Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 28.10.2009
Aktenzeichen: 8 K 2518/04
Rechtsgebiete: UStG, SächsWG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
SächsWG § 63
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 8. Senat

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht,

des Richters am Finanzgericht und

des Richters am Finanzgericht sowie

der ehrenamtlichen Richter Frau und Herr

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 28.10.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob an die Klägerin von ihrer Alleingesellschafterin, der Stadt W., weitergeleitete Zuschüsse aus Mitteln des Landes, des Bundes und der Europäischen Gemeinschaft, die vom Freistaat Sachsen bewilligt wurden, als Entgelt für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung anzusehen sind.

Die Klägerin wurde von der Stadt W. mit Gesellschaftsvertrag vom 16.09.1997 notariell errichtet. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Planung, der Bau und der Betrieb von technischen Anlagen zur Oberflächenentwässerung, die Abwassersammlung und -reinigung einschließlich der Fäkalien- sowie Fäkalschlammentsorgung sowie die Entsorgung anfallender Reststoffe (z.B. Klärschlamm, Rechen- und Sandfanggut). Gemäß dem Gesellschaftsvertrag übernahm die Stadt W. das Stammkapital in Höhe von 200.000 DM in voller Höhe.

Mit einer nicht datierten als "Einbringungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung, der der Stadtrat der Stadt W. am 03.11.1997 zustimmte und die mit einer ebenfalls undatierten als "Änderung zum Einbringungsvertrag" bezeichneten Vereinbarung geändert wurde, übertrug die Stadt der Klägerin zum 31.12.1997 ihre fertig gestellten und im Bau befindlichen Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen mit Ausnahme der Grundstücke, die zu einem späteren Zeitpunkt durch Notarvertrag übertragen werden sollten. Die Klägerin sollte von der Stadt aufgenommene Darlehen für die Errichtung dieser Einrichtungen und Anlagen mit schuldbefreiender Wirkung übernehmen. Seitens der Stadt bereits vereinnahmte Anschlussbeiträge und Zuschüsse für die Errichtung von Abwasserbeseitigungsanlagen sollten der Klägerin übergeben werden. Ferner sollte die Klägerin in alle Bauverträge der Stadt über Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen eintreten. Die Stadt und die Klägerin seien sich einig, dass die Klägerin mit der Erfüllung der städtischen Abwasserbeseitigungspflicht im eigenen Namen und für eigene Rechnung beauftragt werde.

Mit "Entsorgungsvertrag für die öffentliche Abwasserbeseitigung in der Stadt W." vom 30.10.1997 übertrug die Stadt W. ihre Abwasserbeseitigungspflicht gemäß § 63 Sächsisches Wassergesetz -SächsWG- auf die Klägerin "als Dritter, derer sie sich zur Erfüllung ihrer Beseitigungspflicht bedient" (§ 1 Abs. 1 Entsorgungsvertrag). Die Klägerin verpflichtete sich, die Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht sicher zu stellen (§ 1 Abs. 3 Entsorgungsvertrag). Die Stadt betreibt die öffentliche Abwasserbeseitigung auf ihrem Gebiet als öffentliche Einrichtung und hat eine Satzung über den Anschluss an die und die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen zu erlassen; Ausnahmen oder Befreiungen vom Anschluss und Benutzungszwang erteilt die Stadt nur nach Anhörung der Klägerin (§ 2 Abs. 1 Entsorgungsvertrag). Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Entsorgungsvertrag obliegen der Klägerin Planung, Finanzierung, Bau, Unterhaltung, Betrieb (einschließlich Instandhaltung) und Kontrolle der Anlagen zur öffentlichen Abwasserbeseitigung (Abwasseranlagen). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Entsorgungsvertrag hat die Klägerin erforderliche Erweiterungen, Nachrüstungen und Rückbauten der Abwasseranlagen vorzunehmen. Nach § 4 Abs. 6 Entsorgungsvertrag trägt die Klägerin alle Risiken und Lasten aus dem Vorhandensein der Anlagen und der Durchführung der Entwässerungsaufgabe einschließlich der Verkehrssicherungspflichten. Nach § 6 Abs. 1 Entsorgungsvertrag wird die Klägerin im Verhältnis zu den Anschlussnehmern im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig. Nach § 6 Abs. 2 Entsorgungsvertrag sind die allgemeinen Bedingungen für den Anschluss an die Abwasseranlagen und deren Benutzung - AEB - Grundlage dieser Vertragsverhältnisse, die in Abstimmung mit der Stadt erarbeitet werden und die der Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung bedürfen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Entsorgungsvertrag erhebt die Klägerin von den Nutzern direkte Entgelte. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Entsorgungsvertrag sind diese Entgelte nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der kommunalabgabenrechtlichen Prinzipien zu kalkulieren. Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 Entsorgungsvertrag hat die Klägerin Anspruch auf Kostendeckung; ihr steht ein angemessener Gewinn zu. Nach § 7 Abs. 2 Entsorgungsvertrag schafft die Stadt die satzungsrechtlichen Voraussetzungen für die unmittelbare Entgelterhebung durch die Klägerin und erhält sie aufrecht. Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 bedürfen die Entgelte der Zustimmung des Stadtrates. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 ist die Stadt verpflichtet, die der Gesellschaft daraus entstehenden Fehlbeträge auszugleichen, dass die Stadt die Zustimmung zu Entgelten, die nach den in § 7 Abs. 1 genannten Grundsätzen kalkuliert sind, verweigert. In § 8 Entsorgungsvertrag verpflichteten sich die Parteien, private und öffentliche Rechte (z.B. Erlaubnisse, Bewilligungen, Befugnisse, alte Recht, Genehmigungen, Gestattungen, Wasserrechte), die für den Betrieb der Abwasseranlagen erforderlich sind, zu beschaffen und für die Dauer des Vertrages aufrecht zu erhalten. Bestehende Rechte, Erlaubnisse, Genehmigungen und Gestattungen sollten auf die Klägerin übergehen. Soweit dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, sollte die Stadt der Klägerin ihre Rechte zur Ausübung überlassen. Nach § 12 Abs. 1 Entsorgungsvertrag wird die Finanzierung aller Aufgaben nach dem Vertrag, insbesondere die Anlagenplanung, die Errichtung von Anlagen, der Erwerb von Betriebsmitteln und die Gestellung von Personal von der Klägerin auf eigene Rechnung übernommen. Nach § 12 Abs. 2 Entsorgungsvertrag bemühen sich die Vertragspartner, alle im Zusammenhang mit der öffentlichen Abwasserbeseitigung in Frage kommenden Zuwendungen der öffentlichen Hand zu erhalten. Sie unterstützen sich gegenseitig bei den Antragsverfahren. Der Antrag soll jeweils von demjenigen Vertragspartner gestellt werden, der die beste Aussicht auf Bewilligung hat. In § 12 Abs. 3 Entsorgungsvertrag ist geregelt, dass die Stadt, sofern sie Zuwendungsempfängerin ist, die Mittel im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten an die Klägerin in dem erhaltenen Umfang weiterleitet. Die Klägerin verpflichtet sich, Verpflichtungen der Stadt zur Erlangung von Zuwendungen zu erfüllen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Entsorgungsvertrags wird auf Blatt 81 bis Blatt 86 der Gerichtsakte verwiesen.

