüber dem Kreiskrankenhaus G mit Erfolg Schadensersatz geltend gemacht. Die Vereinte Versicherungs-AG zahlte der Klägerin aufgrund eines im Oktober 1999 geschlossenen Vergleichs ab dem Todestag ihres Ehemannes eine Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB in Höhe von 2.000,-- DM (= 1.022,58 EUR) monatlich. Die monatliche Zahlung entfiel in Höhe von 1.300,--DM (= 664,68 EUR) auf den materiellen Unterhaltsschaden und in Höhe von 700,-- DM (= 357,90 EUR) auf den Haushaltsführungsschaden.
Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 26. Juli 2004 berücksichtigte der Beklagte die Schadensersatzrente in voller Höhe von 12.270,-- EUR (1.022,58 EUR x 12 Monate) als steuerpflichtige sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klägerin damit, dass der Barunterhaltsschaden von 664,68 EUR in der Höhe ausgeglichen werde, in der ihr verstorbener Ehemann nach Abzug der persönlichen Lohnsteuer disponibles Einkommen für die Lebensführung der früheren Ehegemeinschaft hätte beisteuern können. Insoweit könne dieser Betrag nicht zur Einkommensteuer herangezogen werden. Dies gelte auch für den Haushaltsführungsschaden von monatlich 357,90 EUR, da dieser Ersatz dafür sei, dass die Haushaltsführung nunmehr nicht mehr von beiden Ehegatten gemeinsam, sondern nur noch von der Klägerin allein bestritten werden könne. Die Schadensersatzrente vergüte keine Leistungsfähigkeit ihrerseits, weil die Klägerin selbst keine eigenen Leistungen am Markt erbringe. Sie entfalte mit der Rente keine einkunftserzielende Tätigkeit. Vielmehr ersetze die Schadensersatzrente in ihrem Fall nichtsteuerbare Einnahmen und unterliege bei ihr daher auch nicht der Einkommensteuer. Insoweit verwies die Klägerin auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 25. Oktober 1994, VIII R 79/91, BStBl II 1995, 121 zur Nichtsteuerbarkeit einer Mehrbedarfsrente.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 3. März 2005 als unbegründet zurück. Er bezog sich hierbei auf die Entscheidung des BFH vom 19. Oktober 1978, VIII R 9/77, BStBl II 1979, 133, wonach Schadensersatzrenten, die aufgrund von § 844 Abs. 2 BGB für den Verlust von Unterhaltsansprüchen gewährt würden, wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG und somit als solche in vollem Umfang steuerpflichtig seien. Ein solcher Fall des § 844 Abs. 2 BGB sei hier gegeben, wonach einem Dritten Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten sei, wenn im Falle der Tötung der Getötete dem Dritten gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig gewesen sei oder unterhaltspflichtig habe werden können und dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf Unterhalt entzogen werde. Das von der Klägerin angeführte BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994, VIII R 79/91, hielt der Beklagte für nicht einschlägig. Dort sei es lediglich um die Einkommensbesteuerung einer Mehrbedarfsrente nach § 843 Abs. 1, 2. Alt. BGB, gegangen. Der BFH habe dort die Mehrbedarfsrente als nicht steuerbar angesehen. Das sei deshalb der Fall gewesen, weil die Mehrbedarfsrente eine Schmerzensgeldrente sei, die einen Ersatz für den Schaden darstelle, der durch die Verletzung höchstpersönlicher Güter eingetreten sei. Der Geschädigte solle durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterung und Annehmlichkeiten anstelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht werde. Die Mehrbedarfsrente als Schmerzensgeldrente erhöhe damit auch nicht die Leistungsfähigkeit des Empfängers. Dagegen sei die hier zu beurteilende Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB anders gelagert. Die Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB erhöhe als Geldrente die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Empfängerin. Denn sie diene ausschließlich dazu, die durch den Tod des Ehemannes entfallene wirtschaftliche Absicherung der Klägerin wiederherzustellen bzw. zu sichern. Diesbezüglich verwies der Beklagte auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen -BMF- vom 8. November 1995 (B 3 - S 2255 - 22/95, BStBl I 1995, 705). