Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: 2 K 2263/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

2 K 2263/04

Einkommensteuer 2003

In dem Finanzrechtsstreit ...

hat der 2. Senat durch RiFG

gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung

als Einzelrichter

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 17. Januar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger Aufwendungen für Fahrten zwischen seiner Arbeitsstätte und dem Wohnort seiner Eltern geltend machen kann.

Der Kläger fand nach seiner beruflichen Ausbildung 2001 eine Anstellung bei Audi in I., nachdem die Bemühungen, bei VW in M. beschäftigt zu werden, erfolglos geblieben waren. Der Kläger nahm sich eine Wohnung in I. und setzte von dort aus auch im Jahr 2003, dem Streitjahr, seine Bemühungen um eine Beschäftigung in M. fort. Im Streitjahr unternahm der Kläger 40 Fahrten von I. in seinen Heimatort T.. Während seiner Aufenthalte in T. wohnte der Kläger bei seinen Eltern und Großeltern in einem Zimmer im Dachgeschoß des elterlichen Hauses. Dieses Zimmer bewohnte er schon als Jugendlicher. Küche und Bad benutzte er zusammen mit seinen Großeltern. Seine Bemühungen um einen Arbeitsplatz bei VW in M. waren schließlich erfolgreich. Der Kläger ist ab dem 1. Februar 2004 bei VW in M. beschäftigt.

Mit seiner Einkommensteuererklärung 2003 machte er Aufwendungen für 40 Fahrten zwischen Wohnung (T.) und Arbeitsstätte (I.) geltend.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 10. März 2004 erkannte der Beklagte die Aufwendungen für die 40 Fahrten nicht an. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wies der Beklagte darauf hin, dass die Definition der Wohnung nicht erfüllt werde, da der Kläger sich bei seinen Eltern aufhalte, weswegen ein eigener Hausstand, der aus eigenem Recht genutzt werde, nicht vorliege.

Mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2004 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Im Wesentlichen führt er - ergänzend und vertiefend zum außergerichtlichen Vorbringen - aus, dass sich in T. auch sein Lebensmittelpunkt befände.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 10. März 2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2004 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten aus 40 Heimfahrten à 300 km berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält auch im gerichtlichen Verfahren an seiner außergerichtlich dargelegten Rechtsauffassung fest. Der Kläger nutze die Wohnung in T. nicht aus eigenem Recht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze, die vorgelegten Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen eines Werbungskostenabzugs für Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verneint.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind Werbungskosten auch Aufwendungen, die einem Arbeitnehmer für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entstehen. Maßgeblich ist grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG). Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG sind die Wege von einer Wohnung, die nicht der Arbeitsstätte am nächsten liegt, nur unter weiteren - hier nicht relevanten - Voraussetzungen zu berücksichtigen.

Unter diesen Voraussetzungen kann der Kläger zunächst nur die Aufwendungen für den Weg von seiner Wohnung in I. zur Arbeitsstätte als Werbungskosten abziehen. Die Abziehbarkeit der Aufwendungen für den weiteren Weg von T. nach I. setzt eine weitere Wohnung in T. voraus. Dafür ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer über einen eigenen Hausstand verfügt, mithin einen eigenen Haushalt führt, und dieser Hausstand aus eigenem Recht benutzt wird; in der Regel auf Grund Eigentums oder eines eigenen Mietvertrages (vgl. BFH, BStBl. II 2005, 98). Ein eigener Hausstand ist demgegenüber nicht gegeben, wenn ein Kind nach Beendigung seiner Ausbildung in dem elterlichen Haus sein Zimmer behält und dorthin an den Wochenenden zurückkehrt. Es fehlt zum einen an der die Haushaltsführung im wesentlichen bestimmenden bzw. mitbestimmenden Komponente, die für die Unterhaltung eines eigenen Hausstand erforderlich ist. Zum anderen fehlt es an einer Nutzung aus eigenem Recht. Vielmehr handelt es sich in diesen Fällen um eine Aufnahme in die Wohnung aus familienrechtlichen Gründen; denn nach § 1618a BGB sind Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig. Dies kann auch durch (weiteres) Überlassen des (Kinder-) Zimmers seitens der Eltern zur Rückkehr des - auch volljährigen - Kindes an den Wochenenden geschehen.

Nach diesen Grundsätzen verfügte der Kläger im Streitjahr über keinen weiteren eigenen Hausstand in T.. Der Kläger kehrte nach Aufnahme seiner Tätigkeit in I. im Jahr 2003 an den Wochenenden und in seiner Freizeit bzw. im Urlaub das von seinen Eltern und seinen Großeltern bewohnte Haus zurück. Das dort unterhaltene Zimmer bewohnte der Kläger nicht aus eigenem Recht, sondern aus familiären Gründen.

Die Klage kann auch deshalb keinen Erfolg haben, weil nach Darstellung des Klägers in den Vorjahren eine doppelte Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG anerkannt worden sei. Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung hat das Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum eine erneute Überprüfung vorzunehmen. Zudem würde es auch in diesem Fall an einem Hausstand des Klägers in T. fehlen. Ebenso wenig kommt ein Abzug von Wohnungskosten nach den Grundsätzen zur sog. unechten doppelten Haushaltsführung in Betracht (vgl. BFH, BStBl. II 2005, 475). Zwar wurde bis zum Streitjahr eine sog. unechte doppelte Haushaltsführung für den hier in Betracht kommenden Fall angenommen, dass der ledige Steuerpflichtige in einem Zimmer bei seinen Eltern noch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte, ihm aber wegen einer nur kurzfristigen auswärtigen Beschäftigung Aufwendungen für die dort unterhaltene Wohnung entstanden. Der Gesetzgeber hat jedoch die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für sog. unechte doppelte Haushaltsführung durch Art. 1 Nr. 34 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (StÄndG 2003) vom 15. Dezember 2003 (BGBl. I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710) und zwar auch mit Wirkung für die Vergangenheit ausdrücklich ausgeschlossen. Deshalb kann auch die Billigkeitsregelung für Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand in R 43 Abs. 5 der Lohnsteuer-Richtlinien (auch in diesen wurde für zwei Jahre eine doppelte Haushaltsführung anerkannt) nicht mehr fortgeführt werden, weil hier die Voraussetzung, das Vorliegen von zwei Haushalten nicht erfüllt ist. Die sog. unechte doppelte Haushaltsführung für Steuerpflichtige ohne eigenen Hausstand führt daher nach dem Wortlaut des Gesetzes in den dort genannten materiell und formell noch offenen Fällen nicht mehr zu abzugsfähigen Aufwendungen (ebenso Sächsisches FG, Entscheidung der Finanzgerichte 2004, 1762). Deswegen kann offen bleiben, ob der Kläger vorübergehend oder langfristig in I. beschäftigt war (vgl. dazu BFH, BFH/NV 1995, 584).

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.



Ende der Entscheidung

Zurück