Mit Bescheid vom 08.10.1996 und Änderungsbescheiden vom 26.03.1998 und vom 20.12.1999 bewilligte das Regierungspräsidiums D. der Stadt W. Zuschüsse für Abwasseranlagen aus Mitteln des EG-Regionalfonds (ERFE) und aus Mitteln der Gemeinschaftaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA) in Höhe von 3.014.900 DM. Ferner bewilligte das Regierungspräsidium D. der Stadt W. mit Bescheid vom 09.09.1999 einen Zuschuss in Höhe von 738.000 DM für Abwasseranlagen aus ERFE-Mitteln. Gemäß dem Entsorgungsvertrag und nach Maßgabe eines nichtdatierten Weiterleitungsvertrages sowie eines Weiterleitungsvertrages vom 17.09.1999 leitete die Stadt W. aus diesen Zuschüssen 1998 Mittel in Höhe von 1.605.453,27 DM, 1999 Mittel in Höhe von 1.221.344 DM und 2000 Mittel in Höhe von 164.000 DM an die Klägerin weiter. Schließlich bewilligte das Regierungspräsidium D. der Stadt W. mit Bescheid vom 28.12.2001 und Änderungsbescheiden vom 29.09.2003 und vom 06.04.2004 einen Zuschuss in Höhe von 42.000 EUR für Abwasseranlagen aus Mitteln nach den Investitionsfördergesetz und dem Finanzausgleichsgesetz des Bundes, die gemäß dem Entsorgungsvertrag und nach Maßgabe eines Weiterleitungsvertrages vom 15.02.2002 im Jahr 2000 in voller Höhe an die Klägerin weitergeleitet wurden.