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung vom 3. März 2005 (Bl. 65 ff. der ESt-Akten) Bezug genommen.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie sieht in der Sachbehandlung durch den Beklagten das Leistungsfähigkeitsprinzip der Einkommensteuer verletzt. Hiernach sei Steuerbemessungsgrundlage allein der Zuwachs an besteuerbarer Wirtschaftskraft. Hieran fehle es. Denn die Klägerin erhalte den Unterhaltsersatz ja gerade deshalb, weil sie aufgrund ihres Todes ihres Ehemannes die Differenz nicht aus ihrer eigenen Arbeitsleistung erwirtschaften könne. Durch den Schadensersatz in Form der Rentenzahlung werde damit kein Einkommen der Klägerin erhöht, das von dieser am Markt erwirtschaftet worden sei. Die Klägerin sieht sich darüber hinaus durch das Urteil des BFH vom 25. Oktober 1994, VIII R 79/91, wonach eine Mehrbedarfsrente nach § 843 BGB nicht steuerbar sei, bestätigt. Der BFH habe hier seine bisherige zur Steuerbarkeit von Schadensersatzrenten vertretene Rechtsprechung auf die Fälle eingeschränkt, in denen Ersatz für andere, bereits steuerbare Einkünfte geleistet werde. Auch die Unterhaltsrente werde vorliegend - vergleichbar wie bei einer Mehrbedarfsrente - als Ersatz für Einkünfte geleistet, die bei der Klägerin schon vor dem Schadensereignis nicht steuerbar gewesen seien. Die Zahlung bewirke nämlich einerseits eine finanzielle Entschädigung für den Verlust der Arbeitskraft ihres Ehemannes in dem gemeinsam geführten Haushalt, sowie andererseits einen Ausgleich für den vor dem Tod des Ehemanns verfügbaren Netto-Unterhalt. Der Ersatz des Haushaltsführungsschadens betreffe einen rein privaten Bereich der Klägerin, der nicht der Einkünfteerzielung gedient habe. Das arbeitsteilige Zusammenleben von Steuerpflichtigen und der hieraus resultierende "Ertrag" bzw. Nutzen sei nicht einkommensteuerbar. Auch der Ersatz von Unterhalt könne nicht bei der Klägerin einkommensteuerbar sein, denn auch Unterhaltsleistungen in einer bestehenden Ehe würden nicht der Einkommensteuer unterworfen. Es handele sich hier lediglich um eine Schadensersatzleistung zum Ausgleich eines nicht mehr zur Verfügung stehenden Nettogehaltes. Wollte man der Rechtsauffassung des Beklagten folgen und von der Steuerbarkeit der Rentenzahlung ausgehen, so hieße dies, eine verstorbene Person fiktiv zur Einkommensteuerpflicht heranzuziehen. Soweit der Beklagte die von der Klägerin angeführte BFH-Entscheidung vom 25. Oktober 1994 nicht für einschlägig halte, verkenne er die hierin enthaltene grundlegende Änderung der Rechtsprechung zur Einordnung von Leistungen unter die wiederkehrenden Bezüge im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG. Denn die Entscheidungsgründe des dortigen Urteils ließen erkennen, dass die hierzu geäußerten grundsätzlichen Erwägungen nicht nur für Mehrbedarfsrenten im Sinne des § 843 BGB gelten sollten, sondern auch für Renten nach § 844 Abs. 2 Satz 1 BGB, die in der Entscheidung ausdrücklich erwähnt worden seien. Ergänzend verweist die Klägerin auch auf die Beiträge von Gschwentner, Deutsche Steuerzeitung -DStZ- 1995, 139, und Beiser, Der Betrieb -DB- 2001, 1900, sowie die Kommentierung in Schmidt/Wacker, 23. Aufl. 2004, § 22 Rn. 50, in der die von der Klägerin vertretene Rechtsauffassung geteilt werde.
Unbeachtlich sei auch, dass der Haftpflichtversicherer zugestanden habe, für den Fall einer Steuerpflicht der Unterhaltsrente diese auszugleichen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 3. März 2005 den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 26. Juli 2004 dahingehend abzuändern, dass beim Gesamtbetrag der Einkünfte keine sonstigen Einkünfte der Klägerin angesetzt werden,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er hält an seiner Rechtsauffassung fest und verweist im Übrigen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er noch aus, dass die von der Bayerischen Allianz (vormals Vereinte Versicherungen) an die Klägerin gezahlte Schadensersatzrente wiederkehrende Bezüge der Klägerin seien. Sie steigere nämlich ihre Leistungsfähigkeit und unterliege somit der Einkommensteuer nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG. Die Schadensersatzrente diene dazu, die durch den Tod des Ehemannes entfallene wirtschaftliche Absicherung der Klägerin wiederherzustellen bzw. aufrecht zu erhalten. Es komme nicht darauf an, dass die wiederkehrenden Bezüge von der Klägerin "erwirtschaftet" worden seien. Insoweit hält der Beklagte ausdrücklich an dem Urteil des BFH vom 19. Oktober 1978, VIII R 9/77, a.a.O., und an dem Inhalt des BMF-Schreibens vom 8. November 1995, BSTBl I 1995, 705, fest.
Da der Haftpflichtversicherer auch verpflichtet sei, der Klägerin die durch die Besteuerung der Geldrenten entstehende Einkommensteuer und die Annexsteuern zu erstatten, sei die Klägerin im Ergebnis tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet. Die durch die Schadensersatzrente gesteigerte Leistungsfähigkeit bleibe der Klägerin nämlich netto erhalten.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Denn die Schadensersatzrente ist nicht nach § 22 Nr. 1 EStG steuerbar.
1. Der erkennende Senat folgt insoweit der Auffassung des VIII. Senats des BFH im Urteil vom 25. Oktober 1994 (VIII R 79/91, a.a.O.; der X. Senat des BFH hat sich dem angeschlossen: BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 X R 106/92, BStBl II 1995, 410), wonach ein Grundsatz, dass wiederkehrende Bezüge allein wegen der Wiederkehr der Leistungen der Einkommensteuer zu unterwerfen sind, nicht besteht. Demzufolge ist die Erfassung von Schadensersatzrenten nach § 22 Nr. 1 EStG auf die Fälle zu beschränken, in denen Ersatz für weggefallene steuerbare Einkünfte geleistet wird.
a) Der maßgebliche Grund hierfür findet sich in den normativen Grundaussagen des § 2 Abs. 1 EStG, die auch bei der Auslegung des § 22 Nr. 1 EStG zu beachten sind, wonach grundsätzlich nur die "erwirtschaftete" finanzielle Leistungsfähigkeit von der Einkommensteuer erfasst wird. Derartige Zahlungen sind keiner der sieben Einkunftsarten in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG zuzuordnen. Da Schadensersatzleistungen als Einmalbetrag nicht der Einkommensteuer unterliegen, sondern Vorgänge der nicht steuerbaren Vermögensebene betreffen, muss das Gleiche für Schadensersatzleistungen in der Form wiederkehrender Bezüge gelten. In gleicher Weise wird die Steuerbarkeit verneint, wenn eine Schadensersatzrente durch eine Kapitalabfindung abgelöst wird; mit der Kapitalabfindung fällt die die Steuerbarkeit allein begründende Form der Leistung weg. Eine Besteuerung nur wegen der äußeren Form der Bezüge, also allein wegen ihrer Wiederholung, stünde im Widerspruch zu dem das Einkommensteuerrecht rechtfertigenden und von Verfassungswegen begrenzenden Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Eine zeitlich gestreckte Auszahlung einer Schadensersatzrente kann grundsätzlich nicht anders besteuert werden als der in einer Summe ausbezahlte Betrag, soweit nicht in den einzelnen Zahlungen Zinsanteile als Erträge enthalten sind.