Im Streitjahr 1998 erhöhte der Beklagte aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung gemäß dem Prüfungsbericht vom 06.10.2000 gegenüber der am 19.07.2000 eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung der Klägerin die Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 16 v.H. um den Nettobetrag aus dem 1998 weitergeleiteten Zuschuss, d.h., um 1.384.011 DM, und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 01.11.2000 auf -197.405 EUR fest. Dagegen legte die Klägerin am 27.11.2000 Einspruch ein. Auch 1999 erhöhte der Beklagte gegenüber der am 15.06.2001 eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung die Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 16 v.H. aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung gemäß dem Prüfbericht vom 29.10.2001 um den Nettobetrag der 1999 weitergeleiteten Zuschüsse, d.h. um 1.052.882 DM, und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 23.11.2001 auf -263.067 DM fest. Dagegen legte die Klägerin am 21.12.2001 Einspruch ein. Mit Bescheid vom 13.06.2002 wurde die Umsatzsteuer 1999 aus anderen, hier nicht streitigen Gründen, auf -265.601 DM herabgesetzt. Für das Streitjahr 2000 erging zunächst unter dem 27.02.2003 ein Schätzungsbescheid, mit dem die Umsatzsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 24.000 DM festgesetzt wurde. Am 10.04.2003 stimmte der Beklagte der am 12.03.2003 eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2000 der Klägerin zu, aus der sich ein verbleibender Vorsteuerüberschuss in Höhe von 27.775,47 DM ergab. Aufgrund einer Außenprüfung änderte der Beklagte gemäß dem Prüfungsbericht vom 11.06.2003 jeweils mit Bescheiden vom 22.09.2003 die Umsatzsteuerfestsetzungen 1998 und 1999 aus anderen, hier nicht streitigen Gründen, auf -197.405 DM bzw. auf -279.297 DM sowie die Umsatzsteuerfestsetzung 2000, mit der er nunmehr bei den Lieferungen und Leistungen zu 16 v.H. ebenfalls den Nettobetrag des an die Klägerin weitergeleiteten Zuschusses, d.h. zusätzliche 141.379 DM, berücksichtigte, auf -4.683 DM. Dagegen legte die Klägerin am 20.10.2003 Einspruch ein. Für das Streitjahr 2002 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer abweichend von der am 21.11.2003 eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärung der Klägerin mit Bescheid vom 01.06.2004 auf 15.239,73 EUR fest. Die Abweichung beruhte auch hier u.a. auf der Berücksichtigung des Nettobetrages des 2002 von der Stadt W. an die Klägerin weitergeleiteten Zuschusses, d.h. von weiteren 36.982,76 EUR, bei den Lieferungen und Leistungen zu 16 v.H.. Dagegen legte die Klägerin am 18.06.2004 Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 20.10.2004 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück. Zuschüsse seien dann Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber, wenn ein Leistungsaustauschverhältnis bestehe und wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem Zuschuss gegeben sei. Gemäß dem Entsorgungsvertrag zwischen der Stadt W. und der Klägerin habe sich die Stadt zur Erfüllung ihrer Pflichtaufgabe Abwasserbeseitigung der Klägerin bedient. Diese habe im vertraglich vereinbarten Umfang Leistungen an die Stadt zur Durchführung der Abwasserbeseitigung erbracht. Im Rahmen dieses Leistungsverhältnisses stehe der Klägerin nach § 7 Abs. 1 Entsorgungsvertrag ein angemessener Gewinn zu. Sofern die hierfür erforderlichen Entgelte nicht unmittelbar bei den Nutzern erhoben werden könnten, sei die Stadt ausgleichspflichtig (§ 7 Abs. 3 Entsorgungsvertrag). In § 12 Abs. 2 Entsorgungsvertrag sei festgelegt, dass die Stadt öffentliche Zuwendungen für die Abwasserbeseitigung an die Klägerin weiterleite. Diese Zuwendungen wirkten sich auf die Entgeltkalkulation nach § 7 Entsorgungsvertrag aus und gehörten somit unmittelbar zur insgesamt getroffenen Entgelt- und Kostenregelung. Die Klägerin habe einen vertraglichen Anspruch auf die Weiterleitung der Zuschüsse.

Am 23.11.2004 hat die Klägerin Klage erhoben.

Der Beklagte verkenne die im Streitfall tatsächlich gegebenen Leistungsverhältnisse. Das Umsatzsteuerrecht folge prinzipiell dem Zivilrecht. Mit dem sog. Einschaltungserlass (BMF-Schreiben vom 27. Dezember 1990 IV A2 - S 7300 - 66/90, BStBl. I 1990, 81) habe die Finanzverwaltung einen Leistungsaustausch zwischen der entsorgungspflichtigen Körperschaft (hier der Stadt) und dem Entsorgungsunternehmen fingiert, der nicht gegeben sei. Im Gegensatz dazu seien die zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen zwischen den Einleitern und dem Entsorgungsunternehmen nicht anerkannt worden. Mit BMF-Schreiben vom 10. Dezember 2003 VI B 7 - S 7106 - 100/03, BStBl. I 2003, 785, habe die Finanzverwaltung zwar auf entsprechende Rechtsprechung reagiert und erkenne nunmehr einen unmittelbaren Leistungsaustausch zwischen dem Entsorgungsunternehmen und den Einleitern an. Allerdings werde nach wie vor unzutreffend von einem umsatzsteuerbaren Leistungsverhältnis zwischen der entsorgungspflichtigen Körperschaft und dem Entsorgungsunternehmen ausgegangen, selbst wenn das Entsorgungsunternehmen im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenüber den Einleitern tätig werde.

Dabei werde übersehen, dass weitergeleitete Fördermittel überhaupt nur dann ein Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen sein könnten, wenn das Entsorgungsunternehmen auch tatsächlich eine Leistung an den Hoheitsträger erbringe. Dabei sei zu beachten, dass nicht Verträge, sondern nur tatsächliche Leistungen besteuert würden. An einer Leistungserbringung der Klägerin gegenüber der Stadt fehle es im Streitfall. Nach der Rechtsprechung des EuGH liege eine Dienstleistung im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts dann vor, wenn einem identifizierbaren Verbraucher ein Vorteil verschafft werde, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilde. Die Stadt als Trägerin der hoheitlichen Aufgabe der Abwasserbeseitigung sei nicht verpflichtet, eigene Abwasseranlagen zu betreiben und die Abwasserbeseitigung selbst durchzuführen. Die Stadt sei auch nicht dazu verpflichtet, Eigentümerin von Abwasseranlagen zu sein bzw. im Falle deren Beschädigung für eine Reparatur dieser Anlagen selbst zu sorgen, wenn die Durchführung der Aufgabe der Abwasserbeseitigung von einem Dritten übernommen worden sei und dieser entsprechend den zu Grunde liegenden vertraglichen Regelungen für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung sorge. Wenn die Stadt demnach nicht zur Errichtung eigener Abwasseranlagen verpflichtet sei, könne die Klägerin durch die Errichtung solcher Anlagen, die durch die jeweiligen Fördermittel begünstigt worden sei, keine Leistung gegenüber der Stadt erbracht haben, die dieser einen Vorteil verschaffe. Vielmehr handle es sich bei der Errichtung der Anlagen durch die Klägerin um eine eigene, vertraglich begründete Verpflichtung.

Auch der Umstand, dass die Klägerin die Durchführung einer Aufgabe übernehme, die sonst die Stadt selbst wahrzunehmen hätte, führe nicht zur Annahme einer Leistungserbringung gegenüber der Stadt. Zwar lasse ein BFH-Urteil vom 13. November 1997 V R 11/97, BStBl. II 1998, 169, vermuten, dass dieser einen Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts immer dann annehme, wenn eine Zuschuss gewährende öffentlichrechtliche Körperschaft Aufgaben an einen Zuwendungsempfänger übertrage, die sie ohne Übertragung der Aufgabe selbst hätte erbringen müssen. Aus einer Reihe anderer Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ergebe sich aber, dass die Ausführung von Leistungen, die zum originären Pflichtenkreis eines Dritten gehörten, nicht ausreiche, um ein Leistungsaustauschverhältnis zwischen dem Leistenden und dem Dritten anzunehmen.

Wenn der BFH mit Urteil vom 20. Dezember 2001 V R 81/99, BStBl. II 2003, 213, entschieden habe, dass zwischen einer Kommune und der in die Abwasserentsorgung eingeschalteten GmbH ein Leistungsaustauschverhältnis bestehe, betreffe das nicht den Streitfall. Im Fall des Bundesfinanzhofs habe die mit der Durchführung der Abwasserbeseitigung betraute Gesellschaft keine privatrechtlichen Entgelte gegenüber den Nutzern erhoben, sondern ein Dienstleistungsentgelt vom Aufgabenträger erhalten. Bestandteil dieses Entgeltes seien nach Auffassung des BFH auch die weitergeleiteten Fördermittel gewesen.

Wenn aber die Einschaltung der Klägerin in die Erfüllung der Pflichtaufgabe Abwasserentsorgung keine Leistungserbringung der Klägerin gegenüber der Stadt begründe, könnten die Vereinbarungen im Entsorgungsvertrag auch nicht als Vergütungsregelungen gewertet werden. Sie seien vielmehr im Zusammenhang mit den in der Entwässerungssatzung normierten Regelungen zu verstehen. So bestimme § 1 Abs. 2 Satz 2 Entwässerungsatzung, dass die Abwasserentsorgung durch die Klägerin gegenüber den Nutzern nach Maßgabe der mit diesen abzuschließenden Verträgen zu erfolgen habe. Das werde im § 7 Abs. 1 Satz 1 Entsorgungsvertrag wiederholt. Eine Konkretisierung der Entwässerungsatzung finde im Entsorgungsvertrag insoweit statt, als die Art und Weise des Zustandekommens der AEB geregelt werde. Ferner werde im Entsorgungsvertrag ausdrücklich bestimmt, dass die Klägerin durch die Erhebung privatrechtlicher Entgelte refinanziert werde und die Stadt verpflichtet sei, die hierzu erforderlichen satzungsrechtlichen Grundlagen zu schaffen und vorzuhalten. § 7 Abs. 3 Entsorgungsvertrag enthalte keine Entgeltregelung, sondern sei eine schadensersatzrechtliche Vorschrift. Der Beklagte verkenne den Anwendungsbereich der genannten Vorschrift, wenn er ausführe, gemäß § 7 Abs. 1 Entsorgungsvertrag stehe der Klägerin ein angemessener Gewinn zu. Sollten die unmittelbar von den Nutzern erhobenen Entgelte hierfür nicht genügen, sei die Stadt ausgleichspflichtig. Diese Ausgleichspflicht nach § 7 Abs. 3 Entsorgungsvertrag sei jedoch nur dann einschlägig, wenn die Stadt ihre Zustimmung zu den gemäß § 7 Abs. 1 Entsorgungsvertrag kalkulierten Entgelten verweigere, obwohl sie hierzu verpflichtet sei. Die in § 7 Abs. 3 Satz 3 Entsorgungsvertrag geregelte Ausgleichspflicht umfasse nur die aus der Verweigerung der Zustimmung resultierenden Nachteile. Auch die Weiterleitungsverpflichtung in § 12 Abs. 3 Entsorgungsvertrag stelle, mangels Leistungserbringung der Klägerin gegenüber der Stadt, keine Entgeltregelung dar. Allein der Umstand, dass die Klägerin auf die Weiterleitung von Zuschüssen für die Abwasserbeseitigung einen vertraglichen Anspruch gelten machen könne, führe nicht zur Annahme eines Entgelts. Ein Leistungsaustauschverhältnis liege nur dann vor, wenn eine Leistung vorhanden sei, die sich auf den Erhalt der Gegenleistung richte und damit die gewollte oder erwartbare Gegenleistung auslöse, so dass die wechselseitig erbrachten Leistungen innerlich miteinander verbunden seien. Die Klägerin habe die geförderten Investitionen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vorgenommen. Sie sei Eigentümerin der errichteten Abwasseranlagen geworden. Weder die neu errichteten Anlagen noch die im Zusammenhang hiermit von der Klägerin durchgeführten Baumaßnahmen könnten somit Gegenstand einer Leistung gegenüber der Stadt sein.