b) Bereits zuvor hatte es der BFH in seinemUrteil vom 26. April 1977 VIII R 2/75 (BStBl II 1977, 631, 632) als fraglich beurteilt, ob es dem Sinn und Zweck des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG entsprechen könne, eine Leistung, die bei einmaliger Zahlung nicht steuerbar wäre, nur deshalb zur Besteuerung heranzuziehen, weil sie - mehr oder weniger zufällig - wiederholt erbracht werde. In der vom Beklagten für seinen Rechtsstandpunkt angeführtenEntscheidung vom 19. Oktober 1978 VIII R 9/77, a.a.O. zur Unterhaltsrente war der o.a. aufgezeigte Widerspruch zwischen Steuerfreiheit des als Einmalbetrag geleisteten Schadensersatzes und der vollen Steuerbarkeit der Geldrente nicht aufgegriffen worden.
c) Zwar erging die Entscheidung des BFH vom 25. Oktober 1994 (VIII R 79/91, a.a.O) lediglich zu einer sog. Mehrbedarfsrente i.S.d. § 843 Abs. 1 BGB, wonach dem Verletzten, wenn u.a. infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eintritt, Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten ist; gleichwohl geht das Gericht davon aus, dass der BFH hier generell einen Paradigmenwechsel bezüglich der Besteuerung von Schadensersatzrenten vollzogen hat. Denn er hat ausdrücklich seine bisherige zur Steuerbarkeit von Schadensersatzrenten vertretene Rechtsprechung nach erneuter Überprüfung auf die Fälle eingeschränkt, in denen Ersatz für andere, bereits steuerbare Einkünfte geleistet wird. Unter Zugrundelegung dieser Entscheidung ist somit nach Auffassung des erkennenden Senats an der Besteuerung der hier gezahlten Schadensersatzrente - in Abkehr von der Entscheidung des BFH vom 19. Oktober 1979 VIII R 9/77, die insoweit überholt zu sein scheint - nicht mehr festzuhalten (offen gelassen im BFH-Urteil vom 22. Mai 2002 VIII R 82/00, BFH/NV 2002, 1298, da die Schadensersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB dort zumindest bei den zur Bestreitung des Unterhalts des Kindes bestimmten Bezügen gemäß 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu erfassen war).
d) Nicht ersichtlich ist, wodurch allein die Wiederkehr von Leistungen eine erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Klägerin indizieren sollte, insbesondere im Vergleich zur nichtsteuerbaren Einmalzahlung Die Klägerin als Geschädigte erlangte kein - zusätzliches - disponibles Einkommen. Ein Transfer von Markteinkommen auf den Bezugsberechtigten - wie er bei den privaten Versorgungsrenten im Rahmen von Vermögensübergaben aus dem Rechtsgedanken der "vorbehaltenen Vermögenserträge" angenommen wird, findet in einem solchen Schadensfall gerade nicht statt. Vielmehr wird lediglich eine Minderung ausgeglichen (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, a.a.O.).
e) Wie der BFH dort (a.a.O.) u.a. ausführte, gebietet eine Besteuerung einer solchen Schadenseratzrente auch nicht das sog. Korrespondenzprinzip. Der BFH kehrte von seiner bisherigen Auffassung ausdrücklich ab, soweit die Schadensersatzrente als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG abzugsfähig sei, müssten die Bezüge aufgrund einheitlicher Beurteilung der beiden Seiten beim Empfänger grundsätzlich entsprechend erfasst werden. Denn der BFH führt insoweit unter II. 1. c) dd) der Entscheidungsgründe aus: "Dem EStG lässt sich indessen die generelle Geltung eines solchen Prinzips (Anm.: Korrespondenzprinzips) für die wiederkehrenden Bezüge nicht entnehmen (Ausnahmen gelten für die Unterhaltsrenten in § 22 Nr. 1 Satz 2 und das Realsplitting in § 22 Nr. 1 Buchst. a EStG)".