In seinem Urteil vom 20.01.1988 X R 44/81, BFH/NV 1988, 528 habe der BFH die Planung, den Ausbau und andere Maßnahmen zur Sicherstellung der Wasserversorgung im eigenen Namen und für eigene Rechnung durch eine GmbH für eine zu allgemeine Verpflichtung gehalten, als dass sie Gegenstand einer umsatzsteuerrechtlich relevanten Leistungsbeziehung sein könne. Auch wenn im BFH-Fall die Einzelheiten des die Wasserversorgung betreffenden Erweiterungsprojekts formal in besonderen Verträgen zwischen der GmbH und den Gemeinden geregelt worden seien, sei dies inhaltlich in Erfüllung des Gesellschaftsvertrages geschehen, mit dem die Gemeinden die GmbH errichtet hätten, und in Erfüllung der Konzessionsverträge über die Versorgung der Gesellschaftergemeinden und ihrer Einwohner.

Soweit der Berichterstatter in einem Hinweis vom 10.11.2008 auf das BFH-Urteil vom 05. Dezember 2007 V R 63/05 abstelle, übersehe er zum einen, dass dessen Aussagen in der Literatur nicht unumstritten seien, und zum anderen, dass das Gericht im Ergebnis den Erhalt von Fördermitteln im konkreten Fall nicht für ein umsatzsteuerbares Leistungsentgelt gehalten habe.

Mit Urteil vom 29. Oktober 2008 XI R 76/07 habe der BFH entschieden, dass eine von mehreren öffentlich rechtlichen Anteilseignern gegründete GmbH, die Darlehen an Filmemacher vergebe, welche nur im Falle des Erfolges des betreffenden Filmprojekts zurückzuzahlen seien, und deren Verluste von den Anteilseignern ausgeglichen würden, gegenüber den Gesellschaftern keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbringe. Begründet habe der BFH dies damit, dass stets die Vereinbarungen im Einzelfall zu würdigen seien. Ein Leistungsaustausch finde dann nicht statt, wenn die GmbH lediglich ihren Gesellschaftszweck verfolge. Die Tatsache, das der Gesellschaftszweck zugleich Neigungen, Interessen oder ggf. Verpflichtungen der Gesellschafter befriedige, begründe keinen Leistungsaustausch im Individualinteresse der Gesellschafter.

Diese Situation treffe auch im vorliegenden Fall zu. Zwar liege die Durchführung der Abwasserbeseitigung durch die Klägerin im Interesse ihrer Anteilseignerin. Allein daraus könne nicht geschlossen werden, dass hierdurch ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Leistungsaustausch begründet werde. Vielmehr sei auf die konkreten Regelungen des Einzelfalles abzustellen. Die Fördermittel dienten nicht dem Individualinteresse der Stadt W.. Sie seien vielmehr aus Gründen der Verbesserung der allgemeinen Wirtschaftstruktur und zur Förderung von wasserwirtschaftlichen Anlagen und damit aus Umweltgründen gewährt worden.

Bei dem Entsorgungsvertrag handele es sich nicht um einen Austauschvertrag, sondern um einen Konzessionsvertrag. Dienstleistungskonzessionen begründeten anders als Dienstleistungsaufträge kein Austauschverhältnis. Sie unterlägen daher auch nicht dem Vergaberecht.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerfestsetzungen 1998 bis 2000 jeweils durch Änderungsbescheid vom 22.09.2003 und die Umsatzsteuerfestsetzung 2002 durch Bescheid vom 01.06.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 20.10.2004 dahingehend zu ändern, dass von der Gesellschafterin der Klägerin an diese weitergeleitete Zuschüsse nicht als Lieferungen und sonstige Leistungen zu 16 v. H. berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beziehung zwischen der Klägerin und der Stadt sei unabhängig vom Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und den Abwassereinleitern zu betrachten. Nach dem Entsorgungsvertrag übernehme die Klägerin die Durchführung der Abwasserbeseitigung für die Stadt. Sie verpflichte sich u.a., alle erforderlichen Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Abwasserbeseitigung durchzuführen und Planung, Bau, Finanzierung, Unterhaltung, Betrieb und Kontrolle der Anlagen sowie die erforderlichen Erweiterungen und Nachrüstungen vorzunehmen. Die Klägerin verpflichte sich damit gegenüber der Stadt zu bestimmten Leistungen und erbringe diese Leistungen auch tatsächlich. Entgelt für diese Leistungen sei alles, was die Stadt im Rahmen des durch den Entsorgungsvertrag geregelten und tatsächlich so durchgeführten Leistungsaustauschverhältnisses zwischen ihr und der Klägerin aufwende. Hierzu gehöre auch die streitige Weiterleitung der Fördermittel.

Soweit die Klägerin das BFH-Urteil vom 20.12.2001 in BStBl II 2003, 2013 für nichteinschlägig halte, weil dort das Entsorgungsunternehmen nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegenüber den Einleitern tätig geworden sei, teile der Beklagte diese Auffassung nicht. Ob das Entsorgungsunternehmen im eigenen oder fremden Namen bzw. auf eigene oder fremde Rechnung gegenüber den Einleitern tätig werde, habe nur Auswirkung auf die Beurteilung der Frage, wer Leistungen gegenüber den Abwassereinleitern erbringe. Sie lasse jedoch das vereinbarte und tatsächlich durchgeführte Dienstleistungsverhältnis zwischen der Gemeinde und dem Entsorgungsunternehmen unbeeinflusst.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen (§ 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-) sind rechtsmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO).

1. Die Sicherstellung der Erfüllung der der Stadt W. nach § 63 SächsWG obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht nach Maßgabe des Entsorgungsvertrages vom 30.10.1997 stellt eine sonstige Leistung gegen Entgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz -UStG- dar. Sie unterliegt damit der Umsatzsteuer.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird gegen Entgelt ausgeführt und ist als steuerbarer Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu erfassen, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und einer empfangenen Gegenleistung besteht. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der einen Kostenfaktor in seiner Tätigkeit bilden könnte und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt. In Fällen, in denen ein anderer Unternehmer die Erfüllung der Aufgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts übernimmt und Geldzahlungen erhält, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet haben, liegt der erforderliche Leistungsaustausch grundsätzlich vor. Dagegen fehlt es regelmäßig an dem notwendigen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und erhaltenem Gegenwert, soweit ein Gesellschafter aus Gründen, die im Gesellschaftsverhältnis begründet sind, die Verluste seiner Gesellschaft übernimmt, um ihr die weitere Tätigkeit zu ermöglichen, wenn also die Zahlung nur dazu dient, die Gesellschaft mit dem für ihre Tätigkeit notwendigen Kapital auszustatten (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 63/05, BFH/NV 2008, 996).

Im Streitfall beruht die Sicherstellung der Erfüllung der der Stadt W. obliegenden Abwasserbeseitigungspflicht nicht auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage.

a. Im Gesellschaftsvertrag vom 16.09.1997 sind lediglich allgemein als Unternehmensgegenstand Tätigkeiten im Bereich der Abwasserentsorgung bestimmt. Nicht geregelt ist, ob dieser Gesellschaftszweck auf dem Gebiet der Gesellschafterin verwirklicht werden soll, und ggf. in welchem Umfang und auf welche Weise.

b. Auch im Einbringungsvertrag samt Änderungsvertrag hierzu wird lediglich die Übertragung von fertig gestellten und im Bau befindlichen Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen von der Stadt auf die Klägerin sowie die Übernahme von für solche Anlagen und Einrichtungen aufgenommenen Darlehen, die Übergabe von bereits vereinnahmten Anschlussbeiträgen und Zuschüssen und der Eintritt in die über die Errichtung von Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen bereits geschlossenen Bauverträge durch die Klägerin vereinbart. Ungeachtet ihrer zum Teil fraglichen zivilrechtlichen Wirksamkeit, was die Übertragung von Anlagen und Einrichtungen, die wesentliche Grundstücksbestandteile sind, durch privatschriftliche Vereinbarung anlangt, erfolgen zwar die genannten Einbringungen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage. In § 1 Abs. 1 Einbringungsvertrag wird betont, dass die Stadt Alleingesellschafterin der Klägerin ist. Eine einen Austauschvertrag kennzeichnende Gegenleistung ist nicht vereinbart. Doch beruht die Sicherstellung der Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht nicht auf dem Einbringungsvertrag. Im Einbringungsvertrag findet sich lediglich die Absichterklärung, dass die Klägerin mit Wirkung vom 01.10.1997 mit der Erfüllung der städtischen Abwasserbeseitigungspflicht im eigenen Namen und für eigene Rechnung beauftragt werden soll.

c. Diese Beauftragung erfolgte sodann mit Entsorgungsvertrag vom 30.10.1997. Erst mit diesem Vertrag verpflichtet sich die Klägerin gegenüber ihrer Alleingesellschafterin, die Erfüllung der dieser obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht sicherzustellen. Anders als der Gesellschaftsvertrag und der Einbringungsvertrag ist der Entsorgungsvertrag unabhängig vom Gesellschaftsverhältnis als Austauschvertrag ausgestaltet worden.

Selbst wenn die Stadt W. ihre Geschäftsanteile an die Klägerin veräußern würde, ließen sich die im Entsorgungsvertrag geregelten Rechte und Pflichten nicht durch Beschluss eines neuen Gesellschafters aufheben oder inhaltlich verändern. Die Verpflichtung der Klägerin gegenüber der Stadt zur Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht nach näherer Maßgabe des Vertrages bliebe ebenso bestehen, wie die im Gegenzug durch die Stadt W. eingegangenen Verpflichtungen. Hierzu zählen im Wesentlichen die satzungsrechtliche Regelung eines Anschluss- und Benutzungszwangs (§ 2 Abs. 1 Entsorgungsvertrag), die Schaffung der satzungsrechtlichen Voraussetzungen für eine unmittelbare Entgelterhebung durch die Klägerin bei den Abwassereinleitern (§ 7 Abs. 2 Entsorgungsvertrag) und die Zustimmung zu einer Entgelthöhe, die zumindest dem Anspruch der Klägerin auf Kostendeckung (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Entsorgungsvertrag) genügt bzw. der Ausgleich der Fehlbeträge im Falle einer Verweigerung dieser Zustimmung (§ 7 Abs. 3 Satz 3 Entsorgungsvertrag).

Diese Verpflichtungen der Stadt stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sicherstellung der Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht und stellen hierfür von der Klägerin empfangene Gegenleistungen dar. Die Stadt W. ist als Leistungsempfänger identifizierbar; indem sie nicht selbst die Erfüllung der ihr obliegenden gesetzlichen Pflichtaufgabe Abwasserentsorgung erfüllen muss, erhält sie einen Vorteil, der einen Kostenfaktor in ihrer Tätigkeit bilden kann und damit zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.

d. Der Umstand, dass die Klägerin den Abwassereinleitern im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenübertritt, ändert entgegen ihrer Auffassung ebenso wenig am Austauschcharakter des Entsorgungsvertrages, wie ihr zutreffender Hinweis, dass es sich bei dem Entsorgungsvertrag um einen Konzessionsvertrag handelt.