2. Ein Großteil des Schrifttums teilt ebenfalls diese neue steuerliche Beurteilung von Schadensersatzrenten, der auch der erkennende Senat folgt (so schon Fischer, Renten und dauernde Lasten bei Vermögensübertragungen - Zum Beschluss des Großen Senats vom 15.7.1991, GrS 1/90 - , Deutsches Steuerrecht -DStR- 1992, Beihefter zu Heft 7, S. 7; vgl. auch die im BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, a.a.O. unter II. 1. a) bb) angeführte Kritik in der Literatur zur früheren Rspr. <etwa zum BFH-Urteil vom 19. Oktober 1978 VIII R 9/77, a.a.O.>; darüber hinaus Schmidt/Wacker, EStG 24. Aufl., 2005, § 22 Rz. 50; Schmidt/Weber-Grellet, EStG 26. Aufl., 2007, § 22 Rz. 50; Fischer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 22 Anm. B 401 ff, B 409; Risthaus in Hermann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 22 EStG Anm. 122 Jansen/Myßen/Risthaus, Renten Raten Dauernde Lasten, 13. Aufl., Rz. 57 ff. 2371 ff.; Gschwendtner, Mehrbedarfsrenten nicht steuerbar - Anmerkung zum BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 79/91, DStZ 1995, 130; Beiser, Schadensersatzrenten in der Einkommensteuer, DB 2001, 1900, 1903 ; Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl., § 9 Rdnr. 579; a.A: Blümich/Stuhrmann, EStG, § 22 Rz. 59; Korn/Hild, EStG, § 22 Rz. 79; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, Kompaktkommentar, § 24 Rz. 19 "Schadensersatzrente"; Söhn, Steuerbarkeit von Unterhaltsersatzrenten; Finanzrundschau -FR- 1996, 81, 91; ohne eigene Position zum Meinungsstand, diesen lediglich referierend: v. Reden in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 22 Rz. 80).
3. In den einzelnen Rentenleistungen ist auch kein steuerpflichtiger Zinsanteil enthalten. Wird ein Vermögensanspruch in wiederkehrenden Leistungen erfüllt, umfassen diese zwar grundsätzlich von Beginn an einen - steuerbaren - Zinsanteil (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1992 X R 187/87, BStBl II 1993, 298, 299). Vorliegend wurde die einzelne Rentenleistung von monatlich 1.022,58 EUR jedoch konkret nach dem durch den Tode ihres Ehemannes monatlich eingetretenen materiellen Unterhaltsschaden und dem monatlichen Haushaltsführungsschaden der geschädigten Klägerin berechnet und geleistet.
4. Der Einwand des Beklagten, wonach die Klägerin im Ergebnis tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet sei, da der Haftpflichtversicherer auch verpflichtet sei, der Klägerin die durch die Besteuerung der Geldrenten entstehende Einkommensteuer und die Annexsteuern zu erstatten, liegt neben der Sache. Maßgebend allein ist, dass der Klägerin gegenüber Einkommensteuer aufgrund der bezogenen Schadensersatzrente festgesetzt worden ist. Folglich war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
II.
Die Übertragung der Berechnung der Einkommensteuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs.2 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 der Zivilprozessordnung -ZPO-.
V.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vor dem Hintergrund der abweichenden Auffassung im BMF-Schreiben vom 8. November 1995 (B 3 - S 2255 - 22/95, BStBl I 1995, 705) und des nicht einheitlichen Meinungsstands in der Literatur wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Im Übrigen ist die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geboten.
Verkündet am: 05.07.2007
Ende der Entscheidung
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