Nach § 63 Abs. 2 SächsWG obliegt die Abwasserbeseitigungspflicht in ihrem Gebiet den Gemeinden. Sie haben diese Aufgabe grundsätzlich selbst zu erfüllen und können für die von ihnen selbst als öffentliche Einrichtung betriebene Abwasserbeseitigung satzungsrechtlich den Anschluss und Benutzungszwang bestimmen (§ 10 Abs. 2 und 3, § 14 Sächsische Gemeindeordnung -SächsGemO-) und somit den Betrieb privater Abwasserbeseitigungsanlagen und -einrichtungen unterbinden. Die Gemeinden können sich zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht aber auch Dritter bedienen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 SächsWG). Eine Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht als solcher auf Personen des Privatrechts nach Maßgabe der in § 63 Abs. 4 SächsWG vorgesehenen Verordnung war hingegen in den Streitjahren ausgeschlossen, weil die zuständige oberste Wasserbehörde eine solche Verordnung nicht erlassen hatte (vgl. z.B. SächsOVG-Beschluss vom 22. November 2002 4 BS 341/02, SächsVBl. 2003, 65). Bedienen sich die Gemeinden bei der Erfüllung der bei ihnen verbleibenden Abwasserbeseitigungspflicht eines Dritten, verfügen sie im Wesentlichen über drei Möglichkeiten der konkreten Ausformung des betreffenden Rechtsverhältnisses.

Sie können den Dritten einmal schlicht als Verwaltungshelfer einsetzen. In diesem Fall bleibt nicht nur die Trägerschaft, sondern auch der Betrieb der Einrichtung bei der Gemeinde. Sie handelt dann zwar "durch" den Dritten, d.h. mit seiner Hilfe, betreibt aber die Einrichtung im Rechtssinne selbst. Der Dritte tritt nach außen nicht in rechtlich relevanter Weise in Erscheinung.

Die Gemeinde kann des Weiteren den Betrieb der Einrichtung auf den Dritten übertragen, der diese dann im Namen der Gemeinde betreibt. Der Dritte begründet in diesem Fall als Vertreter Rechtsbeziehungen zwischen den Einleitern und der Gemeinde. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Dritten und der Gemeinde ist als sog. Mandat zu qualifizieren.

Schließlich kann der Betrieb der Einrichtung auch in der Weise auf den Dritten übertragen werden, dass dieser - wie im Streitfall - berechtigt wird, im eigenen Namen und für eigene Rechnung Rechtsbeziehungen zu den Abwassereinleitern zu begründen. Eine solche Befugnis beruht auf einer als Konzession zu bezeichnenden Ermächtigung. Von einer Delegation, die ebenfalls zum Handeln im eigenen Namen berechtigt, unterscheidet sich die Konzession dadurch, dass die Aufgabe als solche eben gerade nicht übertragen wird (vgl. Sächs. OVG-Beschluss vom 24. September 2004, 5 BS 119/04, Sächs. VWL 2005, 14).

aa. Kann die Klägerin mithin im Streitfall aufgrund einer Konzession den Abwasserleitern im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenübertreten, beruht dies gerade darauf, dass die Stadt W. ihr aufgrund des Entsorgungsvertrages als Gegenleistung für die Sicherstellung der städtischen Abwasserbeseitigungspflicht diese Möglichkeit verschaffen muss.

bb. Dass eine sog. Dienstleistungskonzession in Abgrenzung zum Dienstleistungsauftrag weitgehend dem Vergaberecht entzogen ist, ändert nichts daran, dass ihre vertragliche Vereinbarung Austauschcharakter haben kann und im Streitfall hat.

Im vergaberechtlichen Sinne sind Dienstleistungskonzessionen Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zzgl. der Zahlung eines Preises besteht (vgl. hierzu Vergabekammer des Freistaates Sachsen, Beschluss vom 13. August 2009 1/SVK/034-09, 1/SVK/034-09 G m.w.N.).

Eine Gegenleistung ist mithin auch bei Dienstleistungskonzessionen möglich. Der Umstand, dass das Vergaberecht hier seine Transparenz- und Objektivitätskontrolle nicht bzw. nur eingeschränkt ausübt, hat für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung keine Bedeutung.

2. Die streitbefangenen weitergeleiteten Zuschüsse gehören nach § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG zur Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer auf die Sicherstellung der Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Aufgaben.

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 wird der Umsatz bei Lieferung und sonstigen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nach dem Entgelt bemessen. Nach Satz 2 der Vorschrift ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, abzüglich der Umsatzsteuer. § 10 Abs. 1 enthält die Legaldefinition des Entgeltbegriffs in seiner Funktion als Bemessungsgrundlage. Die Vorschrift betrifft also nicht die Frage, ob eine Leistung "gegen Entgelt" und damit steuerbar i.Sachsenv. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausgeführt wird (dazu oben unter Ziffer 1), sondern den Umfang der Bemessungsgrundlage. Eine steuerbare "Leistung gegen Entgelt" ist nicht Gegenstand der Regelung zur Bemessungsgrundlage, sondern deren Voraussetzung. Allerdings kann zur Bestimmung des Entgeltumfangs auf die Kriterien der Gegenleistungen zurückgegriffen werden. Insbesondere muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem, was der Leistungsempfänger aufwendet, und der Leistung, die er erhält, bestehen (vgl. im Einzelnen Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, Stand: April 2005, § 10 Rd. 30 ff. m.w.N.). Sowohl bei der Frage, ob eine Leistung gegen Entgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegt, als auch bei der Frage, was zum Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG gehört, ist mittlerweile geklärt, dass ein finaler Zusammenhang nicht bestehen muss. Eine Leistung gegen Entgelt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ist nicht nur dann gegeben, wenn der leistende Unternehmer um der Gegenleistung willen leistet. Ebenso ist entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG Entgelt nicht nur das, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Gegenleistung zu erhalten. Artikel 11 Teil A Abs. 1 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -Richtlinie 77/388/EWG- bestimmt als Bemessungsgrundlage für entgeltliche Leistungen "alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende vom Abnehmer ... erhält oder erhalten soll". Anders als § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG wird hier also nicht darauf abgestellt, was der Leistungsempfänger aufwendet, sondern darauf, was der Leistende erhält. In richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts darf daher ein finaler Zusammenhang aus Sicht des Leistungsempfängers zwischen dem, was er erhält, und dem, was er aufwendet, nicht verlangt werden.

Im Streitfall erhält die Klägerin die streitbefangenen weitergeleiteten Zuschüsse von der Stadt W. in unmittelbarem Zusammenhang mit der Sicherstellung der Erfüllung der der Stadt obliegenden gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht. Die Weiterleitung der von der Stadt für die Abwasserbeseitigung empfangenen staatlichen Zuwendungen ist Gegenstand der Regelungen im Entsorgungsvertrag. Da dieser - wie dargelegt - einen gegenseitigen Vertrag darstellt, ist grundsätzlich vom Vorliegen eines Leistungsaustausch auszugehen (BFH in BFH/NV 2008, 996).

Zwar verkennt der Senat nicht, dass auch im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses Nebenleistungspflichten bestimmt sein können, die nicht am Leistungsaustausch selbst teilnehmen. Auch trifft es zu, dass die Klägerin kein unmittelbares Interesse an der Weiterleitung der Zuschüsse haben kann; ohne die Zuschüsse müsste die Stadt gemäß dem Entsorgungsvertrag höheren Entgelten für die aufgrund des Anschluss- und Benutzungszwangs an die Klägerin gebundenen Abwassereinleiter zustimmen.

Ungeachtet dessen hat der Bundesfinanzhof höchstrichterlich geklärt, dass ein staatlicher Zuschuss, der der Gemeinde bewilligt wurde und der Abwasserbeseitigungsgesellschaft im Rahmen einer als Austauschverhältnis ausgestalteten Übertragung der Erfüllung der gesetzlichen Beseitigungspflicht zufließt, zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehört (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2001 V R 81/99, BStBl. II 2003, 213). Auch im vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatte die Abwasserbeseitigungsgesellschaft, die dort durch Entgelte der Gemeinde kostendeckend nebst angemessener Kapitalverzinsung finanziert wurde, kein unmittelbares Interesse an den staatlichen Zuschüssen. Ohne diese wären dort die von der Gemeinde zu entrichtenden Entgelte höher zu bemessen gewesen. Dem von der Klägerseite hervorgehobenen Unterschied, dass im Fall des Bundesfinanzhofs die Abwasserbeseitigungsgesellschaft nicht unmittelbar mit den Einleitern im eigenen Namen und für eigene Rechnung Entgelte vereinbarte, sie also als Verwaltungshelferin bzw. aufgrund eines Mandates tätig wurde, während die Klägerin aufgrund einer Konzession unmittelbar mit den Abwassereinleitern Entgelte vereinbart, vermag der erkennende Senat keine entscheidende Bedeutung beizumessen. Das vorliegende Konzessionsmodell führt sicherlich zu einem weiteren Leistungsaustauschverhältnis zwischen der Klägerin und den Einleitern. Das Rechtsverhältnis der Klägerin zur Stadt bleibt hiervon aber unberührt. Lediglich die Art eines Teils der Gegenleistung ändert sich: An die Stelle unmittelbarer Entgelte von der Stadt an die Klägerin tritt die Ermöglichung der unmittelbaren Entgelterhebung bei den Einleitern. Sind daneben staatliche Zuschüsse weiterzuleiten, liegt in beiden Fällen ein weiteres Entgelt für die Sicherstellung der gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht durch die Abwasserbeseitigungsgesellschaft vor, wenn diese - wie unter Ziffer 1 dargelegt - auf einem Austauschvertrag beruht (anders lag es im von der Klägerin angeführten BFH-Urteil vom 20. Januar 1988 X R 44/81, BFH/NV 1988, 528, das deshalb auf den Streitfall nicht anwendbar ist).

Ob und gegebenenfalls inwieweit die Stadt neben der vom Beklagten umsatzsteuerlich erfassten Weiterleitung der streitbefangenen Zuschüsse im Tausch (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) weitere Entgelte, z.B. die Ermöglichung der unmittelbaren Entgelterhebung bei den Einleitern, an die Klägerin entrichtet hat, bedarf ebenso wenig einer Entscheidung, wie die Frage, ob eine höhere Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 UStG anzusetzen ist (vgl. BFH in BFH/NV 2008, 996). Eine Verböserung im Klageverfahren scheidet aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

Zurück